WEIHNACHTEN C Grüße Aus
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Lust am Widerspruch Nr. 14 Dez 2007 Foto [M]: photocase.de, THEMA: ausserdem im heft: WEIHNACHTEN INTERVIEW: CAMPINO Konsumrausch oder Nächstenliebe? EIN BLICK INS HEILIGE LAND DER WEIHNACHTSPUNK GEHT UM! c Grüße aus... EditoriAL Hugo Chávez und Wladimir Putin haben lediglich eines gemeinsam: Sie geben dem Westen mal wieder die Möglichkeit, den Zeigefinger zu heben. Sie sind die Projektionsfläche für die weggeklemmten Selbstzweifel der Bilderbuchdemokraten östlich und westlich des GRÜSSE AUS DEM Atlantiks, die schon lange vor Guantanamo, Blackwater auf der einen Seite und Kosovo, Afghanistan auf beiden Seiten ihre Unschuld verloren haben. Der Alleinherrscher Chávez will eine Gesellschaft nach seinem Bilde und verliert die Unterstützung dafür. Dass er das eingesteht, gesteht man ihm bei uns nicht zu. Warum auch? Hierzulande geht man mit Wahlschlappen anders um – siehe EU-Verfassungsvertrag. Und Putin? Der neue Antidemokrat an der Moskwa war nur einer von Acht, die sich im Sommer hinter Stacheldraht vor dem Souverän verschanzten, und bekommt jetzt von denen Breitseite, die im Mai 2007 HEILIGEN harmlose Norddeutsche zur Geruchsprobe zwangen, gigantische Zäune in die Natur klatschten und Mecklenburg-Vorpommern mit Kameras spickten. Die Weihnachtszeit ist die Zeit der internationalen Gutmenschen, die Zeit, in der schwülstige Festtagsreden den Weihnachtszuschlag für Hart-IV-Empfänger ersetzen und wo wohlfeile Ratschläge an Antidemokraten in Osteuropa, Südamerika und sonstwo den kritischen Blick auf die eigenen Defizite verstellen. Schöne In Israel gibt es Opium für alle. Bescherung. LANDSechs Wochen Israel – ein Streifzug durch das heilige Land. Denen, die in diesen Tagen nach Alternativen suchen, zwei Vorschläge zur Güte: von Stefan Kunath Wenn der ehemalige Direktor des Internationalen Währungsfonds zu Weihnachten wieder gegen unmoralisch hohe Managergehälter köhlert oder Frau Dr. Merkel am Silvesterabend droht, 2008 auch den Letzten mit dem Aufschwung zu belästigen, dann: Einfach mal den Ton abschalten und den Pappnasen die eigenen Worte in den Mund legen – kann wirklich lustig sein, gibt ein wohliges Gefühl medialer Allmacht und bewahrt davor, die Ohren vollgeschleimt zu bekommen. Zweiter Vorschlag: ein netter Nachmittag im Café – mit Sacco und Vanzetti im Gepäck, falls der Boyfriend mal wieder nichts zu erzählen hat. So lässt sich der Dezember rumkriegen. Wir sehen uns dann im Januar wieder. Thomas Feske Am Shabbat geht’s in die Synagoge und da wird gebe- schwarzen Anzügen an der Klagemauer Gesellschaft. Zur tet, Männer und Frauen natürlich strengstens getrennt. Klagemauer habe ich übrigens ein komisches Verhältnis. Anschließend werden die freien Stunden gemeinsam Als ich sie das erste Mal sah, war ich sprachlos: »Wow, verbracht. Gegessen wird kosher, irgendwo hingehen ist da steht sie, so bedeutend, gemauerte Geschichte.