Mag. Gregor Jurkovič

Die Kreditinstitute Kärntens und der Steiermark während der NS-Zeit

Politischer "Missbrauch" von Banken, Sparkassen und Landes- Hypothekenanstalten zwischen den Jahren 1938 und 1945

Dissertation

zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften an der Karl-Franzens-Universität Graz

Univ.-Prof. Dr. Stefan Karner Institut für Wirtschafts-, Sozial- und Unternehmensgeschichte

Univ.-Prof. Dr. Peter Steiner Institut für Banken und Finanzierung

Graz, Oktober 2017

Ehrenwörtliche Erklärung

Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen inländischen oder ausländischen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht. Die vorliegende Fassung entspricht der eingereichten elektronischen Version.

Datum: Unterschrift: (Gregor Jurkovič)

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Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis ...... 5 Einleitung: Motivation, Hypothesen und Methodik ...... 7 Forschungsstand und Quellenlage ...... 17 Die Wirtschaft in den Reichsgauen Kärnten und Steiermark um 1938 ...... 20 Maßnahmen und Gesetze des staatlichen Dirigismus ...... 23 Die neue gesetzliche Regelung der Arbeit – Führerprinzip und Gefolgschaft ...... 28 Nationalsozialistische Agrargesetzgebung ...... 36 Die Bauernentschuldung in der Untersteiermark und in Oberkrain ...... 39 Die Geld- und Fiskalpolitik des »Dritten Reiches«...... 44 Kreditausweitung im "Altreich" nach der Weltwirtschaftskrise ...... 44 Der Golddevisenstandard als Währungsordnung ...... 60 Die Deutsche Reichsbank und das deutsche Währungssystem ...... 63 Die Österreichische Nationalbank (OeNB) und das Währungssystem in Österreich ...... 66 Die gesetzlichen Grundlagen des deutschen Bankwesens ...... 71 Die Reichsbank als Zentralbank und Aufsichtsorgan...... 71 Das Reichsaufsichtsamt für das Kreditwesen ...... 72 Die Sparkassen 1938−1945 ...... 74 Die österreichischen Sparkassen vor dem „“ ...... 74 Die Rahmenbedingungen für die Machtergreifung in "ostmärkischen" Sparkassen ...... 76 Die Sparkassen in Kärnten und in der Steiermark ...... 81 Die Grazer Sparkassen ...... 83 Die Kärntnerische Sparkasse ...... 86 Die Sparkassen in Jugoslawien – Untersteiermark und Oberkrain ...... 87 Die Landes-Hypothekenanstalten 1938−1945 ...... 92 Die »ostmärkischen« Landes-Hypothekenanstalten ...... 92 Die Landes-Hypothekenanstalten in Jugoslawien – Untersteiermark und Oberkrain ...... 95 Die Steiermärkische Landes-Hypothekenanstalt ...... 97 Kärntnerische Landes-Hypothekenanstalt ...... 100 Creditanstalt-Bankverein AG 1938−1945 ...... 101 Der Bankbetrieb »ostmärkischer« Kreditinstitute anhand ihrer Bilanzdaten ...... 112 Die »ostmärkischen« Sparkassen ...... 112 Die Steiermärkische Sparkasse in Graz im Wendejahr 1938 ...... 112 Die Steiermärkische Sparkasse nach dem 1. Jänner 1939 ...... 121 Die Kärntnerische Sparkasse ...... 130 Exkurs: Die Sparprogramme und ihre Auswirkungen auf die Sparkassen der „Südmark“ ...... 137 Die »ostmärkischen« Landes-Hypothekenanstalten ...... 140 Die Steiermärkische Landes-Hypothekenanstalt ...... 140 Die Kärntnerische Landes-Hypothekenanstalt ...... 155 Exkurs: Die Landes-Hypothekenanstalten im Wettbewerb und Scheinwettbewerb ...... 160 Der Creditanstalt-Bankverein ...... 166 Der NS-Bankbetrieb in Steiermark und Kärnten im Vergleich mit Schweizer Banken ...... 175 Die Schweizerische Kreditanstalt (heute Credit Suisse) ...... 175 Die Zürcher Kantonalbank ...... 182 Kreditierung für das NS-Regime – Die Kreditfälle ...... 188 Die Kreditfälle des CA-Bankvereins ...... 188 Die Kreditfälle der Steiermärkischen Landes-Hypothekenanstalt ...... 207

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Die Kreditfälle der Steiermärkischen Sparkasse in Graz ...... 217 Die Kreditfälle der Kärntnerischen Sparkasse...... 225 Zusammenfassung ...... 235 Anhang 1 ...... 241 Anhang 2 ...... 256 Bibliographie und Archivquellen ...... 270

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Abkürzungsverzeichnis

[…] Auslassung im Zitat ABGB Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch Abs. Absatz Abt. Abteilung a.d. an der AG Aktiengesellschaft Anm. Anmerkung Art. Artikel BArch Bundesarchiv Berlin BA-CA Bank -Creditanstalt BG Bundesgesetz BGBl. Bundesgesetzblatt CA Creditanstalt CA-BV Creditanstalt-Bankverein CA-IB Industriebeteiligungsarchiv des Creditanstalt-Bankvereins CA-V Vorstandsarchiv des Creditanstalt-Bankvereins CdZ Chef der Zivilverwaltung CH CSG HA Schweizerisches Archiv der Credit Suisse Group Historical Archives CH ZKB Schweizerisches Archiv der Zürcher Kantonalbank DANAT Darmstädter und Nationalbank DAF Deutsche Arbeitsfront Diss. Dissertation dt deutsch DUT Deutsche Umsiedlungs-Treuhand AG Ebd. Ebenda f fortführend ff fortführend Fasz. Faszikel G Gesetz GBlÖ. Gesetzblatt für das Land Österreich gem. gemäß Gestapo Geheime Staatspolizei GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung GuV Gewinn- und Verlustrechnung Hg. Herausgeber HGB Handeslgesetzbuch iHv in Höhe von JB Jahrbuch KdF Nationalsozialistische Gemeinschaft „Kraft durch Freude“ (Gliederung der DAF) KLA Kärntner Landesarchiv MfWuA Ministerium für Wirtschaft und Arbeit Mio. Million(en) Mrd. Milliarde(n) NARA National Archives oft he United States, Washington NS Nationalsozialismus 5

NSBO Nationalsozialistische Betriebszellenorganisation NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei NSRB Nationalsozialistische Kriegsopferversorgung (Gliederung der NSDAP) o.J. ohne Erscheinungsjahr o.O. ohne Erscheinungsort OeNB Österreichische Nationalbank ÖStA/AdR Österreichisches Staatsarchiv/Archiv der Republik RGBl. Reichsgesetzblatt RkfK für das Kreditwesen RkfWÖ Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreichis mit dem Deutschen Reich RM Reichsmark RWM Reichswirtschaftsministerium S. Seite SS (der NSDAP) StGBl. Staatsgesetzblatt für die Republik Österreich StLA Steiermärkisches Landesarchiv u.a. und andere(n) usw. und so weiter vgl. vergleiche Z. Ziffer z.B. zum Beispiel

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Einleitung: Motivation, Hypothesen und Methodik Am 12. März 1938, als die deutschen Truppen die österreichisch-deutsche Grenze überquerten, sind die Nationalsozialisten in Österreich bereits an der Regierung beteiligt. Den Grundstein dafür legte das Abkommen zwischen dem österreichischen Kanzler Kurt Schuschnigg und am 12. Feber 1938 („Berchtesgadener Abkommen“). Danach wurde der in Österreich illegalen NSDAP ihre Tätigkeit innerhalb der Vaterländischen Front1 erlaubt. Die österreichische Regierung wurde umgestaltet indem der Nationalsozialist Arthur Seys-Inquart2 Innenminister wurde. Die Nationalsozialisten nahmen dies zum Anlass, die bestehenden Amtsinhaber durch Kundgebungen und Aufmärsche soweit unter Druck zu setzten, bis diese ihrer Posten enthoben würden.

In der Steiermark, am Grazer Hauptplatz, fanden am 19. und 24. Feber 1938 Kundgebungen der Nationalsozialisten statt, wobei die Hakenkreuzfahne am Rathaus aufgehängt wurde und die Teilnehmer erreichten bei dieser Gelegenheit die Abschaltung einer Rede von Kanzler Schuschnigg. Einen Tag später, am 25. Feber, unterlag der Grazer Bürgermeister Hans Schmid3 dem Druck der Straße und trat zurück. Am 28. Feber folgte ihm der Vorsitzende der steiermärkischen Vaterländischen Front, Alfons Gorbach4 und abschließend am 3. März der Landeshauptmann Karl M. Stepan5. An seiner Stelle wurde Rolph Trummer6 ernannt. Danach

1 Eine am 20. Mai 1933 gegründete Nachfolgeorganisation der Christlichsozialen Partei, die vom Bundeskanzler Engelbert Dollfuß geführt wurde. Das Ziel dieser Organisation war es, alle Österreicher von einer Organisation zu vertretten und dazu einen Ständestaat zu errichten. Dollfuß folgte, nach einem Umsturzversuch durch die Nationalsozialisten, bei dem er ums Leben kam (»Juliputsch«), Ernst Rüdiger Starhemberg. 2 Arthur Seys-Inquart (geboren als Arthur Zajtich am 22. Juli 1892 in Stanarov, Mähren, gestorben am 16. Oktober 1946 in Nürnberg, Deutschland). War österreichischer Jurist und nationalsozialistischer Politiker. Nach dem »Berchtesgadner Abkommen« wurde er österreichischer Innenminister, danach österreichischer Bundeskanzler (für wenige Stunden) und danach Reichsminister ohne Portfolio und im Jahr 1945 Reichsaußenminister. Während des zweiten Weltkrieges wirkte er als Reichkommissar in den Niederlanden. Auf dem Nürnberger Militärgerichtshof wurde er zum Tode verurteilt und gehängt. 3 Hans Schmid (31. August 1889, Slovenjske Konjice/Gonobitz-20. September 1979, Graz) war zwischen 1934 und 1938 Bürgermeister der Stadt Graz. Die Vaterländische Front setzte ihn auf diesen Posten. Davor war er Obmann des steirischen Christlichsozialen Lehrerverbandes. 4 Alfons Gorbach (2. September 1898, Imst/Tirol-31. Juli 1972, Graz) war Mitglied des Gemeinderates und Mitglied des Stadtschulrates in Graz. Danach wurde er Abgeordneter zum Steiermärkischen Landtag und Landesrat. Im »Ständestaat« leitete er die Vaterländische Front in der Steiermark. Nach dem »Anschluss« wurde er ins KZ Dachau verschleppt, wo er bis 1942 blieb. Zwischen 1944 und 1945 war er im KZ Flossenbürg inhaftiert. Nach 1945 war er Abgeordneter zum Nationalrat, dritter Präsident des Nationalrates, Bundeskanzler und Parteiobmann der Bundes-ÖVP. 5 Karl Maria Stepan (24. Juni 1894, Wien-11. September 1972, Graz) war österreichischer Politiker und zwischen 1934 und 1938 Landeshauptmann der Steiermark. Er war Mitglied der Christlichsozialen Partei und maßgeblich am Aufbau der Vaterländischen Front beteiligt. Sofort nach dem Einmarsch deutscher Truppen, wurde Stepan noch am 12. März 1938 verhaftet und war in den KZs Dachau, Mauthausen und Gusen interniert, wo er 1940 freigelassen wurde. Im Jahr 1944 wurde er erneut verhaftet und ins KZ Flossenbürg gebracht. Nach dem Krieg war er Generaldirektor des Verlagshauses Medien AG. 6 Rolph Trummer (19. April 1890, Dietersdorf bei Straden-17. September 1954, Graz) war österreichischer Jurist und Politiker. Er war letzter Landeshauptmann der Steiermark vor dem »Anschluss«, der noch von Bundeskanzler Kurt Schuschnigg ernannt wurde. Nach dem Krieg war er Richter am Verfassungsgerichtshof der Republik Österreich. 7

drängten die Nationalsozialisten vor allem in der Polizei auf Absetzungen von Landesräten und anderen Beamten. Am Freitag, dem 11. März, verkündete der Leiter des volkspolitischen Referats der Vaterländischen Front, Armin Dadieu7, dass die nationalsozialistische Machtübernahme kurz bevorstand. Der steiermärkische Landeshauptmann Rolph Trummer dankte ab und der illegale Sepp Helfrich8 übernahm seinen Posten. Als die Deutschen am 12. März kamen, war die Steiermark bereits nationalsozialistisch. Auf sämtlichen wichtigen Landesposten befanden sich bereits Nationalsozialisten. Dafür erhielt Graz den Titel „Stadt der Volkserhebung“ verliehen. Die treibende Kraft hinter diesen Geschehnissen war der im nationalsozialistischen Untergrund tätige SA-Brigadeführer und spätere Gauleiter Siegfried Uiberreither9.

Sofort nach dem Einmarsch deutscher Truppen meldete Kärnten als „erster “, die nationalsozialistische Machtübernahme erfolgreich vollzogen zu haben. Der ehemalige Kärntner Landeshauptmann Arnold Sucher10 übergab seinen Posten an den Nationalsozialisten Wladimir Pawlikowsky11. Dieser verblieb auf diesem Posten bis Mai 1938, als ihm Hubert Klausner12 folgte und sein Amt bis zu seinem Tode im Jahr 1939 ausübte. Klausners Nachfolger war bis 1941 Franz Kutschera13 und diesem folgte Friedrich Rainer14, der bis 1945 in seinem Amt blieb.

7 Armin Dadieu (20. August 1901 in Maribor/Marburg-6. April 1978, Graz) war österreichischer Chemiker, Professor für Chemie an der Universität Graz, Mitglied der Schutzstaffel (SS) und Politiker der NSDAP. Ab 1936 war er »volkspolitischer Referent« der Vaterländischen Front in der Steiermark. Nach dem »Anschluss« war er Landesstatthalter und Gauhauptmann der Steiermark. Ab 1941 Gauwirtschaftsberater der NSDAP in der Steiermark. Nach dem Krieg geriet er in sowjetische Gefangenschaft aus der er fliehen konnte. Er floh über Italien nach Argentinien und kehrte 1958 nach Deutschland zurück. 8 Sepp Helfrich (7. Juli 1900, Lugos/Lugosch, Rumänien/damals Ungarn-27. Jänner 1963, Graz) war ein österreichischer Nationalsozialist und zwischen dem 12. März 1938 und 22. Mai 1938 Landeshauptmann der Steiermark. Später leitete er den Reichsnährstand in der Steiermark. 9 (29. März 1908, Salzburg-29. Dezember 1984, Sindelfingen) war ein österreichischer Nationalsozialist sowie Gauleiter und in der Steiermark. Nach April 1941 auch Chef der Zivilverwaltung in der Untersteiermark. Er war für die Germanisierungspolitik in der Untersteiermark sowie für Erschießungen, Enteignungen und Deportationen von Slowenen verantwortlich. 10 Arnold Sucher (10. März 1898, -30. April 1983, Wien) war zwischen 1936 und 1938 Landeshauptmann von Kärnten und wurde danach für kurze Zeit inhaftiert. 11 Wladimir (von) Pawlikowsky (1891–1961) war österreichischer Jurist und Gauleiter sowie Reichsstatthalter von Kärnten. 12 Hubert Klausner (1. November 1892, Raibl im Kanaltal-12. Feber 1939, Wien) war ein österreichischer Offizier und Nationalsozialist (Mitgleid der NSDAP). Unter Reichsstatthalter Seys-Inquart, auf den die Befugnisse der ehemaligen österreichischen Bundesregierung übertragen wurden, war er ab dem 13. März 1938 Minister für politische Willensbildung und später Minister für Kultus uns Inneres. 13 (22. Feber 1904, Oberwaltersdorf/Niederösterreich-1. Feber 1944, Warschau) war ein österreichischer Nationalsozialist (Mitglied der NSDAP), SS-General und Polizeikommandant von Warschau. Von Beruf war er Gärtner. Wurde seitens der Polnischen Heimatarmee wegen seiner Kriegsverbrechen zum Tode verurteilt und im Einverständnis mit der polnischen Exilregierung durch ein Attentat hingerichtet. Zwischen Feber und März 1938 war er Gauleiter und Reichsstatthalter von Kärnten. 14 (28. Juli 1903, St. Veit a.d. Glan-Todesdatum unbekannt, Jugoslawien) war ein österreichischer Jurist, Nationalsozialist und Kriegsverbrecher. Ab 1940 war er Reichsstatthalter von Salzburg und ab 1941 von Kärnten. Zudem war er ab April 1941 Chef der Zivilverwaltung in Oberkrain. Wegen seiner Kriegsverbrechen in 8

Die führenden österreichischen Politiker, Bundeskanzler Kurt Schuschnigg und Bundespräsident Wilhelm Miklas, weigerten sich bis zuletzt, die Auflösung des österreichischen Staates zuzulassen. Schließlich gaben auch sie dem Druck nach. Schuschnigg trat zurück, Miklas wurde gezwungen, eine nationalsozialistische Regierung unter Arthur Seys- Inquart zu billigen. Danach wurde er veranlasst, seine Funktion niederzulegen und trat zurück. Die »gottgewollte Wirtschaftsordnung«, wie Papst Pius XI. einen Ständestaat in seiner Enzyklika Quadragesimo Anno15 nannte, fand in Österreich ein Ende. Österreich hörte als Staat zu existieren auf und wurde in das Deutsche Reich eingegliedert. Das Deutsche Reich selbst wurde dabei in das Großdeutsche Reich umbenannt. Der »Anschluss« wurde vollzogen. Die vom ehemaligen Bundeskanzler Schuschnigg für den 13. März anberaumte Volksbefragung, in der sich die Österreicher »für ein freies und deutsches, unabhängiges und soziales, für ein christliches und einiges Österreich« aussprechen sollen, wurde von ihm am Abend des 11. März abgesagt.

Nach der Machtergreifung versuchten die neuen Machthaber den gewaltsamen Charakter des »Anschlusses« zu verschleiern. Dafür war eine rechtliche Lösung herbeigeführt worden. Da der Posten des Bundespräsidenten vakant wurde, ging nach der österreichischen Verfassung seine Funktion auf den Bundeskanzler über. Damit konnte von der Regierung Seys-Inquart, auf Basis des »Ermächtigungsgesetzes« von 193416, ein Bundesverfassungsgesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich17 (»Wiedervereinigungsgesetz« vom 13. März 1938), zu dem Österreich vorher nie gehört hat, verabschiedet werden. Mit diesem Gesetz wurde der »Anschluss« vollzogen und eine Ordnung vorgesehen, die Österreich als Ganzes einem Reichsstatthalter18 unterstellte. Mit dem gleichen Gesetz wurde für den 10. April eine »Volksabstimmung« anberaumt, bei welcher auf die Frage »Bist Du mit der am 13. März 1938 vollzogenen Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich einverstanden und stimmst du für die Liste unseres Führers Adolf Hitler« geantwortet werden sollte. An dieser »Volksabstimmung« durften alle deutsche Männer und Frauen in Österreich teilnehmen, die über 20 Jahre alt waren und keine Juden waren oder nicht als Juden galten. Die Propaganda der neuen Machthaber wurde sehr effizient gestaltet, mit vielen Besuchen Ranghoher Nationalsozialisten (Hitler, Göring) und war bis in die kleinsten Details geplant. Daher verwundert es nicht, dass die »Befürworter« des »Anschlusses« überwältigend siegten, mit 99,7

Oberkrain wurde er vom britischen Militärkommando nach Jugoslawien ausgeliefert und von einem Militärtribunal im Jahr 1947 zum Tode verurteilt. Sein Sterbedatum gilt als ungewiss. 15 Päpstliche Enzyklika von Papst Pius XI., vom 15. Mai 1931. Der Papst verfasste sie als Antwort auf die Weltwirtschaftskrise, der ersten großen Krise der industriellen Welt. Darin setzt er sich für eine Wirtschaftsordnung ein, die korporatistisch organisiert sein sollte (lat. corporativus, „einen Körper bildend“). Der Name der Enzyklika bedeutet „Im vierzigsten Jahr« und knüpft damit an die Enzyklika Rerum Novarum von Papst Leon XIII. aus dem Jahr 1891 an. 16 Gemeint ist die »Maiverfassung«, eine oktroyierte Verfassung des österreichischen Ständestaates, welche am 1. Mai 1934 in Kraft trat und auf Basis des altösterreichischen »Kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetzes« vom 24. Juli 1917 sowie auf der Grundlage eines Beschlusses des »Rumpf-Nationalrates« vom 30. April 1934 erlassen wurde. 17 RGBl. I., 1938, S.237f. 18 Ein Reichsstatthalter leitete in der NS-Zeit die deutschen Teilstaaten. Seine Funktion wäre in etwa mit jener des heutigen Landeshauptmannes vergleichbar. 9

% aller abgegebenen Stimmen in Österreich, und 99,2 % jener im »Altreich«. Damit wurde die militärische Besetzung Österreichs rückwirkend legalisiert.19

Das geltende österreichische Recht blieb bis auf weiteres in Kraft. Die Einführung des deutschen Reichsrechts hatte durch den Führer und Reichskanzler zu erfolgen, der dafür einen Reichsminister ermächtigen konnte. In der Folge wurden damit der Innenminister Wilhelm Frick und das Reichsinnenministerium als die dafür zuständige Zentralstelle betraut.

Am 22. April 1938 beauftragte Hitler den aus der Pfalz (Deutschland) stammenden Josef Bürckel mit der Aufgabe, die „“ in das Deutsche Reich „politisch, wirtschaftlich und kulturell“ einzugliedern. Bürckel war bis dahin als Reichskommissar für die Rückgliederung des Saarlandes tätig und wurde nun zum Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich ernannt. Auf Bürckels Amt wurden sämtliche Amtsgeschäfte und Amtshandlungen sowie Zuständigkeiten der ehemaligen österreichischen Bundesregierung übertragen. Zudem musste Bürckel nachhaltig die deutschen Gesetze in der »Ostmark« einführen und die hierfür benötigten neuen Strukturen aufbauen. Dies wurde seinerseits auch für eine völlige Personalumgestaltung zugunsten der NSDAP benutzt. Nach dem „Wiedervereinigungsgesetz“ blieben sämtliche Verwaltungsstrukturen in der „Ostmark“ unverändert. Die „Ostmark“ bestand weiterhin aus Ländern, die von einem Landeshauptmann geleitet wurden. Dies änderte sich, als am 14. April 1939 das Gesetz über den Aufbau der Verwaltung in der Ostmark (»Ostmarkgesetz«) beschlossen wurde und am 1. Mai 1939 in Kraft trat. Dieses Gesetz veränderte grundlegend die gesamte Verwaltungsstruktur in der „Ostmark“, wodurch Österreich faktisch als Einheitsgebilde zerschlagen wurde.

An Stelle der ehemaligen Länder wurden Reichsgaue errichtet, die von einem Reichsstatthalter geführt wurden. Ein war ein staatlicher Verwaltungsbezirk und Selbstverwaltungskörperschaft. Deshalb hatte jeder Reichsstatthalter zwei Vertreter: für die staatliche Verwaltung den Regierungspräsidenten und für die Selbstverwaltung den Gauhauptmann. Die Verwaltung in den Land- und Stadtkreisen oblag fortan einem Landrat oder einem Bürgermeister mit der Amtsbezeichnung Oberbürgermeister. Sowie der Staat war auch die NSDAP territorial gestaltet und gliederte sich in Gaue. Einem Gau stand ein Gauleiter vor. Um die Einheit von Partei und Staat zu demonstrieren, war der Reichsstatthalter in der Regel gleichzeitig der Gauleiter. Der Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich erhielt bereits nach dem „Anschluss“ die Amtsbezeichnung Reichsstatthalter für Österreich (Österreichische Landesregierung). Das ehemalige österreichische Staatsgebiet wurde bis April 1940 als „Ostmark“ bezeichnet. Ab April 1940 wurde es in „Reichsgaue der Ostmark“ umbenannt und ab April 1942 wurde die Bezeichnung „Alpen- und Donau-Reichsgaue“ verwendet. Die Reichsgaue der »Ostmark« waren bis zum 30. September 1939 einzurichten, was auch geschah. Dabei wurden auch die Grenzen der einzelnen Reichsgaue neu geschrieben und waren nicht identisch mit den Grenzen der ehemaligen

19 Gleichzeitig wurden im gesamten Großdeutschen Reich, also Österreich und »Altreich«, Neuwahlen zum Reichstag abgehalten. 10

österreichischen Bundesländer. Kärnten wurde um Osttirol erweitert und die Steiermark verlor das steirische Salzkammergut, bekam aber die Bezirke Güssing, Jennersdorf und Oberwart.

Jeder Reichsstatthalter war befugt, den Behörden, Organisationen der gewerblichen Wirtschaft, öffentlich-rechtlichen Körperschaften in seinem Reichsgau Weisungen zu erteilen, die nur Reichsbehörden aufheben konnten. Diese Befugnisse konnte er nicht auf andere Beamte übertragen. Der Reichsstatthalter führte die staatliche Verwaltung als Reichsverwaltung unter der Dienstaufsicht des Reichsinnenministers und des für das jeweilige Fachgebiet zuständigen Ressortministers. Der Reichsstatthalter hatte keine Zuständigkeiten in den Bereichen der Justiz, der Finanz, der Post und der Eisenbahn.20 Er konnte bei seiner Amtsführung von einem Berater (Gaurat) beraten werden.

