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Wohnungsmarktanalyse für den Oberbergischen Kreis - Endbericht -

Auftraggeber: Die Oberbergischen Sparkassen: Kreissparkasse Köln Sparkasse - Sparkasse der Homburgischen Gemeinden in Sparkasse -Hückeswagen

Ansprechpartner: Petra Heising, Iris Fryczewski, Katrin Wilbert Projektnummer: 2007113 Bonn: August 2008 INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung 1 1.1 Zukunft des Wohnungsmarkts in unsicheren Zeiten 1 1.2 Ausgangssituation: Ländliche Lage am Rande einer Wachstumsregion 2

2. Wirtschaft und Demografie der letzten zehn Jahre 4 2.1 Wirtschaft und Pendlerströme 4 2.1.1 Wirtschaftsentwicklung mit eigener Dynamik 4 2.1.2 Wirtschaftswachstum vor allem im Norden und Süden des Kreises 7 2.2 Bevölkerung und Wanderungen 12 2.2.1 Einwohnerentwicklung im Abwärtsrutsch: Zuzug von Familien bleibt aus 12 2.2.2 Gemeinden im Süden profitieren: Verjüngung durch Zuwanderung 18 2.3 Fazit: Abwanderung trotz Wirtschaftswachstum 28

3. Wohnungsmarkt und Baulandpolitik 29 3.1 Wohnungsbestand nach Baualter 29 3.2 Baufertigstellungen 32 3.2.1 Sinkende Tendenz in der Bautätigkeit des Oberbergischen Kreises 32 3.2.2 Unterschiedliche Tendenzen der Bautätigkeit in den Teilräumen des Oberbergischen Kreises 34 3.3 Bodenpreisgefälle und Leerstand 35 3.4 Derzeitige Baulandpolitik und demnach zukünftig zu erwartende Qualitäten 39 3.4.1 Unterschiedliche Ausgangslagen – Wo stehe ich? 39 3.4.2 Unterschiedliche Ziele zur Zukunftsentwicklung der Gemeinde – Wo will ich hin? 39 3.4.3 Keine eindeutige Zielgruppenspezifizierung – Für wen baue ich? 40 3.4.4 Unterschiedliche Präferenzen der Stadtplanung bezüglich der Qualität in Neubaugebieten - Was baue ich? 40 3.4.5 Unterschiedliche Instrumente der Baulandentwicklung - Was kann ich tun? 41 3.4.6 Ähnliche Hemmnisse – Was behindert die Arbeit? 42 3.4.7 Bisher keine kommunale Zusammenarbeit in der Wohnbaulandpolitik 44 3.5 Baulandangebot 44 3.5.1 Aktuelle Baugebiete 44 3.5.2 Zukünftiges Angebot 46 3.5.3 Qualitäten und Vermarktungserfolge der Baugebiete 50 3.6 Fazit: Unterschiedlichkeiten in den Gemeinden – ohne gemeinsames Konzept 56

4. Zwei kontrastierende Szenarien bis 2025 57 4.1 Ein Wachstumsszenario 58

Wohnungsmarktanalyse -i - empirica 4.1.1 Amtliche Prognosen für den Oberbergischen Kreis 58 4.1.2 Wachstumsszenario: Derzeitiges Baulandangebot reicht nicht aus 60 4.2 Ein Schrumpfungsszenario 64 4.2.1 Verlierer in der Konkurrenz um junge Haushalte 64 4.2.2 Schrumpfungsszenario: Abwanderung führt zu Wohnungsüberschüssen 65 4.3 Die zukünftige Wohnungsnachfrage in Bandbreiten 67 4.3.1 Wohnungsnachfrage in den zentralen Gemeinden (Teilraum Mitte) 68 4.3.2 Besonderheiten der nördlichen Gemeinden (Teilraum Nord) 73 4.3.3 Besonderheiten der südlichen Gemeinden (Teilraum Süd) 76 4.4 Fazit: Weder auf Wachstum noch auf Schrumpfung ausreichend vorbereitet 79

5. Konsequenzen und Empfehlungen 80 5.1 Rahmenbedingungen und Einflussmöglichkeiten 80 5.2 Die Demografische Entwicklung 82 5.2.1 Absehbare Folgen des demografischen Wandels zur Kenntnis nehmen 82 5.2.2 Neue Unsicherheiten am Wohnungsmarkt akzeptieren und einkalkulieren 85 5.3 Strategien der Baulandpolitik 89 5.3.1 Baulandverknappung vermeiden 89 5.3.2 Regionale Wohnungsmarktbeobachtung aufbauen 96 5.3.3 Anforderungen an die Lagequalität neuer Baugebiete kennen und umsetzen 97 5.3.4 Vielfalt anbieten 99 5.3.5 Obligatorische Zwischenerwerbspolitik einführen 105 5.4 Wohnungspolitik: Leerstandsrisiko von Bestandsimmobilien 106 5.4.1 Öffentliches Interesse von privatem Interesse unterscheiden 107 5.4.2 Baualter der freiwerdenden Bestände im Zeitablauf berücksichtigen 108 5.4.3 Qualitäten der Bestände mit Neubau vergleichen 113 5.4.4 Realistische Preiserwartungen für Bestandsimmobilien entwickeln 117 5.4.5 Fördermöglichkeiten rational einschätzen 118 5.4.6 Bestandsmodernisierung: Privatinitiativen fördern 122 5.4.7 Transparenz durch Monitoring schaffen 123 5.5 Zukünftige Wohnformen für Senioren 124 5.5.1 Wohnwünsche und Umzugsmobilität der Generation 50+ kennen 126 5.5.2 Variationsrechnungen zur sinkenden Einfamilienhausattraktivität unter den Senioren 128 5.5.3 Umbaumaßnahmen im Bestand unterstützen 131 5.5.4 Altengerechte Wohnangebote entwickeln 133 5.6 Empfehlungen für das weitere Vorgehen 134 5.6.1 Öffentlichkeitsarbeit: Veranstaltungsreihe „Wohnbaukonferenz“ 134 5.6.2 Kreisentwicklungskonzept 135

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -ii - empirica 6. Zusammenfassung und Schlussbemerkung 136

ANHANG I 139

1. Datenanhang 139 1.1 Einwohnerentwicklung in den Gemeinden 139 1.2 Bevölkerungssalden in den Gemeinden des Oberbergischen Kreises 139 1.3 Pendler 146

2. Annahmen und Ergebnisse der Szenarienrechnung 147 2.1 Wanderungsannahmen 147 2.2 Annahmen zur Berechnung des Neubaubedarfs 147 2.3 Ergebnisse der Bevölkerungsberechnung in den Szenarien 148

3. Beispielhafte Baugebiete im Oberbergischen Kreis 151 3.1 Teilraum Nord: Hohe Vermarktungserfolge im Felderhofer Kamp 151 3.2 Teilraum Mitte: Hohe Qualitäten im öffentlichen Straßenraum in Büttingshausen 153 3.3 Teilraum Süd: Grundstücksmindestgrößen und Gestaltungsvorgaben in Bierenbachtal 155

4. Exkurs zu möglichen Innenentwicklungsinstrumenten 156

5. Literaturverzeichnis 159

ANHANG II (SEPARAT) 159

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -iii - empirica 1. Einleitung

1.1 Zukunft des Wohnungsmarkts in unsicheren Zeiten

Kommunen schaffen die Voraussetzungen für eine prosperierende Region durch ein gutes Gewerbe- flächenangebot. Inzwischen wird aber auch die Entwicklung des Wohnungsmarktes als strategische Größe immer wichtiger: Nicht nur in wachsenden, sondern auch in schrumpfenden Regionen fehlen Wohnungen, weil in Deutschland die Haushalte im Durchschnitt kleiner werden, so dass für die glei- che Einwohnerzahl mehr Wohnungen benötigt werden. Der demografische Wandel führt zu einer neuen Konkurrenz der Kommunen um die knapper werdenden jungen Familien, die sich gerade auf Wohnungssuche befinden. Insofern ist es für jede Kommune rational, diesen Familien ein ausreichen- des und ein - qualitativ und preislich – auch passendes Wohnungsangebot zu machen. Auf der anderen Seite schwebt über dem Begriff des demografischen Wandels auch die Vorstellung von einer älter werdenden und schrumpfenden Gesellschaft, so dass Investitionen in den Neubau gefühlsmäßig risiko- reicher werden. Verstärkt durch das Konjunkturtief und die nur schleppende Vermarktung neuer Baugebiete der letzten Jahre scheint sich diese Empfindung zu bestätigen. So stehen im Oberbergi- schen Kreis Investoren und Kommunen nun gleichermaßen vor der Frage, ob der Wohnungsneubau noch Zukunft hat oder man sich hier eher zurückhalten und stattdessen vermehrt auf Bestandmaßnah- men setzen sollte, um drohendem Leerstand angemessen zu begegnen. Die derzeitige allgemeine Unsicherheit über die Zukunft der Wohnungsmärkte scheint im Oberbergischen Kreis momentan zu einer gewissen Starre geführt zu haben, die nur darauf wartet, aufgebrochen und in aktive Strategien umgewandelt zu werden, sobald denn klar ist, in welche Richtung die Reise geht.

Um das vorwegzunehmen: Die vorliegende Studie kann für den Oberbergischen Kreis keine punktge- naue Prognose der zukünftigen Wohnungsmarktentwicklung liefern. Zu viele neue und derzeitig noch unsichere Faktoren werden hier in Zukunft eine Rolle spielen: Von einer regionalen Verschiebung der Arbeitsmärkte über eine Neubewertung der Pendlerkosten bis zu sich ändernden Wohnbedürfnissen von Familien und Senioren – vieles ist derzeit in Bewegung und die jeweiligen Auswirkungen auf die Attraktivität des Oberbergischen Kreises sind sehr unterschiedlich. Entsprechend unterschiedlich können die Auswirkungen auf das zukünftige Wanderungsverhalten und damit auf die Einwohnerent- wicklung und die Wohnungsnachfrage sein.

Dieses zunächst unbefriedigend erscheinende Ergebnis (dass eine genaue Prognose nicht möglich ist) entpuppt sich auf den zweiten Blick jedoch als entscheidender Erkenntnisgewinn: Während in der von Wachstum geprägten Vergangenheit das Hauptaugenmerk auf der Baulandentwicklung lag, ist diese in Zukunft zwar immer noch ein wichtiger Faktor für weiteres Wachstum, aber zusätzlich müssen in Zukunft verstärkt auch die Bestandsmärkte im Auge behalten werden. Es besteht die Möglichkeit, dass das Wachstum in Zukunft niedriger ausfällt als gewohnt. In diesem Fall können neue Leerstände,

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -1 - empirica erstmals auch in Ein- und Zweifamilienhäusern, die Folge sein – ein Risiko, das die Kommunen rechtzeitig kennen und erkennen sollten.

In diesem Sinne soll die vorliegende Studie den Entscheidungsträgern im Bereich Bauen und Wohnen im Oberbergischen Kreis vor allem dabei helfen, für verschiedene Entwicklungspfade rechtzeitig gutes Rüstzeug zu entwickeln. Mit Hilfe zweier bewusst konträr gewählter Bilder von möglichen Entwick- lungspfaden wird die Bandbreite aufgezeigt, die in ihrer Gänze als mögliche Entwicklung im Auge behalten werden sollte. Die tatsächliche Entwicklung wird zwischen diesen beiden Extremen liegen, so dass in Zukunft – wie die erzielten Ergebnisse belegen – in jedem Fall eine Kombination von Bauland- und Bestandsentwicklung im Fokus der Kommunen liegen muss. Insofern sollen die Szena- rien den Blick der Kommunen und anderer Wohnungsmarktakteure im Oberbergischen Kreis nicht nur erweitern, sondern – in Bezug auf eine genaue zukunftsgerichtete Wohnungsmarktbeobachtung – auch schärfen, damit sich diese im Wettbewerb mit anderen Kreisen und Kommunen gut behaupten können.

Die Studie zeigt zunächst die vergangene Wirtschafts- und Bevölkerungsentwicklung auf (Kap. 2), beschreibt dann, wie Wohnungsmarkt und Baulandpolitik heute aussehen (Kap. 3), um dann daraus abzuleiten, in welche Richtung die zukünftige Entwicklung gehen könnte. Hierbei wird vor allem auf die Verlagerung von Arbeitsplätzen, den demografischen Wandel und veränderte Wohnpräferenzen Bezug genommen (Kap. 4). Im Anschluss werden Handlungsfelder und Empfehlungen aufgezeigt, die – trotz bleibender Unsicherheiten über die Zukunft – dem Kreis und den Kommunen Möglichkeiten an die Hand geben, Strategien für die verschiedenen Entwicklungspfade zu entwickeln und gemeinsam umzusetzen (Kap. 5).

1.2 Ausgangssituation: Ländliche Lage am Rande einer Wachstumsregion

Der Oberbergische Kreis liegt im Süden Nordrhein-Westfalens und ist Teil der Region Oberbergisches Land und erstreckt sich über 54 km (Nord-Süd) bzw. 38 km (Ost-West). Innerhalb dieses ländlich geprägten Kreises im Mittelgebirge ist die Kreisstadt Gummersbach mit 52.000 Einwohnern die größte Kommune, während in den übrigen 12 Städten und Gemeinden nur jeweils zwischen 10.000 und 30.000 Einwohner leben. Der Kreis grenzt im Westen an den Rheinisch- Bergischen Kreis, im Norden an den Regionalverband Ruhr (mit , , Ennepe- Ruhr-Kreis), im Osten an den Märkischen Kreis und den Kreis Olpe sowie im Süden an den Rhein- Sieg-Kreis (RSK) und den Landkreis , der schon zu Rheinland-Pfalz zählt. Zusammen mit den Städten Köln und sowie dem Rhein-Erft-Kreis und dem Rheinisch-Bergischen Kreis zählt der Oberbergische Kreis u.a. zum Köln. Er liegt damit zwar nicht im Zentrum, aber zumindest noch im Einflussbereich einer starken Wachstumsregion (Rheinschiene mit Köln/Bonn/Rhein-Sieg-Kreis).

Wichtigste Erschließungsachse für die südlichen Gemeinden des Oberbergischen Kreises ist die Auto- bahn A4, welche eine Verbindung zwischen Köln im Westen und Olpe bzw. im Osten darstellt

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -2 - empirica (Anschlussstellen in , Bielstein, Gummersbach, /Bergneustadt und Reichshof- Eckenhagen). Damit beträgt die Fahrtzeit von der im Westen gelegenen Gemeinde Engelskirchen in die Kölner Innenstadt bei guter Verkehrslage nur rund eine halbe Stunde (41 km). Die nördlichen Gemeinden des Oberbergischen Kreises profitieren von der Nähe zur Autobahn A1, welche von Köln über Wuppertal in das östliche Ruhrgebiet führt. Hier beträgt die Fahrtzeit von der nördlichsten Ge- meinde Radevormwald bis nach Köln rund 40 Minuten. Östlich des Oberbergischen Kreises verläuft zusätzlich die Autobahn A45 von Norden () nach Süden (Siegen).

Innerhalb des Oberbergischen Kreises gibt es allerdings keine schnelle Straßenverbindung von Norden nach Süden (lediglich eine Bundesstraße: B483/B256), so dass die Fahrtzeit bspw. von im Südosten nach Radevormwald im Norden über eine Stunde beträgt. Nur wenig kürzer ist die Fahrtzeit von den abseits der Autobahnen gelegenen Gemeinden (wie z.B. Morsbach, ) nach Köln.

Noch schwieriger ist die ÖPNV-Anbindung im Oberbergischen Kreis. Buslinien verbinden zwar alle größeren Ortschaften, jedoch ist die Taktfrequenz häufig sehr gering. Günstiger ist die Situation für Gemeinden, die über die Regionalbahn 25 (mit der Ost-West-Achse Köln – Rösrath – – Engelskirchen – Gummersbach – Marienheide) an das überörtliche Schienennetz angebunden sind.

In der Summe sind eine starke Ost-West-Ausrichtung und eine gleichzeitig schlechte Nord-Süd- Verbindung des Straßennetzes und der Bahnlinie auffallend. Neben der Ausrichtung auf die Metropole Köln ist dafür das Relief innerhalb des Oberbergischen Kreises ein wichtiger Faktor: Die größten Täler verlaufen von Nordost nach Südwest bzw. in Ost-West-Richtung, da die Flüsse dem Rhein zufließen. Als Folge verlaufen auch die Höhenzüge und Wasserscheiden in Ost-West-Richtung und verhindern sowohl Sichtbeziehungen zwischen nahe gelegenen Ortschaften als auch eine gute Ver- kehrsanbindung. Dies erklärt wiederum verschiedene demografische Phänomene (z.B. Wanderungs- richtungen), auf welche in den folgenden Kapiteln näher eingegangen wird, und ist insbesondere ein Grund dafür, dass der Wohnungsmarkt des Oberbergischen Kreises weniger als ganzes, sondern jeweils unabhängig für einzelne Teilräume betrachtet werden muss.

Die Teilräume, die im Folgenden zugrunde gelegt werden, umfassen folgende Kommunen:1

• Teilraum Nord: Radevormwald, Hückeswagen, Wipperfürth

• Teilraum Mitte: Gummersbach, , Engelskirchen, Marienheide, Bergneustadt, Reichs- hof, Wiehl

• Teilraum Süd: Nümbrecht, Waldbröl, Morsbach

Durch die gemeinsame Autobahnverbindung (A4) ist der Teilraum Mitte eng miteinander verflochten und relativ groß: In ihm leben mehr als die Hälfte aller Einwohner des Oberbergischen Kreises.

1 Die Abgrenzung erfolgte gemäß der Wanderungsanalyse (vgl. Kap. 2.2).

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -3 - empirica Karte 1: Topographischer Überblick

Quelle: Eigene Darstellung. empirica

2. Wirtschaft und Demografie der letzten zehn Jahre

2.1 Wirtschaft und Pendlerströme

2.1.1 Wirtschaftsentwicklung mit eigener Dynamik

Im weiteren Umfeld um den Oberbergischen Kreis ist Köln mit Abstand die Stadt mit den meisten Arbeitsplätzen, von denen mehr als drei Viertel (82%) im Dienstleistungssektor liegen (vgl. Abbildung 1). Die übrigen Kreise der Region um den Oberbergischen Kreis verfügen jeweils über höchstens ein Drittel so viele Arbeitsplätze wie Köln. Im Oberbergischen Kreis ist - wie auch im Märkischen Kreis, dem Kreis Olpe und Remscheid - die Wirtschaftsstruktur vom Verarbeitenden Gewerbe geprägt (40% aller Arbeitsplätze).

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -4 - empirica Abbildung 1: SVP-Beschäftigte am Arbeitsort nach Wirtschaftszweigen des Oberbergischen Kreises und Nachbarkreisen und -städten, 31.12.2007

500.000 Erziehung,Gesundheit,Veterinär-, Sozialwesen 450.000 Öffentl.Verwaltung,Verteidigung/Sozialversicherung

400.000 Grundst.-, Wohnungswesen, Verm. bewegl.Sachen t) u l Kredit- und Versicherungsgewerbe o 350.000 s b a (

Verkehr und Nachrichtenübermittlung e

t 300.000 g i

ft Gastgewerbe ä h 250.000 sc

e Handel, Instandh.u. Rep. v. Kfz u. Gebrauchsgütern B - P 200.000 V Baugewerbe S

l ah

z 150.000 Energie- und Wasserversorgung n A

100.000 Verarbeitendes Gewerbe

Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden 50.000 Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, Fischzucht 0

is dt is is ss is is e a re re u adt re e adt r adt t e t r t K t S K -K S K K S , S r. r N r. r r r. r. rf ieg is rf e rf pe rf k che e k h he k l k , s -S r , c , O , n i n K l isc is d l rk i - ta g g i ö in r r r sen e K he be e u h Mä he r -B k h r sc R uppe be c ve m R W O is e n Le i he R R

Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

Vergleicht man die Entwicklung der Arbeitsplatzzahlen des Oberbergischen Kreises mit der seiner Nachbarkreise (gemessen in SVP-Beschäftigten, d.h. sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, am Arbeitsort), so befindet er sich fast im Gleichschritt mit den wachstumsstarken Städten bzw. Kreisen Köln, Rhein-Sieg-Kreis und Kreis Olpe. Nach mehreren Jahren der Parallelentwicklung hat sich die Arbeitsplatzentwicklung im Oberbergischen Kreis seit 2004 dabei auch positiv von der Entwicklung im benachbarten Rheinisch-Bergischen-Kreis abgesetzt (vgl. Abbildung 2, S. 6). Die Beschäftigten- entwicklung verlief auch deutlich positiver als im Durchschnitt NRWs. In allen Kreisen der Region ist eine konjunkturelle Aufschwungphase zwischen 1995 und 2001 und eine weitere ab 2006 erkennbar. Im Oberbergischen Kreis und im Kreis Olpe begann die jüngste Aufschwungphase sogar schon 2005. Die Beschäftigtenentwicklung in den nördlichen Nachbarkreisen hingegen (Märkischer Kreis, Ennepe- Ruhr-Kreis und besonders in den kreisfreien Städten Wuppertal und Remscheid) verlief dabei unter- halb des NRW-Durchschnitts und damit deutlich schlechter als im Oberbergischen Kreis. So hat Remscheid seit 1995 fast -20% seiner SVP-Arbeitsplätze eingebüßt, während der Oberbergische Kreis heute gegenüber 1995 sogar noch etwa +3% SVP-Arbeitsplätze mehr aufweist als damals.2 In den Abschwungjahren zwischen 2003 und 2006 ist im Oberbergischen Kreis weniger Beschäftigung abgebaut worden als in Köln, dem Rhein-Sieg-Kreis und dem Rheinisch-Bergischen Kreis und in der

2 Hinweis zur SVP-Statistik in Gummersbach: Von einem großen Unternehmen in Gummersbach ist bekannt, dass ihm seit 2006 rd. 2.900 SVP-Arbeitsplätze zugerechnet werden, die de facto außerhalb des Oberbergischen Kreises liegen. Damit ist die Beschäftigtenzahl für Gummersbach seit 2006 etwa um diese Zahl (2.900 Beschäftigte) überhöht.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -5 - empirica Aufschwungphase seit 2005 konnten im Oberbergischen Kreis prozentual mehr Arbeitsplätze geschaf- fen werden als in Köln und dem Rhein-Sieg-Kreis.

Abbildung 2: Entwicklung SVP-Beschäftigte (am Arbeitsort) im Vergleich (Index 1995 = 100), 1995 bis 2008

115 Olpe, Kreis

Rhein-Sieg-Kreis 110 Köln, krfr. Stadt 105 Oberbergischer Kreis 0)

10 Rheinisch-Bergischer Kreis 100 =

95 Nordrhein-Westfalen 9 1 :

x 95 Märkischer Kreis e d n I ( Ennepe-Ruhr-Kreis e t 90 g i t f Wuppertal, krfr. Stadt ä h c s

e 85 Leverkusen, krfr. Stadt B

Remscheid, krfr. Stadt 80

75 je 1.1. 199519961997199819992000200120022003200420052006200720082009 Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung empirica

Von den rd. 287.000 Einwohnern des Oberbergischen Kreises (Wohnortprinzip) sind 91.800 Personen sozialversicherungspflichtig beschäftigt.3 Sie arbeiten hauptsächlich (zu 73%) im Kreis selbst. 25.200 von ihnen (27%) aber pendeln täglich über die Kreisgrenzen, und zwar vor allem nach Köln und in den Rheinisch-Bergischen Kreis (vgl. Abbildung 3). Verglichen mit der Größe der Arbeitsmärkte (vgl. Abbildung 1, S. 5) sind damit die Auspendlerzahlen nach Köln vergleichsweise gering: Von den rd. 430.000 Arbeitsplätzen in Köln werden gerade mal 1% von Bewohnern des Oberbergischen Kreises besetzt. Viel größer ist die Bedeutung der Wirtschaftsentwicklung im Rheinisch-Bergischen Kreis (RBK): Von den rund 63.000 Arbeitsplätzen im RBK werden etwa 4.500 (ca. 7%) von Bewohnern des Oberbergischen Kreises besetzt.

Vor neun Jahren (1999) lag die Zahl der SVP-Beschäftigen, die im Oberbergischer Kreis leben, ähn- lich hoch (91.400), aber damals arbeitete noch ein höherer Anteil (76% gegenüber 73% in 2007) im Kreis selbst. Vor allem die Anteile der Auspendler in Orte außerhalb Nordrhein-Westfalens (bis hin nach München, Hamburg und Berlin) sind in der Statistik deutlich gestiegen. Dafür ist die Zahl der Pendler ins übrige NRW zurückgegangen. Die Pendlerentfernungen der Fernpendler haben also im Schnitt zugenommen.

3 Einwohnerzahl zum 31.12.2007, Beschäftigtenzahl am Wohnort zum 30.6.2007.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -6 - empirica Abbildung 3: Auspendler über die Kreisgrenzen nach Arbeitsorten, 1999 und 2007

6.000

5.000

4.000

30.6.1999 3.000 30.6.2007

2.000

1.000

-

dt is is a is e e lpe ld) d* re adt r r tadt O RW a St St K K S N lan , K , r - , rw h ln r d e g l s e ö i h ie ta e t sc he e S r ig s t K sc h isc - r e i sc k in pe b eu rg r ü (W D e m ä he up s e M n -B R R W ge h che ri ir b isc k ü * einschließlich Beschäftigte in e ten h l in Außenstellen R A

Quelle: Bundesagentur für Arbeit. Eigene Darstellung. empirica

Die positive Arbeitsplatzentwicklung zwischen 1999 und 2007 in Köln und im Rheinisch-Bergischen Kreis, aber auch im Rhein-Sieg-Kreis und im Kreis Olpe hat auch zu größeren Auspendlerzahlen in diese Kreise geführt, kommt damit also auch der Bevölkerung des Oberbergischen Kreises zu Gute. Ebenso führte ein Rückgang der Beschäftigung in der Stadt Remscheid auch zu einer geringeren Auspendlerzahl dorthin. Der Arbeitsplatzabbau im Märkischen Kreis hat die Auspendlerzahl nicht reduziert; sie ist hier sogar gestiegen.

Die engen Verflechtungen mit den Arbeitsmärkten der Nachbarn lassen darauf schließen, dass die Wohnbevölkerung des Oberbergischen Kreises auch von einer positiven Wirtschaftsentwicklung in diesen Kreisen profitiert. Innerhalb des Oberbergischen Kreises haben daher die Kommunen im Wes- ten und Südwesten des Kreises die günstigsten Voraussetzungen für einen weiteren Zuzug, wobei die westlichen Nachbarn (Köln, Rheinisch-Bergischer Kreis) über die A4 besser angebunden sind, als der südwestliche Teil (Rhein-Sieg-Kreis).

2.1.2 Wirtschaftswachstum vor allem im Norden und Süden des Kreises

Innerhalb des Oberbergischen Kreises liegen die meisten Arbeitsplätze in der Kreisstadt Gummers- bach. Mit großem Abstand (weniger als halb so viele Arbeitsplätze) folgen Wiehl, Radevormwald und Wipperfürth (vgl. Abbildung 4). Der Anteil des Verarbeitenden Gewerbes liegt 2006 in Gummersbach bei 19%. Er ist deutlich höher in Morsbach (69%) und Bergneustadt (62%) und liegt hier auch deutlich über dem Landesdurchschnitt (vgl. Abbildung 1, S. 5). Innerhalb des Kreises weisen Gummersbach

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -7 - empirica und Waldbröl einen relativ hohen Dienstleistungsanteil auf. In Nümbrecht spielt das Gastgewerbe eine besonders große Rolle, in Lindlar und Reichshof das Baugewerbe.

Abbildung 4: SVP-Beschäftigte am Arbeitsort nach Wirtschaftszweigen in den Gemeinden des Oberbergischen Kreises, 2006

22.000 Erziehung,Gesundheit,Veterinär-,Sozialwesen 20.000 Öffentl.Verwaltung,Verteidigung/Sozialversicherung 18.000

t) Grundst.-, Wohnungswesen, Verm. bewegl. Sachen u l

o 16.000 s Kredit- und Versicherungsgewerbe ab ( 14.000 e t g i Verkehr und Nachrichtenübermittlung ft 12.000 hä c

s Gastgewerbe e

B 10.000 - Handel, Instandh.u. Rep. v. Kfz u. Gebrauchsgütern SVP

8.000 l

ah Baugewerbe z

n 6.000 A Verarbeitendes Gewerbe 4.000 Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden 2.000 Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, Fischzucht 0

dt dt dt lar of ch dt dt ht de a a adt adt d h a a a c i t t t ta hen t n s b t t e S S S S rc S i h s S S r he , l, , , i L ic r l, , b n h h ld h sk t, e o ö m ie c e a rt l M r en ü r a i ü e tad R g N a b W w rf g s ldb a M rs m e n u a w e r p E e s vo ip n W e e rg k mm d W e c u a B ü G R H Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica Auch wenn im Teilraum Mitte, zu dem auch Gummersbach zählt, mit Abstand das Gros aller Arbeits- plätze liegt, so holt die Entwicklung in den Teilräumen Nord und Süd doch auf: Vor allem in den Aufschwungjahren 1998 bis 2002 sind hier anteilig mehr neue Arbeitsplätze entstanden als im Teil- raum Mitte (vgl. Abbildung 5, S. 9). Besonders stark war das Arbeitsplatzwachstum in den Gemeinden Morsbach (bis 2004) und in Hückeswagen (bis 2002). Den stärksten Arbeitsplatzabbau erlebten Wald- bröl und Marienheide (in 2003) und - abgeschwächt - Engelskirchen (2002 bis 2005). Vom Auf- schwung auf dem Arbeitsmarkt ab Mitte 2005 profitieren alle Teilräume gleichermaßen.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -8 - empirica Abbildung 5: SVP-Beschäftigte am Arbeitsort im Vergleich (Index 1998=100)

140 Morsbach

Hückeswagen, Stadt

130 Wiehl, Stadt

Reichshof

00 Gummersbach, Stadt 1

= 120 8

9 Radevormwald, Stadt 19

: Lindlar x de

n 110

I Oberbergischer Kreis

e t g

i NRW t f ä

h Nümbrecht c

s 100 e

B Wipperfürth, Stadt

Bergneustadt, Stadt

90 Marienheide

Engelskirchen

Waldbröl, Stadt 80 je 1.1. 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009

115

Teilraum Nord 110 100

= 105 Oberbergischer Kreis 1998

: x 100 nde I

e

t Teilraum Mitte g i t f hä

c 95 s e B Teilraum Süd 90

85 je 1.1.1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009

* Ausgewiesene Arbeitsplatzzahlen für Gummersbach (Teilraum Mitte) in 2006 hier um ca. 2.900 überschätzt (wg. Ausbau der Außenstellen eines Unternehmens), macht für Teilraum Mitte ca. 5%-Punkte und für OBK 3%-Punkte aus, die die Kurven für 2006 zu hoch liegen. Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

Der Zuwachs an Arbeitsplätzen im Teilraum Nord konnte die Zahl der Auspendler (im Saldo) reduzie- ren, so zum Beispiel nach Remscheid (vgl. Abbildung 6, S. 11). Gleichzeitig fand zwischen dem Teilraum Mitte und dem Teilraum Süd eine Verschiebung statt: Der Teilraum Süd konnte mehr, der Teilraum Mitte weniger (SVP-Beschäftigte) Wohnbevölkerung an sich binden. Denn durch die relativ hohen Zuzüge von jüngeren Haushalten und Familien (vgl. dazu Kap. 2.2, S. 12) sind in den Teilraum

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -9 - empirica Süd so viele Arbeitnehmer zugewandert, dass deren Zahl stärker stieg als die Zahl der Arbeitsplätze. Der Teilraum Süd profitierte also doppelt: Zum einen sind hier gegenüber 1998 neue Arbeitsplätze entstanden, während im Teilraum Mitte Arbeitsplätze abgebaut wurden. Zum anderen kam es zu einer Zuwanderung von Haushalten aus dem Teilraum Mitte (ohne den Arbeitplatz zu wechseln), so dass der Teilraum Süd nun mehr Auspendler und der Teilraum Mitte mehr Einpendler hat als zuvor. Grund für die Umzüge in den Teilraum Süd können die günstigeren Baulandpreise sowie ein verstärktes Angebot an Neubauflächen (Baufertigstellungen) dort gewesen sein. Mehr dazu in Kapitel 3 Wohnungsmarkt und Baulandpolitik.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -10 - empirica Abbildung 6: Pendlerströme zwischen den drei Teilräumen Nord, Mitte und Süd des Oberbergischen Kreises, 1999 und 2007 (jeweils zum 30.6.) 1999 6.000 übriges Deutschland* Wohnorte der Einpendler übriges NRW

4.000 Olpe

Märkischer Kreis

RSK 2.000 Rhein-Sieg-Kreis Rheinisch-Bergischer Kreis Region Süd Köln, Stadt Region Mitte Altenkirchen (Westerwald) - Region Nord Wuppertal, Stadt * Region Mitte Remscheid, Stadt Remscheid, Stadt Köln, Stadt -2.000 Köln, Stadt Altenkirchen (Westerwald) Wuppertal, Stadt übriges NRW Köln, Stadt Region Süd Rheinisch-Bergischer Kreis Rheinisch-Bergischer Kreis Region Mitte -4.000 übriges NRW Märkischer Kreis übriges NRW Region Nord

Arbeitsorte der Auspendler * einschließlich Beschäftigte in -6.000 Außenstellen Region Nord Region Mitte Region Süd 2007 6.000 übriges Deutschland* Wohnorte der Einpendler übriges NRW

4.000 Olpe übriges NRW Märkischer Kreis

Rhein-Sieg-Kreis 2.000 Rheinisch-Bergischer Region Süd Kreis Märkischer Kreis Köln, Stadt Altenkirchen (Westerwald) Region Mitte - Region Nord Wuppertal, Stadt Remscheid, Stadt Remscheid, Stadt Region Mitte -2.000 Wuppertal, Stadt Köln, Stadt Altenkirchen (Westerwald) Köln, Stadt Region Süd Rheinisch-Bergischer Kreis Köln, Stadt Region Mitte -4.000 Rheinisch-Bergischer Kreis Region Nord Märkischer Kreis Arbeitsorte der Auspendler * einschließlich Beschäftigte in Außenstellen -6.000 Region Nord Region Mitte Region Süd Quelle: Bundesagentur für Arbeit. Eigene Darstellung. empirica

Die Arbeitslosendichte (Anteil der Arbeitslosen in 2007 am Bevölkerungsstand Ende 2006) liegt im Jahr 2007 im Oberbergischen Kreis bei 3,6%. Die höchste Arbeitslosendichte haben die südlichen Gemeinden des Kreises (4,2%). Dies schlägt sich im eher ländlichen Teilraum Süd auch auf die Kauf- kraft nieder. In den Teilräumen Mitte und Nord ist die Arbeitslosendichte leicht geringer (3,5% bzw. 3,7%).

Ein Blick auf die Kaufkraft in den einzelnen Wohnquartieren (vgl. Karte 2) zeigt, dass der Oberbergi- sche Kreis nicht zum „Speckgürtel“ von Köln und Bonn gehört: In , Rösrath, aber

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -11 - empirica auch im Süden von Köln und Teilen von Sankt Augustin und Königswinter leben mehr Haushalte mit einer überdurchschnittlich hohen Kaufkraft (>100). Die ländlichen Gebiete des Oberbergischen Krei- ses, vor allem die Teilregion Süd und die südlich angrenzenden Gemeinden im Siegtal (z.B. Windeck) weisen hingegen einen besonders niedrigen Kaukraftindex auf. Allerdings wird dies zum Teil durch die geringeren Wohnkosten (z.B. Grundstückspreise, vgl. dazu auch Abbildung 19, S. 36) kompen- siert.

Karte 2: Kaufkraft im Oberbergischen Kreis

Quelle: empirica Quartiersdatenbank (auf Basis von infas Geodaten). empirica

2.2 Bevölkerung und Wanderungen

2.2.1 Einwohnerentwicklung im Abwärtsrutsch: Zuzug von Familien bleibt aus

Im Oberbergischen Kreis leben am 1.1.2008 (Quelle: Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik, LDS) 286.801 Einwohner. Gegenüber dem 1.1.1998 ist die Bevölkerungszahl damit zwar in den letzten zehn Jahren um insgesamt +2.900 gewachsen, der Trend ist aber abwärts gerichtet: Das Gebur- tendefizit wächst. Seit 2001 sterben im Oberbergischen Kreis jedes Jahr mehr Einwohner als geboren werden. Eine Erklärung hierfür liefert die Betrachtung der Altersstruktur: Von über 80.000 Personen im typischen Familiengründungsalter (20 bis unter 40jährige) in 1990 ist die Zahl im Jahr 2007 auf

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -12 - empirica unter 68.000 zurückgegangen. Damit wird die potenzielle Elterngeneration immer kleiner, so dass selbst bei konstanten Geburtenziffern die Zahl der Geburten rückläufig ist.

Tabelle 1: Veränderung der Altersstruktur im Oberbergischen Kreis 1990-2007

Veränderung Veränderung Veränderung Veränderung 2005 2006 OBK 1990 p.a. 1995 p.a. 2000 p.a. p.a. unter 20 Jahre 61.244 2,1% 68.045 0,6% 70.069 -0,8% 67.189 -4,2% 65.758 20 bis unter 40 Jahre 80.650 0,6% 82.909 -1,0% 78.907 -1,9% 71.764 -5,5% 69.751 40 bis unter 60 Jahre 67.323 1,0% 70.805 0,5% 72.598 2,3% 81.410 5,2% 83.499 60 bis unter 75 Jahre 35.251 3,1% 41.108 2,5% 46.448 -0,1% 46.186 -2,0% 45.722 75 Jahre und älter 18.808 -0,8% 18.047 2,2% 20.148 2,9% 23.287 3,4% 23.675 Insgesamt 263.276 1,3% 280.914 0,5% 288.170 0,1% 289.836 -1,0% 288.405

Veränderung Veränderung Veränderung Veränderung 2005 2007 OBK 1990 p.a. 1995 p.a. 2000 p.a. p.a. unter 20 Jahre 61.244 2,1% 68.045 0,6% 70.069 -0,8% 67.189 -2,2% 64.330 20 bis unter 40 Jahre 80.650 0,6% 82.909 -1,0% 78.907 -1,9% 71.764 -2,7% 67.920 40 bis unter 60 Jahre 67.323 1,0% 70.805 0,5% 72.598 2,3% 81.410 2,2% 84.978 60 bis unter 75 Jahre 35.251 3,1% 41.108 2,5% 46.448 -0,1% 46.186 -0,6% 45.605 75 Jahre und älter 18.808 -0,8% 18.047 2,2% 20.148 2,9% 23.287 1,5% 23.968 Insgesamt 263.276 1,3% 280.914 0,5% 288.170 0,1% 289.836 -0,5% 286.801 Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. Angaben jeweils zum Jahresende. empirica

Besonders auffallend im Oberbergischen Kreis (OBK) ist aber, dass auch der Wanderungssaldo immer kleiner wird: Bis 2001 war er noch deutlich positiv, seitdem sinkt er jedes Jahr ab und ist seit 2005 nun sogar negativ. Insgesamt wandern damit inzwischen mehr Menschen aus dem Kreis ab als hinzuziehen (vgl. Abbildung 7, S. 14). Deutlich positiver hingegen verläuft die Entwicklung in den westlichen und südwestlichen Nachbarkreisen, die noch Einwohner hinzugewinnen können: Köln4, der Rheinisch- Bergische Kreis und vor allem der Rhein-Sieg-Kreis können noch weiterhin von einer zum Teil deutli- chen Zuwanderung profitieren, was sich durch den Zuzug junger Menschen auch positiv auf den Geburtensaldo auswirkt Besonders ungünstig verläuft die Bevölkerungsentwicklung für die – auch wirtschaftlich schrumpfenden - nördlichen Nachbarn: In den kreisfreien Städten Wuppertal und Rem- scheid sinkt die Einwohnerzahl seit Jahren, wobei das hohe Geburtendefizit und die hohe Netto- Abwanderung in die gleiche Richtung wirken. Einen ähnlichen Verlauf mit Abwärtstrend nimmt auch die Bevölkerungsentwicklung in den östlichen und südlichen Nachbarkreisen (im Märkischen Kreis, im Kreis Olpe und im Kreis Altenkirchen).

4 Der Wanderungssaldo in Köln im Jahre 2005 enthält auch Einmaleffekte durch verstärkte Hauptwohnsitzummeldungen, die aufgrund der Einführung der Zweitwohnsitzsteuer zustande kamen.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -13 - empirica Abbildung 7: Bevölkerungssalden in ausgewählten Nachbarkreisen, 1995-2007 OBK Rheinisch-Bergischer Kreis

5.500 20 6.000 20

4.500 5.000

15 P 15 e P r

3.500 s 4.000 e one r s

10 o n n 3.000 10 en 2.500 j e

1 j 2.000 e .

00 1.500 5 5 1 . 0 0 0 1.000 E 0 en W

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-5 e -1.500 -5 h s r e a -2.000 s n an f

-2.500 a ng -10 f -3.000 -10 a n -3.500 g -4.000 -15 -15 -4.500 -5.000

-5.500 -20 -6.000 -20 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Natürlicher Saldo Wanderungssaldo Gesamtsaldo je 1.000 EW Natürlicher Saldo Wanderungssaldo Gesamtsaldo je 1.000 EW

Köln Rhein-Sieg-Kreis

15.000 20 11.000 20 * P

15 e 8.250 15 r s 10.000 P on e r e s n o

10 n b 5.500 10 en z w

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-10 s -5.500 -10 n a g n f -10.000 a n

-15 g -8.250 -15 * Zum 1.1.2005 Einführung der Zweitwohnsitzsteuer -15.000 -20 -11.000 -20 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Natürlicher Saldo Wanderungssaldo Gesamtsaldo je 1.000 EW Natürlicher Saldo Wanderungssaldo Gesamtsaldo je 1.000 EW Wuppertal Remscheid

7.000 20 20

1.800 15 5.000 15 P P e e r r 1.300 s s onen 10 onen 10 3.000

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-700 e e s s an -3.000 an f f ang -10 -10 ang -1.200

-5.000 -15 -1.700 -15

-7.000 -20 -2.200 -20 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Natürlicher Saldo Wanderungssaldo Gesamtsaldo je 1.000 EW Natürlicher Saldo Wanderungssaldo Gesamtsaldo je 1.000 EW Quelle: LDS NRW. * OBK für 2007: GKD (Stand 13.12.). Eigene Darstellung. empirica

Der deutlichste Einwohnerzuwachs seit 2000 zeigt sich in der Wachstumsregion Bonn und Rhein- Sieg-Kreis: Hier ist die Einwohnerzahl um über 4% gestiegen. Auch der Oberbergische Kreis lag bisher zusammen mit dem Rheinisch-Bergischen Kreis und dem Kreis Olpe noch über dem Durch- schnitt Nordrhein-Westfalens, während die Kreise, in denen der Beschäftigungsabbau besonders hoch war (Stadt Remscheid, Märkischer Kreis, vgl. Abbildung 2, S. 6), am stärksten geschrumpft sind.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -14 - empirica Abbildung 8: Einwohnerentwicklung des Oberbergischen Kreises im Vergleich zu Nachbarkreisen und –städten (Index 2000=100)

106 Stadt Bonn

Rhein-Sieg-Kreis

104 Stadt Köln

Stadt Köln (theor.)*

102 Rheinisch Bergischer Kreis Stadt Leverkusen

Oberbergischer 100 Kreis Kreis Olpe

NRW 98 Kreis Altenkirchen

Stadt Wuppertal 96 Märkischer Kreis * ohne Einmal-Effekt durch neue Nebenwohnsitzsteuer zum 1.1.2005 Stadt Remscheid 94 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 je 1.1. Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

Eine besondere Entwicklung hat die Stadt Köln durchlaufen: Seit 2004/2005 hebt sich das Wachstum der Einwohnerzahl deutlich vom Landesdurchschnitt ab: Selbst wenn man den Einmaleffekt, der in Köln durch die Einführung der Zweitwohnsitzsteuer im Jahre 2005 entstand, herausrechnet5, wächst Köln in den letzten Jahren deutlich stärker als die übrigen Kreise. Dies ist zum Teil auf eine aggressi- vere Baulandpolitik zurückzuführen, durch die Köln tatsächlich verstärkt Einwohner, die früher ins Umland gezogen wären, an sich binden kann. Dies könnte sich negativ auf den Oberbergischen Kreis auswirken, wie der seit 2005 bestehende Abwärtstrend vielleicht schon andeutet.

Die veränderten Wanderungsströme werden in Abbildung 9 sichtbar. Bis 2001 veränderte sich nur wenig: In jedem Jahr kam es zu einer (Netto-) Zuwanderung in den Oberbergischen Kreis aus anderen Teilen Nordrhein-Westfalens, darunter die meisten Nachbarkreise (Rheinisch-Bergischer Kreis, Mär- kischer Kreis, Remscheid, Wuppertal) sowie – in geringem Umfang – auch Köln. Nur an den Rhein- Sieg-Kreis hat der Oberbergische Kreis in diesen Jahren Einwohner verloren. Seit 2001 aber sinkt der Wanderungsüberschuss jedes Jahr weiter ab (vgl. dazu auch Abbildung 10, S. 17), wobei eine Netto- Zuwanderung zunächst noch aus Remscheid, dem Märkischen Kreis und dem Rheinisch-Bergischen Kreis, inzwischen aber nur noch aus dem Märkischen Kreis, stattfindet. Umgekehrt verliert der Ober- bergische Kreis Einwohner vor allem an weiter entfernte Regionen („übriges NRW“, „übriges

5 Durch den gleichzeitigen Rückgang der Nebenwohnsitzmeldungen in Köln kann die Höhe des Effekts relativ gut abgeschätzt werden. Umgekehrt muss man im Jahr 2005 auch einen Einmaleffekt für die übrigen Kreise berücksichtigen: Durch das verstärkte Ummelden in Köln vom Nebenwohnsitz zum Hauptwohnsitz hat es am frühren Ort des Hauptwohnsitzes natürlich verstärkte Abmeldungen/Fortzüge gegeben. Das spiegelgleiche Absinken der Einwohnerzahlen im Rheinisch-Bergischen Kreis und im Oberbergischen Kreis etwa könnte auf solche „buchungstechnischen Gründe“ zurückzuführen sein, wenn sich in den nächsten Jahren die Abwanderung wieder auf norma- lem Niveau einpendelt.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -15 - empirica Deutschland“ und Ausland) und - das mag zunächst verwundern - auch an Köln. Ob dies auf ein tatsächliche verändertes Wanderungsverhalten zurückzuführen ist, oder hauptsächlich ein statistischer Nebeneffekt der neu eingeführten Nebenwohnsitzsteuer in Köln, kann hieraus noch nicht eindeutig abgelesen werden.6 Aber selbst ohne die Wanderungsströme mit Köln fällt der Wanderungsverlust für den Oberbergischen Kreis in 2006 und 2007 höher aus als in all den Jahren zuvor.

Abbildung 9: Wanderungssalden des Oberbergischen Kreises mit den Nachbarkreisen und kreisfreien Städten, 1995 bis 2007

4000 Köln, krfr. Stadt

Leverkusen, krfr. Stadt 3000 Wuppertal, krfr. Stadt

Remscheid, krfr. Stadt

2000 Olpe, Kreis

Märkischer Kreis en

on 1000 Ennepe-Ruhr-Kreis s r e

P Rhein-Sieg-Kreis

Rheinisch-Bergischer Kreis 0 Übriges NRW

Altenkirchen (Wwd.), Kreis -1000 Übriges Deutschland

Ausland -2000 1995199619971998199920002001200220032004200520062007

Bemerkung: Zum 1.1.2005 Einführung einer Zweitwohnsitzsteuer in Köln. Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

Die gleichen jährlichen Wanderungssalden lassen sich auch für die einzelnen Altersgruppen der Wan- dernden darstellen (vgl. Abbildung 10, S. 17): Lange Zeit galt der Oberbergische Kreis als beliebte Zuzugsregion für Familien. Bis 2004 machten gerade die Familien (d.h. die 30-50jährigen mit ihren unter 18jährigen Kindern) mit Abstand die größte Gruppe der Wandernden aus. Ihr Wanderungsüber- schuss ist seit 1995 stetig gesunken. Im Jahre 2006 sind erstmals mehr Kinder aus dem Oberbergi- schen Kreis weggezogen als zugezogen.

Auffällig ist auch das veränderte Wanderungsverhalten der 18-25jährigen (Ausbildungswanderungen): Bis 2001 überwogen in dieser Altersgruppe noch die Zuzüge, seit 2002 aber wandern jedes Jahr im

6 Möglicherweise melden sich Ausbildungswanderer seit Einführung der Zweitwohnsitzsteuer jetzt häufiger als zuvor direkt mit Haupt- wohnsitz in Köln an. Dann wird die (immer schon tatsächliche, jetzt aber auch gemeldete) Abwanderung nach Köln in der Statistik auch dauerhaft sichtbar. Nach einigen Jahren aber, nämlich nach Abschluss der Ausbildung/des Studiums dieser Abwanderer, müssten dann aber entsprechend auch wieder mehr Fortzügen aus Köln gemeldet werden als bisher. Ansonsten handelt es sich tatsächlich um dauerhaft andere Wanderungsströme als in der Vergangenheit.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -16 - empirica Saldo immer mehr junge Erwachsene dieser Altersgruppe aus dem Oberbergischen Kreis ab.7 Und auch von den jungen Erwachsenen im Familiengründungsalter (25-30jährige) ziehen seit 2004 erst- mals mehr aus dem Kreis fort als zuziehen, in 2007 sogar erstmals auch die etwas älteren Erwachse- nen in der Familienphase (30-50jährige). Im Jahr 2007 war der Kreis nur noch für Senioren (über 65jährige) ein Zuzugsziel.

Abbildung 10: Wanderungssalden über die Grenzen des Oberbergischen Kreises, 1995-2007

3.500 3.190 65 Jahre und 3.000 mehr

2.500 50 bis unter 65 Jahre

2.000 1.741 1.559 30 bis unter 50 1.452 Jahre 1.500 1.245 en 1.238 1.155 on

s 938 r 25 bis unter 30 e 1.000 590 Jahre P 586 l ah

z 500 -405 n 18 bis unter 25 A Jahre 0 unter 18 Jahre -500

-1.000 Insgesamt -893 -968 -1.500 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

Aus einem Vergleich mit den wichtigsten Ziel- und Herkunftsorten (vgl. Abbildung 9, S. 16) lässt sich schließen, dass der Oberbergische Kreis seine Rolle als Zuzugsort für Familien aus Großstädten (Köln, Remscheid, Wuppertal) in den letzten Jahren verloren hat und dass junge Leute, die im Oberbergi- schen Kreis aufgewachsen sind, nun wieder zunehmend städtischere Wohnstandorte für die Zeit der Ausbildung und Familiengründung bevorzugen.

Die bisherigen Aussagen beziehen sich auf Wanderungssalden, aber auch Abbildung 11, in der Zuzü- ge und Fortzüge getrennt dargestellt sind, bestätigt die obige These. Während die Abwanderungszah- len in etwa stabil geblieben sind, hat es zwischen 2001 und 2007 vor allem bei der Höhe der Zuwande- rungen Änderungen gegeben: Die größten Veränderungen sind ein Rückgang des Zuzugs junger Familien (-22% weniger zuziehende 30-50jährige und sogar -33% weniger zuziehende Kinder; außer- dem -15% weniger zuziehende 18-25jährige).

7 Der Prozess begann schon 2002, wurde statistisch ab 2005 aber ggf. noch verstärkt durch die Einführung der Zweiwohnsitzsteuer in Köln.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -17 - empirica Dies kann ein Generationenphänomen sein: Die Suburbanisierung der 60er Jahre entstand, weil das Eigenheim im Grünen als idealer Wohnstandort für Familien galt und es in diesen Jahren auch beson- ders viele Familie mit Kindern (Babyboomer-Kinder) gab. Inzwischen sind diese Babyboomer-Kinder erwachsen und haben selbst bereits wieder Kinder. Der Oberbergische Kreis profitierte von der Subur- banisierung erst in zweiter Linie, nachdem näher an Köln gelegene Orte, z.B. im Rheinisch- Bergischen Kreis, ebenfalls teuer geworden waren. Die Kinder der vielen Familien, die noch bis in die 90er Jahre zugewandert sind, sind inzwischen erwachsen und streben von zu Hause fort. Sie suchen zur Ausbildung, Berufsausübung und Familiengründung jetzt wieder ein Wohnen im städtischeren Umfeld (Köln) oder in anderen Regionen Deutschlands.

Abbildung 11: Altersspezifische Wanderungen über die Grenzen des Oberbergischen Kreises, 2001 bis 2007

3.500 2001 2.500

2002 1.500

2003 500

-500 2004

-1.500 2005

-2.500 2006

-3.500 2007 ge ge ge ge ge ge ge ge ge ge ge ge ü ü ü ü ü ü ü ü ü ü ü ü z z z z z z tz tz tz tz tz tz u u u u u u r r r r r r Z Z Z Z Z Z o o o o o o F F F F F F unter 18 Jahre 18 bis unter 25 25 bis unter 30 30 bis unter 50 50 bis unter 65 65 Jahre und Jahre Jahre Jahre Jahre mehr

Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

2.2.2 Gemeinden im Süden profitieren: Verjüngung durch Zuwanderung

Von den 286.800 Einwohnern des Oberbergischen Kreises (1.1.2008) lebt knapp ein Fünftel (52.500) in der Kreisstadt Gummersbach. Kleinste Gemeinde des Kreises (4% der Einwohner) ist Morsbach mit 11.400 Einwohnern. In den letzten Jahren ist die Einwohnerzahl im Oberbergischen Kreis zwar ge- stiegen, aber wie oben schon gesehen sind dabei die jährlichen Zuwachsraten mit der Zeit schwächer geworden: Während Anfang der 90er Jahre die jährliche Zuwachsrate noch bei durchschnittlich +1,3% p.a. lag, entspricht die Veränderung seit dem Jahr 2005 inzwischen sogar einem Rückgang von -0,5% pro Jahr (vgl. Tabelle 2, S. 19).

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -18 - empirica Tabelle 2: Einwohnerentwicklung des Oberbergischen Kreises nach Gemeinden, 1990 bis 2007

Durchschnittl. Durchschnittl. Durchschnittl. Durchschnittl. Veränderung Veränderung Veränderung Veränderung p.a. (1990- p.a. (1995- p.a. (2000- p.a. (2005- jew. 31.12 1990 1995) 1995 2000) 2000 2005) 2005 2007) 2007 Morsbach 10.366 1,5% 11.169 0,5% 11.464 0,1% 11.528 -0,7% 11.366 Marienheide 12.059 1,6% 13.032 0,7% 13.527 0,3% 13.711 -0,1% 13.693 Nümbrecht 14.266 3,0% 16.526 0,5% 16.930 0,6% 17.420 -0,1% 17.393 Hückeswagen, Stadt 15.601 0,5% 16.016 0,5% 16.397 0,0% 16.435 -0,9% 16.155 Waldbröl, Stadt 16.244 2,6% 18.490 0,4% 18.835 0,8% 19.636 -0,2% 19.567 Reichshof 16.656 2,0% 18.385 1,3% 19.611 0,6% 20.174 -0,6% 19.946 Lindlar 19.307 1,5% 20.804 1,4% 22.341 0,3% 22.659 -0,3% 22.528 Engelskirchen 19.400 1,1% 20.442 0,2% 20.647 -0,1% 20.569 -0,4% 20.410 Bergneustadt, Stadt 20.040 0,7% 20.772 0,0% 20.764 -0,2% 20.506 -0,8% 20.190 Wipperfürth, Stadt 21.487 0,8% 22.409 0,6% 23.095 0,5% 23.669 -0,2% 23.570 Wiehl, Stadt 23.123 1,9% 25.367 0,8% 26.448 0,0% 26.511 -0,8% 26.090 Radevormwald, Stadt 23.762 0,5% 24.353 0,4% 24.800 -0,7% 23.970 -1,1% 23.426 Gummersbach, Stadt 50.965 0,8% 53.149 0,1% 53.311 -0,1% 53.048 -0,5% 52.467 Oberbergischer Kreis 263.276 1,3% 280.914 0,5% 288.170 0,1% 289.836 -0,5% 286.801 OBK Nord 60.850 0,6% 62.778 0,5% 64.292 -0,1% 64.074 -0,7% 63.151 OBK Mitte 161.550 1,3% 171.951 0,5% 176.649 0,1% 177.178 -0,5% 175.324 OBK Süd 40.876 2,5% 46.185 0,4% 47.229 0,6% 48.584 -0,3% 48.326 Rhein-Sieg-Kreis 504.274 1,6% 546.670 1,1% 576.993 0,7% 597.857 0,1% 599.042 Köln, krfr. Stadt 953.551 0,3% 965.697 -0,1% 962.884 0,4% 983.347 0,6% 995.397 NRW 17.349.651 0,6% 17.893.045 0,1% 18.009.865 0,1% 18.058.105 -0,2% 17.996.621 Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

Auffällig ist, dass etwa um 2002/2003 ein Umbruch stattfand (vgl. Abbildung 12, S. 20): Die Einwoh- nerzahl des Kreises wuchs bis dahin, vor allem durch den Zuwachs in Reichshof, Lindlar und Wiehl (Teilraum Mitte). Seitdem schrumpft die Bevölkerungszahl in den meisten Kommunen, aber nicht in allen: Die Gemeinden Wipperfürth (Teilraum Nord), Marienheide (Teilraum Mitte), Waldbröl und Nümbrecht (Teilraum Süd) sind auch danach noch weiter gewachsen. Dies spiegelt sich auch in einer dort stärkeren Bautätigkeit der letzten Jahre wider: In Wipperfürth, Marienheide und Nümbrecht lag die Zahl der Baufertigstellungen von Ein- und Zweifamilienhäusern in der Rezessionsphase zwischen 2001 und 2005 höher als zwischen 1996 und 2000 (vgl. Tabelle 6, S. 35).