« Und nicht – von verreisen kann erst gar nicht die Rede sein. So wirklich: Es ist schon ein unbeschreibliches Gefühl, vor könnte der heiligste Teil der Woche für orthodoxe Juden in dieser Wand zu stehen. Menschheitsgeschichte. Beim Israel aussehen. Nicht gerade angenehm, religiöse Regeln zweiten Mal fragte ich mich, was ich als Touri hier rumste- beschränken eben. Anders ist das in einer säkularem he und blöd glotze. Das Ding ist immerhin für Juden und jüdisch-israelischen Familie. Hier sieht Shabbat etwa wie nicht für mich. Und nun das dritte Mal: »So sieht man sich folgt aus: Freunde einladen oder eingeladen sein, dann es- wieder, Klagemauer. Lange nicht gesehen, was?« Irgend- sen, dann trinken, dann quatschen und nochmal essen. Im wann stumpft auch ein Atheist ab. Nur noch eine Mauer? Anschluss Fernsehen, schlafen oder Party. Der Abwasch Irgendwie schon, wären da nicht die Büsche in den Fugen kommt morgen. Kosher muss es auch nicht sein. Nur die und am Fuß der Mauer, in denen angeblich ganz besonde- guten Seiten des Judentums werden praktiziert. So lässt‘s re Insekten leben sollen. Religion und Biologie müssen sich sich leben. nicht ausschließen. Wenn wir schon mal in Jerusalem sind: Der Felsendom Sechs Wochen Israel liegen hinter meinem Freund und und die Al-Aksa-Moschee sind wirklich nur für Muslime, mir. Zusammen wollten wir Abenteuer im heiligen Land andere kommen höchstens zu so unchristlichen Zeiten wie erleben. Die Meisten verstehen so etwas nicht. In Nahost neun Uhr morgens rein. Die Grabeskirche hingegen heißt gebe es neben Terroristen und Toten nur religiöse Fanati- nicht nur Christen willkommen, sondern auch Langweiler. Foto [M]: photocase.de ker. Die gibt es allemal. Und obwohl wir nicht zum Beten Sie sieht wirklich stinknormal nach Kirche aus, vielleicht nach Israel geflogen sind, war der Kontakt mit Religion noch ein wenig hässlicher. Hier ist lediglich was zu Ostern natürlich nicht ausgeschlossen. los, wenn Christen mit Fackeln die Auferstehung von Jesus Orthodoxe Juden beispielsweise haben uns das Reisen er- feiern. Das sieht wirklich sehr gefährlich aus. Brand- schwert: Weder Bus noch Bahn fahren am Shabbat. Dafür schutz? Fehlanzeige. Übrigens: Auch die Geburtskirche in waren wir nicht dankbar. Bethlehem ist nicht so prickelnd. Merke: Als Christ ist Rom Immerhin leisteten uns die Kerle mit den Locken und den schon das Beste. Inhalt S. 2 & 3 - In Israel gibt es Opium für alle Was geschieht, wenn respektlos atheistische Touris durch Israel ziehen, ist in unserer Reisereportage nachlesbar. Foto [M]: photocase.de S. 4 & 5 - Geldgeschenke fürs System Habt Ihr’s gewusst? Weihnachten beginnt schon im August. Und wo früher im Dienste des rheinischen Kapitalismus Weihnachtsstollen en masse vertilgt LAND wurden, ist der heutige Beschenkungszwang nur noch System erhaltende Geste. S. 6 - Go for Veggies In der Weihnachtszeit fristen Vegetarier zwischen Truthahn, Würstchen mit Kartoffelsalat und anderem Schweinkram ein Schattendasein. Aber keine Sorge: Wer sucht, der findet selbst in Berlin ein vegetarisches Restaurant mit moderaten Preisen und selbst gemachtem Joghurt. S. 7 - Gesundheit! Ein wenig Tränendrüsendrückerei und die Mitleidsmasche zum Jahresende gibt es selbst bei Sacco und Vanzetti. »Man kann nicht jedem helfen.