Für die Verwaltung des Gaueigenen Vermögens übernahm in der Gauselbstverwaltung die Gaukämmerei die Verantwortung. Geleitet wurde die Gaukämmerei von einem Gaukämmerer, der dem Gauhauptmann unterstand und in der Regel gleichzeitig auch der Wirtschaftsberater des war.

Das „Ostmarkgesetz“ vereinigte in einer Person nicht nur »Partei« und »Staat«, sondern auch die »Exekutive« und »Legislative«. Damit kam ein Ende der Gewaltentrennung. Dies ebnete den Weg für die schnelle Einführung sämtlicher Selbstverwaltungskörperschaften, wie des Reichsnährstands oder der Deutschen Arbeitsfront, worauf noch vertiefender eingegangen wird.

Die Veränderung der Verwaltungsstrukturen, die mit dem „Ostmarkgesetz“ eingeleitet wurden, führte zu keinen wesentlichen personellen Veränderungen. Diese passierten gleich nach dem „Anschluss“, in der Regel noch auf alter, österreichischer gesetzlicher Basis. Dabei sicherte das Gesetz gegen die Neubildung von Parteien der NSDAP bereits ab März 1938 das Parteimonopol.21 Die neuen Landeshauptmänner waren daher keine österreichischen Patrioten, sondern ausnahmslos Nationalsozialisten und so führten sie auch ihre Ämter. Die vaterlandstreuen Beamten und Politiker, sowie viele Wirtschaftstreibende, Vorstände, Mitglieder in diversen Organisationen und überhaupt jene Menschen, die sich mit den neuen Machthabern und ihrer Politik nicht abfinden wollten, wurden ihrer Funktionen enthoben. Mit der Einführung der »Nürnberger-Gesetze« konnten im »Land Österreich« die Juden enteignet werden. Sie mussten das Land binnen kürzester Zeit verlassen oder wurden in Konzentrationslager eingewiesen.22

Die Machtübernahme der deutschen Reichsregierung in Österreich wirkte sich auch auf die österreichische Wirtschaft und darunter auf das Bank- und Kreditwesen aus. Dabei spielte die

20 RGBl. I., 1939, S. 777. 21 Dieses Gesetz wurde im »Altreich« am 14. Juli 1933 erlassen (RGBl. I., S. 479) und trat am 16. Juli 1933 in Kraft. In der »Ostmark« trat es am 15. März 1938 in Kraft (RGBl. I., S. 247). 22 Die „Nürnberger Gesetze“ wurden in der „Ostmark“ am 24. Mai 1938 eingeführt und sind am 27. Mai 1938 in Kraft getreten (RGBl. I., S. 594 und GBLÖ Nr. 150/1938, Kundmachung des Reichsstatthalters in Österreich, wodurch die Verordnung über die Einführung der Nürnberger Rassengesetze im Lande Österreich vom 20. Mai 1938 bekanntgemacht wird). Diese Gesetze bildeten die rechtliche Grundlage für die Rassenideologie. 11

juristische Form eines Kreditinstitutes die tragende Rolle. Um die Führung in einer Aktiengesellschaft zu übernehmen, musste die Aktienmehrheit aufgekauft werden, was bei den krisengeschüttelten Wiener Großbanken, darunter vor allem beim Creditanstalt-Bankverein (heute Bank Austria), welcher die juristische Form einer Aktiengesellschaft (AG) hatte, bereits Jahre vor dem »Anschluss« vollzogen werden konnte. Bei den regionalen Sparkassen oder Landes-Hypothekenanstalten, die im Gegensatz zur jetzigen Zeit keine Aktiengesellschaften waren, musste erst die Macht in Österreich und darunter in den einzelnen Reichsgauen von den Nationalsozialisten ergriffen werden. Denn auf die Berufung der Landeshauptmänner der »Ersten Republik« oder des „Ständestaates“ hatte Berlin keinen Einfluss. Das gleiche galt für die leitenden Organe der Österreichischen Nationalbank (Zentralbank), die ein begehrtes Übernahmeziel darstellte und wurde nach dem »Anschluss« als eine der ersten österreichischen Institutionen, völlig ausgeplündert.23

Erst die Machtübernahme in den Reichsgauen ermöglichte die Abberufung der Führungsorgane in den Sparkassen und Landes-Hypothekenanstalten, wofür zusätzliche Gesetzesänderungen notwendig waren (zum Beispiel das Vereinsgesetz), die jedoch nach März 1938 mühelos durchgeführt werden konnten.

Ähnliches ereignete sich in der gewerblichen Wirtschaft und Industrie, wo viele Industriegesellschaften bereits vor 1938 aufgrund ihrer juristischen Form (AG) von den deutschen Unternehmen oder sogar Banken aufgekauft werden konnten und in die deutsche Wirtschaft eingebunden wurden.24 Die deutschen Industrieunternehmen waren nicht selten der alleinige Abnehmer vieler Erzeugnisse österreichischer Industriebetriebe. Da die deutsche Wirtschaft seit der Machtergreifung Hitlers mehr oder minder eine Rüstungswirtschaft war, bedeutete dies, dass viele österreichische Industrieunternehmen und Betriebe bereits vor dem »Anschluss« für die deutsche Rüstung mitarbeiteten. Sehr oft konnten deutsche Unternehmen sogar die Aktien österreichischer Unternehmen auf Umwegen erwerben.

Ein besonders „entgegenkommender Faktor“, um bereits vor 1938 Anteile an österreichischen Unternehmen und Kreditinstituten zu erwerben, war die Weltwirtschaftskriese. In deren Folge kam es im österreichischen Bankwesen zum (weltberühmten) Zusammenbruch des Creditanstalt-Bankvereins, dem zunächst der österreichische Staat zur Hilfe kam. Weil dies nicht ausreichte, schafften es in der Folge die Dresdner und die Deutsche Bank durch den Kauf von Aktienanteilen bereits vor März 1938 die Aktienmehrheit in den Händen zu halten. Von deutschen Übernahmen weniger betroffen waren die regionalen Kreditinstitute, auch deshalb, weil zu ihrem Kundenkreis überwiegend regional tätige Unternehmen und Gemeinden gehörten, die für eine etwaige Einflussnahme auf die österreichische Wirtschaft nicht von besonderer Bedeutung waren. Dennoch spielten die regionalen Kreditinstitute in den jeweiligen Regionen eine wesentliche, wenn nicht tragende Rolle. Was die Einflussübernahme in den österreichischen Kreditinstituten nach dem „Anschluss“ bedeutete und wie sich dieser Einfluss,

23 Jobst u.a., Die Bank. Das Geld. Der Staat. Nationalbank und Währungspolitik in Österreich 1816–2016. Wien 2016, S. 189ff. 24 Der Creditanstalt-Bankverein war Eigentümer vieler großer österreichischer Industriebetriebe und hielt deren Aktienanteile. 12

soweit er bestanden hat, auf den Bankbetrieb auswirkte, verlangt die Kenntnis interner Vorgänge in diesen Kreditinstituten.

Leider war bislang eine sachgerechte Untersuchung von internen Vorgängen in den Kreditinstituten Österreichs nicht möglich, da die Archive aus damaliger Zeit immer noch weitgehend unter Verschluss standen. Erst die jüngste Öffnung der österreichischen Bankarchive ermöglichte einen Zugang zu den Daten, anhand derer der Bankbetrieb zum ersten Mal einer betriebswirtschaftlichen Analyse unterworfen werden kann. Dies ist deshalb von Bedeutung, weil die Einsicht in die Vorgänge einzelner Kreditinstitute während der NS-Zeit (1938−1945) und die Tatsache extremer Beeinflussung derer Tätigkeit seitens der politischen Führung, die Antwortfindung auf zentrale Fragen des Funktionierens von Kreditinstituten auf Mikro- und Makroebene in totalitären Systemen ermöglichen und tragen zu einem besseren Verständnis der gesamten NS-Volkswirtschaft bei. Außerdem handelt es sich dabei um die »neuesten« zur Verfügung stehenden Daten, denn Kreditmappen aus der Zeit nach 1945 sind immer noch unter Verschluss und ein Freigabedatum ist noch nicht in Sicht. Unter Verschluss stehen immer noch sehr wenige Kreditmappen aus der Zeit vor 1945.25 Die Öffnung der Archive brachte somit eine Fülle von Materialien an die Öffentlichkeit, sodass vielleicht eine systematische Erforschung der Tätigkeit von Kreditinstituten für sämtliche Kreditinstitute eines Staates auf einmal gar nicht zu bewältigen ist. Sie eignet sich durchaus für ein »übersehbares« Gebiet, wie die Reichsgaue Kärnten und Steiermark. Diese sind auch deshalb von besonderer Bedeutung, weil nach dem Überfall der Wehrmacht auf das Königreich Jugoslawien, im April 1941, diese Kreditinstitute ihre Tätigkeiten in die Untersteiermark und nach Oberkrain26 ausweiteten beziehungsweise ausweiten mussten.

Ein weiterer Motivationsfaktor für diese Forschungsarbeit liegt in der Tatsache, dass ein einheitliches Bild der Tätigkeit von Kreditinstituten, auch aus zeithistorischer Sicht, nicht in Angriff genommen wurde, weil das Gebiet nach 1945 in zwei beziehungsweise drei Staaten aufgeteilt wurde. So zeigten die österreichischen Historiker wenig Interesse an der Erforschung

25 Es handelt sich dabei überwiegend um Faszikel, die vor allem Kreditmappen jener Kreditvergaben betreffen, die immer noch nicht gänzlich getilgt sind oder zwar getilgt wurden, aber immer noch der allgemeinen Sperrfrist unterliegen. 26 Die (jugoslawische) Draubanschaft (das slowenische Gebiet innerhalb des Königreiches Jugoslawien), wurde unter drei Besatzern (Großdeutsches Reich, Ungarn und Italien) aufgeteilt. An das Großdeutsche Reich fielen die slowenische Steiermark (Untersteiermark), Oberkrain (Gorenjska), das Mießtal (Mežiška dolina), der nördliche Teil von Unterkrain (Dolenjska), und der nordwestliche Teil des Übermurgebiets (Prekmurje). Italien erhielt Innerkrain (Notranjska) und die Stadt Ljubljana, und Ungarn den Großteil des Übermurgebiets. Die Militärverwaltung war in der Untersteiermark und in Oberkrain äußerst kurz. Die beiden Gebiete wurden am 14. April 1941 den jeweiligen Chefs der Zivilverwaltung mit den Sitzen in Maribor/Marburg und Bled/Veldes unterstellt. Später wurden deren Sitze nach Graz und Klagenfurt übersiedelt. Während Italien und Ungarn die ihnen zugefallenen Gebiete sofort annektierten (Provincia di Lubiana zu Italien) und die Bezirke Murska Sobota und Dolnja Lendava in die Komitate Szombathely und Zalaegeszeg eingegliedert wurde, versuchte das Deutsche Reich zunächst diese Gebiete auf die Eingliederung vorzubereiten. Diese Eingliederung wurde später auf die Zeit nach dem Kriegsende verschoben, weshalb es dazu nie kam. Dennoch ging diese Eingliederung sehr weit, denn auch auf diesen Gebieten galt ein Großteil der reichsdeutschen Gesetzgebung. (Vergleiche dazu: Tone Ferenc, Landwirtschaft und Ernährung in Slowenien 1941–1945, in: Tone Ferenc, Izbrana dela, Okupacijski sistemi med drugo svetovno vojno 3, Ljubljana, 2009, S. 379 ff). 13

des slowenischen Bankwesens in der NS-Zeit, die slowenischen wenig Interesse an deutschem Bankwesen und in der ehemaligen jugoslawischen Geschichtsschreibung werden diese Kreditinstitute nur ausnahmsweise erwähnt.

Diese Dissertation möchte das Funktionieren von Kreditinstituten der Reichsgaue Steiermark und Kärnten auf verschiedenen Ebenen und mit wechselseitigen Bezügen darstellen, in dem es die politischen Auswirkungen der deutschen NS-Regierung auf die Kreditinstitute in diesen zwei Reichsgauen zwischen den Jahren 1938 und 1945 durchleuchtet. In der Steiermark und in Kärnten wirkten vor allem kleinere Kreditinstitute wie die Sparkassen und Landes- Hypothekenanstalten, von denen die Kärntnerische und die Steiermärkische Sparkasse sowie die Kärntnerische und die Steiermärkische Landes-Hypothekenanstalt die größten waren. Dabei kommen auch die Großbanken nicht zu kurz, denn gerade die Wiener Großbanken (Creditanstalt-Bankverein AG, angegliedert an die Deutsche Bank, sowie die Länderbank, angebunden an die Dresdner Bank) waren entscheidend in die Rüstungsindustrie eingebunden und hielten oft als Treuhänder oder durch Direktbeteiligung sogar Kapitalanteile an verschiedenen steiermärkischen und kärntnerischen Industrieunternehmen.27

Es kann davon ausgegangen werden, dass ein Bankbetrieb, der sich mit Themen wie Arisierung, Raub und Kriegswirtschaft samt ihren Auswirkungen auseinandersetzen musste, sich wesentlich unterscheidet von einen in Friedensjahren und in Friedensregionen üblichen Bankbetrieb, weshalb letzterer als eine Art Vergleich, Maßstab oder Benchmark herangezogen wird. Dieser Zugriff erscheint sinnvoll, denn er erlaubt die Einsicht in die mögliche Kapitalvernichtung in den Kreditinstituten, die ohne etwaige politische Befehle aus den Regierungszentralen nie eingetreten wäre, würde man den ordentlichen Bankbetrieb weiterführen und die Aufsicht eines sorgfältigen Kaufmannes walten lassen.

Die zwei Hauptforschungsfragen, die wir versuchen zu klären sind:

1. Ob, im welchem Ausmaß und wie Kreditinstitute (Banken, Sparkassen und Landes- Hypothekenanstalten) auf dem Gebiet der Reichsgaue Steiermark und Kärnten in den Jahren 1938−1945 für politische Zwecke seitens der Reichsregierung benutzt wurden?

2. Hat sich diese Nutzung, gemessen an einem »Benchmark« zum Vor- oder Nachteil dieser Kreditinstitute entwickelt?

Um Antworten auf diese Fragen zu suchen, bedarf es einer Methodenvielfalt. Dazu werden zunächst ein Top-Down-Ansatz und anschließend ein Bottom-Up-Ansatz gewählt. Zunächst werden die rechtlichen, politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Bankwesen Deutschlands und Österreichs vor und Während der NS-Zeit detailliert beschrieben, um danach nach etwaigen Auswirkungen dieser Maßnahmen auf den Bankbetrieb auf Ebene einzelner Kreditinstitute, mit Auswertungsmethoden der Bilanzanalyse, untersucht. Zuerst erfolgt ein Vergleich von Bilanzposten und Bilanzkennzahlen mit denselben Daten früherer Zeitperioden (Methode des Zeitvergleichs). Diese Methode ermöglicht den Vergleich der Bilanzdaten und

27 Siehe dazu Feldman u.a., Österreichische Banken und Sparkassen im Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit. Band 1. München 2006, S. 23ff, sowie S. 714ff. 14

der Bilanzkennzahlen in der Zeit von 1938 bis 1945 mit jener vor 1938, um dadurch etwaige Abweichungen, „Sprünge“ oder sonstige Besonderheiten aufzudecken, wobei das Jahr 1938 als die potentielle Bruchperiode ins Auge gefasst wird. Genauer wird die Reichsmark- Eröffnungsbilanz, die nach dem »Anschluss« für das Jahr 1938 angefertigt werden musste, als der Anfangspunkt der Periode 1938–1945 herangezogen. Sollten sich dabei Abweichungen gegenüber der Zeit vor 1938 zeigen, wird nach deren Ursachen geforscht. Ob diese nun personeller, rein rechtlicher oder politischer Natur waren, wird sich im Einzelnen zeigen. Die Möglichkeit der Einsicht in etwaige Abweichungen um das Jahr 1938 ist der große Vorteil der Methode des Zeitvergleichs. Der Nachteil liegt jedoch darin, dass die Bilanzdaten nur den Ist- Stand zum jeweiligen 31. Dezember des Bilanzierungsjahres zeigen, die Veränderungen dazwischen aber nicht wiedergeben. Ein weiterer Nachteil, der gegen die Anwendung ausschließlich dieser Methode spricht, ist der Einspruch, dass damals so gehandelt werden musste und es als »normal« galt, den Bankbetrieb so zu führen. Daher wird im Weiterem ein Betriebsvergleich (Benchmark Vergleich) mit zwei Schweizer Kreditinstituten vorgenommen. Die regionalen Sparkassen und die Landes-Hypothekenanstalten werden mit der Kantonalbank in Zürich verglichen, der Creditanstalt-Bankverein (heute Bank Austria) mit der Schweizerischen Kreditanstalt (heute Credit Suissse). Warum diese zwei Banken als Vergleichsinstitute herangezogen werden, welche Ähnlichkeiten (und vielleicht Verschiedenheiten) sie damals aufwiesen, wird im betreffenden Kapitel erklärt. Sollte bei dem Betriebsvergleich kein Unterschied zu den Kärntnern oder den steiermärkischen Kreditinstituten auffallend sein, so kann daraus geschlossen werden, dass solcher Bankbetrieb auch anderswo gewählt wurde und durch die damalige Wirtschaftssituation bedingt war. Sollten sich hingegen Abweichungen zeigen, wird dies als ein weiterer Beweis dafür gewertet, dass es die speziellen Gegebenheiten in den Kärntner und steiermärkischen Kreditinstituten waren, die dies verursachten, umso mehr, wenn bei der genaueren Untersuchung der Abweichungshintergründe eine Ursache dieser »Besonderheiten« zum Vorschein treten wird, die letztendlich politisch bedingt war. Eine weitere Methode, die bei der Bilanzauswertung heute in der Regel vorgenommen wird wäre die Methode des Soll-Ist-Vergleiches. Diese kann jedoch aufgrund der Datenknappheit nicht herangezogen werden und wäre im Hinblick auf die gestellten Hypothesen wenig zielführend. Wie schon angedeutet wurde, wird neben den beiden quantitativen Bilanzauswertungsmethoden (Zeitvergleich, Betriebsvergleich), noch eine qualitative Methode ergänzend hinzugefügt. Mit Zusatzinformationen, die seitens der Kreditinstitute sowie der Staats- und Landesarchive für die Öffentlichkeit nunmehr zugänglich gemacht worden sind, wird mit Hilfe der induktiven Methode der Dokumentenanalyse anhand von Weisungen, Verordnungen und Beschlüssen aller Art auf eine regierungsbeabsichtigte (systematische) Vorgehensweise geschlossen und nach den möglichen Gründen für die damaligen Zustände gesucht. Diese Gründe können die etwaigen Abweichungen im Betriebsvergleich besser erklären oder Aufschluss für die gegebene Entwicklung im Zeitvergleich liefern.

Abschließend wird ein Bottom-Up-Ansatz angewandt, im Rahmen dessen die Steuerung von Kreditunternehmen als gegeben hingenommen wird und nach den Auswirkungen eines solchen Bankbetriebs für die Wirtschaft der Steiermark und Kärntens gefragt wird. Eine rein

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quantitative Methode wäre dafür nicht geeignet, da es schwierig ist, mathematische Korrelationen zwischen dem Bankbetrieb, auch wenn es sich um »systemische« Kreditinstitute und der Wirtschaft einer Region handelt, sinnvoll und nachvollziehbar zu berechnen. Daher wird mit der Methode der Aktenanalyse ermöglicht, die Kreditmappen und andere Akten, Weisungen, Besprechungsprotokolle in der Richtung zu erforschen, wie sich die Situation von größten Unternehmen in Bereichen der Investitionsfinanzierung usw. bei gegebenen Bankenbetrieb darstellte. Wurden bei Kreditvergaben Forderungen erhoben, die eine Umgestaltung der Produktion nach sich zogen? Haben die Bankiers Kreditvorhaben abgelehnt, die für die Bank eigentlich höchst lukrativ wären, aber aufgrund von »Befehlen von oben« oder aufgrund der Gesetze nicht gemacht werden dürften? Eine Zusammenfassung schließt die Dissertation ab.

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Forschungsstand und Quellenlage Die Erforschung des österreichischen Regionalbankwesens in der NS-Zeit hat sich erst in den letzten 15 Jahren intensiviert, doch ist dieser Bereich immer noch sehr schlecht durch sachgerechte Studien analysiert. Dies liegt zu einem daran, dass die österreichischen Historiker über Jahrzehnte die »Opferthese« vertraten und zum anderen weil im Vordergrund die Wiener Großbanken standen, allen voran der Creditanstalt-Bankverein.28 Auch diese Bank wurde nur in seltenen Monographien erwähnt, andere Studien dazu gab es fast gar nicht.

Zum Bankbetrieb in Kärnten gibt es weder eine zeithistorische, noch wirtschaftswissenschaftliche Übersicht, geschweige denn eine vertiefende Auseinandersetzung. Sehr wohl sind Publikationen über einzelne Kreditinstitute vorhanden, wie die Monographie von Schausberger (1985) über die Entwicklung der Kärntnerischen Sparkasse oder die Festschrift zu ihrem 150-jährigen Jubiläum, jedoch vertreten diese keinen wissenschaftlich-theoretischen Standpunkt.29 Etwas besser erscheint die Forschungslage auf dem Gebiet der Wirtschaft Kärntens in den Jahren 1938–1945, die auch den Bankbetrieb tangiert. So hält Karner (1976) fest, dass die Banken indirekt als Vehikel für die Rüstungsfinanzierung herangezogen wurden.30 Dabei war der Staat in der Regel der Bürgschaftsgeber oder unterstützte Unternehmensinvestitionen durch ein Förderprämienverfahren, wie Karner dies am Beispiel der Bleiberger Bergwerksunion (BBU) verdeutlicht.31 Über die steiermärkischen Banken gibt die Monographie von Werner Rauchenwald (2007) Auskunft, doch er beschreibt sämtliche Kreditinstitute der Steiermark die überhaupt existierten und daher werden die einzelnen Kreditinstitute nur oberflächlich erfasst.32

Einige Kreditinstitute, wie zum Beispiel die Sparkassen, sind oft Gegenstand von Dissertationen oder von Monographien in denen sie mitbetrachtet werden. Dies ist nicht selten auch bei den Landes-Hypothekenanstalten der Fall, da diese sich an der sog. »Bauernentschuldung« („Entschuldung“ von überschuldeten Bauernhöfen) beteiligten, weshalb sie auch in historischen und wirtschaftlichen Studien über das Bauern- oder Agrarwesen in der Regel Beachtung finden, wie bei Bakanic (2010)33. Die Landwirtschaft spielte auch eine erhebliche Rolle bei der Besetzung Jugoslawiens, denn die Entschuldungsmaßnahmen des alten Königreiches wurden auf die deutschen Landes-

28 Im Vorwort zum Buch von Feldman, u.a. (S. 23ff), werden die verschiedenen Sichtweisen auf die Mitwirkung und Verantwortung österreichischer Kreditinstitute beschrieben. Die heutige Sichtweise unterscheide sich deutlich von der Sichtweise aus der unmittelbaren Nachkriegszeit und der »Big Sleep« Phase, die bis in die 1990er Jahre dauerte. Erst danach sickerte die Sichtweise durch, dass nicht nur den deutschen Banken die alleinige Schuld zu geben sei. 29 Norbert Schausberger, Die Entwicklung der Kärntner Sparkasse im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen im 20. Jahrhundert, in: Fritz Jausz (Hrsg.), Geld und Wirtschaftsentwicklung in Kärnten seit dem Vormärz. Klagenfurt 1985, S. 111ff. 30 Stefan Karner, Kärntens Wirtschaft 1938–1945. Unter besonderer Berücksichtigung der Rüstungsindustrie. Klagenfurt 1976, S. 17. 31 Ebd., S.135f. 32 Werner Rauchenwald, Banken in Graz, Bankiers und Spar- und Kreditinstitute in Vergangenheit und Gegenwart. Graz 2007. 33 Manuel Bakanic, „Nahrung ist Waffe“: die Landwirtschaft im Reichsgau Steiermark. Graz 2010. 17

Hypothekenanstalten übertragen. Darüber schreibt ausführlich Lazarević (1998, 1994)34 in mehreren Aufsätzen und Monographien, jedoch steht auch dort der agrarwirtschaftliche Aspekt im Vordergrund.

Eine Wende in der historischen Wirtschaftsforschung stellen die vielen „Historikerkommissionen“ dar.35 Diese Kommissionen wurden in der Schweiz36, in Deutschland37 und auch in Österreich38 gegründet, um den Bankbetrieb in der NS-Zeit zu durchleuchten, wofür eine Öffnung der Archive notwendig war. Vor allem die vielen Konten jüdischer Kundschaft in der Schweiz wurden von Hinterbliebenen der NS-Opfer vor Gerichte in den USA gebracht. Da diese Prozesse für die einzelnen Staaten, vor allem die Schweiz, sehr schädigend waren, entschloss man sich für eine Aufklärung der Rolle der Schweizer Banken in der NS-Zeit. Die deutsche und österreichische Bundesregierung verfügten selber die Aufstellung von Fonds, in die der Staat und die Banken Gelder einzahlen sollten, aus denen die Hinterbliebenen entschädigt werden konnten. Dabei wurden auch alle Archive mit Kontoinformationen zugänglich gemacht.