Aufsummiert über die einzelnen Teilräume zeigt sich ab 2001 ein überdurchschnittlicher Einwohner- zuwachs im Teilraum Süd, der vor allem auf die Entwicklung in Waldbröl und Nümbrecht zurückzu- führen ist, und eine unterdurchschnittliche Bevölkerungsentwicklung im Teilraum Nord (absoluter Rückgang seit 2001), wo insbesondere die Gemeinden Radevormwald und Hückeswagen deutliche Einwohnerrückgänge hinnehmen mussten, die neben den Wanderungen auch durch das hohe Gebur- tendefizit dort zustande kamen (vgl. dazu auch Anhang Kap. 1 „Bevölkerungssalden in den Gemein- den des Oberbergischen Kreises“).

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -19 - empirica Abbildung 12: Bevölkerungsentwicklung in den Gemeinden des Oberbergischen Kreises, Index (1995=100)

112 Reichshof

110 Lindlar Waldbröl, Stadt 00

1 108 Nümbrecht = 5 9 Wipperfürth, Stadt 9 1

: 106 x Marienheide e d n

I Wiehl, Stadt -

r 104 e

n Oberbergischer Kreis h o

w Morsbach

n 102 i E Hückeswagen, Stadt

100 Engelskirchen

Gummersbach, Stadt 98 Bergneustadt, Stadt

Radevormwald, Stadt 96 31.12 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

112

110 Teilraum Süd

108 100 = 106 Oberbergischer Kreis 1995 :

ex 104 nd I - r e

hn Teilraum Mitte

o 102 w n i E 100

Teilraum Nord 98

96 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

Die Teilräume Nord und Mitte haben schon seit 2002 keine nennenswerten Zuwanderungen mehr erfahren. Gleichzeitig hat der Teilraum Nord ein jährlich steigendes Geburtendefizit, so dass es hier schon in 2002 erstmals zu einem Bevölkerungsrückgang kam (vgl. dazu auch Abbildung 13, S. 21). Im Vergleich dazu kam es im Teilraum Süd erst in 2007 erstmals zu einem nennenswerten Geburten- defizit. Der Grund dafür ist, dass durch die verstärkte Zuwanderung der letzten Jahre dort auch der Anteil der potenziellen Eltern noch immer tendenziell höher und der Anteil der Senioren niedriger ist

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -20 - empirica als in den übrigen Teilräumen (vgl. Abbildung 14, S. 21). Denn der Teilraum Süd profitierte noch bis ins Jahr 2004 von deutlichen Wanderungsgewinnen, und auch in 2007 sind die Wanderungsverluste hier geringer als in den übrigen Teilräumen. Entsprechend ist hier auch der relative Anteil der Senio- ren niedriger als in den anderen Teilräumen.

Abbildung 13: Bevölkerungssalden im Oberbergischen Kreis, 1995-2007 OBK Teilraum Nord

5.500 20 1.250 20 4.500

15 P

e 15 P r

3.500 s e o r n 750 s e 10 on 2.500 n

10 e j e n j

1 . e 0

1.500 0 5 1 0 5 . 00

250 E en 0

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0 W s o r m 0 s e r

-500 am

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-5 a -1.500 e -5 h s r a es n f a -2.500 a n -10 n g -10 f a -3.500 -750 ng -15 -15 -4.500

-5.500 -20 -1.250 -20 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Natürlicher Saldo Wanderungssaldo Gesamtsaldo je 1.000 EW Natürlicher Saldo Wanderungssaldo Gesamtsaldo je 1.000 EW Teilraum Mitte Teilraum Süd

3.500 20 1.000 20

15 800 2.500 P 15 P e e r s r s on 600 10 on e 10 e 1.500 n j 400 n j e e

1

1 5 . 0

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500 0 en

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Ja -5 a -200 h -5 h r r e esa -1.500 sa -400 n n

-10 f

-10 f a a ng -600 ng -2.500 -15 -15 -800

-3.500 -20 -1.000 -20 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Natürlicher Saldo Wanderungssaldo Gesamtsaldo je 1.000 EW Natürlicher Saldo Wanderungssaldo Gesamtsaldo je 1.000 EW Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

Abbildung 14: Altersstruktur in den Teilräumen (Stand 31.12.2007)

10%

9%

8% Region Nord 7%

6%

5% Region Mitte 4%

3%

2% Region Süd 1%

0%

re re re re re re re re re re re re re re re h h h h h ehr ah ah ah ah a ah ah ah a a ah ah a a ah J J J J J J J J J J J J J J J m 5 5 0 5 0 0 d r 1 2 25 30 4 45 50 65 70 75 n r 10 r r r r r 3 r r r r 55 r 6 r r r u nte te te te te te te te te te te te te te te re u n n n n n n n n h u un u u u un un u u un un u u un a is is is is is is is is is is is is is is J b b b b b b b b b b b b 5 5 0 b 0 5 b 75 10 1 20 25 30 35 4 45 50 55 6 6 70

Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -21 - empirica Zum Verständnis dieser Unterschiede ist es interessant, nicht nur die Wanderungssalden, sondern die tatsächlichen Wanderungsströme und ihre Veränderung im Zeitablauf zu vergleichen (vgl.: Matrix der Wanderungsströme zwischen den Gemeinden in Tabelle 3, S. 23). Die Wanderungsrichtung verläuft mehrheitlich von Nord nach Süd, daneben gibt es - etwa parallel zum Autobahnverlauf - auch Wande- rungsströme in West-Ost-Richtung:

• Im Norden des Oberbergischen Kreises führen die Wanderungen (im Saldo) von Nord nach Süd: Von Remscheid nach Radevormwald, von Radevormwald nach Hückeswagen, von Hü- ckeswagen nach Wipperfürth.

• Auch im Süden des Oberbergischen Kreises verlaufen die Wanderungen (im Saldo) in südli- cher Richtung: Von Engelskirchen, Gummersbach und Bergneustadt nach Wiehl und Reichs- hof, von Wiehl und Reichshof (abgeschwächt) nach Nümbrecht, Waldbröl und Morsbach und von Waldbröl (abgeschwächt) in den Rhein-Sieg-Kreis.

• In der Mitte des Kreises allerdings herrscht eine West-Ost und Ost-West-Wanderung nach Gummersbach vor: Zum einen vom Rheinisch-Bergischen Kreis einheitlich nach Lindlar und Engelskirchen und von Lindlar und Engelskirchen nach Gummersbach, zum anderen vom Märkischen Kreis nach Marienheide und Gummersbach. Gleichzeitig „quillt“ es aus Gum- mersbach auch heraus, und zwar nach Marienheide im Norden sowie nach Wiehl und Reichs- hof im Süden. Gummersbach gewinnt also Einwohner aus Ost- und Westrichtung, und verliert Einwohner in Nord- und Südrichtung.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -22 - empirica Tabelle 3: Wanderungsmatrix der Gemeinden des Oberbergischen Kreises, 1997 bis 2006

davon (+ = aus der Gemeinde… / - = in die Gemeinde...) is mt e a 00 r Kr ges e dt n dt a 1.0 is o i land tadt dt en tadt e sch n Sta d St i h is S is a , h , dt S adt tadt

1997-2001 l i t dt S h t, n, tsc r-Kr St irc ald , Kre , ssal e d , S ach

-Kre u k h Sta Berg hen h w , g dt

rza d de b RW g Sta c dt , a e sen rm wag usta hof hei run hei u cher ers s De e-Ru röl ach rfürt s o recht e Alten Olpe isch -Sie ertal skir nd , St s c e n s e es N Sta

p l e ar l b b ohn m b , n n p l g w sla cke rig m ei ln ei rgn dev ich ms eis eis ipp ieh up ald and arie ärki ors um nne in nge e a u ü b r ü h e e ö r h ind bri everk E W G M B W R E L A H ü Ü W K W W L N R R R M K K R M E Gummersbach, Stadt 53 439 0 -2 38 42 6 83 80 58 -274 -317 -55 12 -13 143 -55 2 218 35 -90 9 16 40 446 15 -119 120 Radevormwald, Stadt 25 446 2 0 -103 -45 -10 4 -3 8 -1 -4 -3 1 1 -27 -31 0 -15 73 -31 -5 395 402 147 -4 -104 -201 Hückeswagen, Stadt 17 613 -38 103 0 -155 -43 -29 -4 -3 0 -5 -2 0 2 205 -23 -2 14 50 -30 -4 369 132 73 3 36 -36 Wipperfürth, Stadt 23 584 -42 45 155 0 0 -80 4 0 10 -19 -6 16 3 102 -48 12 214 11 -96 13 43 39 125 -2 -17 102 Marienheide 14 314 -6 10 43 0 0 -12 -32 -12 -14 -3 -1 -2 1 62 -24 -3 230 11 -69 -5 23 24 111 -4 5 -19 Lindlar 23 1058 -83 -4 29 80 12 0 24 3 -81 -23 -20 -17 -7 491 -34 1 78 9 265 -1 6 28 202 -5 56 49 Engelskirchen 21 561 -80 3 4 -4 32 -24 0 -13 -189 -1 -56 17 -7 340 9 -8 80 8 252 15 2 15 172 -16 40 -29 Bergneustadt, Stadt 21 -159 -58 -8 3 0 12 -3 13 0 -70 -252 -24 -16 -10 -2 -21 -42 124 2 -33 -19 6 6 170 -7 -34 106 Wiehl, Stadt 27 814 274 1 0 -10 14 81 189 70 0 -196 -114 8 -38 145 4 -13 71 9 22 67 -1 20 298 5 -21 -8 Reichshof 20 1046 317 4 5 19 3 23 1 252 196 0 49 -105 -102 36 -13 48 138 0 47 9 9 11 192 -1 -43 -49 Nümbrecht 17 620 55 3 2 6 1 20 56 24 114 -49 0 -145 -31 69 126 -12 49 11 92 13 3 15 195 -11 73 -59 Waldbröl, Stadt 20 464 -12 -1 0 -16 2 17 -17 16 -8 105 145 0 69 -125 -133 -95 -137 -17 -108 1 -24 -76 807 5 15 51 Morsbach 12 345 13 -1 -2 -3 -1 7 7 10 38 102 31 -69 0 17 -2 -1 58 6 5 12 10 6 206 -27 -19 -55 Oberbergischer Kreis 293 7145 1456 -245 -113 1122 208 226 105 857 662 3144 -49 -132 -28 Teilraum Nord 65 1.643 -78 -53 -105 -3 5 9 -28 -11 17 6 280 -102 10 213 134 -157 4 807 573 345 -3 -85 -135 Teilraum Mitte 179 4.073 4 122 127 -221 -103 -1761.215 -134 -15 939 74 394 75 61 144 1.591 -13 -116 170 Teilraum Süd 49 1.429 56 1 0 -13 2 44 46 50 144 158 -39 -9 -108 -30 0 -11 26 -11 -55 1.208 -33 69 -63

davon (+ = aus der Gemeinde… / - = in die Gemeinde...) is mt e a r s K

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a 1 dt t

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Im Zeitraum 1997 bis 2001 profitierten noch fast alle Gemeinden von Wanderungsgewinnen (vgl. Spalte 2), während dies in den darauf folgenden Jahren (2002 bis 2006) nur noch für etwa ein Drittel der Gemeinden zutrifft. Wanderungsgewinne verzeichnet vor allem der Teilraum Süd, während der Teilraum Nord Einwohner durch Abwanderung verliert, und zwar vor allem an Köln und an das „übrige Deutschland“. Die Zuwanderer in die Region Süd stammen (im Saldo) aus Wiehl und Reichs- hof, aber auch aus dem Märkischen Kreis und dem „übrigen NRW“. Der Teilraum Nord weist inzwi- schen kaum noch Wanderungsverflechtungen mit dem Rest des Oberbergischen Kreises auf. Für den Teilraum Mitte ist erkennbar, dass es zwar weiterhin zu Abwanderungen in den Teilraum Süd (Nüm- brecht, Waldbröl) kommt, im Gegenzug aber die Zuwanderung aus dem Teilraum Nord (Hückeswa- gen, Wipperfürth) nachgelassen hat. Auch der Teilraum Süd verzeichnet zwar aktuell eine etwas geringere Zuwanderung als in den Jahren zuvor, aber die Zuwanderung aus dem Teilraum Mitte hat in diesem Zeitraum sogar zugenommen.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -23 - empirica Die wichtigsten Veränderungen bei den Herkunfts- und Zielgebieten sind, dass sich im Betrachtungs- zeitraum die (Netto-) Zuwanderung aus dem Rheinisch-Bergischen Kreis, dem Ennepe-Ruhr-Kreis und der Stadt Remscheid etwa halbiert hat, und sich die Zuwanderung aus Wuppertal (zuvor vor allem nach Radevormwald) und dem „übrigen NRW“ sogar noch drastischer reduziert hat. Inzwischen gibt es auch keine Netto-Zuwanderung mehr aus Köln, sondern im Saldo bereits eine Abwanderung nach Köln.8

Noch genauere, kleinräumigere Aussagen zu den Wanderungsströmen der letzten Jahre liefert die adressscharfe Umzugsanalyse, die im Rahmen dieser Studie durchgeführt wurde. Die Auswertungs- karten (vgl. Karten im Anhang) zeigen die Zuzugs- und Fortzugsbewegungen auf Wohnquartiersebene (jeweils etwa 500 Haushalte), so dass auch Aussagen zum Zu- und Fortzug in einzelnen Wohngebie- ten, und nicht nur auf Gemeindeebene, möglich sind. Darüber hinaus kann auch die Zahl der Senioren, die umgezogen sind, und die Zahl der Kinder (also das Umzugsverhalten von Familien) für jedes Wohnquartier dargestellt werden. Karte 3 bis Karte 5 zeigen, in welchen Wohnquartieren des Kreises eine besonders hohe Zuzugsintensität herrschte. An der Farbgebung wird deutlich, dass die Wohnquar- tiere im Teilraum Süd besonders viele Zuzugsbewegungen hatten, vor allem auch bei Kindern (vgl. Karte 4). Dass Senioren weniger mobil sind als der Durchschnitt der Bevölkerung, zeigt auch das relativ einheitliche Bild der Karte 5, aus der deutlich wird, dass nur ganz bestimmte Wohnquartiere hohe Zuzüge von Senioren hatten.

8 Diese Aussage gilt auch, wenn man den Effekt der Zweitwohnsitzsteuer herausrechnet: Die Wanderungszahlen mit Köln sind zwar wegen Einführung der Zweitwohnsitzsteuer zum 1.1.2005 leicht überzogen. Der Effekt in 2005 dürfte aber nur bei ca. 300-400 Abwan- derungen nach Köln liegen.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -24 - empirica Karte 3: Zuzugsintensität auf Wohnquartiersebene (alle Altersgruppen)

Karte 4: Zuzugsintensität von Kindern (unter 15-Jährige)

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -25 - empirica Karte 5: Zuzugsintensität von Senioren (über 64-Jährige)

Die Karten 6 und 7 die Herkunftsgebiete der Zuzüge und die Zielgebiete der Fortzüge über die Kreis- grenzen an. (Die Herkunftsgebiete der Zuzüge und die Zielgebiete der Fortzüge je Gemeinde sowie die Fortzugsintensitäten für einzelne Wohnquartiere sind im separaten Anhang II dargestellt.) Auch hier wird die grundsätzliche Nord-Süd-Strömung der Wanderungen im Oberbergischen Kreis deutlich. Zusätzlich erkennt man in dieser kleinräumigen Auflösung aber auch, dass die Fortzüge meist nur kurz hinter die Stadtgrenze reichten. Das deutet daraufhin, dass die Einwohner im Prinzip gerne in der Nähe ihrer ursprünglichen Wohnung bleiben (Beibehaltung des sozialen und infrastrukturellen Um- felds wie Schulen, Ärzte, Nachbarn), in direkter Umgebung, also in der gleichen Gemeinde aber offensichtlich nicht alle fündig geworden sind.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -26 - empirica Karte 6: Zielgebiete der Fortzüge aus dem Oberbergischen Kreis

Karte 7: Herkunftsgebiete der Zuzüge aus dem Oberbergischen Kreis

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -27 - empirica Betrachtet man die Herkunft der Zuzüge aus anderen Landkreisen, so wird in den Karten deutlich sichtbar, dass die Außenwirkung einer Gemeinde (das „Einzugsgebiet“ im wahrsten Sinne des Wortes) nicht überall gleich ist: So ist der Einzugsbereich von Zuzügen nach Engelskirchen wesentlich größer als der Einzugsbereich von Lindlar (vgl. Karten-Anhang Karten 8 und 20). Zweierlei Ursachen sind denkbar: Außenstehenden erscheint die Wohnqualität, sei es durch das konkrete Wohnungsangebot oder das Wohnumfeld, in Engelskirchen höher als in Lindlar. Und/oder Engelskirchen ist als Wohn- standort schlichtweg bekannter als Lindlar, das nur von Einwohnern der direkten Nachbarkommunen als Wohnstandort wahrgenommen wird. Für letzteres spricht, dass Lindlar tatsächlich abgeschiedener liegt und daher für den Durchgangsverkehr „unbekannter“ ist, obwohl von hier die Fahrzeiten nicht wesentlich länger sind als von Engelskirchen. Wenn die Nachfrage in abgeschiedeneren Kommunen wie etwa Lindlar schwächer ist als in anderen, könnte dies demnach auch am fehlenden Bekanntheits- grad liegen. Dieser lässt sich durch überregionale Immobilienanzeigen und Stadtmarketing aber stei- gern.

2.3 Fazit: Abwanderung trotz Wirtschaftswachstum

Insgesamt verlief die Wirtschaftsentwicklung im Oberbergischen Kreis durchaus zufrieden stellend. Trotz der ländlichen Lage kam es zu keinem anhaltenden Arbeitsplatzabbau. Gerade in den letzten Jahren ist das Arbeitsplatzwachstum ähnlich hoch wie auch in der Wachstumsregion Köln und dem Rhein-Sieg-Kreis. Hieran zeigt sich, dass der Oberbergische Kreis nicht nur Wohnstandort für Aus- pendler ist, sondern auch eine eigene, stabile Wirtschaftsdynamik entwickelt hat.

Allerdings verläuft die Einwohnerentwicklung nicht in gleichem Maße positiv. Zwar ziehen immer noch Menschen in den Oberbergischen Kreis (vor allem aus dem Märkischen Kreis und dem Rhei- nisch-Bergischen Kreis), aber seit 2005 reichen diese Zuwanderungen nicht mehr aus, um die Abwan- derungen (vor allem nach Köln und in andere Teile Deutschlands) zu kompensieren. Dabei hat es immer schon typische Abwanderungsbewegungen nach Köln gegeben, vor allem der jungen Men- schen, die zum Studium oder zur Ausbildung in die Großstadt ziehen, aber in jüngster Zeit wird die Zuwanderung junger Familien aus Köln demgegenüber immer schwächer. Neben einer vorübergehen- den Kaufzurückhaltung in den letzten beiden Jahren (Rezession) könnte dies auch auf den Beginn einer wachsenden Konkurrenz um junge Familien hindeuten: Je mehr Köln mit attraktiven neuen Baugebieten jungen Familien Wohnstandorte bieten kann, umso weniger Haushalte haben es nötig, bis in den Oberbergischen Kreis hinaus zu ziehen. Ob es sich hierbei um einen langfristigen oder kurzfris- tigen, konjunkturell begründeten Effekt handelt, muss in den nächsten Jahren sorgfältig beobachtet werden.

Innerhalb des Oberbergischen Kreises profitiert der Teilraum Süd in doppelter Weise: Nicht nur ist hier die Arbeitsplatzentwicklung günstig (vor allem in Morsbach), sondern gleichzeitig ziehen auch immer mehr Beschäftigte des Teilsraums Mitte nach Süden, und pendeln von hier zu ihren Arbeits-

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -28 - empirica plätzen im Teilraum Mitte. Die Gründe dafür haben mit dem Wohnungsangebot im Teilraum Süd zu tun, da für kleinräumige Wanderungen innerhalb einer Arbeitsmarktregion vor allem die relative Attraktivität des Wohnungsmarktes verantwortlich ist. Diese ist Gegenstand des folgenden Kapitels.

3. Wohnungsmarkt und Baulandpolitik

3.1 Wohnungsbestand nach Baualter

Im Oberbergischen Kreis gibt es rund 119.000 Wohnungen im Bestand (Stand: 31.12.2007). Obwohl der Bau von Mehrfamilienhäusern in den letzten Jahren fast zum Erliegen gekommen ist, sind doch immerhin ein Drittel des Wohnungsbestands (40.000 von 119.000 Wohnungen) im Oberbergischen Kreis Geschosswohnungen.

Tabelle 4 zeigt deutlich, dass der Anteil an Ein- und Zweifamilienhäusern von Nord (53%) nach Süd (76%) stetig zunimmt. Die ländlichsten Gemeinden sind demnach Morsbach, Reichshof und Nüm- brecht. Den höchsten Anteil an Geschosswohnungen findet man mit 58% in Radevormwald.

Tabelle 4: Wohnungsbestand im Oberbergischen Kreis nach EZFH und MFH, 2007

WE in EZFH WE in MFH gesamt absolut Anteil absolut Anteil Bergneustadt, Stadt 4.725 57% 3.532 43% 8.257 Engelskirchen 6.302 73% 2.274 27% 8.576 Gummersbach, Stadt 13.900 59% 9.738 41% 23.638 Hückeswagen, Stadt 3.843 57% 2.936 43% 6.779 Lindlar 6.158 77% 1.799 23% 7.957 Marienheide 4.025 74% 1.394 26% 5.419 Morsbach 3.761 83% 758 17% 4.519 Nümbrecht 5.452 80% 1.371 20% 6.823 Radevormwald, Stadt 4.568 42% 6.347 58% 10.915 Reichshof 6.479 83% 1.318 17% 7.797 Waldbröl, Stadt 5.425 69% 2.414 31% 7.839 Wiehl, Stadt 8.515 76% 2.741 24% 11.256 Wipperfürth, Stadt 5.980 63% 3.585 37% 9.565 Teilraum Nord 14.391 53% 12.868 47% 27.259 Teilraum Mitte 50.104 69% 22.796 31% 72.900 Teilraum Süd 14.638 76% 4.543 24% 19.181 Oberbergischer Kreis 79.133 66% 40.207 34% 119.340

\Wohnungsbestand_07.xls Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

In Karte 8 sind die Anteile der Haushalte im Geschosswohnungsbau dargestellt. Bei Werten von unter 40% spricht man von einer eher ländlichen Siedlungsstruktur (hauptsächlich durch Einfamilienhäuser geprägt). Werte von über 60% stehen für dicht besiedelte Wohnquartiere, in denen Mehrfamilienhäu- ser, Block- und Hochhausbebauungen gebietsprägend wirken. Die Karte zeigt, dass dicht besiedelte

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -29 - empirica Wohnquartiere nur in den Gemeinden Radevormwald, Wipperfürth, Gummersbach, Bergneustadt, Reichshof und in kleinen Teilen auch in Waldbröl und Marienheide vorkommen, während in den Gemeinden Hückeswagen, Lindlar, Engelskirchen, Wiehl, Nümbrecht und Morsbach auch die Kernor- te ländlich geprägt sind. Die nördlichen Gemeinden des Kreises und die Wohnquartiere im Umfeld der Kreisstadt Gummersbach sind damit deutlich stärker durch Geschosswohnungen geprägt als der eher ländliche Süden.

Karte 8: Übersicht zur Siedlungsstruktur im Oberbergischen Kreis

Quelle: empirica Quartiersdatenbank (auf Basis von infas Geodaten). Eigene Darstellung. empirica

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -30 - empirica Tabelle 5: Baualtersklassen in den Gemeinden des Oberbergischen Kreises 1900 - 1946 - 1961 - 1971 - 1981 - 1986 - 1996 - Baujahr < 1900 1945 1960 1970 1980 1985 1995 2005 Bergneustadt, Stadt 6% 29% 11% 23% 11% 5% 15% 2% Engelskirchen 12% 34% 8% 16% 9% 7% 12% 1% Gummersbach, Stadt 12% 33% 14% 17% 12% 3% 8% 2% Hückeswagen, Stadt 8% 25% 11% 23% 10% 6% 11% 7% Lindlar 7% 24% 9% 24% 12% 6% 13% 4% Marienheide 3% 37% 16% 17% 6% 3% 15% 3% Morsbach 7% 22% 21% 15% 14% 5% 14% 2% Nümbrecht 14% 25% 5% 11% 16% 6% 18% 4% Radevormwald, Stadt 1% 37% 16% 23% 7% 5% 8% 3% Reichshof 7% 30% 6% 13% 11% 6% 24% 3% Waldbröl, Stadt 5% 35% 10% 19% 8% 3% 17% 3% Wiehl, Stadt 6% 28% 6% 18% 14% 7% 17% 3% Wipperfürth, Stadt 8% 36% 8% 20% 5% 5% 14% 4% Teilraum Nord 5% 33% 12% 22% 7% 5% 11% 4% Teilraum Mitte 8% 31% 10% 18% 11% 5% 14% 2% Teilraum Süd 9% 28% 11% 15% 12% 5% 16% 3% Oberbergischer Kreis 8% 31% 11% 18% 11% 5% 14% 3% NRW 3% 25% 20% 19% 12% 6% 8% 5% Quelle: empirica Quartiersdatenbank (auf Basis von infas Geodaten). Eigene Darstellung. empirica

Von den rund 120.000 Wohnungen des Oberbergischen Kreises stammt ein Drittel aus den Jahren 1900 bis 1945 (vgl. NRW: 25%, Westdeutschland: 23%). Der hohe Anteil der Altbauten ist charakte- ristisch für ländlich geprägte Räume, deren Bausubstanz nicht durch den Krieg zerstört wurde. Im Vergleich zu Nordrhein-Westfalen ist der Anteil der Bestände aus den Jahren 1986 bis 1995 im Ober- bergischen Kreis deutlich höher (14% zu 8% in NRW). Dafür gibt es anteilsmäßig weniger Neubauten (3% zu 5% in NRW).

Einen weiteren Schwerpunkt im Oberbergischen Kreis bilden die Bestände der 60er Jahre (18%). Insgesamt fallen 40% des Gebäudebestandes im Kreis auf die 50er/60er und 70er Jahre (vgl. Tabelle 5, S. 31 und Abbildung 15). Die Teilräume unterscheiden sich nur geringfügig voneinander. Während im Norden der Anteil der 60er-Jahre-Gebäude drei Mal so hoch ist wie der Anteil der 70er-Jahre- Gebäude, spielen die Gebäude der 60er Jahre im Süden keine so herausragende Rolle. Im Vergleich der einzelnen Gemeinden des Kreises schwankt der Anteil der Bestände aus den 50er Jahren zwischen 5% (Nümbrecht) und 21% (Morsbach). In den übrigen Baualtersklassen sind die Unterschiede nicht so auffällig. Kap. 5.4.3 bietet einen Einblick in die qualitativen Unterschiede der Wohnungsbestände der verschiedenen Baualtersklassen.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -31 - empirica Abbildung 15: Baualtersklassen im Oberbergischen Kreis im Vergleich zu NRW OBK NRW

1961 - 1970 1961 - 1970 18% 1971 - 1980 19% 1971 - 1980 11% 12%

1981 - 1985 5% 1981 - 1985 1946 - 1960 6% 11%

1946 - 1960 1986 - 1995 1986 - 1995 20% 14% 8%

1996 - 2005 1996 - 2005 5% 3% < 1900 1900 - 1945 < 1900 8% 3% 31% 1900 - 1945 25% Quelle: empirica Quartiersdatenbank (auf Basis von infas Geodaten). Eigene Darstellung. empirica

3.2 Baufertigstellungen

3.2.1 Sinkende Tendenz in der Bautätigkeit des Oberbergischen Kreises

Dass Köln in den letzen Jahren so viele Zuzüge an sich ziehen konnte, liegt nicht zuletzt in einem aktiven Wohnungsbau: Trotz des Konjunkturtiefs in den Jahren 2003 bis 2005 fällt die Bauintensität in Köln nicht weiter ab, sondern bleibt auf gleichem Niveau. Während im Oberbergischen Kreis und in den übrigen Kreisen der Region der Geschosswohnungsbau praktisch zum Erliegen gekommen ist, schafft Köln hier eine Bauleistung, die inzwischen etwa dreimal höher liegt als in den übrigen Kreisen. Damit konzentriert sich der Neubau von Geschosswohnungen in der Region fast ausschließlich auf die Großstadt-Metropole Köln.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -32 - empirica Abbildung 16: Bauintensität von Geschosswohnungen* - Oberbergischer Kreis im Vergleich zu den Nachbarkreisen und –städten, 1995-2007

7 Köln, kreisfreie Stadt

6 Rhein-Sieg-Kreis

Wuppertal, kreisfreie Stadt 5 EW Olpe, Kreis 1000 4

je Remscheid, kreisfreie Stadt

n e t

ei Rheinisch-Bergischer Kreis h 3 n i e n

h Oberbergischer Kreis o

W 2 Ennepe-Ruhr-Kreis

1 Märkischer Kreis

Leverkusen, kreisfreie Stadt 0 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

* Baufertigstellungen von Wohneinheiten in Mehrfamilienhäusern je 1.000 Einwohner. Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

Die ersten Kinder der Babyboomer-Generation, die in umliegenden Landkreisen wie dem Oberbergi- schen Kreis aufgewachsen sind und jetzt selbständig werden, finden dadurch hier in der Stadt, nah an ihren Studien-, Ausbildungs- und Arbeitsplätzen, ein Wohnungsangebot vor, das ihren derzeitigen Bedürfnissen (Geschosswohnung) entspricht. Beim Bau von Einfamilienhäusern hat der Oberbergi- sche Kreis seine relativ hohe Bauintensität (zwischen 2 und 3 Wohnungen je 1.000 EW) beibehalten können, allerdings auch hier mit sinkender Tendenz in den letzten Jahren (Rückgang von knapp 850 WE p.a. zwischen 1996 und 2000 auf gut 700 WE p.a. zwischen 2001 und 2005, vgl. Tabelle 6, S. 35). Nachbarkreise mit höherer Bauintensität sind seit Jahren der Kreis Olpe und der Rhein-Sieg-Kreis.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -33 - empirica Abbildung 17: Bauintensität von Einfamilienhäusern* - Oberbergischer Kreis im Vergleich zu den Nachbarkreisen und –städten, 1995-2007

7 Rheinisch-Bergischer Kreis

6 Rhein-Sieg-Kreis

5 Olpe, Kreis EW 0 0

0 Oberbergischer Kreis 1 4 e j

en

t Ennepe-Ruhr-Kreis i e h

n 3 i e

n Märkischer Kreis h Wo 2 Wuppertal, kreisfreie Stadt

1 Köln, kreisfreie Stadt

Remscheid, kreisfreie Stadt 0 199519961997 1998 1999 2000 20012002 2003200420052006 2007 * Baufertigstellungen von Wohneinheiten in Ein- und Zweifamilienhäusern je 1.000 Einwohner. Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

3.2.2 Unterschiedliche Tendenzen der Bautätigkeit in den Teilräumen des Oberbergischen Kreises

Innerhalb des Oberbergischen Kreises wurden zwischen 1996 und 2000 die meisten Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern (jeweils über 500 WE) in den Gemeinden Wiehl, Gummersbach und Reichshof fertig gestellt, zwischen 2001 und 2005 in den Gemeinden (jeweils über 400 WE) Gum- mersbach, Wiehl und Nümbrecht. Die meisten Geschosswohnungen entstanden zwischen 1996 und 2000 in Gummersbach, Nümbrecht und Radevormwald (jeweils über 300 WE), zwischen 2001 und 2005 in nennenswertem Umfang (mehr als 200 WE) nur noch in Gummersbach und Radevormwald (vgl. Tabelle 6, S. 35).

Der südliche Teilraum des Oberbergischen Kreises weist dabei von 1996 bis 2005 eindeutig die höchs- te Bauintensität (Baufertigstellungen je 1.000 EW) im Ein- und Zweifamilienhausbau auf. Während die Gemeinden des Teilraumes Mitte zwischen 1996 und 2000 noch relativ viel gebaut haben, fällt die Bauintensität im Zeitraum zwischen 2001 und 2005 deutlich hinter die Gemeinden der Teilräume Süd und Nord zurück. Der Teilraum Nord hat die höchste Bauintensität im Geschosswohnungsbau. Ob- wohl die Kreisstadt Gummersbach im Teilraum Mitte liegt, hat dieser die geringste Bauintensität im Geschosswohnungsbau (vgl. Abbildung 18, S. 35).

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -34 - empirica Tabelle 6: Baufertigstellungen im Oberbergischen Kreis, 1996 bis 2005

Summe 1996-2000 Summe 2001-2005 EZFH MFH EZFH MFH je 1.000 je 1.000 je 1.000 je 1.000 absolut absolut absolut absolut EW* EW* EW** EW** Bergneustadt, Stadt 312 15 109 5 102 5 13 1 Engelskirchen 199 10 84 4 60 3 14 1 Gummersbach, Stadt 561 11 437 8 494 9 282 5 Hückeswagen, Stadt 190 12 115 7 148 9 3 0 Lindlar 153 7 135 6 98 4 24 1 Marienheide 129 10 41 3 270 20 44 3 Morsbach 337 29 106 9 109 9 9 1 Nümbrecht 325 19 356 21 433 25 160 9 Radevormwald, Stadt 135 6 329 14 181 8 208 9 Reichshof 510 21 183 7 266 13 34 2 Waldbröl, Stadt 387 20 188 10 357 18 77 4 Wiehl, Stadt 686 36 257 14 435 16 95 4 Wipperfürth, Stadt 275 10 247 9 315 13 144 6 Nord 600 9 1.013 15 990 15 634 10 Mitte 2.550 15 1.246 7 1.725 10 506 3 Süd 1.049 22 650 14 899 19 246 5 OBK gesamt 4.199 15 2.909 10 3.614 12 1.386 5 * Baufertigstellungen von WE in Ein- und Zweifamilienhäusern je 1.000 Einwohner (Stand 31.12.2000) (Bauintensität). ** Baufertigstellungen von WE in Ein- und Zweifamilienhäusern je 1.000 Einwohner (Stand 31.12.2005) (Bauintensität). Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

Abbildung 18: Bauintensitäten* in den Teilräumen des Oberbergischen Kreises 1996 - 2000 2001 - 2005

40 40 1996-2000 MFH 2001-2005 MFH 35 35 1996-2000 EZFH 2001-2005 EZFH

30 30 EW

EW 000 000 .

25 .

1 25 1

e e j j

n n

e 20 e

t 20 t i i e e nh nh i

15 i

e 15 e n h o 10 ohn W

W 10

5 5

0 0 Nord Mitte Süd Nord Mitte Süd *Baufertigstellungen von Wohneinheiten je 1.000 EW Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

3.3 Bodenpreisgefälle und Leerstand

Die Bodenrichtwerte (vgl. Abbildung 19, S. 36) zeigen ein Preisgefälle bei Bauland von den nord- westlichen Lagen (gute Lagequalität 120 bis 160 €/qm) hin zu den süd-östlichen Lagen (gute Lagequa- lität: 60 bis 120 €/qm) des Oberbergischen Kreises. Zum Teil fallen die Bodenrichtwerte im ländliche- ren Süden des Kreises in kleinen Umland-Ortsteilen sogar noch unter 60 €/qm.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -35 - empirica Abbildung 19: Bodenrichtwerte im Oberbergischen Kreis, 2006 (individueller Wohnungsbau, gute Wohnlage)

Quelle: Grundstücksmarktbericht 2007 für den Oberbergischen Kreis. empirica

Die Schwankungen in den Bodenpreisen spiegeln sich auch in den Preisen für Bestand- und Neubau- Objekte wieder. Die Auswertungsergebnisse der empirica-Preisdatenbank für den Oberbergischen Kreis nach Einzelobjekten für Einfamilienhäuser sind in Abbildung 20 (Neubau und Bestand) darge- stellt. Jeder Punkt der Grafik stellt ein Objekt mit dem entsprechenden Angebotspreis dar. Für jede Gemeinde ist außerdem das jeweils „mittige“ Objekt (Median) durch einen Pfeil markiert. Durch die Reihenfolge dieser Medianobjekte lassen sich die Preisniveaus der einzelnen Gemeinden untereinan- der vergleichen.

Die erfassten Angebotspreise für Bestandsobjekte im Oberbergischen Kreis lagen im Jahr 2007 zwi- schen 80.000 € und 1.300.000 €. 80% aller angebotenen Objekte werden zwischen 120.000 € bis 300.000 € angeboten. Die im Mittel teuersten Objekte aller in 2007 inserierten Bestand-Eigenheime befinden sich in Radevormwald (229.000 €), Hückeswagen, Wipperfürth (220.000 €) und Lindlar (119.000 €). Die günstigsten Eigenheime werden in Morsbach (145.000 €) und Waldbröl (169.000 €) angeboten. Somit zeigt sich ein deutliches Preisgefälle von Nord nach Süd, vergleichbar mit den Bodenrichtwerten.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -36 - empirica Abbildung 20: Preisniveau von Einfamilienhäusern (Neubau und Bestand) im Oberbergischen Kreis sowie Medianpreise (Bestand) der einzelnen Gemeinden im Vergleich, 2007

500.000 ohne Extremwerte 450.000

400.000

350.000 ro

u 300.000 Hückeswagen

E 220.000 €

Nümbrecht Lindlar Bestand n

i 191.000 € 219.000 €

Waldbröl Gummersbach Wiehl s i 250.000 169.000 € 174.000 € 189.000 €

e Neubau r p

f Radevormwald

u 229.000 €

a 200.000

K Wipperfürth 220.000 € 150.000 Reichshof Marienheide Engelskirchen 183.400 € 184.194 € Bergneustadt 170.500 € 170.000 € 100.000 Morsbach 145.000 € 50.000

0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Anteil aller Objekte in % Quelle: empirica-Preisdatenbank (IDN ImmoDaten GmbH). empirica

Eine Sonderauswertung des Gutachterausschusses Oberbergischer Kreis zeigt alle Kauffälle von Ein- und Zweifamilienhäusern zwischen 1998 und 2007 für die Teilräume des Kreises (vgl. Abbildung 21, S. 38). Auffallend ist der hohe Anteil an Kauffällen bis 150.000 € in allen drei Teilräumen. Verant- wortlich hierfür ist der hohe Anteil an Kauffällen im Bestand mit Investitionsstau. In den Teilräumen Mitte und Süd hat sich der Anteil der Kauffälle bis 150.000 € in den letzten zehn Jahren stetig erhöht (Mitte +14 Prozentpunkte, Süd +19 Prozentpunkte). Im Teilraum Nord werden die meisten „teuren“ Einfamilienhäuser (über 250.000 €) verkauft. Die Kauffälle ab 250.000 € haben im Teilraum Nord in den letzten zehn Jahren einen durchschnittlichen Anteil von 14% an allen Kauffällen. Im Teilraum Mitte liegt der Anteil der Kauffälle über 250.000 € nur noch bei 10% und im Teilraum Süd spielen die Kauffälle über 250.000 € mit einem Anteil von 6% fast keine Rolle mehr. Hier zeigt sich ebenfalls ein Preisgefälle von Nord nach Süd im Bestand.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -37 - empirica Abbildung 21: Anzahl der Kauffälle von Ein- und Zweifamilienhäusern (Bestand und Neubau*) nach Preisklassen im Oberbergischen Kreis, 1998-2007 Teilraum Nord 900 über 300.000 800 250.000 - 300.000

700 200.000 - 250.000 le l 600 ä 150.000 - 200.000 f f

au bis 150.000

K 500

r de

l 400 h a z

n 300 A

200

100

0 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Teilraum Mitte 900 über 300.000 800 250.000 - 300.000

700 200.000 - 250.000

e l l 600

ä 150.000 - 200.000 ff

au bis 150.000

K 500

r de

l 400 ah z

n 300 A

200

100

0 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Teilraum Süd 900 über 300.000 800 250.000 - 300.000

700 200.000 - 250.000 le l 600

ä 150.000 - 200.000 ff

au 500 bis 150.000 K

r de

l 400 ah z

n 300 A

200

100

0 19981999 2000 2001 20022003200420052006 2007 * Die Zahlen des Gutachterausschusses beinhalten die Kauffälle von Bestandsgebäuden und Neubau-Kauffälle von Bauträ- gerobjekten (Grundstückskauf inkl. Einfamilienhaus von einem Anbieter). Da im Oberbergischen Kreis viele Immobiliener- werber nur ein Grundstück erwerben und das Gebäude entweder in Eigenleistung (mit Architekten) erstellen oder als Fertig- haus erwerben, überwiegen die Kauffälle der Bestandsgebäude deutlich. Quelle: Sonderauswertung Gutachterausschuss Oberbergischer Kreis. Eigene Darstellung. empirica

Im Oberbergischen Kreis ist noch kein gravierender Leerstand zu erkennen. Die Leerstandsquote hat sich von 2001 bis 2006 um 1,2 Prozentpunkte leicht erhöht (von 2,1% auf 3,3%) und liegt nun auf gleichem Niveau wie im Land Nordrhein-Westfalen (Erhöhung von 2001 bis 2006 von 2,7% auf 3,3%). Erste problematische Entwicklungen in Beständen (z.B. Konzentration von einkommens- schwachen Haushalten, sinkende Mietpreise, erste Leerstände) werden allerdings in einigen ungünstig

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -38 - empirica gelegenen 70er-Jahre-Siedlungen beobachtet (z.B. „Auf der Brede“ Radevormwald, „Nord-Bernberg“ Gummersbach).

3.4 Derzeitige Baulandpolitik und demnach zukünftig zu erwartende Qualitäten

3.4.1 Unterschiedliche Ausgangslagen – Wo stehe ich?

Die Status Quo Analyse hat gezeigt, dass die Gemeinden des Oberbergischen Kreises ihre Baulandpo- litik unter unterschiedlichen Rahmenbedingungen betreiben. Gemeinden mit einer Netto- Zuwanderung (z.B. Nümbrecht) und damit einer vergleichsweise hohen Nachfrage nach Bauland haben größere Chancen und Möglichkeiten, ihre Baulandpolitik zu steuern und Qualitätsanforderun- gen durchzusetzen. Gleichzeitig sind die Gemeinden durch ihre topographischen Gegebenheiten (zu steile Hanglagen) in der Ausweisung von Bauland eingeschränkt. Finanzielle Restriktionen beeinflus- sen ebenfalls die Umsetzung der Baulandpolitik. Mehrere Gemeinden befinden sich aktuell noch im Haushaltssicherungskonzept. Durch die bestehenden Verkehrsanbindungen orientieren sich die drei Teilräume in ganz unterschiedliche Richtungen. Während sich der Teilraum Nord eher nach - tal und Remscheid orientiert, ist der Teilraum Mitte eher nach Köln und der Teilraum Süd vielmehr in den Westerwald, ins Siegerland und den Rhein-Sieg-Kreis sowie nach Bonn ausgerichtet.

3.4.2 Unterschiedliche Ziele zur Zukunftsentwicklung der Gemeinde – Wo will ich hin?

Die Zielsetzungen der einzelnen Gemeinden hinsichtlich der zukünftigen Bevölkerungs- und Bauland- entwicklung unterscheiden sich sowohl in den Inhalten als auch in der Konkretheit, mit der sie formu- liert werden. Ein kleiner Teil der Gemeinden nimmt den anhaltenden Bevölkerungsverlust hin, ohne aktiv dagegen zu steuern (z.B. Lindlar). Die restlichen Gemeinden verfolgen eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Wachstumsstrategie. Diese reicht vom eingeschränkten Wachstumsziel (Konzentra- tion auf die Kernorte, z.B. Wipperfürth), Zuzug überwiegend durch einheimische Bevölkerung ge- wünscht (Rückkehrer nach Studium oder Ausbildung, z.B. Engelskirchen) über ein behutsames Wachstumsziel (jeder Einwohner willkommen, aber ohne Qualitätsverlust, z.B. Nümbrecht) bis zur ungebremsten Wachstumsstrategie (bewusste Trendumkehrstrategie, z.B. Gummersbach).

Während sich die Gemeinden im Teilraum Nord für ein eindeutiges Bevölkerungswachstum ausspre- chen, ist im Teilraum Mitte keine einheitliche Zielrichtung erkennbar. Hier reicht die Spanne von Gemeinden ohne konkrete Zielvorstellungen über ein „Hinnehmen“ des Bevölkerungsrückgangs bis zur bewussten Wachstumsstrategie. Die Ziele der südlichen Gemeinden konzentrieren sich auf eine stabile Bevölkerungsentwicklung ohne aktive Baulandpolitik.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -39 - empirica 3.4.3 Keine eindeutige Zielgruppenspezifizierung – Für wen baue ich?

Die Gemeinden des Oberbergischen Kreises haben keine Zielgruppenorientierung explizit formuliert. Die aktuellen Baugebiete mit einer Konzentration auf freistehende Einfamilienhäuser und Angebote für Kinder (u.a. Spielplätze, Kindergärten und Grundschulen) zeigen in der Praxis jedoch eine starke Zielgruppenorientierung auf junge Familien. Angebote für Single- oder Senioren-Haushalte werden derzeit in den meisten Gemeinden nicht explizit bereitgehalten.

Allerdings gibt es durchaus Überlegungen zur Unterstützung von Seniorenwohnprojekten in Innen- städten, einzelne innovative Projekte wurden auch bereits begonnen bzw. umgesetzt (z.B. Mehrgene- rationenhaus in Wipperfürth, Senioren-Wohngemeinschaft in Reichshof, Wohnanlagen für Demenz- kranke in Marienheide). Insgesamt wird die Generation 50+ als attraktive, neue Zielgruppe in den meisten Gemeinden verstärkt wahrgenommen, aber z.T. herrschen diesbezüglich Unsicherheiten vor oder es wurde noch kein entsprechender Investor gefunden.

Unterschiede zwischen den Gemeinden zeigen sich insbesondere in den Grundstücksgrößen, die Familienhaushalte unterschiedlicher Einkommensverhältnisse ansprechen. Während einzelne Gemein- den eher große Grundstücke für einkommensstärkere Bevölkerungsgruppen anbieten (z.B. Nümbrecht, Waldbröl), haben andere in der Vergangenheit bewusst kleine Grundstücke ausgewiesen (z.B. Ma- rienheide), um insbesondere auch für einkommensschwächere und Aussiedler-Haushalte interessant zu sein.

3.4.4 Unterschiedliche Präferenzen der Stadtplanung bezüglich der Qualität in Neubaugebieten - Was baue ich?

Neben den Wachstumsintentionen unterscheiden sich die Gemeinden des Oberbergischen Kreises auch hinsichtlich der angestrebten Bebauungsdichte (weniger in den Objekttypen als in den Grund- stücksgrößen) und der Anzahl der gestalterischen Vorgaben. In allen Neubaugebieten des Kreises dominiert das freistehende Einfamilienhaus. Während in der Vergangenheit in den Teilräumen Nord und Mitte noch Reihenhäuser und Geschosswohnungen gebaut wurden, werden diese aufgrund der fehlenden Nachfrage nicht mehr angeboten oder z.T. bestehende Bebauungspläne umgeplant. Eine Ausnahme bildet hier die Kreisstadt Gummersbach. Hier sollen auch in Zukunft höhere Bebauungs- dichten (Geschosswohnungsbau, Reihen- und Stadthäuser) auf innerstädtischen Brachflächen realisiert werden.

Während in den vergangenen Jahren noch viele Gemeinden sehr kleine Grundstücksgrößen (bis 400 qm) ausgewiesen haben, geht die Tendenz heute eher zu mittleren bis großen Grundstücken. Die Nachfrage nach kleinen Grundstücken wurde zum einen bedingt durch die finanzielle Förderung (Grundstücke bis max. 400 qm wurden durch die Eigentumsförderung der sozialen Wohnraumförde- rung NRW gefördert) und zum anderen durch die große Nachfrage von Aussiedler-Haushalten, die sich keine größeren Grundstücke leisten konnten.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -40 - empirica Die Gemeinden des Kreises unterscheiden sich des Weiteren durch unterschiedlich enge Gestaltungs- vorgaben in ihren Baugebieten. Rund die Hälfte der Gemeinden entscheidet sich bewusst für nur sehr wenige Gestaltungsfestsetzungen in den Bebauungsplänen (im Planerjargon: „Wildschweingebiete“), um keinen Käufer abzuschrecken. Diese Entscheidung beruht häufig auf der Erfahrung, dass zu enge Vorgaben eher vermarktungshemmend wirken. Die restlichen 50% der Gemeinden wollen eine höhere Qualität in den Baugebieten erzielen und setzen dies mit Gestaltungssatzungen durch.

3.4.5 Unterschiedliche Instrumente der Baulandentwicklung - Was kann ich tun?

Nach Aussagen der Kommunen werden derzeit folgende Instrumente angewendet, um die zuvor formulierten Ziele zu erreichen. Viele Gemeinden haben in der Vergangenheit einen Großteil der im Gemeindebesitz befindlichen Flächen zur Haushaltssanierung verkauft. Eine offensive Baulandpoli- tik wird dadurch erschwert. Die Gemeinden sind häufig auf die Entscheidungen privater Eigentümer angewiesen. Eine Ausnahme bildet die Gemeinde Wiehl, die noch über ausreichend eigene Grundstü- cke verfügt und den Handlungsspielraum nutzt, um die Grundstücke steuernd einzusetzen.

Alle Gemeinden des Teilraumes Nord betreiben eine kommunale Zwischenerwerbspolitik. Baurecht wird, wenn möglich, nur noch auf gemeindeeigenen Grundstücken geschaffen. D.h. alle drei Gemein- den gehen ganz bewusst so vor, alle Flächen (Ausnahmen bilden Flächen mit einem Altlastenverdacht) selbst aufzukaufen und erst nach der Planung und Erschließung die Grundstücke an die privaten Käufer wieder zu veräußern. Die Erschließung erfolgt durch die Kommune selbst, durch eine städti- sche Entwicklungsgesellschaft oder durch Auftragsvergabe an eine Erschließungsgesellschaft. So sichern sich die Kommunen zum einen die gesamten Erschließungsgewinne und können die Grundstü- cke zum anderen zu erschwinglichen Preisen den Nachfragern anbieten. In den restlichen Gemeinden des Oberbergischen Kreises erfolgt ein kommunaler Zwischenerwerb nur in Einzelfällen (Reichshof und Nümbrecht, vereinzelt Gummersbach). Einerseits befinden sich viele Gemeinden noch immer in der Haushaltssicherung und unterliegen demnach finanziellen Restriktionen, andererseits sehen sie keine planerische oder politische Notwendigkeit für ein solches Vorgehen. Entweder lassen Privatei- gentümer ihre Grundstücke durch die Stadt erschließen, um sie anschließend selbst zu veräußern (privatrechtliche Durchführungsverträge) oder die Privatgrundstücke werden von einem Bauträger bzw. Investor aufgekauft, von diesem erschlossen und anschließend vermarktet.

Einige Gemeinden (z.B. Wiehl, Morsbach) verlagern ihre Planungskosten sowie wesentliche Aufga- ben der Planung und Erschließung auf private Entwicklungsgesellschaften im Rahmen von Vorhaben bezogenen Bebauungsplänen. Der private Bauträger wird dabei jedoch nur die Kosten übernehmen, die sich zusätzlich zu den ohnehin anfallenden Kosten aus den Erlösen des Grundstücksverkaufs finanzieren lassen.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -41 - empirica Drei Gemeinden (Hückeswagen Teilraum Nord, Reichshof und Wiehl Teilraum Mitte) nutzen das Instrument der Familienförderung durch finanzielle Zuschüsse beim Grundstückskauf. Die Spanne der Zuschüsse und Prämien reicht von 1.000 bis 5.000 € pro Kind.

Das Instrument des Baulückenkatasters dient der Transparenz des Grundstücksmarktes, der Mobilisie- rung von Bauflächen und dem kommunalen Flächenmanagement. Die Gemeinden Gummersbach, Marienheide und Wiehl haben ein Baulückenkataster aufgebaut. Allerdings zeigt sich, dass für eine Mobilisierung von Baulücken zudem eine hohe Kooperation mit den Eigentümern erforderlich ist.

Kaum einer Kommune im Oberbergischen Kreis sind die zukünftige Nachfrage und der zukünftige Neubaubedarf bekannt. Zwar verwenden einige Gemeinden die Bevölkerungsprognosen der Bertels- mann Stiftung, jedoch handelt es sich bei diesen nur um eine Fortschreibung der Geburten und Wan- derungen der Jahre 2000 bis 2003. Um deutschlandweite Aussagen für alle Gemeinden ab 5.000 Einwohner treffen zu können, wurden alle lokalen Sonderbedingungen wie z.B. Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt oder in der Baulandverfügbarkeit nicht berücksichtigt. Darüber hinaus liegen den Gemeinden meist keine differenzierten Haushalts- und Wohnungsnachfrageprognosen vor.

Als einzige Gemeinde hat die Kreisstadt Gummersbach jedoch im Jahr 2007 eine Wohnungsmarkt- studie9 in Auftrag gegeben. Zwei weitere Gemeinden haben sich ebenfalls ansatzweise mit dem The- ma beschäftigt. Hückeswagen hat sich bspw. als eine Fallstudie des Instituts für Landes- und Stadt- entwicklungsforschung und Bauwesen des Landes Nordrhein-Westfalen (ILS NRW) an der Untersu- chung „Demographischer Wandel und Wanderungen in der Stadtregion“ in den Jahren 2006 und 2007 beteiligt. Die Gemeinde Wipperfürth hat im Jahr 2001 eine Untersuchung10 beauftragt, die sich mit geeigneten Ansiedlungsflächen in Außenbereichen beschäftigt hat, um eine geordnete städtebauliche Entwicklung in kleineren Ortschaften, Splittersiedlungen oder Ansammlungen von einzelnen Gehöften sicherzustellen.

3.4.6 Ähnliche Hemmnisse – Was behindert die Arbeit?

Die Gemeinden des Oberbergischen Kreises benennen jeweils ähnliche Hindernisse in der Wohnbau- landpolitik. Viele haben die größten Konflikte mit Grundstückseigentümern, die ihr Grundstück nicht verkaufen wollen, weil sie mit der Preisvorstellung der Gemeinde nicht einverstanden sind und den Planungsgewinn selbst abschöpfen wollen. Oft wollen sie ihr Grundstück aus eigenem Interesse über- haupt nicht verkaufen oder befürworten die Planungen der Kommune nicht. Unterstützung erhalten die Eigentümer häufig durch andere Anwohner der geplanten Neubaugebiete, aber auch durch politische

9 empirica (2007): Wohnungsmarktuntersuchung Gummersbach: Gesamtstädtische Profilierung und Revitalisierung innerstädtischer Flächen.“ Im Auftrag der Stadt Gummersbach. Inhalte: Status-Quo-Analyse Stadtentwicklung und Wohnungsmarkt, Entwicklungsper- spektiven bis 2020, Nachfrageperspektiven, Empfehlungen für eine wohnungspolitische Gesamtstrategie. 10 Planwerk (2001): Untersuchung über die Voraussetzungen und Möglichkeiten der Anwendung des § 35 (6) BauGB für eine nachhaltige aktive Außenbereichsentwicklung in Wipperfürth – Außenbereichsgutachten. Dormagen.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -42 - empirica Vertreter der Kommunen. Folgende Aussage beschreibt die Situation treffend: „Jeder kennt sich hier. Keiner will dem anderen auf den Fuß treten oder ihn benachteiligen.“ Politische Entscheidungen werden z.T. durch einzelne Privatinteressen (eigene oder fremde) oder kurz vor einem Wahltermin anders getroffen als sonst. Dies behindert eine rationale Vorgehensweise, d.h. an der Wohlfahrt der Gemeinde (Allgemeinheit) orientiertes Vorgehen. Das Thema „Demographischer Wandel“ wird in der Kommunalpolitik noch nicht ernsthaft genug angegangen. Obwohl sich die Planungsämter bereits intensiv mit diesem Thema beschäftigen, fehlt der Politik häufig ein ausreichendes Problembewusst- sein und eine Handlungsbereitschaft in Bezug auf die Folgen des demographischen Wandels.

Ein weiteres Hemmnis stellt für viele Kommunen die finanzielle Situation dar, da sie sich immer noch in der Haushaltssicherung befinden und dadurch nicht in der Lage sind, Grundstücke selbst aufzukaufen.