«, sagen manche und helfen niemandem. Dabei gibt es viele Stellen, wo die Weihnachtszulage in diesem Jahr gut angelegt wäre. SODI ist da ein guter Ansprechpartner. S. 8 - Der Weihnachtspunk geht um Einen Orgasmus unterm Weihnachtsbaum – warum nicht? Oder George W. Bush mit Schädeltrauma? Im Wünschen seid kühn und munter! S. 9 - Das Ende der Geduld Im Kosovo erstirbt die weihnachtliche Stimmung Foto [M]: Stefan Kunath jäh, ist es doch abermals nicht gelungen, zu einer einvernehmlichen Lösung, was den Status der kleinen Balkanregion betrifft, zu kommen. Zurück zu den Orthodoxen. Orthodoxer geht’s immer. vergessen. Das ist eine ziemlich junge und relativ kleine S. 10 & 11 - Drei Begräbnisse Die ultraorthodoxen Juden sitzen den ganzen Tag an der Religion. In Haifa haben sie einen schönen Schrein, der Three Burials: Die drei Begräbnisse des Melquiades Klagemauer und beten, nichts anderes. Zionisten sind sie von einem streng symmetrischen Garten umgeben ist. Ba- Estrada, Erbarmungslos und The Wild Bunch – nicht, da Israel schon von Gott erschaffen werden muss hai kannst du selbst dann sein, wenn du schon einer ande- High Noon in Sacco und Vanzetti. und nicht von Menschenhand. Staat kann man mit denen ren Religion angehörst. Die Regeln sind ziemlich locker: Sei nicht machen. Also weiter auf Sozialhilfe leben, beten und tolerant anderen gegenüber – so könnte man das verkürzt betteln und Militärdienst verweigern – und ab und an Gott ausdrücken. Einen gewissen finanziellen Beitrag für deine S. 12 & 13 - Wir sind keine Vorzeigeband ein Kind schenken. Haare schneiden nicht vergessen. Religion solltest du aber nicht vergessen. Die Prominenz gibt sich bei uns die Klinke in die Hand. Anders die gewöhnlichen Orthodoxen. Das sind Zionisten, Der Hausmeister wird abgelöst durch den Altpunker und religiöse Zionisten! Als sie nach Israel kamen, staunten sie Religion hin oder her, wer damit etwas am Hut hat, mit Campino findet auch Helmut Kohl seinen Platz in nicht schlecht: In den Kibbuzim gab es keine Synagogen! wird in Israel voll auf seine Kosten kommen: Judentum, unserem Magazin. Die sozialistischen Zionisten nahmen es nicht so genau. Islam, Christentum, Bahai – und in der Nationalflagge ein Was soll‘s. Heute besiedeln sie fleißig das Westjordan- Davidsstern, im Staatswappen eine Menora. Und zugleich S. 14 - Garstige Geschenke für uns. land. Davon kann sich die Antifa ruhig was abgucken: ist Israel neben den vielen Religionen weit mehr. Es ist ein Diätenerhöhung für die einen und keinen Hartz-IV- Siedlungen entstehen aus dem Nichts, besetzte Häuser in Spannungsfeld aus Altem und Neuem, Europa, Afrika und Weihnachtszuschlag für die anderen. Wolf Hunger Hebron, Räumungen werden mit Säureattacken bekämpft. Asien, drei Klimazonen, aus Party und Holocaustgeden- bricht eine Neiddebatte vom Zaun – dabei ist die Der Armeedienst wird in einer Extra-Einheit für Orthodoxe ken, Konflikt und Harmonie. Menschen aus aller Welt in Weihnachtszeit doch die Zeit der Barmherzigkeit… gemacht. Sogar die Bekleidung stimmt: Ein schnittiger einem Land so groß wie Hessen. Mein Opium in Israel war schwarzer Anzug. Black Block lässt grüßen. Party machen nicht die Religion, sondern die vielen aufschlussreichen S. 15 - Über den besoffenen Elch lach können die Orthodoxen ebenfalls sehr gut. In Eilat, Gespräche mit alten und neuen Bekannten, die Partys im im Sommer der Ballermann für junge Israelis aus dem Kibbuz, in Haifa,