In Bezug auf den Creditanstalt-Bankverein, ist die gerichtliche Entscheidung des US District Court, Southern District of New York von Bedeutung. Im Jahre 2000 wurde vor diesem Gericht ein Vergleich geschlossen, der verlangt, „die Aktivitäten der österreichischen Banken in der Zeit des Nationalsozialismus zu untersuchen, die Ergebnisse zu publizieren und den Versuch zu machen, die Geschädigten namentlich zu ermitteln“39. Daraufhin wurde seitens der Bank Austria eine Unabhängige Historikerkommission eingerichtet40, die im Jahre 2006 ihre Forschungsergebnisse in einem zweibändigen Werk präsentierte. In der Monographie Österreichs Banken und Sparkassen im Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit41 von

34 Žarko Lazarević u.a., Zgodovina slovenskega bančništva, Ljubljana, 1998; oder Lazarević, Kmečki dolgovi ob severni meji 1918–1945 (od Rateč do Hodoša), in: Časopis za slovensko krajevno zgodovino, Ljubljana, 1994, S. 2/42ff. 35 Der Auftrag dieser Kommissionen war in der Regel die Erforschung des Vermögensentzuges während der NS- Zeit. 36 Die unabhängige Expertenkommission Schweiz – Zweiter Weltkrieg (ab Ende 1996). 37 Im Jahr 1990 wurde die deutsch-tschechische Historikerkommission errichtet. Dem folgte 1993 eine deutsch- slowakische Historikerkommission. Es folgten diverse andere wesensgleiche Kommissionen, wie die deutsch- polnische Historikerkommission. 38 In Österreich errichtet vom Bundeskanzler Viktor Klima, sowie dem Vize-Bundeskanzler und den Präsidenten des Nationalrates und des Bundesrates und am 1. August 1998 offiziel errichtet. Den Vorsitz führte der damalige Präsident des Verwaltungsgerichtshofes, Clemens Jabloner. 39 US District Court, Southern District of New York, Settlement Agreement 98 Civ 3938 (SWK), 6. January 2000 in the Case of Bank Austria and US Holocaust Victims, S.9f (in: Feldman, Rathkolb, ua. Österreichische Banken und Sparkassen im Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit, Band 1, S. 7, Fußnote 1.) 40 Das US District Court legte die Aufgaben dieser Kommission fest: »Verfassen eines historischen Berichts über die Politik der Creditanstalt-Bankverein, der Länderbank Wien sowie der Zentralsparkasse Wien im Zeitraum 1933 bis 1946 sowie – auf Basis einer eigenen Opinion und Order der Richterin vom 6. Januar 2000 – alle damit zusammenhängende Dokumente zu sammeln, zu dokumentieren und ein permanentes und öffentlich zugängliches Archiv zu schaffen.« Übernommen von der Internetseite der Bank Austria AG: www.bankaustria.at/barrierefrei/408.jsp, abgerufen am 1. April 2017 um 18.30. 41 Feldman, u.a., Österreichische Banken und Sparkassen im Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit, Band 1 und Band 2. München 2006. 18

Feldman, Rathkolb, Venus und Zimmerl ermöglichen zum ersten Mal eine Einsicht in das Funktionieren von führenden Kreditinstituten Österreichs, allen voran des Creditanstalt- Bankvereins und der Wiener Länderbank. Ein weit zugängiges Archiv, heute eingerichtet bei der Bank Austria in Wien, verdeutlicht auch eine Wende im Zugang zur Aufklärung der Vorgänge im österreichischen Bankwesen der NS-Zeit.

Neben den genannten Monographien gibt es zahlreiche Archivbestände sowie Compass- Jahresbulletins42 (mit Bilanzkennzahlen), die lediglich Daten enthalten, die in der hier angeführten Literatur teilweise bereits berücksichtigt wurden. Sie dienen nur als Quellen und werden in dieser Dissertation auch als Primärdaten verwendet.

Die Dissertation ist gröblich in drei Teile gegliedert. Im ersten Teil wird der wirtschaftsgeschichtliche Kontext erläutert, im welchem der Bankbetrieb während der NS-Zeit stattfand. Dies wird in den drei Kapiteln Die Wirtschaft in den Reichsgauen Kärnten und der Steiermark um 1938, Maßnahmen und Gesetze des staatlichen Dirigismus, Die Geld- und Fiskalpolitik des „Dritten Reiches, sowie im Kapitel über die gesetzlichen Grundlagen des deutschen Bankwesens beschrieben. Im zweiten Teil werden die Auswirkungen der gegebenen Wirtschafts- und Gesetzeslage zusammen mit den Auswirkungen der Geld- und Fiskalpolitik auf die Kreditinstitute aufgezeigt (Top-Down-Approach). Dazu werden zunächst die internen Vorgänge, vor allem um den „Anschluss“ erforscht, sowie die Vorgänge in den untersteiermärkischen und den Oberkrainer Kreditinstituten nach dem Überfall auf Jugoslawien im April 1941. Die Gliederung erfolgt getrennt für die Sparkassen, die Landes- Hypothekenanstalten und den Creditanstalt-Bankverein für die Zeitperiode 1938-1945 in gleichnamigen Kapiteln. Die Erforschung des Bankbetriebes anhand einer Bilanzanalyse (Zeitvergleich, Unternehmensvergleich) schließt den zweiten Teil ab. Im dritten Teil werden einzelne Kreditierungen seitens kärntnerischer und steiermärkischer Regionalkreditinstituten sowie seitens des CA-Bankvereins erforscht. Mit einer Zusammenfassung schließt die Dissertation ab.

42 Compass ist ein Wiener Verlag, der seit 1867 alle Informationen über sämtliche in Österreich tätige Unternehmen, darunter auch Kreditinstitute, veröffentlicht. In der NS-Zeit 1938−1945, gab dieser Verlag jährlich ein Jahresbulletin aus, mit sämtlichen Unternehmensinformationen, inklusive aller verfügbaren Bilanzdaten. 19

Die Wirtschaft in den Reichsgauen Kärnten und Steiermark um 1938 Steiermark und Kärnten bildeten in vielen Hinsichten ein zusammengeschlossenes wirtschaftliches Gebiet, in dem damals rund 1,5 Millionen Menschen lebten, immerhin ein Drittel der Gesamtbevölkerung der „Ostmark“. Die Nationalsozialisten verwendeten für diese beiden Reichsgaue oft den Ausdruck „Südmark“43 und beabsichtigten, diese zu „Mustergauen“ zu entwickeln, einen „Aushängeschild“ des modernen, selbstbewussten Deutschlands. In der steiermärkischen Metallindustrie und im Kärntner Bergbau befanden sich zahlreiche Unternehmen, die als Zulieferbetriebe in die deutsche Rüstungsindustrie eingespannt werden konnten.44 Parallel damit sollte die Energieversorgung gewährleistet sein, denn Steiermark und Kärnten sind reich an Kohle und Wasser. Das erste Elektrizitätswerk wurde bereits 1891 in Bad Aussee gebaut.45 Die deutschen Kreditinstitute und vor allem die Großbanken sollten die notwendigen Finanzierungsmittel für die notwendigen Entwicklungsinvestitionen bereitstellen. Alle weiteren Industriebetriebe, die für die Rüstung belanglos waren, wurden sich selbst überlassen und hatten nur ausnahmsweise Zugang zur Finanzierung durch die regionalen Kreditinstitute, an Darlehen von Großbanken wurde überhaupt nicht gedacht.

Über 80 steiermärkische Unternehmen jeglicher Art wurden vom Oberkommando der Wehrmacht (OKW) als Rüstungsbetriebe klassifiziert. Unter diesen befanden sich „die Alpine Montan, die AG der Austria Email, Knittelfeld, die Maschinenfabrik Andritz AG, Lapp-Finze AG, Kalsdorf, Schoeller-Bleckmann AG in Hönigsberg und Mürzzuschlag, die Steirische Gussstahlwerke AG, Judenburg, Rottenmanner Eisenwerke AG, Hutter & Schranz, Pinkafeld, und die Eisenwerke AG, Krieglach“. Die Rüstungsbetriebe (nicht nur in der Steiermark) wurden von weiteren 200 Zulieferbetrieben aus der Steiermark (inklusive Untersteiermark) beliefert.46 Es stimmt zwar, dass die Industriebetriebe über die gesamte Steiermark (inklusive Untersteiermark) verteilt waren, dennoch lag der Großteil in der Obersteiermark. Der steiermärkische Süden war überwiegend bäuerlich geprägt, obgleich es auch starke Industriebezirke gab. Für die Energieversorgung wurde unweit von Maribor/Marburg ein Wasserkraftwerk an der Drau, in der Ortschaft Fala/Faal, errichtet, mit einer Leistung von 50.000 PS (35.000 kW), welches im Mai 1918 den Betrieb aufnahm.47 Bereits zur Zeiten der Donaumonarchie ermöglichte die Untersteiermark die Lebensmittelversorgung des damaligen Kronlandes Steiermark. Der Zerfall des Kaiserreiches unterbrach die bestehenden Versorgungsrouten, was die „deutsch-österreichische“ Steiermark in den Jahren 1918 und 1919 deutlich zu spüren bekam. In diese Zeit kam es zu häufigen Engpässen bei der Lebensmittelversorgung. Nach dem Überfall auf Jugoslawien und der Angliederung der Untersteiermark an das Deutsche Reich sollten diese Verbindungen wieder neu entstehen. Die

43 Die Bezeichnung »Südmark« wurde für die Reichsgaue Kärnten und Steiermark, inklusive Osttirols und des südlichen Burgenlandes verwendet. 44 Stefan Karner, Kärntens Wirtschaft 1938−1945. Unter besonderer Berücksichtigung der Rüstungsindustrie. Diss. Klagenfurt 1976, S. 135ff. 45 Stefan Karner, Die Steiermark im Dritten Reich: 1938−1945. Aspekte ihrer politischen, wirtschaftlich-sozialen und kulturellen Entwicklung. Graz 1994, S. 222ff und 368ff. 46 Feldman, u.a., Österreichische Banken im Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit, Band 2, S. 35f. 47 Karner, Die Steiermark im Dritten Reich, S. 367.

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Untersteiermark sollte Lebensmittel, Arbeitskräfte und Halb- oder Fertigerzeugnisse für die obersteiermärkischen Industrieballungszentren liefern. Auch die Energieversorgung, vor allem der „Draustrom“ sollte in die Obersteiermark geleitet werden (neue Verbindungsleitung Maribor/Marburg-Arnfels) und neue Wasser- und Dampfkraftwerke gebaut werden.48

Die Weltwirtschaftskrise hinterließ tiefe Spuren auch am steiermärkischen Arbeitsmarkt. Am Anfang der 1930er Jahre verloren in der Obersteiermark fast 50.000 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz, was zur Verarmung breiter Bevölkerungsschichten führte. Mit der Einbeziehung dieser österreichischen Industriebetriebe als Zulieferer an deutsche Industrie im Rahmen des deutschen Vierjahresplans bekamen einige Menschen wieder einen Arbeitsplatz, doch die Not konnte dadurch nicht wesentlich gelindert werden.49

Kärnten war im Gegensatz zu der Steiermark deutlich weniger industrialisiert und, sowie die Untersteiermark, bäuerlich geprägt. Die wenigen Industriebetriebe, wie die „Bleiberger Bergwerks-Union, die Treibacher Chemischen Werke, sowie die Faserplattenwerke von Leitgeb und Funder“, wurden nach dem „Anschluss“ in die deutsche Rüstungsproduktion eingegliedert. Ein Beispiel für die Eingliederung vieler Kärntner Unternehmen in die deutsche Produktion ist die Zellstoff- und Papierfabrik aus Frantschach, welche nach dem „Anschluss“ in den deutschen Zellstoff- und Waldhof-Konzern eingegliedert wurde. Kärnten stellte einen wichtigen Lieferanten von Holzstoff, Pappe, Papier und Zellstoff dar.50 „Die wichtigen Produktionsstätten der Industrie in Kärnten wurden mit Lieferungen für die deutsche Wehrmacht und mit Aufträgen des Oberkommandos der Wehrmacht belegt“.51 Nicht zu kurz kam auch die Energieversorgung, denn schon nach dem „Anschluss“ sollten neue Stromleitungen sowie das Wasserkraftwerk Schwabegg in Kärnten erbaut und an das Stromnetz angeschlossen werden.52 Wenn bei der Angliederung der Untersteiermark diese für die Lebensmittelversorgung des nördlichen Teils des Reichsgaues eingespannt werden sollte, war in Kärnten bei der Angliederung Oberkrains die Situation genau entgegengesetzt. Oberkrain hatte industrielle Ballungsräume, vor allem im Bereich der Basisindustrie, wie die Stadt Kranj/Krainburg oder die Stahlwerke in Jesenice/Aßling sowie das Miesstal, während Kärnten, mit einigen Ausnahmen, großenteils von der Landwirtschaft lebte.53 Die Reichsgaue Kärnten und Steiermark, zusammen mit der angegliederten Untersteiermark und Oberkrain, waren mit der Energieversorgung ausreichend ausgestattet. Die Drau und die Save, zusammen mit den Zahlreichen Bergwerken, ermöglichten Industrieansiedlungen, die für ihren Betrieb viel Elektrizität verbrauchten. Dazu ist dieses Gebiet auch reich an Erzen, von Silber, über Eisen, bis Kupfer.

Diese Beschreibung legt dar, warum die Reichsgaue Kärnten und Steiermark nach dem „Anschluss“ 1938 und nach der Angliederung von der Untersteiermark und Oberkrain, zu

48 Ebd., S. 379. 49 Ebd., S. 225. 50 Ebd., S. 256f. 51 Feldman u.a., S. 35. 52 Karner, Die Steiermark im Dritten Reich, S. 371. 53 Karner, Kärntens Wirtschaft 1938–1945, S. 31.

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wichtigen Zentren der reichsdeutschen Rüstungsindustrie wurden. Die ausreichenden Rohstoffe, zusammen mit der notwendigen Energieversorgung und gepaart mit ausgebildeten Arbeitskräften, ermöglichten eine Umgestaltung der bestehenden Industriebetriebe zu Rüstungsbetrieben, sowie Ansiedlungen neuer Rüstungsfirmen.

Nach dem „Anschluss“ betrachteten sich Kärnten und die Steiermark als „Grenzgaue“. Doch eine groß angelegte, flächendeckende Industriepolitik wurde niemals verfolgt, soweit eine überhaupt gewollt wurde. Mit der Angliederung von der Untersteiermark und von Oberkrain wurde auf eine großflächig angelegte Wirtschaftsorganisation der „Südmark“, zugunsten kleinerer Einheiten verzichtet. Im industriewirtschaftlichem Sinne zog dies eine faktische Auflösung der „Südmark“ als „Grenzgau“ nach sich54 und die Steiermark und Kärnten entwickelten sich zunehmend zu eigenständigen Wirtschaftsräumen und können daher in der Industrie, somit in der Rüstungswirtschaft, als zwei vollkommen selbstständige Gebiete betrachtet werden. Dass Klagenfurt ein eigenes Rüstungskommando erhielt, kann als eine weitere Bestätigung dieser Aussage betrachtet werden.

54 Feldman u.a., S. 37. 22

Maßnahmen und Gesetze des staatlichen Dirigismus Ab Mitte der 1920er Jahre und verstärkt nach der Wirtschaftskrise vom Anfang der 1930er Jahre, die ein Ende des Systems des Laissez-faire55 einleiteten, suchten die westlichen Staaten einen Ausweg, eine Alternative, im verstärkten wirtschaftlichen Nationalismus, der sich in fast allen Ländern großenteils durch ergriffene Maßnahmen, überwiegend im Außenhandel und bei den Finanztransaktionen äußerte.56 Die Wirtschaftsliteratur pflegt dafür den Begriff des „staatlichen Dirigismus“ zu gebrauchen57,58.

Der staatliche Dirigismus wurde in Italien im Jahr 1932 mit dem Kartellgesetz eingeleitet und war eine Idee von Benito Mussolinis Bruder, Arnaldo59. Bereits in den zwanziger Jahren wurde der staatliche Interventionismus in Spanien mit Primo de Rivera eingeführt und sah vor allem Maßnahmen bei Zöllen vor und endete mit Nationalisierungen im Jahre 194160. Salazars Portugal führte die gesetzliche Grundlage für staatliche Planung im Jahr 1935 ein, die einen 15- jährigen Erneuerungsplan einleitete61.

In Deutschland ging der staatliche Dirigismus weit über den Außenhandel und die Finanztransaktionen hinaus. Dort wurden sämtliche marktwirtschaftlichen Kräfte, darunter auch im Bankbetrieb, ausgeschaltet, sodass die Reichsregierung auf die gesamte Wirtschaft – und indirekt auf jedes Unternehmen – Einfluss nehmen konnte.

Im Deutschen Reich legte den Grundbaustein für staatlichen Dirigismus der von Hjalmar Schacht im Jahre 1934 ernannte Neue Plan.62,63 Das neue System beruhte auf einer völligen Kontrolle der Außenwirtschaft und des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs. Sämtliche Handelsbeziehungen Deutschlands zu anderen Staaten wurden reorganisiert und beruhten fortan auf bilateralen Handels- und Clearingverträgen. Die Menge der eingeführten Produkte wurde unter staatliche Kontrolle gestellt und stark begrenzt. Das Bezahlen dieser Güter und Gegenstände erfolgte oft nicht in Geld, sondern in Ware/Naturalien. Damit wurde die Grundlage für den großen Wirtschaftsraum geschaffen, in dem Deutschland Nahrungsmittel

55 John M. Keynes, The End of Laissez-faire, London, Leonard and Virginia Woolf, 1927. 56 Ivan T. Berend, Gospodarska zgodovina Evrope v 20. stoletju, Ekonomski režimi od laissez-faire do globalizacije, ZRC SAZU, Ljubljana, 2013, S. 58. 57 Zum Beispiel Berend, Gospodarska zgodovina Evrope v 20. stoletju, S. 108. 58 Saatlicher Dirigismus oder auch ökonomischer oder wirtschaftlicher Dirigismus. 59 Berend, Gospodarska zgodovina Evrope v 20. stoletju, S. 112ff und 124ff. 60 Ebd., S.126f. 61 Ebd., S.127f. 62 Detlev Humann, „Arbeitsschlacht“: Arbeitsbeschaffung und Propaganda in der NS-Zeit 1933−1939. Göttingen, 2011, S. 733f. 63 „Grundlage war das am 22. März 1934 unter Einfluss Schachts – damals noch Reichsbankpräsident – erlassene Rahmengesetz über den Verkehr mit industriellen Rohstoffen und Halbfabrikaten vom 22. März 1934, das mit seiner Neufassung vom 13. Juli 1934 auf alle industriellen Waren ausgedehnt wurde. Das Gesetz wurde zu einer der folgenreichsten Vorschriften für die gesamte deutsche Wirtschaft. Durch seine Verordnung vom 4. September 1934 gab Schacht diesem Gesetz seine endgültige, als Neuer Plan verkündete Form«, Zitat aus: Internetseite de.wikipedia.org/wiki/Neuer_Plan, abgerufen am 8. 4. 2017 um 18.58. 23

und Rohstoffe aus naheliegenden Staaten Südeuropas beziehen sollte und wofür bilaterale Abkommen die Grundlage bildeten64.

Der Neue Plan hatte allerdings wenig mit der Rüstung zu tun. Erst mit dem neuen Wehrgesetz aus dem Jahre 193565 wurde die zentrale staatliche Lenkung sämtlicher Wirtschaftskräfte in den Dienst der Kriegsführung gestellt und Hjalmar Schacht zum Generalbevollmächtigten für die Kriegswirtschaft (in Friedenszeit) ernannt.66 Im Oktober 1936 folgte der zweite67 Vierjahresplan, beschlossen ebenfalls durch die Reichsregierung.68 Mit dem Vierjahresplan sollte gewährleistet werden, dass die deutsche Wirtschaft in vier Jahren kriegsfähig und die deutsche Armee in vier Jahren einsatzfähig sind.69 Mit der Durchführung dieses Plans wurde Hermann Göring betraut und er durfte als Bevollmächtigter für den Vierjahresplan70 allen Behörden im Reich, einschließlich der obersten Reichsbehörden, Weisungen und Verwaltungsvorschriften erteilen.71 Der Vierjahresplan löste den Neuen Plan Schachts ab, worauf Hjalmar Schacht von seiner Position als Generalbevollmächtigter für die Kriegswirtschaft zurücktrat. Zuständig für die Überwachung und Ausführung des zweiten Vierjahresplanes war eine Planbehörde für den Vierjahresplan die in sechs Abteilungen aufgeteilt war (Produktion von Rohstoffen, Vertrieb von Rohstoffen, Arbeitsverwendung, Bauernwirtschaft, Preisüberwachung und Fremdwährungsüberwachung).72 Die erste (und wichtigste) Aufgabe des Vierjahresplanes war das Bereitstellen von Ersatzprodukten. Viele dieser „Ersatzindustrien“ wurden in den staatlichen Fabriken (Reichswerken „Hermann Göring“) untergebracht. Innerhalb der Planbehörde für den Vierjahresplan, wirkte im Amt für deutsche Roh- und Werkstoffe auch die Abteilung für die Finanzierung untergebracht.73

64 Vgl. Berend, Gospodarska zgodovina Evrope v 20. stoletju, S. 127. 65 Gesetz für den Aufbau der Wehrmacht (16. 3. 1935), RGBl., I., S.375; und Wehrgesetz (21. 5 .1935), RGBl. I., S. 609-614). 66 Reichsverteidigungsgesetz vom 21.5.1935, zitiert von Generalmajor Alexandrow beim Verhör von Hjalmar Schacht und gekennzeichnet als Beweisstück Nr. 51, in: Internetseite (abgerufen am 8. 4. 2017 um 13.05): www.zeno.org/Geschichte/M/Der+N%C3%BCrnberger+Proze%C3%9F/Hauptverhandlungen/Einhundertzwanzi gster+Tag.+Freitag,+3.+Mai+1946/Vormittagssitzung). 67 Die NS-Propaganda sprach über den „zweiten“ Vierjahresplan, weil der erste bereits im Jahre 1933 beschlossen gewesen sein sollte, als Hitler bei Kundgebungen die Parole „Gebt mir vier Jahre Zeit“ (um die Erwerbslosigkeit zu beseitigen) ausgab. Jedoch handelte es sich hierbei um keinen staatlichen, zentral-gelenkten Wirtschaftsplan. 68 Verordnung zur Durchführung des Vierjahresplanes vom 18. 10. 1936, in: RGBl. Nr. 96, I. vom 19. 10. 1936, S. 887. 69 Denkschrift zum Vierjahresplan, verfasst von Adolf Hitler im August 1936. In: Internetseite des Institutes für Zeitgeschichte, München: http://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1955_2_5_treue.pdf, abgerufen am 8. 4. 2017 um 17.50. 70 Vernehmungsprotokoll von Hjalmar Schacht vor dem Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg, 121. Verhandlungstag, 3. 5. 1946. www.zeno.org/Geschichte/M/Der+N%C3%BCrnberger+Proze%C3%9F/Hauptverhandlungen/Einhundertzwanzi gster+Tag.+Freitag,+3.+Mai+1946/Vormittagssitzung, 8. 4. 2017, 13.05 Uhr. 71 Vgl. Fußnote 69. 72 Dietmar Petzina, Autarkiepolitik im Dritten Reich: Der nationalsozialistische Vierjahresplan. Stuttgart, 1968, S. 58ff. 73 Ebd., S. 60. 24

Im Jahre 1942 wurde die Koordination der gesamten Wirtschaftsadministration des Reiches zentralisiert und dazu eine zentrale Planbehörde („Zentrale Planung“) eingerichtet.74 Diese Behörde hatte jede zwei Wochen ihre Sitzungen. Somit wurde die gesamte deutsche Kriegswirtschaft von zwei Behörden geleitet: vom Reichswirtschaftsministerium (Walther Funk, später Albert Speer) und der Planbehörde für den Vierjahresplan, die mit dem zweiten Vierjahresplan im Jahre 1936 aufgestellt wurde. Dazu kam noch ein ausgebreitetes Netzwerk an Institutionen, die mit einzelnen Aufgabenbereichen betraut waren. Die gesamte deutsche Wirtschaft war nunmehr in die Kriegsproduktion eingespannt. Die Aufträge wurden an die Unternehmen seitens des Heereswaffenamtes im Reichsministerium für Bewaffnung und Munition (später Ministerium für Kriegswirtschaft) vergeben.75 Dazu überwachte das Heereswaffenamt die Produktion, Lieferung und Finanzierung. Das Oberkommando der Wehrmacht (OKW) und sein Wirtschafts- und Rüstungsamt waren ebenfalls in die Rüstungsproduktion eingebunden. Trotz der angeführten Zentralisierungen blieb Adolf Hitler als Führer und Reichskanzler die höchste Regierungsstelle der Kriegsführung und Kriegsproduktion. Die ohnehin streng hierarchisch und zentralistisch geführte deutsche Wirtschaft erhielt dadurch eine noch größere Zentralisierung, wodurch alle Aufgaben, die von der Politik als notwendig erachtet wurden, schneller und reibungsloser in die Praxis umgesetzt werden konnten. Diese Veränderungen in der Wirtschaftsführung des Reiches wirkten sich ebenfalls am Bankbetrieb aus. Wie in weiterer Folge gezeigt wird, gewannen die Kreditinstitute zu dieser Zeit an Bedeutung und viele geschäftseinschränkende Erlässe und Verordnungen im Bankwesen wurden gerade in den Jahren 1942 und 1943 erlassen76, um für die Kriegsproduktion notwendige Geldmittel, sowie Arbeitskräfte, zur Verfügung stellen zu können. Die genannten Vorgänge brachten eine normale Geschäftstätigkeit der Banken fast zum Erliegen und waren der Grund, weshalb viele Kreditinstitute nach dem Krieg mit großen Verlusten dastanden.