Einige Kommunen sehen das größte Hemmnis ihrer Wohnbaulandpolitik in der sinkenden Attrakti- vität der Gemeinde für Bewohner (zunehmende Arbeitsplatzverluste, schlechte Verkehrsanbindung und steigende Energiepreise, Verschlechterung der Nahversorgungssituation insbesondere in den ländlichen Umlandortsteilen etc.).

Das neue EU-Vergaberecht11 schränkt Kommunen in ihren kommunalen Handlungsspielräumen und ihrer Organisationsfreiheit ein, da neuerdings neben Grundstückskaufverträgen auch städtebauliche Verträge sowie Durchführungsverträge im Rahmen des Vorhaben- und Erschließungsplans, sofern diese mit „Bauverpflichtungen“ abgeschlossen werden, unter die Ausschreibungspflicht fallen. Die Kommune darf nach der Ausschreibung nicht mehr grundlegend von dem abweichen, was sie in der Ausschreibung festgelegt hat. Alle wesentlichen Parameter (architektonische, stadtplanerische und stadtgestalterische Maßnahmen) sind somit in einer frühen Planungsphase vor der Ausschreibung festzulegen. Die Kommune kann mit dem ausgewählten Kaufinteressenten keine wesentlichen inhalt- lichen Nachverhandlungen mehr führen und keine zusätzlichen Kriterien oder gute Ideen aufnehmen, die erst im Verlauf des weiteren Planungsprozesses entstehen, da dies gegen die Gleichbehandlung aller Partner während der Ausschreibung verstieße. Bislang konnte die Stadt solche Ideen noch flexi- bel aufgreifen, wenn der Anbieter schon ausgewählt war.

Der so genannte „Wettbewerbliche Dialog“ kann ein Ausweg für die Kommunen sein. Bisher ist das Verfahren aber kaum bei den Kommunen bekannt und es mangelt an Praxiserfahrung. Kommunen können als öffentliche Auftraggeber einen wettbewerblichen Dialog führen, um Lösungen herauszuar- beiten, die ihren Bedürfnissen entsprechen. Auf dieser Grundlage kann der ausgewählte Bewerber zur Angebotsabgabe aufgefordert werden.

11 Koordinierungsrichtlinie 2004/18/EG: Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienst- leistungsaufträge.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -43 - empirica Im Oberbergischen Kreis zeigt sich diese Problematik bereits konkret bei der Realisierung des geplan- ten Einkaufszentrums auf dem Steinmüller-Gelände in Gummersbach. Das Verfahren in Gummers- bach stockt, da ein weiterer Investor aufgetreten ist, der auf eine öffentliche Ausschreibung drängt. Auch der Verkauf des ehemaligen FH-Geländes durch den Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB) an einen Investor mit bestimmten Bauverpflichtungen steht still, da auch hier eine öffentliche Ausschreibung verpflichtend ist.

3.4.7 Bisher keine kommunale Zusammenarbeit in der Wohnbaulandpolitik

Obwohl der Erfolg der kommunalen Wohnbaulandpolitik stark durch die Attraktivität und das Ange- bot der gesamten Region beeinflusst wird, verfolgen die Gemeinden des Oberbergischen Kreises derzeit noch keinerlei Zusammenarbeit in der Wohnbaulandpolitik. Nachbarkommunen werden eher als Konkurrenten anstatt Mitstreiter im überregionalen Wettbewerb angesehen. Verstärkt wird diese Sichtweise noch durch die topographisch und historisch bedingte, auch „emotionale“ Teilung des Oberbergischen Kreises. Die Gemeinden des nördlichen Teilraumes sehen eher Kooperations- und inhaltliche Überschneidungsmöglichkeiten mehr mit den nördlichen Kommunen Wuppertal und Remscheid als mit den Nachbarkommunen im Oberbergischen Kreis. Bislang fehlt vielen Akteuren das Bewusstsein für konkrete Ansatzpunkte einer kommunalen Zusammenarbeit im Bereich der Bau- landpolitik.

3.5 Baulandangebot empirica hat alle 13 Gemeinden des Oberbergischen Kreises nach ihren Baulandplanungen (Mengen, Größen, Planungszeitraum und Vermarktungsstand) befragt. Die Befragung ergab für den Oberbergi- schen Kreis folgendes Bild:

3.5.1 Aktuelle Baugebiete

Nachfrager finden derzeit im Oberbergischen Kreis Neubaugebiete für insgesamt rund 2.650 Wohn- einheiten vor. Der weitaus größte Teil (2.450 Wohneinheiten) ist für den Bau von Ein- und Zweifami- lienhäusern (insbesondere freistehende Eigenheime) vorgesehen. In Mehrfamilienhäusern sind ledig- lich rund 200 Wohneinheiten in B-Plänen ausgewiesen. Ein Großteil dieser vorgesehenen Wohnein- heiten ist allerdings bereits vermarktet, so dass derzeit (Stand: Februar 2008) noch Bauflächen für rund 1.200 Wohneinheiten verfügbar sind (vgl. Tabelle 7, S. 45).

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -44 - empirica Tabelle 7: Übersicht über die Wohneinheiten in aktuellen Baugebieten nach Gemeinden

aktuell in Vermarktung befindliche Baugebiete Gemeinde davon noch WE in EZFH WE in MFH Summe WE verfügbar Bergneustadt 324 0 324 94 Engelskirchen 118 10 128 84 Gummersbach 167 30 197 117 Hückeswagen 89 0 89 65 Lindlar 212 105 317 176 Marienheide 194 0 194 124 Morsbach 151 0 151 81 Nümbrecht 420 0 420 183 Radevormwald 198 22 220 35 Reichshof 15 0 15 0 Waldbröl 162 0 162 48 Wiehl 82 0 82 41 Wipperfürth 318 38 356 150 SUMME OBK 2.450 205 2.655 1.198 Teilraum Nord 605 60 665 250 Teilraum Mitte 1.112 145 1.257 636 Teilraum Süd 733 0 733 312 Quelle: Angaben der Gemeinden des OBK (Stand Februar 2008). Eigene Darstellung. empirica

Das mit Abstand größte aktuell am Markt verfügbare Baulandangebot weisen Nümbrecht, Lindlar und Wipperfürth auf (vgl. auch Karte 9, S. 46). Hier finden Nachfrager mehrere Baugebiete mit einer großen Bandbreite von unterschiedlichen Bauplätzen vor, so dass die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihr Wunschobjekt hier realisieren, vergleichsweise groß ist. Gleichzeitig gibt es aber auch Gemeinden mit einem aktuell sehr geringen Baulandangebot (Wiehl, Radevormwald, Waldbröl) oder sogar keinem Angebot (Reichshof). Diese Gemeinden nehmen in Kauf, dass Nachfrager aufgrund des eingeschränk- ten Angebots in die Nachbargemeinden abwandern bzw. gar nicht erst zuwandern. Zwar gibt es daneben auch die Alternative, in Baulücken zu bauen, was häufig von Verwaltungsseite favorisiert wird, jedoch sind Baulücken nur begrenzt mobilisierbar und nicht immer von den Nachfragern er- wünscht.

Baugebiete mit Flächen für den Geschosswohnungsbau gibt es lediglich in den Gemeinden Lindlar, Gummersbach, Radevormwald, Wipperfürth und Engelskirchen, da sich in allen Gemeinden eine rückläufige Nachfrage nach Geschosswohnungen in den letzten Jahren zeigte. Bei den meisten derzeit in Vermarktung befindlichen Baugebieten handelt es sich um kleine, überschaubare Gebiete (vgl. Karte 9, S. 46). Ausnahmen bilden hier die großen Baugebiete mit jeweils über 100 Wohneinheiten in den Gemeinden Lindlar, Waldbröl und Wipperfürth. Systematische Unterschiede in der Baugebiets- größe sind zwischen den drei Teilräumen Nord, Mitte und Süd nicht erkennbar.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -45 - empirica Karte 9: Übersicht über Lage und Größe der aktuellen Baugebiete im Oberbergischen Kreis, Stand Februar 2008

Baugebietsgröße Anzahl Baugebiete

< 20 WE 25 20 bis < 50 WE 20 50 bis < 100 WE 10 100 u. mehr WE 6 Summe 61

Quelle: Angaben der Gemeinden des OBK. Eigene Darstellung. empirica

3.5.2 Zukünftiges Angebot

Nach Angaben der Kommunen werden innerhalb der nächsten fünf Jahre im Oberbergischen Kreis Baugebiete für rund 1.150 Wohneinheiten auf den Markt kommen (vgl. Tabelle 8, S. 47).12 Ein Drei- viertel davon ist für Wohneinheiten in Ein- und Zweifamilienhäusern vorgesehen. Außerdem sind immerhin noch Bauflächen für rund 325 Geschosswohnungen in diesem Zeitraum geplant. Zum Vergleich: In den Jahren 2001 bis 2005 wurden im Oberbergischen Kreis fast 1.400 Geschosswoh- nungen fertig gestellt (vgl. Tabelle 6, S. 35), also fast fünf Mal soviel. Rund zwei Drittel der für die kurzfristig geplanten Wohneinheiten benötigten Flächen werden im Teilraum Mitte bereitgestellt, die Hälfte aller Wohneinheiten sogar allein von der Gemeinde Gummersbach (vgl. Abbildung 23, S. 50). Damit geht Gummersbach in die Offensive und schafft - zumindest quantitativ gesehen - die Voraus-

12 Wir gehen hier von einer 100% Realisierungswahrscheinlichkeit aus.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -46 - empirica setzungen, um einen großen Teil der zukünftigen Nachfrage an sich zu binden. Demgegenüber gibt es Gemeinden, in denen kurzfristig keine neuen Baugebiete realisiert werden (Hückeswagen, Waldbröl) oder nur sehr wenige neue Grundstücke auf den Markt kommen (Wiehl, Reichshof). Gleichzeitig sind dies auch Gemeinden, in denen bereits heute das zur Vermarktung bereitgehaltene Baulandangebot gering ist (vgl. Kapitel 3.5.1, ab S. 44), so dass die Nachfrage der nächsten Jahre auch nur begrenzt in bestehenden Baugebieten gedeckt werden kann. Diese Gemeinden nehmen sich somit die Chance, potenzielle kurzfristige Nachfrage auf eigenem Gemeindegebiet zu decken. Der Konkurrenz von Gummersbach haben sie in den nächsten fünf Jahren wenig entgegenzusetzen.

Mittelfristig (in 5-10 Jahren) sind Baugebiete für rund 1.500 Wohneinheiten im Oberbergischen Kreis geplant, davon sind nur rund 100 Geschosswohnungen (vgl. Tabelle 8). In diesem Zeitraum können nicht nur im Teilraum Mitte (rd. 980 WE), sondern auch im Teilraum Süd (knapp 400 neue WE) mittelfristig wieder mehr Wohneinheiten realisiert werden. Dagegen sind im Teilraum Nord mittelfris- tig deutlich weniger Wohneinheiten in Neubaugebieten geplant (nur rd. 165 WE). Die Hälfte aller Gemeinden des Oberbergischen Kreises plant für diesen Zeitraum keine neuen Baugebiete (vgl. Abbildung 23, S. 50).

Langfristig (nach 2018) gibt es wenige konkrete Planungen, Bebauungspläne sind i.d.R. noch nicht in Erarbeitung, jedoch gibt es in fünf der 13 Gemeinden bereits erste Planungen für weitere Baugebiete mit insgesamt rund 1.250 potenziellen Wohneinheiten (vgl. Tabelle 8, S. 47)13. Bis auf Hückeswagen liegen diese Gemeinden mit langfristiger Angebotsplanung alle im Teilraum Mitte; im Teilraum Süd gibt es keine konkreten langfristigen Planungen.

Tabelle 8: Geplante zukünftige Baugebiete im Oberbergischen Kreis*

in den nächsten 5 Jahren in 5-10 Jahren geplante nach 2018 geplante geplante Baugebiete Baugebiete Baugebiete Teilraum Summe WE in WE in WE in WE in WE in WE in WE insg. WE insg. WE insg. EZFH MFH EZFH MFH EZFH MFH Nord 15 8 81 234 140 25 1 65 300 47 347 747

Mitte 53 7 244 781 913 64 9 77 811 93 904 2 .662

Süd 12 6 - 126 375 22 3 97 - - - 523

Summe OBK 82 1 325 1 .141 1.428 111 1.540 1.111 140 1.251 3 .931 *Anmerkung: bei langfristigen Planungen z.T. nur Angaben in ha, Umrechung auf Wohneinheiten nach bisherigem Flächen-Wohneinheiten- Verhältnis in der jeweiligen Gemeinde. Sofern nur die Fläche oder Wohneinheiten insgesamt angegeben wurden, wurden diese Ein- und Zweifamilienhäusern zugeordnet.

Quelle: Angaben der Gemeinden des OBK. Eigene Darstellung. empirica

13 Bei langfristigen Planungen liegen z.T. nur Angaben in ha vor. Die Umrechung auf Wohneinheiten erfolgt hier nach dem bisherigen Flächen-Wohneinheiten-Verhältnis in der jeweiligen Gemeinde. Sofern nur die Fläche oder Wohneinheiten insgesamt angegeben wur- den, werden diese Ein- und Zweifamilienhäusern zugeordnet.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -47 - empirica Karte 10: Lage und Größe der geplanten Baugebiete im Oberbergischen Kreis, Stand Februar 2008

Quelle: Angaben der Gemeinden des OBK. Eigene Darstellung. empirica

In der Summe werden im Oberbergischen Kreis in näherer Zukunft Baugebiete für rund 3.900 Wohneinheiten auf den Markt kommen (vgl. Tabelle 8, S. 47), von denen der weitaus größte Teil (rund 2.700 WE) im Teilraum Mitte realisiert wird. Während ein Teil der Gemeinden (v.a. Bergneu- stadt, Reichshof, Hückeswagen, Radevormwald) wenige sehr große Baugebiete plant, verteilen sich in einigen anderen Gemeinden (v.a. Marienheide, Gummersbach) die geplanten Wohneinheiten auf zahlreiche kleine und mittelgroße Baugebiete. Dagegen sind in Wiehl, Wipperfürth und Engelskirchen nur wenige Baugebiete mit jeweils weniger als 50 Wohneinheiten pro Gemeinde in Planung (vgl. Karte 10, S. 48).

Gegenüber dem Umfang der bisher realisierten Baufertigstellungen sind die absehbaren Baulandaus- weisungen deutlich geringer (vgl. Abbildung 22, S. 49). Ein Vergleich von 5-Jahres-Zeiträumen zeigt eine abnehmende Tendenz von Ende der 1990er Jahre über den Anfang des neuen Jahrzehnts bis hin zu den innerhalb der nächsten 5 Jahre geplanten Baulandausweisungen. Aktuell noch in der Vermark-

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -48 - empirica tung befindliche Flächen können den in den nächsten Jahren zu erwartenden weiteren Rückgang der Baulandausweisungen in keiner der drei Teilregionen kompensieren.

Abbildung 22: Gegenüberstellung der Baulandplanungen und Baufertigstellungen

Teilregion Süd

4000 Baufertigstellungen noch nicht derzeitige Baulandplanungen vermarktete WE 3500 in aktuellen Baugebieten

3000

2500 WE

l WE in MFH 2000 ah

z WE in EZFH n A 1500

1000 *Summe WE in MFH und in EZFH insg. 500

* 0 1996-2000 2001-2005 Feb 08 2008-2012 2013-2017 2018ff

Teilregion Mitte

4000 Baufertigstellungen noch nicht derzeitige Baulandplanungen vermarktete WE 3500 in aktuellen Baugebieten

3000

2500

l WE WE in MFH h 2000 WE in EZFH Anza 1500 *Summe WE in MFH und in EZFH 1000 insg.

500 *

0 1996-2000 2001-2005 Feb 08 2008-2012 2013-2017 2018ff Teilregion Nord

4000 Baufertigstellungen noch nicht derzeitige Baulandplanungen vermarktete WE 3500 in aktuellen Baugebieten

3000

2500 WE WE in MFH 2000 WE in EZFH Anzahl 1500

1000 *Summe WE in MFH und in EZFH insg. 500

* 0 1996-2000 2001-2005 Feb 08 2008-2012 2013-2017 2018ff Quelle: LDS NRW. Angaben der Gemeinden des Oberbergischen Kreises. Eigene Darstellung. empirica

Zusätzlich zu den Neubaugebieten gibt es jedoch noch beträchtliche Potenziale in Baulücken (vgl. Abbildung 23, S. 50). Unter der Annahme, dass pro Baulücke im Schnitt 1,5 Wohneinheiten geschaf- fen werden können, sind theoretisch mindestens 4.700 neue Wohneinheiten im gesamten Oberbergi- schen Kreis zusätzlich denkbar. Da vier Gemeinden keine Angaben zu Baulücken liefern konnten,

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -49 - empirica liegt die tatsächliche Zahl noch deutlich höher; wir gehen in einer vorsichtigen Schätzung von insge- samt 5.500 Wohneinheiten aus. Vermutlich lässt sich aber nur ein Teil davon realisieren, da viele Eigentümer ihre Grundstücke nicht auf den Markt bringen. Bei einer langfristigen Quote von 50% könnten immerhin mindestens 2.750 Wohneinheiten in Baulücken realisiert werden.

Aber selbst wenn diese Zahl an Baulücken tatsächlich gleichmäßig über die zuvor genannten drei Zeiträume (innerhalb der nächsten 5 Jahre, 5-10 Jahre, ab 2018) einer Wohnnutzung zugeführt werden könnte, wäre das zukünftig mögliche Niveau an Baufertigstellungen (als Summe aus Baulücken und geplanten Baulandausweisungen) je 5-Jahres-Zeitraum nur etwa halb so hoch wie das der Jahre 2001 bis 2005. Die Gemeinden im Oberbergischen Kreis reagieren auf die derzeitige (teilweise nur kon- junkturbedingte) Nachfragschwäche mit einer verlangsamten Baulandausweisung, sind aber auf eine möglicherweise ansteigende Nachfrage in keiner Weise vorbereitet.

Für die nächsten Jahre kann das Angebot nicht mehr kurzfristig gesteigert werden, jedoch liegt es an der Politik, ob mittel- bis langfristig noch weitere Baulandausweisungen hinzukommen und dadurch wieder ein vergleichbares Niveau erreicht werden kann. Denn viele Gemeinden verfügen noch über weitere Potenziale in Reserveflächen, welche langfristig vorgehalten werden, für die es aber derzeit noch keine näheren Pläne gibt.

Abbildung 23: Geplante Wohneinheiten in Ein- und Zweifamilienhäusern*

1.500

1.400 potenzielle WE in Baulücken** 1.300 Teilraum Nord Teilraum Mitte Teilraum Süd 1.200 1.100 geplant nach 2018 1.000 en t i 900 geplant in 5-10 J. e

nh 800 i e 700

ohn geplant in den nächsten 5 J.

W 600

500 *zukünftige Baugebiete z.T. nur in ha- Angaben, Umrechnung nach bisherigem 400 Flächen-Wohneinheiten-Verhältnis; ggf. zusätzlich weitere nicht spezifizierte 300 Reserveflächen **Annahme: sofern nicht anders angegeben 1,5WE pro Baulücke, nur 200 EZFH-Bebauung; keine Angaben in Lindlar, Radevormwald, Nümbrecht, 100 Wipperfürth 0

th ld ar hl dt ht öl r a en l en ide ie a hof ch c r ch fü g d h t s a e r w a in rc W s h b r ldb ba e m w L i nhe u ic rs b a rs r s e e e e m o ipp o e lsk ri ü W v k a rgn R M W c ge e mm N ade ü n M B u R H E G Quelle: Angaben der Gemeinden des Oberbergischen Kreises. Eigene Darstellung. empirica

3.5.3 Qualitäten und Vermarktungserfolge der Baugebiete

Baugebiete unterscheiden sich bezüglich des Standortes, der städtebaulichen Konzeption, des Objekt- typs, der Gestaltung des öffentlichen Raumes, der Erschließung und des Preises. Ausschlaggebend

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -50 - empirica hierfür sind neben traditionellen und regionalen Unterschieden auch individuell unterschiedliche Vorlieben und Präferenzen. Im Oberbergischen Kreis unterscheiden sich die Baugebiete lediglich im Hinblick auf den Standort (Hanglagen/ Ebenen, Himmelsausrichtung, innerstädtisch/ Stadtrand/ Um- land), die Gestaltung des Objekttyps (Gestaltungssatzungen vs. wenig Einschränkungen) und des öffentlichen Raums (Straßenraumgestaltung, kleine Plätze, Spielplätze, Straßenbeleuchtung, Begrü- nung etc.) sowie den Preis (vgl. Abbildung 19, S. 36). Während sich folgende Merkmale tendenziell negativ auf die Vermarktung auswirken:

• Nordhanglagen oder Kessellagen ohne entsprechende Weitsicht/ Aussicht,

• Grundstücksausrichtungen, die Nordgärten zur Folge haben,

• Erschließungsstraßen/ Wohnwege, die sich nicht an der topographischen Lage orientieren (z.B. Problem hoher Treppenaufgänge),

• Grundstücke entlang Haupterschließungsstraßen ohne Abschirmung gegen Lärmemissionen,

• unmittelbare Nachbarschaft von Einfamilienhäusern zu Mietwohnungen in Mehrfamilienhäu- sern,

• „Billigerschließung“ (z.B. zu schmale, geradlinige Straßenzüge ohne öffentliche Begrünung, fehlende Besucherparkplätze etc.),

• zu lange Baustellenphase verärgert Käufer, die sehr früh gekauft haben und schreckt interes- sierte Käufer ab; bei mittleren bis großen Baugebieten könnte dieses Problem durch eine Rea- lisierung in einzelnen Bauabschnitten verringert werden, beeinflussen nachstehende Qualitätskriterien die Vermarktung der Baugebiete im Oberbergischen Kreis positiv:

Naturräumliche Lage: Die größere Entfernung zu Infrastruktureinrichtungen wird im Oberbergi- schen Kreis häufig durch die naturräumliche Lage kompensiert. Topografisch bedingt liegt die Mehr- heit der Baugebiete im Oberbergischen Kreis in Hanglagen. Baugebiete auf relativ ebenen Flächen haben den Vorteil, dass sie kostengünstiger erschlossen und bebaut werden können sowie mehr Frei- heiten in der Grundrissgestaltung ermöglichen, allerdings sind in vielen Gemeinden kaum mehr ebene Flächen vorhanden. Vereinzelt werden Baugebiete im Vorfeld der Erschließung planiert, um attraktive ebene Grundstücke zu schaffen (z.B. in Marienheide „Hermannsberg“). Leichte Süd- oder Westhang- lagen mit attraktiven (Fern)Sichtbeziehungen und einer der Lage angepassten Erschließung werden aber gleichermaßen akzeptiert oder sogar bevorzugt. Nordhanglagen mit ungünstigen Licht- und Klimaverhältnissen sind schwieriger zu vermarkten.

Lage/ Standort: Es ist besonders günstig, wenn Neubaugebiete innerstädtisch oder in Stadtrandlagen liegen. Eine größere Entfernung zur Innenstadt wird akzeptiert, wenn die Nähe zu wichtigen Infra- struktureinrichtungen (Lebensmittelnahversorgung, Ärzte, Kinderbetreuungseinrichtungen, Grund-

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -51 - empirica schulen) oder entsprechender Verkehrsanbindung gegeben ist. Die Nähe zu Infrastruktureinrichtungen sowie eine gute ÖPNV-Anbindung werden im Hinblick auf die Zunahme der älteren Bewohner zu- künftig an Bedeutung gewinnen. Derzeit aber zeigt sich, dass die Bevölkerung noch recht mobil ist und viele Bewohner zwei Autos besitzen und die täglichen Fahrten als selbstverständlich hingenom- men werden. Im Teilraum Nord konzentriert sich die aktuelle und zukünftige Bautätigkeit auf rand- städtische Lagen. Die aktuellen und zukünftigen Neubaugebiete der Gemeinden im Teilraum Mitte liegen sowohl in innerstädtischen Lagen (z.B. in Gummersbach), randstädtischen Lagen als auch im ländlichen Umland der Kernorte. In den südlichen Gemeinden des Oberbergischen Kreises wird die Streuung der Baugebiete, insbesondere auf kleinere, ländlichere Ortsteile, deutlich.

Baugebietsgröße: Vielfach stoßen größere Baugebiete auf Vorbehalte oder gar Ablehnung bei poten- ziellen Käufern, weil die zukünftige Qualität des fertigen Wohngebiets nur schwer beurteilt werden kann und zudem noch lange Bauphasen in der Nachbarschaft zu erwarten sind. Daher werden häufig kleine Baugebiete in integrierten Lagen bevorzugt. In Baugebieten, die es schaffen, bestimmte Quali- tätsansprüche umzusetzen, kann sich die Größe aber auch als Vorteil erweisen. Die Chance großer Baugebiete liegt darin, dass sie sich ihr eigenes Umfeld schaffen können. Im Oberbergischen Kreis sind Baugebiete mit sehr unterschiedlicher Größenordnung zu finden (vgl. Karte 9): Neben kleinen, integrierten Baugebieten mit nur drei Wohneinheiten gibt es auch große Neubaugebiete, die bis zu 275 Wohneinheiten umfassen. Zwischen den drei Teilräumen sind keine grundsätzlichen Unterschiede in den Baugebietsgrößen erkennbar. In allen Teilräumen gibt es Kommunen, die entweder einen Schwer- punkt auf größere Baugebiete (z.B. Waldbröl), auf große und kleine Baugebiete (z.B. Marienheide) oder eher auf kleinere Baugebiete legen (z.B. Nümbrecht). Im Oberbergischen Kreis ziehen die Nach- frager häufig kleine Baugebiete in integrierten, gewachsenen Siedlungsstrukturen den großen isolier- ten Neubauvorhaben vor. Allerdings zeigen die aktuellen großen Baugebiete im Kreis, dass auch sie durchaus gute Vermarktungserfolge erzielen können, wenn sie bestimmte Qualitätsanforderungen erfüllen, wie dies beispielsweise im Baugebiet „Felderhofer Kamp“ in Wipperfürth geschehen ist (siehe Steckbrief „Teilraum Nord“ im Anhang).

Städtebauliches Konzept: Ein qualitätsvolles städtebauliches Konzept überzeugt die Nachfrager und sichert vor allem langfristig die Wertstabilität des gesamten Baugebietes. Eine städtebauliche Konzep- tion spielt im Oberbergischen Kreis besonders in Hanglagen eine große Rolle. Es ist besonders un- günstig, unbequem und zudem unnötig teuer, wenn kein ebenerdiger Zugang in das Eigenheim mög- lich ist (siehe Abbildung 24). Grundstücke direkt angrenzend an stark befahrene Straßen vermarkten sich ebenfalls nur zögerlich (wie das Baugebiet „Lindlar-West“ zeigt), wenn keine Abschirmvorkeh- rungen gegenüber den Lärmemissionen/ Sichtbeziehungen getroffen werden. Ein besonders hoher gestalterischer Qualitätsanspruch wurde im Baugebiet „Büttinghausen“ in Wiehl umgesetzt (siehe Steckbrief „Teilraum Mitte“ im Anhang). Im Großen und Ganzen muss man aber sagen, dass die städtebaulichen Qualitäten in den Baugebieten des Oberbergischen Kreises sich nur wenig voneinan- der unterscheiden. In einigen Fällen nutzen die Gemeinden ihre städtebaulichen Steuerungsmöglich-

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -52 - empirica keiten auch nicht aus, insbesondere dann, wenn ein privater Träger die Erschließung des Baugebietes übernommen hat.

Abbildung 24: Städtebauliche Konzeptionen im Obergergischen Kreis

aufwendiger Treppenzugang Grün im (Wipperfürth: Siebenborn West) Straßenraum gegliederter Straßenraum kleiner Platz (Wiehl: Büttinghausen 1. und 2. BA)

Quelle: Eigene Fotos. empirica

Objekttyp: Im Oberbergischen Kreis dominiert der Objekttyp freistehende Einfamilienhäuser, verein- zelt wurden Doppelhaushälften realisiert. Reihenhäuser bilden die Ausnahme (z.B. in Gummersbach „Windhagen“ oder in Lindlar „Lindlar-Ost“). Während in den Gemeinden der Teilräume Nord und Mitte in den letzten Jahren vereinzelt noch Reihen- und Mehrfamilienhäuser gebaut und vermarktet wurden, überwiegen im südlichen Teilraum eindeutig ländlich geprägte Wohnformen mit einem hohen Grad an Individualität. Hier werden weder Geschosswohnungen, noch Reihen- oder Doppelhäuser nachgefragt bzw. akzeptiert. In einigen Baugebieten war anfangs noch ein Baurecht für Reihenhäuser vorgesehen, die aufgrund der mangelnden Nachfrage in Grundstücke für freistehende Einfamilienhäu- ser oder Doppelhaushälften umgeplant wurden. Da der Baulandpreis im Teilraum Süd deutlich unter den Preisen der nördlicheren Gemeinden liegt, sind auch größere Grundstücke nur unwesentlich teurer, so dass überhaupt keine Grundstücke für Doppelhaushälften angeboten bzw. nachgefragt werden. Im Teilraum Süd wurden ebenfalls schon seit mehreren Jahren keine Geschosswohnungen mehr in Neubaugebieten realisiert.

In Lindlar „Lindlar West“ wirken die Mehrfamilienhäuser in direkter Nachbarschaft zu den Einfamili- enhäusern sogar vermarktungshemmend. In Wipperfürth im Baugebiet „Felderhofer Kamp“ wurde eine Reihe an Geschosswohnungen (sog. Stadtvillen mit max. 10 WE) anfangs erfolgreich vermarktet. Das letzte vorgesehene Baufeld wurde bisher aufgrund der fehlenden Nachfrage allerdings nicht mehr realisiert. Stattdessen reagierte der Erschließungsträger auf den Markt mit einem neuen Bautyp: je zwei kleine Eigentumswohnungen in einer Doppelhaushälfte. Die kleinen Wohnungen vereinigen die Vorteile eines Einfamilienhauses (nur zwei Wohneinheiten je Gebäude, daher unterliegen sie nicht dem Wohneigentumsgesetz (WEG); Garten bzw. Balkon, eigene Garage/ Stellplatz vor der Wohnung) mit den Vorzügen von Eigentumswohnungen (in den Obergeschossen keine Gartenpflege, günstigerer Kaufpreis durch geringere Grundstückskosten, kleinere Wohneinheiten möglich). Die Wohnungen werden insbesondere durch junge oder ältere Paarhaushalte, vereinzelt von Familien mit einem Kind,

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -53 - empirica nachgefragt. Die Nachfrager stammen überwiegend aus Wipperfürth. Die Wohnungen sind gleicher- maßen für Kapitalanleger wie für Selbstnutzer interessant. Während sich dieses Konzept in Wipper- fürth erfolgreich auf dem Markt etabliert hat (aktuell steht nur noch eine Wohnung zum Verkauf), verläuft die Vermarktung des gleichen Objekttyps in Lindlar eher schleppend.

Architektur: Ästhetische Aspekte wie das äußere Erscheinungsbild, Baumaterialien oder Fassaden- gestaltung spielen beim Hausbau eine große Rolle. Als Architekturstil herrscht im Oberbergischen Kreis das klassische Sattel- bzw. Krüppelwalmdach-Haus mit Putz- oder Klinkerfassade vor. Die traditionelle Schieferverkleidung findet in Neubauten keine Verwendung mehr. In Neubaugebieten ohne Gestaltungsvorgaben findet man den einen oder anderen Architektur-Exot wie beispielsweise das „Block-Holzhaus“ oder das „Schlösschen mit Turm“ (siehe Abbildung 25, S. 54). Moderne Architek- turformen wie z. B. der Bauhaustyp sind kaum vorzufinden.

Abbildung 25: Architekturstile im Oberbergischen Kreis

Satteldach Krüppelwalmdach Block-Holzhaus „Schlösschen“ Quelle: Eigene Fotos. empirica

Über 90% der Grundstücke werden ohne Bauträgerbindung angeboten, d. h. die Käufer können ihre eigenen Vorstellungen entsprechend den Festsetzungen im Bebauungsplan verwirklichen und „ihren Traum“ vom Eigenheim realisieren. Dies bedeutet dann gleichzeitig, dass die aktuell vorgefundene Qualität in den Neubaugebieten – zumindest was den Objekttyp und die Architekturgestaltung betrifft – den Anforderungen der Nachfrager im Oberbergischen Kreis entspricht, da sie sich ihre Qualitätsan- sprüche im Rahmen ihres gegebenen Budgets selbst realisieren. Die unterschiedlichen Stile in direkter Nachbarschaft verleihen dem Baugebiet einen unruhigen und zusammenhangslosen Gesamteindruck.

Individualität/ Gestaltungsvorgaben: Die Mehrheit der Gemeinden entscheidet sich bewusst gegen zu enge Gestaltungsvorgaben im Bebauungsplan, um potentielle Nachfrager nicht abzuschrecken. Festgeschrieben werden dann nur Angaben zur Höhenentwicklung, zur Dachneigung und -farbe, vereinzelt gibt es Reglementierungen in der Materialauswahl. Die Gemeinde Nümbrecht hat sich z.B. bewusst für einen hohen Qualitätsstandard in den Baugebieten entschieden und dies u.a. (neben der Ausweisung von Mindestgrundstücksgrößen) durch detaillierte Gestaltungssatzungen untermauert. Während Nümbrecht gute Erfahrungen mit Gestaltungssatzungen gemacht hat (adäquate und an das Umfeld orientierte Gestaltungsmöglichkeiten erhöhen die Wertbeständigkeit der Objekte), will man in Radevormwald zukünftig auf zu enge Festsetzungen verzichten und den Bauwilligen eine größere

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -54 - empirica Freiheit ermöglichen. In Wipperfürth wurden die Gestaltungsvorgaben nicht als störend empfunden. Eine Bewohnerin beschrieb ihre Kaufentscheidung so, dass die Lagequalitäten des Baugebietes Fel- derhofer Kamp so gut sind (Südhanglage, tolle Sichtbeziehungen, Nähe zur Innenstadt, Infrastruktur- angebot im Baugebiet), dass man Einschränkungen bezüglich einzelner Objektgestaltungen gerne in Kauf nimmt.

Grundstück: Während im Oberbergischen Kreis in der Vergangenheit häufig kleine Grundstücksgrö- ßen bis 400 qm (bedingt durch die Eigentumsförderung in der sozialen Wohnraumförderung NRW14) - insbesondere durch Aussiedlerhaushalte - nachgefragt wurden, werden heute eher wieder etwas größe- re Baugrundstücke von den Nachfragern bevorzugt (zwischen 600 und 800 qm). 2007 wurden im Schnitt in den ländlich geprägten Gemeinden im Süden des Kreises die größten Grundstücksgrößen angeboten (Median rund 800qm). Dagegen wurden 2007 in den nördlichen Gemeinden Hückeswagen und Radevormwald, wohl auch aufgrund der hier hohen Baulandpreise (vgl. Abbildung 19, S. 36), im Schnitt die kleinsten Grundstücksgrößen angeboten (Median 450qm bzw. knapp 600 qm).

In der Vergangenheit hat sich in den Baugebieten gezeigt, dass es bei zu kleinen Grundstücken zu Stellplatzproblemen im gesamten Baugebiet kommt, da die Grundstücke für das Abstellen eines Zweitwagens zu klein sind und dieser dann „irgendwo“ im Baugebiet geparkt wird. Im Baugebiet Felderhofer Kamp zeigt sich, dass insbesondere die Grundstücke nur zögerlich vermarktet werden, deren Garten trotz Südhanglage im „Norden“ - also „hinter dem Gebäude“ - liegt. Die größte Akzep- tanz bei Nachfragern finden Eckgrundstücke mit den attraktivsten Sichtbeziehungen und unverbauba- rem Blick.

Sonderzielgruppe Aussiedler: In mehreren Gemeinden des Oberbergischen Kreises zeigen sich große Vermarktungserfolge in Neubaugebieten aufgrund einer in der Vergangenheit hohen Nachfrage von Aussiedlern nach Baugrundstücken. Aussiedler, welche durch Notaufnahmelager in verschiede- nen Gemeinden (z.B. in Waldbröl) in den Oberbergischen Kreis gekommen sind, bauten in den letzten Jahren mit hoher Eigenleistung Eigenheime. Diese erfüllen i.d.R. ähnliche Qualitätsanforderungen wie die der ansässigen Bevölkerung. Typische Beispiele sind in Marienheide die Baugebiete „Rodt“ und „Im Winkel“ sowie in Waldbröl „Büscherhof“ und in Teilen auch in Wipperfürth „Felderhofer Kamp“. Zukünftig wird es eine geringere Nachfrage nach Baugrundstücken durch Aussiedler geben, da deren Nachfrage inzwischen befriedigt ist und keine weiteren Aussiedlerwellen zu erwarten sind.

Im Anhang werden folgende drei Baugebiete aus jeweils einem der drei Teilräume des Kreises mit beispielhaften Qualitätskriterien detailliert in Steckbriefen dargestellt:

• Das Baugebiet Felderhofer Kamp (Wipperfürth) wird von den Bewohnern akzeptiert und nachgefragt und zeichnet sich durch eine hohe Vermarktungsquote (ca. 1,8 WE pro Monat)

14 Die Grundstücksflächenbeschränkung auf 400qm wurde mittlerweile abgeschafft.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -55 - empirica aus. Die Vorteile liegen vor allem in der Nähe zum Wipperfürther Stadtzentrum, der attrakti- ven naturräumlichen Südhanglage und der Infrastrukturausstattung des Baugebiets (Grund- schule und Kindergarten) (vgl. Steckbrief „Teilraum Nord“ im Anhang).

• Das Baugebiet Büttinghausen (Wiehl) zeichnet sich durch hohe Qualitäten im öffentlichen Straßenraum sowie eine städtebauliche Konzeption mit einer eigens festgesetzten Gestaltungs- satzung aus. Vermarktungsfördernd wirkt hier zudem das positive Stadtimage von Wiehl als „Kleinstadt mit Flair“ (vgl. Steckbrief „Teilraum Mitte“ im Anhang).

• Das Baugebiet Bierenbachtal/ Kalkofen (Nümbrecht) steht mit seinen Lagequalitäten stellver- tretend für viele weitere Baugebiete im Oberbergischen Kreis. An die ortsüblichen Gegeben- heiten angepasste Gestaltungsvorgaben und Grundstücksmindestgrößen von 600 qm regeln die städtebauliche und architektonische Ausgestaltung. Innerhalb der Gemeinde Nümbrecht zeigt sich dieses Baugebiet am Rande des Kernortes Bierenbachtal gegenüber anderen eher „abseits“ gelegenen Baugebieten in kleineren Umlandortsteilen mit einer schlechtern Ver- kehrsanbindung und Nahversorgungssituation als klar im Vorteil (vgl. Steckbrief „Teilraum Süd“ im Anhang).

3.6 Fazit: Unterschiedlichkeiten in den Gemeinden – ohne gemeinsames Konzept

Der Geschosswohnungsbau im Oberbergischen Kreis ist ähnlich wie in benachbarten Kreisen in den letzten Jahren fast zum Erliegen gekommen und spielt nur noch im Teilraum Nord eine Rolle, aber auch die Baufertigstellungen im Ein- und Zweifamilienhausbau sind - konjunkturbedingt - leicht zurückgegangen. Die größte Bauintensität bei Ein- und Zweifamilienhäusern ist eindeutig im Teilraum Süd zu beobachten. Es zeigt sich ein Preisgefälle von Nord nach Süd: Sowohl Bodenrichtwerte als auch Kaufpreise sind im Norden höher als im Süden.

Die derzeitige Zurückhaltung der Kommunen, weiteres Bauland auszuweisen, kann eine Baulandver- knappung erzeugen und damit zu einer Verdrängung von Zuzugswilligen führen, wenn die Nachfrage – etwa konjunkturbedingt – doch wieder ansteigt. Damit reagieren die Gemeinden des Kreises mit ihrer aktuellen Baulandausweisung prozyklisch, d.h. verstärkend, auf die Nachfragssteigerungen am Markt. An den Wohnbaupotenzialflächen der einzelnen Gemeinden zeigt sich, dass die Flächen zu- künftig nur noch für ein etwa halb so hohes Baufertigstellungsniveau wie in den Jahren 2001 bis 2005 ausreichen werden.

Die Neubaugebiete im Kreis unterscheiden sich nicht wesentlich in ihren Qualitäten. Überall dominie- ren freistehende Einfamilienhäuser, vereinzelt auch Doppelhaushälften. Reihenhäuser werden auf- grund der fehlenden Nachfrage nicht angeboten. Als Alternative zur Geschosswohnung entwickelt sich ein neuer Bautyp: In zwei Baugebieten im Oberbergischen Kreis werden Doppelhaushälften mit jeweils zwei Eigentumswohnungen angeboten und von den Nachfragern akzeptiert. Während schon

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -56 - empirica immer die Grundstücksgrößen vom Norden zu dem ländlicher geprägten Süden hin ansteigen, ist zudem eine Tendenz zu größeren Grundstücken zu beobachten.

Die Gemeinden des Kreises formulieren ihre Ziele hinsichtlich der Bevölkerungsentwicklung unter- schiedlich scharf. Die Gemeinden des Teilraums Nord haben sich bewusst für ein Bevölkerungs- wachstum entschieden und begegnen dem Ziel mit einer aktiven Baulandpolitik (z.B. konsequente Zwischenerwerbspolitik). Die Ziele der Gemeinden des Teilraums Mitte variieren zwischen dem „Hinnehmen des Bevölkerungsverlustes“ bis zur bewussten Wachstumsstrategie (Trendumkehr). Die südlichen Gemeinden, mit der bisher positivsten Bevölkerungsentwicklung, haben zum Ziel ihre Bevölkerungsentwicklung zu stabilisieren.

Um die Attraktivität des Oberbergischen Kreises als Wohnstandort aufrechtzuerhalten oder sogar noch zu erhöhen, muss sichergestellt werden, dass insgesamt – auch für eine positive Einwohnerentwick- lung – ausreichend Bauland zur Verfügung steht, um potenzielle Zuzüge (z.B. junger Familien) nicht zu behindern. Zum anderen sind eine deutlichere Ausdifferenzierung der Angebote im Neubau und im Bestand (Qualität und Preise) sowie eine stärkere Zielgruppenausrichtung wünschenswert, um eine größere Bandbreite qualitativer Anforderungen bedienen zu können.

4. Zwei kontrastierende Szenarien bis 2025

Neben der Darstellung, in welchen Mengen und für welche Bautypen in Zukunft neue Baugebiete geplant sind, stellt sich nun die spannende Frage, wie sich im Vergleich dazu die zukünftige Woh- nungsnachfrage im Oberbergischen Kreis verändern wird. Die entscheidende Größe zur Bestimmung der Wohnungsnachfrage ist die erwartete Entwicklung der Haushaltszahlen im Oberbergischen Kreis, die wiederum stark von den zukünftigen Wanderungsströmen abhängen wird.

Zur zukünftigen Einwohnerentwicklung liegen zwar amtliche Prognosen vor (vgl. Kap. 4.1), die nächsten Jahrzehnte bergen aber größere Unsicherheiten hinsichtlich der zukünftigen Rahmenbedin- gungen, als dies in der Vergangenheit der Fall war (vgl. Kap. 4.2). Insofern sind alle Prognosen, die auf Fortschreibungen der Vergangenheit beruhen, kritisch zu hinterfragen und ggf. zu modifizieren. Aufgrund dieser neuen Unsicherheiten werden wir im Folgenden die zukünftige Wohnungsnachfrage für den Oberbergischen Kreis nur in einer gewissen Bandbreite abschätzen, und zwar derart, dass die obere Grenze (das sog. Wachstumsszenario) auf der - relativ optimistischen - amtlichen Prognose des LDS beruht und die untere Grenze (das sog. Schrumpfungsszenario) einen Pfad darlegt, der sich ergeben würde, wenn die Zuwanderung in den Kreis doch geringer ausfallen würde als vom LDS unterstellt – eine mögliche Entwicklung, auf die die Kommunen im Kreis auch vorbereitet sein sollten. Die Ergebnisse werden anschließend auf die einzelnen Teilräume herunter gebrochen und ihre Aus- wirkungen dort jeweils diskutiert (vgl. Kap. 4.3 ff).

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -57 - empirica 4.1 Ein Wachstumsszenario

4.1.1 Amtliche Prognosen für den Oberbergischen Kreis

Als Grundlage der Prognose dienen die amtlichen Bevölkerungs- und die Haushaltsprognosen für den Oberbergischen Kreis, die das Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik des Landes NRW (LDS) landesweit für alle Kreise und kreisfreien Städte durchgeführt hat (vgl. Abbildung 26, S. 59). Für Nordrhein-Westfalen geht das LDS davon aus, dass es sein Einwohnermaximum bereits überschritten hat: Ein wachsendes Geburtendefizit bei rückläufiger Zuwanderung führt landesweit dazu, dass die Einwohnerzahl von nun an kontinuierlich sinkt. Die jüngste Entwicklung der letzten drei Jahre (2005 bis 2007) bestätigt diese Entwicklung.

Die Einwohnerzahl im Rhein-Sieg-Kreis ist in den letzten zehn Jahren kontinuierlich um fast 10% gewachsen. Seit etwa 2000, also ziemlich genau mit der Entscheidung zum Regierungsumzug nach Berlin, wächst auch Bonn15 ständig weiter, so dass es sich bei dem Wachstum des Rhein-Sieg-Kreises nicht allein um Suburbanisierungsgewinne handeln kann, sondern dass die gesamte Region Bonn- Rhein-Sieg in der Vergangenheit enorm gewachsen ist. Entsprechend erwartet das LDS auch für die Zukunft ein regionsweites Wachstum.16 Für die weiter von der Rheinschiene entfernten Kreise, wie den Oberbergischen Kreis, aber auch den Kreis Olpe und den Rheinisch-Bergischen Kreis (hier nicht abgebildet), die sich zwar nicht ganz so stark, aber doch besser als der Landesdurchschnitt entwickelt haben, geht das LDS ebenfalls langfristig von einer stabilen (und damit über dem Landesdurchschnitt liegenden) Entwicklung aus.17 Für die übrigen Nachbarkreise und -städte (Märkischer Kreis, Ennepe- Ruhr-Kreis, Wuppertal und Remscheid – hier nicht abgebildet), die schon in den letzten Jahren einen deutlichen Einwohnerrückgang erlebt haben (vgl. Kap. 2.2), sieht das LDS auch eine Fortsetzung dieses Abwärtstrends bis 2025.

15 In Bonn ist im Jahre 1996 eine statistische Bestandsanpassung durchgeführt worden, die rein rechnerisch zu so auffallend hohen Zuwanderungszahlen geführt hat. 16 Auch die Wohnungsmarktstudie Bonn/Rhein-Sieg „Wohnungsmarktanalyse für den Rhein-Sieg-Kreis“, die empirica 2005 im Auftrag der Kreissparkasse Köln für den Rhein-Sieg-Kreis durchgeführt hat, kommt zu einem ähnlich positiven Ergebnis für die Region. 17 Andere Bevölkerungsprognosen zum Oberbergischen Kreis kommen zu ähnlichen Größenordnungen, so etwa die Bevölkerungsprogno- se des BBR (Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (Hrsg.) (2006): Raumordnungsprognose 2020/2050, Berichte Band 23, Bonn), die für den 31.12.2020 eine Einwohnerzahl von 292.200 EW im Oberbergischen Kreis erwartet (zum Vergleich: LDS-Prognose 291.200 zum 1.1.2020). Das Pestel-Institut legt in seiner neuesten Wohnungsmarktstudie für NRW ohnehin genau die LDS-Einwohner- und Haushaltsprognose als Basis zugrunde (vgl. Eduard Pestel Institut für Systemforschung, Veränderung der Wohnungsnachfrage und Re- aktionen des Wohnungsangebots für NRW bis 2025, Dezember 2006). Die Prognose der Bertelsmannstiftung (vgl. Bertelsmann Stif- tung: Demographiebericht für den Landkreis Oberbergischer Kreis – Ein Baustein des Wegweisers Kommune. Download unter: www.wegweiser-kommune.de [Stand Mai 2008]), die im Wesentlichen auf kleinräumige Bevölkerungsfortschreibungen beruht, erwartet für 2020 im Oberbergischen Kreis eine Einwohnerzahl von 292.800 und damit ebenfalls eine ähnliche Größenordnung.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -58 - empirica Abbildung 26: Bevölkerungsentwicklung und Bevölkerungsprognosen des LDS zum Oberbergischen Kreis und ausgewählten Nachbarkreisen (1995=100) 120 Rhein-Sieg-Kreis Ist-Entwicklung Prognose (Basisjahr 2005) Rhein-Sieg-Kreis (Prognose)

115 Bonn, kreisfreie Stadt

Bonn, kreisfreie Stadt (Prognose) Köln, kreisfreie Stadt

00 110 1

= Köln, kreisfreie Stadt 5

9 (Prognose) 9 1

Oberbergischer Kreis : x e

d 105 Oberbergischer Kreis In (Prognose) Olpe, Kreis

Olpe, Kreis (Prognose) 100 Nordrhein-Westfalen

Nordrhein-Westfalen (Prognose) 95 1995 2000 2005 2010 2015 2020 31.12. Quelle: LDS NRW 2006. Eigene Darstellung. empirica

Im Oberbergischen Kreis zeigt die jüngste Entwicklung seit Prognosebeginn zum 1.1.2005 (vgl. Abbildung 26) allerdings ein Abknicken nach unten, somit liegt die Entwicklung noch unterhalb des vom LDS prognostizierten Stabilitätspfades. Zum Teil kann es sich dabei um konjunkturbedingte Rückgänge handeln, die sich langfristig wieder ausgleichen, zum Teil auch um eine rein statistische Anpassung durch die Steuereinführung in Köln.18 Ob die jüngste negative Entwicklung ein langfristi- ger Trend oder nur eine kurze Trendabweichung ist, kann daher zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht eindeutig geklärt werden. Eine Einwohnerentwicklung, die langfristig unterhalb der LDS-Prognose liegt, erscheint aber durchaus auch möglich, zumal auch in 2007 die Einwohnerzahl weiter gesunken ist (vgl. Abbildung 8, S. 15). Die Folgen eines dauerhaften Rückgangs werden im Schrumpfungssze- nario abgebildet.

Auf der Bevölkerungsprognose des LDS baut auch die amtliche Hauhaltsprognose des LDS auf.19 Hiernach wird - trotz des erwarteten Rückgangs der Bevölkerung in NRW - die Zahl der Haushalte in Nordrhein-Westfalen bis 2025 noch weiter steigen und zwar zwischen 2005 und 2025 um 3%. Denn selbst wenn die altersspezifischen Haushaltsgrößenquoten konstant blieben, würde die Zahl der Haus- halte noch ansteigen. Ursache dafür sind der demografische Wandel und die damit verbundene Alte- rung der Bevölkerung. Zahlreiche Familien, die heute noch gemeinsam zu viert einen Haushalt bilden

18 Zur Einführung der Nebenwohnsitzsteuer in Köln vgl. Kap. 2.2.1 (vgl. Abbildung 8, S. 15). Ohne diesen Einmaleffekts in 2005 hat sich die Einwohnerentwicklung in Köln gerade auf dem Prognosepfad entwickelt. 19 Haushaltsprognose des LDS, Basisjahr 2005, „Trendvariante“. Zum Vergleich: Das BBR erwartet in seiner Haushaltsprognose ein noch stärkeres Haushaltswachstum für den Oberbergischen Kreis: 2020 138.300 Haushalte (LDS Trendvariante: 136.500 für 2020).

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -59 - empirica und nur eine Wohnung nachfragen, werden in den nächsten Jahren auseinander ziehen (Auszug der Kinder aus dem Elternhaus) und dann statt einer Wohnung insgesamt drei Wohnungen nachfragen, obwohl die Einwohnerzahl an sich konstant geblieben ist. Ähnlich wirkt sich statistisch gesehen das Sterben eines Ehepartners aus: Zwar sinkt die Einwohnerzahl, dennoch geht die Wohnungsnachfrage nicht proportional zurück, die gleiche Wohnung wird jetzt nur von weniger Personen bewohnt. Zusätz- lich führen Scheidungen oder vermehrte Entscheidungen für ein Leben als Single statt als Paar zu einer höheren Wohnungsnachfrage bei gleicher Einwohnerzahl.

Die Ergebnisse der LDS-Prognose in der Trendvariante beziffern für Nordrhein-Westfalen absolut einer Zunahme um 256.000 Haushalte in 20 Jahren, für die demnach in diesem Zeitraum in gleicher Größenordnung (!) zusätzliche Wohnungen bereitzustellen sind. Die Wohnungsnachfrage wird dabei in den einzelnen Regionen und Kreisen des Landes aber sehr unterschiedlich wachsen: So wird für die nördlichen Nachbarkreise des Oberbergischen Kreises im gleichen Zeitraum sogar ein absoluter Rückgang der Haushaltszahlen erwartet, der dort cet. par. zu einem wachsenden Wohnungsleerstand in diesen Kreisen führen wird. Für den Oberbergischen Kreis aber wird bis 2025 noch ein Wachstum der Haushaltszahlen erwartet, das mit +11% noch deutlich über dem Durchschnitt Nordrhein- Westfalens liegt. Der absolut stärkste Zuwachs der Haushaltszahlen (und entsprechend der Woh- nungsnachfrage) wird in der Stadt Köln (+50.000 Haushalte) erwartet, gefolgt vom Rhein-Sieg-Kreis (+44.000) und dann dem Oberbergischen Kreis (+14.000 Haushalte). Im Zeitablauf wird für alle Wachstumskreise aber sichtbar, dass der Zuwachs von Jahr zu Jahr abnehmen wird.

4.1.2 Wachstumsszenario: Derzeitiges Baulandangebot reicht nicht aus

Entsprechend der Bevölkerungsprognose des LDS geht das Wachstumsszenario davon aus, dass die Einwohnerzahl im Oberbergischen Kreis von 290.600 EW (zum 1.1.2005) noch leicht auf 291.550 EW (bis 1.1.2015) ansteigt und dann langfristig sinkt, und zwar bis 1.1.2025 auf 290.400 EW, also etwa wieder auf das Niveau von 2005 (vgl. hierzu auch Abbildung 26, S. 59).20 Dieser Verlauf wird in Abbildung 27 durch die rote (2005 bis 2010) bzw. schwarze (2010 bis 2025) Linie darge- stellt.21

20 Im Wachstumsszenario wird eine Einwohnerentwicklung gemäß der LDS-Prognose unterstellt, aus methodischen Gründen weicht lediglich die Verteilung der Einwohner auf die einzelnen Altersgruppen in Einzelfällen leicht von der LDS-Prognose ab. 21 Theoretisch wäre auch denkbar, dass sich das Preisgefälle bei Bauland zwischen Köln und dem OBK noch weiter erhöht und dies letztlich dazu führt, dass sogar mehr Haushalte als in der LDS-Prognose unterstellt, im OBK leben werden. Für eine Zuwanderung, die noch über der liegt, die das LDS unterstellt, sehen wir aber derzeit keine Anhaltspunkte.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -60 - empirica Abbildung 27: Annahmen des Wachstumsszenarios: Natürliche Salden und Wanderungssalden im Oberbergischen Kreis bis 2025

6.000 20 5.000

Ist-Entwicklung Amtliche Prognose des LDS 15 ng a 4.000 f n a

3.000 10 s e r h

2.000 a J

5

1.000 m en a

on 0 0 W s E r

e 0 0 P -1.000 0

-5 1

-2.000 e j

n

-3.000 -10 e on

-4.000 s r

-15 e -5.000 P -6.000 -20 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 9 9 9 9 9 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 1 1 1 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2

Geburtenüberschuss Überschuss der Zuzüge (+) Gesamtsaldo je 1000 EW

Quelle: LDS NRW (bis 2006). Eigene Setzung (ab 2007). Eigene Darstellung. empirica

Da sich in den Jahren 2005 und 2006 die Entwicklung negativer entwickelt hat und es erstmals zu einer Netto-Abwanderung aus dem Kreis gekommen ist (wie die nach unten zeigenden blauen Säulen verdeutlichen), wird für die folgenden Jahre bis 2010 eine entsprechend höhere Zuwanderung unter- stellt, um mittelfristig doch noch die Prognose des LDS „zu treffen“. Diese Annahme ist nicht ganz unrealistisch, denn neben verwaltungsrechtlichen und statistischen Gründen (wie z.B. eine verstärkte Abmeldung aus Gemeinden des OBK bei Einführung der Nebenwohnsitzsteuer in Köln) können auch konjunkturbedingte Gründe (Investitionszurückhaltung auch im Wohnungsbau) vorliegen, die sich in den vergangenen Jahren negativ auf die Wanderungszahlen auswirkten. Die Prognose könnte sich also noch bewahrheiten.22

Abbildung 28 macht deutlich, wie in Zukunft der ungleiche Bevölkerungsaufbau weiter nach rechts „wandern“ wird, wenn man gleiche altersspezifische Abwanderungsmuster wie bisher unterstellt: Der heute stärkste Jahrgang der sog. Babyboomer (heute 40 bis 45 Jahre alt) wird im Prognosezeitraum auf Anfang 60 altern. Ihre Kinder (der relativ hohe Anteil der heute 10-20jährigen) werden in dieser Zeit erwachsen werden und den elterlichen Haushalt und damit auch die elterliche Wohnung verlassen. Einige von ihnen werden zur Ausbildung/Studium und zur Berufsausbildung den Oberbergischen Kreis verlassen (abwandern) und gleichzeitig werden junge Familien wie gewohnt in den Oberbergi- schen Kreis zuziehen: Die Kohorte der heute 25-30jährigen wird dadurch Zuwachs bekommen, so dass in 20 Jahren die Gruppe der dann 45-50jährigen stärker ist als die Gruppe der 25-30jährigen heute

22 Die aktuellen Auswertungen der Gemeinsame Kommunale Datenverarbeitung (GKD) deuten darauf hin, dass in 2007 der Wanderungs- saldo nicht mehr ganz so negativ war wie in 2006 (-650 in 2007 gegenüber –890 in 2006 und –405 in 2005), was auf den (jetzt positi- ven) Einfluss des Konjunkturverlaufs hinweisen kann.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -61 - empirica (vgl. rote Linie und gelbe Fläche). Der relativ starke (Nach-)Kriegsjahrgang der heute etwa 65jährigen wird unter Annahme gleich bleibender Sterbekennziffern in den nächsten 20 Jahren zu einem starken Zuwachs der über 80jährigen führen: Von heute rund 12.600 auf dann rund 21.300 Personen.

Abbildung 28: Verschiebung der Altersstruktur im Oberbergischen Kreis (Wachstumsszenario)

30.000 EW 31.12.2005 20 bis 40 40 bis 60 über 80 unter 20 Jahre 60 bis 80 Jahre Jahre Jahre Jahre 25.000 2015

2025 20.000

15.000

10.000

5.000

0

5 r -10 -20 -25 -30 -35 -40 -45 -55 -60 -65 -70 -75 -80 -90 te 5 ehr 10-15 15 20 25 30 35 40 45-50 50 55 60 65 70 75 80-85 85 m un und 90 Quelle: LDS NRW (bis 2006). Eigene Setzung (ab 2007). Eigene Darstellung. empirica

Die auf der Einwohnerprognose aufbauende Haushaltsprognose des LSD (Trendvariante) weist einen Anstieg der Haushaltszahlen im Oberbergischen Kreis von 125.000 (zum 1.1.2005) auf 139.200 (zum 1.1.2025) aus, wobei aufgrund der Alterung und des anhaltenden Trends zur Haushaltsverkleinerung die durchschnittliche Haushaltsgröße in diesem Zeitraum von 2,32 Personen je Haushalt (2005) auf 2,08 Personen je Haushalt (2025) sinkt.23 Die Zahl der wohnungsnachfragenden Haushalte liegt leicht darunter, weil nicht alle Haushalte auch eine eigene Wohnung nachfragen (Heimbewohner, Wohnge- meinschaft usw.). Abbildung 29 zeigt die Ergebnisse bis 2025 (Einwohnerzahl und Haushaltszahl nach der LDS-Prognose).24

23 In den Szenarien werden die altersspezifische Haushaltsquoten vom LDS übernommen und auch in den Variationsrechnungen mit geringerem Bevölkerungswachstum entsprechend angewendet. Im Ergebnis ergibt sich für die Variationsrechnungen eine Entwicklung der durchschnittlichen Haushaltsgröße im Oberbergischen Kreis, die zwischen der „Konstanten Variante“ und der „Trendvariante“ der LDS-Prognose liegt. 24 Dargestellt ist außerdem der langfristigen Trend (bis 2050), wenn man die gleichen Annahmen weiter fortschreibt (konstante Zuwande- rung zwischen 2030 und 2050)

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -62 - empirica Abbildung 29: Ergebnis des Wachstumsszenarios: Bevölkerungs- und Wohnungsnachfrageentwicklung im Oberbergischen Kreis

350.000 Ist-Entwicklung Basis: LDS-Prognose langfristiger Einwohner (empi)

300.000 Haushalte (LDS)

286.398 290.614 290.500 Wohnungsnachfrager 277.444 250.000 EZFH-Nachfrager

MFH-Nachfrager 200.000

139.200 150.000 125.700

126.800 100.000 114.300

86.100 76.200 50.000

38.100 40.700

0 je 1.1. 1995 2000 2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050 * Bevölkerungs- und Haushaltsentwicklung 2005 bis 2025 gemäß LDS-Prognose (Trendvariante) Quelle: LDS NRW (bis 1.1.2005), eigene Berechnungen (ab 2010). Eigene Darstellung. empirica

Im Ergebnis bedeutet dies, dass gemäß der Annahmen des Wachstumsszenarios die Wohnungsnach- frage im Oberbergischen Kreis bis 2025 noch wachsen wird, weil die Zahl der wohnungsnachfragen- den Haushalte von heute ca. 114.300 auf etwa 126.800, also um rund 12.500 Haushalte ansteigen wird. Der Grund dafür ist, dass durch die unterstellte Zuwanderung in den Kreis sowie den anhalten- den Trend zur Haushaltsverkleinerung im heutigen Wohnungsbestand weniger Menschen leben wer- den als heute. Da vermehrt Jahrgänge am Markt auftreten, die erstmals Einfamilienhäuser nachfragen (ohne dass in gleicher Menge Einfamilienhäuser von Älteren frei werden), steigt die Einfamilienhaus- nachfrage überproportional: Im Falle des Wachstumsszenarios werden im Jahre 2025 9.900 WE in EZFH und 2.600 WE in MFH mehr nachgefragt als heute.

Gleichzeitig wächst der Seniorenanteil, so dass die Zahl der Wohnungen, die von (sterbenden oder wegziehenden) Senioren frei werden, nicht ausreicht, die zusätzliche Wohnungsnachfrage zu befriedi- gen: Auch wenn alle frei werdenden Wohnungen (gebrauchte Einfamilienhäuser und Geschosswoh- nungen) wieder komplett mit jüngeren Haushalten bezogen werden, wird der heutige Wohnungsbe- stand nicht ausreichen, selbst bei konstanter Einwohnerentwicklung (wie im Wachstumsszenario unterstellt) die zukünftige Wohnungsnachfrage zu befriedigen.

Entsprechend wird in Zukunft schon nur um die Einwohnerzahl konstant zu halten, zusätzliches Bau- land benötigt werden (vgl. dazu auch Kap. 5.3, ab S. 89).

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -63 - empirica 4.2 Ein Schrumpfungsszenario

4.2.1 Verlierer in der Konkurrenz um junge Haushalte

In Wachstumsperioden ist der Baulandbedarf auf jeden Fall positiv, weil die Wohnungsnachfrage noch zunimmt. Unsicherer ist eine Prognose, wenn man von einer rückläufigen Wohnungsnachfrage ausgehen muss: Dass dann gar kein Neubau mehr stattfinden wird, ist unrealistisch. Aber wie be- stimmt sich der Baulandbedarf unter diesen Umständen und welche Auswirkungen hat dies auf die Wohnungsbestände und die Leerstandsentwicklung? Falls es zu einem Einwohnerrückgang im Ober- bergischen Kreis kommen wird, könnten auch diese Fragen hier unverhofft eine besondere Brisanz bekommen.

Es ist durchaus denkbar, dass sich die zukünftigen Rahmenbedingungen für den Oberbergischen Kreis so ändern werden, dass eben nicht mehr von einer so stabilen Entwicklung ausgegangen werden kann, wie dies in der LDS-Prognose unterstellt wird: So wird die regionale und kommunale Konkurrenz um junge Familien in Zukunft größer. Attraktive Städte wie Köln und direkt angrenzende Gemeinden können neben wachsenden Arbeitsmärkten inzwischen auch wieder vermehrt Wohnungsangebote an junge Familien machen, so dass die Notwendigkeit, ins Umland abzuwandern, gebremst wird. Zudem werden die Pendlerkosten (Zeit und Energiekosten) inzwischen höher bewertet als noch in der Ver- gangenheit, so dass der Oberbergische Kreis in Zukunft vielleicht dauerhaft für Zuwanderer weniger attraktiv ist, als dies in den letzten Jahren und Jahrzehnten der Fall war (vgl. dazu auch Kap. 5.2.2, S. 85).

Die These, dass es auch zu einer langfristigen „Schrumpfung“ kommen kann, wird dadurch gestützt, dass die Wanderungssalden des Oberbergischen Kreises in den letzten Jahren tatsächlich von Jahr zu Jahr geringer geworden sind (vgl. Abbildung 10, S. 17). Nach vielen Jahren der Zuwanderung könnte es durchaus sein, dass sich nun tatsächlich ein langfristiger Abwärtstrend einstellt,25 denn die Zuwan- derungen aus Ostdeutschland und Osteuropa haben ihren historischen Höhepunkt überschritten und neue Krisenherde als Herkunftsgebiete für neue Zuwanderer sind derzeit nicht erkennbar. Gleichzeitig bemüht sich die Stadt Köln um eine neue Attraktivität, gerade auch für junge Familien, mit Anstren- gungen in der Baulandpolitik, die derzeit auch Erfolg zu haben scheinen. Es ist also denkbar, dass der Oberbergische Kreis von der positiven Entwicklung entlang der Rheinschiene abgekoppelt wird, weil er als Wohnstandort für Pendler an Attraktivität verliert. In diesem Fall muss man sich hier auf eine Zukunft ohne die gewohnte Zuwanderung und ggf. auf eine langfristige Netto-Abwanderung aus dem Oberbergischen Kreis einstellen.

25 Auch im Prognos-Zukunftsatlas 2007 schneidet der Oberbergische Kreis deutlich schlechter ab als noch vor drei Jahren (Rang 2007: 205 bzw. 2004: 106). Aktuell wird dem Oberbergischen Kreis nur noch ein ausgeglichener Chancen-Risikomix für dir Zukunft vorausgesagt. Während er in den Themenfeldern „Demografie“ und „Soziale Lage & Wohlstand“ im Vergleich noch relativ gut abschneidet (Rang 142 bzw. 155), liegt er in den Themen „Arbeitsmarkt“ und „Wettbewerbsfähigkeit & Innovationen“ deutlich weiter hinten (Rang 204 bzw. 332).

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -64 - empirica Gleichzeitig werden auch die Unsicherheiten über das zukünftige Haushaltsbildungsverhalten in den Szenarien über unterschiedliche Annahmen an die altersspezifischen Haushaltsgrößenquoten abgebil- det, und zwar derart, dass im Schrumpfungsszenario der Trend zur Haushaltsverkleinerung nicht ganz so stark ist und dadurch die zusätzliche Wohnungsnachfrage auch deshalb noch geringer ausfällt.

4.2.2 Schrumpfungsszenario: Abwanderung führt zu Wohnungsüberschüssen

Wie Abbildung 30 zeigt, wird im Schrumpfungsszenario als untere Grenze der denkbaren Entwick- lung davon ausgegangen, dass der Wanderungssaldo von 2006 dauerhaft bestehen bleibt und der Oberbergische Kreis bis 2025 jedes Jahr rund tausend Einwohner durch Abwanderung dauerhaft verliert.26

Abbildung 30: Annahmen des Schrumpfungsszenarios: Natürliche Salden und Wanderungssalden im Oberbergischen Kreis bis 2025

6.000 20

5.000 Ist-Entwicklung Prognose 15 4.000

3.000 10 P e r s o n

2.000 e n

j

5 e

1

1.000 . 000 en

E W on 0 0 s

r a e m P

-1.000 Ja hr

-5 esa

-2.000 n f a ng -3.000 -10

-4.000 -15 -5.000

-6.000 -20

98 99 03 04 09 14 15 20 996 997 001 002 008 0 013 0 019 024 1995 1 1 19 19 2000 2 2 20 20 2005 2006 2007 2 2 2010 2011 2012 2 2 20 2016 2017 2018 2 20 2021 2022 2023 2 Natürlicher Saldo Wanderungssaldo Gesamtsaldo je 1.000 EW Quelle: LDS NRW (bis 2006). Eigene Setzung (ab 2007). Eigene Darstellung. empirica

Hinzu kommt ein sich – durch die fehlende Zuwanderung junger Menschen – noch verstärkendes Geburtendefizit, das zusammen mit dem negativen Wanderungssaldo zu einem jährlichen Bevölke- rungsrückgang um ca. 2.000 Personen führt.

Wie Abbildung 31 zeigt, wandert im Schrumpfungsszenario der „Bevölkerungsberg“ im Laufe der nächsten 20 Jahre nicht nur nach rechts, sondern seine „Gipfel“ werden auch flacher: Selbst von den

26 Theoretisch wäre auch noch ein wachsender Abwanderungsüberschuss denkbar, wenn man sich eine Trendverlängerung von 2004 bis 2006 vorstellt. Wir halten aber einen Großteil der hohen Abwanderung in 2006 für konjunkturbedingt, so dass wir diese Möglichkeit für unrealistisch halten.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -65 - empirica heute 40-45jährigen werden – gleiche altersspezifische Abwanderungsmuster wie bisher unterstellt – noch einige abwandern. Größter Unterschied zum Wachstumsszenario ist der, dass die Zahl der jungen Familien (die 30-40jährigen sowie deren ca. 10jährigen Kinder) im Jahr 2025 im Schrumpfungsszena- rio deutlich geringer ausfallen wird. Der Grund liegt darin, dass den Annahmen zufolge die Zuwande- rung, die hauptsächlich von diesen jungen Haushalten ausgeht, rückläufig sein wird und somit die Abwanderung der jungen Erwachsenen zu Ausbildungs- und Arbeitsorten nicht mehr durch den Zuzug junger Familien ausgeglichen wird. Dadurch verliert der Oberbergische Kreis überproportional viele Kinder und der „Altersbuckel“ wird besonders ausgeprägt: Im Schrumpfungsszenario wird es etwa doppelt so viel 55-65jährige geben wie 5-15jährige.

Abbildung 31: Verschiebung der Altersstruktur im Oberbergischen Kreis (Schrumpfungsszenario)

30.000 unter 20 20 bis 40 40 bis 60 60 bis 80 Jahre über 80

25.000

20.000

EW 31.12.2005 15.000 2015 2025

10.000

5.000

0

5 r -10 -15 -20 -25 30 35 -40 45 50 -55 -60 -65 -70 -75 80 -85 -90 te 5 5- 0- 0- 5- 5- ehr 10 15 20 2 3 35 4 4 50 55 60 65 70 7 80 85 m un und 90 Quelle: LDS NRW (bis 2006). Eigene Setzung (ab 2007). Eigene Darstellung. empirica

Durch die angenommenen Wanderungsverluste und das hohe Geburtendefizit (vgl. Abbildung 30) wird wie beschrieben die Einwohnerzahl jährlich um etwa 2.000 zurückgehen, was in der Summe bis 2025 zu einem Bevölkerungsrückgang von heute 291.000 um -41.700 Einwohnern auf dann nur noch 249.000 (vgl. Abbildung 32, S. 67).

Trotz der gleichzeitig stattfindenden Überalterung wird durch diesen Einwohnerrückgang sogar die Zahl der Haushalte bis 2025 kontinuierlich sinken: Entsprechend wird auch die Wohnungsnachfrage bis 2025 um 9.200 sinken, und zwar um 4.700 WE in EZFH und um 4.500 WE in MFH. Dies wird mindestens zu einem Wohnungsleerstand in dieser Größenordnung führen. Wenn parallel dazu noch gebaut wird, weil neue Nachfrager spezielle Anforderungen an ihre neue Wohnsituation haben (andere Größen, Lagen, Preise, Baualter usw.), und nicht ausnahmslos in die freiwerdenden Bestände ziehen, erhöht sich dieser Leerstand noch dementsprechend.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -66 - empirica Abbildung 32: Ergebnis des Schrumpfungsszenarios: Bevölkerungs- und Wohnungsnachfrageentwicklung im Oberbergischen Kreis

350.000 Einwohner (empi)

300.000 Haushalte (LDS)

286.398 290.614 Wohnungsnachfrager 277.444

250.000 EZFH-Nachfrager 242498..000902 MFH-Nachfrager 200.000

150.000 125.700 115.300

100.000 114.300 105.100

76.200 71.500 50.000

38.100 33.600

0 1995 2000 2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050 Quelle: LDS NRW (bis 1.1.2005), eigene Berechnungen (ab 2010). Eigene Darstellung. empirica

Neben der Frage, wo welche Art von Neubau nachgefragt bzw. realisiert werden wird, stellt sich hier also insbesondere die Frage, welche Objekte zuerst leer fallen werden, d.h. welche Lagen, Gemeinden, Baualter, Grundstücks- und Wohnungsgrößen usw. am ehesten von Leerstand und Vermarktungs- schwierigkeiten betroffen sein werden (vgl. dazu auch Kap. 5.4 „Wohnungspolitik: Leerstandsrisiko von Bestandsimmobilien “, ab S. 106).

4.3 Die zukünftige Wohnungsnachfrage in Bandbreiten

Bisher wurde der Oberbergische Kreis insgesamt betrachtet. Die Kreisgrenze ist aber nur eine Verwal- tungsgrenze, keine wirkliche Wohnungsmarktgrenze. Die Wohnungsmarktgrenze wird eher durch den „Suchradius“ eines Haushalts bestimmt: Denn für eine Familie, die beispielsweise in Waldbröl eine Wohnung sucht, ist ein leer stehendes Haus in Radevormwald keine Option, wohl aber ein leer ste- hendes Haus in Nümbrecht. Um diese Entfernungen und räumlichen Verflechtungen innerhalb des Oberbergischen Kreises zu berücksichtigen, werden im Folgenden die drei Teilräume des Oberbergi- schen Kreises separat von einander betrachtet: Die jeweilige Wohnungsnachfrage der Teilräume kann dann mit dem jeweiligen Angebot in diesem Teilraum verglichen werden. Dazu werden kleinräumige Bevölkerungsprognosen für die einzelnen Teilräume erstellt, in die neben Annahmen über die Wande- rungen über die Kreisgrenzen auch Annahmen über die Wanderungen innerhalb des Kreises einflie- ßen. Wie die Wanderungsanalysen zeigen (vgl. dazu Tabelle 9), sind zwischen dem Teilraum Nord und dem übrigen Kreis kaum Wanderungsverflechtungen vorhanden (im Saldo 7 Personen in 2002- 2006), während es gleichzeitig zu einer Abwanderung aus dem Teilraum Mitte in den Teilraum Süd

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -67 - empirica kam (im Saldo 604 Personen in 2002-2006). Für die Zukunft wird angenommen, dass diese Wande- rungsströme so bestehen bleiben (Genaueres zu den Wanderungsannahmen in den Szenarien: vgl. Anhang Kap. 2.1 S. 147).

Tabelle 9: Wanderungen im Oberbergischen Kreise – Ist-Entwicklung und Annahmen in den Szenarien

Wanderungssaldo (Personen) Ist-Entwicklung Annahmen Schrumpfungssz. Annahmen Wachstumssz. Zuwanderung nach: 1997-2001 2002-2006 2006-2010 2011-2015 2016-2020 2021-2025 2006-2010 2011-2015 2016-2020 2021-2025

NORD - Zuwand. über die Kreisgrenzen 11.515 9.832 8.227 7.677 7.152 6.702 10.252 10.502 10.502 10.502 - Abwand. über die Kreisgrenzen -9.631 -9.928 -9.646 -9.212 -8.805 -8.320 -9.646 -9.590 -9.593 -9.490 - Wand.saldo über die Kreisgrenzen 1.884 -96 -1.419 -1.535 -1.653 -1.619 606 913 909 1.012 - Saldo mit dem übrigen OBK: -241 -7 -7 -7 -7 -7 -7 -7 -7 -7 insgesamt: 1.643 -103 -1.426 -1.542 -1.660 -1.626 599 906 902 1.005 0 0 0 0 MITTE - Zuwand. über die Kreisgrenzen 24.708 22.680 18.977 17.708 16.497 15.459 23.650 24.226 24.226 24.226 - Abwand. über die Kreisgrenzen -20.388 -22.042 -21.416 -20.452 -19.548 -18.472 -21.416 -21.291 -21.299 -21.071 - über die Kreisgrenzen: 4.320 638 -2.439 -2.744 -3.051 -3.013 2.234 2.935 2.927 3.156 - mit dem übrigen OBK: -247 -604 -604 -604 -604 -604 -604 -604 -604 -604 insgesamt: 4.073 34 -3.043 -3.348 -3.655 -3.617 1.630 2.331 2.323 2.552

SÜD - Zuwand. über die Kreisgrenzen 10.630 6.807 5.696 5.315 4.951 4.640 7.098 7.271 7.271 7.271 - Abwand. über die Kreisgrenzen -9.689 -6.533 -6.347 -6.062 -5.794 -5.475 -6.347 -6.310 -6.313 -6.245 - über die Kreisgrenzen: 941 274 -652 -747 -843 -835 751 961 958 1.026 - mit dem übrigen OBK: 488 611 611 611 611 611 611 611 611 611 insgesamt: 1.429 885 -41 -136 -232 -224 1.362 1.572 1.569 1.637

Summe OBK - Zuwand. über die Kreisgrenzen 46.853 39.319 32.900 30.700 28.600 26.800 41.000 42.000 42.000 42.000 - Abwand. über die Kreisgrenzen -39.708 -38.503 -37.410 -35.725 -34.147 -32.267 -37.410 -37.192 -37.206 -36.806 - über die Kreisgrenzen: 7.145 816 -4.510 -5.025 -5.547 -5.467 3.590 4.808 4.794 5.194 - mit dem übrigen OBK: 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 insgesamt: 7.145 816 -4.510 -5.025 -5.547 -5.467 3.590 4.808 4.794 5.194 Quelle: LDS NRW (Ist-Entwicklung und Basis des Wachstumsszenarios). Eigene Annahmen (rot = gesetzt). empirica

4.3.1 Wohnungsnachfrage in den zentralen Gemeinden (Teilraum Mitte)

Über die Hälfte aller Einwohner des Oberbergischen Kreises leben im Teilraum Mitte. Aus der heuti- gen Altersstruktur wird sich unter den getroffenen Annahmen (also insbesondere unter der Annahme einer dauerhaften Netto-Abwanderung in den Teilraum Süd von etwa -600 in fünf Jahren, d.h. von rund -120 Personen p.a.), für den Teilraum Mitte bis 2025 folgende Verschiebung ergeben (vgl. Abbildung 33).27

27 Die genaue Bevölkerungsberechnung für den Teilraum Mitte einschließlich der zukünftigen Altersstruktur ist im Anhang Kap. 2.3 S. 148 angegeben.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -68 - empirica Abbildung 33: Altersstruktur 2005 und 2025 im Teilraum Mitte

18.000 über 80 unter 20 Jahre 20 bis 40 Jahre 40 bis 60 Jahre 60 bis 80 Jahre EW 31.12.2005 Jahre 16.000

2025 - 14.000 Wachstumssz.

12.000 2025 - Schrumpfungssz. 10.000

8.000

6.000

4.000

2.000

-

r 5 -10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 5 ------ehr 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 m unte

90 und Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

Selbst unter den günstigen Voraussetzungen des Wachstumsszenarios wird die Einwohnerzahl im Teilraum Mitte noch leicht sinken, weil das Geburtendefizit größer ist als die Zuwanderung. Im Schrumpfungsszenario wird die Einwohnerzahl sogar um -27.300 zurückgehen. In Abbildung 34 sind neben dieser Einwohnerentwicklung auch die entsprechende Entwicklung der EZFH- und der MFH- Nachfrage dargestellt: Je nach Szenario wird im Teilraum Mitte die Nachfrage nach WE in EZFH noch um 5.200 WE steigen oder um 3.400 WE sinken. Auch die Nachfrage nach WE in MFH kann im Wachstumsszenario leicht um 1.100 WE steigen oder aber um 3.000 WE sinken.

Dieses – aus planerischer Sicht – zunächst unbefriedigende Ergebnis zeigt aber gerade die Chancen und Risiken des Oberbergischen Kreises: Die zukünftige Wohnungsnachfrage kann noch wachsen. Aber auch auf die Probleme, die ggf. mit einer rückläufigen Nachfrage eingehen, sollte der Kreis vorbereitet sein.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -69 - empirica Abbildung 34: Bevölkerungs- und Wohnungsnachfrageentwicklung für den Teilraum Mitte

200.000

175.712 177.770 Einwohner 180.000 171744.520500 (Wachstumssz.) 169.648

160.000 Einwohner (Schrumpfungssz.) 140.000 151500.400.447

120.000 EZFH-Nachfrager (Wachstumssz.)

100.000

EZFH-Nachfrager 80.000 (Schrumpfungssz.)

60.000 5251.000.997 46.831 MFH-Nachfrager (Wachstumssz.) 40.000 4343.500.461 23.397 2424..500541

20.000 MFH-Nachfrager 2020.400.389 (Schrumpfungssz.) 0 1995 2000 2005 2010 2015 2020 2025 Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

Betrachtet man die Nachfrageveränderung im Zeitablauf (vgl. Abbildung 35, S. 71 oben), so wird erkennbar, dass der Zusatzbedarf an Geschosswohnungen vor allem zwischen 2011 und 2020 anfällt, also in den Zeitraum, in dem die relativ große Gruppe der Babyboomer-Kinder ihre erste eigene Woh- nung suchen. Danach ist – in einer reinen Netto-Betrachtung – selbst unter Wachstumsbedingungen kein Neubaubedarf von Geschosswohnungen mehr vorhanden, weil die Nachfrage nachlässt. Die nach unten zeigenden Säulen im Schrumpfungsszenario deuten an, dass es ggf. zu Leerstand in EZFH und in MFH kommen wird, schon allein aufgrund des Rückgangs der Haushaltszahlen, und zwar be- schleunigt nach 2015, wenn auch die Babyboomer-Kinder „versorgt“ sind und weitere Zuwanderer ausbleiben.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -70 - empirica Abbildung 35: Baufertigstellungen sowie Netto- und Brutto-Neubaubedarf für den Teilraum Mitte

5.000 Baufertig- Netto-Neubaubedarf Netto-Neubaubedarf derzeitige WE in MFH stellungen (Wachstumsszenario) (Schrumpfungsszenario) Baulandplanungen*** 4.000 WE in EZFH 3.000

2.000 l WE

h 1.000 a z n A 0

-1.000

-2.000

-3.000 1996- 2001- 2006- 2011- 2016- 2020- 2006- 2011- 2016- 2020- 2008- 2013- 2018ff 2000 2005 2010 2015 2020 2025 2010* 2015* 2020* 2025* 2012 2017 8.000 Baufertig- Brutto-Neubaubedarf Brutto-Neubaubedarf derzeitige stellungen (Wachstumsszenario) (Schrumpfungsszenario) Baulandplanungen*** WE in MFH 7.000

WE in EZFH 6.000

* Schrumpfungs- 5.000 szenario

WE ** Ersatzbedarf: l 588 WE h 4.000 a (235 in EZFH, z

n = inkl. Ersatzbedarf** 353 in MFH) A 3.000 *** zzgl. aktuelles Angebot von 636 WE und 2.000 = Mindest- Baulücken von ca. 450 WE pro Neubaubedarf Periode 1.000

0 1996- 2001- 2006- 2011- 2016- 2020- 2006- 2011- 2016- 2020- 2008- 2013- 2018ff 2000 2005 2010 2015 2020 2025 2010* 2015* 2020* 2025* 2012 2017 WE in MFH 1246 506 +522 +756 +848 +430 +261 +260 +239 +213 244 64 93 WE in EZFH 2550 1725 +1.766 +1.471 +1.488 +1.379 +436 +442 +414 +387 537 913 811

Quelle: LDS NRW (bis 2005). Eigene Berechnungen (ab 2005). Eigene Darstellung. empirica

Zuzüglich des Ersatzbedarfs ergibt sich, dass im Vergleich mit den bisherigen Baufertigstellungen (vgl. linke Säulen in Abbildung 35) auch für eine stabile Einwohnerentwicklung (wie im Wachstums- szenario unterstellt) eine Bautätigkeit im Maße der konjunkturell schwachen Jahre 2001 bis 2005 auf Dauer ausreichen würde, um die zusätzliche (Brutto-) Nachfrage zu decken, wobei sich vorübergehend allerdings der Geschosswohnungsanteil noch erhöhen müsste.

Wenn es aber dauerhaft zu Abwanderungen kommen sollte (Schrumpfungsszenario), ist lediglich ein Brutto-Neubaubedarf in Höhe der Mindest-Neubautätigkeit erforderlich, weil die Zahl der Nachfrager

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -71 - empirica in beiden Segmenten sinkt, aber dennoch ein gewisser Teil der jungen Nachfrager auf jeden Fall Neubauobjekte nachfragen wird.28 Gleichzeitig wird es dabei zu wachsenden Leerständen kommen, und zwar in Höhe der Summe aus Nachfragerückgang (negativer Netto-Neubaubedarf abzüglich Ersatzbedarf) und Mindest-Neubautätigkeit. Ohne Anpassungsmaßnahmen würden im Teilraum Mitte im Jahr 2025 damit 4.200 WE in Ein- und Zweifamilienhäusern und 2.600 WE in Mehrfamilienhäu- sern mehr leer stehen als heute. Bei einem Wohnungsbestand von derzeit rund 50.000 WE in EZFH und rund 23.000 WE in MFH entspräche dies einer Zunahme der Leerstandsquote um acht Prozent- punkte in EZFH und elf Prozentpunkte in MFH.

Ein Vergleich des Brutto-Neubaubedarfs mit dem derzeitigen Baulandangebot (in Baugebieten, ohne Baulücken) zeigt, dass dieses nur ausreicht, um die Baulandnachfrage des Schrumpfungsszenarios zu befriedigen (einschließlich einer Flexibilitätsreserve). Zwar verfügen die Gemeinden im Teilraum Mitte noch über relativ viele Baulücken (ca. 2.700 WE, vgl. Kap. 3.5.2, ab S. 46), aber selbst wenn diese im optimistischen Fall in den nächsten 20 Jahren zu etwa 50% mobilisiert werden könnten, würde dies das Baulandangebot in jeder der drei Planungsperioden nur um etwa 450 WE erhöhen, also für das Wachstumsszenario immer noch nicht ausreichend sein. Auf einen Wachstumspfad ist der Teilraum Mitte hingegen planerisch gar nicht vorbereitet.

Diese Überlegungen deuten an, dass man neben dem Neubaubedarf auch die „Kehrseite“ der Entwick- lung nicht aus den Augen lassen darf: In einer Situation mit sinkender Wohnungsnachfrage wird es zu Leerständen kommen, d.h., es werden gebrauchte Wohnungen und Häuser angeboten werden, die keinen Abnehmer mehr finden. Dies geschieht in schrumpfenden Regionen allein schon dadurch, dass nicht mehr so viele Haushalte in der Region leben werden wie heute, die Wohnungen also tatsächlich zahlenmäßig „über“ sind. Aber selbst in stabilen Situationen kann und wird es zu Neubau kommen, obwohl noch in ausreichender Zahl Gebrauchtobjekte auf dem Markt sind. Hier reicht ein reiner Bestandsgrößenvergleich (wie entwickelt sich die Haushaltszahl im Vergleich zur Wohnungszahl) nicht mehr aus. Vielmehr sind auch Flussgrößen zu betrachten (In welchem Jahr treten wie viele Haushalte erstmals auf dem Wohnungsmarkt in Aktion, in welchem Jahr werden welche Bestände auf dem Markt angeboten?).

Hier wird deutlich, wie viel schwieriger (und unsicher) die Anpassungsreaktionen in konstanten oder schrumpfenden Wohnungsmärkten im Vergleich zu wachsenden Märkten sind: Solange die Zahl der Haushalte steigt, ist auf jeden Fall Neubau erforderlich. Ein enger Markt erzeugt relativ hohe Preise, so dass auch Bestandsobjekte noch attraktiv sind und Abnehmer finden. Ganz anders auf nicht mehr wachsenden Märkten: Jeder Wohnungssuchende hat die Möglichkeit, unter Bestandsobjekten der

28 Zur Definition von Ersatzbedarf und Mindest-Neubautätigkeit und den getroffenen Annahmen dazu: vgl. im Anhang Kap. 4. Hinsicht- lich der Mindest-Neubautätigkeit wird in den Szenarien angenommen, dass 20% aller neuen Nachfrager auf jeden Fall Neubauobjekte beziehen wollen (bei Geschosswohnungen 10%). Da im Schrumpfungsszenario mit sinkenden Preisen für Bestandswohnungen zu rech- nen ist, setzen wir hier als vorsichtige Schätzung auch bei EZFH einen reduzierten Anteil von 10% an.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -72 - empirica unterschiedlichsten Art zu wählen (verschiedene Lagen/Baualter/Qualitäten usw.) und zudem noch die Option, ein Grundstück zu erwerben und selbst einen Neubau zu errichten. Je mehr Neubau entsteht, umso größer werden die Leerstände in den Beständen. Und es stellt sich die Frage, welche Bestände zuerst leer fallen werden. Auf diese Diskussion der Qualität der angebotenen Bestände wird später noch näher eingegangen (vgl. Kap. 5.4.3, ab S. 113).

4.3.2 Besonderheiten der nördlichen Gemeinden (Teilraum Nord)

Die Altersstruktur im Teilraum Nord (Radevormwald, Hückeswagen, Wipperfürth) wird sich in den Szenarien ähnlich verändern wie im Teilraum Mitte: Nur im Wachstumsszenario besteht die Hoff- nung, die Kohorte der heute 15-20jährigen dauerhaft in gleicher Stärke im Teilraum Nord halten zu können. Im Schrumpfungsfall hingegen wird etwa ein Drittel dieser Kohorte dauerhaft fortbleiben, so dass ein besonders auffälliger „Buckel“ der 55-65jährigen im Jahr 2025 hier leben wird. Die Szenarien unterscheiden sich nur in der Anzahl der Jüngeren, nicht der Älteren (vgl. Abbildung 36).29

Abbildung 36: Altersstruktur 2005 und 2025 im Teilraum Nord

7.000 über 80 unter 20 Jahre 20 bis 40 Jahre 40 bis 60 Jahre 60 bis 80 Jahre EW 31.12.2005 Jahre 6.000 2025 - Wachstumssz. 5.000 2025 - Schrumpfungssz. 4.000

3.000

2.000

1.000

-

5 r 10 -15 -20 -25 -30 -35 -40 -45 -50 -55 -60 -65 -70 -75 -80 -85 -90 hr te 5- 0 0 e 10 15 20 25 30 35 4 45 50 55 60 65 70 75 8 85 m un d n u 0 9 Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

Ähnlich wie im Teilraum Mitte wird daher im Wachstumsszenario die Einwohnerzahl gerade konstant gehalten werden können (weil die Zuwanderung den Sterbeüberschuss gerade kompensiert), während im Schrumpfungsszenario die Einwohnerzahl deutlich zurückgehen wird. Aufgrund der durchschnitt- lichen Haushaltsverkleinerung in diesem Zeitraum wird die Wohnungsnachfrage aber zumindest im

29 Die genaue Bevölkerungsberechnung für den Teilraum Nord einschließlich der zukünftigen Altersstruktur ist im Anhang Kap. 2.3 S. 148 angegeben.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -73 - empirica Wachstumsszenario noch steigen (netto um +1.800 Haushalte in EZFH und +400 WE in MFH). Im Schrumpfungsszenario wird hingegen die Zahl der Haushalte und damit der Wohnungsnachfrage netto sinken (um -1.600 WE in EZFH und – 1.300 WE in MFH). Auch dieses Ergebnis mag zunächst unbe- friedigend erscheinen, zeigt es doch Entwicklungen in beide Richtungen auf. Aber genau das ist die entscheidende Aussage: Beide Szenarien sind denkbar und es bedarf strategischer Vorbereitung und besonderer Marktbeobachtung, um für beide Nachfrageentwicklungspfade (und alle dazwischen liegenden) planerisch optimal vorbereitet zu sein.

Abbildung 37: Bevölkerungs- und Wohnungsnachfrageentwicklung für den Teilraum Nord

70.000 63.982 64.292 62.409 63.200 Einwohner (Wachstumssz.) 60.000

52.800 Einwohner 50.000 (Schrumpfungssz.)

EZFH-Nachfrager 40.000 (Wachstumssz.)

30.000 EZFH-Nachfrager (Schrumpfungssz.)

18.900 20.000 MFH-Nachfrager (Wachstumsz.) 17.031 15.400 10.000 8.900 MFH-Nachfrager 8.488 (Schrumpfungssz.) 7.200 0 1995 2000 2005 2010 2015 2020 2025 Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

Im Gegensatz zum Teilraum Mitte sind im Teilraum Nord die Baufertigstellungen in den Rezessions- jahren nicht so stark eingebrochen - insbesondere die Bauintensität im Einfamilienhausbau ist unver- ändert geblieben. Allerdings lag die Bauintensität im Ein- und Zweifamilienhausbau im Teilraum Nord Ende der 1990er Jahre auch deutlich niedriger als in den restlichen Gemeinden des Kreises. Selbst im Wachstumsszenario wird hier in Zukunft nur noch eine Bauleistung erforderlich sein, die im Einfamilienhausbau etwa auf diesem Niveau, im Geschosswohnungsbau aber sogar noch unter diesen konjunkturell schwachen Jahren liegt.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -74 - empirica Abbildung 38: Baufertigstellungen sowie Netto- und Brutto-Neubaubedarf für den Teilraum Nord

2.000

Baufertig- Netto-Neubaubedarf Netto-Nebaubedarf derzeitige WE in MFH stellungen (Wachstumsszenario) (Schrumpfungsszenario) Baulandplanungen*** 1.500

WE in EZFH 1.000

500 WE l h a z n

A 0

-500

-1.000

-1.500 1996- 2001- 2006- 2011- 2016- 2020- 2006- 2011- 2016- 2020- 2008- 2013- 2018ff 2000 2005 2010 2015 2020 2025 2010* 2015* 2020* 2025* 2012 2017

Teilregion Nord

3.500 Baufertig- Brutto-Neubaubedarf Brutto-Neubaubedarf derzeitige WE in MFH stellungen (Wachstumsszenario) (Schrumpfungsszenar Baulandplanungen*** 3.000 io)

WE in EZFH 2.500

* Schrumpfungs- szenario 2.000 WE

l ** Ersatzbedarf: h

a 213 WE z

n 1.500 (85 in EZFH, A 128 in MFH) = inkl. Ersatzbedarf** *** zzgl. aktuelles 1.000 Angebot von = Mindest- 250 WE, praktisch Neubaubedarf keine Baulücken 500 vorhanden

0 1996- 2001- 2006- 2011- 2016- 2020- 2006- 2011- 2016- 2020- 2008- 2013- 2018ff 2000 2005 2010 2015 2020 2025 2010* 2015* 2020* 2025* 2012 2017 WE in MFH 691 355 +171 +283 +319 +148 +91 +90 +80 +70 81 25 47 WE in EZFH 600 644 +604 +540 +553 +486 +150 +152 +138 +127 158 140 300

Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

Im Vergleich zum Teilraum Mitte können die derzeitigen Baugebietsplanungen selbst den Baulandbe- darf im Schrumpfungsszenario nur gerade so bedienen, ohne dass hier noch eine Flexibilitätsreserve möglich wäre. Für Radevormwald und Wipperfürth wurden uns auch keine Baulücken genannt, für Hückeswagen auch nur sehr wenige, so dass auch durch Baulücken die Nachfrage nach Bauland nicht befriedigt werden dürfte (vgl. Abbildung 23, S. 50).

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -75 - empirica Ähnlich wie im Teilraum Mitte wird es auch hier bei dauerhafter Abwanderung (Schrumpfungsszena- rio) zu wachsenden Leerständen kommen können: Die Zahl der leer stehenden WE in EZFH wird um +1.900 und die Zahl der leer stehenden Geschosswohnungen um 1.100 steigen. Im Vergleich zum heutigen Wohnungsbestand von rd. 14.000 WE in EZFH und rd. 13.000 WE in MFH entspricht dies einer Zunahme der Leerstandsquote um 13 Prozentpunkte in EZFH und um 9 Prozentpunkte in MFH.

4.3.3 Besonderheiten der südlichen Gemeinden (Teilraum Süd)

Unter den getroffenen Wanderungsannahmen30 ist der Teilraum Süd (Nümbrecht, Waldbröl, Mors- bach) der Teil des Oberbergischen Kreises, der noch die besten Wachstumsaussichten hat. Wie Abbildung 39 zeigt, könnte im Wachstumsszenario die Kohorte der heute 15-20jährigen sogar noch anwachsen. 31 Ein Grund dafür wäre die Zuwanderung aus dem Teilraum Mitte und über die Kreis- grenzen. Damit würde die Zahl der 30-40jährigen hier im Jahr 2025 sogar ähnlich hoch liegen wie heute, allerdings mit noch geringerer Kinderzahl, weil sich jede Generation bei gleich bleibender Geburtenentwicklung auch in Zukunft nur noch zu etwa zwei Dritteln selbst reproduziert und die Jahrgänge von Generation zu Generation kleiner werden.

Abbildung 39: Altersstruktur 2005 und 2025 im Teilraum Süd

5.000 über 80 unter 20 Jahre 20 bis 40 Jahre 40 bis 60 Jahre 60 bis 80 Jahre 4.500 Jahre

4.000

3.500

3.000 EW 31.12.2005 2.500 2025 - 2.000 Wachstumssz.

1.500 2025 - Schrumpfungssz 1.000 .

500

-

5 r -10 -15 -20 -25 -30 -35 -40 -45 -50 -55 -65 -70 -75 -80 -85 -90 te 5 0 0 0 0 5 ehr 10 15 2 25 3 35 4 45 50 55-60 60 65 7 75 80 8 m un und 90 Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

30 Wanderungsannahmen vgl. Tabelle 9, Seite 68: dauerhafte Zuwanderung aus dem Teilraum Mitte wie in den letzten fünf Jahren von etwa +120 Personen p.a. sowie Zuwanderungen über die Kreisgrenzen von 160 bis 200 Personen p.a. (Wachstumsszenario) bzw. Ab- wanderungen über die Kreisgrenzen von etwa -200 Personen p.a. (Schrumpfungsszenario). 31 Die genaue Bevölkerungsberechnung für den Teilraum Süd einschließlich der zukünftigen Altersstruktur ist im Anhang Kap. Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. S. Fehler! Textmarke nicht definiert. angegeben.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -76 - empirica Durch die Zuwanderung würde nur hier im Teilraum Süd die Einwohnerzahl bis 2025 noch anwachsen können (um +4.300), im Schrumpfungsszenario allerdings auch hier leicht rückläufig sein (mit –2.900 aber längst nicht so stark wie in den anderen beiden Teilräumen). Dementsprechend ist der Teilraum Süd der einzige Teilraum, für den auf jeden Fall – d.h. in beiden Szenarien – mit einer wachsenden Einfamilienhausnachfrage (um +400 bis +2.900 WE) zu rechnen ist und für den auch im Schrump- fungsszenario die Geschosswohnungsnachfrage erst ab 2020 stärker rückläufig ist (-200 WE), im Wachstumsszenario aber sogar noch wächst (um +1.100 WE) (vgl. Abbildung 40, S. 77).

Abbildung 40: Bevölkerungs- und Wohnungsnachfrageentwicklung für den Teilraum Süd

60.000

Einwohner 52.900 (Wachstumssz.) 48.552 50.000 45.387 46.704 Einwohner (Schrumpfungssz.) 45.600 40.000

EZFH-Nachfrager (Wachstumssz.)

30.000

EZFH-Nachfrager (Schrumpfungssz.)

20.000 15.300 MFH-Nachfrager 12.342 (Wachstumssz.) 12.700 10.000 6.205 7.300 MFH-Nachfrager 6.000 (Schrumpfungssz.)

0 1995 2000 2005 2010 2015 2020 2025 Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

Im Vergleich zu den bisherigen Baufertigstellungen liegt der zukünftige Brutto-Neubaubedarf im Teilraum Süd vor allem bei Geschosswohnungen noch deutlich über der Bauleistung der konjunktur- schwachen Jahre 2001 bis 2005. Es ist der einzige Teilraum, der zumindest bis 2015 selbst im Schrumpfungsszenario noch eine positive Expansionsnachfrage nach Ein- und Zweifamilienhäuser verzeichnen wird.

Der Vergleich mit den derzeitigen Baulandplanungen zeigt, dass die aktuellen Baulandangebote (vgl. Tabelle 7, Seite 45) kurzfristig (bis 2012) ausreichen, um zumindest die Nachfrage des Schrumpfungs- szenarios bedienen zu können, und mittelfristig (2013-2018) werden nach derzeitigen Planungen noch weitere Flächen im Angebot sein, die aber auch nur einen Teil des Bedarfs abdecken. Abgeschwächt werden könnte die Baulandknappheit noch dann, wenn ein Teil der zahlreich vorhandenen Baulücken (in Morsbach rd. 1.200, in Waldbröl rd. 700) mobilisiert würde: Wenn im günstigen Fall innerhalb der nächsten 20 Jahre davon etwa 50% an den Markt gebracht werden könnten, würde dies im Schnitt in

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -77 - empirica jeder der drei Planungsperioden Bauland für noch gut 300 WE zusätzlich schaffen. Für ein Wachs- tumsszenario wäre aber auch dann erst weniger als die Hälfte des Bedarfs befriedigt.

Das Leerstandsrisiko ist im Teilraum Süd aber nur sehr gering: Im ungünstigsten Fall (Schrumpfungs- szenario) könnten etwa 100 WE in EZFH und 200 WE in MFH leer stehen, was bei einem Wohnungs- bestand von rd. 14.500 WE in EZFH und rd. 4.500 WE in MFH lediglich einer Zunahme der Leer- standsquote um einen Prozentpunkt (EFZH) bzw. vier Prozentpunkte (MFH) bedeuten würde.

Abbildung 41: Baufertigstellungen sowie Netto- und Brutto-Neubaubedarf für den Teilraum Süd

2.000 Baufertig- Netto-Neubaubedarf Netto-Neubaubedarf derzeitige WE in MFH stellungen (Wachstumsszenario) (Schrumpfungsszenario) Baulandplanungen***

1.500 WE in EZFH

1.000 WE

l h a z n A 500

0

-500 1996- 2001- 2006- 2011- 2016- 2020- 2006- 2011- 2016- 2020- 2008- 2013- 2018ff 2000 2005 2010 2015 2020 2025 2010* 2015* 2020* 2025* 2012 2017 2.500 Baufertig- Brutto-Neubaubedarf Brutto-Neubaubedarf derzeitige stellungen (Wachstumsszenario) (Schrumpfungsszenario) Baulandplanungen** WE in MFH *

2.000 WE in EZFH

= inkl. Ersatzbedarf** * Schrumpfungs- szenario 1.500 ** Ersatzbedarf: WE

l 155 WE h

a (62 in EZFH, z

n 94 in MFH)

A 1.000 *** zzgl. aktuelles = Mindest- Angebot von 312 WE und Neubaubedarf Baulücken von 500 ca. 300 WE pro Periode

0 1996- 2001- 2006- 2011- 2016- 2020- 2006- 2011- 2016- 2020- 2008- 2013- 2018ff 2000 2005 2010 2015 2020 2025 2010* 2015* 2020* 2025* 2012 2017 WE in MFH 650 246 +304 +420 +431 +286 +119 +85 +78 +72 - 22 - WE in EZFH 1049 899 +747 +794 +832 +798 +194 +144 +137 +130 126 375 -

Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -78 - empirica 4.4 Fazit: Weder auf Wachstum noch auf Schrumpfung ausreichend vorbereitet

Wie eingangs erläutert werden hier bewusst kontrastierende Szenarien dargestellt, um das Augenmerk auch auf eine möglicherweise ungünstigere Entwicklung zu lenken. Durch diese extremen Annahmen wird zum Beispiel deutlich, dass die derzeitigen Baulandplanungen nur etwa den Bedarf des sehr pessimistischen Schrumpfungsszenarios decken, in keiner Weise aber an dem Bedarf orientiert sind, der im Wachstumsszenario, also für eine konstante Einwohnerentwicklung, erforderlich wäre. Wir empfehlen dringend, noch weitere Baulandausweisungen vorzubereiten, und zwar aus zweierlei Grün- den: Zum einen darf fehlendes Bauland nicht zum Hemmschuh für die Entwicklung des Oberbergi- schen Kreises werden. Zweitens bieten neue Baugebiete die Chance, die Vielfalt an Wohnungsangebo- ten im Oberbergischen Kreis zu erhöhen und damit selbst dafür zu sorgen, dass der Oberbergische Kreis für Wohnungssuchende an Attraktivität gewinnt und damit die Zuwanderung doch noch höher ausfällt als hier etwa im Schrumpfungsszenario unterstellt wird.

Die Szenarien sind damit nicht als Prognosen zu verstehen, sondern als Darstellung der Größenord- nungen, die variierende Wanderungsannahmen auf den Baulandbedarf und die Leerstandsentwicklung haben. Da angesichts der neuen Unsicherheiten (vgl. dazu Kap. 5.2.2, ab S. 85) gerade in „Grenzge- bieten“ wie dem Oberbergischen Kreis, der sowohl an eine Wachstums- als auch an eine Schrump- fungsregion grenzt, schon geringe Verschiebungen den Ausschlag über Wachstum oder Schrumpfung geben können, sollen hier bewusst beide Extreme ins Auge gefasst werden: Während im Wachstums- szenario die Folgen einer langfristigen Zuwanderung auf die Wohnungsnachfrage dargestellt werden (die zwar das Geburtendefizit dann kompensiert, aber dafür zusätzliche Baulandausweisungen erfor- derlich macht), zeigt das Schrumpfungsszenario die Konsequenzen eines Einwohnerrückgangs auf die Wohnungsnachfrage (der zu einem Wohnungsüberangebot und damit zu wachsenden Leerstände führt).

Die Unsicherheit über das tatsächliche Ausmaß der zukünftigen Entwicklung bleibt leider bei beiden Szenarien bestehen. Planerisch befriedigender wäre es, wenn keine Bandbreite, sondern eine feste Zahl Zielgröße des Ergebnisses der Szenarien wäre. Dies aber würde eine Scheingenauigkeit hervorru- fen, die politisch zu falschen Entscheidungen führen könnte und vor allem die Flexibilität reduzieren würde, die erforderlich ist, um in Zukunft zeitnah auf die tatsächlichen Marktentwicklung reagieren zu können.

Die Szenarien führen jedoch zu folgenden Schlüssen:

• In keinem der drei Teilräume reichen die derzeitigen Baulandplanungen aus, um den vom LDS in seinen Prognosen beschriebenen Stabilisierungspfad (konstante Einwohnerzahl, wach- sende Haushaltszahl, hier „Wachstumsszenario“) zu stützen. Ein Baulandangebot, dass unter Umständen nur weniger als die Hälfte des Bedarfs decken kann, führt zu preistreibenden Ver- knappungen und einer Verdrängung der Nachfrager in die Nachbarkreise, so dass das erwarte- te und erstrebte Einwohnerwachstum ausbleiben würde und so selbst zum Hemmnis für die

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -79 - empirica Zukunftsentwicklung des Kreise werden könnte. Um überhaupt eine stabile Einwohnerzahl in Zukunft erreichen zu können, muss in allen Teilräumen noch weit mehr Bauland ausgewiesen werden, als derzeit geplant ist.

• Auf der anderen Seite ist es auch denkbar, dass die Zuwanderung dauerhaft viel niedriger aus- fällt als vom LDS prognostiziert. Dann wäre zwar das derzeitig geplante Baulandangebot, wenn es vollständig realisiert wird, ggf. ausreichend. Dafür käme es im ungünstigsten Fall (Schrumpfungsszenario) aber zu erheblichen Leerständen in den Wohnungsbeständen, und zwar sowohl im Geschosswohnungsbau, als auch – und dies wäre neu – in großem Maße bei Ein- und Zweifamilienhäusern. Unter der Annahme einer dauerhaften Zuwanderung vom Teil- raum Mitte in den Teilraum Süd würde die Leerstandsproblematik vor allem den Teilraum Nord und den Teilraum Mitte betreffen. Genaue Vorstellungen über das Ausmaß und die Lage der in Zukunft möglichen Leerstände spielen in der öffentlichen Diskussion derzeit noch keine Rolle. Diskussionen darüber müssten aber dringend beginnen, um im Falle des Eintre- tens kurzfristig vorbereitete Strategien, wenn schon nicht zur Vermeidung, so doch we- nigstens zur Lenkung der Leerstände an der Hand zu haben.

In diesem Sinne sollen die beiden extremen Entwicklungspfade den Kommunen des Kreises als eine – jetzt doch mit exakten Mengenangaben versehene - Grundlage für anstehende strategische Entschei- dungen dienen, um in Zukunft beide Szenarien als möglich „mitdenken“ zu können und so Fehlpla- nungen vermeiden zu können und flexibel im Strategienmix zu bleiben. Eine genaue, zeitnahe Woh- nungsmarktbeobachtung wird erforderlich sein, um immer wieder neu den tatsächlichen Pfad zu erkennen und entsprechende Strategieanpassungen durchführen zu können (vgl. dazu auch die Kapitel 5.3 und 5.4 ab S. 89 bzw. S. 106.).

5. Konsequenzen und Empfehlungen

5.1 Rahmenbedingungen und Einflussmöglichkeiten

Die Zeiten eines stabilen Wachstums im Oberbergischen Kreis scheinen vorbei zu sein. Die Kommu- nen machen zunehmend die Erfahrung, dass einige Baugebiete nicht mehr voll laufen, sondern sich nur sehr schleppend vermarkten lassen, ohne dass die Gründe für diesen Nachfrageeinbruch klar auf der Hand liegen. Einige Gemeinden sind daher dazu übergegangen, keine weiteren Baugebiete mehr auszuweisen, sondern zunächst einmal abzuwarten, wie sich die Vermarktung der bestehenden weiter entwickeln wird. Gleichzeitig fangen Immobilieneigentümer und Wohnungsunternehmen an, sich um den mittelfristigen Werterhalt und die Vermarktbarkeit ihrer Bestandswohnungen Gedanken zu man- chen, weil die Sorge zunimmt, dass der derzeitig zu beobachtende Nachfrageeinbruch in absehbarer Zeit auch die Bestände betreffen könnte. Zusammen mit der teilweise diffus geführten Diskussion um den demografischen Wandel wächst die Sorge vor konzentrierten Leerständen, die ganze Wohngebiete

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -80 - empirica zum „Umkippen“ bringen können. Alles in allem herrscht in vielen Gemeinden eine große Unsicher- heit über den zukünftigen Entwicklungspfad und umso mehr auch über angemessene Strategien, um unerwünschten Entwicklungen rechtzeitig zu begegnen.

Wie die obige Analyse klar macht, gibt es für die derzeitige Nachfrageschwäche nicht „die eine“ Ursache, sondern einzelne Faktoren, die zeitlich ineinander greifen: Im Zuge des demografischen Wandels verschieben sich die Anteile der einzelnen Altersgruppen in der Bevölkerung und führen zu strukturellen Nachfrageveränderungen. Davon ist gerade der Wohnungsmarkt betroffen, weil hier das Nachfrageverhalten besonders altersabhängig und langfristig ist (Remanenzeffekt). Gleichzeitig beo- bachten wir eine regionale Verschiebung der Arbeitsmärkte, die zu dauerhaft veränderten Pendlerver- flechtungen und Wanderungsbeziehungen führt. Faktoren wie steigende Energiepreise und vermehrte Bautätigkeit an städtischeren Standorten können außerdem die Attraktivität des ländlichen Raums dauerhaft senken. Überlagert wird all dies von einem Konjunkturzyklus, der sich zunächst in einer schwankenden Wertschöpfung und Beschäftigung äußert, dann aber zeitversetzt auch die Arbeitsplatz- sicherheit und Einkommenssituation des Einzelnen verändert und damit Wanderungsströme und – wiederum zeitversetzt – das Investitionsvolumen im Wohnungsbau mitbestimmt.

Aus all diesen Einflussfaktoren lässt sich der Einfluss des demografischen Wandels, d.h. die zukünfti- ge Bevölkerungszusammensetzung, ebenso wie der zu erwartende Konjunkturverlauf und die Verlage- rung von Arbeitsmärkten zumindest in ihrer Richtung relativ gut vorhersagen. Schwieriger oder teil- weise auch unmöglich sind Prognosen bei den Größen, die durch eine (dauerhafte) Veränderung der individuellen Präferenzen zustande kommen, wie etwa über das zukünftige Haushaltsbildungsverhal- ten (weniger Familiengründungen, mehr Scheidungen?), die Wertschätzung eines ländlichen Wohn- umfeldes (Trend zurück in die Stadt?), die Bedeutung kleiner bezahlbarer Wohnungen (Vorlieben für Reihenhäuser versus freistehende Häuser auf großen Grundstücken?) oder auch neue Wohnbedürfnis- se der Generation 50+. Andere Rahmenbedingungen (Zuwanderung aus Krisengebieten oder wie in der Vergangenheit die Wiedervereinigung) sind gar nicht vorhersehbar.