Es waren jedoch nicht nur kriegswirtschaftliche Gründe, welche die Bestimmung und Verteilung von Aufträgen bestimmten. Auch politische, ideologische Ziele wurden verfolgt. Überraschend unterschied sich das Deutsche Reich darin am wenigsten von anderen diktatorisch geführten Staaten Europas. Denn auch diese forderten zur gleichen Zeit ähnliche Industriezweige. Im Jänner 1934 schrieb Ferdinand Porsche an Hitler ein Exposé, in dem er der Reichsregierung den Entwurf und die Produktion eines sparsamen Autos anbot. Im Mai desselben Jahres empfang ihn Hitler und forderte ein billiges Auto, dass unter 1000 RM kosten würde. Dazu wurden die Volkswagen-Werke (damals KdF77-Werke) gebaut und im Jahre 1938 lief die Produktion an. Das Ziel war es, 400.000–500.000 Autos pro Jahr zu produzieren.78 Dass man sich über den Absatz keine Sorgen machen musste wurde schnell deutlich, als das

74 Dietrich Eichholz, Geschichte der Deutschen Kriegswirtschaft 1939−1945, Band I, 1939-1941, München, 2003, S. 82ff. 75 Berend, Gospodarska zgodovina Evrope v 20. stoletju, S. 129ff. 76 Zum Beispiel das „Hypotheken-Sperrerlass“ aus September 1942 oder die Verpflichtung, fast sämtliche Spareinlagen in die Wertpapiere des Reiches anzulegen, usw. 77 KdF stand für „Kraft durch Freude“. 78 Berend, Gospodarska Zgodovina Evrope v 20. Stoletja, S. 132. 25

Volkswagen-Projekt mit großem Aufwand inseriert und vermarktet wurde, alles mit dem Ziel der „Motorisierung Deutschlands“.79

Im Jahre 1935 wurde in Regie des Reichsministeriums für Luftfahrt das Raketen- und Weltallprogramm aufgenommen. Dieses Programm war gänzlich der Rüstung gewidmet und nach mehrjährigen Entwicklungsarbeiten fand im Jahr 1939 der erste Versuchsflug einer Rakete statt, der Heinkel 176.80

Doch der staatliche Dirigismus erstreckte sich auch auf den Bereich der Sozialpolitik. So baute der Staat in Italien die ersten Autobahnen (von Mailand zu den norditalienischen Seen) mit öffentlichen Arbeiten, reorganisierte die Gewerkschaften, elektrifizierte das Land, baute Wohnungen und der Staat führte die ersten Sozial- und Altersversicherungsprogramme ein. Für das gesellschaftliche Leben, mit dem realen Ziel der Indoktrinierung, wurde in Italien 1925 die Organisation „Dopolavoro“ ins Leben gerufen und erfuhr bald einen rasanten Anstieg an Mitgliedern.81 Dies war eine soziale Organisation für die Gestaltung von Freizeit und bot verschiedene kulturelle und sportliche Aktivitäten an. Die Jugend sollte sich vor allem in der faschistischen Jugendorganisation „Opera Balilla“ einbinden, wo Wanderungen, Aufenthalte am Meer und unterschiedliche Freizeitaktivitäten der Jugend angeboten wurden. In Deutschland wurden auf dem Gebiet der Sozialpolitik ebenfalls öffentliche Arbeiten angeboten, die überwiegend im Wohn- und Straßenbau verrichtet wurden. Ähnlich wie in Italien wurde auch hier die Organisation „Kraft durch Freude“ gegründet, die Freizeitaktivitäten für Erwachsene anbot und die „Hitlerjugend“ für Jugendliche zwischen dem 10. und dem 18. Lebensjahr und die, wie „Opera Balilla“, verschiedene Aktivitäten für Jugendliche organisierte.82

Der staatliche Dirigismus hatte in sämtlichen Staaten, wo dieser eingeführt wurde, zweifellos wirtschaftliche Erfolge. Am meisten profitierte davon Deutschland.83 Dort betrug im Jahre 1932 das Bruttonationalprodukt (BNP) pro Einwohner lediglich 85% des Standes von 1913. Die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik brachte großes Wachstum und im Jahr 1938 überstieg das BNP pro Einwohner um 34 % den Stand von 1913.84 Später stieg dieser noch mehr, doch ist dies ausschließlich auf die exorbitanten Wehrausgaben zurückzuführen. Die Bilateralisierung der Außenwirtschaft, als Deutschland aufgrund des Fehlens eines einheitlichen Währungssystems gezwungen war, mit seinen Nachbarstaaten bilaterale Handelsverträge zu schließen, führte zu der Führungsrolle der deutschen Industrie in Europa. Die meisten Handelsbeziehungen bestanden zwischen Deutschland und den ost- und südosteuropäischen Staaten: Ungarn, Jugoslawien, Rumänien und Bulgarien. Dies führte zur Errichtung eines „Großdeutschen Wirtschaftsraumes“.85 Mit dem „Anschluss“ Österreichs, des

79 Hans Mommsen, Manfred Grieger, Das Volkswagenwerk und seine Arbeiter im Dritten Reich, Düsseldorf, 1996, S. 70ff. 80 Berend, Gospodarska Zgodovina Evrope v 20. Stoletja, S. 132. 81 Ebd., S. 133f. 82 Ebd., S. 135f. 83 Ebd., S. 142. 84 Ebd., S. 143. 85 Ebd., S. 127f. 26

Sudetenlandes, sowie von Böhmen und Mähren, wurde Deutschland zur wirtschaftlichen Regionalmacht und es war Hitler, der die Richtung vorgab. Den anderen Staaten, wie Ungarn oder Jugoslawien, sollte die Rolle einer Rohstoffbasis zukommen, während die Produktion im Deutschen Reich stattfinden sollte.86 Italiens Versuch der Schaffung eines Kolonialimperiums ist mehr oder weniger kläglich gescheitert, obwohl der staatliche Dirigismus einige Wirtschaftserfolge verzeichnen konnte. Auch Griechenland und Portugal profitierten davon. Die einzige Ausnahme war vom Bürgerkrieg verwüstetes Spanien.

Die Ergebnisse des staatlichen Dirigismus trugen in Deutschland zur gänzlichen Beseitigung der Krisenfolgeschäden vom Anfang der 1930er Jahre. Das Bild änderte sich für die europäischen Staaten mit dem Ausbruch des zweiten Weltkrieges dramatisch. Doch auch während des Krieges blieb das System der staatlichen Lenkung der Kaufkraft aufrecht und vertiefte sich noch. Dies war nicht nur in Deutschland der Fall. Die Staaten, die geographisch am Rande des Kontinents liegen, haben mit dem Kriegsausbruch fast bankrotiert.87 Griechenland wurde von Deutschland im Jahre 1941 überfallen und danach brach noch ein Bürgerkrieg aus. Von einer Industrialisierung konnte keine Rede sein. Auch die spanische und portugiesische Wirtschaft behielten bis zur Nachkriegszeit eine mehrheitlich bäuerliche Prägung. Erst die amerikanische Hilfe („Truman-Doktrin“)88 konnte den Grundstein für eine wirtschaftliche Erneuerung bringen, die auf keinem staatlichen Dirigismus mehr beruhte.

Wie bereits erwähnt wurde, gingen die Nationalsozialisten beim staatlichen Dirigismus weit über die Grenzen der Kontrolle der Außenwirtschaft und die Regulierung von Finanztransaktionen hinaus. Auch die Grenzen der Freizeit- oder Jugendorganisationen wurden im Deutschen Reich übergangen. Der Staat, die Gesellschaft, sollte nach einem streng hierarchischen Prinzip umgestaltet werden. Daher versuchten die Nationalsozialisten in die inneren Organisationsstrukturen von privaten Betrieben und großen Unternehmen einzugreifen um dort eine Neuordnung von betrieblichen Arbeitsbeziehungen aufzustellen. Diese sollten fortan nach dem Grundsatz des Führers und seiner Gefolgschaft neu geordnet werden („Führerprinzip“), und wie sich zeigen wird sollten dadurch für den staatlichen Einfluss auch betriebsinterne Entscheidungen empfänglich gemacht werden. Davon blieben auch die Kreditinstitute der „Ostmark“ nach deren Eingliederung in das deutsche Bankensystem nicht verschont.

86 Ebd., 141. 87 Ebd., S. 143f. 88 Die „Truman-Doktrin“ war eine vom US-Präsidenten Harry S. Truman im März 1947 verlautbarte Doktrin, die besagte, dass die Vereinigten Staaten von Amerika die antikommunistischen Bewegungen in der Welt unterstützen werden. Seine Rede vor dem US-Kongress, in der er diese Doktrin zum ersten Mal ansprach, hielt er anlässlich des griechischen Bürgerkrieges und als Griechenland und die Türkei Truman um finanzielle Unterstützung für die Abwehr einer möglichen kommunistischen Revolution baten. 27

Die neue gesetzliche Regelung der Arbeit – Führerprinzip und Gefolgschaft Das Führerprinzip war nach NS-Verständnis ein auf Treue und Gehorsam begründetes personales Verhältnis, das sämtliche Bereiche des gesellschaftlichen Lebens umfassen sollte.89 Was dies für die Wirtschaftsorganisation bedeutete, formulierte Hermann Göring im Preußischen Landtag am 18. Mai 1933 in Berlin:

„Der Leiter jedes Betriebes, ob klein oder groß, muß von höchsten Verantwortungsgefühl erfüllt sein gegenüber seinem Betrieb, den ihm anvertrauten Menschen und der ganzen Nation. ... Auch in der Wirtschaft muß der Grundsatz herrschen: Autorität nach unten, Verantwortung nach oben.“90

Doch in der Praxis bedeutete dies keineswegs, dass ein „Betriebsführer“ weisungsfrei sei und beliebig entscheiden konnte, denn der gesamte Staat wurde sofort nach der Machtübernahme Hitlers nach dem „Führerprinzip“ umgestaltet. Es stimmt zwar, wie die Herausgeber der Monographie Recht, Verwaltung und Justiz im Nationalsozialismus meinen, dass ab 1933, also nach der Machtübernahme Hitlers, sämtliche neue Gesetze immer noch an die bestehende Weimarer Reichsverfassung anknüpften und keineswegs die Macht monopolisierten, dennoch konzentrierten schon damals beschlossene Gesetze die Macht in den Händen der Reichsregierung, die de facto dem Reichskanzler, also Hitler, unterstand und nur de iure dem Parlament, dem Reichstag, verantwortlich war.91 Eine gänzliche Machtmonopolisierung erfolgte erst nach dem Tod von Reichspräsident Hindenburg, als der Reichskanzler, mit dem Gesetz über das Staatsoberhaupt des Deutschen Reichs vom 1. August 1934, sämtliche Befugnisse des Reichspräsidenten übernahm.92 Dazu gehörten auch die präsidialen Rechtsetzungskompetenzen und die Befugnis zur Ernennung und Entlassung von Reichsministern.93 Seine Position wurde damit vom Bestand der Reichsregierung unabhängig. Mit diesem Erlaß des Reichskanzlers zum Vollzug des Gesetzes über das Staatsoberhaupt des Deutschen Reiches erhielt Hitler auch den gesetzlichen Titel „Führer und Reichskanzler“.94 Somit war die Zusammenfassung der gesamten Regierungsgewalt in einer Person, in die des Führers, vollzogen. Er wurde auf Lebenszeit ernannt und war unabsetzbar. Eine Verantwortlichkeit des Reichskanzlers und Führers gegenüber dem Parlament (Reichstag) war damit aufgehoben, obwohl der Leiter der Reichskanzlei Hans-Heinrich Lammers95 in einem

89 Arno Buschmann, Nationalsozialistische Weltanschauung und Gesetzgebung 1933−1945, Band I, Grundlinien einer Entwicklung. Wien 2015, S. 62f. 90 Martin Hirsch u.a., Recht, Verwaltung und Justiz im Nationalsozialismus: Ausgewählte Schriften, Gesetze und Gerichtsentscheidungen von 1933 bis 1945 mit ausführlichen Erläuterungen und Kommentierungen. Köln 1997, S. 191. 91 Ebd., S. 60ff. 92 Hermann Hagspiel, Die Ostmark. Österreich im Großdeutschen Reich 1938 bis 1945. Wien 1995, S. 128. Dies zeigte sich deutlich nach dem deutschen Überfall auf Österreich als die gesamte Beamtenschaft am 17. März 1938 auf Adolf Hitler persönlich, und nicht auf den Führer und Reichskanzler, vereidigt wurde. 93 RGBl. I., 1934, S. 745. 94 Ebd., S. 751. 95 Hans-Heinrich Lammers (27. Mai 1879 in Lubliniec/Lublinitz (Polen)-4. Jänner 1962 in Düsseldorf) war ein Deutscher Jurist und nationalsozialistischer Politiker. Zwischen 1933 und 1945 war er Leiter der Reichskanzlei. Nach dem Krieg wurde er verhaftet und vom Gericht zu 20 Jahren Haft verurteilt. 28

Vortrag vor der Berliner Verwaltungsakademie meinte, dass man schon vor diesen Gesetzen nicht von einer Verantwortlichkeit des Reichskanzlers gegenüber dem Parlament sprechen konnte96. Nach der nationalsozialistischen Ideologie sollte das Führerprinzip nicht nur ein bloßes staatliches Organisationsprinzip, sondern vielmehr ein „Lebensprinzip“ des deutschen Volkes werden. Auf der einen Seite stand der „Führer“ und hinter ihm die „Gefolgschaft“.

Mit uneingeschränkter Macht ausgestattet, wurden sämtliche Strukturen im Staat direkt oder indirekt dem „Führer“, also Hitler, unterstellt. Die Reichsregierung wurde dadurch de facto zu einem Vollzugsorgan, einer „executive office“ des Führers herabgesetzt. Fortan konnten die Reichsminister oder Hitler selbst durch Verordnungen, Weisungen und Befehle, Einfluss auf jeden im Staat nehmen. Der nationalsozialistischen Führung lag offensichtlich viel daran, die Wirtschaftstreibenden unter ihren direkten Einfluss zu bringen. Im Weg standen zunächst die Gewerkschaften und später auch die Unternehmer selbst. Auch ihr zwischenseitliches Verhältnis sollte sich ändern. Die Unternehmer sollten zu „Betriebsführern“ werden und die Arbeitnehmer zur „Gefolgschaft“. Um eine solche innere Organisationsstruktur zu verwirklichen, wurde bereits im Jahre 1933 eine neue Arbeitsgesetzgebung erlassen, worin sämtliche Mitbestimmungsrechte der Belegschaft abgeschafft wurden. Die Gewerkschaften wurden zerschlagen, führende Funktionäre verhaftet und das Gewerkschaftsvermögen beschlagnahmt. Am 2. Mai 1933 wurde die „Deutsche Arbeitsfront“ (DAF) als eine Organisation der NSDAP gegründet, die der Führung der NSDAP unterstand, geleitet wurde sie von einem Stabsführer, der von Hitler ernannt wurde. Wie Hermann Hagspiel in seiner Monographie über die Ostmark zeigt, hatte die Arbeitsfront keinen nennenswerten Einfluss auf politische Entscheidungen, sie war jedoch eine Massenorganisation mit 25 Millionen Mitgliedern, davon in der Ostmark 1,2 Millionen.97 Der „Arbeitsfront“ gehörten zunächst die früheren Gewerkschaftsmitglieder an, später kamen Unternehmensmitglieder und Handwerksvereinigungen hinzu.98 Das Ziel der Zerschlagung der Gewerkschaften sowie deren Eingliederung in die NSDAP hatte zum einen das Ziel die Gewerkschaften zu neutralisieren, sodass sie keine Mitspracherechte mehr bei sozialpolitischen Entscheidungen hatten. Andererseits konnte die DAF für Propagandazwecke der nationalsozialistischen Führung eingesetzt werden. Einen kleinen Rückschlag musste die NSDAP zwar bei den Betriebsrätewahlen (März 1933) hinnehmen, als die NSBO (Nationalsozialistische Betriebszellenorganisation)99 auf rund 25 % Stimmenanteil kam, weshalb im kurz darauf erlassenen Gesetz über Betriebsvertretungen und über wirtschaftliche Vereinigungen vom 4. April 1933 den obersten Landesbehörden die Ermächtigung eingeräumt wurde „aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“, Wahlen von Betriebsvertretungen auszusetzen. Die

96 Die Staatsführung im Dritten Reich. Vortrag des Staatssekretärs und Chefs der Reichskanzlei Dr. Lammers vor der Verwaltungsakademie Berlin am 15. Oktober 1934, in: Die Justiz 1934, (o.O.), S. 1296. 97 Hagspiel, Die Ostmark. S. 154. 98 Hirsch u.a., Recht, Verwaltung und Justiz im Nationalsozialismus, S. 192. 99 Die Nationalsozialistische Betriebszellenorganisation (NSBO) war eine Parteiorganisation der NSDAP innerhalb eines Unternehmens. NSBOs wurden bereits in den 1920er Jahren in großen deutschen Industrieunternehmen gegründet. Nach dem 2. Mai 1933 war die NSBO die einzige zugelassene Arbeitnehmerorganisation in Deutschland. Die Gewerkschaften wurden verboten. Einige Tage später wurde die Deutsche Arbeiterfront gegründet. Die NSBO ging im Jahr 1935 in der DAF auf. 29

Arbeitgeber wurden ohne Rücksicht auf die geltende Rechtsordnung auch ermächtigt, Arbeitnehmer wegen des bloßen Verdachts „staatsfeindlicher Einstellung“ zu entlassen. Dieses Gesetz war die Vorstufe der späteren Einführung des Unternehmers als „Betriebsführers“ und es ermöglichte eine Art „Säuberung“ von unliebsamen Arbeitnehmern. Um die Arbeitnehmer noch zusätzlich zu schwächen und sie wirklich dem „Führerprinzip“ unterzuordnen, wurde am 19. Mai 1933 das Gesetz über Treuhänder der Arbeit beschlossen.100,101 Dieses Gesetz entzog den diversen Vereinigungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern die Verhandlungsautonomie und unterwarf das gesamte Tarifsystem der Reichsregierung.102 Von nun an sollten die seitens der Reichsregierung bestellten Treuhänder der Arbeit („Führerprinzip“) Anordnungen erlassen, die anstelle von Tarifverträgen traten. So entrechtet und widerspruchslos, an Weisungen aller möglichen „Führer“ gebunden, sollte nun die Arbeiterschaft schaffend und denkend, gemeinsam und ohne Konflikte, ihre Kräfte zum Erfolg der Nation einsetzen. Wie wirklichkeitsfremd diese sozialistische Denkweise war, sollten unter anderem die Vorgänge in den Kreditinstituten darbieten.

Die soeben angeführten Gesetze gingen sehr bald in einer neuen Arbeitsgesetzgebung auf, die das Fundament der nationalsozialistischen Politik auf dem Gebiet der Arbeits- und Sozialordnung des Deutschen Reiches darstellte. Das Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit wurde am 20. Jänner 1934 erlassen und „behandelte die innere Organisation der Unternehmen, das Verhältnis von Unternehmensleitung zur Belegschaft, den Erlass von Betriebs- und Tarifordnungen, den Kündigungsschutz und erhielt Sonderbestimmungen für einzelne Wirtschaftszweige sowie den Öffentlichen Dienst“.103 Mit diesem Gesetz wurde die innerbetriebliche Organisationsstruktur nach militärischer Kommandostruktur umgestaltet. Die unteren Paragraphen beziehen sich auf dieses Gesetz. So lautete das §1 des Gesetzes zu Ordnung der nationalen Arbeit:

„Im Betriebe arbeiten der Unternehmer als Führer des Betriebes, die Angestellten und Arbeiter als Gefolgschaft gemeinsam zur Förderung der Betriebszwecke und zum gemeinen Nutzen von Volk und Staat.“

Im §2, Absatz 2 desselben Gesetzes stand:

„Er (der Betriebsführer, Anm.) hat für das Wohl der Gefolgschaft zu sorgen. Diese hat ihm die in der Betriebsgemeinschaft begründete Treue zu halten.“

Der Unternehmer wurde somit zum „Betriebsführer“, die Belegschaft zur „Gefolgschaft“. Das Verhältnis zwischen den Arbeitgebern und Arbeitnehmern war keine Wirtschaftsbeziehung mehr, sondern ein Treueverhältnis. Gearbeitet wurde nicht mehr für die Gewinnmaximierung, sondern für die Förderung des Betriebszwecks. Somit gab es die Deutschen Reichsbahnen nicht

100 Hirsch u.a., Recht, Verwaltung und Justiz im Nationalsozialismus, S. 196f. 101 RGBl. 1933, I., S. 285. 102 Hirsch u.a., Recht, Verwaltung und Justiz im Nationalsozialismus, S. 196. 103 Arno Buschmann, Nationalsozialistische Weltanschauung und Gesetzgebung 1933–1945, Band I, S. 62. 30

um den Gewinn zu maximieren und für die Eigentümer den Eigenkapitalwert zu steigern, sondern damit die Menschen reisen konnten.104

Im Arbeitsrecht stand dem „Betriebsführer“ ein „Vertrauensrat“ zur Seite, der nicht durch Vertrag, sondern durch ein Gelöbnis verpflichtet werden musste.105 Im §6, Abs. 1. des Gesetzes zur Ordnung der nationalen Arbeit lesen wir, dass es die Pflicht des Vertrauensrates sei, „das gegenseitige Vertrauen innerhalb der Betriebsgemeinschaft zu vertiefen.“ Das Amt eines Mitglieds des Vertrauensrates (Vertrauensmann) war ein ehrenamtliches, für welches kein Entgelt bezahlt werden durfte (§13 Abs. 1.). Konflikte zwischen Angestellten sollten künftig vor betriebseigenen Ehrengerichten ausgetragen werden (§41). Der Rechtshistoriker Arno Buschmann erkennt darin Ähnlichkeiten mit dem mittelalterlichen Lehnwesen.106

Die bereits erwähnten Treuhänder der Arbeit wurden auch in diesem Gesetz neu geregelt. Im §18 Abs. 1. wurde bestimmt:

„Für größere Wirtschaftsgebiete, deren Abgrenzung der Reichsarbeitsminister im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister und dem Reichsminister des Innern bestimmt, werden Treuhänder der Arbeit ernannt. Sie sind Reichsbeamte und unterstehen der Dienstaufsicht des Reichsarbeitsministers. Ihren Sitz bestimmt der Reichsarbeitsminister im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister.“

Und im Absatz 2 lautet es:

„Die Treuhänder der Arbeit sind an Richtlinien und Weisungen der Reichsregierung gebunden.“

Die Aufgabe der Treuhänder der Arbeit war es, für den Arbeitsfrieden zu sorgen, wofür ihnen vor allem Überwachungsaufgaben bei der Einführung der neuen Gesetzgebung zustanden und sie die Reichsregierung über die sozialpolitische Entwicklung zu unterrichten hatten. (§19 Abs. 1, Ziffer 1–8). Somit waren die Treuhänder der Arbeit Mittelmänner zwischen der Reichsregierung und dem Betriebsführer.

Ein wesentlicher Bestandteil der neuen Arbeitsordnung waren die „Sozialen Ehrengerichte“, die dann eingreifen sollten, wenn die „soziale Ehre“ verletzt wurde. Unter „Verletzung der

104 Das „Führerprinzip“ erstreckte sich auch auf völlig politisch neutrale Gebiete, wie die Straßenverkehrsordnung, wo „die echte Gemeinschaft aller Verkehrsteilnehmer, einschließlich der Fußgänger im Interesse einer nachhaltigen Besserung der Verkehrsdisziplin vordringlich hergestellt werden.“ sollte (RGBl. I., S. 1180 vom 13. November 1937). Besonders schwer ins Gewicht fiel das „Führerprinzip“ im Bereich der Jurisprudenz. Hier sollte es zu einer Entkoppelung von Richter und Gesetz kommen. Man sprach von der „Neuen Ordnung“ und „Neuem Denktypus“ in der Gerichtsbarkeit. Danach sollte die Auslegung aller Rechtsquellen an die nationalsozialistische Weltanschauung gebunden sein. Im Strafgesetz sollte es belanglos sein, ob bei der Verübung einer Tat diese bereits strafbar war. Die Neufassung des Strafgesetzbuches aus dem Jahr 1938 (die nicht mehr verwirklicht wurde) ging sogar soweit, dass eine Gesetzesbindung des Richters völlig aufgehoben wurde und dieser nur noch „an die Gedanken des Führers“ gebunden sein sollte. 105 Eckart Reidegeld, Staatliche Sozialpolitik in Deutschland: Band II, Sozialpolitik in Demokratie und Diktatur 1919−1945. Wiesbaden 2006, S. 396. 106 Buschmann, Nationalsozialistische Weltanschauung und Gesetzgebung 1933−1945, Band I, S. 63. 31

sozialen Ehre“ konnte nach dem Gesetz ein Vorgehen eines Angehörigen der Betriebsgemeinschaft erachtet werden, wenn angenommen werden konnte, dass er nicht seine Pflichten, die aus seiner Stellung in dieser Gemeinschaft hervorgehen, erfüllte. Das Gesetz spricht hierbei über die mangelnde Kraft, die er dem Dienst des Betriebes widmete und sich nicht dem gemeinen Wohle unterordnete. Bei groben Verletzungen dieser Pflichten wurde das Soziale Ehrengericht angerufen. Doch die Verletzung der Gemeinschafts- oder Arbeitspflichten wurde im Gesetz so ungenau definiert, dass fast jede Handlung beliebig darunterfallen konnte. Im §36 lesen wir, dass so eine Verletzung dann vorliegt, wenn jemand „böswillig die Arbeitskraft der Angehörigen der Gefolgschaft ausgenutzt hat oder seine Ehre kränkt“. Doch was versteht man unter einer „Kränkung der Ehre“? Oder wenn „Angehörige der Gefolgschaft den Arbeitsfrieden...durch böswillige Verhetzung der Gefolgschaft gefährden“. Was unter einer „böswilligen Verhetzung der Gefolgschaft“ verstanden wurde, die den „Arbeitsfrieden“ gefährdete, war nirgends definiert. Somit konnte innerhalb eines Betriebes jeder, auch der „Betriebsführer“ vom Arbeitsplatz entfernt werden (Strafe nach §38, Ziffer 5), sollte er für schuldig befunden werden. Den Vorsitz bei Ehrengerichten hatte ein richterlicher Beamter, der vom Reichsminister der Justiz im Einvernehmen mit dem Reichsarbeitsminister zu bestellen war. Beisitzer waren ein (anderer) „Betriebsführer“ und ein Vertrauensmann. Die beiden Beisitzer wurden vom Vorsitzenden auf Vorschlag der Deutschen Arbeitsfront ernannt. Somit konnte die Gerichtsbarkeit von Sozialen Ehrengerichten seitens der Politik beeinflusst werden. Dies legt auch dar, dass im Deutschen Reich nicht nur die Exekutive und die Legislative der staatlichen Regierung unterworfen wurden, sondern auch die Judikatur. Dazu waren die Berufungsmöglichkeiten der Verurteilten erheblich eingeschränkt (§49). Den Treuhändern der Arbeit oblag auch die Durchführung und Überwachung der Strafvollstreckung. Aus der Gerichtsbarkeit der Sozialen Ehrengerichte waren die Beamtenschaft und die Soldaten ausgenommen.

Die neue Arbeitsgesetzgebung aus dem Jahr 1934 regelte auch den Kündigungsschutz neu, in dem sie eine Kündigung fast unmöglich machte. Zwar konnte ein Angestellter gekündigt werden, hatte jedoch die Möglichkeit, vor einem Arbeitsgericht dagegen zu klagen (§56). Als Grund für den Widerruf einer Kündigung konnte schon der Umstand angegeben werden, dass diese Kündigung „unbillig hart und nicht durch die Verhältnisse des Betriebes bedingt ist“. Auch der Vertrauensrat konnte angerufen werden. Hat der Unternehmer den Widerruf abgelehnt, musste er eine Entschädigung an den Angestellten zahlen. Diese Maßnahme half zu einem nicht geringfügigen Teil mit, die Arbeitslosigkeit zu senken.

Im §63 des Gesetzes zur Ordnung der nationalen Arbeit wurde zwar bestimmt, dass dieses Gesetz keine Anwendung auf den öffentlichen Dienst, somit keine Auswirkungen auf die Angestellten und Arbeiter in den Verwaltungen und Betrieben des Reichs, der Länder und der Reichsbank, der Gemeinden und anderer Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts, hatte. Doch wurde diese Bestimmung dadurch umgangen, als der Gesetzesinhalt des Gesetzes zur Ordnung der nationalen Arbeit in jene Gesetze, die den öffentlichen Dienst regelten, sinngemäß, in gleicher oder abgeschwächter Form, aufgenommen wurde. Dies betraf unmittelbar die Sparkassen und die Landes-Hypothekenanstalten, jedoch erst nachdem die deutsche Gesetzeslage in der „Ostmark“ juristisch eingeführt wurde. In der 32

Zeit davor (und nach dem „Anschluss“) waren die Sparkassen und Landes- Hypothekenanstalten großenteils Vereine ohne eigene Rechtspersönlichkeit, für deren Verbindlichkeiten das jeweilige Land haftete. Genau diese Zeitlücke, zwischen dem „Anschluss“ und der Einführung deutscher Gesetze im „ostmärkischem“ Bankwesen, nutzten die Nationalsozialisten um die Kreditinstitute personell zu „säubern“, worauf in weiterer Folge detailliert eingegangen wird. Schwierig zu verwirklichen war das Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit in dieser Fassung auch in Aktiengesellschaften, weil der Vorstand in der Regel ein Kollektivorgan war und somit kein einzelner „Betriebsführer“ die Geschäfte alleine leiten konnte. Die Großbanken hatten ausschließlich mehrere Vorstandsmitglieder. Im „ostmärkischen“ Bankwesen, war davon der Creditanstalt-Bankverein betroffen.

Dennoch wurde das „Führerprinzip“ auch im Bank- und Sparkassenwesen eingeführt. Der Gesetzesinhalt aus dem Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit wurde mit dem Aktiengesetz vom 30. Jänner 1937 und dem Gesetz über die Deutsche Reichsbank vom 19. Juli 1939 für das Bankwesen verbindlich festgesetzt.

Das Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien (Aktiengesetz)107, wurde als ein Regierungs- und kein Reichstagsgesetz beschlossen. Ohne ausdrückliche Erwähnung des „Führerprinzips“ im Gesetzestext, erfuhr die Stellung des Vorstandes eine deutliche Stärkung. Dazu wurde die Möglichkeit eines mehrköpfigen Vorstandes beibehalten. Allerdings sah §71 des Aktiengesetzes bei der Vertretung der Aktiengesellschaft nur eine Vertretung durch sämtliche Vorstandsmitglieder gemeinschaftlich vor. Alle mussten sich einigen, Mehrheitsbeschlüsse des Vorstandes konnte es nicht geben. Auf die Arbeitnehmer (Angestellten) wurden die Bestimmungen der „Gefolgschaft“ uneingeschränkt angewendet. Wichtiges Augenmerk galt dem Schutz und der Sicherheit der Aktionäre, wofür klare Leitungs- und Kontrollverhältnisse vorgeschrieben wurden. Interessanterweise findet sich im Gesetzestext nie das Wort „Führung“, sondern immer nur „Leitung“, die dem Vorstand übertragen wurde. Dabei musste der Vorstand das Unternehmen zum Wohl von Betrieb und Gefolgschaft und zum gemeinen Nutzen von Volk und Reich leiten (§70 Abs. 1). Der Aufsichtsrat, dessen Mitglieder von der Hauptversammlung für die Dauer von vier Jahren gewählt wurden (§87 Abs. 1ff), war lediglich ein Kontrollorgan. Abgesehen von diesen, für eine Aktiengesellschaft üblichen „Sondervorschriften“, die vor allem dem Schutz der Aktionäre dienten, galten in allen anderen Belangen, auch bei einer Aktiengesellschaft, die Vorschriften des Gesetzes zur Ordnung der Nationalen Arbeit.108 So war auch in diesem Bereich das Verhältnis zwischen dem Vorstand als Leitungsorgan (Führungsorgan) und der Gefolgschaft weiterhin ein Treueverhältnis. In einem Unternehmen bildeten die Leitung (Vorstand) und die Gefolgschaft ebenfalls eine Gemeinschaft, die zum Wohl des Volkes und Reiches zu arbeiten hatte. Unter den „ostmärkischen“ Banken galt das

107 RGBl. 1937, I., S.107ff. 108 Buschmann, Nationalsozialistische Weltanschauung und Gesetzgebung 1933−1945, S. 63. Wie Buschmann feststellt, wurde es lediglich von Hitler als Führer und Reichskanzler und vom Justizminister Gürtner unterzeichnet und nicht von allen Regierungsmitgliedern. 33

Aktiengesetz für den Creditanstalt-Bankverein. Daneben gab es kleinere Bankhäuser, wie die Bank für Kärnten, die ebenfalls als Aktiengesellschaften gegründet wurden.

Das andere Gesetz, welches für das Kreditwesen und damit für die Kreditinstitute bezüglich der Regelung von Arbeitsverhältnissen in der Wirtschaft sowie im Kredit- und Bankwesen bedeutsam war, war das Gesetz über die Deutsche Reichsbank109 (Reichsbankgesetz) vom 19. Juli 1939, „mit dem das alte Bankgesetz von 1924, abgelöst wurde“. Alle Paragraphe von hier an beziehen sich auf dieses Gesetz. Auf die Regelung der Aufsichtsorgane des Bank- und Kreditwesens in Deutschem Reich wird im Rahmen dieser Arbeit noch ausführlich eingegangen, deshalb sollte zu diesem Zeitpunkt nur die Einführung des „Führerprinzips“ in der Zentralbank (Reichsbank) aufgezeigt werden. Mit dem Reichsbankgesetz wurde die Reichsbank ihrer Eigenständigkeit gänzlich enthoben. Sie wurde der uneingeschränkten Hoheit des Reiches unterstellt, deren zentrale Aufgabe es war, die Ziele zu verwirklichen, welche ihr seitens der nationalsozialistischen Staatsführung aufgetragen wurden. Eines dieser Ziele war die „Sicherstellung des Wertes der deutschen Währung“. Gemäß dem „Führerprinzip“ unterstand die Zentralbank uneingeschränkt den Weisungen und der Aufsicht des Führers und Reichskanzlers (§1). Der Reichsbankpräsident und die Direktion mussten die Zentralbank nach den Weisungen des Führers und Reichskanzlers leiten (§3 Abs. 1). Der Führer und Reichskanzler ernannte sie und berief sie ab. Auch die Länge ihrer Amtszeit, setzte er fest (§4 Abs. 1). Rechtlich gesehen wurden die Direktion und der Reichsbankpräsident auch seitens des Führers zur Erledigung von Verwaltungsaufgaben ermächtigt.110 Der Führer und Reichskanzler hatte auch die Aufsicht der Zentralbank inne (§3 Abs. 1). Somit waren in einer Person die oberste Führungsinstanz und die Aufsicht zusammengefasst.111 Hitler, als Führer und Reichskanzler, hielt neben der Regierungs- und Gesetzgebungsgewalt auch die gesamte Verfügungsgewalt über die staatliche Geldpolitik in seiner Hand und wurde gesetzestechnisch von sich selber überwacht.112 Eine vergleichbare gesetzliche oder faktische Stellung der Zentralbank und des Staatsoberhauptes konnte damals in sonst keinem europäischen Land vorgefunden werden. Und auch in der Zentralbank galt es, dass die Gefolgschaft dem Führer/Leiter zu folgen hatte.

Das Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit war zum Zeitpunkt des „Anschlusses“ Österreichs bereits ein bestehendes Gesetz aus dem „Altreich“, welches in der „Ostmark“ lediglich eingeführt wurde. Das „Reichsbankgesetz“ wurde erst nach dem „Anschluss“ beschlossen. Die Arbeitsgesetzgebung, mit der Einführung des „Führerprinzips“ hatte, mit einschlägigen Besonderheiten für Aktiengesellschaften und Gesellschaften des öffentlichen Rechts, in allen „ostmärkischen“ Kreditinstituten Geltung. Damit war das „Führerprinzip“, mit dem „Führer“ und der „Gefolgschaft“ (zusammen eine Gemeinschaft bildend) in jeder juristischen Person verwirklicht, so auch in den „ostmärkischen“ Kreditinstituten. Das geltende

109 RGBl. 1939, I., S. 1015ff. 110 Buschmann, Nationalsozialistische Weltanschauung und Gesetzgebung 1933−1945, S. 65. 111 Die Reichsbank (Zentralbank) war zwar eine Körperschaft des Öffentlichen Rechts, mit einem Grundkapital von 150 Millionen RM. 112 Buschmann, Nationalsozialistische Weltanschauung und Gesetzgebung 1933− 1945, S. 65ff. 34

Angestelltengesetz und das „Bankendienstrecht“, galten zwar noch, jedoch nur im beschränken Umfang, soweit sie dem Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit nicht wiedersprachen.113 Bei Kapitalgesellschaften (AG, GmbH) wurde der Direktor oder ein Vorstandsmitglied (nicht zwingend der Vorstandsvorsitzender) als „Betriebsführer“ betrachtet (§3, Ziffer 1 des Gesetzes zur Ordnung der nationalen Arbeit). Beim Creditanstalt-Bankverein war dies bis März 1943 Otto Neubaur und ab dann Richard Buzzi. Ähnlich war die Lage bei den Landes- Hypothekenanstalten, wo das Kuratorium („Vorstand“) ein Kollektivorgan war. Da nach dem „Anschluss“ zunächst der kommissarische Verwalter dessen Aufgaben übernahm und später mit Verfügung des Landeshauptmannes (später Reichsstatthalter) die Aufgaben des Kuratoriums an einen Kurator (Direktor) übertragen wurden, war dieser als „Betriebsführer“ anzusehen. Als das Kuratorium wieder zu einem Kollektivorgan wurde, erfüllte immer ein Mitglied die Aufgaben des „Betriebsführers“. Die anderen Angestellten, inklusive des Aufsichtskommissars und der Direktion, bildeten die „Gefolgschaft“. Ähnlich wie bei den Landes-Hypothekenanstalten, wurde das „Führerprinzip“ bei den Sparkassen mit einem Vorstandsmitglied als „Betriebsführer“ verwirklicht.114

Die nationalsozialistischen Gesetze sahen die Bildung einer „Betriebsgemeinschaft“ vor. Die Landes-Hypothekenanstalten und die Sparkassen in kleinen Gemeinden hatten ohnehin wenige Angestellte (kleine „Gefolgschaft“), weshalb wir hier von dem Bestehen einer „Betriebsgemeinschaft“, die der „Betriebsführer“ und die „Gefolgschaft“ bilden sollten, ausgehen können. In den meisten Fällen bestand eine „Betriebsgemeinschaft“ unabhängig von der gesetzlichen Lage. Viel schwieriger gestaltete sich dies bei den Großbanken, wie zum Beispiel beim Creditanstalt-Bankverein. Die Betriebsleitung dieser Bank bemühte sich, systematisch eine „Betriebsgemeinschaft“ aufzubauen, die ganz im Sinne des „neuen Gesetzesgeistes“ wäre. Der gesamte Creditanstalt-Bankverein verstand sich demnach als eine „Betriebsgemeinschaft“, basierend auf gleicher weltanschaulicher und charakterlicher Ausrichtung. Laut Jahresbericht 1941 hatte die „Gefolgschaft“ dafür volles Verständnis. Dies kann kaum in Abrede gestellt werden, denn ab April 1938 erhielten die Angestellten umfangreiche Sonderzahlungen. Anlässlich der „Heimkehr“ der „Ostmark“ ins Reich wurde eine einmalige Zuwendung ausbezahlt, und zu Weihnachten eine Remuneration. Zur Förderung von Frühehen wurden Haushaltszulagen gewährt. An Familienväter mit drei oder mehreren Kindern wurden regelmäßige Sonderauszahlungen getätigt. Bei Ableistung einer militärischen Übung wurde an Verheiratete ein zusätzliches Monatsgehalt ausgezahlt; an Ledige ein halbes Monatsgehalt. Im Wiener Prater wurde ein Sportplatz eigens für die „Gefolgschaft“ zur körperlichen Betätigung angemietet und fürs Schwimmen stand das „Dianabad“ einmal wöchentlich zur Verfügung. Dazu gab es Skikurse und Skiausflüge, sowie unterschiedliche kulturelle Veranstaltungen, die gemeinsam besucht wurden. Für kunstbegabte wurden ein Betriebsorchester und eine Betriebskappelle in Leben gerufen. Die „Gefolgschaft“ nahm auch regelmäßig an Abenden teil, bei denen verschiedene Gauleiter eine Ansprache hielten.

113 Ebd., S. 63. 114 Compass und Buschmann, Nationalsozialistische Weltanschauung und Gesetzgebung 1930−1945, S. 65ff. Buschmann sieht darin Merkmale, die an das mittelalterliche Lehnwesen erinnern. 35

Nationalsozialistische Agrargesetzgebung So wie die gewerbliche Wirtschaft, war für die Nationalsozialisten auch die Landwirtschaft von großer Bedeutung. „Nahrung ist Waffe“ lautete die Devise.115 Diese spielte im Bankensystem in der Steiermark und in Kärnten eine wesentliche Rolle. Sowohl die beiden Landes- Hypothekenanstalten wie auch die Sparkassen waren davon unmittelbar betroffen. Wie Buschmann (2015) schreibt, wurden bei der Agrargesetzgebung nicht nur rein wirtschaftliche, sondern vor allem ideologische und politische Ziele verfolgt.116

Im Deutschen Reich bereitete das Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft117 (Minister Walter Darré, nach 1942 Herbert Backe) bereits ab September 1933 umfassende Gesetzesänderungen auf dem Gebiet der Landwirtschaft vor. Ihr Ziel war es, ein ständisches System aufzubauen.

Mit dem Gesetz über die Neubildung des deutschen Bauerntums118 vom 14. Juli 1933 wurde die Schaffung von Bauernhöfen zur Aufgabe und Zuständigkeit des Reiches erklärt119. Dem folgte das Gesetz über den vorläufigen Aufbau des Reichsnährstandes und Maßnahmen zur Markt- und Preisregelung für landwirtschaftliche Erzeugnisse120 vom 13. September 1933, das den berufsständischen Zusammenschluss in der gesamten Landwirtschaft herbeiführen sollte und den Markt für landwirtschaftliche Produkte regeln sollte.121 Für das gesamte Bauernwesen und die gesamte Landwirtschaft wurde auf Reichsebene, der „Reichsnährstand“ geschaffen. Das war eine Standesorganisation der gesamten Landwirtschaft,122 geleitet von einem „Bauernführer“. Auf mittlerer Ebene standen die Landesbauernschaften mit „Landesbauernführern“123 und auf unterster Ebene die Kreisbauernschaften mit „Bezirks“- und „Gemeindebauernführern“. Abschließend kam das Reichserbhofgesetz124 vom 29. September 1933, der die Kategorie von „Erbhöfen“ einführte, für welche besondere Bestimmungen galten und die zunächst von der gesamten Schuldenlast befreit werden sollten. An dieser Stelle tangierte die landwirtschaftliche Gesetzgebung auch das Bankwesen, denn die Kreditinstitute wurden verpflichtet, bei der „Entschuldung“ mitzuwirken. Somit wurde dieses Gesetz für die

115 Manuel Bakanic, »Nahrung ist Waffe«: die Landwirtschaft im Reichsgau Steiermark, Hochschulschrift. Graz, 2010, S. 20ff. 116 Buschmann, Nationalsozialistische Weltanschauung und Gesetzgebung 1933−1945, S. 66. 117 Das gesamte Archiv des Reichministeriums für Ernährung und Landwirtschaft wurde gegen Kriegsende bei Bombardierungen durch die Alliierten Mächte restlos vernichtet. Deshalb wissen wir wenig über die Hintergründe und Motivationen, die zu dieser Gesetzgebung führten. 118 RGBl. 1933, I., S. 517. 119 Buschmann, Nationalsozialistische Weltanschauung und Gesetzgebung 1933−1945, S. 66. 120 RGBl. 1933, I., S. 626 121 Buschmann, Nationalsozialistische Weltanschauung und Gesetzgebung 1933−1945, S. 67. 122 Ebd., S. 66. 123 Für die Steiermark und Kärnten wurde die Landesbauernschaft »Südmark« errichtet, deren Leiter Landesbauernführer Sepp Heinzl war. Dieser Landesbauernschaft gehörten bis 1942 auch die Untersteiermark und Kärnten an. Im Jahre 1942 wurde in Klagenfurt eine eigene Landesbauernschaft errichtet, deren Leiter Landebauernführer Reinhold Huber wurde. Für Oberkrain war ab 1942 Alfred von Gayl zuständig. 124 RGBl., 1933, I., S. 685ff. 36

„ländlichen“ Sparkassen und Landes-Hypothekenanstalten Kärntens und der Steiermark von wesentlicher Bedeutung.

Der wirtschaftliche Aspekt des Reicherbhofgesetzes, auf den sich alle unteren Gesetzesparagraphe beziehen, bestand in der Absicht, die Bauernhöfe vor Überschuldung und Zersplitterung im Erbgang zu schützen (Grundsätze/Präambel). Dazu wurde der Begriff des Erbhofes geschaffen. Damit ein Bauernhof als ein Erbhof deklariert werden konnte, musste es sich um einen Land- und forstwirtschaftlicher Besitz in der Größe zwischen einer Ackernahrung und höchstens 125 Hektar handeln (Grundsätze/Präambel). Sein Eigentümer hieß Bauer (§11 Abs. 1). Alle kleineren „Bauern“ wurden als (minderprivilegierte) Landwirte deklariert (§11 Abs. 2). Ein Bauernhof, das zum Erbhof erklärt wurde, durfte weder belastet noch im Erbgang geteilt werden (Grundsätze/Präambel). Es durfte immer nur einen einzigen Anerben geben. War ein Bauernhof vor Inkrafttreten dieses Gesetzes mit Schulden belastet, konnte es kraft dieses Gesetzes „entschuldet“ werden (§9). Diese „Entschuldung“ verlief über die Kreditinstitute.

Weil ein Erbhof nicht belastbar war, konnte in den Erbhof wegen einer Geldforderung nicht vollstreckt werden (Vollstreckungsschutz nach §38). Auch gegen die auf dem Erbhof gewonnenen landwirtschaftliche Erzeugnisse durfte grundsätzlich nicht vollstreckt werden, wenn die Forderung (ohne Zinsen) den Betrag von 150 RM überstieg, außer es handelte sich um eine nicht bezahlte öffentliche Geldforderung (zum Beispiel aus öffentlichen Abgaben). Davon gab es wiederum die Ausnahme, falls diese Erzeugnisse zum Zubehör und nicht zum Unterhalt des Bauern oder seiner Familie bis zur nächsten Ernte erforderlich waren (§39 Abs. 1). In diesem Fall musste der Gläubiger einen Monat vorher dem Kreisbauernführer mitteilen, dass er eine Vollstreckung beabsichtigt durchzuführen (§39 Abs. 2). Falls der Kreisbauernführer innerhalb dieser Monatsfrist vom Reichsnährstand ermächtigt wurde, diese Schuld für den Reichsnährstand zu übernehmen, so wurde der Bauer für diesen Titel schuldenfrei gestellt und der Gläubiger wurde mit einer „beglaubigten Empfangsbestätigung“ befriedigt und durfte diese Schuld gegenüber dem Bauer nicht mehr geltend machen (§39 Abs. 3).

Dazu bekam die Bauernschaft eine eigenständige Gerichtsbarkeit, denn zur Klärung von Streitigkeiten wurden mit dem Reichserbhofgesetz (§40 ff) Anerbegerichte, Erbhofgerichte und das Reichserbhofgericht gebildet. Dies waren eine Art bäuerliche Standesgerichte und das Anerbegericht wurde beim jeweiligen Amtsgericht für jeden gebildet (§41 Abs. 1) und bestand aus einem Berufsrichter und zwei Bauern als Beisitzern (§41 Abs. 2). Die Reichserbhofgerichte wurden für jedes „Reichsgau“ beim jeweiligen Oberlandesgericht gebildet und durch das Reichministerium für Ernährung und Landwirtschaft errichtet (§43). Diese Gerichte urteilten über Beschwerden, die gegen Entscheidungen von Anerbe- und Erbhofgerichten eingebracht wurden. Den Zivilgerichten wurde mit dem Reichserbhofgesetz jede Zuständigkeit für Entscheidungen entzogen, die ausdrücklich den Gerichten nach dem Reichserbhofgesetz vorbehalten waren (§60). Diese Regelung betraf auch die Kreditinstitute, welche in Österreich Darlehen auszahlten, die nach dem »Anschluss« zur »Entschuldung« angemeldet wurden. Vor allem vom Vollstreckungsschutz wurden die Kreditinstitute negativ

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erfasst, denn wenn der Bauer nicht zahlte, hatten sie keine Handhabe, die Tilgungszahlungen zu erwirken.