Angesicht dieser Unsicherheiten kann es nicht die eine konkrete Prognose geben, sondern die Kom- munen müssen sich und ihre zukünftige Entwicklung innerhalb bestimmter Bandbreiten denken. Andererseits können Analysen helfen, zumindest die absehbaren Entwicklungen (Demografie, Ar- beitsmärkte, Konjunktur) darzustellen und über diese Kausalitäten die Bandbreite der möglichen Entwicklung einzugrenzen. Die Ergebnisse dieser Grundanalysen müssen dann Jahr für Jahr laufend an den tatsächlichen Gegebenheiten gespiegelt und der zu erwartende Entwicklungskorridor entspre- chend weitergeführt und angepasst werden. Eine laufende Wohnungsmarktbeobachtung ist erforder- lich, um jeweils auf dem aktuellsten Stand der Entwicklungen zu sein und entsprechend frühzeitig reagieren zu können.

Aus den vorliegenden Analysen (s.o.) ergeben sich unseres Erachtens vier Themenschwerpunkte, denen in den nächsten Jahren eine besondere Bedeutung im Oberbergischen Kreis zukommt: Dies ist

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -81 - empirica das Querschnittsthema „demografische Entwicklung“, das zum einen den demografischen Wandel, zum anderen aber auch die Unsicherheit über die zukünftigen Wanderungen beinhaltet. Für den Woh- nungsmarkt entscheidend sind die Auswirkungen auf die Neubaunachfrage (Baulandpolitik) und in der Folge die Frage nach einem möglichen Leerstandsrisiko von Bestandsimmobilien (Wohnungspo- litik). Hinzu kommen die möglichen Veränderungen durch eine neue Generation 50+ (zukünftige Wohnformen von Senioren). Auf diese vier Themenbereiche richten sich daher die folgenden Emp- fehlungen.

5.2 Die Demografische Entwicklung

5.2.1 Absehbare Folgen des demografischen Wandels zur Kenntnis nehmen

Auch wenn sich diese äußeren Rahmenbedingungen für den Oberbergischen Kreis derzeit ändern und die Folgen daraus auf die Bevölkerungsentwicklung und zukünftige Wohnungsnachfrage nur schwer abzuschätzen sind (s.u.), so gibt es doch auch Entwicklungen, über die weniger Unsicherheit herrscht: Der viel zitierte demografische Wandel etwa, der im Prinzip aus dem sehr ungleichen Altersaufbau der Bevölkerung und dessen Verschiebung in den nächsten Jahren resultiert, führt zu Veränderungen, die durchaus heute schon absehbar sind: Derzeit leben im Oberbergischen Kreis viele 40-45jährige und wenige 25-30jährige (vgl. Abbildung 42), in 30 Jahren werden die 70-75jährige der starke Jahrgang sein, denen dann nur relativ wenige 55-60jährige gegenüberstehen. Die Folgen für die Kommunen greifen in viele Bereiche.

Abbildung 42: Altersstruktur im Oberbergischen Kreis am 31.12.2005

30.000

20 bis 40 40 bis 60 über 80 unter 20 Jahre 60 bis 80 Jahre Jahre Jahre Jahre 25.000 EW 31.12.2005

20.000

15.000

10.000

5.000

0

5 r -10 -15 -20 -25 -30 35 -40 -45 50 -55 -60 -65 -70 -75 -80 -85 -90 hr te 5 0- 5- e 10 15 20 25 3 35 40 4 50 55 60 65 70 75 80 85 m un und 90 Quelle: LDS NRW (bis 2006). Eigene Setzung (ab 2007). Eigene Darstellung. empirica

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -82 - empirica 5.2.1.1 Wachsender Sterbeüberschuss: Potenzielle Eltern fehlen

Dass derzeit nur wenige 25- bis 35jährige im Oberbergischen Kreis leben, liegt an dem westdeutschen Geburtenrückgang in den 70er Jahren32. Diese „Delle“ nach den geburtenstarken 60er Jahren (vgl. Abbildung 42) zieht sich bis heute hin. Die Folge ist, dass es derzeit nur wenige potenzielle Eltern gibt. Schon die Babyboomer haben sich in den letzten Jahrzehnten im Oberbergischen Kreis nur zu drei Viertel selbst reproduziert („Buckel“ der heute 15jährigen ist niedriger als der der heute 40jährigen). Die heutige Elterngeneration verhält sich ähnlich, so dass die heutigen Geburtenzahlen je Frau so niedrig liegen wie niemals zuvor. Aus beiden Gründen könnten die Geburtenzahlen zukünftig weiter zurückgehen. Gleichzeitig werden die Jahrgänge, die ins Sterbealter kommen, immer stärker, so dass das Geburtendefizit in Zukunft beschleunigt wächst: Es wird immer mehr Sterbefälle und gleich- zeitig immer weniger Geburten geben. Das natürliche Bevölkerungssaldo wird auch langfristig (d.h. auch ohne Berücksichtigung des heutigen Altersaufbaus) negativ sein, solange nicht jede Frau (und jeder Mann) im Schnitt mindestens zwei Kinder auf die Welt bringt. Solange dies im Oberbergischen Kreis nicht der Fall ist, wird das natürliche Bevölkerungssaldo negativ sein, und allenfalls durch Zuwanderung kompensiert werden. Zuwanderer sind jung und verstärken die Elterngeneration. Häufig liegen auch die Geburtenziffern von Ausländern höher als die von Deutschen, so dass die Zuwande- rung von Ausländern das Geburtendefizit noch stärker reduziert.

Welche Auswirkungen haben die fehlenden Geburten auf das Zusammenleben in den Kommunen? Zunächst einmal kommt es zu einer Ausdünnung der Einwohnerdichte: Aus den Familienwohnungen der 70er Jahre sind die Kinder längst ausgezogen und haben die Eltern zu zweit bzw. einen Elternteil alleine in der (großen) Familienwohnung zurückgelassen. Dies wird mit den Wohnungen der heutigen Babyboomer auch passieren, wenn ihre Kinder etwa in den nächsten 10 Jahren ausziehen werden: Dort, wo diese Kindergeneration keinen Arbeitsplatz und/oder keine Wohnungen findet, werden sie fortziehen (müssen). Die Eltern bleiben allein zurück. Gleichzeitig werden in Zukunft in den Häusern und Wohnungen der jungen Generation statt eines Vier- und Mehrpersonenhaushalts immer häufiger nur ein Drei- und Zweipersonenhaushalt leben, weil Paare nur noch ein oder gar kein Kind mehr haben. Diese „Ausdünnung“ in den vorhandenen Wohnungsbeständen hat verschiedene Auswirkun- gen:

• Die Infrastruktur ist nicht mehr ausgelastet: Dies betrifft nicht nur Kindergärten und Schulen, die nicht mehr so viele Kinder haben werden wie bisher, sondern gilt auch für die technische Infrastruktur (Kanäle, Leitungen) sowie die privaten Angebote (Einzelhandel, Dienstleistun- gen), die sich für weniger Einwohner nicht mehr rentieren.

32 In ganz Westdeutschland kam es nach dem Geburtenboom der 60er Jahren („Babyboomer“-Generation) zu einem starken Rückgang der Geburtenzahlen, zum einen kriegsbedingt (fehlende Elterngeneration durch ausbleibende Geburten während des Krieges), zum anderen durch Einführung der Geburtenkontrolle („Pillenknick“).

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -83 - empirica • Einwohnerverlust bedeutet auch Kaufkraftverlust. Wenn weniger junge Menschen in die Kommunen kommen, fehlt es auch an zusätzlicher Kaufkraft, was sich negativ auf den örtli- chen Einzelhandel, die Geschäfte der örtlichen Handwerker und auch auf private Dienstleis- tungsanbieter (Gewerbe, Kunst- und Musikschule, ÖPNV) auswirkt.

• Gleichzeitig wächst der Bedarf an typischer seniorenorientierter Infrastruktur (Einkaufsdiens- te, Sportangebote, Haushaltshilfen), wobei sich die konkrete Nachfrage aber nach den (pri- vatwirtschaftlichen) Preisen bzw. der Finanzierbarkeit dieser Angebote richtet.

• Mit dem Einwohnerrückgang sinken – so sie nicht über Zuwanderung kompensiert werden – über die Schlüsselzuweisungen auch die Steuereinnahmen der Kommune. Die Möglichkeiten, in Zukunft mit öffentlichen Geldern die Belange der Stadtentwicklung zu steuern, werden immer geringer. Schon heute befinden sich einige Kommunen des Oberbergischen Kreises im Haushaltssicherungskonzept. Die politischen Einsflussmöglichkeiten werden schon allein durch diese Budgetbeschränkung immer weiter zurückgehen.

• Hinzu kommt, dass gerade die junge Bevölkerung in Zukunft fehlen wird, die ältere Bevölke- rung aber noch wächst. Damit fehlen in Zukunft die Aktiven, die Steuerzahler und die, die Bewegung und Innovation in eine Kommune bringen. Einige Dörfer werden überaltern und das öffentliche Leben wird sich damit verlangsamen und – im doppelten Sinne – ärmer wer- den. D.h., dass nicht nur die Zahl der Personen insgesamt, sondern zusätzlich auch die Zahl der jungen Menschen (Steuerzahler) Einfluss auf die Einnahmen der Stadt hat. Für den kom- munalen Haushalt bedeutet eine „Ausdünnung“ der Wohnungsbestände zum einen, dass die Einnahmen (über Schlüsselzuweisungen und Steueraufkommen) geringer sind und zum ande- ren, dass die Ausgaben (für altersbedingte Anpassungsmaßnahmen auf der Infrastrukturseite) anwachsen.

5.2.1.2 Wachsende Konkurrenz zwischen Regionen und Kommunen

Theoretisch könnte das Geburtendefizit durch eine verstärkte Zuwanderung kompensiert werden. Aber ist das in Zukunft realistisch? Wie beschrieben gilt der ungleiche Bevölkerungsaufbau so oder ähnlich für alle Regionen Westdeutschlands. D.h. im Kern haben alle Regionen Westdeutschlands mit den Auswirkungen des wachsenden Geburtendefizits zu kämpfen. Für alle Regionen würde Zuwanderung die negativen Folgen des demografischen Wandels abmildern.

Während bisher einige Kommunen eine zu starke Zuwanderung gar als Nachteil sahen, ändern sich heute die Intentionen: Einige Regionen und Kommunen werden selbst aktiv, um einen möglichst großen Anteil der potenziellen Zuwanderer an sich zu binden. Gerade junge Familien sind aufgrund ihrer Mobilität (Wohnungssuche), ihrer Wirtschaftskraft und ihrer Kinderzahl zur bevorzugten Ziel- gruppe geworden, um die Regionen und Kommunen immer stärker konkurrieren. Neben dem Aufbau und Erhalt von Arbeitsplätzen kommt einem attraktiven Wohnungsangebot eine wachsende strategi-

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -84 - empirica sche Bedeutung zu. Dabei bestimmt die relative Attraktivität der Arbeitsmärkte, welche Region als Gewinner und welche als Verlierer hervorgeht (z.B. Ruhrgebiet versus Rheinschiene). Innerhalb der Region bestimmt die relative Attraktivität der Wohnungsmärkte, welcher Kreis/welche Kommune den meisten Zuzug erreichen wird (z.B. Köln versus Lindlar). Innerhalb des Suchradius eines Haushalts (z.B. Pendlerentfernung zum Arbeitsplatz) wird dieser Haushalt das Wohnungsangebot wählen, das in Bezug auf Lage, Infrastruktur, Objekttyp, Wohnqualität und Preisvorstellungen seine ganz individuel- len Anforderungen optimiert. Steuerungsmöglichkeiten für die Kommunen bestehen nur insofern, als sie diese Faktoren, die in die individuelle Entscheidung mit einfließen, beeinflussen können:

• Darüber, in welchen Lagen, in welcher Größe, in welcher Ausrichtung und in welcher Parzel- lierung neue Baugebiete ausgewiesen werden (ggf. auch zu welchem Preis sie durch die Kommune verkauft werden), kann die Kommune im Prinzip autark entscheiden, jedenfalls soweit ggf. entsprechende Privateigentümer zum Verkauf der Flächen bereit sind.

• Darauf, welche Bestände (zum Kauf oder zur Miete) auf den Markt kommen, hat sie hingegen praktisch keinen Einfluss. Hier können allerdings Wohnumfeldverbesserungen, Verkehrs- und Infrastrukturangebote sowie Planungsrecht für Nachverdichtungen (z.B. Neubauwohnungen für junge Familien) und andere öffentliche Maßnahmen helfen, bestimmte Wohngebiete für zukünftige Bewohner attraktiv zu machen und damit die Vermarktung der Bestandsobjekte zu unterstützen.

Kreise und Kommunen, die sich diesem neuen Wettbewerb verschließen, und ihr Wohnungsangebot weder im Neubau noch im Bestand zu optimieren bereit sind, werden langfristig größere Nachteile aus dem demografischen Wandel ziehen als solche, denen durch ein attraktives Wohnungs- und Infra- strukturangebot die Anwerbung z.B. junger Familien besser gelingt (vgl. dazu Kap. 5.3.4.1 Zielgruppenorientierung ab S. 99).

5.2.2 Neue Unsicherheiten am Wohnungsmarkt akzeptieren und einkalkulieren

Unabhängig von diesen altersstrukturbedingten Veränderungen, die noch recht verlässlich vorherseh- bar sind, kommen zusätzlich neue Unsicherheiten ins Spiel, deren Folgen kaum abzugreifen sind.

5.2.2.1 Einflussfaktoren auf die zukünftigen Wanderungen

In der Vergangenheit wurden die Veränderungen durch den demografischen Wandel von einem per- manenten Bevölkerungswachstum überlagert, das „die Löcher füllte“ und damit stärkere Strukturan- passungen überflüssig machte. Für den Wohnungsmarkt bedeutete dies eine ständige Zunahme des Wohnungsbedarfs. Diese „einfachen“ Zeiten sind aber auch für den Oberbergischen Kreis vorbei: Das Wachstum der letzten Jahre kann auch für den Oberbergischen Kreis nicht ohne weiteres fortgeschrie- ben werden, wie folgende Überlegungen zeigen.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -85 - empirica § Der Oberbergische Kreis zählt nicht mehr zu den eindeutigen Wachstumsregionen. Ob lang- fristig noch Personen in den Kreis zuwandern werden, entscheidet nicht zuletzt die Lage der (neu entstehenden) Arbeitsplätze: Dem Abbau der Industriearbeitsplätze im Ruhrgebiet steht derzeit ein Aufbau der Dienstleistungsarbeitsplätze entlang der Rheinschiene gegenüber. Die Verlagerung der klassischen Arbeitsplatzstandorte zieht ein neues Wanderungsverhalten nach sich. Der Oberbergische Kreis profitiert noch von den günstigen Entwicklungen entlang der Rheinschiene, grenzt aber auch an das schrumpfende Ruhrgebiet an. Von beiden Teilregionen ist er weit genug entfernt, um sich – im positiven wie im negativen – abkoppeln zu können. Aber von wem genau er sich abkoppeln wird, ist ungewiss, zumal – ungünstig für den Ober- bergischen Kreis - die Entfernungen zum Arbeitsplatz in Zukunft eine größere Rolle spielen könnten.

§ Die Zunahme des Verkehrs macht pendeln schwieriger als noch in den 70er Jahren. Die Rheinbrücken entwickeln sich zum Nadelöhr und koppeln die rechtsrheinischen Wohnstand- orte vom linksrheinischen Wachstum (Köln) mehr und mehr ab. Gleichzeitig führen steigende Energiepreise (Bezinkosten) zu einer Neubewertung der Pendlerkosten: Nicht allein die Fahr- zeit, sondern zunehmend auch die Fahrkosten werden inzwischen bei der Wahl des Wohn- standorts auch bei der Langfristbetrachtung ins Kalkül genommen. Darüber, inwiefern der technische Fortschritt bald zu sparsameren Autos führt oder es wieder zu einem Rückgang der Energiepreise kommen wird, kann derzeit nur spekuliert werden.

§ Zusätzlich unterliegt das Haushaltsbildungsverhalten zur Zeit einer grundlegenden Änderung. Familiengründung ist nicht mehr für jeden ein Teil der Lebensplanung. Häufiger als früher fal- len Familien auch wieder auseinander. Und selbst die klassische Familie hat heute andere An- sprüche an den Wohnort als früher: Durch die häufige Berufstätigkeit beider Eltern steigt die Bedeutung der Nähe zu den Arbeitsplätzen. Teilzeitarbeitsplätze sind mit langen Pendlerzeiten nur schwer zu bewerkstelligen. Für Kinder und Jugendliche wird die Nähe zu Freizeitangebo- ten (z.B. Sport, Musik, Bibliothek, Kino) wieder wichtiger, weil weniger Zeit für Taxidienste der Eltern zur Verfügung steht.

§ Für den einzelnen Bauherrn im Oberbergischen Kreis führen diese Unsicherheiten dazu, dass er nicht mehr grundsätzlich mit einer dauerhaften Wertstabilität seiner Immobilie rechnen kann. Gerade im Hinblick auf die derzeitig verstärkten öffentlichen Appelle zum Aufbau einer eigenen Altersvorsorge in Form von Immobilien gewinnt dieser Aspekt der Wertstabilität beim Immobilienkauf aber eine wachsende Bedeutung. Standorte, die näher an Verkehrsach- sen, Arbeitsplätzen und Infrastruktur liegen wie etwa entlang der Rheinschiene, scheinen hier einen sichereren Werterhalt zu gewährleisten. Ob die derzeit von den Kommunen beklagte schwache Baulandnachfrage der letzten Jahre schon darauf zurückzuführen ist oder aber nur vorübergehender Natur ist, bleibt abzuwarten. Neben der schwachen Konjunktur dämpfte auch der Wegfall der Eigenheimzulage vorübergehend die Nachfrage, weil Vorzieheffekte zunächst

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -86 - empirica zu einer Sättigung führten. Folgen dieser kurzfristigen Effekte könnten sich in naher Zukunft aber auch wieder entspannen, so dass noch ungewiss ist, ob aus diesen Überlegungen heraus langfristig ggf. doch eher Standorte außerhalb des Oberbergischen Kreises eine bessere Rendi- te versprechen und daher für Bauherren schon heute attraktiver sind.

5.2.2.2 Unsicherheit über die Entwicklung der Wohnpräferenzen

Auch zu all den Faktoren, bei denen die individuellen Präferenzen bzw. ihre Veränderungen gegen- über den letzten Generationen eine Rolle spielen, sind verlässliche Prognosen fast unmöglich, weil ihnen (noch) die empirische Basis fehlt. Veränderungen, die sich heute schon abzeichnen:

§ Stand lange Zeit der „Traum vom lebenslangen Einfamilienhaus“ bei den meisten an erster Stelle, so hat sich die Vorliebe für diese Wohnform inzwischen sehr verändert und diversifi- ziert. Junge Familien denken inzwischen pragmatischer auch in „Zwischenlösungen“: Ein stadtnahes Reihenhaus hat Vorteile, solange die Kinder noch klein und das Geld noch knapp ist. Immer mehr entscheiden sich später für eine optimierte Wohnform: Die großzügige Dop- pelhaushälfte mit größerem Garten und schönerem Ausblick wird bevorzugt für die Zeit, nachdem die Kinder aus dem Haus sind und das Einkommen dies nun zulässt.

§ Zudem sind die jungen, familiär unabhängigen Berufseinsteiger heute länger mobil als früher, schieben den Zeitpunkt der Familiengründung nach hinten oder lassen ihn ganz fallen. Für sie ist nicht mehr das Eigenheim im Umland, sondern die städtische (Luxus-) Eigentumswohnung mit Flair und günstiger Lage die attraktivste Wohnform.

§ Vielleicht noch größere Veränderungen in den Wohnpräferenzen entstehen bei den zukünfti- gen Senioren, die allein zahlenmäßig schon eine größere Rolle spielen werden als jemals zu- vor (vlg. hierzu Kap. 5.5 Zukünftige Wohnformen für Senioren ab S. 124). Hinzu kommen die veränderten Familienbeziehungen: Während heute noch häufig die Kinder in der Nähe woh- nen, um sich – wenn auch nicht täglich, so doch zumindest bei Bedarf - um ihre Eltern küm- mern können, so wird die nächste Seniorengeneration (das sind die heute 40-50jährigen) zum Teil gar keine eigenen Kinder mehr haben oder aber Kinder, die – den Arbeitsmarktverschie- bungen folgend (s.o.) – häufiger weit entfernt wohnen. Dies wirft aus kommunaler Sicht Fra- gen auf: Wie werden die Wohnpräferenzen der wachsenden Zahl der Seniorenhaushalte in Zukunft aussehen? Wie viele werden ihre heutige Wohnung vorzeitig verlassen, um in den nächsten Kernort/die nächste Stadt zu ziehen und damit ggf. ihren heutigen Wohnort verlas- sen? Und wie viele der Haushalte mit Kindern werden nach ihrer Pensionierung den Kindern hinterher ziehen und damit den Oberbergischen Kreis ganz verlassen? Wie viele werden, wenn sie es sich finanziell leisten können, in andere Regionen Deutschlands ziehen wollen (ans Meer, in die Berge)? Wie viele werden in ihrer angestammten Wohnung wohnen bleiben wol-

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -87 - empirica len, aber werden Bestandsumbauten und zusätzliche Hilfsdienste benötigen? Und wie viele werden diese zwar benötigen, aber nicht selbst finanzieren können?

Gleichzeitig spielt natürlich auch das zukünftige Wohnungsangebot eine Rolle bei der Frage, wohin sich in Zukunft die Wohnungsnachfrage richten wird: Wie auch in der Vergangenheit schon, werden Kommunen mit einem attraktiven, präferenzgerechten Wohnungsangebot mehr Zuwanderer an sich binden können als andere Gemeinden. Tiefgreifende Veränderungen gegenüber dem Wohnungsange- bot in der Vergangenheit werden aber zusätzlich dadurch entstehen, dass mit dem nächsten Generati- onswechsel mehr gebrauchte Einfamilienhäuser auf den Markt kommen werden als jemals zuvor in Deutschland, weil die Bauherren und Bewohner der ersten großen Eigenheimbauwelle der 60er und 70er Jahre sterben oder ihre Häuser altersbedingt verlassen werden.

• Abzuwarten bleiben daher auch die Vermarktungschancen der freiwerdenden Bestandsimmo- bilie: Sind Lage, Sanierungszustand und Preisvorstellungen der Eigentümer für neue Einfami- lienhausnachfrager attraktiver als die Konkurrenzprodukte auf dem Neubaumarkt? Oder wird es neben den (durch Auszug oder Tod) leer fallenden Eigenheimen der älteren Generation zu- sätzlich Neubau auf der grünen Wiese geben? Gibt es in Zukunft wieder höhere Präferenzen für innenstadtnahe Lagen, und was passiert dann mit den ländlichen Dorfkernen? Wie hoch ist der Anteil der nachrückenden Generation, der auf jeden Fall in Neubauobjekte ziehen will, selbst wenn der Preisabstand zu (günstigen) Bestandswohnungen immer größer wird?

• Letztlich werden die Preise die relativen Attraktivitäten und das Verhältnis zwischen Wunsch und Wirklichkeit (bzw. zwischen Nachfrage und Angebot) widerspiegeln und dann ihrerseits ins Kalkül gezogen werden bei der Frage, ob man sich für das günstige gebrauchte Einfamili- enhaus in dörflicher Lage, ein Reihenhaus in einem Neubaugebiet auf grüner Wiese oder für die innenstadtnahe Geschosswohnung entscheidet – und damit letztlich auch darüber, ob das Wohnungsangebot im Oberbergischen Kreis (Bestand und Neubau) noch mit dem Wohnungs- angebot anderer Kreise der Region (z.B. Rheinisch-Bergischer Kreis oder Köln) konkurrieren kann.

All diese (neuen) Fragen beeinflussen die Anforderungen an das zukünftige Wohnungsangebot und somit auch die zukünftigen Wanderungsströme. Da die resultierenden Wanderungsströme kaum vorhersehbar sind, bleiben ihre Folgen auf die zukünftige Einwohnerzahl und die Altersstruktur in jedem Ort schwer abschätzbar. Angesichts dieser neuen Unsicherheiten sind Kommunen am besten aufgestellt, wenn sie für die ganze Bandbreite der möglichen Entwicklungen Strategien „in der Schub- lade“ haben. Für die Kommunen des Oberbergischen Kreises, dessen Zukunftspfad derzeit „auf der Kippe steht“, bedeutet dies in den Extremen, sowohl auf ein Wachstumsszenario (Zuwanderung – höhere Baulandnachfrage) als auch auf ein Schrumpfungsszenario (Abwanderung – wachsende Leer- stände) vorbereitet zu sein. Auch wenn diese Antwort unbefriedigend erscheint, lässt es sich nicht wegdiskutieren: Eine ganze Reihe – heute noch unsicherer – Faktoren werden in Zukunft mit darüber

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -88 - empirica entscheiden, welchen Entwicklungspfad der Oberbergische Kreis nehmen wird. Die Einflussmöglich- keiten der Kommunen selbst liegen darin, mit einer Unterstützung der Wirtschaftsentwicklung und der Entwicklung eines attraktiven Wohnangebots für bestmögliche Rahmenbedingungen zu sorgen. Die tatsächliche Entwicklung wird irgendwo zwischen den dargestellten Extremen liegen und daher ist eine permanente genaue Wohnungsmarktbeobachtung erforderlich, um die richtige „Strategiemi- schung“ zwischen Baulandpolitik und Wohnungspolitik – für jede Kommune und auch auf Kreis- ebene – immer wieder neu zu justieren.

5.3 Strategien der Baulandpolitik

Die Notwendigkeit zur Baulandpolitik in jeder Kommune entsteht dadurch, dass Bauland nur durch die Kommunen bereitgestellt werden kann. Immer wieder stehen Kommunen daher vor den Fragen: Wie viel Bauland sollen wir ausweisen (Menge)? Welche Qualitätskriterien streben wir an (Lage, Größe, Erschließung, Einheitlichkeit) und wie können wir sie durchsetzen (Instrumente)?

5.3.1 Baulandverknappung vermeiden

In wachsenden Regionen und in Expansionsphasen reicht es zur Abschätzung des Neubaubedarfs meist aus, das Ausmaß der zusätzlichen Nachfrage abzugreifen. In solchen Wachstumsszenarien wird implizit unterstellt, dass alle (durch Umzüge oder Todesfälle) im Bestand freiwerdenden Wohnungen auch wieder besetzt werden, dass es also keinen Leerstand in den Beständen gibt, eben weil die Nach- frage groß genug ist, um sich auf alle Segmente (Neubau/Bestand, Einfamilienhäu- ser/Geschosswohnungen) auszudehnen.

Auch der Oberbergische Kreis hat solche Wachstumsphasen erlebt (vgl. Abbildung 10, S. 17). In dieser Zeit sind größere Baugebiete entstanden, die schnell und erfolgreich vermarktet wurden, ohne dass es zu Leerständen in den Beständen kam. Für die Zukunft kann von einem solchen Wachstums- pfad nicht mehr sicher ausgegangen werden. Die Unsicherheit der Langfristperspektive wirft ihre Schatten voraus, weil sie in den Köpfen der heutigen Investoren am Wohnungsmarkt (private und professionelle) bereits vorhanden ist und sich damit bei jeder Kaufentscheidung schon heute die Frage nach der langfristigen Werterhaltung stellt. Die Gewissheit, bei Immobilienanlagen auf jeden Fall steigende Preise und damit Wertzuwächse im Laufe der Zeit zu erzielen, gibt es heute nicht mehr.

Wenn der Nachfragedruck aber nicht mehr ausreicht, um alle Bestände sofort weiter vermarkten zu können, dann kommen mehrere, in verschiedene Richtungen wirkende Effekte zusammen, deren Resultat schwieriger abzuschätzen ist, weil es davon abhängt, welcher Effekt schließlich der stärkere sein wird. Neben der reinen Quantität der Nachfrage (Wie viele Haushalte suchen eine Wohnung?) wird auch die Qualität der Nachfrage (Was genau suchen diese Haushalte, z.B. hinsichtlich Preis, Lage, Baualter, Bauform?) immer bedeutender, wie auch die Frage: „Wie passen diese Nachfragean- forderungen an die Qualität zur Qualität des jeweils aktuellen Angebots am Markt?“. Dadurch, dass

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -89 - empirica die nachfragenden Haushalte einem relativ großen Angebot gegenüberstehen, sind ihre Auswahlmög- lichkeiten größer. Neubauobjekte konkurrieren mit Bestandsobjekten, Kommunen konkurrieren mit ihren Nachbarkommunen: „Gewinner“ sind die Kommunen, deren Wohnungsangebot (hinsichtlich Lage, Preisen, Haus- und Grundstücksgrößen, Grundrissen usw.) am ehesten den Bedürfnissen der Nachfrager entspricht. Die Fragestellungen sind daher deutlich vielschichtiger als auf einem reinen Wachstumsmarkt.

Die Bewegungen und Umsätze auf dem Wohnungsmarkt (Flussgrößen) werden von mehr Faktoren beeinflusst als ein einfacher Bestandsgrößenvergleich, wie folgende Beispielrechnung verdeutlicht: Nach dem Mikrozensus gibt es im Oberbergischen Kreis im Jahr 2006 gut 40.000 Haushalte, deren Bezugsperson über 65 Jahre alt ist. Geht man davon aus, dass diese rund 40.000 Haushalte im Schnitt innerhalb der nächsten 20 Jahre ihre derzeitige Wohnung aufgeben (müssen), dann bedeutet dies, dass allein aus diesem Generationswechsel heraus im Oberbergischen Kreis in den nächsten 20 Jahren etwa 40.000 Wohnungen auf den Markt kommen werden. Aus den Szenarien33 und unter Berücksichtigung der Flussgrößen aller 5-Jahres-Altersgruppen ergibt sich, dass bis 2025 davon 25.000 Wohnungen in gebrauchten Ein- und Zweifamilienhäusern liegen werden. Diesen frei werdenden Bestandswohnun- gen/Häusern stehen im Wachstumsszenario (d.h. bei Zuwanderung) etwa 34.000 „Neu-Nachfrager“ nach Einfamilienhäuser gegenüber, im Schrumpfungsszenario (d.h. bei Abwanderung) aber nur noch etwa 20.000. Aus diesen Zahlen wird die Brisanz zweier Themen deutlich:

• Im Wachstumsszenario kommt es zu einem Neubaubedarf von Wohnungen, weil (auch bei ei- ner konstanten Einwohnerentwicklung gemäß der LDS-Prognose) die Zahl der Haushalte ge- genüber heute noch steigen wird (um rd. +13.000, vgl. Abbildung 29, S. 63). Die aktuellen Baulandplanungen aller Kommunen im Oberbergischen Kreis reichen derzeit aber noch längst nicht aus, um eine solche Baulandnachfrage (wie sie sich aus einer Bevölkerungsentwicklung gemäß der LDS-Prognose ergibt) zu bedienen. Stattdessen wird es in diesem Fall zu einer Baulandknappheit in den Kommunen kommen. Baulandverknappung aber führt zu einer Verdrängung potenzieller Käufer und Bauherren in andere Kommunen/Regionen und verhin- dert damit eine – eigentlich angestrebte – Stabilisierung der Einwohnerzahlen (Hemmnis für Wachstumsszenario). Das Problem einer Baulandknappheit trotz vorhandener Nachfrage wäre ein selbst gemachtes und sollte daher auf jeden Fall vermieden werden.

• Im Falle einer dauerhaften Abwanderung aus dem Oberbergischen Kreis (Schrumpfungssze- nario) werden mindestens 5.000 Wohnungen in EZFH schlichtweg nicht mehr benötigt, weil die Zahl der Haushalte sinken wird. Dann kommt es – erstmals – zu strukturellen Leerstän- den auch in Ein- und Zweifamilienhäusern. Häuser in unattraktiven Lagen und/oder minder-

33 Unterstellt werden hier wie in den Szenarien die altersspezifischen Ein- und Zweifamiliehausquoten für Gemeinden der Größenordnun- gen wie im Oberbergischen Kreis (berechnet aus der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe - EVS).

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -90 - empirica wertiger Qualitäten (z.B. hohe Instandhaltungskosten/hohe Betriebskosten) werden zuerst leer fallen. (vgl. dazu Kap. 5.4 ab S. 106).

• Darüber hinaus ist ungewiss, ob die „Neu-Nachfrager“ wirklich in die frei werdenden Bestän- de ziehen. Diese Ungewissheit gilt auch für das Wachstumsszenario: Wenn sich von den 34.000 Neu-Nachfragern weniger als 25.000 für Bestandshäuser entscheiden und lieber neu bauen, wird es selbst unter stabilen Verhältnissen (a) zu einem höheren Neubauvolumen kommen, als eigentlich zahlenmäßig „nötig“ wäre, und (b) gleichzeitig an anderer Stelle der Leerstand umso höher ausfallen, weil die Bestandswohnungen keine Abnehmer mehr finden.34 Es kommt dann zusätzlich zu qualitätsbedingten Leerständen in Ein- und Zweifamilienhäu- sern.

Aber selbst für den Fall, dass das Leerstandsrisiko steigt, wäre es keine Lösung, gar kein Bauland mehr auszuweisen. Dies würde eine Starre auf dem Wohnungsmarkt hervorrufen, die letztlich poten- zielle Wohnungssuchende bzw. Umzugswillige aus der Region vertreiben würde, weil die Flexibilität und Angebotsvielfalt dramatisch sinken würde. Aber auch aus wohlfahrtsoptimierenden Überlegungen heraus kann (selbst zu dem Preis wachsender Leerstände an anderer Stelle) Neubau sinnvoll sein: Hohe Energiestandards etwa sind im Neubau selbstverständlich, entsprechende Umbaumaßnahmen in den Beständen hingegen oft nur unter hohen Kosten zu erreichen. Die neuen Standards, die Neubauob- jekte setzen, motivieren auch die Eigentümer von Gebrauchtimmobilien dazu, sich durch Modernisie- rungsmaßnahmen am Markt zu behaupten. Dies führt (zumindest dort, wo es eine entsprechende Rendite verspricht) zu privat finanzierten Qualitätsverbesserungen in den Beständen, die nicht nur den Bewohnern, sondern auch der Stadtentwicklung der Kommune zugute kommt. Nicht zuletzt durch seinen positiven Einfluss auf die Wirtschaftsentwicklung (Bauwirtschaft) trägt der Wohnungsneubau – im Gegensatz zu einem starren Wohnungsmarkt – in mehrfacher Hinsicht zur Stadterneuerung bei.

Damit besteht also nicht nur im Wachstumsszenario das Risiko einer Baulandknappheit, sondern selbst im Schrumpfungsszenario: Auch wenn es zu Leerständen in den Beständen kommen sollte, ist es erforderlich, gleichzeitig Bauland für die Mindestneubautätigkeit bereitzustellen. Darauf sind die Kommunen derzeit aber weder praktisch noch „mental“ vorbereitet. Vielmehr führte die momentane - zumindest teilweise - nur konjunkturell begründete Nachfrageschwäche zu einer wachsenden Unsi- cherheit in den Planungsämtern. Solange sich die Nachfrage nicht bereits spürbar verändert, schrecken die meisten Kommunen im Oberbergischen Kreis derzeit vor weiteren Ausweisungen zurück. Würde die Nachfrage aber wieder „spürbar“ anziehen, wäre es für lange Entwicklungsphasen bereits zu spät: Die suchenden Bauherren hätten keine Zeit, darauf zu warten, bis politische Debatten abgeschlossen und die planerische Umsetzung (Flächennutzungspläne geändert, Bebauungspläne aktualisiert, rechtli- che Rahmenbedingungen, z.B. Zwischenerwerb) erfolgt ist. Kommunen, auch wenn sie nicht im

34 In den Szenarien wird unterstellt, dass 20% aller Neu-Nachfrager von EZFH auf jeden Fall Neubau nachfragen, die übrigen 80% nach Möglichkeit zunächst die frei werdenden Bestände beziehen.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -91 - empirica Oberbergischen Kreis liegen, die aber sofort Grundstücke anbieten können, haben dann einen eindeu- tigen Wettbewerbsvorteil und gute Chancen, die potenziellen Zuwanderer – vor allem die, die auf jeden Fall Neubau wollen – für sich zu gewinnen.

Die Folgen für die „hinterher hinkende“ Kommune liegen auf der Hand: Die Einwohnerzahl bleibt hinter ihrem Potenzial zurück. Dörfer dünnen aus (Abwanderung ohne Zuzug), Infrastruktur ist nicht mehr ausgelastet und die Kaufkraft sinkt, Geschäfte müssen schließen und die Bevölkerung im Woh- nungsbestand überaltert. Wenn es aufgrund der Baulandknappheit zu steigenden Neubaupreisen kommt, drückt dies zudem auch die Preise für Bestandswohnungen nach oben und macht die Kommu- ne gerade für junge – meist noch finanzschwache – Haushalte weniger attraktiv. Die Wertsteigerungen für (alte) Immobilienbesitzer gehen zu Lasten der (jungen) Kaufinteressenten. Dieser künstliche „Konkurrenzschutz“ führt zu einem Generationenkonflikt, der nur über ausreichend und preisgünstige Neubauflächen verhindert werden kann. Außerdem sind die Qualitäten im Wohnungsangebot auch von Neubauobjekten abhängig: Nur wenn es eine ausreichende „Auswahl“ an verschiedenen Bauge- bieten gibt, ist auch „für jeden etwas dabei“ und eine Flexibilitätsreserve gewährleistet.

Der Grund, der Kommunen derzeit dennoch davon abhält, „auf gut Glück“ Bauland auszuweisen, hat häufig mit dem vermeintlichen Risiko zu tun, auf Erschließungskosten sitzen zu bleiben. Niemand will Investitionsruinen. Aber ist dieses Risiko wirklich so groß?

Zunächst einmal müssen kurzfristige Effekte von langfristigen unterschieden werden:

• Die Konjunkturzyklen spielen bei der Investitionsnachfrage eine große Rolle, So auch bei Wohnungsbauinvestitionen. Sie zu kennen, versachlicht die Diskussion. Abbildung 43 zeigt den zeitlichen Zusammenhang von Wirtschaftswachstum und Wanderungssalden, hier am Beispiel der Region Bonn/Rhein-Sieg: Die Konjunktur – dargestellt durch das Wirtschafts- wachstum (grüne Linie) – schwankt. Nach jedem Konjunkturhoch (1994, 2000) folgte um et- wa 1,5 bis 2 Jahre versetzt (vgl. gepunktete Linie) ein höherer Zuzug in die Region (1996, 2001 vgl. blaue Säulen).

Die Gründe für diese Zeitverzögerung liegen auf der Hand: Erst ein längeres Wirtschafts- wachstum führt in Unternehmen dazu, neue Mitarbeiter einzustellen. Diese beginnen ihre neue Stelle, ziehen aber zunächst (etwa bis zum Ende ihrer Probezeit) nur in eine provisorische Wohnung. Erst später suchen sie eine dauerhafte Wohnung (in Pendlerentfernung) und lassen auch ihre Familien hierher kommen: Die Zuwanderung steigt.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -92 - empirica Abbildung 43: Zeitlicher Zusammenhang von Wirtschaftswachstum* und Wanderungssalden am Beispiel der Region Bonn/Rhein-Sieg – 1995 bis 2007

25.000 5% *2007 - Gesamtsaldo (Datenquelle: GKD, Stadt Bonn)

4% % 20.000 n i ) P I s B ( e 3% d s

t

15.000 k en u ung d r on o s

2% e r r p e nd s P 10.000 ä r nd e a l 1% V n i o t t u

5.000 r 0% B

0 -1% 199519961997199819992000200120022003200420052006200720082009

Geburtenüberschuss Überschuss der Zuzüge

Wirtschaftswachstum Wirtschaftswachstum (2 Jahre versetzt) * Wirtschaftswachstum hier gemessen als jährliche Veränderung des Bruttoinlandsprodukts in Deutschland. Quelle: Statistisches Bundesamt, LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

• Aus diesem Zusammenhang folgt, dass man aus dem heutigen Wirtschaftswachstum gewisse Rückschlüsse auf die Zuwanderung in 1,5 bis 2 Jahren ziehen kann: Entsprechend des Kon- junkturverlaufs zwischen 2004 und 2006 würde man (vgl. Abbildung 43 für die Region Bonn/Rhein-Sieg) erwarten, dass die Zuwanderung in 2008 höher ausfällt als in 2006. Natür- lich darf man das Wirtschaftswachstum nicht als einzigen Grund für Wanderungen überinter- pretieren, aber zumindest induziert es Wellen, auf die man vorbereitet sein sollte.

• Zusätzlich ist auch die Einkommenssituation konjunkturabhängig: Die steigende Wirtschafts- leistung zwischen 2004 und 2006 wirkt sich erst jetzt in 2007/2008 auf höhere Lohnabschlüs- se aus. Noch immer ist das Zinsniveau relativ niedrig und die Baukosten stabil. Es ist damit zu rechnen, dass bald auch wieder die langfristige Ausgabenbereitschaft der privaten Haushalte im Immobilienbereich (Hauskauf) steigt.

• Ein in Rezessionszeiten verknapptes Baulandangebot – wie es die Folge der derzeitigen Bau- landpolitik ist – verstärkt die Folgen des Konjunkturzyklus, weil die Baulandpreise künstlich hoch gehalten werden, es also selbst den (wenigen) Bauherren noch schwer gemacht wird, die trotz Rezession Häuser bauen würden, aber jetzt davon absehen. Damit wirkt diese Politik prozyklisch. Auch aus diesem Grund wäre es besser, zu jedem Zeitpunkt ein großes, differen- ziertes Angebot bereit zu halten, um diesen Verstärkungseffekten keine Chance zu geben.

• Kurzfristige Störungen und Einmaleffekte: Auch Effekte wie der Wegfall der Eigenheimzula- ge, die Erhöhung der Mehrwertsteuer und Zukunftssorgen etwa aufgrund einer neuen (nur vo- rübergehenden?) Klimaschutzdebatte – all das sind Einflüsse, die ebenfalls die momentane

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -93 - empirica Wohnungsnachfrage bremsen, die aber nicht zwangsläufig mit einem dauerhaften Nachfrage- rückgang verwechselt und damit überinterpretiert werden dürfen.

Die oben vorgestellten Szenarien ignorieren daher bewusst alle kurzfristigen Schwankungen und konzentrieren sich auf den möglichen langfristigen Trend. Hinsichtlich des zukünftigen Baulandbe- darfs zeigen sie, dass die derzeitigen Baulandplanungen gerade den Brutto-Baulandbedarf für das Schrumpfungsszenario (mit langfristiger Abwanderung) abdecken würden.35 Um aber eine stabile Einwohnerentwicklung zu erreichen, wie sie in der LDS-Bevölkerungsprognose für den Oberbergi- schen Kreis erwartet wird, und die ja wegen der zu erwartenden Haushaltsverkleinerungen mit wach- senden Haushaltszahlen einhergehen muss, wäre ein Baulandbedarf erforderlich, auf den die Kommu- nen bisher noch in keiner Weise vorbereitet sind. Im Gegenteil:

Um die Bevölkerungsprognose des LDS realisieren zu können36, müssen die Kommunen – verteilt über die nächsten 20 Jahre – im

• Teilraum Nord noch zusätzlich Bauland für rd. 1.600 WE in EZFH und rd. 800 WE in MFH,

• Teilraum Mitte noch zusätzlich Bauland für rd. 3.800 WE in EZFH und rd. 2.200 WE in MFH,

• Teilraum Süd noch zusätzlich Bauland für rd. 2.700 WE in EZFH und rd. 1.400 WE in MFH bereitstellen.37

Die zukünftig geplanten Baugebiete im Teilraum Nord konzentrieren sich derzeit auf die Kernstädte Radevormwald und Hückeswagen (siehe Karte 10, S. 48). Eine gleichmäßigere Verteilung auf die Kommunen wäre gegeben, wenn auch Wipperfürth vermehrt Bauland ausweisen würde, um ebenfalls der Nachfrage im Wachstumsszenario gewachsen zu sein. Da die jetzigen Planungen überwiegend große Baugebiete vorsehen, könnte man zur Diversifizierung weitere Baulandausweisungen eher auf kleinere Baugebiete konzentrieren. Im Teilraum Mitte ist insbesondere die Kreisstadt Gummersbach mit zahlreichen neuen Baugebieten in unterschiedlichen Größen und Lagequalitäten auf ein Wachs- tumsszenario eingestellt. Für Bergneustadt und Reichshof könnte es sich anbieten, statt jeweils einem sehr großen Baugebiet von 400 bzw. 500 WE lieber zwei bis drei mittelgroße Baugebiete zu entwi- ckeln, um auch bei ggf. geringerer Nachfrage keine Fehlinvestitionen in der Erschließung zu riskieren. Um den Bedarf an Wohnungen insgesamt im Teilraum Mitte zu decken, könnten vor allem die Ge- meinden Engelskirchen und Wiehl noch zusätzlich Baugebiete ausweisen. Im Teilraum Süd fehlen

35 Vgl. dazu Abbildung 35 für den Teilraum Mitte, Abbildung 38 für den Teilraum Nord und Abbildung 41 für den Teilraum Süd. Im Teilraum Süd fehlt überhaupt ein Angebot für Geschosswohnungsbau. 36 Und unter den in den Szenarien unterstellten Wanderungsannahmen zwischen den Teilräumen (dauerhafte Abwanderung vom Teilraum Mitte in den Teilraum Süd). 37 Selbst wenn sich aufgrund neuer Präferenzen (z.B. der jungen Senioren, vgl. Kap. 5.5 Zukünftige Wohnformen für Senioren) die Aufteilung der benötigten Wohneinheiten zwischen EZFH und MFH anders ausfallen würde, als hier dargestellt, würde sich an der An- zahl der benötigten Wohnungen nichts ändern.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -94 - empirica langfristig (im Wachstumsszenario) rd. 4.000 Wohnungen. In Nümbrecht sind im Vergleich zu den beiden anderen südlichen Kommunen bisher nur sehr wenige neue Baugebiete geplant, allerdings sind in aktuellen Baugebieten noch 183 Grundstücke realisierbar. Um den ländlichen Charakter des Teil- raums auch weiterhin zu erhalten und sich dadurch auch gegenüber anderen Gemeinden abzusetzen, könnten die zukünftigen Baulandflächen eher als kleinere Baugebiete in die Nachbarbebauung integ- riert werden.

Schon aus diesen Empfehlungen wird deutlich, dass zur Bestimmung der optimalen Lage, Größe und Ausdifferenzierung weiterer Baugebiete genaue Einzellfalluntersuchungen aller potenzieller Standorte (etwa hinsichtlich Infrastrukturauslastung, Verkehrsanbindung, Hanglage, Erschließungskosten usw.) erforderlich sind, um für diese dann sinnvolle Prioritäten bestimmen zu können: Eine Festlegung auf eine Reihenfolge der nächsten Entwicklungsschritte – in Abhängigkeit von der herrschenden Nachfra- ge – sollte im Rahmen eines Kreisentwicklungskonzepts abgestimmt werden.

Angesichts der diskutierten Unsicherheiten über die Zukunftsentwicklung sollte das Wachstumsszena- rio immer als obere Grenze der zukünftigen Entwicklung im Auge behalten und angestrebt werden. Selbst bei schwacher Nachfrage kann es eine sinnvolle Strategie des Kreises sein, sich mit einer offen- siven Baulandpolitik, die ganz bewusst mehr anbietet, als eigentlich gerade gebraucht wird, als attrak- tiver, vielseitiger Wohnstandort zu positionieren und so potenzielle Wohnungssuchende (oder auch potenzielle Abwanderer) dauerhaft an sich zu binden. Nebenbei würde ein solch antizyklisches Ange- bot auch konjunkturbedingte Rückgänge dämpfen. Dabei sollte das Angebot zeitlich so gestaffelt sein, dass es immer leicht über der sich abzeichnenden Nachfrage liegt und jederzeit kurzfristig auf das Niveau des Wachstumsszenarios ausgeweitet werden kann.

Diese Überlegungen führen – neben der Aufforderung, ausreichend Bauland anzubieten - zu weite- ren Handlungsfeldern, die in den folgenden Kapiteln näher beschrieben werden:

• Mit Hilfe einer ständigen und standardisierten Wohnungsmarktbeobachtung (Monitoring) kann Transparenz über die aktuellen Entwicklungen am Wohnungsmarkt geschaffen werden.

• Die Lagequalitäten potenzieller Standorte müssen mit den Anforderungen der Nachfrager verglichen werden. Baulandausweisungen sollten auf attraktive Lagen konzentriert werden.

• Wohnwünsche der unterschiedlichen Nachfragergruppen ernst nehmen und Angebote in hoher Vielfalt anbieten, auch in Kooperation mit der Bau- und Wohnungswirtschaft.

• Und schließlich zur Umsetzung: Finanzierung, Gewährleistung der Realisierung und Einfluss auf Qualitätsansprüche durch eine konsequente Zwischenerwerbspolitik ermöglichen. Dabei flexibel bleiben: Nachfragegerechte Ausweisung von Bauland durch Bauabschnitte innerhalb größerer Baugebiete und weitere Baugebiete „im Schlauch“, die schon vorbereitet sind und zeitnah an den Markt gebracht werden können.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -95 - empirica • Festlegung dieser Handlungsfelder und ihrer Ausgestaltung im Rahmen eines Kreisentwick- lungskonzeptes. Darin auch Prioritäten im Hinblick auf die Bauflächenentwicklung einerseits und die Bestandssicherung andererseits.

5.3.2 Regionale Wohnungsmarktbeobachtung aufbauen

Die vorliegenden Prognosen sind mit hohen Unsicherheiten behaftet. Zwar gibt es wie dargestellt einige stabile Trends in der regionalen Wirtschaftsentwicklung und in der Bevölkerungsentwicklung, aber diese werden von einer Vielzahl anderer Faktoren überlagert. Die Szenarien bieten zwar einen Orientierungsrahmen, aber ihre Bandbreite ist so groß, dass ein ständiger Abgleich mit der tatsächli- chen Marktentwicklung unverzichtbar ist, um Nachsteuerungsbedarf und Anpassungsstrategien sicht- bar zu machen.

Eine Wohnungsmarktbeobachtung erkennt frühzeitig kleinräumige Tendenzen (Leerstände, Preisrück- gänge etc.) und bildet die Basis für zukünftige Entscheidungen. Für die zukünftigen Planungen ist es dabei besonders wichtig, mithilfe des Monitorings herauszufinden, welche genauen Wohngebiete im Oberbergischen Kreis von einem schleichenden Attraktivitätsverfall betroffen sind. Eine Wohnungs- marktbeobachtung sollte also zeitnah folgende Fragen beantworten:

• Welche Bestandsgebäude am Markt werden nicht akzeptiert und langfristig verlassen (Lage, Preis, Qualität)? Kommt es zu einer Konzentration von Problemlagen? Welche Rahmenbedin- gungen verstärken die Probleme?

• Welche Bestände sind im Oberbergischen Kreis in welchen typischen Lagen zu finden? Sind diese Lagen qualitativ hochwertiger als die Lagen der aktuellen und zukünftig geplanten Neu- baugebiete? Gibt es Unterschiede zwischen den Teilräumen?

• Wann (in welchen Zeiträumen) kommen die meisten Bestände auf den Markt?

• Welche Bestandswohnungen genügen den Ansprüchen einer alternden Bewohnerschaft? Und welche genügen den Ansprüchen neuer Nachfrager? Welche Bestandstypen können somit neue Nutzer gewinnen? Welche werden verlieren? Welche Anpassungen müssen in den Be- ständen vorgenommen werden, um sie dauerhaft am Markt platzieren zu können?

Der Aufbau einer regionalen Wohnungsmarktbeobachtung schafft die nötige Transparenz und Investi- tionssicherheit sowohl für die Politik als auch für die Bauwirtschaft und Investoren. Im Rahmen einer regionalen Wohnungsmarktbeobachtung können kontinuierlich wichtige Indikatoren der Wohnungs- marktentwicklung aufbereitet werden, so dass Trends, Trendwenden und Entwicklungspfade frühzei- tig erkannt und diskutiert werden können. Eine Wohnungsmarktberichterstattung sollte folgende Bausteine enthalten:

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -96 - empirica • Eckdaten zur Nachfrage (Bevölkerungs- und Haushaltszahlen, Wanderungsströme) und An- gebotsentwicklung (Bautätigkeit in den einzelnen Segmenten: Objekttypen, Größe, Baualter etc.) für die Region und die einzelnen Gemeinden; Vergleich der tatsächlichen Entwicklung mit den vorliegenden Prognosen/Szenarien, um entsprechende Abweichungen sichtbar zu ma- chen und daraus Richtungskorrekturen ableiten zu können.

• Preisstrukturen und Preisentwicklung in den einzelnen Segmenten des Wohnungsmarktes und den einzelnen Teilräumen der Region. Hierbei kann ein standardisierter Jahresbericht mit vertiefenden Analysen einzelner Marktsegmente kombiniert werden (z.B. vertiefte Darstellung des Mietwohnungsmarktes oder des Einfamilienhausmarktes).

• Ertragreich ist es in diesem Zusammenhang auch, erfolgreiche Projekte der Region oder ver- gleichbarer Regionen vorzustellen. Dabei können konkrete Vermarktungserfolge im Woh- nungsbau (z.B. bezüglich innovativer Bauformen, nachfragegerechter Qualitätsausrichtung usw.), erfolgreiche kommunale Strategien der Baulandentwicklung und Flächenaktivierung sowie attraktive Bestandssanierungen vorgestellt werden.

• Weitere wichtige Hinweise liefert eine Evaluation der vermarkteten oder aktuell in der Ver- marktung befindlichen Baugebiete (sowohl Baugebiete, die die Kommune selbst oder eine städtische Entwicklungsgesellschaft vermarktet als auch Baugebiete, die durch Erschließungs- / Bauträger vermarktet werden). Welche Grundstück sind zuerst verkauft worden (Lage, Grö- ßen, Zuschnitte)? Welche Nachfragergruppen (Familien, ältere Paare, etc.) haben welche Grundstücke gekauft? Diese Erfahrungen sollten anschließend bei der Erschließung weiterer Baugebiete mit einfließen.

Der Wohnungsmarktbericht sollte auch dazu genutzt werden, die einzelnen Wohnungsmarktakteure stärker miteinander zu vernetzen. Die Stadt Dortmund ist Vorreiter beim Aufbau einer kommunalen Wohnungsmarktbeobachtung, deren Marktberichterstellung systematisch dazu genutzt wird, die unterschiedlichen Akteure miteinander ins Gespräch zu bringen. Ausgehend vom Erfolg dieser Vorge- hensweise bauen derzeit viele Städte eine Wohnungsmarktberichterstattung auf.

5.3.3 Anforderungen an die Lagequalität neuer Baugebiete kennen und umsetzen

Neben dem Preis sind die Lagequalität und die Größe der Baugebiete Kriterien der Kaufentscheidung. Die Nähe zu Infrastruktureinrichtungen sowie eine gute Verkehrsanbindung (mit Pkw und ÖPNV) werden auch im Hinblick auf die Zunahme der älteren Bewohner/Nachfrager zukünftig an Bedeutung gewinnen. Langfristig sollte es eine Absprache zwischen den einzelnen Kommunen über die Aus- weisung neuer Baugebiete geben. Vorrangig sollten Neubaugebiete zuerst in den attraktivsten Lagen des Oberbergischen Kreises entwickelt werden. Dies sind folgende:

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -97 - empirica • Städtische Quartiere: Die nachrückenden Generationen sowie die zunehmende Zahl älterer Haushalte werden verstärkt Wohnraum in Innenstädten nachfragen. Hier wird es in Zukunft darauf ankommen, gezielt Umstrukturierungspotenziale und Reserven zu mobilisieren (wie dies derzeit in Gummersbach am Steinmüller- und Ackermanngelände geschieht). In städtisch geprägten Lagen können kostengünstige Häuser auch an problematischen Standorten realisiert werden, um jüngeren Haushalten mit geringeren Einkommen ebenfalls eine Wohneigentums- bildung zu ermöglichen.

• Einfamilienhausbau in Stadtrandlagen: Entwicklung von familien- und seniorenfreundli- chen Standorten mit fußläufiger Entfernung zu Versorgungseinrichtungen für den täglichen Bedarf und Kinderbetreuungseinrichtungen sowie einer verkehrsgünstigen Lage. Eine größere Entfernung zur Innenstadt kann durch wichtige Infrastruktureinrichtungen in der Nähe oder eine entsprechend gute Verkehrsanbindung kompensiert werden. Als weiterer Standortvorteil zählt insbesondere eine attraktive Landschaftsorientierung (Nähe zu Waldgebieten, Fuß- und Radwanderwegen) mit schönen Sichtbeziehungen und leichten Südhanglagen. Dies können größere Baugebiete in Stadtrandlagen sein, aber auch kleinere Bauflächen in gewachsenen Nachbarschaften abseits von stark frequentierten Durchfahrtsstraßen. Vielfach stoßen zu große Baugebiete auf Vorbehalte oder gar Ablehnung, weil die zukünftige Qualität nur schwer beur- teilt werden kann und die Angst, zu lange auf einer Baustelle leben zu müssen, vorherrscht (Realisierung in mehreren Bauabschnitten unabdingbar!). Die besten Vermarktungsquoten er- reichen im Oberbergischen Kreis Baugebiete mit einer Größe zwischen 25 und 120 Wohnein- heiten. Bei größeren Baugebieten sollte die Chance genutzt werden, ein eigenes Umfeld zu schaffen. Dies ist beispielsweise in Wipperfürth im Felderhofer Kamp geschehen (184 WE).