Weil die Erbhöfe Kreditunfähig waren, somit keine neuen Schulden aufnehmen durften und gleichzeitig durch alte Schulden belastet waren, wurde ihre weitere Entwicklung gehemmt. Leonhard Prickler schreibt in seinem Beitrag „Ebene im Osten“125, dass nicht einmal mehr die Genossenschaftsbanken bereit waren, den „Erbhofbauern“ Kredite zu vergeben, da ihr Grundbesitz nicht mehr als Sicherstellung herangezogen werden konnte.126 Daher blieb als einziger Ausweg die Verpfändung der zukünftigen Ernteerträge. Um einen Ausweg aus dieser Lage zu ermöglichen, wurden seitens des Reiches die "Aufbauaktion" und die "Entschuldungsaktion" initiiert. Bei beiden "Aktionen" spielten die Kreditinstitute eine wesentliche Rolle, in der sie gezwungen wurden, die bestehenden Kredite umzuprogrammieren. Ein tatsächlicher Schuldenerlass fand jedoch nie statt.

Die „Entschuldung“ eines Erbhofes begann mit der Stellung des Entschuldungsantrages durch den Hofbesitzer. In der „Ostmark“ trat das Reichserbhofgesetz am 1. August 1938 in Kraft und die Hofbesitzer hatten bis zum 31. Dezember 1938 Zeit, einen entsprechenden Antrag auf „Entschuldung“ bei der zuständigen „Landstelle“ einzubringen.127 Die „Landstelle“ setzte im Grundbuch einen Entschuldungsvermerk und vereinbarte einen Hofbesuch, bei dem alle Probleme des Bauern besprochen werden sollten, vor allem der „Entschuldungsplan“. Dieser Plan war dreiteilig: für einen Teil der Schulden wurde ein zu tilgender Reichskredit gewährt, die darüber hinaus gehenden Schulden wurden in ein tilgendes langfristiges Darlehen umprogrammiert und der dritte Teil eines „Entschuldungsplanes“ bestand in der Regel darin, dass dem Bauern unterschiedliche Förderungsmaßnahmen zugesprochen wurden, wie zum Beispiel neue Kredite für Baumaßnahmen oder Gerätekauf. Diese Maßnahmen wurden in einem „Aufbauplan“ zusammengefasst. Während des laufenden „Entschuldungsverfahrens“ blieben die bestehenden Schulden zu alten Konditionen aufrecht, gegen sie durfte aber aufgrund des Vollstreckungsschutzes, basierend auf einer Verordnung vom 27. Juni 1938, keine Exekution geführt werden. Wurde ein Fall positiv erledigt, mussten sich der Bauer, seine Frau und deren Kinder zur Einbringung ihres gesamten Vermögens in den Entschuldungsverfahren verpflichten. Hierbei wird ersichtlich, dass bei dieser „Entschuldung“ keine Schulden wirklich erlassen wurden. Ein Teil wurde neu finanziert, ein anderer umprogrammiert und es wurde dem Bauer ermöglicht, den Bauernhof zu erweitern, in dem ihm neue Geldmittel zu ermäßigten Konditionen zugeteilt wurden. Da der Bauer aber andererseits bei der Führung seines Bauernhofbetriebes sehr eingeschränkt wurde, zogen viele Bauern ihre „Entschuldungsanträge“ zurück. In der „Ostmark“ war dies vor allem in (damals aufgeteilt zwischen Wien und Niederdonau) der Fall.128

125 Leonhard Prickler, Ebene im Osten. Der Seewinkel im Bezirk Neusiedl am See, in: Ernst Bruckmüller u.a., Roman Sandgruber (Hrsg.), Geschichte der österreichischen Landwirtschaft im 20. Jahrhundert. Regionen. Betriebe. Menschen, Band 2. Wien 2003, S. 741ff. 126 Ebd., S. 750ff. 127 In Tirol wurde das Reichserbhofgesetz erst im Jahre 1940 eingeführt. 128 Prickler, Ebene im Osten, S. 768ff. 38

Die unterschiedlichen Kredite haben unterschiedliche Kreditinstitute ausgezahlt. In Kärnten und der Steiermark waren dies sowohl die Sparkassen als auch die Landes-Hypothekenanstalten mit ihren Sitzen in Graz und Klagenfurt. Auch Reichskredite wurden für Zwecke der „Entschuldung“ über diese Kreditinstitute ausbezahlt. Wie dies konkret aussah und was es für die Kreditinstitute bedeutete, wird später detailliert geschildert.

Die Nationalsozialisten planten die „Entschuldung“ als einen einmaligen Vorgang, der über eine bestimmte Frist ermöglicht werden soll. Die erste Antragsfrist im „Altreich“ lief bereits am 3. Oktober 1934 ab. Danach wurde eine neue Antragsfrist bis 15. Jänner 1937 geschaffen. In den „Alpen- und Donaureichsgauen“ versäumten rund 2000 Antragssteller die gesetzliche Antragsfrist, die am 31. Dezember 1938 ablief. Danach waren vor allem keine Grundbucheintragungen mehr möglich. Die Gründe dafür waren unterschiedlicher Natur. Von einer zu günstigen Beurteilung der Preisentwicklung, über Misstrauen gegen die „Entschuldung“, bis hin zur schwarzen Propaganda und Unkenntnis über die kreditmäßigen Auswirkungen des Erbhofgesetzes.129 Deshalb wurde später eine Neueröffnung der „Entschuldungsmöglichkeit“ gewährt, mit der Einschränkung, dass nur jene Anträge zugelassen wurden, die bereits am 31. Dezember 1938 die Voraussetzungen für eine „Entschuldung“ erfüllten.130

Ein nicht unwesentlicher Unterschied zwischen den „Aufbaudarlehen“, die im Rahmen der „Entschuldung“ im „Altreich“ und in den „Alpen- und Donaugauen“ gewährt wurden war, dass in den „Alpen- und Donaugauen“ keine Stundungs- und Verzugszinsen bei verspäteter Zahlung verrechnet wurden. Dieses Verfahren wurde auch vom Reichrechnungshof im Zuge einer Prüfung nicht beanstandet. Die Regierungsstellen hielten das auch für unwesentlich, denn die Zahlungsmoral war in der „Ostmark“ besser als im „Altreich“. 90 % der Schuldner zahlten fristgerecht, ohne Aufforderung, die restlichen Schuldner wurden über den örtlichen Bürgermeister zur Zahlung ermahnt.131

Die Bauernentschuldung in der Untersteiermark und in Oberkrain Das Königreich Jugoslawien führte schon vor dem Kriegsbeginn im April 1941 eine Entschuldung seiner Bauernschaft durch. Diese Kredite blieben nach der deutschen Besetzung aufrecht und spielten beim Bankbetrieb der Landes-Hypothekenanstalten in Graz und Klagenfurt, sowie bei den Sparkassen, eine wesentliche, wenn nicht sogar zentrale Rolle. Aus diesem Grund erfolgt hier eine kurze Schilderung der Vorgeschichte jugoslawischer Bauernentschuldung.

Die Bauernüberschuldung war in Jugoslawien die Folge einer Verschuldung, welche aufgrund steigender Zinsen unerträglich wurde. Nach dem Jahr 1932 kam es auf den Märkten zusätzlich

129 Ebd., S. 272f. 130 Bakanic, „Nahrung ist Waffe“. Die Landwirtschaft im Reichsgau Steiermark, S. 150ff. 131 Deutsches Bundesarchiv in Berlin (BArch), Bestand R2, Fasz. 18256. Abschrift des Vermerks über die Besprechung beim Reichsstatthalter (Landstelle) in Wien am 9. Juni 1944, unterzeichnet von »i.A. Bayrhoffer«, verfasst am 28. Juni 1944. 39

zu einem Preissturz für Landwirtschaftserzeugnisse, was die Lage noch verschärfte.132 Die Einkünfte im Bauernwesen haben sich in der Zeitperiode zwischen 1926 und 1932 fast halbiert. Die slowenischen Bauern waren in der ersten Hälfte der 1930er Jahre um fast 1,2 Milliarden Dinar verschuldet. In der Draubanschaft war ein Drittel aller Bauern/Landwirte überschuldet. Diese Schulden bedeuteten bereits eine Existenzbedrohung. Dabei muss vermerkt werden, dass die Draubanschaft und auch das Königreich Jugoslawien insgesamt ein überwiegend bäuerliches Land waren und somit die Landwirtschaft eine wesentliche Wirtschaftstätigkeit darstellte.

Um die Not zu lindern, verhängte die jugoslawische Regierung am 20. April 1932 ein Zahlungsstopp (Moratorium) auf die Rückzahlung sämtlicher Bauernschulden, der aus unterschiedlichen Gründen über 4 Jahre, also bis 1936, dauerte.133 Am 25. September 1936 erließ die Regierung der Jugoslawischen radikalen Union (Jugoslovanska radikalna skupnost/zajednica), die während der „6.-Jänner-Diktatur“134 die einzig zugelassene politische Gruppierung war, die Verordnung über die Liquidierung von Bauernschulden.135 Mit dieser Verordnung wurden sämtliche Forderungen (samt Sicherheiten) von einzelnen Kreditinstituten auf die Privilegierte Agrarbank (Priviligirana agrarna banka) übertragen. Damit wurden zunächst die Kreditinstitute entlastet/entschuldet, was auch das Hauptziel der Regierung war. Die entschuldeten Kreditinstitute konnten im Gegenzug 3%ige „Obligationen zur Liquidierung von Bauernschulden“ zum Nennwert seitens der Privilegierten Agrarbank erhalten. Diese wurden zu Lasten des Staates emittiert. Die Banken konnten sich jedoch auch für das Warten auf die Kredittilgung bei der Agrarbank entscheiden, wobei das Kreditinstitut die Forderung (oder einen Teil der Forderung) de facto selbst trug. Wenn das Kreditinstitut dadurch in den Folgejahren in Schwierigkeiten geraten sollte, erhielt es vom Staat zusätzliche Hilfe. Die dafür eingezahlten Beträge bei der Agrarbank wurden auf einem Sonderkonto des jeweiligen Kreditinstitutes gebucht. Übernommen wurden jedoch nur jene Schulden, die bereits im Jahr 1932 bestanden und damals unter das Moratorium fielen. Den Bauern und Landwirten wurden dann die Schulden zu Lasten des Staates um 50 % halbiert. Die restliche Schuldenhälfte wurde mit einem niedrigeren Zinssatz und einer verlängerten Tilgungsdauer von 12 Jahren umprogrammiert.136

132 Žarko Lazarević, Kmečki dolgovi ob severni meji 1918−1945 (od Rateč do Hodoša), Referat z XXVI. Zborovanja slovenskih zgodovinarjev v Slovenj Gradcu, 29. 9. 1992, in: Kronika, Časopis za slovensko krajevno zgodovino. Zgodovinski inštitut Milka Kosa ZRC SAZU. Ljubljana 1994, S. 41. 133 Ebd., S. 42ff. 134 Mit der „6.-Jänner-Diktatur“ wird die königliche Diktatur im Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (SHS) bezeichnet. Diese wurde am 6. Jänner 1929 vom König Aleksander I. Karađorđević eingeführt. Damit übernahm nur er die gesamte Staatsgewalt. Die Verfassung wurde außer Kraft gesetzt und das Parlament aufgelöst. Die neue Regierung, die vom König ernannt wurde, war nur ihm verpflichtet. Alle politischen Parteien wurden verboten und im Oktober 1929 wurde der Staat in das Königreich Jugoslawien umbenannt. Die „6.-Jänner- Diktatur“ wurde mit dem Tod von König Aleksander I., als dieser am 9. Oktober 1934 in Marseille einem Attentat erlag, faktisch beendet. 135 Službeni list, Nummer 79/1936, S. 752ff. 136 Lazarević, Kmečki dolgovi ob severni meji, S. 42. 40

Die Rückzahlung erfolgte nach einem Annuitäten-Tilgungsplan, also mit einem immer gleichhohen Zahlungsbetrag, mit der Ausnahme, dass im Jahr 1936 nur Zinsen zu zahlen waren. Für die Zahlungseintreibung war die Steuerbehörde zuständig. Im Gegensatz zum „Deutschen Reich“ fand in Jugoslawien eine tatsächliche Entschuldung statt, bei der ein Teil der Schulden erlassen wurde. Mit der Halbierung der Schuldenlast wollte man diese der neuen Wirtschaftsleistung von Bauern anpassen, die in der Zwischenzeit ebenfalls um die Hälfte sank.137 Trotz des Schuldenerlasses und trotz der verlängerten Tilgungsdauer, gestaltete sich die Rückzahlung im Königreich Jugoslawien höchst unterschiedlich. Während die slowenischen Bauern fast allen Zahlungsverpflichtungen, mit Ausnahme des Jahres 1939, nachkamen, zahlten die serbischen Bauern lediglich ein Drittel zurück, die kroatischen ein Fünftel und die bosnischen etwas mehr als 10 %, wie anhand der unteren Tabelle zu sehen ist.

Filiale der Privilegierten A B C D E Agrarbank

Beograd/Belgrad 96,6 78,9 % 78,2 % 32,8 % 29,6 %

Zagreb/Agram 33,3 22,6 % 57,7 % 27,3 % 21,9 %

Sarajevo/Sarajewo 24,4 38,0 % 39,3 % 18,6 % 13,1 %

Ljubljana/Laibach 26,9 114,1 % 97,8 % 73,2 % 89,2 %

Abbildung 1: Tilgung der Annuitäten von Bauernschulden in Jugoslawien 1937–1940 (Quelle: Lazarević, Kmečki dolgovi na Slovenskem, S. 142, Tabelle 23).

A – vorgeschriebene Höhe der einjährigen Annuität in Million Dinaren.

B – Anteil der Einzahlungen der ersten Annuität im Jahre 1937.

C – Anteil der Einzahlungen der zweiten Annuität im Jahre 1938.

D – Anteil der Einzahlungen der dritten Annuität im Jahre 1939.

E – Anteil der Einzahlungen der vierten Annuität im Jahre 1940. Leider kann keine Einsicht in die konkreten Kreditmappen genommen werden, weshalb eine konkrete Verfolgung von einzelnen Krediten über mehrere Jahre - der italienischen und später deutschen Besatzung - nicht möglich ist. Dazu gibt es nur aggregierte Daten, die in den Bulletins der Jugoslawischen Zentralbank und verschiedenen Regierungsstellen erhalten blieben. So wissen wir, dass in der Draubanschaft zum Zeitpunkt der deutschen Okkupation im April 1941, 37.530 Bauern ihre Kredite aus der Bauernentschuldung bei der Privilegierten Agrarbank tilgten.138 Das gesamte Archiv der Privilegierten Agrarbank mit dem Sitz in Belgrad ist im April 1941, in der Nacht des deutschen Angriffs auf Jugoslawien, bei der Bombardierung von Belgrad verbrannt.

137 Ebd., S. 43. 138 Žarko Lazarević, Kmečki dolgovi na Slovenskem. Ljubljana 1994, S. 157. 41

Nach dem Angriff Großdeutschlands auf das Königreich Jugoslawien, als die Untersteiermark an das „Reichsgau“ Steiermark und Oberkrain an Kärnten angegliedert wurden, blieben sämtliche Kreditverträge von Bauernschulden aufrecht erhalten, sie wurden jedoch in Reichmarken umgerechnet, wobei der vorgeschriebene Wechselkurs 20 Dinar für 1 Reichsmark betrug139. Da das slowenische Gebiet von drei Besatzern aufgeteilt wurde (Italien, Deutschland und Ungarn), mussten auch die Schulden entsprechend aufgeteilt werden. Zum Zwecke der Vermögens- und Schuldenteilung der besetzten Gebiete Jugoslawiens fand am 22. und 23. Jänner 1942 eine Konferenz in Ljubljana/Laibach statt, deren Beschlüsse Teil eines Abkommens zwischen Italien und Deutschland wurden. Dieses Abkommen wurde am 3. Juni 1942 in Rom unterschrieben und sah vor, dass die Bauernschulden der Privilegierten Agrarbank zum Stand vom 31. Dezember 1941 maßgeblich seien. Auf dem deutschen Besatzungsgebiet blieben rund 2/3 aller Bauernschulden des slowenischen Gebietes, der Rest fiel an Ungarn (rund 10%) und Italien. Die Ljubljanaer/Laibacher Filiale der Belgrader Privilegierten Agrarbank arbeitete nach der Besatzung weiter, ihr Tätigkeitsbereich wurde jedoch nur auf die Ljubljanaer/Laibacher Provinz (Provinzia di Lubiana) eingeschränkt.140 Dies blieb auch nach der Kapitulation Italiens im September 1943, als die Operationszone „Adriatisches Küstenland“141 gegründet wurde, unverändert. Die Kredite der untersteirischen und oberkrainischen Bauern wurden auf die Landeshypothekenanstalten Kärntens und der Steiermark (mit dem Sitz in Klagenfurt und Graz) umgebucht. Dazu wurde ein Sonderkonto der Privilegierten Agrarbank bei diesen Kreditinstituten errichtet, auf das sämtliche Tilgungszahlungen gebucht wurden. Die Ljubljanaer/Laibacher Filiale der Agrarbank sollte nach Dezember 1941 auch die Kreditmappen nach Klagenfurt und Graz übersenden.

Die gesamte Überführung der Kreditmappen gestaltete sich äußerst langsam. Nach der deutschen Besetzung konnten die Bauern auch nach Dezember 1941 ihre Kredittilgungsraten immer noch bei der Ljubljanaer/Laibacher Filiale der Agrarbank einzahlen, allerdings akzeptierte diese nur eine Zahlung am Schalter in Ljubljana/Laibach oder eine Bargeldüberweisung (Clearing). Aufgrund der neu gezogenen Staatsgrenze und wegen Personalknappheit hatte diese Filiale jedoch nur noch seltene Kontakte zu ihren ehemaligen Kunden. Sehr oft versagte auch das Clearing. In dem Fall erlaubte man die Schuldenrückzahlung bei der ehemaligen Bank oder ihrem Nachfolgerkreditinstitut. Wegen dieser Schwierigkeiten wurde bis Frühling 1944 lediglich ein Drittel der Dokumente für die Bauernschulden aus Oberkrain und Untersteiermark sowie dem Mießtal (slowenisches

139 Der Wechselkurs RM-Din 1:20 wurde auch bei der Währungsumstellung in der Untersteiermark und in Oberkrain angewandt. Vgl. auch Lazarević, Kmečki dolgovi ob severni meji 1918−1945, S. 43ff. 140 Lazarević, Kmečki dolgovi ob severni meji 1918–1945, S. 48. 141 Nach der italienischen Kapitulation am 9. September 1943 begann die Wehrmacht mit der Ausführung des Planes Achse und am 10. September 1943 gründete Hitler mit einem Erlass die Operationszonen »Adriatisches Küstenland« und »Alpenvorland«. Zu der Operationszone »Adriatisches Küstenland« zählten Friaul, Görz, Triest, Istrien, Rijeka (Fiume), Kvarner und Ljubljana/Laibach. Als Gauleiter wurde Friedrich Rainer ernannt. Sowohl er als Franz Hofer (Gauleiter von Tirol) forderten nach der italienischen Kapitulation in mehreren Briefen an Hitler den Anschluss des ehemaligen altösterreichischen Herzogtums »Küstenland« und „Istrien“ an das Großdeutsche Reich. Zum militärischen Oberbefehlshaber wurde im Oktober 1943 Ludwig Kübler ernannt. 42

Kärnten) übergeben.142 Ein weiterer Grund für dieses Verlangsamen bestand darin, dass die für die Übertragung der Kreditmappen besonders geschulten Fachkräfte schrittweise in den Wehrdienst einberufen wurden. Ob es zu einer absichtlichen Verlangsamung der Übertragung auf der Seite der Ljubljanaer/Laibacher Filiale der Agrarbank kam, kann nicht zweifellos nachgewiesen werden143.

Die Landeshypothekenanstalten in Graz und Klagenfurt gaben keine Tilgungsbestätigungen für die erhaltenen Zahlungen aus, was nach dem Krieg in Jugoslawien bei vielen Bauern zu Problemen führte, da diese nicht nachweisen konnten, die Tilgungszahlungen tatsächlich geleistet zu haben. Viele Bauern tilgten nämlich zum Ende des Krieges aufgrund der einsetzenden hohen Inflation im Deutschen Reich fast alle Kreditschulden schnell, da sie den jugoslawischen Behörden nach dem Krieg dies nicht nachweisen konnten, mussten sie diese „Schulden“ in der Regel nochmals bezahlen.144

Die konkreten Auswirkungen der Kreditpolitik in den besetzten Gebieten Jugoslawiens, die das Großdeutsche Reich besetzte, werden später bei der Bilanzanalyse der steiermärkischen und Kärntner Landes-Hypothekenanstalt deutlich sichtbar.

142 Lazarević, Kmečki dolgovi ob severni meji 1918−1945, S. 48. 143 Lazarević schreibt, dass es hierbei um absichtliches Verlangsamen ging, führt dafür aber keine eindeutigen Beweise an. 144 Lazarević, Kmečki dolgovi ob severni meji 1918−1945, S. 48. 43

Die Geld- und Fiskalpolitik des »Dritten Reiches«

Kreditausweitung im "Altreich" nach der Weltwirtschaftskrise Um aus der durch die Weltwirtschaftskrise von 1929 verursachte Depression einen Ausweg zu finden, dachten die deutschen Politiker vor allem an die Kreditausweitung und an die damit verbundene Ausweitung der Geldbasis. Somit konnte Hjalmar Schacht (Reichsbankpräsident 1933-1939 und Reichswirtschaftsminister 1934−1937) vor dem Untersuchungsausschuss für das deutsche Bankwesen am 6. September 1933 feststellen:

"Die Reichsbank mit ihrer Notenpresse bildet heute die einzig wirklich verfügbare Notreserve für das Kreditsystem der deutschen Wirtschaft. Die sorgfältige Handhabung der Notenpresse ist daher entscheidend für alle Wirtschaftspolitik…"145 und stellte einige Wochen später im Rahmen einer Generalversammlung der Reichsbank fest:

"Eine direkte Kreditgewährung an das Reich oder andere öffentliche Körperschaften seitens der Reichsbank kommt auch in Zukunft nicht in Frage."146

Schacht sah offensichtlich in der Wirtschaftskrise eine Konjunkturkrise und suchte den Ausweg, der klassischen Geldtheorie147 folgend, in der Schaffung einer zusätzlichen Nachfrage, die der Staat oder die öffentliche Hand insgesamt, ermöglichen soll. Die Zentralbank konnte dabei nur insoweit behilflich sein, als sie genügend Geld zur Verfügung stellte, um damit den Gütertausch zu ermöglichen. Zu diesem Zeitpunkt wusste Schacht aus den vielen Gesprächen mit Hitler bereits, dass dieser die deutsche Aufrüstung vorantreiben wollte. Die Rüstungswirtschaft sollte es sein, welche eine Konjunktur herbeibringen sollte. Die Privatunternehmen würden sich dazu nicht hinreißen lassen. Diese Entwicklung sollte auf eine staatliche Initiative zurückgehen.

Um den angehenden Kredithunger des Staates zu stillen und der nationalsozialistischen Politik gerechte "Verteilungsmechanismen" zu bescheren, stellte sich laut Schacht unter anderem die Frage nach einer verstärkten staatlichen Aufsicht über die Kreditvergabe. Daher sollten die Kreditinstitute mehr unter staatliche Kontrolle gelangen um "Mängel in unserem Bankwesen" (Schacht) abzustellen und das Bankwesen "für die Kreditschöpfung" (Schacht) einzuspannen. Dadurch sollte eine geeignete "Finanzierungsmethode der Aufrüstung" (Schacht) gefunden

145 Willi A. Boelcke, Die deutsche Wirtschaft 1930−1945. Interna des Reichswirtschaftsministeriums. Düsseldorf, 1938, S. 128. 146 Ebd., S. 128. Diese Aussage Hjalmar Schachts steht im starken Gegensatz zu der Kriegsfinanzierung im Ersten Weltkrieg. Damals wurden Kriegsanleihen unter Zeichnungszwang ausgegeben. Die Regierung und die Reichsbank schätzten dies nach Hitlers Machtergreifung als psychologisch störend ein, weshalb man die Reichsbank dazwischenschaltete. Wie sich später herausstellte, übernahmen dieses Mal letztendlich die Banken und nicht die Öffentlichkeit diese Titel. 147 Die klassische Geldtheorie geht davon aus, dass der Reale Sektor und die Geldpolitik voneinander unabhängig seien. Das Geld hatte lediglich die Funktion eines Tauschmittels. Die Aufgabe einer Zentralbank bestand lediglich darin, genug Geldscheine und Münzen zu drücken und zu prägen, um damit den Gütertausch zu ermöglichen. Diese Theorie geht auf die britischen Philosophen David Hume und John Stewart Mill zurück. 44

werden.148 Von privaten Finanzierungsinitiativen zur Krisenüberwindung hielt Schacht nichts. Es sollte das Staatsmonopol der Nachfrage geschaffen werden.