• Ergänzungsstandorte in Dörfern: Als Ergänzungsflächen für den Eigenbedarf der einheimi- schen Bevölkerung (Kinder, die nach der Ausbildungsphase zurückkehren, bevorzugen oft das Bauen in der Nähe ihrer Eltern) eignen sich kleine Baugebiete mit max. 4 bis 5 Grundstücken in Dörfern in integrierten Lagen. Dabei sollte der ländlich-dörfliche Charakter der Ortsteile erhalten bleiben (Neubau sollte sich an die bestehende Bausubstanz hinsichtlich Architektur, Größe und Dichte anpassen). Für diese Zielgruppe spielen die naturräumlichen Lagequalitäten häufig eine größere Rolle beim Kauf als die Nähe zu Infrastruktureinrichtungen, da die Mehr- heit der Nachfrager zwei Autos besitzt und die täglichen Fahrten als selbstverständlich hinge- nommen werden.

• Baulandgewinn durch Abriss: Identifizierung von Beständen mit niedrigen baulichen und energetischen Qualitätsstandards, aber in zentralen Lagen (z.B. einfache Geschosswohnungs- baugebiete). Hier ist ein Abriss der Bestände mit anschließendem Neubau von eigenheimadä- quaten Bautypologien sinnvoll. Oberste Priorität sollten Gebiete haben, bei denen erste Anzei- chen von Leerstand und eine Unterauslastung von Infrastrukturen erkennbar werden. Die Fi-

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -98 - empirica nanzierung solcher Projekte kann sich als schwierig herausstellen, da die Abbruchkosten der Bestände zu geringeren Bodenwerten führen und die Haus- und Grundstückseigentümer oft- mals das Interesse an einem Verkauf verlieren. Zukünftig wird es daher besonders wichtig sein, öffentliche Mittel gezielt einzusetzen und Umbaustrategien einzuleiten, bevor das Quar- tier durch zu starke Imageverluste entwertet wird (vgl. Kap. 5.4 ab S. 106).

• Baulücken mobilisieren: Wohnungsbaureserven in bereits bestehenden Bebauungsplänen – sog. Baulücken – eignen sich ebenfalls als attraktive zukünftige Bauflächen, da sie in integ- rierten Nachbarschaften und in bereits erschlossenen Gebieten liegen. Leider haben nur weni- ge Kommunen im Oberbergischen Kreis genaue Angaben zur Baulückenanzahl. Noch weniger lässt es sich ermitteln, in welchem Umfang diese künftig für eine Wohnbebauung zur Verfü- gung stehen können, da die meisten Baulücken in privatem Besitz sind und aus den unter- schiedlichsten Gründen vorgehalten werden. Eine aktive Baulückenmobilisierung gibt es der- zeit noch nicht. Es ist Aufgabe der Kommune, eine Übersicht über alle Baulücken (in Form eines Baulückenkatasters, wie es die Gemeinden Gummersbach, Marienheide und Wiehl be- reits aufgebaut haben) zu erstellen, um die Transparenz des Grundstücksmarktes zu erhöhen und Bauflächen zu mobilisieren.

5.3.4 Vielfalt anbieten

Die Nachfrage nach Wohnungen hat sich im Hinblick auf Größe, Zuschnitt und Ausstattung sowie die Qualität von Gemeinschaftseinrichtungen und Freiräumen, die Ansprüche an die Erreichbarkeit von Infrastruktureinrichtungen im Wohnumfeld und die Preissegmente ausdifferenziert. Dies erfordert die Entwicklung nachfrageorientierter Angebotsformen, die den unterschiedlichen Bedürfnissen der Nachfragegruppen entsprechen. Aufgabe einer guten Wohnungspolitik ist es, die unterschiedlichen Ansprüche und Wohnwünsche ernst zu nehmen und Angebote in der gesamten Bandbreite (Standort, Ästhetik der Baustile und Haustypen, Grundrissgestaltung, Wohnumfeld Dienstleistungen, soziale Netzwerke, Freiräume, Zahlungsbereitschaft etc.) zu mobilisieren.

Durch eine engere Kooperation mit der Bau- und Wohnungswirtschaft (z.B. in Form von einem „Runden Tisch der Immobilienwirtschaft“ oder „Architekten-/Bauträger-Stammtisch“ mit lokalen Maklern, Bauträgern und den Vertretern der Verwaltungen) können gute Beispiele von Neubau- aber auch von Bestandumstrukturierungen vorgestellt, Qualitätskriterien diskutiert sowie neue Wohnfor- men und deren Nachfrage im Kreis angedacht werden. Die Kommunen sollten die Beteiligten regel- mäßig dazu einladen.

5.3.4.1 Zielgruppenorientierung

Um das Wohnungsangebot auch in seiner Qualität möglichst gut auf die individuellen – und damit zum Teil auch recht unterschiedlichen – Anforderungen der potenziellen Zuwanderer abzustimmen,

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -99 - empirica müssen diese Anforderungen und natürlich die jeweilige Zielgruppe überhaupt erst einmal bekannt sein: Was suchen potenzielle Zuwanderer (z.B. Russlanddeutsche), was Kinder von Einheimischen (damit sie nicht abwandern), was Zugezogene aus Köln, was Zugezogene aus den Nachbarkreisen? Welche Preise, welche Qualitäten sind – auch im Vergleich zum Angebot der Nachbarkommunen – besonders selten, welche gelten als besonders attraktiv und waren auch heute schon Garanten für gute Vermarktungserfolge? Marktanalysen wie Konkurrenzanalysen, Zielgruppenbestimmungen, eigene Stärken- und Schwächenbestimmungen, wie sie jedes Privatunternehmen durchführt, finden in der kommunalen Diskussion um die Ausgestaltung des zukünftigen Baulandangebots noch viel zu wenig statt.

Zielgruppe junge Haushalte/Ausbildungswanderer: Der Bevölkerungsaufbau zeigt, dass die Kinder der Babyboomer-Generation, heute etwa 10 bis 15 Jahre alt, noch relativ stark vertreten sind. Ihr Auszug aus dem Elternhaus wird in den nächsten 5 bis 10 Jahren (bis etwa 2015) stattfinden und eine vorübergehende neue Nachfragewelle auf dem Wohnungsmarkt einleiten. Ihre Anforderungen an die erste eigene Wohnung sind die Nähe zum Ausbildungsplatz oder Studienort, eine Mietwohnung, um flexibel zu bleiben, und geringe Kosten, da das Einkommen noch niedrig ist.

Die typischen Wohnungsziele liegen daher eher in den Städten, vor allem in den Universitätsstädten, weniger im Oberbergischen Kreis. Man kann damit rechnen, dass sich diese erste Welle der Baby- boomer-Kinder durch eine steigende Wohnungsnachfrage nach günstigen Geschosswohnungen in Köln und Bonn bemerkbar macht (heute schon beklagen Mieterverbände und Betroffene eine neue Wohnungsnot in diesen Städten). Dort allerdings sind sie typischerweise nur ein „durchlaufender Posten“, denn nach Abschluss des Studiums bzw. der Ausbildung wird der Wohnort nochmals ge- wechselt: Die Lage des ersten festen Arbeitsplatzes entscheidet darüber, in welcher Region sich der einzelne niederlässt. Da die Region Köln/Bonn/Rhein-Sieg sich durchaus noch als Wachstumsregion darstellt, bestehen gute Chancen, die Kinder der Babyboomer des Oberbergischen Kreises in dieser Region zu halten.

Zielgruppe junge Familien (Eigenheimsucher): Weitere 5 bis 10 Jahre später (etwa 2020 bis 2025) wird dieser Jahrgang im Zuge der Familiengründung vermehrt nach familiengerechten Wohnungen oder Einfamilienhäusern Ausschau halten. Dann bestehen für den Oberbergischen Kreis gute Chancen, diese – zunächst zu Ausbildungszwecken in die Stadt Gezogenen – wieder zurückzuholen, denn der Wunsch, in der Nähe der Eltern zu leben, besteht insbesondere bei jungen Familien mit Kindern. Sicher ist ihre Rückkehr allerdings nicht, wenn man bedenkt, dass auch Köln und die umliegenden Gemeinden verstärkt für die Altersgruppe attraktive Wohnungsangebote bereithalten. Wenn ein Rei- henhaus in der Nähe Kölns zum gleichen Preis zu haben ist, wie ein freistehendes Haus im Oberbergi- schen Kreis, wofür wird sich eine junge Familie entscheiden? Wer die Nähe zum Arbeitsplatz und zur Infrastruktur höher bewertet als die landschaftlich schöne Lage und ein großes Grundstück im Ober- bergischen, der wird sicherlich das Reihenhaus bevorzugen.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -100 - empirica Auf der anderen Seite werden bis dahin ggf. auch schon die ersten gebrauchten Einfamilienhäuser im Oberbergischen Kreis auf dem Markt sein, die dann ggf. durch geringe Preise, große Wohnflächen und Grundstücke sowie ihre landschaftliche und verkehrsberuhigte Lage – zumindest vorübergehend, solange die Kinder noch klein sind –ein attraktives Wohnungsangebot für junge Familien darstellen. Die gebrauchten Häuser entsprechen dann vielleicht im Grundriss, in der Qualität der Bausubstanz und in ihrer Lage nicht genau den Zielvorstellungen der junge Nachfrager, so dass sie dort nicht auf Dauer wohnen bleiben wollen, sondern später, wenn die Kinder größer sind und die Einkommenssituation entspannter ist, wieder umziehen werden, um ihre Wohnsituation weiter zu verbessern (vgl. Kap. 5.4 ab S. 106).

Zielgruppe Senioren (siehe auch Kap. 5.5 Zukünftige Wohnformen für Senioren ab S. 124): Wie oben gesehen, wird die Zahl der Seniorenhaushalte steigen. Gleichzeitig wird ein höherer Anteil von ihnen keine Kinder – oder zumindest keine Kinder in der Nähe – haben. Daraus entstehen nicht nur sozialpolitisch ganz neue Fragestellungen (Mobile Dienste, Anforderungen an die Infrastruktur); auch an Baugebiete stellen sich ganz neue Anforderungen. In Neubaugebieten wie auch bei Umstrukturie- rungen im Bestand müssen Möglichkeiten geschaffen werden, die eine generationenübergreifende Unterstützung im Alltag erleichtern (z.B. Räume für gemeinschaftliche Aktivitäten). Wohn- und Außenbereiche sollten gleichermaßen senioren- und familienfreundlich sein. Senioren wünschen sich möglichst lange selbständig in der angestammten Wohnung leben zu können. Falls sie sich im Alter noch einmal für einen Umzug entscheiden, bevorzugen sie entweder die Nähe zu den Kindern oder zentrale Lagen mit einer vielseitigen Infrastruktur in fußläufiger Entfernung in übersichtlichen Nach- barschaften. Plätze mit Sitzgelegenheiten erleichtern die Kommunikation im Quartier.

5.3.4.2 Städtebauliche Qualitäten im öffentlichen Raum

Hohe städtebauliche Qualitäten sichern langfristig die Wertstabilität von Baugebieten. Die Wertstabili- tät wird für Nachfrager – insbesondere auf entspannten Märkten – zukünftig eine noch größere Bedeu- tung erhalten. Bevorzugt werden überschaubare Nachbarschaften (erhöhen die Chance, sich besser kennen zu lernen und tragen damit auch zu einem besseren Sicherheitsempfinden bei) und gegliederte Räume (z.B. leicht geschwungene Straßenzüge, Stichstraßen mit Wendehammer). Geradlinige Straßen eröffnen dagegen länger gestreckte Räume, bei denen nicht nur die eigenen Nachbarn, sondern ein ganzer Straßenzug zu sehen ist (eher anonymes Wohnen). Kleine Plätze mit Bäumen und Sitzgelegen- heiten bilden einen Ruhepol innerhalb eines Quartiers und schaffen zudem eine Pufferzone zu benach- barten Häusern. Ein hoher Grünanteil - neben dem privaten Grün der Gärten - im halböffentlichen und öffentlichen Innenbereich der Baugebiete erhöht die Qualität.

Die Kommunen sollten ihre städtebaulichen Steuerungsmöglichkeiten z.B. im Rahmen einer konse- quenten Zwischenerwerbspolitik (über eine städtische Entwicklungsgesellschaft) ausnutzen, um eine möglichst hohe Qualität in den Baugebieten sicherzustellen. Falls die Erschließung über eine private

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -101 - empirica Gesellschaft abgewickelt wird, sollten hier im Vorfeld bestimmte Qualitätskriterien festgelegt werden (wie z.B. Straßengestaltung, Grün im öffentlichen Straßenraum, kleine Plätze etc.).

5.3.4.3 Freistehende Einfamilienhäuser und attraktive Grundstücksgrößen

Das freistehende Einfamilienhaus ist für viele Nachfrager das „Wunschhaus“. Nachfrager wählen die Doppelhaushälfte oder das Reihenhaus statt eines frei stehenden Einfamilienhauses nur, wenn sie preisgünstiger sind. Im Abwägungsprozess spielen neben dem Preis vor allem folgende Aspekte eine Rolle: funktionale Gründe der Alltagsorganisation (Grundstücke mit pragmatischen Nutzungsmög- lichkeiten), Privatheit (Abgrenzung zum Nachbarn bezüglich Blick und Lärmschutz) und Individuali- tät (freie Entfaltungsmöglichkeiten). Im Oberbergischen Kreis sollte auch weiterhin das Angebot an freistehenden Einfamilienhäusern dominieren. Eine Ausnahme bilden hier innerstädtische Standorte wie z.B. die Konversionsflächen in Gummersbach (Ackermann- und Steinmüllergelände). Hier bieten sich neben verdichteten Einfamilienhäusern (Stadt- und Gartenhofhäuser) auch (barrierefreie) Ge- schosswohnungen in überschaubaren Mehrfamilienhäusern (max. 8 WE pro Gebäude) und Mieteinfa- milienhäuser (siehe Kapitel 5.3.4.5 ab S. 104) an. Eine weitere Alternative zum Einfamilienhaus stellt der neue Objekttyp „Eigentumswohnungen in Doppelhaushälften“ dar. Diese Wohnungen vereinigen die Vorteile eines Einfamilienhauses mit denen von Eigentumswohnungen und werden insbesondere durch junge oder ältere Paarhaushalte (vereinzelt von Familien mit einem Kind) nachgefragt. Die Wohnungen sind gleichermaßen für Kapitalanleger wie für Selbstnutzer interessant und werden der- zeit z.B. in Wipperfürth schon erfolgreich vermarktet.

Die Rolle und Bedeutung eines Gartens am Haus hat sich in den letzten Generationen deutlich verän- dert: Galt ein Garten kurz nach dem Krieg noch als Möglichkeit zur zusätzlichen Versorgung mit Lebensmitteln, diente er in den 70er Jahren schon fast ausschließlich als Statussymbol und zur Frei- zeitbetätigung (Gärtnern, Sonnen) für die, die ihn sich leisten konnten. Die neue junge Generation nutzt ihren Garten vor allem zur Naherholung nach einem häufig stressigen Arbeitstag und als hausna- hen, d.h. beobachtbaren Spielplatz für die Kinder. Er darf daher nicht zu viel Arbeit machen und sollte uneinsehbar sein, um als Rückzugsmöglichkeit zu dienen. Für viele junge Familien sind Haus und Garten kein Statussymbol mehr, sondern eine „Höhle“ zum Erholen und ein sicheres „Nest“ für die Kinder.

Die Grundstücksgrößen in den Neubaugebieten sollten sich den Größen der benachbarten Bestandsge- biete anpassen, damit die entstehenden Gebäude nicht wie Fremdkörper in der Landschaft wirken. Zu kleine Grundstücke verstärken das Problem der Einsehbarkeit. In Gebieten mit kleinen Grundstücken werden unterschiedliche Bau- und Architekturformen („Wildschweingebiete“) eher als störend emp- funden als in aufgelockerten Gebieten. Die Kaufentscheidung ist jedoch stark vom erschwinglichen Grundstückspreis abhängig.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -102 - empirica Grundsätzlich sind Grundstücke mit Süd- oder Westorientierung günstig, damit zu möglichst vielen Stunden des Tages eine natürliche Belichtung und Besonnung gegeben ist. Bei freistehenden Einfami- lienhäusern mit sehr kleinen Grundstücken ist eine Verteilung der Grundstücksfläche rund um das Haus nachteilig, weil damit die zusammenhängende Nutzungsfläche zu klein ist (verschenkte Fläche). Die Tendenz geht bei den Nachfragern im Oberbergischen Kreis aber eindeutig zu größeren Grundstü- cken (zwischen 600 und 800 qm). Aufgrund der Ausdifferenzierung der Bedürfnisse der Nachfrager bietet es sich für die Kommunen an, die Parzellierung der Baugebiete in einem Abstimmungsprozess mit den zukünftigen Bauherren/ Erwerbern zu erarbeiten und nicht bereits im Vorfeld festzulegen (die Festlegung von Mindestgrößen sind dennoch vorteilhaft). So hat die Kommune die Chance, flexibler auf Nutzerwünsche und sich verändernde Rahmenbedingungen zu reagieren.

5.3.4.4 Individualität vs. einheitliche Gestaltung in Baugebieten

Noch heute zählen Altbauquartiere (wie z.B. das Bad Godesberger Villenviertel) zu den beliebtesten Wohnquartieren, nicht zuletzt durch den einheitlichen baulichen Charakter solcher Gebiete. Man sieht diesen Quartieren sofort an, dass sie aus einer Zeitepoche stammen, da sie eine gewisse innere Har- monie ausstrahlen. Im Gegensatz dazu werden in den aktuellen Baugebieten im Oberbergischen Kreis die unterschiedlichsten Baustile wild gemixt (z.B. „Schwarzwaldbalkon“, Säulen im Eingangsbereich, mediterraner Toskana-Stil, Holzhäuser, moderner Bauhausstil etc.). Diese Individualität bedeutet für den Käufer, eigene Vorstellungen vom Wohnen frei umsetzen und seinen eigenen Stil repräsentieren zu können. Viele Bewohner des Oberbergischen Kreises lehnen das Haus „von der Stange“ (Bauträger oder Fertighaus) ab, möchten gewisse Objektmerkmale selbst wählen. empfinden diese Vielfalt auch nicht als Nachteil. Auch wenn solche individuellen Gebiete von Planern abwertend als „Wildschwein- gebiete“ bezeichnet werden, empfinden Bewohner allenfalls die hohe Dichte, nicht aber die Vielfalt an Bauformen und -stilen als nachteilig. Soll eine gegenseitige Entwertung unterschiedlicher Bauformen vermieden werden, so sind daher große Grundstücke und kleinere Baugebiete zu empfehlen. Als vorteilhaft hat sich die Festlegung auf wenige (wichtige) Gestaltungsvorgaben erwiesen. Hierzu zählen die Ausrichtung des Gebäudes, die Dachfarbe, Trauf-, First- und Bodenplattenhöhen sowie Vorgaben zu Garagen und Müllabstellanlagen. Einschränkungen in der Material- und Farbwahl werden als eher einschränkend empfunden.

Das richtige Maß zwischen Einheitlichkeit und Individualität ist eine Gratwanderung und sollte in Abhängigkeit von den städtebaulichen Gegebenheiten (z.B. zentrale, innerstädtische oder ländlich- dörfliche Lage) sowie den Wünschen der Nachfrager unter Einbeziehung aller Beteiligten (Kommune, Erschließungsträger, ggf. Architekten und Bauherren) ausgehandelt werden.

Für Baugebiete mit einer durchgängigen einheitlichen Gestaltung eignen sich insbesondere innerstäd- tische Gebiete wie z.B. das Ackermanngelände in Gummersbach. Die Einheitlichkeit eines Quartiers kann die Bildung von Nachbarschaften unterstützen und so auch stabilisierend wirken. Ein Gestal-

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -103 - empirica tungskonzept kann folgende Merkmale umfassen: Gliederung in Teilbereiche („Nachbarschaften“), die im Rahmen eigener Themen gestaltet werden, Außengestaltung der Häuser nach einheitlichen Merk- malen (Haustyp, Dachgestaltung, Fassade etc.) bei maximaler Freiheit in der Innengestaltung, Ent- schärfung der räumlichen Dichte durch die Wahl der Haustypen (z.B. Ketten- oder Atriumhaus), die Planung von Sichtschutzmaßnahmen durch Mauern und Begrünung sowie die Ausnutzung der Hang- lage und „professionelle Grüngestaltung“ (z.B. Anpflanzung älterer/größerer Pflanzen in sensiblen Sichtbereichen) etc..

Grundsätzlich haben Kommunen zwei Möglichkeiten, eine gewisse Einheitlichkeit in der Gestaltung der Baugebiete durchzusetzen: Zum einen über Festsetzungen in Bebauungsplänen und ergänzende Gestaltungssatzungen, zum anderen gibt es die Möglichkeit die durch eine intensive Beratung der Nachfrager beim Grundstückskauf. Falls es in diesen Beratungsgesprächen zu keinem Übereinkom- men zwischen der Kommune und den Nachfragern kommt, kann ein Grundstücksverkauf verweigert werden.

5.3.4.5 Objektalternative: Mieteinfamilienhäuser

In den 70er Jahren suchte man typischerweise das „Traumhaus fürs Leben“. Man sparte so lange, bis dieser Traum erfüllbar war, und zog in das Haus, in dem man bis zum Lebensende wohnen wollte. Die Folge des langen Wartens war häufig, dass die Kinder schon relativ alt waren, als sie zum ersten Mal im eigenen Garten spielen konnten.

Die heutige Generation denkt kurzfristiger. Die Arbeitswelt verlangt mehr Mobilität, das Alltagsleben ist – nicht zuletzt durch die Berufstätigkeit beider Eltern – schnelllebiger geworden. Für „Träume“ bleibt weniger Zeit, vielmehr denkt man rationaler und pragmatischer: Ein Garten für kleine Kinder macht das Leben stressfreier, als wenn die Kinder zum Spielen auf den Spielplatz begleitet werden müssen. Lieber eine – finanzierbare – Zwischenlösung jetzt und eine optimierte Lösung später. Nicht zuletzt in Folge der Rentendiskussion und der Aufforderung zur privaten Vorsorge optimiert beim Hauskauf so mancher eher den zu erwartenden Wiederverkaufswert als die persönlichen Wohnträume. Hierzu scheinen die Angebote in zentraleren Lagen die besseren Voraussetzungen mitzubringen.

Im Sinne dieses neuen Pragmatismus sind auch Miet-Einfamilienhäuser nicht mehr tabu: Sie sparen Zeit und Aufwand bei der Wohnungssuche und zeigen sich im Falle einer Veränderung von Arbeits- platz und/oder Einkommen deutlich flexibler. Auch für die zu erwartende Zahl von Erbengemein- schaften, die versuchen, gemeinsam Bestandshäuser zu vermarkten, kann die Option der Vermietung eine gute Möglichkeit darstellen, um das Haus noch zu behalten, bis über die endgültige Verwendung oder den Verkauf gemeinschaftlich entschieden ist. Auch für Nachfrager, die sich (noch) kein Neubau- Einfamilienhaus leisten können, und für die Bestandswohnungen nur vorübergehend attraktiv erschei- nen, könnten Eigenheime, die zur Miete angeboten werden, entgegenkommen, weil diese nicht die

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -104 - empirica Transaktionskosten eines Hauskaufs mit sich bringen, so dass man flexibel bleibt. Außerdem müssen Reparaturen an der Bausubstanz (Modernisierungsmaßnahmen) nicht vom Mieter getragen werden.

Wichtig für diese Zielgruppe sind solide, preisgünstige und familiengerechte Wohnungen, möglichst in der Nähe von kindgerechter Infrastruktur (Kindergärten, Geschäfte) und in einer sicheren Nachbar- schaft, die schnell den Kontakt zu Gleichgesinnten ermöglicht. Da in den Beständen das Durch- schnittsalter höher sein dürfte, könnten „Mietfamilien“ auch dazu dienen, die kindgerechte Infrastruk- tur wieder besser auszulasten.

Bisher gibt es im Oberbergischen Kreis praktisch noch keinen Markt für Miet-Einfamilienhäuser. Wenn sich dieser entwickelt, können auch weitere Zielgruppen davon angezogen werden, etwa Fami- lien von Angestellten aus dem Ausland, die nur vorübergehend in der Region Köln tätig sind. Diese verfügen häufig durch die Unterstützung des Arbeitgebers über eine hohe Wohnkaufkraft und suchen nach einer entsprechend hohen Qualität. Anders als junge Familien suchen diese auch häufig nach repräsentativen Häusern, zu deren Pflege (Garten, Haushalt) häufig Dienstleister beauftragt werden.

Erst seit wenigen Jahren gibt es überhaupt professionelle Anbieter, die Neubau-Einfamilienhäuser (vorrangig Reihenhäuser und Doppelhaushälften) von vornherein als Mietobjekte (bzw. auch in Ver- bindung mit einem späteren Erwerb als so genannter Mietkauf) konzipieren (z.B. die beiden nieder- ländischen Unternehmen Kondor Wessels und Bouwfonds).

5.3.5 Obligatorische Zwischenerwerbspolitik einführen

In den Kommunen des Oberbergischen Kreises kommen sehr unterschiedliche Verfahren der Bau- landentwicklung zum Einsatz (vgl. Kap. 3.4.5 ab S. 41). Damit die Baulandentwicklung kein Zu- schussgeschäft für die Kommunen bleibt, ist eine obligatorische Zwischenerwerbspolitik ein gutes Instrument, das einige Gemeinden bereits regelmäßig betreiben (Radevormwald, Hückeswagen und Wipperfürth), andere können dieses Verfahren nur schwer umsetzen, da sie sich in der Haushaltssiche- rung befinden.

Die Idee des Zwischenerwerbs ist folgendermaßen: Die öffentliche Hand kauft jegliches Land konse- quent zu einem Festpreis auf und veräußert es anschließend wieder an Privatkäufer. Die Planungskos- ten werden aus der entsprechenden Wertsteigerung zwischen Ackerland und Bauland finanziert. Dadurch können insbesondere die Konflikte mit den Grundstückseigentümern eingegrenzt werden, von denen Planungsämter im Oberbergischen Kreis berichteten. Private Eigentümer versuchen häufig, den Planungsgewinn durch „Bekanntschaften“ bei den politischen Vertretern selbst abzuschöpfen– eine „Klüngelwirtschaft“, die nicht selten die Baulandentwicklung ganz verhindert.

Eine Zwischenerwerbspolitik sollte mit dem klaren Signal an die Grundstückseigentümer starten (z.B. mit einem Grundsatzbeschluss des Rates), dass die Kommune nur dort Baurecht schafft, wo sie vorher Eigentümer geworden ist. Die Kommunen sollten im Vorfeld die Grundstückseigentümer über die

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -105 - empirica Ziele einer Zwischenerwerbspolitik aufklären und nach außen nachvollziehbar machen, um so die „persönlichen Hemmnisse“ gegenüber dem Vorhaben abzubauen. Hohe Gewinne privater Grund- stückseigentümer aus dem Übergang von Ackerland zu Bauland sind weder ökonomisch noch poli- tisch zu rechtfertigen; zumal die Gemeinden die Planungsgewinne selber gut einsetzen können. Der Ankaufspreis ist auf der Basis einer Residualwertbetrachtung so zu gestalten, dass alle Parteien zufrie- den sind. Folgende Aspekte sind zu beachten:

• Die bisherigen Eigentümer erhalten einen Preis, der über dem Ackerlandwert liegt. Da der Wert unter den gewohnten Preisen für zukünftige Wohnbauflächen liegen wird, wird er sich teilweise nicht mit den Erwartungen der Eigentümer decken. Der Ankaufspreis wird von der Kommune so kalkuliert, dass er zusammen mit den Kosten, die von der Kommune zu tragen sind, dem zu erwartenden Marktpreis für die entwickelte Fläche entspricht, um Kostenneutra- lität herzustellen. Es kann sinnvoll sein, diese Kalkulation öffentlich zu machen oder aber eine nachvollziehbare Regel zur Bestimmung des Ankaufspreises aufzustellen.

• Mit der erzielten Wertsteigerung kann die Kommune dann ihre Planungs- und Entwicklungs- kosten decken und die erforderlichen Infrastrukturen mitfinanzieren. Die finanziellen Spiel- räume können von den Kommunen auch gezielt für die Familienförderung oder eine städte- bauliche höherwertige Gestaltung (z.B. Begrünung und Beleuchtung im öffentlichen Straßen- raum, Einrichtung von Spielplätzen etc.) genutzt werden.

Langfristig ist, insbesondere bei zurückgehendem Baulandbedarf, über die Bildung einer Entwick- lungsgesellschaft durch benachbarte Kommunen nachzudenken, welche die Baulandentwicklung interkommunal koordiniert. Hierdurch können sich neben finanziellen Einsparungen auch qualitative Vorteile ergeben. Die Kommunen sollten dabei sehr flexibel bleiben und immer ausreichend Bauland „im Schlauch haben“, um bei anziehender Nachfrage schnell reagieren zu können – (und das schon zwischen mehreren Kommunen abgestimmt!).

5.4 Wohnungspolitik: Leerstandsrisiko von Bestandsimmobilien

Der langfristige Rückgang der Bevölkerung sowie der Zahl der Haushalte kann auch im Oberbergi- schen Kreis zu Wohnungsleerständen führen (struktureller Leerstand). Aber nicht nur im Schrump- fungsszenario, sondern auch im Wachstumsszenario kann es zusätzlich zu qualitätsbedingten Leer- ständen kommen. So wird der Überschuss an Wohnungen verstärkt, wenn etwa wohlhabende Haushal- te mit höheren Ansprüchen trotz frei stehender Wohnungen im Bestand weiterhin Neubau finanzieren, weil sie ein hochwertigeres Wohnen wünschen, als es im Bestand verfügbar ist. Es kann immer dann zu Neubau bei gleichzeitig wachsenden Leerständen kommen, wenn das gerade am Markt angebotene Wohnungsangebot nicht den aktuellen Bedürfnissen der Wohnungssuchenden hinsichtlich Größe, Qualität, Lage, Preis usw. entspricht und sie daher Neubauobjekte vorziehen. Dieser qualitätsbedingte

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -106 - empirica Leerstand tritt noch zu dem „strukturell begründeten Leerstand“, der allein durch die sinkenden Haus- haltszahlen zustande kommt, hinzu.

Die folgenden Empfehlungen beziehen sich zum einen auf die frei werdenden Bestände (Mengen, Qualitäten, Preise), zum anderen auf die kommunalen Möglichkeiten, auch ohne großen finanziellen Einsatz Privatinitiativen zu unterstützen und eine institutionalisierte Wohnungsmarktbeobachtung aufzubauen (vgl. Kap. 5.4.2 ab S. 108 bis 5.4.7).

5.4.1 Öffentliches Interesse von privatem Interesse unterscheiden

Unabhängig davon, ob der von der Art des Leerstands, ob strukturell oder qualitativ begründet ist, stehen Eigentümer von Bestandsimmobilien vor dem Risiko, ihre Wohnung nicht mehr vermarkten, d.h. weder vermieten noch verkaufen, zu können und mit ihrem eingesetzten Kapital keine Rendite zu erzielen. Aus Investorensicht muss das jeweilige Angebot möglichst gut an die Bedürfnisse potenziel- ler Nachfrager ausgerichtet werden (durch Modernisierungsmaßnahmen oder aber auch durch niedri- gere Preise usw.), um auf einem Markt mit alternativen Neubauobjekten mithalten zu können. Ge- samtwirtschaftlich kommt damit das Gesetz des Marktes („Konkurrenz belebt das Geschäft“) zum Tragen, denn natürlich müssen sich die Qualitäten des Neubaus an den Qualitäten der angebotenen Bestände (z.B. hinsichtlich der Lage) messen lassen. Das Risiko von Fehlinvestitionen besteht für jeden Investor; ist aber alleine noch kein Grund für staatliches Eingreifen.

Rational ist es, öffentliche Gelder nur dort einzusetzen, wo ihre Verwendung auch ein öffentliches Interesse unterstützt, und das auch nur dann, wenn eine private Finanzierung desselben Interesses nicht zu erwarten ist. Da bei enger Budgetrestriktion der öffentlichen Haushalte nicht alle wünschens- werten Vorhaben realisiert werden können, sollten dabei die Maßnahmen mit den geringsten Kosten bzw. mit dem besten Kosten-Nutzen-Verhältnis vorrangig umgesetzt werden.

Vor dem Hintergrund der Stadt- und Siedlungsentwicklung (Flächenverbrauch, zusätzliche Infrastruk- turkosten) einerseits sowie der negativen Effekte der Leerstandsentwicklung (Leerstandskosten, Un- terauslastung Infrastruktur, Imageverlust) andererseits sind Leerstände tatsächlich auch aus öffentli- chem Interesse heraus zu vermeiden. Aber auch hier werden die Marktkräfte spielen (müssen), denn kein Haushalt kann dazu „gezwungen“ werden, eine alte Bestandswohnung zu politische Steuerung zwischen Neubau- und Bestandsentwicklung kann daher nur unter „Einbeziehung der Marktkräfte“ erfolgen.

Was also können und was sollten die Kommunen angesichts des wachsenden Leerstandsrisikos über- haupt tun? Das vermeintlich einfachste Instrument, nämlich eine restriktive Angebotspolitik („Wir weisen keine Neubauflächen mehr aus, dann müssen die Haushalte sich mit dem Bestand begnügen.“) führt hier nicht weiter, denn sie ist zum einen tendenziell preistreibend und damit ungerecht gegenüber den (meist jungen) Haushalten, die gerade Wohnraum suchen (während die meist älteren Immobilien- besitzer von den steigenden Immobilienpreisen profitieren), zum anderen verdrängt sie gerade die

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -107 - empirica demografisch „knapper“ werdenden jungen Haushalte, nämlich die potenziellen Zuwanderer, aus der Gemeinde heraus an andere Standorte. Eine restriktive Angebotspolitik liegt daher nicht im Interesse der Allgemeinheit.

Ein rationaler und sensibler Umgang mit den Wohnungsbeständen wird zukünftig – neben einer nach- fragegerechten Baulandausweisung – die zweite zentrale Herausforderung für die Kommunen des Oberbergischen Kreises sein. Um die Marktkräfte in die Zielsetzungen und Instrumentendiskussion mit einzubeziehen, ist es wichtig, den Wohnungsmarkt genau zu kennen, ihn also zeitnah zu beobach- ten und politisch zu bewerten, wo er in die aus öffentlicher Sicht „richtige“, und wo in die „falsche“ Richtung führt. Daraus leiten sich unterschiedliche Typen von Bestandsmaßnahmen ab (vgl. dazu Unterscheidung A bis C in Kap. 5.4.5, ab Seite 118).

5.4.2 Baualter der freiwerdenden Bestände im Zeitablauf berücksichtigen

Die Haushaltsprognose zeigt, dass in Zukunft erstmals Ein- und Zweifamilienhäuser in größeren Mengen auf den Markt gebracht werden, weil die älteren Generationen, die sie damals bauten, sterben oder ihre Häuser verlassen (müssen). Eine solche Angebotswelle von Eigenheimen hat es bisher noch nicht gegeben und die Reaktionen des Marktes sind noch nicht klar: Wie attraktiv sind die freiwerden- den Bestandswohnungen für junge Familien heute (vgl. Kap. 5.4.3 ab S. 113)? Der Wohnungsbestand des Oberbergischen Kreises in den Teilregionen stammt aus verschiedenen Baualtersjahren (vgl. Kapitel 3.1 ab S. 29). Gerade die Wohnungen der 50er und 60er Jahre liegen häufig stadtnah im Grü- nen und sind damit grundsätzlich für Familien attraktiv. Andererseits sind die Grundrisse häufig kleinteilig, Balkone und Gartenzugangsmöglichkeiten fehlen. Sind hier Bestandsumbauten möglich? Die Häuser der 70er Jahre liegen häufig weiter von Infrastruktureinrichtungen (Geschäfte, Schulen, usw.) entfernt, sind aber dafür größer. Auf energetische Maßnahmen wurde erst in den 90er Jahren wert gelegt, daher stellt sich auch die Frage, ob die Betriebskosten älterer Wohnungen überhaupt noch finanzierbar sind. Eine Abschätzung, wie viele - und welche! - gebrauchte Einfamilienhäuser auf dem Markt noch Abnehmer finden werden, fällt schwer. Neben rechtlichen Hemmnissen (Erbengemein- schaften) können auch persönliche Erwartungen (überhöhte Preisvorstellungen der Eigentümer) sowie technischer Substandart (veraltete Heizungen, Dämmung) verkaufshindernd wirken. Diese Faktoren könnten im Einzelfall gelöst werden. Schwieriger wird es, wenn in ganzen Ortsteilen viele Häuser angeboten werden, die allesamt – nach Maßstab der heute Wohnungssuchenden - zu abschüssig liegen (Geschäfte, Verkehrsanbindung) und/oder mit so hohen Sanierungskosten verbunden sind, dass sie gar keinen positiven Verkaufspreis mehr erzielen können. Im Wesentlichen geht es bei der Vermarktbar- keit um die Frage, ob die frei werdenden Bestände es in ihren Lage- und Bauqualitäten sowie preislich mit den vergleichbaren Neubauobjekten aufnehmen können.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -108 - empirica Einen Anhaltspunkt über das Ausmaß und – ganz vage – auch über das Baualter der angebotenen Wohnungen und Häuser kann man aus den Modellrechnungen erlangen, wenn man zur Vereinfachung in einer Überschlagsrechnung folgende schematische Verhaltensweisen annimmt:

• Wenn (a) Haushalte, die heute in einem Ein- oder Zweifamilienhaus wohnen, dieses im Alter von 30-35 Jahren gebaut (bzw. als Neubau bezogen) haben und

• wenn sie (b) dieses Haus bis zum 80.-85. Lebensjahr, im Schnitt also etwa 50 Jahre bewohnen werden, dann lässt sich - in Abhängigkeit vom Alter der Bewohner grob auf das Baualter des bewohnten Gebäudes schließen. Natürlich treffen diese Überschlagsrechnungen nicht auf alle Haushalte zu: Zu viele Bewohner ziehen im Laufe ihres Leben noch in ein zweites Ein-/Zweifamilienhaus oder bezie- hen keinen Neubau, sondern ein gebrauchtes Objekt. Außerdem stammen gerade Bewohner von Zweifamilienhäusern, von denen es im Oberbergischen Kreis viele gibt, (z.B. in Einliegerwohnungen) oft aus einer jüngeren oder älteren Generation als die Bewohner der Hauptwohnung und fallen daher aus dem hier dargestellten Schema heraus.

Auch wenn eine genaue Abschätzung der freiwerdenden Bestände nach Baualter auf diese Art und Weise nicht möglich ist, kann dennoch ein gewisser Zusammenhang zwischen der Alterstruktur der Bevölkerung und dem Baualter der freiwerdenden Wohnungsbestände nicht ganz negiert werden. Dies soll hier im Zeitablauf versucht werden: In den Szenarien wurde dargestellt, wie viele Wohnungen „aus Altersgründen“ in den nächsten Jahren frei werden. Daraus ergibt sich für die einzelnen Zeitperi- oden– beispielhaft für das Wachstumsszenario im Teilraum Mitte – folgendes Bild (vgl. Abbildung 44, S. 110): Bis 2010 werden etwa 1.000 WE von über 90jährigen und weitere 1.000 WE von 85- 90jährigen frei. Unter obiger Baualtersannahme (50 Bewohnjahre) sind hier vermutlich besonders häufig Wohnungen vom Baujahr 1950 und älter zu finden. Da sich die exakte Anzahl aber aufgrund dargestellter Gründe nicht festlegen lässt, dürfen die Einheiten in folgenden Grafiken (linke Achse) nur als Richtgrößen verstanden werden.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -109 - empirica Abbildung 44: Schätzung der frei werdende Wohnungsbestände in EFZH nach überwiegendem Baualter gemäß Altersstruktur der Haushalte; Teilraum Mitte Wachstumsszenario +1.000

vor 1945

+0 50er Jahre

60er Jahre

-1.000

70er Jahre

-2.000 80er Jahre

zusätzliche Neubaunachfrage*

-3.000 2005-2010 2010-2015 2015-2020 2020-2025 Schrumpfungsszenario

+1.000

vor 1945

+0 50er Jahre

60er Jahre

-1.000

70er Jahre

-2.000 80er Jahre

zusätzliche Neubaunachfrage*

-3.000 2005-2010 2010-2015 2015-2020 2020-2025 Quelle: Eigene Darstellung. empirica

Erwartungsgemäß ist in beiden Szenarien der frei werdende Bestand jeweils etwa gleich groß, denn welche und wie viele Bestände in Zukunft frei werden, ist natürlich unabhängig von der zukünftigen Zuwanderung. Die zukünftige Zuwanderung bestimmt allein, wie hoch die Zahl der „neuen Nachfra- ger“ ist, also wie viele Häuser überhaupt noch von jüngeren Generationen nachgefragt werden. Hier unterscheiden sich die Szenarien, denn den jeweils (fast gleichen) freiwerdenden Beständen stehen jeweils unterschiedlich große Neu-Nachfrager-Gruppen gegenüber:

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -110 - empirica • Im Wachstumsszenario reicht der frei werdende Wohnungsbestand (EZFH) im Teilraum Mitte nicht aus, um die wachsende EZFH-Nachfrage zu bedienen (graue Säule des Nachfrageüber- schusses ist positiv). Dementsprechend muss mehr gebaut werden als der unterstellte Min- destneubau (von 20%). Von den heute über 60jährigen werden in den nächsten 20 Jahren 15.200 gebrauchte WE in EZFH auf den Markt kommen, davon zum großen Teil Eigenheime aus den 50er und 60er Jahren. Unter der Voraussetzung, dass diese (abzüglich der Wohnungs- abgänge) alle bezogen werden, ist darüber hinaus noch ein Netto-Neubau in Höhe von 5.200 WE erforderlich – zzgl. Ersatzbedarf also 6.100 WE (vgl. Abbildung 35 unten, S. 71).

• Im Schrumpfungsszenario werden fast genauso viele Bestandswohnungen auf den Markt kommen (vgl. Abbildung 44), allerdings stehen ihnen hier nicht genügend neue Nachfrager gegenüber. Ingesamt kommen nur 12.200 neue EZFH-Nachfrager innerhalb der nächsten 20 Jahre auf den Markt, von denen – so die Annahme – auch noch 10% auf jeden Fall ein Neu- bauobjekt beziehen möchten. Bleiben also 10.600 Haushalte, die möglicherweise auch bereit wären, in gebrauchte EZFH zu ziehen, während im selben Zeitraum aber 15.700 WE in EZFH frei werden (abzüglich Wohnungsabgänge = Ersatzbedarf). Selbst unter der Voraussetzung, dass diese 10.600 Haushalte tatsächlich Bestandswohnungen beziehen, wird man für 5.100 WE in EZFH keine Bewohner mehr finden. Es kommt zu Leerständen im Teilraum Mitte.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -111 - empirica Abbildung 45: Schätzung der frei werdende Wohnungsbestände in EFZH nach überwiegendem Baualter gemäß Altersstruktur der Haushalte; Teilräume Nord und Süd Wachstumsszenario – Teilraum Nord +1.000

vor 1945

50er Jahre

60er Jahre

+0

70er Jahre

80er Jahre

zusätzliche Neubaunachfrage*

-1.000 2005-2010 2010-2015 2015-2020 2020-2025 Wachstumsszenario – Teilraum Süd

+1.000

vor 1945

50er Jahre

60er Jahre

+0

70er Jahre

80er Jahre

zusätzliche Neubaunachfrage*

-1.000 2005-2010 2010-2015 2015-2020 2020-2025 Quelle: Eigene Darstellung. empirica

Zum Vergleich der Mengen, die derzeit pro Jahr am Markt umgesetzt werden, zeigt eine Sonderaus- wertung des Gutachterausschusses für den Oberbergischen Kreis (vgl. Abbildung 21, S. 38), dass derzeit jährlich im Schnitt rd. 850 Bestandsimmobilien (EZFH) pro Jahr im Oberbergischen Kreis

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -112 - empirica verkauft werden.38 Dies entspricht in fünf Jahren in etwa 4.250 Wohneinheiten (Teilraum Nord rd. 780, Teilraum Mitte rd. 2.650 und Teilraum Süd rd. 830). Die Modellrechnungen zeigen, dass alle fünf Jahre im Schnitt 7.000 Bestandswohnungen in EZFH frei werden. Die Zahl der frei werdenden Bestände in den Modellrechnungen liegt deutlich über den tatsächlichen Kauffällen. Hierbei ist aller- dings zu beachten, dass in den Gutachterausschusszahlen nicht die familiäre Weiternutzung der Ge- bäude erfasst wird, d.h. wenn Erben nach Tod oder Umzug der (Groß-)Eltern in das bestehende EZFH ziehen. In den Zahlen des Gutachterausschusses werden nur die tatsächlichen Kauffälle erfasst. Aber auch unter Beachtung dieser Tatsache werden langfristig deutlich mehr EZFH frei werden als neue Nachfrager vorhanden sind. Zumal die Zahl der frei werdenden Bestände in den nächsten Jahren ansteigt, z.B. von 6.700 WE im Zeitraum 2005-2010 bis 7.750 WE im Zeitraum 2020-2025.

5.4.3 Qualitäten der Bestände mit Neubau vergleichen

Alle bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die Leerstände in den jeweils aus der Sicht der Nachfrager schlechtesten Bestandswohnungen entstehen. Dies betrifft v.a. architektonisch und planerisch weniger attraktive Hochhaussiedlungen der 60er und 70er Jahre. In Einfamilienhausgebieten sind die Planungs- fehler im Vergleich zu Hochhauswohnungen deutlich geringer. Allerdings gibt es auch hier problema- tische Entwicklungen und zukünftig möglicherweise auch einen zahlenmäßigen Überschuss. Dann könnten auch diese Gebiete durch ein Versorgungsdefizit und eine starke Überalterung der Bevölke- rung gekennzeichnet sein.

Kapitel 3.1 zeigt, dass der Wohnungsbestand im Oberbergischen Kreis zu 11% aus den 50er Jahren, zu 18% aus den 60er Jahren und zu 11% aus den 70er Jahren stammt. Die typischen Lage- und Objekt- qualitäten der Baualtersklassen bestimmen die Attraktivität der Bestände für Nachfrager. Im Folgen- den wird ein kurzer Überblick über die charakteristischen Vor- und Nachteile der Bestände aus den 50er Jahren sowie aus den 60er und 70er Jahren dargestellt39:

Bestände aus den 1950er Jahren

• Vorteil: In Großstädten ist die städtebauliche Lage der Bestände aus den 50er Jahren oftmals ausgezeichnet (zentrumsnah und dennoch in durchgrüntem Umfeld). Im Oberbergischen Kreis sind die Lageunterschiede der einzelnen Baualtersklassen aufgrund der überschaubaren Stadt- größen (geringere Distanzen als in Großstädten) nicht so deutlich. In den vielen kleinen Dör- fern unterscheiden sich die Lagequalitäten der Bestände überhaupt nicht voneinander, da die Dörfer kontinuierlich gewachsen sind. Charakteristisch für alle 50er Jahre-Bestände sind die relativ großen Grundstückszuschnitte. Im Oberbergischen Kreis haben die aktuell zum Ver-

38 Für den Zeitraum 1998 bis 2007: mit der Annnahme, dass rd. 10% der dargestellten Kauffälle auf Neubauimmobilien entfallen. 39 Teilweise entnommen aus: Berndgen-Kaiser, Andrea/ Fox-Kämper, Runrid (2008): „Anpassung von Wohnsiedlungen der Nachkriegs- zeit an neue Wohnbedürfnisse.“ In: Schmitt, Gisela/ Selle, Klaus (Hrsg.): Bestand? Perspektiven für das Wohnen in der Stadt. Dort- mund: Verlag Dorothea Rohn. S. 429-446.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -113 - empirica kauf angebotenen Einfamilienhäuser der 50er Jahre im Schnitt rd. 1.000 qm große Grundstü- cke, während die durchschnittliche Grundstücksgröße im Neubau bei rd. 600 qm liegt (Median in 2005).40

• Vor- und Nachteil: Architektonische und städtebauliche Qualitäten sind sehr unterschiedlich: Zum einen gibt es gute Beispiele in Anlehnung an die Gartenstadtidee der 20er Jahre. und zum anderen gibt es zahlreiche gestalterisch reduzierte (Zeilen-)Bauten (zwei- bis viergeschossig) in stereotyper Anordnung und mit auf Abstandsgrün beschränkten Freiflächen. Die Gebäude sind „schlicht“, d.h. ohne teure architektonische Ausgestaltungen wie Erker, Nischen oder Gauben. Dachgeschosse sind i.d.R. nicht ausgebaut oder haben eine geringe Dachneigung. Einzige Schmuckelemente sind häufig die Sprossenteilung der Fenster und die Schlagläden aus Holz. Die begrünten Freiräume mit heute z.T. über 50jährigen Baumbeständen bieten gute Voraussetzungen für eine Umstrukturierung in kleinere, private Garteneinheiten oder attraktiv gestaltete Gemeinschaftsflächen. Es fehlen vor allem private und öffentliche Stellplatzanlagen.

• Nachteil: Die Wohnungsgrundrisse entsprechen nicht mehr den heutigen Ansprüchen hinsicht- lich Wohnfläche, Größe der einzelnen Räume oder wohnungsnahen Freiflächen wie Balkon oder Terrasse. Die Grundrisse sind gekennzeichnet durch schmale Flure, zu kleine, innen lie- gende Bäder mit unzureichender Entlüftung, introvertierte und kleinteilige Raumaufteilung. Das meist angehobene Sockelgeschoss erschwert eine barrierefreie Erschließung der Erdge- schosswohnungen. Im Oberbergischen Kreis haben die derzeit zum Verkauf angebotenen Ein- familienhäuser der 50er Jahre eine durchschnittliche Wohnfläche von 130 qm. Die Wohnun- gen in Mehrfamilienhäuser aus den 50er Jahren haben eine durchschnittliche Wohnfläche von 65 qm.41

• Nachteil: Die Bausubstanz ist bis in die Mitte der 50er Jahre durch umfangreiche bauliche Mängel wie z.B. mangelhafte technische Ausstattung bei der Elektro- und Badausstattung, schlechte, billige Baustoffe oder einen fehlenden Schallschutz zwischen den Geschossebenen und den Wohnungen gekennzeichnet. Die Außenwände weisen oft sehr kleine Querschnitte mit schlechten Wärme- und Schallschutzeigenschaften auf. Bei den Heizsystemen herrscht noch die Einzelofenheizung vor. Die Fenster sind i.d.R. einfachverglast und aus Holz. Die ty- pischen Balkone der 50er Jahre als auskragende Betonkonstruktion sind bautechnisch und bauphysikalisch sehr problematisch. Eine Sanierung ist schwierig, häufig ist es einfacher, neue Balkone mit neuer Tragkonstruktion vor die Fassade zu stellen. Ab dem Inkrafttreten des II. Wohnungsbaugesetzes 1956 herrscht eine solidere Ausführung vor. Allerdings entsprechen al- le Wohnungen der 50er Jahre nicht den heutigen Energiestandards.

40 empirica-Preisdatenbank (IDN ImmoDaten GmbH) 41 empirica-Preisdatenbank (IDN ImmoDaten GmbH)

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -114 - empirica Bestände aus den 1960/70er Jahren

• Nachteil: In Großstädten befinden sich Siedlungen aus den 1960 und 70er Jahren häufig in städtebaulich unattraktiven Lagen, nämlich an peripheren Stadtrandlagen. Auch im Oberbergi- schen Kreis findet man in den Kernorten die Bestände aus den 60 und 70er Jahren eher in Stadtrandlagen, allerdings sind diese aufgrund der geringeren Distanzen immer noch „zentral“ (häufig nur wenige Minuten Fahrtzeit bis zum Stadtzentrum). Dennoch fehlt es vielfach an quartiersbezogenen Versorgungsinfrastrukturen und einer ÖPNV-Anbindung (sowohl bei Ge- schosswohnungssiedlungen als auch bei Einfamilienhausgebieten). Das Versorgungsdefizit wirkt sich insbesondere bei älteren, allein lebenden Mensachen negativ auf die Wohnqualität aus.

• Nachteil: In den 60er und 70er Jahren wurden hochverdichtete Wohnsiedlungen mit schwieri- gen Bauformen (z.B. Hochhäuser/Plattenbauten) realisiert, die zu überforderten Nachbarschaf- ten und ausgeprägten wohnungswirtschaftlichen und sozialen Problemen führten. Im Oberber- gischen Kreis treten diese Siedlungsgroßformen nicht in der Größe und Abgeschiedenheit auf wie dies in Großstädten der Fall ist, allerdings gibt es auch hier in den Kernorten vereinzelt Gebiete mit mehreren Hochhäusern, die durch architektonische und städtebauliche Defizite gekennzeichnet sind. Während in den 60er Jahren aufgrund des zunehmenden Wohlstandes vermehrt Wert auf die Gestaltung der Gebäude gelegt wurde (z.B. wurden die Fassaden viel- fältiger und das Flachdach kam neu hinzu), sind die Gebäude der 70er Jahre wiederum von ei- nem uniformen und massiven Erscheinungsbild geprägt, da hier versucht wurde, die Industria- lisierung auf das Wohnen zu übertragen. Reihenhäuser der 60 und 70er Jahre haben im Ver- gleich zum Geschosswohnungsbau derselben Jahrgänge den Vorteil, dass die Bewirtschaf- tungskosten niedriger sind als in Hochhäusern (Fahrstuhl, teure Dienstleistungen wie z.B. Hausmeister, Verwaltung etc.).

• Vorteil: Die Wohnungsgrundrisse können hinsichtlich der Wohnfläche und der Ausstattung auch mit Blick auf die Anforderungen einer alternden Bevölkerung (Zugang zur Wohnung, Grundrisse) genügen. Die Grundrisse in den 60er Jahren sind das Ergebnis einer funktional ausgerichteten Architektur (Trennung zwischen Wohn- und Schlafbereich). Im Gegensatz zu vorhergehenden Bauperioden sind die Wohnungen großzügiger und die Fensteröffnungen größer. Die Grundrisse der 70er Jahre Wohnungen sind auf ein System von Fertigbauteilen ausgerichtet und weisen daher teilweise schwierige Zuschnitte mit kleinen Räumen auf. Im Oberbergischen Kreis haben die derzeit zum Verkauf angebotenen Einfamilienhäuser der 70er

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -115 - empirica Jahre eine durchschnittliche Wohnfläche von 160 qm, Eigentumswohnungen in 70er Jahre Gebäuden im Schnitt 80 qm.42

• Nachteil: Die Gebäude aus den 60/70er Jahren unterscheiden sich energetisch nur geringfügig von den Gebäuden aus den 50er Jahren. In den 60er und 70er Jahren wurde zunehmend mit Baumaterialien experimentiert. Beton, Stahl und Glas wurden häufiger eingesetzt. Die Bau- substanz weist insbesondere Mängel hinsichtlich der Energieeffizienz auf. Typische Schwach- stellen sind fehlende Fassadendämmungen, die Decken, Dachstühle, Rollladenkästen, Heiz- wasser- und Warmwasserleitungen; Wärmebrücken (durchlaufende Geschossdecke zum Bal- kon) sowie Einfachverglasungen von Fenstern und Türen. An die Stelle der Ölheizung ist na- hezu umfassend die Zentralheizung getreten. Die 70er Jahre sind unter dem Eindruck der ers- ten Ölkrise durch wärmetechnische Verbesserungen gekennzeichnet (Fassaden i.d.R. mit 4-6 cm Dämmstoff versehen).

Der schnelle technische Fortschritt insbesondere im energetischen Bereich sowie die sich wandelnden Wohnansprüche (hellere und größere Zimmer, mehr Wohnfläche, in Ansätzen bereits barrierefrei) entwerten die Qualität der Bestände der 50er, 60er und 70er Jahre gegenüber dem Neubau. Bei Neu- bauobjekten im Oberbergischen Kreis besteht daher tendenziell eine höhere Wohnqualität, denn diese verbinden die landschaftlich ansprechende Lage mit den Qualitäten eines Neubaus (hoher energeti- scher und technischer Standard und nachfragegerechte Grundrisse), sind dafür aber entsprechend teurer (vgl. Kap. 5.4.4). Bestände müssen daher, um mit Neubauobjekten konkurrieren zu können, über den besonders günstigen Preis und ggf. gute Lage Attraktivität anbieten. Kosten für erforderliche Modernisierungsmaßnahmen (häufig ist in älteren gebrauchten Einfamilienhäusern ein regelrechter Modernisierungsstau zu beobachten) müssen vom so ermittelten theoretischen Kaufpreis noch zusätz- lich abgezogen werden, denn er fällt für den potenziellen Käufer wie ein zusätzlicher Kaufpreis ins Gewicht. Demgegenüber stehen aber die häufig unrealistisch hohen Preiserwartungen der Verkäufer.