Dabei war er sich bewusst, dass ein Primat der Staatsnachfrage, wenn der öffentliche Kredit an Stelle des Privatkredites tritt, seinen Preis fördern würde. Weil der deutsche Staat keine Überschüsse erzielte, konnte die Finanzierung der staatlich verursachten Nachfrage lediglich aus Defiziten der öffentlichen Hand erfolgen. Die dafür benötigte Ausweitung der Geldbasis führte in dieser Phase (bis 1936/7) als Schacht federführend tätig war, zu keinen inflationären Aufblähungen und es bahnte sich auch keine "zurückgestaute Inflation" an. Der deutsche Wirtschaftshistoriker Willi A. Boelcke belegt dies in seinem Buch Die Deutsche Wirtschaft 1930−1945 (Interna des Reichswirtschaftsministeriums), in dem er auf den geringen Unterschied zwischen dem Anstieg des Gesamtgüterangebots und der Geldmenge verweist. „Der Produktionsindex stieg bis 1937 sogar stärker an als der Index des Geldumlaufs.“149 Dabei weitete sich bis 1937 die gesamte Inlandsneuverschuldung des Deutschen Reiches um 20,6 Mrd. RM aus, was einen Drittel des Volkseinkommens darstellte.150 Diese Zahl beinhaltet auch sämtliche kurzfristigen Schuldverschreibungen, zu denen auch (offiziell nicht staatliche) Wechsel gehörten. "Der Einsatz der ´Kreditschöpfung´ für die Rüstung war von Anbeginn Hitlers Postulat. Schacht versprach Hitler die Finanzierung der Aufrüstung zunächst ohne Begrenzung, soweit Arbeitskräfte und Material vorhanden waren und die Lage des Geld- und Kapitalmarkts es erlaubte."151 Die staatliche Führung war somit von Beginn an entschlossen, eine durch staatliche Nachfrage verursachte Konjunktur herbeizuführen, begleitet durch die notwendige Ausweitung der Geldbasis. Dafür wurden auch die Kreditinstitute eingespannt. Die Bilanzen zeigen, dass sich auf den Bilanzaktivas, also auf der Vermögensseite der Bilanz, zunehmend Wechsel und Staatswertpapiere befinden, während die Darlehen an Ausmaß verloren haben.152 Die Kreditinstitute kamen ihrer Kernaufgabe immer weniger nach, wobei auch die Leitungsmitglieder eine erhebliche Rolle bei der Positionierung einzelner Kreditinstitute spielten. In einigen Fällen kam das eigentliche Kreditgeschäft fast zum Erliegen. Welche Unternehmen und Privatpersonen bei dieser Vorgehensweise überhaupt noch finanziert wurden, wird später aufgezeigt.

Weil die private Initiative durch sozialistisch geförderten Dirigismus gehemmt wurde, musste die Nachfrage künstlich erschaffen werden, wollte man das Land aus der Krise führen. Diese Nachfrage sollte durch Defizite (deficit spending) finanziert werden.153 Dabei sollte und durfte nicht mehr der Markt über Güter- und Dienstleistungsarten entscheiden, sondern die Regierung selbst. Diese bemängelte vor allem die Rohstoffvorkommnisse Deutschlands. Um zu Rohstoffreichen Gebieten zu kommen, bedurfte es eine starke Armee, eiserne Disziplin sowie

148 Boelcke, Die deutsche Wirtschaft 1930–1945, S. 129. 149 Ebd., S. 130. 150 Ebd., S. 130. 151 Ebd., S. 131. 152 Vgl. dazu die Jahresberichte, zum Beispiel in den Compass Jahrbüchern für die Jahre 1938–1945 in der »Ostmark«. 153 René Erbe, Die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik 1933−1939 im Lichte der modernen Theorie. Zürich 1958, S. 56ff. 45

Waffen und Munition. Diese sollte von Rüstungsunternehmen produziert werden. Ob der Markt, die Konsumenten dies wirklich brauchten, muss bezweifelt werden.

In die Rüstungswirtschaft wurden auch Kreditinstitute einbezogen, vor allem die Großbanken. Diese Einbindung wurde nicht per Gesetz, Verordnung oder Befehl erreicht, sondern leise und "schleichend". Dabei war es keineswegs so, dass den Kreditinstituten keine Alternativen offen stünden. Sehr wohl gab es Kreditnachfragen aus Industriesparten, die aber für die Rüstung entbehrlich waren, wie zum Beispiel die Textilindustrie, doch kämmen dann die Vorstände, Direktoren und Aufsichtsräte in personelle Schwierigkeiten, wessen sie sich auch bewusst waren. Das Ergebnis war, dass die Rüstungsausgaben im Jahr 1933 rund 0,7 Milliarden RM, auf 25,9 Milliarden im Jahr 1939 anstiegen. Deren Anteil an Gesamtausgaben des Deutschen Reiches wuchs in gleichem Zeitraum von 8,6 % auf 61,4 %.154

Das „deficit spending“ verlief über die Ausgabe von Wechseln. Ein Wechsel stellt neben dem Scheck eine Sonderausstattung der bürgerlich-rechtlichen Anweisung dar.155 Die Anweisung ist ein dreipersonales Schuldverhältnis, bei dem der Anweisende (in der Regel der Käufer) den Angewiesenen (ein „Dritter“) verpflichtet, für ihn (=den Anweisenden) eine Zahlung an den Anweisungsempfänger (in der Regel der Verkäufer) zu leisten.156 Der Wechsel ist vorrangig ein Zahlungsinstrument, unterscheidet sich aber von einem Scheck, wobei dem Wechsel vor allem die Sicherheitsfunktion zukommt und bei besonderen Ausgestaltungen auch die Kreditfunktion, wie dies im „Dritten Reich“ der Fall war.157

Am 21. Juni 1933 wurde ein neues Wechselgesetz158 (und am 14. August 1933 ein neues Scheckgesetz) erlassen. Um den Wechselgesetz inhaltlich besser verstehen zu können, sei gesagt, dass analog zur Anweisung bei einem Wechsel der Anweisende der Wechselaussteller ist, der Angewiesene der Bezogene und der Anweisungsempfänger, der Begünstigte oder Remittent. Wenn der Wechselaussteller als Käufer auftritt, was in der Regel der Fall ist, und vom Verkäufer (=Remittent, Begünstigte) Ware erhält, kann er, anstatt sofort zu zahlen, einen Wechsel ausstellen und einen Dritten, den Bezogenen, nur dann rechtskräftig dazu verpflichten, an den Begünstigten zu zahlen, wenn der Bezogene („Anweisungsempfänger“) diesen Wechsel akzeptiert.159 Die Wechselurkunde (Verbriefte Schuld) übergibt dabei in der Regel der Wechselaussteller dem Begünstigten.160 Nach dem Akzept durch den Bezogenen, entsteht eine

154 Detlef Wienecke-Janz, u.a., Die Chronik der Deutschen. Gütersloh-München 2007, S. 350. 155 Heinz Krejci, Unternehmensrecht (5. Auflage). Wien 2013, S. 571. 156 Ebd., S.572. 157 Ebd., S. 575ff. 158 Im Jahr 1930 wurde vom Völkerbund die Genfer Wechselkonferenz einberufen, die drei Wechselrechtsabkommen beschloss. Die Beschlüsse des Abkommens traten im Jahr 1934 in Kraft. Österreich ratifizierte die Genfer Abkommen im Jahre 1932 und beschloss auf deren Basis ein eigenes Wechselgesetz, das im Jahr 1938 nach dem »Anschluss« durch das deutsche Wechselgesetz ersetzt wurde. Inhaltlich gab es jedoch keine großen Unterschiede zwischen dem deutschen und dem österreichischen Wechselgesetz, vielmehr stimmten die Gesetzestexte in fast allen Bestimmungen wörtlich überein. Im Jahre 1955 wurde das Wechselgesetz umfassend erneuert und durch das (noch heute geltende) Wechselgesetz ersetzt. 159 Krejci, Unternehmensrecht, S. 572ff. 160 Ebd., S. 599. 46

zwingende und unwiderrufliche Zahlungsverpflichtung des Bezogenen an den Begünstigten. Der Wechselaussteller wird dadurch schuldfrei gestellt.161 Der Bezogene muss nach einem Akzept auch dann zahlen, wenn der Verkäufer (Begünstigte) die Ware an den Käufer (Aussteller) nicht geliefert hat. Diese Zahlungsverpflichtung des Bezogenen ist damit völlig losgelöst von jeglichem Grundgeschäft und kann auch vor Fälligkeit verkauft (=übertragen) werden.162 In diesem Fall wird ein möglicher Käufer eines Wechsels nicht die volle Summe, 100%, für die Forderung zahlen, sondern die Forderung gegen Einräumung eines Diskonts kaufen. Bei den (Sonder-)Wechseln im Deutschen Reich waren die (vorzeitigen) Käufer fast ausschließlich die Kreditinstitute. Doch auch diese hielten die Wechsel nicht lange und versuchten sie so schnell wie möglich abzustoßen. Die einzige Institution die bereit war, diese Wechsel von den Kreditinstituten zu kaufen, war die Reichsbank (=Zentralbank), jedoch wieder gegen die Einräumung eines (neuen) Diskonts.163 Weil es der zweite Diskont war, sprach man vom Rediskont. Somit hat (auch heute) ein Wechsel neben einer Zahlungsfunktion auch eine Kreditfunktion. Letztere wird dadurch ersichtlich, dass die Forderung in der Regel erst nach einigen Monaten fällig wird und erst dann der Bezogene an den Letztbegünstigten zu zahlen hat.164

Ein soeben beschriebener Wechsel, der als dreipersonales Verhältnis konzipiert ist, stellt den Regelfall eines Wechsels dar und wird als gezogener Wechsel oder Tratte bezeichnet. Es kann aber auch sein, dass ein Wechselverhältnis nicht zwischen drei, sondern nur zwei Personen auftritt. Ein solcher Fall ist der Solawechsel (eigener Wechsel), welcher auch in Deutschland ausgegeben wurde. Bei einem Solawechsel ist der Wechselaussteller gleichzeitig auch der Bezogene. Der Wechselaussteller verpflichtet sich selbst, zwingend und ohne Rücksicht auf die Vertragserfüllung seitens des Begünstigten, bei Fälligkeit der verbrieften Forderung an den Begünstigten zu zahlen.165 Natürlich kann auch eine solche Zahlungsverpflichtung vorzeitig mit Diskont verkauft werden. In dem Fall scheidet der Käufer zwar nach dem Verkauf des Wechsels in seiner Funktion als Wechselaussteller aus, doch bleibt seine Funktion als Bezogener aufrecht, weshalb er am Fälligkeitsdatum seiner Zahlungsverpflichtung nachkommen muss.

Gliedert man die Wechselarten nach ihrer wirtschaftlichen Einsatzmöglichkeit, so kann man vom Handelswechsel, der bei Warenlieferungen eingesetzt wird, vom Finanz- oder Kreditwechsel und vom Kautionswechsel, sprechen.166 Letzterer ist für Besicherung von Ansprüchen167 gedacht und sollte hier nicht weiter besprochen werden.

Im „Dritten Reich“ kam vor allem dem Handelswechsel besondere Bedeutung zu, ungeachtet dessen, ob es sich um einen gezogenen Wechsel (Tratte) oder Eigenwechsel (Solawechsel) handelte. Bei einem Handelswechsel liegt im Regelfall eine Warenlieferung oder ein

161 Ebd., S. 599ff. 162 Ebd., S. 576. 163 Erbe, Die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik 1933–1945 im Lichte der modernen Theorie, S. 46ff. 164 Krejci, Unternehmensrecht, S. 580f. 165 Ebd., S. 573ff 166 Ebd., S. 578ff. 167 Ebd., S. 581. 47

Leistungsaustausch als Grundgeschäft vor.168 Manche Wechsel im „Dritten Reich“ hatten auch Merkmale eines Finanzwechsels, bei dem keine Warenlieferung oder Leistungsaustausch vorliegt. Ein Finanzwechsel hat eine Kreditfunktion. Der Bezogene akzeptiert den Wechsel und verpflichtet sich hierbei zu einer Zahlung, ohne dafür eine Gegenleistung zu bekommen. Der Wechselaussteller kann den Wechsel entweder zur Bezahlung eigener Verpflichtungen verwerten oder ihn einfach (mit Diskont) weiterverkaufen. Dadurch erhält er Kredit.169

Wenn in Deutschland niemand bereit war, einen Wechsel zu verwerten, konnte ihn der Wechselbesitzer zu einer Bank bringen und ihn dort verwerten lassen. Die Bank zahlte in der Regel dem Wechselaussteller Geld aus und verkaufte den Wechsel mit Diskont weiter an die Reichsbank. Die Reichsbank musste den Wechsel annehmen, wenn dieser von gewissen Gesellschaften akzeptiert wurde, worauf wir noch kommen werden. Die Diskonthöhe beim Weiterverkauf eines Wechsels entspricht in der Regel dem Zins für die Zeit zwischen dem vorzeitigen Verkauf des Wechsels und der Förderungsfälligkeit. Problematisch wird es beim Wechselgeschäft, wenn der Bezogene beim Fälligkeitszeitpunkt der Forderung seiner Zahlungsverpflichtung nicht nachkommen kann und zur Deckung des (ersten) Wechsels wiederum ein weiterer (zweiter) Wechsel ausgestellt wird. Genau dieser, als Wechselreiterei170 bezeichneter Vorgang, ist im „Dritten Reich“ zum Fall geworden.

Das Deutsche Reich nahm nach der Weltwirtschaftskrise sehr strenge und starre Haushaltsbestimmungen auf, die es verhinderten, ein Budgetdefizit zu erwirtschaften.171 Dadurch wurde, nach dem Zusammenbruch des Goldstandards, die Stärke der Reichsmark gestützt. Gleichzeitig musste die deutsche Regierung die hohe Arbeitslosigkeit bekämpfen. Als arbeitsstiftende Maßnahme, die gleichzeitig zu keinen Erhöhten Haushaltsschulden führen sollte, eilte der Staat mit öffentlichen Arbeiten zur Hilfe. Deren Finanzierung wurde ausgelagert in die am 1. August 1930 gegründete Deutsche Gesellschaft für öffentliche Arbeiten AG („Öffa“) mit Sitz in Frankfurt am Main.172 Dies geschah noch in der Regierungszeit von Reichskanzler Brüning. Diese AG wurde mit einem Aktienkapital von 150 Millionen RM ausgestattet und es wurden ihr Zinsrückflüsse aus früher vom Reich vergebenen Darlehen zur Verfügung gestellt.173 Bis zum Jahr 1932 vergab die „Öffa“ ausschließlich Darlehen an Länder und Gemeinden und diese wurden dort zur Arbeitsbeschaffungsfinanzierung (öffentliche Arbeiten) benutzt174. Ab dem Jahr 1932 (Regierung Schleicher) durften auf diese AG auch Wechsel gezogen werden. Die „Öffa“ wurde damit zu einem der größten Träger von Arbeitsbeschaffungsfinanzierung. Vor allem jene Unternehmen, die seitens des Staates

168 Ebd., S. 579. 169 Ebd., S. 580f. 170 Ebd., S. 581. 171 Erbe, Die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik 1933−1939, S. 42ff. 172 Ebd., S. 42f. 173 Von der Internetseite: www.lexikon-drittes-reich.de/Deutsche_Gesellschaft_für_öffentliche_Arbeiten_AG, abgerufen am 15. 4. 2017 um 14.00. 174 Ebd. Die »Öffa« vergab solche Darlehen an Länder und Gemeinden bis zum Jahr 1936, obwohl sie bereits ab 1932 für die Wechsel zur Verfügung stehen musste. Insgesamt wurden seit ihrer Gründung im August 1930 und 1936 rund 200 Millionen RM als Kredite vergeben. 48

öffentliche Bauaufträge erhielten, konnten auf die „Öffa“ Wechsel beziehen, sodass die „Öffa“ als Bezogener gegenüber diesen Unternehmen eine Zahlungsverpflichtung auf sich nahm. In der Praxis lief es so ab, dass entweder ein Land oder eine Gemeinde an ein Unternehmen (zum Beispiel) den Auftrag vergaben, einen Straßenabschnitt neu zu bauen. Das Bauunternehmen stellte eine Rechnung und gleichzeitig einen Wechsel aus. Dieser wurde seitens der „Öffa“ akzeptiert. Das Bauunternehmen wartete nun nicht bis die Zahlungsfrist der Förderung ablief, sondern bezahlte damit die eigenen Lieferanten, indem es den Wechsel durch Indossament auf die Lieferfirma übertrug. Wenn kein Unternehmen mehr bereit war, den Wechsel (mit Diskont) als Zahlung anzunehmen, konnte es das Bauunternehmen zu einer Geschäftsbank bringen, die es in der Regel annahm, da sie ja wusste, dass der Wechsel bei der Zentralbank immer diskontierbar ist.175 Das Bauunternehmen war somit gleichzeitig Wechselaussteller und Wechselbegünstigte (Remittent). Da die Deutsche Gesellschaft für öffentliche Arbeiten eine Aktiengesellschaft des privaten Rechts war, schien ihre Schuld nicht in der staatlichen Schuld auf, denn rechtlich war jede Verbindung zwischen dem Staat und den mit öffentlichen Aufträgen versehenen Unternehmen unterbrochen. Nach ihrer Art waren „Öffa“-Wechsel private Handelswechsel.

Die Wechsellaufzeit (Fälligkeit) betrug bei Öffa-Wechseln drei Monate und konnte bis zu fünf Jahren verlängert werden. Diese Wechsel waren aufgrund einer verbindlichen Rediskont- Zusage der Reichsbank höchst liquide Mittel und daher sehr attraktiv, denn sie konnten auf dem Geldmarkt oder bei den Kreditinstituten mühelos untergebracht werden. Das Ausmaß der Arbeitsbeschaffungsfinanzierung durch Wechsel kann nicht direkt aus den staatlichen Statistiken abgelesen werden, da diese dort nicht aufscheinen. Jedoch können diese über die ausgewiesene Reichsschuld berechnet werden, denn für die Deckung dieser Wechsel hinterlegte das Reich bei der Reichsbank mittelfristige Wertpapiere. 600 Millionen RM an Deckungs-Steuergutscheinen und 960 Millionen RM an Arbeits-Schatzanweisungen. Überdies wurden zwischen den Jahren 1933 und 1935 unverzinsliche Schatzanweisungen im Gesamtbetrag von insgesamt 1.430 Millionen RM ausgegeben. Ein Großteil dieser kurzfristigen Wertpapiere wurde ebenfalls als Sicherheit für die Arbeitsbeschaffungswechsel bei der Reichsbank hinterlegt. In Summe ergeben sich somit rund 3 Milliarden RM an kurz- und mittelfristigen Wertpapieren, die seitens des Reiches zwischen den Jahren 1933 und 1935 emittiert wurden und zur „Finanzierung“ der Arbeitsbeschaffungswechsel hinterlegt wurden.176 Diese Angaben sind aus offiziellen Statistiken ablesbar, weshalb hier von einer Geheimhaltung nicht die Rede sein kann.

Der als „Vorbelastung künftiger Haushalte“ bezeichnete Tilgungsplan sah vor, die auf fünf Jahre verlängerbaren Wechsel in den Jahren 1935–1938 einzulösen.177 Die dafür notwendigen Mittel sollten aus den erhöhten Steuereinnahmen sowie aus der Begebung langfristiger staatlicher Wertpapiere erzielt werden. Doch von einer wahren und tatsächlichen Tilgung konnte nicht die Rede sein. Eine Tilgung fand nur buchmäßig statt. Erbe (1958) spricht von

175 Mark Spoerer, u.a., Neue deutsche Wirtschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts. München 2013, S. 108ff. 176 Erbe, Die Nationalsozialistische Wirtschaftspolitik 1933−1939 im Lichte der modernen Theorie, S. 43. 177 Ebd., S. 44. 49

einer buchmäßigen Fiktion, denn die gesamte schwebende Staatsschuld ist in dieser Zeitperiode nicht gesunken, sondern leicht gewachsen. Die Arbeitsbeschaffungswechsel sind zwar nominell getilgt worden, in dem die bestehenden Wechsel eingelöst wurden und Wechsel dieser Art nicht mehr im Umlauf waren, doch wurden sie durch Ausgabe neuer, unverzinslicher (kurzfristiger) Schatzanweisungen (inklusive Lieferschatzanweisungen) sowie durch neue Wechsel, bezogen auf neue Sonderinstitute, abgelöst. Die neuen Wechsel hatten noch den Vorteil, dass sie auf nichtstaatliche GmbHs bezogen wurden, weshalb die entstandenen Schulden nicht in offiziellen staatlichen Statistiken aufschienen. Dennoch kann für das Jahr 1938 ein erheblicher Anstieg von unverzinslichen Schatzanweisungen beobachtet werden. Dieser Anstieg kann nicht mehr mit der Finanzierung von Arbeitsbeschaffung im Rahmen öffentlicher Arbeiten erklärt werden, sondern diente bereits der Rüstungsfinanzierung.

Schon vor dem Reichswehrgesetz im Jahre 1935 und dem Vierjahresplan aus dem Jahr 1936, erhöhten sich im Jahr 1934 die budgetären Rüstungsausgaben des Deutschen Reiches.178 Dies blieb bis Ende des zweiten Weltkrieges in Deutschland weitgehend unbekannt, doch geht aus den Protokollen des „Nürnberger Prozesses“ sowie aus anderen Monographien hervor, dass ein Teil dieser Rüstungsausgaben aus Steuereinnahmen und Begebung von langfristigen Anleihen finanziert wurde. Für einen Teil wurden aber Wechsel ausgegeben. Dazu wurde von fünf Unternehmen, welche Rüstungsaufträge erhielten, die Metallurgische Forschungsgesellschaft mbH im Jahre 1933 gegründet. Die Wirtschaftshistoriker sprechen von einem Scheinunternehmen, einer Scheinfirma.179 Diese Wechsel galten als „künstlich hergestellte Finanzwechsel, doch mit den Eigenschaften solider Handelswechsel“180 und konnten von der Reichsbank und ihrem Tochterinstitut, der Golddiskontbank, (re)diskontiert werden.181 Deren Verzinsung betrug 4 % p.a.182 Das Eigenkapital der „MeFo“ betrug 1 Million RM. Die mit Rüstungsaufträgen besehenen Unternehmen zogen als Wechselaussteller nun Wechsel auf die „MeFo“ (Bezogener), die sie akzeptierte und eine Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Wechselaussteller, der gleichzeitig der Remittent war, einging. Diese Wechsel wurden zwischen den Jahren 1934 und 1937/38 fast parallel mit den Arbeitsbeschaffungswechseln ausgestellt. Ihre Fälligkeit fand mit dem Ende des Fiskaljahres 1937 und in der Tat im März 1938, statt.183 Da diese Wechsel seitens der Rüstungsunternehmen an die Kreditinstitute und von diesen wiederum an die Reichsbank übertragen (diskontiert) wurden, waren diese Unternehmen schuldenfrei gestellt und die Metallurgische Forschungsgesellschaft ist auf eine Zahlungsverpflichtung gegenüber der Reichsbank eingegangen. Die Schulden für die Wechsel wurden wiederum nur buchmäßig beglichen und es fand keine echte Rückzahlung oder Konsolidierung statt. Denn dazu müsste der Staat die Steuereinnahmen erhöhen oder die Reichsbank das Geld drücken, was eine Inflation nach sich ziehen würde. Vielmehr gingen die „MeFo“-Wechsel, zusammen mit den noch teilweise vorhandenen

178 Ebd., S. 45f. 179 Ebd., S. 46f 180 Boelcke, Die deutsche Wirtschaft 1930−1945, S. 131. 181 Erbe, Die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik 1933-1939 im Lichte der modernen Theorie, S. 46f. 182 Boelcke, Die deutsche Wirtschaft 1930−1945, S. 131. 183 Erbe, Die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik 1933−1939 im Lichte der modernen Theorie, S. 46f. 50

Arbeitsbeschaffungswechseln („Öffa“-Wechsel), in der Erhöhung der kurzfristigen Schatzanweisungen auf. Diese tatsächliche Nicht-Einlösung der Wechsel, die im Jahr 1938 fällig wurden, hat Hjalmar Schacht als Reichsbankpräsident zum Anlass genommen, einen offenen Konflikt mit Hitler heraufzubeschwören um aus der Reichsbank ausscheiden zu können.184

Fast die gesamte Summe an unterschiedlichen Sonderarten von Wechseln (wie „Öffa“ oder „Mefo“-Wechsel) wurde durch die Ausgabe von kurzfristigen, halbjährigen Lieferschatzanweisungen aufgehoben. Diese staatlichen Wertpapiere wird man vermehrt in den Bilanzen von den zu untersuchenden Kreditinstituten ab dem Jahr 1938 finden. Die Lieferschatzanweisungen waren bei der Reichsbank nicht mehr diskont- sondern nur lombardfähig. Lombardfähigkeit bedeutet, dass die Lieferschatzanweisungen nicht mit einem Diskont von der Zentralbank aufgekauft, sondern nur verpfändet werden konnten (Wertpapierlombard). Im Gegenzug erhielt der Pfandgeber einen Kredit (Lombardkredit). Dadurch waren diese Wertpapiere weniger liquide, konnten aber dennoch auf dem Kapitalmarkt problemlos untergebracht werden, da sie vor allem von den Kreditinstituten als Anlage aufgekauft wurden. Dieser Kauf lief im Rahmen eines „rollenden, geräuschlosen Verfahrens“, bei dem die Kreditinstitute ab 1935 dem Staat bekannt geben mussten, wieviel frei verfügbare Mittel sie für Anlagen haben, zahlten den entsprechenden Betrag bei der Reichskasse ein und erhielten im Gegenzug staatliche Wertpapiere; nicht nur Lieferschatzanweisungen sondern sämtliche neu emittierte (kurz-, mittel- und langfristige) Anleihen.185

Nach dieser Geldbasisausweitung, finanziert durch deficit spending, machten sich gegen Ende des Jahres 1936 erste inflationäre Zeichen bemerkbar.186 Dies war Schacht offenbar schon nach Hitlers Machtergreifung 1933 klar, weshalb er von Hitler ein Einfrieren des Preis- und Lohnniveaus forderte. Folgend der klassischen Theorie der Nationalökonomie vertrat Schacht die Meinung, dass sich die im Umlauf befindlichen Güter durch langsame, staatlich gelenkte Finanzierung vermehren müssen, sodass keine sprunghafte Geldbasisausweitung stattfinden würde.187 Deshalb dürfte eine, auf Marktprinzipien basierende, Kreditschöpfung zur Produktionsfinanzierung nicht stattfinden, da sonst das Preis- und Lohnniveau aufgrund der sprunghaften Geldmengenausweitung, steigen müssten, was wiederum zur Inflation führen würde. Schacht forderte von Hitler dazu staatliches Eingreifen, doch wird aus den zur Verfügung stehenden Archivquellen nicht ersichtlich, welche Maßnahmen dazu ergriffen werden sollten. Bekannt ist, dass anfänglich nur gesetzliche Vorschriften Preisanhebungen verhindern sollten, bis Hitler 1934 den ersten Preiskommissar ernannte. Doch offensichtlich gab es dennoch interne Diskussionen und dabei wurde keine Maßnahme außen vorgelassen, denn Hitler brüstete sich im Jahr 1941 mit folgenden Worten:

184 Ebd., S. 47ff 185 Ebd., S. 48. 186 Boelcke, Die deutsche Wirtschaft 1930−1945, S. 133. 187 Ebd., S. 134ff. 51

„Das habe ich auch Schacht erst klarmachen müssen...dass die erste Ursache des Gleichbleibens unserer Währung das KZ ist; die Währung bleibt, wenn jeder gepackt wird, der mehr fordert! Und dass der neue Verdienst aus dem Wirtschaftskreislauf wieder herausgenommen werden muss.“188

Ob schon bei Hitlers Machtergreifung daran gedacht wurde, mit Repressalien Preispolitik zu betreiben, ist unbekannt, Tatsache bleibt aber, dass bereits 1935 Unternehmer wegen wiederholten Verstoßes gegen Preisvorschriften in Konzentrationslager eingewiesen wurden.189

Doch es nutzte nichts. Weder per Gesetz, noch mit dem Preiskommissar und auch nicht mit Görings Drohungen mit der Polizei konnte eine Preis- und Lohnerhöhung verhindert werden. Im Jahr 1936 fand ein Wirtschaftswachstum statt, begleitet von einer Inflation, denn die zusätzliche Geldbasis traf auf kein entsprechendes Gegenangebot, wie Schacht richtigerweise klarstellte.