Die steigenden Energiekosten beeinflussen zunehmend auch die Entscheidung des Hauskaufs. Gute Isolierung und Südlage (auch mit der Option eines Solardaches) werden wichtiger. Dadurch erlangt der Neubau hier ganz neue Preisvorteile: Durch die niedrigeren Betriebskosten zahlt sich auch ein höherer Kaufpreis aus. Die Nachfrage verschiebt sich cet. par. in Richtung Neubau. Andererseits sind zentrale Standorte fast nur im Bestand zu haben. Da diese immer wichtiger werden, steigt cet. par. auch die Nachfrage in Richtung der zentralen Lagen im Bestand. Die Verlierer dieser Nachfragever- schiebungen sind die dezentralen Bestandsobjekte. Man kann davon ausgehen, dass bei nachlassender Wohnungsnachfrage vor allem ältere Häuser (mit hohen Betriebskosten und ggf. ungünstigen Grund- rissen) in dezentraler/dörflicher Lage das höchste Leerstandsrisiko haben. Anders als in Großstädten

42 empirica-Preisdatenbank (IDN ImmoDaten GmbH)

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -116 - empirica fehlt ihnen auch das „Altstadtflair“ der Altbauwohnungen, die das Wohngebiet per se wieder attraktiv erscheinen lassen.

5.4.4 Realistische Preiserwartungen für Bestandsimmobilien entwickeln

Die Vermarktbarkeit der Bestandswohnungen hängt entscheidend von der Preisvorstellung der Eigen- tümer ab: Gerade junge Familien sind sehr preissensibel. Sie nehmen – im Vergleich zu einem Rei- henhaus in zentralerer Lage – die Nachteile der weiteren Entfernung zum Arbeitsort nur in Kauf, wenn die Wohnqualität deutlich höher und/oder der Preis deutlich niedriger ist. Die relativen Preisun- terschiede von Neubau- zu Bestandswohnungen unterschiedlicher Baualtersklassen sind daher ein weiteres Indiz für die Attraktivität von Beständen. Man kann vermuten, dass die Preise für Bestands- wohnungen durch Wohnungsknappheit angehoben werden und sich so auf etwa gleichem Niveau wie Neubaupreise halten können. Tabelle 10 zeigt als Tendenz, dass die Angebotspreise der Bestände in entspannten Märkten relativ gegenüber der allgemeinen Preisentwicklung im Neubau zurückbleiben. Um diese Entwicklung besser nachvollziehen zu können, haben wir uns verschiedene Regionen ange- schaut. In den angespannten Märkten Köln, Bonn und Rhein-Sieg-Kreis liegen die Medianpreise für Einfamilienhäuser in allen Baualtersklassen in etwa auf gleichem Niveau (Spanne von 93 bis 102%).

Tabelle 10: Aktuelle Angebotspreise von Einfamilienhäusern (fEFH, DHH, RH) nach Baualtersklassen* für die Jahre 2005-2007 Absolute Angebotspreise

Medianpreis für EFH (150qm) in EUR nach Baujahren 50er Jahre 60er Jahre 70er Jahre Neubau Köln 314.745 € 328.512 € 318.909 € 327.666 € Bonn 290.070 € 291.014 € 292.471 € 308.263 € Rhein-Sieg-Kreis 243.000 € 253.807 € 266.129 € 259.924 € Oberbergischer Kreis 188.870 € 175.253 € 184.091 € 236.697 € Vogelsbergkreis 115.787 € 132.089 € 177.550 € 213.579 € Verhältnis der Angebotspreise im Neubau zu unterschiedlichen Beständen

50er Jahre 60er Jahre 70er Jahre Neubau Köln 96% 100% 97% 100% Bonn 94% 94% 95% 100% Rhein-Sieg-Kreis 93% 98% 102% 100% Oberbergischer Kreis 80% 74% 78% 100% Vogelsbergkreis 54% 62% 83% 100% * Neubau definiert ab Baujahr 2004 Quelle: empirica-Preisdatenbank (IDN ImmoDaten). empirica

Im Oberbergischen Kreis bleiben die Angebotspreise der Bestände leicht hinter den Neubaupreisen zurück (74 bis 80%). Zum Vergleich wird hier der ländlich strukturierte Vogelsbergkreis in Hessen herangezogen: Die großen relativen Preisunterschiede zwischen Bestand und Neubau zeigen sich im

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -117 - empirica Vogelsbergkreis besonders deutlich (54 bis 83%). Die Bevölkerungsentwicklung im Vogelsbergkreis ist schon seit mehreren Jahren deutlich rückläufig, ebenso die Zahl der SVP-Beschäftigten. Der Vo- gelsbergkreis (Nordhessen) steht damit regionalökonomisch heute bereits dort, wo der Oberbergische Kreis im ungünstigen Fall in 2020 möglicherweise stehen könnte (Schrumpfungsszenario). Es stellt sich die Frage, ob sich hier eine ähnliche Preisentwicklung abzeichnen wird. Es sollte in Zukunft sehr genau beobachtet werden, welche Objekttypen an Wert verlieren, ob es zu Unterschieden zwischen einzelnen Baualtersklassen kommt und ob sich Unterschiede innerhalb einzelner Baualtersklassen in unterschiedlichen Lagen abzeichnen. Nach den derzeitigen Erkenntnissen wird der Preisrückgang der Bestände im Vergleich zum Neubau zuerst im nördlichen Teilraum des Kreises zu beobachten sein.

5.4.5 Fördermöglichkeiten rational einschätzen

Das Thema der Bestandsentwicklung erfährt zwar eine große Aufmerksamkeit in der Fachöffentlich- keit, allerdings nehmen die Kommunen des Oberbergischen Kreises ihre Probleme und Aufgaben vor Ort noch nicht wirklich umsetzungsorientiert wahr, da nach Einschätzungen der Planungsämter der einzelnen Gemeinden des Oberbergischen Kreises derzeit noch keine problematischen Leerstände in Bestandswohnungen sichtbar sind. Vielen ist dennoch bewusst, dass es langfristig, insbesondere in den kleineren Umlandortsteilen (landwirtschaftliche Gebäude, Dörfer ohne jegliche Infrastruktur) und in besonders schlechten Lagen, zu Leerständen kommen kann.

Wie eingangs erläutert (vgl. Kap. 5.4.1, Seite 107), können nicht alle drohenden Leerstände mit öffent- lichen Mitteln verhindert werden. Man muss genau unterschieden: Es wird zukünftig Bestände geben, die auch langfristig noch für Nachfrager attraktiv sind (A), andere werden Unterstützung brauchen (B) und ein Teil der Bestände wird ggf. dauerhaft nicht mehr vermarktbar sein (C). Die Kommunen müs- sen sich entscheiden, wann und wo sie eingreifen wollen und können. Es ist nicht ihre Aufgabe, die Preise für alle privaten Eigentümer zu stabilisieren. Sie sollten vielmehr dort eingreifen, wo erste Anzeichen einer Unterauslastung von Infrastrukturen sichtbar werden, die sich negativ auf die Allge- meinheit auswirken. Leerstände in Beständen werden sich zum Teil diffus entwickeln. Aktuell ist die Leerstandsproblematik noch kein Thema in der Öffentlichkeit – vor allem noch nicht für die Eigentü- mer. Für Kommunen ist es daher wichtig, Problemlagen frühzeitig zu erkennen, um Standorte mit guter Lagequalität und vorhandenem Infrastrukturangebot zu retten und die Eigentümer entsprechend zu beraten.

(A) Langfristig attraktive Bestände

Langfristig attraktiv sind Bestandsobjekte, die über eine hohe Lagequalität verfügen, d.h. ein attrakti- ves Wohnumfeld mit einer guten Infrastruktur (Nahversorgung für den täglichen Bedarf, Ärzte, Kin- derbetreuungseinrichtungen) und einer guten Verkehrsanbindung (BAB in 10 Minuten, Bahnhof) vorweisen können.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -118 - empirica Exkurs: Dies zeigt beispielsweise auch das 50er Jahre Bestandsgebiet „Düsterohl“ in Wipper- fürth (siehe auch Abbildung 46). Obwohl die 50er Jahre Wohnungen nicht mit den Qualitäten eines Neubaus mithalten können (sehr kleine Fenster, kleine Wohnungsgrößen, keine Balkone, unausgebaute Dachgeschosse, leicht heruntergekommene Fassaden etc.), haben dort in den letzten Jahren viele Familien die Chance genutzt, eine Wohnung zu kaufen (Privatisierungs- welle der Aachener Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft mbH Köln).43

Abbildung 46: 50er Jahre Siedlung in Wipperfürth

bereits verkaufte Wohnungen mit Dachausbau durch unterschiedliche Dachgauben (Bild rechts: „Mehrgenerationenhaus“ - Familie hat zwei Wohnungen gekauft und lebt zusammen mit den Großeltern unter einem Dach)

zwei Wohnungen stehen noch leer Straßenzug „liebevolle“ Vorgartengestaltung (linke Hälfte)

starke Durchgrünung, z.T. noch Sondernutzungsrecht im Garten neuer Zugang zum Garten gemeinschaftlich genutzt Quelle: Eigene Fotos. empirica

43 Z.B. kostet eine 3-Zimmer Erdgeschosswohnung (50qm) 55.000€ (Sondernutzungsrecht im Garten, Wanddurchbruch noch notwendig).

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -119 - empirica Die Vorteile der Siedlung liegen ganz klar in der zentralen Lage (10 Minuten Fußweg bis zur Wipperfürther Innenstadt, 1 km), der Nähe zu Infrastrukturen (Nahversorgung in der Innen- stadt, Grundschule, Kindergarten etc.) und der starken Durchgrünung im Wohngebiet (früher gemeinschaftliche Grünbereiche – typische Freiflächen bei 50er Jahre Zeilenbauten – heute zum Teil mit privaten Sondernutzungsrechten belegt). Um den Siedlungscharakter zu erhalten, hat die Gemeinde Wipperfürth einen Baustopp erteilt und gemeinsam mit einem Architekten verschiedene Varianten an Dachgauben, Erdgeschosserweiterungen und Wintergärten entwi- ckelt, aus denen die privaten Eigentümer wählen können. Dies stärkt die langfristige Wertsta- bilität der Siedlung, muss allerdings möglichst zeitnah erfolgen, um potenzielle Investoren nicht unnötig lange von den Umbaumaßnahmen abzuhalten.

Zentrale Lagen sind nicht nur für junge Familien interessant, sondern insbesondere auch für Senioren. Den Erhalt dieser Bestände regelt die Nachfrage am Markt von selbst, hier muss die Gemeinde nichts tun. Sie kann dennoch den privaten Eigentümern oder Wohnungsgesellschaften beratend zur Seite stehen, wenn es z.B. um die Modernisierung geht (Hinweise auf mögliche Fördermittel, bereits reali- sierte gute Referenzobjekte, Kontakte zu Architekten etc.). Privatisierungen und Modernisierungen können jedoch auch zu Verdrängungen der jetzigen Bewohner führen (häufig ältere Menschen, die sich den Kauf ihrer langjährigen Mietwohnung nicht leisten können). Falls es während der Umstruktu- rierungsphase der Siedlung zu Zusammenlegungen von Kleinstwohnungen aus den 50er Jahren zu attraktiven größeren Wohnungen kommt, werden Teile der früheren Bewohner verdrängt. Die Ge- meinde sollte in solchen Fällen über ergänzende Neubaumaßnahmen von (barrierefreien) Geschoss- wohnungen nachdenken. Im besten Fall als Nachverdichtung in den Bestandsgebieten, um so auch eine gute Altersdurchmischung und den Fortbestand der sozialen Netzwerke im Gebiet sicherzustellen.

Auch für größere Bestände von Wohnungsunternehmen lohnt sich für Objekte in guten städtebauli- chen Lagen, die nach dem II. Wohnungsbaugesetz gebaut wurden, eine Modernisierung. Hier kann die Kommune ebenfalls beratend tätig werden und ggf. eine Nachverdichtung mit Neubau planungsrecht- lich unterstützen. Durch einen Anschluss von Neubauwohnungen an Bestände besteht die technische und wirtschaftliche Möglichkeit, eine Aufzugsanlage zu integrieren und die Bestände so den Bedürf- nissen älterer Bewohner anzupassen.

(B) Bestände, die Unterstützung brauchen

Schwieriger sieht die Zukunft der Bestandsobjekte in kleinen Dörfern ohne größere Infrastrukturein- richtungen aus. Häufig gibt es hier nur einen Bäcker oder Kiosk, in Einzelfällen einen Kindergarten oder es fehlt ganz an Infrastrukturen. Um solche Dörfer langfristig zu erhalten, muss eine Alters- durchmischung ermöglicht werden. Dies erfordert (günstiges) Bauland für Familien (Steuerung über subventionierte Grundstückspreise in Abhängigkeit von Kinderzahl/-alter). Baulandausweisungen in kleinen Dörfern werden zwar keine „Fremden“ anlocken, aber ermöglichen zumindest eine bessere kleinräumige Steuerung der Nachfrager in der Gemeinde. „Familiengrundstücke“ sollten vorrangig

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -120 - empirica dort „reserviert“ werden, wo beispielsweise einem Kindergarten die Schließung droht oder noch vorhandene Infrastrukturen an einer Unterauslastung leiden.

Neben der Nachverdichtung der Dörfer besteht eine weitere Zukunftsaufgabe darin, die Bestände zu modernisieren, um sie an die neuen Anforderungen der Nachfrager anzupassen. Insbesondere die Zunahme an älteren Menschen erfordert eine Umstrukturierung der Bestände und die Schaffung von Serviceangeboten im Wohnumfeld. Ältere Menschen wollen in erster Linie in der angestammten Wohnung bleiben und möglichst lange ein selbständiges Leben führen. Hier bedarf es an Unterstüt- zungsleistungen sowohl in Bezug auf bauliche Veränderungen als auch auf den Alltag. Diese Leistun- gen können beispielsweise von der Kommune in Zusammenarbeit mit sozialen Trägern, den Kirchen, etc. erbracht werden (Details hierzu siehe Kapitel 5.5. ab S. 124). Neben den Senioren benötigen aber auch jüngere Eigentümer (Erben) Informationen zu möglichen Anpassungs- und Modernisierungs- maßnahmen.

Die Kommunen sollten daher die Bewohner und potenziellen Nachfrager intensiv beraten und infor- mieren (z.B. spezieller Ansprechpartner im Rathaus, Organisation von regelmäßigen Kontaktbörsen oder Informationstagen). Folgende Themen könnten dabei im Vordergrund stehen: Aufklärung über Marktpreise von Neubau- bzw. Bestandsobjekten in der Region, Hinweise zu Sanierungs- und Moder- nisierungskosten (auch speziell für eine energetische Aufwertung), Beratung zu möglichen Fördermit- teln, Herstellung von Kontakten zu Maklern und lokalen Handwerkern (z.B. „Pro-Handwerkerliste“: Handwerker, bei denen es vermehrt zu Klagen von den Bauherren gekommen ist, werden von der Liste gestrichen), Beratung von verkaufs- und vermietungswilligen Erbengemeinschaften etc..

(C) Bestände, die langfristig nicht zu halten sind

Langfristig gibt es unterschiedliche Bestandstypen, deren Erhalt sich nicht mehr rentieren wird. Dies sind Objekte, die vom Markt (also den Nachfragern) nicht akzeptiert werden und bei denen sich unter- stützende Maßnahmen (Modernisierung der Bausubstanz, Anpassung der Grundrisse, Dienstleistungen im Wohnumfeld etc.) finanziell nicht mehr rentieren bzw. sich keine Abnehmer finden, weil ausrei- chend Alternativen vorhanden sind.

• Bei nicht marktfähigen Beständen in zentralen Lagen mit niedrigen baulichen und energeti- schen Qualitätsstandards empfiehlt sich ein Abriss mit anschließendem Neubau von eigen- heimadäquaten Bautypologien.

• In Siedlungssplittern mit landwirtschaftlich untergenutzten Gehöften können sich in Einzelfäl- len individuelle Nachnutzungen durch den Markt ergeben, wie z.B. Reiterhöfe oder ähnliche touristische Konzepte. Dies wird allerdings nicht die Regel darstellen. Gezielte Werbemaß- nahmen könnten vielleicht Nachfrager aus Köln oder Bonn für ein solches Projekt interessie- ren. Anzudenken sind hier Mietwohnungen und Mieteinfamilienhäuser für Familien mit Kin- dern, welche bis zum Grundschuleintritt eine ländliche Lage bevorzugen.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -121 - empirica • Für nicht marktfähige Bestände in besonders schlechten Lagen (z.B. hinsichtlich Verkehrsan- bindung, Lärmbelastung) bei gleichzeitig fehlender Infrastruktur und schlechter Bausubstanz kann ein Abriss ohne Nachnutzung die einzige Lösung sein. Dabei hat der Eigentümer – vor allem, wenn nicht selbst am Ort ansässig – häufig kein Interesse, die Kosten des Abrisses zu übernehmen, da diesen keine Einnahmen gegenüberstehen. Zum Umgang mit dieser Problem- stellung vgl. Kap. 4 ab S. 156 (Anhang).

5.4.6 Bestandsmodernisierung: Privatinitiativen fördern

Aufgrund des bisher fehlenden Problembewusstseins haben die Gemeinden noch keine systematischen Instrumente oder Maßnahmen für die Bestandsentwicklung erarbeitet. Allerdings gibt es erste Projek- te, die von außen (Anfragen durch Bewohner, Wohnungsunternehmen) angestoßen wurden, aber nun in Zusammenarbeit mit den Kommunen realisiert werden.

• In Wipperfürth kam es in den letzten Jahren zu einer Privatisierungswelle in einer 50er Jahre Siedlung („Düsterohl“). Da sich Bauanfragen von neuen Eigentümern nach Dachgeschossaus- bauten, Dachgauben, Erdgeschosserweiterungen etc. gehäuft haben, hat die Gemeinde zu- sammen mit einem Architekten verschiedene Varianten für einen Umbau dieser Haustypen entwickelt, um die Charakteristik der Siedlung zu erhalten und eine geordnete Modernisierung zu gewährleisten (siehe auch Kap.5.4.5).

• In Hückeswagen hat die Genossenschaft für Bau- und Siedlungswesen aufgrund zunehmender Leerstände in Beständen im Stadtteil Wiehagen den Anstoß für ein Stadtteilentwicklungskon- zept (z.B. optische Aufwertungen in den Eingangsbereichen, Fassaden, Außenraum, mögli- cherweise Abriss einzelner Gebäude) gegeben. Die Finanzierung erfolgt durch den Bauträger. Die Kommune steht als Berater und Vermittler dem Bauträger zur Seite und ergänzt die Maß- nahmen ggf. durch Aufwertungen im öffentlichen Raum (z.B. neuer Spielplatz).

• In Reichshof reagierte die Kommune auf Anfragen von Immobilienmaklern und privaten Ei- gentümern bezüglich des Leerstands in einem V-geschossigen Mehrfamilienhaus der 70er Jah- re mit einer Bebauungsplan-Anpassung. Der Bebauungsplan wurde geändert, so dass Baurecht für freistehende Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Doppelhaushälften geschaffen wurde.

• Die Baugenossenschaft Wiehl eG44 modernisiert aktuell insgesamt elf 70er Jahre Gebäude mit 168 Wohneinheiten, die den Anforderungen der Mieter nicht mehr entsprochen haben. Leer- stände zeichneten sich zwar noch nicht ab, aber man wollte dennoch die Gebäude insbesonde- re in energetischer Hinsicht auf Neubaustandard bringen (Senkung der Heizkosten im Idealfall um 50%). Folgende Arbeiten standen im Vordergrund der Maßnahme: Sanierung der Balkone

44 Baugenossenschaft Wiehl eG (2007): „Planung und Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen durch externe Dienstleister.“ In: DW | Die Wohnungswirtschaft. Dezember 2007, 60. Jahrgang. S. 46-47.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -122 - empirica (Erweiterung und Verglasung), Wärmedämmung von Fassaden, Dächern und Kellerdecken, Strangsanierung im bewohnten Zustand (Austausch der alten Be- und Entwässerungsrohre), Baderneuerung unter Einbeziehung der Mieterinteressen, Erneuerung der Elektroverteilung, Verschönerung und Erweiterung der Hauseingangsbereiche, Kabelanschlüsse, Erneuerung Außenanlagen etc.

All dies sind gute Beispiele dafür, wie Kommunen auch ohne große finanzielle Eigenleistung Maß- nahmen gegen Leerstandsentwicklungen durchführen können. Es kostet sie nur einen geringen Auf- wand, schon angedachte Privatinitiativen, für die es demnach bereits private Investoren gibt, aktiv zu begleiten: Die Kommune kann Gebiete umplanen (Überarbeitung des B-Plans), Investoren beraten, private Einzelinitiativen ordnen und aufeinander abstimmen und so die privaten Initiativen – auch aus einem kommunalen Interesse heraus - unterstützen.

5.4.7 Transparenz durch Monitoring schaffen

Erfahrungsgemäß stellt sich die Vermarktung bestehender Leerstände meist schwierig dar. Bisher gibt es im Oberbergischen Kreis aber erst wenige Leerstände. Infolgedessen fehlen auch Erfahrungswerte, welche Bestände zukünftig besonders durch Leerstand gefährdet sind. Es empfiehlt sich neben einer laufenden Marktbeobachtung (siehe Kap. 5.3.2, S. 96), eine Monitoring-Stelle für „Bestandsfragen“ einzurichten, um problematische Entwicklungen zu erkennen und frühzeitig darauf reagieren zu kön- nen. Diese sollte am besten beim Kreis selbst eingerichtet werden, wo alle Informationen zu bestehen- den Leerständen zusammen laufen. Private und öffentliche Eigentümer werden aufgefordert, alle Bestände, die über einen längeren Zeitraum keinen Käufer finden, zu melden. Beim Kreis werden daraufhin alle Informationen zu Lage, Objekttyp, Baualter, Investitionsbedarf, Preisvorstellung etc. gesammelt und ausgewertet. Eine weitere Möglichkeit der Leerstandserfassung kann die Zusammen- arbeit mit lokalen Energieversorgern darstellen. Mit ihnen kann eine Vereinbarung darüber getrof- fen werden, dass alle Wohnungen, in denen über einen längeren Zeitraum keine Energie verbraucht wird, als Leerstand gemeldet werden.

In einer ersten Stufe besteht die Hauptaufgabe des Kreises daher darin, als Berater den Eigentümern zur Seite zu stehen und über mögliche Fördermittel bei Modernisierungen, Finanzierungsfragen, Kontakten zu Architekten, Maklern, etc. zu informieren. Falls sich im Laufe der Zeit die Anzahl der schwer vermarktbaren Objekte häuft, kann in einer zweiten Stufe der Kreis in Kooperation mit Im- mobilienmaklern und ggf. Architekten („Maklernetzwerk“) nach und nach abgestimmte Umbau-, Neugestaltungs- und Nutzungsmöglichkeiten für diese Objekte visualisieren. Das so erstellte Exposé zeigt einem Interessenten, wie eine mögliche Umgestaltung des leer stehenden Objektes aussehen kann und darf. So können Vorbehalte dem Kauf einer Immobilie gegenüber abgebaut und die Ver- kaufschancen erhöht werden. Langfristig ist zu erwarten, dass manche Leerstände nicht über den Immobilienmarkt vermarktet werden können, wie Immobilien mit ungünstigen Grundstückszuschnit-

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -123 - empirica ten oder schwer bewirtschaftbarer Bausubstanz. Insofern müssen langfristig weitergehende Ansätze entwickelt werden.

In der Vergangenheit waren solche Probleme auf wenige spezifische Situationen konzentriert. Häufig wurden die Kosten der Restrukturierung von der öffentlichen Hand getragen und den Alteigentümern, trotz fehlender Ertragswerte, hohe Substanzwerte garantiert. Zukünftig dürften sich die klassischen Sanierungsmaßnahmen aufgrund der fiskalischen Lasten nicht mehr in vollem Umfang realisieren lassen, da es aufgrund der demografischen Entwicklungen zu einem steigenden Angebot an leer ste- henden Objekten kommen wird. Während die negativen Ausstrahlungen von Leerständen in der An- fangsphase noch verkraftbar sind (Erscheinungsbild bleibt vorerst weitgehend unverändert), nimmt der bauliche Verfall stetig zu. Es ist nicht Aufgabe der Kommunen, die Eigentümer oder die potentiellen Käufer in jedem Fall mit Subventionen für eine Sanierung oder Umnutzung zu unterstützen. Da dies langfristig einen Preisverfall durch Subventionserwartungen verhindert. Die Kommunen müssen daran interessiert sein, dass dort, wo keine marktwirtschaftlichen Verwertungen mehr möglich sind und die Ertragswerte auf Null absinken, auch die Marktpreise in der Nähe von Null liegen. Damit geraten die Kommunen in eine Instrumentenzwickmühle. Bieten sie Subventionen an, steigen die Preise, und die Subventionen sind zu einem erheblichen Teil ineffektiv. Bieten sie keine Subventionen an, kommt es zu einer lang anhaltenden Innerortsbrache mit negativen Auswirkungen und Ausstrahlungen auf die restlichen Gebäude. Die Kommunen haben jedoch die Chance, auf Kooperationen zu setzen. Sie können die Erwartungen der Eigentümer beeinflussen und ihre möglichen Förderinstrumente mög- lichst so verwenden, dass es nicht zu Preissteigerungen und zu steigenden Preiserwartungen kommt.

In aktuellen Gutachten für Gemeinden in Nordhessen (im Rahmen von Stadtumbau-Projekten) schla- gen wir weitere Instrumente für den Umgang mit leer stehenden Beständen vor. Die regionalökonomi- sche Situation in Nordhessen stellt sich deutlich schlechter dar als im Oberbergischen Kreis und bietet somit eine „Vorausschau“ auf mögliche Entwicklungen. Dieser Exkurs (vgl. im Anhang Kap. 4, S. 156) auf mögliche Innenentwicklungsinstrumente gibt einen Ausblick darauf, welche Möglichkeiten der Oberbergische Kreis hat, um – auch in einem fortgeschrittenen Stadium eines Schrumpfungsszena- rios – mit dem Bestand umzugehen.

5.5 Zukünftige Wohnformen für Senioren

Das Thema „Wohnen im Alter“ gewinnt zunehmend an Bedeutung, da sich der Zuwachs an Haushal- ten zukünftig im Wesentlichen bei den älteren Haushalten abspielt. Im Besonderen stellt die alternde Bevölkerung neue Anforderungen an die Wohnungswirtschaft (natürlich neben einer attraktiven Lage mit der Nähe zu Infrastrukturen, Ärzten und einer Grundversorgung im Einzelhandel). Zudem wächst die individuelle Bedeutung der Wohnung, weil gerade im höheren Lebensalter die Menschen mehr Zeit in der eigenen Wohnung verbringen und diese somit die Lebensqualität im Alter weitgehend mit bestimmt. Für eine hohe Lebensqualität im Alter ist vor allem eine selbständige und eigenverantwort-

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -124 - empirica liche Lebensweise erwünscht, so dass die Wohnung den spezifischen Bedürfnissen und Belangen des Alters entsprechen muss.

Rund 80% der Pflegetätigkeiten werden bislang überwiegend informell von Ehefrauen, Töchtern und Schwiegertöchtern übernommen und somit ein Wohnen zu Hause gewährleistet. Diese Pflegepersonen werden zukünftig seltener zur Verfügung stehen (z.B. aufgrund eigener Erwerbstätigkeit oder weil sie selbst alt sind, Abnahme der familiären Netzwerke). Zukünftig wird das System der informellen Hilfs- und Pflegeleistungen für Ältere wohl so nicht zu halten sein, weil immer weniger Senioren eigene Kinder haben werden, so dass das informelle Angebot durch „formelle“, organisierte Hilfsangebote Dritter ersetzt werden muss. Neue Wohn- und Lebensformen für Ältere werden daher zukünftig eine größere Rolle spielen als bisher.

Der Wunsch, in den „eigenen vier Wänden“ alt zu werden, ist heute noch genauso stark wie vor 20 Jahren. Allerdings steht den älteren Menschen heute eine Vielzahl von Optionen offen, um ihr Leben in traditionellen Wohnformen abzusichern. Zusätzlich existiert auch eine Fülle von „neuen“ Wohnal- ternativen.

Zur Identifizierung der individuellen Wohnbedürfnisse und -wünsche älterer Menschen müssen insbe- sondere deren unterschiedliche Lebenslagen und -stile beachtet werden. Dazu gehören die verschiede- nen Altersgruppen der Senioren, die unterschiedlichen Einkommensverhältnisse sowie die ungleichen Gesundheitszustände (junge Alte, Alte mit Hilfe- und Pflegebedarf, demente und gerontopsychiatri- sche Patienten).

Die traditionellen Formen des altengerechten Wohnens, insbesondere die Altenwohnheime, werden an Bedeutung verlieren. Die klassischen Pflegeheime werden aufgrund der wachsenden Zahl an Hochbe- tagten jedoch weiterhin eine gesicherte Nachfrage haben (die Anzahl der Pflegebedürftigen wird bis 2020 um 1 Mio. zunehmen). Neben den Alten- und Pflegeheimen gibt es eine Vielzahl an weiteren (traditionellen und neuen) Wohnformen für das Alter:

• Normalwohnung (altersgerechter, barrierefreier Umbau, Angebot an ambulanten Diensten, Haushaltshilfen aus osteuropäischen Billiglohnländern)

• Betreutes Wohnen, Wohnanlagen mit integrierten Betreuungsangeboten und Gemeinschafts- einrichtungen

• Wohnresidenzen bzw. -stifte, hochpreisige Wohnanlagen mit hotelähnlichem Service

• Neue Wohnformen (selbstorganisierte, gemeinschaftliche Wohnprojekte, Mehrgenerationen- wohnen, betreute Wohngemeinschaften, intelligente Wohnungen etc.)

Im Oberbergischen Kreis gibt es zahlreiche Alten- und Pflegeheime sowie Angebote des Betreuten Wohnens, aber nur wenige neue Wohnformen. Aufgrund der fehlenden Angebote an neuen Wohnfor- men sind bisher erst wenige Umzüge von Senioren zu beobachten. Die Wohnwünsche der zukünftigen

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -125 - empirica Senioren verändern sich im Vergleich zur jetzigen Senioren-Generation. Man kann zukünftig davon ausgehen, dass sich die Nachfrage nach neuen Wohnformen erhöhen wird. Beispielhaft werden hier zwei bereits existierende „neue Wohnformen“ des Oberbergischen Kreises aufgelistet:

• Das CBT-Mehrgenerationenhaus45 „Miteinander leben und wohnen“ in Wipperfürth mit 35 barrierefreien Mietwohnungen für Menschen verschiedener Altersgruppen und Lebenslagen. Die Idee ist, sich gegenseitig zu helfen und zu unterstützen (z.B. Erledigung von Einkäufen, Fahrdienste, Begleitung zum Arzt, Unterstützung bei Kinderbetreuung, Blumenpflege im Ur- laub etc.). Den Mietern stehen ein Gemeinschaftsraum sowie eine Mitarbeiterin der CBT als Moderatorin zur Verfügung.

• Das derzeit in Planung befindliche Senioren-Wohnprojekt in Reichshof. Hier baut ein privater Investor ein Bestandsgebäude zu einem neuen Wohn- und Geschäftshaus um. Ins Erdgeschoss kommen Arztpraxen, in die oberen Etagen rd. 15 Einzelappartements mit Gemeinschaftsküche und Aufenthaltsraum.

Aber welche Wohnformen wünschen sich die älteren Bewohner des Oberbergischen Kreises? Sind sie überhaupt bereit, ihre Wohnsituation im Alter noch mal zu verändern? Und was würden sie gerne verändern? Wobei können ihnen die Kommunen behilflich sein? In den nächsten drei Kapiteln versu- chen wir, diese Fragen ansatzweise zu beantworten.

5.5.1 Wohnwünsche und Umzugsmobilität der Generation 50+ kennen

Viele Ältere planen, ihre Wohnsituation zu verbessern, sei es durch Anpassung ihres Hauses oder ihrer Wohnung oder sei es durch Umzug. Dies belegt die empirica-Studie „Die Generation über 50 – Wohn- situation, Potenziale und Perspektiven“46 (Repräsentativbefragung von 3.004 in Privathaushalten lebenden Personen im Alter von 50 Jahren und älter). Die Generation 50+ bildet keine einheitliche Gruppe auf dem Immobilienmarkt, sondern stellt differenzierte Anforderungen entsprechend ihrer aktuellen Lebensphase an den Wohnungsmarkt.

Die „alten Jungen“ (50-60 Jahre) und „jungen Alten“ (60-70 Jahre) suchen ausschließlich Wohnange- bote ohne professionelle Hilfsleistungen. Sie sind für Geschosswohnungen in überschaubaren Wohn- gebäuden (z.B. sechs Wohneinheiten) mit Aufzug ansprechbar. Einpersonenhaushalte suchen mindes- tens Zweizimmerwohnungen und Zweipersonenhaushalte mindestens drei bis vier Zimmer. Ge- wünscht sind separate Küchen. Diese Gruppe legt Wert auf weitgehende Schwellenfreiheit in der Wohnung und private Freiflächen (großzügiger Balkon, allerdings i.d.R. keine Terrasse oder Garten- anteil im Erdgeschoss). Gewünscht werden wohnungsnahe Abstellmöglichkeiten.

45 CBT – Caritas-Betriebsführungs- und Trägergesellschaft (www.cbt-gmbh.de). 46 im Auftrag der Landesbausparkassen im Deutschen Sparkassen- und Giroverband

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -126 - empirica Die Gruppe der „mittelalten Alten“ (70-80 Jahre), die nach dem 50. Lebensjahr umziehen, suchen eher professionelle Wohnangebote in Kombination mit Hilfs-/Pflegeleistungen, allerdings keine Rundum- versorgung bei Einzug. Stundenweise besetzte Büros finden keine Akzeptanz, während Wohnanlagen mit Tag- und Nachtpräsenz von Personal (bei geringer Grundpauschale) auf Interesse stoßen. Bevor- zugt werden Wohnungen, in denen auch gepflegt werden kann (möglichst bis zum Tode).

Die „alten Alten“ (80+ Jahre) ziehen vorwiegend im Fall der Hilfs-/Pflegebedürftigkeit um und suchen dementsprechend eher institutionelle Einrichtungen der Altenhilfe, z.B. klassische Pflegeheime bzw. Wohnanlagen mit Rundumversorgung. Zukünftig werden Wohngruppen als Alternative zum Ein- bzw. Zweibettzimmer im Pflegeheim verstärkt nachgefragt. Jeder Bewohner, auch wenn er pflegebedürftig ist, erhält ein eigenes Zimmer mit persönlicher Einrichtung zuzüglich einem größeren Gemeinschafts- raum (z.B. Wohnküche, insbesondere für Demenzerkrankte, die in die Alltagsorganisation integriert werden). Bisher konzentrieren sich professionelle Wohnangebote für Ältere eher auf Städte. Hier ist eine Umorientierung notwendig, da die Generationen 50+ in den ländlich geprägten Regionen über- repräsentiert ist und überwiegend in diesem Umfeld bleiben möchte. Da es vor allem eine Nachfrage Älterer nach Angeboten in den Kleinstädten gibt, sind hier verstärkt Aktivitäten zu entwickeln (sowohl Angebote für die „alten Jungen“ und „jungen Alten“ sowie professionelle Wohnangebote mit Dienst- leistungen).

In Anbetracht der drohenden Kostenexplosion für Hilfeleistungen (steigende Zahl Älterer, insbesonde- re der Hochaltrigen, bei gleichzeitig sinkenden Kapazitäten informeller Hilfeleistungen aufgrund geringerer Anzahl der Kinder) wächst die Bereitschaft zu Verhaltensinnovationen. In den Generatio- nen 50+ ist der Wunsch nach gemeinschaftlichen Lebensformen, die gleichzeitig ein selbstbestimmtes Wohnen im Alter ermöglichen, sehr ausgeprägt. Ein zentrales Ergebnis der Repräsentativbefragung im Rahmen der erwähnten empirica-Studie lautet: Der Wunsch, mit anderen im Alter im engen räumli- chen Kontakt zu leben, ist sehr auffällig, allerdings wird großer Wert auf Selbständigkeit gelegt. Das gemeinschaftliche Wohnen im Haus-/Nachbarschaftsverbund, wobei jeder über eine eigene Wohnung verfügt, wird eindeutig der Wohngemeinschaft im engeren Sinne vorgezogen.

Eine zentrale Aufgabe der Zukunft wird es sein, die Selbstorganisation von gegenseitiger Hilfe zu initiieren und zu unterstützen. Dabei geht es u.a. um die Selbstorganisation von Dienstleistungen von Älteren für Ältere. Die weiter steigende Lebenserwartung, das vergleichsweise niedrige Austrittsalter aus dem Erwerbsleben und der gute Gesundheitsstand der „alten Jungen“ und der „jungen Alten“ bieten über einen Zeitraum von 10 bis 20 Jahren ein erhebliches Potenzial an freiwilligen Kräften. Da viele der heutigen und zukünftigen Älteren aus einem aktiven und mit Verantwortung verbundenen Erwerbsleben in den Ruhestand treten, findet man oft auch die Bereitschaft, sich für weitergehende Aufgaben zu engagieren, z.B. Unterstützung von Familien in der Nachbarschaft.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -127 - empirica 5.5.2 Variationsrechnungen zur sinkenden Einfamilienhausattraktivität unter den Senioren

Die Unsicherheiten über die zukünftige Nachfrage nach Einfamilienhäusern versus Geschosswohnun- gen für die einzelnen Jahrgänge lassen sich in Modellrechnungen durch unterschiedliche Annahmen zu den altersspezifischen Ein- und Zweifamilienhausquoten ausdrücken. In der Vergangenheit waren diese Quoten – jeweils für eine bestimmte Altersgruppe – immer weitgehend stabil. Veränderungen ergaben sich nur aus der Kohortenentwicklung, also aus der Tatsache, dass jüngere Generationen bessere Möglichkeiten zum Eigenheimerwerb hatten als die Kriegsgeneration. Inzwischen ist diese Anpassung aber „herausgewachsen“ und auch die über 70jährigen heute (im OBK) haben eine Einfa- milienhausquote von etwa 70%.

Veränderungen der Wohnpräferenzen bei den jüngeren (stärkere Präferenzen für die Eigentumswoh- nung in der Stadt) oder auch bei den älteren Jahrgängen (Umzug vom Eigenheim in die seniorenge- rechte Geschosswohnung) würden Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt haben. Anhand einer Variationsrechnung werden im Folgenden die quantitativen Auswirkungen solcher Veränderungen am Bespiel einer veränderten Seniorennachfrage dargestellt:

• Variationsrechnung: Die 50+-Studie von empirica47 zeigt, dass etwa ein Drittel aller über 50jährigen daran denkt, im Alter ihr Einfamilienhaus zu verlassen und in eine altersgerechte, zentrale Geschosswohnung (mit Aufzug) zu ziehen, um die eigene Wohnsituation zu verbes- sern. Wenn man annimmt, dass von diesem Drittel wiederum nur ein Drittel diesen Wunsch auch umsetzt, sind dies rund 10% eines Jahrgangs. In einer Variationsrechnung unterstellen wir daher, dass von allen 55-60jährigen und allen 60-65jährigen jeweils 5% eines Jahrgangs aus ihrem Eigenheim in (altengerechte) Geschosswohnungen umziehen und entsprechend eine Wohnung in einem Ein- oder Zweifamilienhaus frei machen. Rechnerisch bedeutet das, dass die EZFH-Quote der über 65jährigen von 70% auf 60% absinkt. In absoluten Zahlen bedeutet das, dass im Jahr 2025 statt 86.100 Haushalte in EZFH dann nur 81.100 Haushalte in EZFH leben, also 5.000 weniger, dafür natürlich entsprechend 5.000 Haushalte mehr in (altengerech- ten) Geschosswohnungen (bzw. im Schrumpfungsszenario statt 71.500 Haushalten in EZFH dann nur 67.100, also 4.400 Haushalte weniger in EZFH und dafür mehr in Geschosswohnun- gen.).

47 empirica (2006): Die Generation über 50. Wohnsituation, Potenziale und Perspektiven. Im Auftrag der Bundesgeschäftsstelle Landes- bausparkassen im Deutschen Sparkassen- und Giroverband (Hrsg.).

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -128 - empirica Abbildung 47: Brutto-Neubaubedarf bei sinkender EZFH-Quote von Senioren, Teilraum Mitte Brutto-Neubaubedarf 8.000 Baufertig- Brutto-Neubaubedarf Brutto-Neubaubedarf derzeitige WE in MFH stellungen (Wachstumsszenario) (Schrumpfungsszenario) Baulandplanungen*** 7.000 WE in EZFH 6.000

* Schrumpfungs- 5.000 szenario

WE ** Ersatzbedarf: l

h 4.000 588 WE a

z (235 in EZFH,

n 353 in MFH)

A = inkl. Ersatzbedarf**

3.000 *** zzgl. Baulücken: ca. 450 WE pro Periode 2.000 = Mindest-Neubaubedarf

1.000

0 1996- 2001- 2006- 2011- 2016- 2020- 2006- 2011- 2016- 2020- 2008- 2013- 2018ff 2000 2005 2010 2015 2020 2025 2010* 2015* 2020* 2025* 2012 2017

Brutto-Neubaubedarf bei sinkender EZFH-Quote von Senioren 8.000 Baufertig- Brutto-Neubaubedarf Brutto-Neubaubedarf derzeitige WE in MFH stellungen (Wachstumsszenario) (Schrumpfungsszenario) Baulandplanungen*** 7.000

WE in EZFH 6.000

5.000 * Schrumpfungs- szenario WE

l = inkl. Ersatzbedarf**

h 4.000 ** Ersatzbedarf: a

z 588 WE n (235 in EZFH, A 3.000 353 in MFH) = Mindest-Neubaubedarf *** zzgl. Baulücken: ca. 450 WE pro 2.000 Periode

1.000

0 1996- 2001- 2006- 2011- 2016- 2020- 2006- 2011- 2016- 2020- 2008- 2013- 2018ff 2000 2005 2010 2015 2020 2025 2010* 2015* 2020* 2025* 2012 2017 Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

• Das Ergebnis ist erstaunlich: Nicht nur, dass entsprechend mehr Bauland für MFH und dafür weniger für EZFH bereitgestellt werden müsste, auch in der Summe sind mehr Baulandaus- weisungen erforderlich als in den Grundszenarien: Im Teilraum Mitte muss bis 2025 weiteres Bauland für 1.300 WE, im Teilraum Süd für 500 WE bereit gestellt werden. Nur im Teilraum Süd würde sich im Wachstumsszenario der Bedarf gegenüber den Grundszenarien in der Summe nicht erhöhen (Im Schrumpfungsszenario wäre in allen Teilräumen gegenüber den

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -129 - empirica Grundszenarien mehr Bauland erforderlich, in der Summe aller Teilräume aber „nur“ für 800 WE). Erstaunlich ist das Ergebnis deshalb, weil sich die Zahl der Haushalte insgesamt durch die zusätzliche Annahme („10% aller Senioren ziehen frühzeitig aus ihren Eigenheimen aus“) ja gar nicht ändert.

• Der Grund: Da unterstellt wird, dass 20% aller neuen Nachfrager auf jeden Fall Neubauwoh- nungen nachfragen, ist auf jeden Fall ein gewisser „Mindest-Neubau“ von EZFH erforderlich. Wenn nun zusätzlich mehr Seniorenhaushalte ihre EZFH frühzeitig räumen (und dafür neue oder gebrauchte Geschosswohnungen nachfragen), senkt dies die Neubaunachfrage nach EZFH nur dann in gleichem Maße, wenn das Wachstum der Region stark genug ist, um die zusätzlich frei werdenden Bestände wieder zu besetzen. Dies betrifft nur den Teilraum Süd im Wachstumsszenario. In allen anderen Fällen kommt es – zumindest ab 2010 – zu einer Min- dest-Neubautätigkeit von EZFH und zusätzlich zu einem Brutto-Baulandbedarf für MFH, weil es nicht ausreichend Geschosswohnungen im OBK gibt bzw. weil auch für die Senioren im Geschosswohnungsbau eine Mindest-Neubautätigkeit von 10% unterstellt wird (die für barrie- refreie Wohnungen aber sogar noch höher liegen dürfte!).

• Auswirkungen auf den Leerstand: Wenn ein Teil der jungen Senioren frühzeitig seine EZFH verlässt, wird es ab 2010 in den Teilräumen Mitte und Nord selbst im Wachstumssze- nario zu Leerständen in EZFH (zusammen +1.800 WE) kommen, weil dort die Zahl der neuen Nachfrager gebrauchter EZFH nicht hoch genug ist, um alle frei werdenden Bestände wieder zu beziehen. Im Falle eines geringeren Wachstums (Schrumpfungsszenarios) wird es nicht zu etwa gleich hohen Leerständen in EZFH und in MFH kommen (wie in den Grundszenarien er- rechnet), sondern die Leerstände in EZFH werden in allen Teilräumen deutlich stärker ausfal- len. Unter der – recht günstigen – Annahme, die neuen Senioren seien auch bereit, Bestands- wohnungen zu beziehen, könnte dies den Leerstand in MFH reduzieren. Allerdings ist davon auszugehen, dass die neuen Senioren eher in der Vorstellung umziehen, moderne, barrierefreie Neubauten in Innenstadtnähe zu beziehen und nicht gebrauchte Wohnungen in alten Mehrfa- milienhäusern, die vorwiegend ohne Aufzug und sonstige Annehmlichkeiten für Ältere aus- gestattet sein dürften. Damit würde sich der Baulandbedarf für MFH noch weiter erhöhen und der Leerstand nicht rückläufig sein.

Zusammenfassend zeigt die Variationsrechnung, dass ein früheres Umziehen der jungen Senioren aus ihren Eigenheimen in (altengerechte) Seniorenwohnungen in Gegenden ohne starkes Haushaltswachs- tum zu weiteren Strukturanpassungsmaßnahmen führt, die einige Probleme (Leerstand in EFZH und in MFH) noch verstärken und durch diese zusätzliche Neubaumaßnahmen mit entsprechend zusätzlichen Baulandausweisungen erforderlich macht, um diese qualitative Umorientierung der Nachfrager ange- sichts des derzeit vorherrschenden Wohnungsbestandes befriedigen zu können. Lediglich im Teilraum Süd könnte es bei steter Zuwanderung (Wachstumsszenario) dazu führen, dass die zusätzlich frei

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -130 - empirica werdenden Eigenheime von jungen Familien genutzt werden können, die dann keinen Neubau benöti- gen. Dann könnten die erforderlichen Baulandausweisungen zu einem größeren Teil für (altengerech- te) Geschosswohnungen vorgesehen werden, die je Wohnung deutlich weniger Fläche beanspruchen als neue Einfamilienhausgebiete. Ggf. sollten auch verstärkt innerstädtische Baulücken ausgewiesen werden, da seniorengerechte Standorte ohnehin eher innenstadtnah zu suchen sind.

5.5.3 Umbaumaßnahmen im Bestand unterstützen

In Deutschland leben rd. 93% der Menschen im Alter von 65 und mehr Jahren in herkömmlichen Privatwohnungen, 5% leben in Institutionen (Altenpflege- und Altenwohnheime) und nur 2% in speziellen Altenwohnungen inklusive Formen des Betreuten Wohnens.48 Ältere Menschen wollen in erster Linie in der angestammten Wohnung bleiben und möglichst lange ein selbständiges Leben führen. Sie verbringen im Vergleich zu Jüngeren nicht nur mehr Zeit innerhalb der eigenen Wohnung, auch Freizeitinteressen konzentrieren sich stärker auf die Wohnung bzw. das Wohnumfeld.

Viele Senioren haben allerdings keine genaue Vorstellung davon, wie das „Wohnen im Alter“ konkret aussehen kann. Die Kommunen können in Zusammenarbeit mit sozialen Trägern, den Kirchen etc. Unterstützungsleistungen sowohl in Bezug auf bauliche Veränderungen als auch Unterstützungsleis- tungen im Alltag erarbeiten, wie dies in Ansätzen ja auch schon geschieht:

Beratungsangebote/Öffentlichkeitsarbeit

• Erstellung eines Handbuches/Nachrüstungskonzeptes für Bestandswohnungen, z.B. Checkliste zur Prüfung, welche bezahlbaren Nachrüstungen möglich sind (bodengleiche Du- sche im Bad, Haltegriffe zum Balkon, rutschfeste Oberflächen, Eingangstreppe durch Rampe ersetzen, Treppenlift, Notrufsystem, gute Beleuchtung im Treppenhaus etc.). Aufklärung über Finanzierungsmöglichkeiten.

• Beratungsangebote für Nachrüstungen im Bestand (z.B. durch Seniorenbeauftragte, Bauäm- ter) und im Hinblick auf ein Umzugsmanagement.

• Die bereits existierende Zusammenstellung aller relevanten Adressen und Telefonnummern im „Wegweiser für Senioren im Oberbergischen Kreis“ könnte über einen Postwurf an alle Haushalte ab 65 Jahre und älter verteilt werden.

• Verstärkte Beratungen und Koordinierungsleistungen z.B. im Rahmen einer Veranstaltungs- reihe zu Sonderthemen (Wohnen im Alter, Pflegeversicherung etc.).

48 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) (2001): Dritter Altenbericht der Bundesregierung. Alter und Gesellschaft. Bonn. Eigenverlag.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -131 - empirica Koordination von Hilfeleistungen/ Unterstützung Netzwerkaufbau

• Träger suchen, der (z.B. in Form einer gemeinnützigen GmbH) Tätigkeiten im Dienstleis- tungsbereich für ältere Menschen anbietet, die für viele Unternehmen zu klein sind: Schnee- räumdienste, Rasenmähen, Straßenkehren, Reinigung (Laub); Aufbau eines „Teams für alle Fälle“ in Kooperation mit der Agentur für Arbeit o.ä..

• Förderung von Netzwerken gegenseitiger Hilfen durch professionelle Mobilisierung von ehrenamtlich Tätigen als gegenseitige Unterstützung von Älteren für Ältere, z.B. in Anbin- dung an einen Pflegedienst, Seniorenbüro o.ä.; Weiterbildung/Seminare von erfahrenen Netz- werkern (z.B. Erfahrungen und Angebote der Diakonie Düsseldorf einbeziehen) für potenziel- le Netzwerker.

• Förderung der Selbstorganisation „Dienstleistungen von und für Ältere“: z.B. über ein Punktesystem (unterschiedlich schwierige Leistungen entsprechend gewichten). Anstatt ver- stärkt auf ehrenamtliches Engagement der Senioren zusetzen, kann man die gegenseitige Hilfe besser als Kosten-Nutzen-Rechnung für die eigene Lebensplanung fördern (d.h. wenn ich an- deren viel helfe – also viele Punkte sammele - wird mir später auch geholfen)

Verbesserung der Infrastruktur

• Mobilität für ältere Bewohner verbessern (z.B. Fahrdienste von den Dörfern zum Zentrum organisieren).

• Integration professioneller Wohnangebote mit Dienstleistungen in bestehende Wohn- quartiere: Die Nachbarschaftsquartiere sind so einzurichten, dass über „bezahlbare Pflege- kerne“ eine Tag- und Nachtpräsenz gegeben ist und Dienstleistungen je nach Bedarf für das gesamte Nachbarschaftsquartier erbracht werden können.

• Aufbau von verlässlichen Strukturen in Quartieren als Mehrgenerationennachbarschaf- ten: Eine zentrale Aufgabe wird es sein, Wohnquartiere mit guter Infrastruktur zu familien- und seniorenfreundlichen Nachbarschaften weiterzuentwickeln. In Anbetracht des demografi- schen Wandels und der knappen öffentlichen Mittel reicht es zukünftig nicht mehr aus, sich auf die staatlichen Hilfeleistungen zu verlassen. Gerade in Wohnquartieren können und sollten Strukturen geschaffen werden, die es möglich machen, dass Jüngere von den Kompetenzen der Älteren profitieren und umgekehrt Hilfeleistungen von Jüngeren für Ältere mobilisiert werden können. In diesem Sinne sollten neue Wohnquartiere und die Umstrukturierungen von Bestandsobjekten so gemanagt werden, dass sich Möglichkeiten der gegenseitigen (Generati- onen übergreifenden) Unterstützung im Alltag bieten. Jede Form der nachbarschaftlichen Ver- netzung setzt ein Kennenlernen voraus, das wiederum Anlässe und einen Raum braucht. Eine unterstützende Nachbarschaft mit entsprechenden Netzwerken bedeutet ein Mehr an Lebens- qualität für die Älteren wie auch für die Familien, sei es, dass die jüngeren Haushalte für die

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -132 - empirica älteren, gehbehinderten Nachbarn die Einkäufe erledigen oder durch eine unkomplizierte or- ganisierte Kinderbetreuung (mobile ältere Nachbarn) die Alltagsbewältigung von Familien mit kleinen Kindern erleichtert wird.

5.5.4 Altengerechte Wohnangebote entwickeln

Wie in Kapitel 5.5.1 beschrieben, suchen vor allem die Älteren zwischen 50 und 70 Jahren kleinere Wohnungen in Zentrumsnähe (noch ohne professionelle Hilfsleistungen). Auch im Oberbergischen Kreis wird es in Zukunft mehr ältere Bewohner geben, von denen einige bei sinkender Mobilität im Alter gerne ihr Haus in den Dorflagen verkaufen würden, um stattdessen in eine barrierefreie Woh- nung in Zentrumsnähe (in der Nähe von möglichen Service- und Hilfeleistungen) zu ziehen. Vor diesem Hintergrund könnten die Gemeinden des Oberbergischen Kreises auch über den Anstoß von Neubauprojekten mit unterschiedlichen Wohnangeboten für Ältere nachdenken. Dabei sind folgende Aspekte zu beachten:

Bei der Standortsuche sollten Grundstücke für altengerechte Neubauobjekte in zentralen Lagen mit Einkaufsmöglichkeiten und einer guten Infrastruktur in der unmittelbaren Nachbarschaft sowie Grundstücke, die sich beispielsweise für Pflegekerne im Quartier anbieten, gesichert werden. An- schließend sollten potenzielle Investoren bei der Initiierung von (Modell-)Projekten eingehend beraten und unterstützt werden.

Neben der Standortsuche sollten insbesondere der Wissenstransfer sowie die Vernetzung unter- schiedlicher Akteure im Vordergrund stehen. Eine der wichtigsten Aufgaben der Kommunen stellt der Wissenstransfer dar: Sowohl für die älteren Bewohner (s.o.: Informationsveranstaltungen) als auch im Besonderen für potenzielle Investoren/Projektentwickler. Hierzu bieten sich (Fach-) Tagungen, die Aufbereitung von Best-Practice-Beispielen aus anderen Gemeinden und Exkursionen zu Modellvor- haben etc. an. Ein Bestandteil des Wissenstransfers könnten Informationsveranstaltungen für Senioren sein. Hier könnten neue Wohnformen für das Alter anhand guter Beispiele vorgestellt werden, da viele Senioren gar nicht wissen, welche neuen Wohnformen es überhaupt gibt. Auf den Veranstaltungen können parallel die potenziellen Interessen und die Finanzierbarkeit neuer Projektideen getestet wer- den. Um eine stärkere Vernetzung aller relevanten Akteure zu erzielen, bietet es sich an, Kontakt mit Pflegeheimen und ambulanten Trägern zu suchen, auch zwecks möglicher Kooperationen und ggf. personeller Synergieeffekte. Zusammen mit den wichtigsten Akteuren könnte eine Prüfung von ggf. notwendigen Sonderwohnformen wie Wohngruppen für Demenzerkrankte erfolgen.

Langfristig bietet es sich an, die Nachfrage und spezifischen Bedarfe der älteren Bewohner im Ober- bergischen Kreis über Haushaltsbefragungen, Annoncen in der Zeitung oder Gespräche mit Schlüssel- personen (z.B. Seniorenvertretungen, soziale Träger etc.) abzufragen.

Die Auslobung des „Zukunftspreis Demographie“ (u.a. Planen, Bauen, Wohnen unter neuen Rahmen- bedingungen, Generationenübergreifendes Miteinander) ist ein wichtiger Schritt. Die eingereichten

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -133 - empirica Projektvorschläge könnten die Grundlage für eine Projektdatenbank liefern, die nach und nach mit weiteren innovativen Projekten angereichert werden könnte. Diese Projektdatenbank dient sowohl für Nachfrager als auch für potenzielle neue Investoren als Informationsgrundlage.

5.6 Empfehlungen für das weitere Vorgehen

5.6.1 Öffentlichkeitsarbeit: Veranstaltungsreihe „Wohnbaukonferenz“

Die vorliegende Wohnungsmarktstudie soll eine Diskussion darüber auslösen, welche Themen im Oberbergischen Kreis in Zukunft ein besonderes Augenmerk erfordern und welche Instrumente Kommunen an der Hand haben, um sich bestmöglich für die zukünftigen Herausforderungen aufzu- stellen. Um die mit der Studie angestoßene Diskussion aufzugreifen und in gemeinsamen Gesprächen mit den Akteuren des Wohnungsmarktes zu vertiefen, bietet sich im unmittelbaren Anschluss eine Wohnbaukonferenz an, die das Thema der Fachöffentlichkeit nahe bringt und zu ersten Handlungs- schritten auffordert. Abbildung 48 zeigt den möglichen Prozessablauf:

Abbildung 48: Prozessdesign „Wohnbaukonferenz“ Wohnungsmarktanalyse Gespräche mit kommunalen Akteuren Handlungs-und Thesenpapier (empirica)

Wohnbaukonferenz mit Fachpublikum aus Stadtverwaltung, Kommunalpolitik, Immobilienwirtschaft, Verbänden, Presse

Impulsreferate Frage-und Diskussionsrunde

1. Workshop 2. Workshop mit Vertretern aus Verwaltung und mit Vertretern aus Wohnungs-und Politik Immobilienwirtschaft

Ergebnis-und Strategiepapier (empirica) auf Wunsch weitere Analysen (empirica)

Quelle: Eigene Darstellung. empirica

Aufbauend auf der Wohnungsmarktstudie und ergänzenden Recherchen könnte empirica ein kurzes Handlungs- und Thesenpapier erstellen, in dem für den Oberbergischen Kreis sinnvolle Handlungsfel- der und Strategien aufgezeigt werden und in das die Ergebnisse von Vorgesprächen mit ausgewählten Akteuren aus der Region (z.B. Kommunen, Kreis) mit einfließen. In den Vorgesprächen sollte deutlich werden, welche der vorgeschlagenen Strategien vermutlich auf ein hohes Interesse, große Handlungs- bereitschaft und gute Umsetzungsmöglichkeiten stoßen und dementsprechend vertieft werden sollten.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -134 - empirica Es wird ebenfalls diskutiert, welche Themen dem Markt überlassen werden können und welche woh- nungspolitisches Handeln erforderlich machen. Daraus ergeben sich Ansätze einer ersten Instrumen- tendiskussion, in der deutlich wird, in welchen Bereichen die Politik Einflussmöglichkeiten besitzt und welche Instrumente geeignet sein könnten.

Dieses Thesenpapier kann als Grundlage für eine Wohnbaukonferenz dienen: Als Auftakt für einen regionalen Dialog zum Thema Wohnungsmarkt könnte vom Oberbergischen Kreis eine öffentlich- keitswirksame Wohnbaukonferenz einberufen werden, zu der ein breites Fachpublikum (z.B. Mit- glieder der Stadtverwaltungen und Kommunalpolitik, Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, Verbän- de, Presse…) von ca. 80 bis 120 Personen eingeladen wird. Die Konferenz könnte etwa halbtägig sein und nach Abschluss der Wohnungsmarktstudie stattfinden. Folgende Inhalte bieten sich für die Wohn- baukonferenz an: Vorstellung der Ergebnisse der Wohnungsmarktstudie, Impulsreferate externer Referenten zu guten Beispielen aus anderen Regionen, Vorstellung des Handlungs- und Thesenpa- piers, Vorstellungen des Kreises, wie diese Ziele umgesetzt werden sollen. In einer abschließenden Diskussion haben die Teilnehmer die Möglichkeit, die vorgeschlagenen Maßnahmen zu diskutieren und ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit bei bestimmten Themen zu äußern. Möglichkeiten eines weiterführenden Dialogs sollten ebenfalls besprochen werden.

Die Ergebnisse der Wohnungsmarktstudie geben zusammen mit dem Thesenpapier einen Handlungs- rahmen vor. Ziel der Konferenz ist es, die Ausgangssituation in der Region darzustellen und Perspek- tiven für die weitere Entwicklung aufzuzeigen.

5.6.2 Kreisentwicklungskonzept

Um politisch „reagieren“ zu können, reichen deskriptive Erkenntnisse (was passiert gerade?) nicht aus: Vielmehr müssen im politischen Kontext auch (Zwischen-)Ziele formuliert, Instrumente definiert und die Kosten ihrer Anwendung bewertet werden. Dies sollte im Rahmen eines umfassenden Kreis- entwicklungskonzepts geschehen und auch schriftlich festgehalten werden. Im Hinblick auf die Bauflächenentwicklung einerseits und auch die Bestandssicherung andererseits sollten hier auch räumliche Prioritäten gesetzt werden: Welche Bauflächen/Bestände werden „von selbst“ laufen und bedürfen keiner öffentlichen Unterstützung? Welche Bauflächen/Bestände, die in Zukunft Vermark- tungsschwierigkeiten haben könnten, sind von öffentlichem (städtebaulichem oder demografischem) Interesse? Welche von diesen sollten - bei nur knappen öffentlichen (finanziellen/personellen) Res- sourcen - am ehesten subventioniert werden? Welche müssen im Gegenzug sich selbst überlassen werden und mit welchen Konsequenzen? So können im Rahmen eines Kreisentwicklungskonzepts zum einen planerische Ziele zur räumlichen Entwicklung der Region diskutiert und vielleicht auch festgeschrieben werden, zum anderen aber auch die Machbarkeit bzw. die politische Beeinflussbarkeit bewertet und in einer Priorisierung der Maßnahmen (Strategie) berücksichtigt werden. Idealerweise

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -135 - empirica kommt es dabei zu einer unter allen Kommunen des Kreises abgestimmten Gesamtstrategie49, in einem ersten Schritt aber auf jeden Fall zu einer Grundlage für die Strategieentwicklung jeder einzel- nen Gemeinde.

6. Zusammenfassung und Schlussbemerkung

Der Oberbergische Kreis mit knapp 300.000 Einwohnern wird in Zukunft nicht mehr so selbstver- ständlich von Zuwanderungen aus Köln, dem Rheinisch-Bergischen Kreis und anderen Regionen profitieren, wie dies in der Vergangenheit der Fall war. Der Wettbewerb ist härter geworden und die Nähe zu Arbeitsplätzen wird heute stärker bewertet als früher. Die wirtschaftliche Grundlage im Oberbergischen Kreis ist aber gut. Je länger der Kreis es schafft, weiter auf eigenen „wirtschaftlichen Füßen“ zu stehen, umso höher sind die Chancen, auch in Zukunft attraktiv für Zuwanderer (aus ganz Deutschland) zu sein und die eigene Bevölkerung zu halten. Je attraktiver und nachfrageorientierter er sein Wohnungs- und Baulandangebot ausgestaltet und es an den Bedürfnissen der Wohnungssuchen- den ausrichtet, umso mehr Zuzüge (aus den benachbarten Kreisen) bzw. umso weniger Fortzüge werden möglich sein.

Derzeit handeln die Kommunen mit ihren Baulandausweisungen nur sehr kurzfristig und abhängig vom derzeitigen Vermarktungserfolg („trial and error“). Diese prozyklische Verhaltensweise (bei geringer Nachfrage wird auch für die Zukunft weniger angeboten) verhindert eine kurzfristige Aus- weitung der Vermarktungschancen, weil bei einem plötzlichen Anziehen der Nachfrage nicht rechtzei- tig ausreichend Bauland zur Verfügung steht.

Auch wenn derzeit nicht angegeben werden kann, wie hoch der Wohnungsbedarf im Jahr 2025 genau sein wird, weil dies vom Ausmaß der zukünftigen Zuwanderung und d.h. von der zukünftigen Attrak- tivität des Kreises im Vergleich zu anderen Standorten abhängt, so ist eins doch sicher: In jedem Fall müssen in Zukunft immer beide Seiten der Medaille im Auge behalten werden: Weder Bauland- knappheit noch wachsende Leerstände in einzelnen Wohngebieten dürfen zum Hemmnis für die zukünftige Kreisentwicklung werden.

Die beiden Extreme der Entwicklung, die durch die Szenarien dargestellt wurden, zeigen deutlich auf, wie die Konsequenzen aus beiden Entwicklungen ineinander spielen:

(1) Selbst für eine (nur) stabile Einwohnerentwicklung gemäß der amtliche Bevölkerungsprogno- se des LDS werden allein aufgrund der Haushaltsverkleinerungen in Zukunft im Oberbergi- schen Kreis bis 2025 noch etwa 12.500 zusätzliche Wohnungen (EZFH und MFH) benötigt. Derzeit werden in aktuellen Baugebieten Flächen für rd. 1.200 WE (EZFH und MFH) angebo- ten. Die Baulandplanungen sehen neue Baugebiete für etwa 4.000 neue WE vor. Außerdem

49 Eine solche Abstimmung unter allen Gemeinden zweier Kreise und einer kreisfreien Stadt erfolgt bereits seit Jahren beispielhaft und mit Erfolg im Rahmen des : rak - Regionale Arbeitskreis Entwicklung, Planung und Verkehr Bonn/Rhein-Sieg/Ahrweiler.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -136 - empirica sind unter günstigen Umständen noch rd. 2.200 Baulücken bis 2025 mobilisierbar; in der Summe also mit 7.300 WE ein Angebot, das bei weitem nicht ausreicht. Kommt zusätzlich noch eine qualitative Neubaunachfrage hinzu, weil die frei werdenden Bestände nicht den An- forderungen der neuen Nachfrager genügen, erhöht sich die Baulandknappheit noch. Ohne zusätzliche Baulandausweisungen kann eine stabile Einwohnerentwicklung im Kreis nicht erreicht werden.

Um Baulandknappheit nicht zum Hemmschuh der Kreisentwicklung zu machen, müssen drin- gend weitere Baulandausweisungen vorbereitet und (in kommunaler Abstimmung untereinan- der) mit Prioritäten versehen werden, um sie - je nach Nachfrageentwicklung - zeitnah an den Markt zu bringen. Für Kernorte sind, auch im Hinblick auf die wachsende Zahl an Senioren, die ggf. in Zukunft verstärkt neue Geschosswohnungen in Zentrenlagen nachfragen, Planun- gen für derartige Neubauten erforderlich. Durch ein Baulandmanagement mit obligatorischem Zwischenerwerb lässt sich die Baulandentwicklung für die Kommunen effizient und kosten- neutral gestalten (Planungsgewinne werden selbst abgeschöpft) und versetzt sie außerdem in die Lage, auf Zielgruppen, Qualitäten und auch den Realisierungszeitraum des neuen Wohn- gebietes Einfluss zu nehmen.

(2) Möglicherweise lässt das Interesse potenzieller Zuwanderer, in den Oberbergischen Kreis zu ziehen, aber auch dauerhaft nach. Dann sieht sich der Oberbergische Kreis mit einer Entwick- lung konfrontiert, wie sie einige Regionen Westdeutschlands heute schon durchleben (z.B. Vogelsbergkreis in Nordhessen): Die Haushaltszahlen sinken so stark, dass es mehr Wohnun- gen im Kreisgebiet gibt als benötigt werden. Das Ergebnis sind wachsende Wohnungsleer- stände – und zwar erstmals auch in Ein- und Zweifamilienhäusern: Allein schon aufgrund der sinkenden Haushaltszahlen würden unter den pessimistischen Wanderungsannahmen des Schrumpfungsszenarios damit im Kreisgebiet mindestens 6.200 WE in EZFH und 3.900 WE in MFH leerstehen, was einer Leerstandsquote von 8% bei EZFH und von 10% bei Ge- schosswohnungen entsprechen würde. Zwar ist eine dauerhafte Abwanderung, wie sie das Schrumpfungsszenario unterstellt, nur unter sehr ungünstigen Rahmenbedingungen zu erwar- ten, so dass diese Leerstandszahlen wahrscheinlich überschätzt sind, andererseits kann sich der Leerstand auch unter günstigeren Bedingungen in diesen Größenordnungen bewegen, dann nämlich, wenn die frei werdenden Bestände für die neuen Nachfrager nicht attraktiv genug sind und sie trotz des zahlreichen Angebots gebrauchter Einfamilienhäuser am Markt einen Neubau vorziehen. Die Leerstände werden sich dabei nicht gleichmäßig über alle Gemeinden und Orte verteilen, sondern sich auf besonders ungünstige Lagen und Qualitäten konzentrie- ren.

Nicht um eine genaue Prognose des zukünftigen Baulandbedarf, die angesichts der unsicheren Rah- menbedingungen nur eine Scheingenauigkeit hervorrufen würde, geht es in dieser Studie, sondern vor allem darum, den Blickwinkel der Planer und Wohnungsmarktbeobachter für die Zukunft zu weiten:

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -137 - empirica Den Wohnungsmarkt einschließlich der Preis- und Leerstandsentwicklung genau zu beobachten, auf neue Entwicklungen rechtzeitig zu reagieren, dabei die Wohnwünsche der Nachfrager (der Senioren, der jungen Familien usw.) kennen, in enger Zusammenarbeit mit Investoren möglichst gut umsetzen und dabei aus Erfolgsprojekten lernen, das ist die eine Seite der Entwicklung. Gleichzeitig geht es aber auch darum, rational mit ggf. wachsenden Leerständen umzugehen, Privatinitiativen und private Investitionen in Bestände nach besten Möglichkeiten zu unterstützen und ggf. zu koordinieren, um damit die öffentlichen Leerstandskosten bestmöglich zu reduzieren. Die freiwerdenden Bestände müssen dabei mit Neubauobjekten konkurrieren. Daher sollten auch bei schwacher Einwohnerent- wicklung noch neue Bauflächen vorbereitet werden, um eine große Spannbreite und Vielfalt an Wohnbauflächen anbieten zu können und damit zur Stadterneuerung und zur Verjüngung der Bevölke- rung beizutragen.

Dann sind die Kommunen im Oberbergischen Kreis auf mehrere Entwicklungspfade vorbereitet und kennen die Indikatoren, auf die in Zukunft ein besonderes Augenmerk zu legen ist (Wohnungsmarkt- beobachtung). Gleichzeitig wird es für die Kommunen des Oberbergischen Kreises auch darum gehen, miteinander ins Gespräch zu kommen, um die jeweiligen Zielvorstellungen kennen zu lernen und aufeinander abstimmen zu können. Nur so ließe sich auch eine gemeinsame Vision Oberberg („land- schaftlich schön und fit für die Zukunft“) nach außen transportieren. Das gemeinsame Ziel sollte es dabei sein, nicht nur mit Arbeitsplätzen, guter Verkehrsanbindung und landschaftlichen Vorzügen, sondern auch mit einer Vielfalt an attraktiven Wohngebieten für den Oberbergischen Kreis als Wohn- standort zu werben, um sich dadurch in der wachsenden Konkurrenz um junge Familien gut zu positi- onieren.

Als nächster Schritt könnte, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf den oberbergischen Woh- nungsmarkt zu lenken und verschiedene Akteure in die Diskussion einzubinden, eine gemeinsame Großveranstaltung („Wohnbaukonferenz“) unter Beteiligung der verschiedensten Akteure des Woh- nungsmarktes aus dem Kreis organisiert werden, die als Beginn einer gemeinsamen Gesprächskultur verstanden werden und später eventuell sogar in einem abgestimmten Kreisentwicklungskonzept münden könnte.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -138 - empirica ANHANG I

1. Datenanhang

1.1 Einwohnerentwicklung in den Gemeinden

Tabelle 11: Einwohnerzahlen des OBK und der Gemeinden 1995-2008

Einwohner am 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 Jahresanfang Bergneustadt 20.534 20.772 20.658 20.728 20.769 20.754 20.764 20.809 20.817 20.683 20.600 20.506 20.375 20.190 Engelskirchen 20.256 20.442 20.486 20.560 20.568 20.570 20.647 20.829 20.838 20.807 20.697 20.569 20.568 20.410 Gummersbach 52.782 53.149 53.135 52.973 52.989 53.153 53.311 53.355 53.295 53.203 53.183 53.048 52.636 52.467 Hückeswagen 15.849 16.016 15.994 16.084 16.012 16.154 16.397 16.540 16.518 16.438 16.393 16.435 16.295 16.155 Lindlar 20.523 20.804 21.175 21.522 21.845 22.117 22.341 22.517 22.581 22.646 22.714 22.659 22.562 22.528 Marienheide 12.923 13.032 13.075 13.101 13.214 13.385 13.527 13.491 13.514 13.636 13.740 13.711 13.752 13.693 Morsbach 11.096 11.169 11.238 11.278 11.333 11.356 11.464 11.520 11.619 11.621 11.559 11.528 11.478 11.366 Nümbrecht 16.193 16.526 16.493 16.547 16.584 16.732 16.930 17.009 17.158 17.287 17.368 17.420 17.434 17.393 Radevormwald 24.169 24.353 24.440 24.722 24.929 24.910 24.800 24.668 24.527 24.303 24.204 23.970 23.704 23.426 Reichshof 18.009 18.385 18.623 18.876 19.149 19.368 19.611 19.885 19.971 20.142 20.232 20.174 20.014 19.946 Waldbröl 18.098 18.490 18.603 18.867 19.021 18.616 18.835 19.213 19.351 19.436 19.625 19.636 19.563 19.567 Wiehl 24.621 25.367 25.577 25.862 26.029 26.365 26.448 26.455 26.551 26.586 26.604 26.511 26.408 26.090 Wipperfürth 22.391 22.409 22.577 22.800 22.806 22.918 23.095 23.227 23.315 23.520 23.695 23.669 23.616 23.570 Teilraum Nord 62.409 62.778 63.011 63.606 63.747 63.982 64.292 64.435 64.360 64.261 64.292 64.074 63.615 63.151 Teilraum Mitte 169.648171.951172.729173.622174.563175.712176.649177.341177.567177.703177.770177.178176.315175.324 Teilraum Süd 45.387 46.185 46.334 46.692 46.938 46.704 47.229 47.742 48.128 48.344 48.552 48.584 48.475 48.326 OBK 277.444 280.914 282.074 283.920 285.248 286.398 288.170 289.518 290.055 290.308 290.614 289.836 288.405 286.801 Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

1.2 Bevölkerungssalden in den Gemeinden des Oberbergischen Kreises

Abbildung 49: Bevölkerungssaldo in Radevormwald, 1995-2007

500 20

15 P e r s 250 10 on e n

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-5 a hr e s a n

-250 -10 f a n g -15

-500 -20 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Natürlicher Saldo Wanderungssaldo Gesamtsaldo je 1.000 EW

Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -139 - empirica Abbildung 50: Bevölkerungssaldo in Hückeswagen, 1995-2007

300 20

15 P

200 e r s 10 on e n j

100 e

1

5 . 00 0 en

E W on 0 0 s

r a e m P -5 Ja hr

-100 e sa n

-10 f a ng -200 -15

-300 -20 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Natürlicher Saldo Wanderungssaldo Gesamtsaldo je 1.000 EW

Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

Abbildung 51: Bevölkerungssaldo in Wipperfürth, 1995-2007

400 20

300 15 P e r s 200 10 on e n j e

1

100 5 . 00 0 en

E W on 0 0 s

r a e m P -100 -5 Ja hr e sa n

-200 -10 f a ng

-300 -15

-400 -20 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Natürlicher Saldo Wanderungssaldo Gesamtsaldo je 1.000 EW

Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -140 - empirica Abbildung 52: Bevölkerungssaldo in Lindlar, 1995-2007 in Lindlar 400 20

300 15 P e r s 200 10 on e n

j e

1

100 5 . 0 00 en E n W o 0 0 s

r a e m P

J

-100 -5 a hr es a n

-200 -10 f a ng

-300 -15

-400 -20 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Natürlicher Saldo Wanderungssaldo Gesamtsaldo je 1.000 EW

Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

Abbildung 53: Bevölkerungssaldo in Engelskirchen, 1995-2007 350 20

15

250 P e r s 10 on e

150 n

j e

1

5 . 0 50 00 en E n W o 0 s

r a e m

P -50

J

-5 a hr es

-150 a n

-10 f a ng

-250 -15

-350 -20 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Natürlicher Saldo Wanderungssaldo Gesamtsaldo je 1.000 EW

Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -141 - empirica Abbildung 54: Bevölkerungssaldo in Marienheide, 1995-2007 in Marienheide 250 20

200 15 P e r

150 s 10 on e

100 n

j e

1

5 . 50 0 00 en E n W o 0 0 s

r a e m P

-50 J -5 a hr

-100 es a n

-10 f a

-150 ng

-15 -200

-250 -20 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Natürlicher Saldo Wanderungssaldo Gesamtsaldo je 1.000 EW

Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

Abbildung 55: Bevölkerungssaldo in Gummersbach, 1995-2007 in Gummersbach 1.000 20

800 15 P e r

600 s 10 on e

400 n

j e

1

5 . 200 0 00 en E n W o 0 0 s

r a e m P

-200 J -5 a hr

-400 es a n

-10 f a

-600 ng

-15 -800

-1.000 -20 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Natürlicher Saldo Wanderungssaldo Gesamtsaldo je 1.000 EW

Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -142 - empirica Abbildung 56: Bevölkerungssaldo in Bergneustadt, 1995-2007

400 20

300 15 P e r s 200 10 on e n

j e

1

100 5 . 00 0 en

E W on 0 0 s

r a e m P Ja -100 -5 h r es a n

-200 -10 f a ng

-300 -15

-400 -20 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Natürlicher Saldo Wanderungssaldo Gesamtsaldo je 1.000 EW

Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

Abbildung 57: Bevölkerungssaldo in Reichshof, 1995-2007 in Reichshof 400 20 Max: 21

300 15 P e r s 200 10 on e n j e

1

100 5 . 00 0 en

E W on 0 0 s

r a e m P -100 -5 Ja hr e sa n

-200 -10 f a ng

-300 -15

-400 -20 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Natürlicher Saldo Wanderungssaldo Gesamtsaldo je 1.000 EW

Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -143 - empirica Abbildung 58: Bevölkerungssaldo in Wiehl, 1995-2007 500 20 Max: 30 400 15 P e r

300 s 10 on e 200 n j e

1

5 . 100 0 0 0 en E n W o 0 0 s

r a e m P

-100 J -5 a hr e

-200 sa n

-10 f a

-300 ng

-15 -400

-500 -20 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Natürlicher Saldo Wanderungssaldo Gesamtsaldo je 1.000 EW

Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

Abbildung 59: Bevölkerungssaldo in Nümbrecht, 1995-2007

400 20 Max: 21

300 15 P e r s 200 10 on e n

j e

1

100 5 . 00 0 en

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r a e m P Ja -100 -5 h r es a n

-200 -10 f a ng

-300 -15

-400 -20 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Natürlicher Saldo Wanderungssaldo Gesamtsaldo je 1.000 EW

Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -144 - empirica Abbildung 60: Bevölkerungssaldo in Waldbröl, 1995-2007 400 20 Max. 22

300 15 P e r s 200 10 on e n j e

1

100 5 . 0 0 0 en E n W o 0 0 s

r a e m P

J

-100 -5 a hr e sa n

-200 -10 f a ng

-300 -15 Max. -21 -400 -20 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Natürlicher Saldo Wanderungssaldo Gesamtsaldo je 1.000 EW

Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

Abbildung 61: Bevölkerungssaldo in Morsbach, 1995-2007

200 20

150 15 P e r s 100 10 on e n

j e

1

50 5 . 0 0 0 en E n W o 0 0 s

r a e m P

J

-50 -5 a hr e s a n

-100 -10 f a n g -150 -15

-200 -20 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Natürlicher Saldo Wanderungssaldo Gesamtsaldo je 1.000 EW

Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -145 - empirica 1.3 Pendler

Abbildung 65: 30.06.2007 Region NordRegion MitteRegion Süd SVP-Arbeitsplätze am Ort: 18100 53666 11528 SVP-Beschäftigte am Wohnort: 20847 56030 14876 Pendlersaldo (SVP-Besch.) -2747 -2364 -3348

Einpendler 30.06.2007 Region NordRegion Mitte Region Süd (SVP-)Arbeitsplätze vor Ort 18.100 56.566 11.528 davon von Wohnbevölkerung besetzt 11.318 39.046 6.943 davon von Einpendlern besetzt: 6.782 17.520 4.585 und zwar aus: Nord x 1.014 15 Mitte 1.383 x 2.127 Süd 28 4.655 x Altenkirchen (Westerwald) 5 256 1.079 Remscheid, Stadt 1.483 66 0 Wuppertal, Stadt 539 104 0 Köln, Stadt 126 1.071 77 Rheinisch-Bergischer Kreis 1.051 1.444 62 Rhein-Sieg-Kreis 45 1.266 824 Märkischer Kreis 817 906 36 Olpe 26 920 108 übriges NRW 1.150 1.734 78 außerhalb NRW 129 4.084 179

Auspendler 30.06.2007 Region NordRegion Mitte Region Süd (SVP-)Beschäftigte mit Wohnort OBK: 20.847 56.030 14.876 davon mit Arbeitsort vor Ort: 11.318 39.046 6.943 davon von Auspendler besetzt 9.529 16.984 7.933 und zwar nach: Nord x 1.383 28 Mitte 1.014 x 4.655 Süd 15 2.127 x Altenkirchen (Westerwald) 0 99 379 Remscheid, Stadt 3.047 135 8 Wuppertal, Stadt 1.291 146 63 Köln, Stadt 491 3.761 647 Rheinisch-Bergischer Kreis 1.397 2.814 242 Rhein-Sieg-Kreis 43 825 826 Märkischer Kreis 448 1.398 58 Olpe 30 996 163 übriges NRW 1.159 1.290 269 außerhalb NRW 594 2.010 595 Pendler Quelle: LDS NRW. Eigene Darstellung. empirica

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -146 - empirica 2. Annahmen und Ergebnisse der Szenarienrechnung

2.1 Wanderungsannahmen

Die Unterschiede zwischen den Szenarien ergeben sich vor allem aus den unterschiedlichen Annah- men über das Ausmaß der Zuwanderung über die Kreisgrenzen. Wie oben erläutert, wird dabei im Wachstumsszenario eine langfristige Netto-Zuwanderung (wie in der LDS-Prognose) und im Schrumpfungsszenario eine langfristige Netto-Abwanderung über die Kreisgrenzen unterstellt. Dar- über hinaus werden folgende Wanderungsannahmen getroffen:

• Die (Brutto-)Abwanderung der ansässigen Bevölkerung erfolgt nach den gleichen altersspezi- fischen Wanderungsmustern wie zwischen 2001- 2004 im Oberbergischen Kreis. Das heißt, dass immer ein gleicher Prozentsatz jeder Altersgruppe abwandert. Dadurch, dass die wande- rungsfreudigen jüngeren Personen seltener werden, wird insgesamt die ganze Gesellschaft immobiler, d.h. die Brutto-Abwanderung wird aufgrund der Alterung mit der Zeit abnehmen.

• Die Verteilung der Zu- und Abwanderungen über die Kreisgrenzen auf die einzelnen Teilräu- me geschieht nach den gleichen Anteilen wie zwischen 2002 und 2006.

• Die Wanderungsströme zwischen den einzelnen Teilräumen, also innerhalb des Kreises, blei- ben absolut konstant, so wie zwischen 2002 und 2006: In diesen Jahren war der Wanderungs- saldo dem Teilraum Nord mit dem Rest des Oberbergischen Kreises praktisch Null! Zwischen den Teilräumen Mitte und Süd fand eine Bewegung nach Süden statt: Im Saldo zogen rd. 600 Personen vom Teilraum Mitte in den Teilraum Süd um.

• Annahmen: Aufteilung der Geburten/Sterbefälle innerhalb des Oberbergischen Kreises pro- portional nach Anteil der Frauen in dieser Altersgruppe je Teilraum

2.2 Annahmen zur Berechnung des Neubaubedarfs

Der in den Szenarien dargestellte „Netto-Neubaubedarf“ stellt genau die Veränderung der Wohnungs- nachfrage dar, also die Veränderung der Haushaltszahlen, die Wohnungen in Ein- und Zweifamilien- häusern bzw. in Mehrfamilienhäusern nachfragen (Expansionsnachfrage). Die Expansionsnachfrage kann negativ sein (dann nämlich, wenn die Zahl der Haushalte sinkt). Sie ist daher auch nicht mit dem tatsächlichen (Brutto-)Neubaubedarf gleichzusetzen, denn dieser kann dennoch positiv sein. Annah- men zur Berechnung des Brutto-Neubaubedarfs:

• Zunächst wird unterstellt, dass es einen Neubaubedarf aus einem Ersatzbedarf heraus gibt, um die (physischen) Wohnungsabgänge, die durch Wohnungszusammenlegungen, Abriss oder ähnlichen Gründe entstehen, zu kompensieren. Für Wohnungsabgänge wird unterstellt, dass sie bei Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern 0,1% p.a., und bei Wohnungen in Mehr- familienhäusern 0,3% p.a. betragen. Der Ersatzbedarf wird zur Expansionsnachfrage hinzuge-

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -147 - empirica rechnet (Wenn die Expansionsnachfrage stark negativ ist, fällt der Ersatzbedarf nicht mehr ins Gewicht, weil unter den – vielen - frei werdenden Wohnungen auch gerade die unterstellten Wohnungsabgänge sind).

• Zusätzlich unterstellen wir einen strukturellen Neubaubedarf (Mindest-Neubaubedarf), der dadurch entsteht, dass einige Haushalte auf jeden Fall – d.h. unabhängig von Qualität und Preis der angebotenen bewohnen möchten: Für den Fall, dass in einer Kohorte (5-Jahres- Altersgruppe) die Zahl der EZFH-Nachfrager (Haushalte) innerhalb eines 5-Jahres-Zeitraums wächst, nehmen wird dennoch der Mindest-Neubaubedarf (von 20% der neuen Nachfrager) realisiert. Praktisch bedeutet das, dass es immer einen gewissen Prozentsatz von Bauherren geben wird, die ein Grundstück erwerben und dort ein neues Einfamilienhaus errichten, selbst wenn nebenan im Wohnungsbestand bereits Leerstände in gebrauchten Einfamilienhäusern vorhanden sind.

• Für Geschosswohnungen wird ein struktureller Neubaubedarf von 10% unterstellt. Das bedeu- tet, dass Investoren zu einem bestimmten Prozentsatz immer Abnehmer für Neubauwohnun- gen finden werden, selbst wenn es in der Nachbarschaft schon leer stehende Geschosswoh- nungen gibt.

2.3 Ergebnisse der Bevölkerungsberechnung in den Szenarien

Abbildung 62: Bevölkerungsberechnung einschl. Altersstruktur – Oberbergischer Kreis gesamt Wachstumsszenario Schrumpfungsszenario OBK IST 2007 2010 2015 2020 2025 2010 2015 2020 2025 unter 5 13.200 12.700 13.000 12.900 12.300 12.400 12.000 11.400 10.400 5-10 16.000 14.700 13.200 13.400 13.300 14.400 12.500 12.100 11.500 10-15 17.600 17.300 15.300 13.800 14.000 16.900 14.500 12.500 12.100 15-20 18.900 18.900 18.000 15.900 14.500 18.400 16.900 14.500 12.500 20-25 16.600 18.300 18.700 17.800 15.800 17.600 17.300 15.900 13.400 25-30 15.800 16.600 17.900 18.200 17.400 15.500 16.000 15.600 14.200 30-35 15.700 15.500 16.600 17.900 18.300 14.400 14.200 14.600 14.300 35-40 21.600 17.600 16.100 17.200 18.500 16.500 13.600 13.400 13.800 40-45 24.800 24.400 18.300 16.800 17.900 23.600 16.200 13.300 13.000 45-50 22.800 24.700 24.700 18.700 17.200 24.200 23.200 15.900 13.000 50-55 19.200 21.400 24.600 24.600 18.700 21.100 23.700 22.700 15.500 55-60 16.700 18.100 20.900 24.000 24.000 17.900 20.400 22.900 22.000 60-65 13.700 13.700 17.400 20.100 23.000 13.500 16.900 19.300 21.700 65-70 18.200 15.900 13.000 16.400 19.000 15.600 12.500 15.700 18.000 70-75 13.800 16.200 14.500 11.900 15.000 16.000 14.000 11.200 14.100 75-80 23.700* 10.900 14.000 12.500 10.300 10.700 13.600 11.900 9.500 80-85 8.000 8.300 10.600 9.500 7.900 8.000 10.100 8.800 85-90 4.300 5.000 5.500 7.400 4.300 4.900 5.300 7.000 90 und mehr 2.000 2.800 3.600 4.400 1.900 2.600 3.400 4.000 insgesamt 288.400 291.300 292.100 291.800 290.500 282.800 273.200 261.600 248.900 Datum bezieht sich jeweils auf den 1.1. d.J.

Quelle: LDS NRW (Ist-Zahlen 2007; Basis für das Wachstumsszenario). Eigene Berechnungen (Szenarien). empirica

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -148 - empirica Abbildung 63: Bevölkerungsberechnung einschl. Altersstruktur – Teilraum Nord

Wachstumsszenario Schrumpfungsszenario Nord 2007 2010 2015 2020 2025 2010 2015 2020 2025 unter 5 2.800 2.800 2.800 2.800 2.700 2.700 2.600 2.400 2.200 5-10 3.400 3.100 2.900 2.900 2.900 3.000 2.700 2.600 2.400 10-15 3.900 3.800 3.200 3.000 3.000 3.700 3.000 2.700 2.600 15-20 4.100 4.100 3.900 3.400 3.200 4.000 3.700 3.000 2.700 20-25 3.600 4.000 4.100 3.900 3.300 3.800 3.700 3.400 2.700 25-30 3.400 3.500 3.800 3.900 3.700 3.300 3.300 3.300 2.900 30-35 3.400 3.300 3.500 3.800 3.900 3.000 2.900 3.000 2.900 35-40 4.800 3.900 3.400 3.600 3.900 3.600 2.800 2.700 2.700 40-45 5.600 5.500 4.000 3.500 3.800 5.300 3.500 2.600 2.600 45-50 4.900 5.400 5.600 4.100 3.600 5.300 5.200 3.400 2.600 50-55 4.300 4.700 5.400 5.600 4.100 4.600 5.100 5.100 3.300 55-60 3.800 4.100 4.600 5.200 5.400 4.000 4.500 5.000 4.900 60-65 3.200 3.200 3.900 4.400 5.000 3.200 3.800 4.200 4.700 65-70 3.900 3.600 3.000 3.700 4.200 3.500 2.900 3.500 3.900 70-75 3.000 3.500 3.300 2.800 3.400 3.500 3.200 2.600 3.200 75-80 5400* 2.400 3.000 2.800 2.400 2.400 2.900 2.700 2.200 80-85 1.800 1.800 2.300 2.100 1.800 1.800 2.200 2.000 85-90 1.000 1.200 1.200 1.600 1.000 1.100 1.100 1.500 90 und mehr 500 600 800 1.000 400 600 800 900 insgesamt 63.600 64.200 64.000 63.700 63.200 62.000 59.300 56.200 52.800 Quelle: LDS NRW (Ist-Zahlen 2007). Eigene Berechnungen (Szenarien). empirica Abbildung 64: Bevölkerungsberechnung einschl. Altersstruktur – Teilraum Mitte

Wachstumsszenario Schrumpfungsszenario Mitte 2007 2010 2015 2020 2025 2010 2015 2020 2025 unter 5 8.000 7.700 7.800 7.700 7.300 7.500 7.200 6.800 6.200 5-10 9.800 8.900 7.900 8.000 7.900 8.800 7.500 7.200 6.800 10-15 10.600 10.500 9.200 8.300 8.300 10.300 8.800 7.500 7.200 15-20 11.400 11.300 10.900 9.600 8.600 11.100 10.300 8.700 7.500 20-25 10.000 11.000 11.200 10.700 9.500 10.500 10.400 9.600 8.100 25-30 9.700 10.000 10.600 10.900 10.400 9.400 9.500 9.400 8.600 30-35 9.500 9.400 9.900 10.600 10.900 8.800 8.600 8.700 8.500 35-40 13.400 10.700 9.800 10.200 10.900 10.100 8.300 8.000 8.200 40-45 15.200 14.900 11.100 10.100 10.600 14.400 9.900 8.100 7.800 45-50 14.100 15.200 15.100 11.300 10.300 14.900 14.200 9.600 7.900 50-55 11.700 13.000 15.100 14.900 11.200 12.900 14.500 13.900 9.400 55-60 10.000 10.900 12.700 14.700 14.600 10.800 12.400 14.000 13.400 60-65 8.400 8.300 10.500 12.200 14.100 8.200 10.200 11.800 13.300 65-70 11.300 9.800 7.800 9.900 11.500 9.700 7.600 9.500 11.000 70-75 8.600 10.100 9.000 7.200 9.000 10.000 8.700 6.800 8.500 75-80 14600* 6.800 8.700 7.700 6.200 6.700 8.500 7.400 5.700 80-85 4.900 5.200 6.600 5.800 4.800 5.000 6.300 5.500 85-90 2.600 3.100 3.400 4.600 2.600 3.000 3.300 4.400 90 und mehr 1.200 1.700 2.200 2.700 1.100 1.600 2.000 2.500 insgesamt 176.300 177.500 177.200 176.100 174.500 172.600 166.200 158.700 150.400 Quelle: LDS NRW (Ist-Zahlen 2007). Eigene Berechnungen (Szenarien). empirica

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -149 - empirica

Abbildung 65: Bevölkerungsberechnung einschl. Altersstruktur – Teilraum Süd

Wachstumsszenario Schrumpfungsszenario Süd 2007 2010 2015 2020 2025 2010 2015 2020 2025 unter 5 2.400 2.200 2.400 2.400 2.300 2.100 2.200 2.200 2.000 5-10 2.800 2.700 2.300 2.500 2.600 2.600 2.200 2.300 2.200 10-15 3.100 3.000 2.800 2.500 2.700 2.900 2.700 2.300 2.300 15-20 3.400 3.400 3.200 3.000 2.600 3.300 3.000 2.700 2.300 20-25 3.000 3.400 3.400 3.200 3.000 3.300 3.200 2.900 2.600 25-30 2.700 3.100 3.400 3.400 3.200 2.900 3.100 3.000 2.700 30-35 2.800 2.800 3.200 3.500 3.600 2.600 2.800 3.000 2.900 35-40 3.400 3.000 3.000 3.300 3.700 2.800 2.600 2.700 2.900 40-45 4.000 3.900 3.200 3.200 3.500 3.800 2.900 2.500 2.700 45-50 3.800 4.100 4.100 3.300 3.300 4.000 3.800 2.900 2.600 50-55 3.200 3.700 4.100 4.100 3.400 3.600 4.000 3.800 2.800 55-60 2.800 3.100 3.600 4.100 4.000 3.000 3.500 3.900 3.700 60-65 2.100 2.200 3.000 3.500 3.900 2.200 2.900 3.300 3.700 65-70 3.000 2.400 2.100 2.800 3.300 2.400 2.100 2.700 3.100 70-75 2.200 2.600 2.200 2.000 2.600 2.500 2.200 1.900 2.400 75-80 3.700 1.700 2.200 1.900 1.700 1.700 2.200 1.800 1.600 80-85 1.300 1.300 1.700 1.500 1.200 1.300 1.600 1.400 85-90 700 800 900 1.200 700 800 800 1.100 90 und mehr 300 500 600 700 300 400 600 700 insgesamt 48.500 49.600 50.900 52.000 52.900 48.200 47.600 46.700 45.600 Quelle: LDS NRW (Ist-Zahlen 2007). Eigene Berechnungen (Szenarien). empirica

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -150 - empirica 3. Beispielhafte Baugebiete im Oberbergischen Kreis

3.1 Teilraum Nord: Hohe Vermarktungserfolge im Felderhofer Kamp

Teilraum Nord: Wipperfürth „Felderhofer Kamp“ Lage

Realisierungszeitraum Beginn der Vermarktung im März 2003. Aktuell sind bereits 120 Wohnun- gen verkauft (Vermarktungsquote 1,8 WE pro Monat). Standortqualitäten • unmittelbare Stadtrandlage (Nähe zum Zentrum, Nahversorgung, Frei- zeit- und Kulturangebote), angrenzend an Wohngebiet • Nähe zu sozialer Infrastruktur (Johanniter-Kindertagesstätte, Grund- schule) • attraktive naturräumliche Lage, leichte Süd-/Westhanglage, Nähe zur Natur, Naherholung • attraktive (Fern-)/Weitsicht; Blickbeziehungen (Panorama-Blick auf Stadt) • Verkehrsanbindung: ca. 25 Minuten Fahrtzeit (rd. 20 km) bis zur nächs- ten Autobahnauffahrt (A 1), 3 Minuten Fahrtzeit mit dem Pkw ins Stadtzentrum von Wipperfürth (rd. 1,5 km) Fotos

Gesamteindruck Spielplatz im Baugebiet Quelle: www.immo-wegerhoff.de

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -151 - empirica

Grundschule/ Kindergarten im Baugebiet Stadtvillen mit max. 10 WE

Bauträgerprojekt Eigentumswohnungen Individualbau in Doppelhaushälften Größe insgesamt 12,9 ha (7,9 ha Nettobaufläche) Bauformen insgesamt 184 WE Grundstücksgrößen davon 38 WE in MFH, 16 WE in RH, 80 WE in DHH, 50 WE in fEFH Die Bauplätze für die geplanten Reihenhäuser (Hausgruppen) wurden aufgrund fehlender Nachfrage in Grundstücke für Doppelhaushälften und freistehende Einfamilienhäuser umgeplant. Die Realisierung von jeweils 2 Eigentumswohnungen in einer Doppelhaus- hälfte ist von der Stadtplanung aufgrund der erhöhten Dichte nicht ge- wünscht. Der Bebauungsplan lässt allerdings 2 WE pro Gebäude zu. Grundstücksgrößen zwischen rd. 300 und 1.000qm Städtebau • leicht geschwungene, nicht zu lange Wohnstraßen bilden überschaubare Nachbarschaften • Stichstraßen-Erschließung verhindert Durchgangsverkehr, Tempo 30- Zone im gesamten Baugebiet erhöht Kinderfreundlichkeit • entlang Haupterschließungsstraße: Bürgersteige, „Aufpflasterungen“ als Verkehrsberuhigung und vereinzelt Baumpflanzungen • Kinderspielplatz • Gestaltungssatzung mit Schwerpunkt auf den öffentlichen Straßenraum: Begrünung der Vorgärten, Einfriedungen, Abgrabungen/ Aufschüttun- gen, Dachform/-neigung, Trauf- und Firsthöhen, OKF zur Straße, versi- ckerungsfähige Wege-Befestigungen auf dem Grundstück, wenig Ein- schränkungen in der Material- und Farbwahl • überwiegend jeweils eine Garage auf dem Grundstück, z.T. nur Stell- plätze vor dem Haus (insb. bei den Eigentumswohnungen in den Dop- pelhäusern) • Besucherparkplätze entlang der Haupterschließungsstraße Preise Bodenrichtwert: 160 €/qm Grundstücksverkaufspreis: 175 bis 195 €/qm (inkl. Erschließung)

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -152 - empirica Image und Akzeptanz • Nähe zum Zentrum • Naturräumliche Lage mit Nähe zur Natur und Südhanglage mit rollen Sichtbeziehungen

3.2 Teilraum Mitte: Hohe Qualitäten im öffentlichen Straßenraum in Büttingshausen

Teilraum Mitte: Wiehl „Büttinghausen“ Lage

Realisierungszeitraum Beginn der Vermarktung im Jahr 2002. Aktuell sind bereits 38 Grundstücke verkauft (Vermarktungsquote 0,5 WE pro Monat). Standortqualitäten • Randlage des Ortsteils Büttinghausen (Lebensmittelgeschäft vorhan- den), ca. 3km vom Stadtzentrum Wiehl entfernt, angrenzend an Wohn- gebiet • Nähe zur Grundschule im Ortsteil Büttinghausen • attraktive naturräumliche Lage, leichte Südhanglage, Nähe zur Natur, Naherholung • attraktive Blickbeziehungen • Verkehrsanbindung: ca. 7 Minuten Fahrtzeit (rd. 7km) bis zur nächsten Autobahnauffahrt (A 4), 6 Minuten Fahrtzeit mit dem Pkw ins Stadt- zentrum von Wiehl (rd. 3km) Fotos

Lage/ Blickbeziehungen Spielplatz

Gestaltung öffentlicher Straßenraum, leicht Besucherparkplätze geschwungene Straßenführung

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -153 - empirica

Gestaltungsvorgabe: alle Garagen mit Begrünung im öffentlichen Straßenraum Satteldach (im 1. BA, 1998 bereits realisiert) Größe insgesamt 1,47 ha (1,4 ha Nettobaufläche) Bauformen insgesamt 66 WE Grundstücksgrößen davon 66 WE in fEFH/ DHH vorgesehen Grundstücksgrößen zwischen rd. 550 und 1.600qm Städtebau • leicht geschwungene, nicht zu lange Wohnstraßen bilden überschaubare Nachbarschaften • Gestaltung des öffentlichen Straßenraumes: „kleine Plätze/ Straßenauf- weitungen“ durch Kreis-Pflasterung in der Straße, Begrünung • Kinderspielplatz • Gestaltungssatzung: Dachform/ Gauben/ Dachüberstand, Dachneigung, Firstrichtung, Farben/ Materialien für Dach und Fassade, Garagen mit Satteldach, Einfriedungen • Garagen auf dem Grundstück • zwei Besucherparkplätze im Baugebiet Preise Bodenrichtwert: 160 €/qm Grundstücksverkaufspreis: 175 bis 195 €/qm (inkl. Erschließung) Image und Akzeptanz • reines Einfamilienhausgebiet • Gestaltung im öffentlichen Straßenraum • positives Image von Wiehl („Kleinstadt mit Flair“)

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -154 - empirica 3.3 Teilraum Süd: Grundstücksmindestgrößen und Gestaltungsvorgaben in Bierenbachtal

Teilraum Süd: Nümbrecht „Bierenbachtal/ Kalkofen“ Lage

Realisierungszeitraum Der 1. Bauabschnitt mit 62 Wohneinheiten wurde in den Jahren 2003 bis 2006 komplett vermarktet. Die Vermarktung des 2. Bauabschnittes mit 16 Wohneinheiten startete im Frühjahr 2007. Aktuell sind bereits 14 Wohnungen verkauft (Vermark- tungsquote des 2. BA ca. 1,2 WE pro Monat). Standortqualitäten • Randlage des Ortsteils Bierenbachtal (schlechte Nahversorgungssituati- on), ca. 3km vom Stadtzentrum Nümbrecht bzw. 5km vom Stadtzent- rum Wiehl entfernt, angrenzend an Wohngebiet • leichte Südosthanglage, Nähe zur Natur, Naherholung • Verkehrsanbindung: ca. 15 Minuten Fahrtzeit (rd. 9,5km) bis zur nächs- ten Autobahnauffahrt (A 4), 6 Minuten Fahrtzeit mit dem Pkw ins Stadtzentrum von Nümbrecht (rd. 3km) Fotos

Erschließungsstraße typisches freistehendes Einfamilienhaus noch nicht fertig gestellt

Aussicht/ Blickbeziehungen typisches freistehendes Einfamilienhaus

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -155 - empirica Größe 1. BA: insgesamt 2,45 ha (1 ha Nettobaufläche) Bauformen 2. BA: insgesamt 1,8 ha (1,5 ha Nettobaufläche) Grundstücksgrößen 1. BA: insgesamt 62 WE 2. BA: insgesamt 16 WE davon alle WE in fEFH vorgesehen Grundstücksgrößen im aktuellen 2. BA Minimum von 600qm Städtebau • Grundstücksmindestgrößen von 600qm • Gestaltung des öffentlichen Straßenraumes noch im Bau • an das Umfeld orientierte Gestaltungsvorgaben • Garagen auf den Grundstücken Preise Bodenrichtwert: 85 €/qm Grundstücksverkaufspreis: 90 €/qm (inkl. Erschließung) Image und Akzeptanz • reines Einfamilienhausgebiet • positives Image von Nümbrecht als Wohnstandort mit Qualität

4. Exkurs zu möglichen Innenentwicklungsinstrumenten

Um eine Innenentwicklung bzw. den Abbau von Leerständen zu fördern, gibt es folgende weitere Möglichkeiten: die Einrichtung von dörflichen Eigentümerstandortgemeinschaften oder Village Im- provement (VIDs) (A), die Einrichtung einer Entwicklungsgesellschaft in Form einer Aktien- oder Fondsgesellschaft (B) sowie die Einrichtung eines Innenentwicklungs-Fonds (C).

(A) Village Improvement

Der private Zusammenschluss von handlungsfähigen/-willigen Eigentümern in Form eines Village Improvement Districts (VID) stellt ein Instrument zur Innenentwicklung dar. Gemeinsames Ziel ist es, Aufwertungsmaßnahmen durchzuführen, die das wirtschaftliche Überleben der Dörfer und einzelner Immobilien sichert bzw. ihren Vermarktungserfolg verbessert. Die Bereitschaft, sich zusammen zu schließen, folgt der Erkenntnis, dass Einzelmaßnahmen nicht ausreichen, wenn das Nachbargrund- stück vernachlässigt wird. Stattdessen werden Maßnahmenbündel geschnürt und nach Möglichkeit gemeinsam umgesetzt. Die einzelnen Eigentümer sollten sich zuerst untereinander abstimmen und ihre genaue Problemlage definieren. Haben sie z.B. ein Vermarktungsproblem der Immobilien, eine Ver- schlechterung des Dorfbildes aufgrund verfallender Bausubstanz oder eine mangelnde Lebensqualität im Dorf (z.B. Verbesserung der Nahversorgungskonzepte, Konzipierung von Wohnformen für Senio- ren etc.)? Das Aufgabenspektrum eines VID kann vielfältig sein: grundstücksübergreifende Umgestal- tung von Flächen, Beratung und Unterstützung von überforderten Einzeleigentümern, Grundstücksge- schäfte und Neubaumaßnahmen, Rückbau nicht mehr marktfähiger Wohnungen/Bausubstanz, Ent- schädigung der Eigentümer, Leerstands- und Umzugsmanagement, bewohnerorientierte Dienstleistun- gen oder Alltagshilfen (z.B. für Senioren, Familien) sowie Marketing- und Imagekampagnen.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -156 - empirica Die Finanzierung der Maßnahmen muss noch über freiwillige Beiträge der Eigentümergemeinschaft erfolgen, da es bisher noch keine gesetzliche Grundlage für eine solche Organisation in Nordrhein- Westfalen gibt.50 Solange es noch keine gesetzliche Regelung für ein VID gibt, besteht bei rein infor- mellen Zusammenschlüssen das Risiko, dass sich einzelne Eigentümer aus der Finanzierung heraus zu halten versuchen, aber vom Erfolg der Maßnahme profitieren („Trittbrettfahrerproblem“). Die Kom- munen sollten für diese neue Form der Kooperation Werbung machen und ggf. Moderationsleistungen bei ersten Treffen anbieten oder sogar erste Modellprojekte initiieren und inhaltlich und organisato- risch unterstützen.

(B) Entwicklungsgesellschaft

In jeder Gemeinde wird es jedoch eine Vielzahl an Bewohnern geben, die nicht handlungsfähig oder - bereit bzw. überfordert sind, aber dennoch vermarktungsfähige Immobilien besitzen. Gründe können ein hohes Alter, finanzielle Gründe oder einfach fehlendes Know-how sein. Hier kommt ein nächstes Instrument, die Entwicklungsgesellschaft, zum Einsatz. Sie verfolgt das Ziel, verschiedene Grundstü- cke und Immobilien zu poolen, um sie aus einer Hand zu bewirtschaften bzw. vermarkten. Die Haupt- aufgabe besteht im Ankauf von leer stehenden, untergenutzten Grundstücken und Immobilien von handlungs(un)fähigen Eigentümern, um diese „aus einer Hand“ anbieten zu können. Dadurch ist sowohl eine Zusammenlegung als auch eine Teilung von Grundstücken zu marktgängigeren Einheiten möglich. Vereinzelt können strukturelle Leerstände durch Rückbau beseitigt werden. Um alle Potenti- ale und Selbstheilungskräfte zu wecken, ist es von Vorteil, möglichst viele Bürger und Akteure in die Entwicklung einzubeziehen. Ob die rechtliche Umsetzung später als offener Immobilienfonds oder als Aktiengesellschaft (AG) ausgestaltet wird, hängt von der konkreten Situation ab. Es gibt verschiedene Alternativen, wie sich die Entwicklungsgesellschaft zusammensetzen kann. Zum einen kann die Gesellschaft nur von privaten Akteuren gegründet werden und zum anderen besteht die Möglichkeit, z.B. die Kommune und die örtlichen Banken mit einzubeziehen. Die Vorteile der Entwicklungsgesell- schaft liegen darin, professionelles Know-how und Startkapital zu bündeln und damit die Chancen und Risiken auf mehreren Schultern zu verteilen. Durch die räumliche Streuung der Immobilien können weitere Synergien genutzt werden.

Als Grundvoraussetzung ist es zwingend, dass die Immobilien in das Eigentum der Gesellschaft übergehen. Jedem Objekt, das in das Eigentum der Gesellschaft übergeht, wird ein Wert zugeordnet. Diese Einstandsbewertung wird immer eine Verhandlungssache sein. Ein klassisches Wertermitt- lungsverfahren funktioniert hier nicht. Das Problem besteht ja darin, dass die Eigentümer Marktpreise fordern, die mit der Realität nichts gemein haben. Ziel ist es, mit den Eigentümern realistische (niedri- ge) Marktpreise als Einstandsbewertung festzulegen, um so eine Weiterentwicklung des Grundstücks bzw. der Immobilie überhaupt zu ermöglichen. Als Anreiz profitieren die Eigentümer anschließend

50 Voraussichtlich wird im Sommer 2008 eine gesetzliche Grundlage für Business Improvement Districts in Nordrhein Westfalen geschaf- fen werden. Es ist noch unklar, wann es dies ebenfalls für Housing Improvement Districts geben wird.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -157 - empirica anteilsmäßig an dem Gewinn des Fonds/der Aktiengesellschaft. Nur so kann die Halte- und Wartepe- riode der Alteigentümer verkürzt und durchbrochen werden.

Die Eigentümer der Immobilien werden nicht ausgezahlt, sondern durch Fondsanteile bzw. bei einer Aktiengesellschaft durch Aktien bezahlt, d.h. sie erhalten einen Anspruch darauf, anteilsmäßig an dem Fonds/der Aktiengesellschaft zu profitieren. Die Einbringung von Immobilien gegen Gesellschafts- rechte gestattet auch den wirtschaftlich schwächeren Eigentümern die Teilhabe an diesem Prozess.

Neben den eingebrachten Immobilien speist sich die Entwicklungsgesellschaft aus privaten Kapitalzu- flüssen durch Kauf von entsprechenden Fondsanteilen/Aktien. Der Fonds/die AG sollte demnach für alle Bürger und Interessierte zur Beteiligung offen sein. Dies fördert zugleich ein gemeinsames bür- gerschaftliches Interesse. Dabei ist klar, dass es sich nicht um rein gewinnorientierte Anlagen handeln kann, die in ihrer Rendite mit normalen Kapitalmarktanlagen verglichen werden können. Umso wich- tiger ist es, die Innenentwicklung als ein gewichtiges kommunalpolitisches Anliegen zu vertreten und in der Öffentlichkeit zu diskutieren.

(C) Innenentwicklungs-Fonds/ Ertragslückenfinanzierung

Ein weiteres Instrument stellt der Innenentwicklungs-Fonds dar. Dieser Fonds wird von der Kommune verwaltet und nährt sich aus öffentlichen Geldern wie z.B. durch die Einspeisung von Bundes- und Landesmitteln, Zuschüsse kommunaler Mittel aus dem Haushalt oder Sponsorengeldern. Das Ziel des Fonds ist die punktuelle Ertragslückenfinanzierung bei wichtigen Schlüsselprojekten, um hier eine Realisierung zu ermöglichen. Dies können sowohl inhaltlich vorbereitete Projekte aus dem VID oder der Entwicklungsgesellschaft sein, aber auch sonstige Einzelprojekte von Privatpersonen. Die Förde- rung kann über die Vergabe eines zinsgünstigen Darlehens, durch Zuschüsse oder durch eine Risiko- beteiligung mit Partizipierung am Ertrag erfolgen. Gefördert werden nur Projekte mit öffentlichem Nutzen. Daher ist es besonders wichtig, klar zu definieren, was förderfähig ist. Der Fonds untersteht einer öffentlichen Aufsicht und muss über alle Maßnahmen Rechenschaft ablegen. Der Vorteil eines Innenentwicklungs-Fonds besteht darin, dass die Gelder flexibel einsetzbar sind und nicht an starre Förderprogramme gebunden sind.

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -158 - empirica 5. Literaturverzeichnis

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Berndgen-Kaiser, Andrea/ Fox-Kämper, Runrid (2008): „Anpassung von Wohnsiedlungen der Nach- kriegszeit an neue Wohnbedürfnisse.“ In: Schmitt, Gisela/ Selle, Klaus (Hrsg.): Bestand? Perspektiven für das Wohnen in der Stadt. Dortmund: Verlag Dorothea Rohn. S. 429-446.

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Prognos AG (2007): Zukunftsatlas 2007. Download unter: www.prognos.com [Stand Mai 2008].

ANHANG II (SEPARAT)

Wohnungsmarktanalyse Oberbergischer Kreis -159 - empirica