„Das für Rüstungszwecke bereitgestellte Kreditgeld erzeugt auf dem Wege über Lohn- und Gehaltsauszahlungen eine Nachfrage nach Konsumgütern. Die Rüstungsfabrikanten aber liefern militärische Güter, die zwar erzeugt, aber nicht umgesetzt werden.“190

Mit anderen Worten: die durch Wechsel finanzierte Arbeitsbeschaffung lief in die falsche Richtung, indem Rüstungsbetriebe unterstützt wurden, die Menschen aber auf dem Markt für ihr Geld keine entsprechenden Güter kaufen konnten. Also lief der Überschuss in die Inflation. Doch die Regierung wollte die wirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten immer noch nicht anerkennen. Am 29. Oktober 1936 wurde mit dem Gesetz zur Durchführung des Vierjahresplans – Bestellung eines für die Preisbildung191 („Preisbildungsgesetz“), rückwirkend auf den 18. Oktober 1936, „zur Überwachung der Preisbildung für Güter und Leistungen jeder Art, insbesondere für die Bedürfnisse des täglichen Lebens, für die gesamte landwirtschaftliche, gewerbliche und industrielle Erzeugung und für den Verkehr mit Gütern und Waren jeder Art einen Reichskommissar bestellt“ (§1). Alle Gesetzesparagraphe in diesem Absatz beziehen sich auf das „Preisbildungsgesetz“. Der Reichskommissar Josef Wagner, ein enger Vertrauter Hitlers und Görings, wurde vom Hitler zwar ernannt, er unterstand aber Hermann Göring, dem Bevollmächtigten für den Vierjahresplan. Wer den Anordnungen des Reichskommissars für die Preisbildung zuwiderhandelte, konnte mit Zuchthaus, Gefängnis, Haft oder Geldstrafe in unbegrenzter Höhe rechnen (§4, Z.1) sowie damit, dass der Betrieb, in dem die Zuwiderhandlung erfolgte, geschlossen wird (§ 4, Z.3). Sollte aufgrund des Preisstopps dem Unternehmen ein Schaden

188 Ebd., S. 132. 189 Ebd., S. 132f. Der Preiskommissar war am Anfang der Leipziger Oberbürgermeister Carl Goerdeler. Dieser überließ es den Landesbehörden, Schritte gegen Preiserhöhungen zu beschließen. Daraufhin wurde im Jahr 1934, nach einem Erlass von Hermann Göring, der Gauleiter Josef Wagner zum Preiskommissar ernannt. 190 Ebd., S. 133. Görings Erlass an Ober-, Regierungs- und Polizeipräsidenten (November 1934). 191 RGBl. 1936, I., S. 927ff. 52

entstehen, wurde eine Entschädigung aufgrund einer Anordnung des Reichskommissars nicht gewährt (§6, Z.2). Dieser Preisstopp, der sogar bis 1948 in Kraft blieb, verursachte eine „rückgestaute Inflation“ und war ein wichtiger Grund warum das Deutsche Reich wirtschaftlich zusammenbrach.192

Schacht war sich der Gefahr einer rückgestauten Inflation bewusst und versuchte die Situation auf dem Kapitalmarkt zu konsolidieren.193 Er war schon seit dem Jahre 1933, nach der Machtergreifung Hitlers, ein großer Befürworter des Sparens.194 Neben den unterschiedlichen Maßnahmen, sollte gerade durch das Sparen Geld dem Staate zur Verfügung gestellt werden. Je mehr die Bevölkerung sparen würde, umso mehr könnte über die Kreditinstitute für die Rüstung abgeschöpft werden, umso weniger muss die Geldbasis erweitert werden, umso niedriger der Inflationsdruck. In den Jahren 1936/7 wurde das Sparen zu einem zentralen Thema im Deutschen Reich und erhielt seitens der Reichsregierung weitgehende Unterstützung. Verschiedene Sparprogramme, auf die noch eingegangen wird, wurden ins Leben gerufen: Eisernes Sparen, Mein erstes Sparbuch, der Deutsche Spartag, usw. Vor allem die kurzfristigen Rüstungskredite sollten aus der Ersparnisbildung finanziert werden.195 Doch das ging nicht ohne die Kreditinstitute miteinzubeziehen. Vor allem den Sparkassen kam dadurch enorme Bedeutung zu und kein anderer Amtsträger in Deutschland lobte das Sparen (schon vor 1933) so sehr wie Hjalmar Schacht.

Um die Sparkassen und andere Kreditinstitute in das Sparen einzubeziehen, wurden diese durch verschiedene Gesetzte, Verordnungen und Erlässe nach und nach der staatlichen Kontrolle unterworfen. Als Österreich im Jahr 1938 „angeschlossen“ wurde, erfuhr das österreichische Bank- und Kreditwesen die gleiche Gesetzgebung wie sie in Deutschland Mitte der dreißiger Jahre geschaffen wurde.

Neben löblichen Worten Schachts und einer „mitgehenden“ gesetzlichen Lage, die einen Griff nach den Spareinlagen ermöglichte, wobei auch personelle Besetzungen nicht außer Acht gelassen wurden, bedurfte es entsprechender Verheißungen der Sparziele, denn das Vertrauen in die eigene Sparkasse musste gestärkt werden.196 Den Sparern wurden vor allem Autos und Eigenheime in Aussicht gestellt. Die Schaufenster von Sparkassen wurden mit Werbung für Eigenheime nahezu übersäht. Die Propaganda war so erfolgreich und so massiv, dass sich oft am Tage der betrieblichen Lohnauszahlung oder am Tage der Pensionsauszahlungen lange Schlangen vor den Sparkassenschaltern bildeten um das Geld auf das Sparkonto einzahlen zu können. Doch aus unterschiedlichen Gründen, auf die noch eingegangen wird, wurden mit den Ersparnissen keine Porsches oder VWs gekauft und auch keine Eigenheime gebaut. Die Spareinlagen wurden nie behoben und sie verloren am Ende des Krieges ihren gesamten Wert.

192 Boelcke, Die deutsche Wirtschaft 1930–1945, S. 133. Das Gesetz wurde am 29. 10. 1936 beschlossen und verkündet. 193 Ebd., S. 134. 194 Ebd., S. 133f. 195 Ebd., S. 134ff 196 Ebd., S. 139f. 53

Die Förderung von Spareinlagen über alle Maße, vor allem bei den Sparkassen, nahm vor allem Auswirkungen auf die Kommunen, die mit Sparkassen – nicht nur im „Altreich“, sondern auch in Österreich, sehr eng verbunden waren. Der Großteil der Sparkasseninstitute in Österreich waren Gemeindesparkassen, für deren Verbindlichkeiten eine Gemeinde haftete. Die Reichsregierung führte ein generelles Kommunalkreditverbot ein. Borgen sollte nach Schachts Worten nur dem Staat vorbehalten sein. Lediglich niedrige Kreditsummen durften vergeben werden, so zum Beispiel die Privatkredite bei Sparkassen im Ausmaß von 1 % der Einlagen, soweit dieses 1 % nicht 200.000 RM überstieg. Dabei machten die Spareinlagen bei manchen Kreditinstituten fast 90 % der Bilanzpassiva aus. Doch auch diese Einschränkungen von „staatsentfremdeter“ Anlagepolitik der Kreditinstitute, konnte nicht verhindern, dass trotz des außerordentlichen Einlageanstiegs um rund 8,5 Milliarden RM von 1933 bis 1938, die kurzfristige Reichsverschuldung diese Summe längst überstieg.197

Eine Ähnliche Entwicklung wie die Sparkassen, erfuhren auch die Versicherungen. Auch die dort eingezahlten Versicherungsprämien wurden teilweise durch das Reich abgeschöpft. Die gesetzliche Grundlage dafür bildete die Erste Verordnung zur Durchführung und Ergänzung des Reichsgesetzes über das Kreditwesen198 (9. Feber 1935), wonach die Hälfte der zur Versicherungsauszahlung gebildeten Liquiditätsreserven bis zur Hälfte aus Wertpapieren bestehen durfte.199 Das Versicherungswesen erfuhr seit der Machtergreifung Hitlers große Veränderungen und ist zu umfassend um im Rahmen dieser Arbeit vertiefender analysiert zu werden. Doch dient es durchaus als Beispiel dafür, dass die Anlageumschichtung bei Sparkassen und Versicherungen von den Nationalsozialisten gewollt war und diese Institute so sehr in die Staatsfinanzierung eingebunden waren, dass sich auch die Frage nach dem Grund für die Nichtverstaatlichung von Sparkassen und Versicherungen erübrigt.

Die Ausweitung der Geldbasis bekamen nicht nur die Haushalte und Kreditinstitute zu spüren, sondern auch Betriebe und Unternehmen. Die Konjunktur führte vor allem bei den Kapitalgesellschaften (GmbH und AG) zu Überschüssen, die als Dividende ausgeschüttet werden könnten. Dem beugte man mit der Anleihestockgesetzgebung entgegen in dem die Kapitalgesellschaften gezwungen wurden, ihre ausgeschütteten Dividenden auf höchstens 6 % des Gewinnes zu begrenzen, wodurch ein großer Kapitalstock entstand, der für die Investitionen sowie den Unternehmensausbau verwendet werden sollte. Dadurch konnten die Unternehmen ihre Verschuldung mindern und eigene, langläufige Anleihen, vorzeitig tilgen. Schacht sprach schon nach 1933 von der anvisierten „industriellen Selbstfinanzierung“ und befürwortete schon damals gesetzlich begrenzende Maßnahmen und war gegen Steuererhöhungen. Diese gesetzlichen Maßnahmen begünstigten aber auch die Investitionen und Abschreibungen und mit dem Aktiengesetz von 1937 wurde sogar die Möglichkeit eingeführt stille Reserven (fast uneingeschränkt) zu bilden.200 Diese Maßnahmen trugen aber auch zu einer Verflüssigung des Kapitalmarktes bei. Den eigentlichen Grund für diese Verflüssigung sieht Erbe (1958) jedoch

197 Ebd., S. 140. 198 RGBl. 1935, I., S. 205ff. 199 Boelcke, Die deutsche Wirtschaft 1930–1945, S: 141f. 200 Ebd., S. 143. 54

in der Politik des „deficit spending“, sowie im sinkenden Liquiditätsbedürfnis der Wirtschaft. Die Milliardenbeträge von Sonderwechseln (Öffa, Mefo usw.) „Die jedes Jahr zur Finanzierung des Budgetdefizits als aktives Geld in die Wirtschaft gepumpt wurden, führten eine zunehmende Flüssigkeit des Geldmarktes herbei, indem sie entweder eine Umwandlung von inaktivem in aktives Geld (Erhöhung der Umlaufgeschwindigkeit) oder eine Erhöhung der Geldmenge zur Folge hatten“201. Auf dieser Basis sind auch die Zinssätze (organisch) gefallen.

Doch die Durchführung einer Zinssenkung, oder „Brechung der Zinsknechtschaft“, wie die Nationalsozialisten propagierten, sollte schon nach der Machtergreifung 1933 stattfinden.202 Doch Schacht legte sich quer und meinte, dass die Reife des Kapitalmarktes abgewartet werden müsse, was 1933 noch nicht der Fall sei. Seine Politik des deficit spending zeigte eine gewisse Wirkung und als die Kurswerte von festverzinslichen Wertpapieren Anfang 1934 anstiegen – was einer Senkung des Effektivzinses gleich kam - war Schacht überzeugt, dass eine Konversionsreife des Kapitalmarktes in Sicht gekommen sei und er dann neue Wertpapiere begeben wird können.203 Dazu konnte es erst im Jahre 1935 kommen, zu einem Zeitpunkt als die Zinssätze für tägliches Geld unter den Reichsbankdiskont von 4 % sanken. Zusätzlich wurde man unter Druck gesetzt, nachdem sich bereits im Jahre 1934 eine Missstimmung über die immer noch „zu hohe Zinslast bei niedrigen Einkommen“ verbreitete, was zur Unzufriedenheit mit den neuen Machthabern führte.204 Schacht als Reichsbankpräsident, zusammen mit dem Reichswirtschaftsminister und dem Bankenkommissar, sah nun den Zeitpunkt für die „große Konversion“ von Anleihen zu kommen, die durch zwei Zinsermäßigungsgesetze durchgeführt wurde.205 Das Gesetz über die Durchführung einer Zinsermäßigung bei Kreditanstalten206 (24. Jänner 1935) setzte den Zinsfuß für Kommunalobligationen und Pfandbriefe von 6 % auf 4,5 % und das Gesetz über die Zinsermäßigung bei den öffentlichen Anleihen207 (27. Feber 1935) setzte auch den Zinsfuß für staatliche Schuldverschreibungen einheitlich auf 4,5 % herab. Diese Herabsetzung der Zinssätze für neue Emissionen von 6 % auf 4,5 % gesenkt, ergab bei einer Laufzeit von 3–5 Jahren und einem Preis von 97 %-98 % eine Effektivverzinsung von rund 5,5 %.208

Die „große Konversion“, mit der die Zinssenkung im Jahre 1935 durchgeführt wurde, bestand im Wesentlichen aus der Konversion der ausstehenden 7 %-Anleihe aus dem Jahr 1929 sowie einer Anleihe aus dem Jahr 1924 („Anleiheablösungsschuld ohne Auslosungsrechte“, auch Neubesitzanleihe aus dem Jahr 1924 genannt). Die 7 %-Anleihe aus 1929 wurde auf den 1. Juli 1934 gekündigt und dafür wurde eine 4 %-Reichsanleihe aus dem Jahr 1934 angeboten.209 Die Anleihe aus dem Jahr 1924 mit einem Nominalwert von 537 Millionen RM wurde zu einem

201 Erbe, Die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik 1933–1939 im Lichte der modernen Theorie, S. 56ff. 202 Boelcke, Die deutsche Wirtschaft 1930–1945, 132ff. 203 Ebd., S. 146. 204 Ebd., S. 144f. 205 Ebd., S. 146. 206 RGBl. 1935, I., S. 45ff. 207 Ebd., S. 286ff. 208 Erbe, Die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik 1933–1939 im Lichte der modernen Theorie, S. 58. 209 Ebd., S. 50. 55

Umtauschkurs von 134 Millionen RM eingelöst.210 Dies zeugt davon, dass der Umtausch bei einem weit unter dem Nominalwert liegenden Kurs stattfand. Anfang des Jahres 1935 wurden per Verordnung auch die Bankzinsen um ½ Prozentpunkt herabgesetzt.

Erbe (1958) hält fest, dass hier nur nominell von einer „Konversion“ die Rede sein kann, denn bei einer herkömmlichen Konversion wird „dem Gläubiger unter Wahrung der Kündigungsfrist angeboten, entweder die neue Anleihe zu einem niedrigeren Zinsfuß zu zeichnen oder sich den ausstehenden Betrag auszahlen zu lassen“211. Dies war hier nicht der Fall, denn ein Gläubiger konnte entweder die neue Verzinsung von 4,5 % akzeptieren und einen Bonus von 2 % ausbezahlt bekommen oder das Angebot ablehnen und den alten Zinssatz weiter ausbezahlt bekommen, jedoch wurden sämtliche nicht konvertierten Stücke vom Börsenhandel und von der Belehnung bei der Reichsbank ausgeschlossen. Dadurch entstand ein Zwang, die alten Anleihen umzutauschen, weshalb weniger als 1 % der Gläubiger das Angebot ablehnte und zweitens trug diese Zinssenkungsmaßnahme nichts zu einer Konjunktur bei, denn für die Belebung einer privaten Investitionstätigkeit war der Zinssatz zu hoch und die Privatwirtschaft ohnehin von einem Emissionsverbot zu leiden hatte.212 Für die öffentliche Hand trug sie aber ebenfalls wenig bei, denn die deutsche Wirtschaft näherte sich 1935 der Vollbeschäftigung, in der eher hohe Zinsen angebracht wären. Niedrige Zinsen trugen daher nur mehr zu einer höheren „rückgestauten Inflation“ bei und ermöglichten der staatlichen Führung ihr politisches Überleben durch zusätzliche Erweiterung der Geldmenge, wodurch überwiegend die Rüstungsindustrie profitierte.

Diese Zinssenkungsmaßnahmen hatten Auswirkungen auf das Asset-Liability Management der Kreditinstitute, darunter auch jenes von Sparkassen und Landes-Hypothekenanstalten. Für die Kreditinstitute sanken die Sollzinsen (=Zinsen auf Aktivposten) auf nominelle 4,5 % und um die 5 % effektiv, wodurch sich die unten abgebildete Entwicklung des Nominal- und Effektivzinssatzes ab 1933 abzeichnete.213

Abbildung 2: Nominelle und effektive Verzinsung der am 1. April 1935 auf 4,5 % konvertierten festverzinslichen Wertpapiere. Der Punkt, gekennzeichnet mit *) zeigt den Zeitpunkt der Konversion von 6 auf

210 Ebd., S. 51. 211 Ebd., S. 58. 212 Ebd., S: 59. 213 Ebd., S. 60. 56

4,5 %. (Quelle: Rene Erbe, Die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik 1933–1939 im Lichte der modernen Theorie. Zürich 1958, S. 60.)

Als die Zinsen gesenkt wurden, unternahm die Reichsregierung rechtliche Schritte, um den erreichten Zustand dauerhaft einzufrieren. Dazu beschloss das Zentrale Kreditausschuss der Spitzenverbände der Kreditwirtschaft (ZKA) einen sog. Mantelabkommen zu verabschieden, der die Zinshöhe, die Spesenhöhe und den Wettbewerb zwischen den Kreditinstituten neu regelte. Dazu kam es schließlich am 22. Dezember 1936, als das „Sollzinsabkommen“, das „Habenzinsabkommen“214 und das „Wettbewerbsabkommen“ verabschiedet wurden.215

Der Beschluß des Zentralen Kreditausschusses für die Habenzinsen begrenzte die Habenzinsen auf höchstens 3 % für alle Spareinlagen von gesetzlicher Kündigungsfrist. Die Sollzinsen wurden im Beschluß des Zentralen Kreditausschusses für die Sollzinsen neu geregelt. Fortan hat der Staat die "Normalsätze" vorgeschrieben, die nur unter besonderen Bedingungen (zum Beispiel im Falle des erhöhten Risikos, mit Zustimmung des Reichsministeriums) überschritten werden durften. Für den "Normalsatz" nach dem "Sollzinsabkommen" war der Diskontsatz der Reichsbank maßgeblich. Dieser durfte zwar unterschritten aber niemals überschritten werden. Im „Sollzinsabkommen“ wurden auch jene Kosten aufgelistet, die Kreditinstitute den Kunden verrechnen durften: Die Sollzinsen, die Kreditprovision, die Überziehungsprovision (dann entfiel die Kreditprovision), die Umsatzprovision und die Barauslagen. An Stelle von Sollzinsen und einer Kreditprovision durfte ein Nettozinssatz verrechnet werden.216 Interessant dabei ist vor allem, dass eine Umsatzprovision eingehoben wurde, die in der Regel ein Entgelt für die Kontoführung und dem Kunden laufend zur Verfügung gestellte Leistungen darstellt. Wie aus den Bilanzen diverser Kreditinstitute jedoch hervorgeht, wurden in Wirklichkeit keine Sonderkonten für die Kredite geführt, sondern lediglich über ein "conto ordinario" verrechnet.217 Dieses Konto lautete auf keinen bestimmten Kundennamen.

Auf die Gestaltungsmöglichkeiten der Zinspolitik durch Kreditinstitute nahmen auch die vom Reichskommissar für das Kreditwesen erlassenen Richtlinien für Kleinkredite vom 29. März 1939.218 Kleinkredite waren kurzfristige, bis auf ein Jahr gewährte Darlehen, deren Höhe 600 RM nicht überstieg. Oft handelte es sich um eine Art von Kontokorrentkrediten, ohne feste Tilgungsrate. Diese Richtlinien legten auch den Zinssatz von Kleinkrediten fest, der zwischen 11,5 % und 17,5 % betragen durfte. Die Zinsen wurden vierteljährig (für die verbleibende Kreditsumme) verrechnet.219

214 Abkommen über die Festsetzung der Höchstzinsen für hereingenommene Gelder (Habenzinsabkommen), veröffentlicht im Reichsanzeiger 199/36. Dieses Abkommen wurde am 23. April 1940, 20. Juni 1940 und 8. Mai 1941 novelliert. 215 Wilhelm Kalveram, u.a., Bankbetriebslehre: Ein Lehr- und Nachschlagewerk für Studium und Praxis, Wiesbaden 1961, S. 128f. 216 Ebd., S. 130f. 217 Vergleiche dazu die Bilanzen der steiermärkischen Kreditinstitute für die Jahre 1938−1943 (Anhang). 218 Richtlinien über die Kosten für Kleinkredite mit Verpflichtung zur regelmäßigen Tilgung (29. 3. 1939), in: Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger, Nr. 78. Berlin 1939. 219 Simon Gonser, Der Kapitalismus entdeckt das Volk: Wie die deutschen Großbanken in den 1950er und 1960er Jahren zu ihrer privaten Kundschaft kamen. München 2014, S. 101ff. 57

Da die Zinsen nach oben begrenzt wurden, bestand die „Gefahr“, dass die Kreditinstitute unter einander durch Versprechen von günstigeren Krediten in Wettbewerb treten würden, was nicht dem nationalsozialistischen Bankenbild entsprach. Deshalb umfasste das Mantelabkommen vom Dezember 1936 auch das „Wettbewerbsabkommen“, das den Wettbewerb im Bankensektor stark einengte. Fortan durften die einzelnen Kreditinstitute untereinander keine Werbung für Einlagezinsen mehr betreiben. Verboten wurde jede Art von aufdringlicher und vergleichender Werbung. Hinweise auf "niedrige" Zinssätze waren außerhalb der Schalterräume verboten. Ebenfalls verboten wurde die Werbung für kostenlose Leistungen.220 Damit wurde die „Werbung“ auf den Kundenberater und die Bankfiliale eingeschränkt. Dieser Mantelvertrag vom Dezember 1936 wurde auch nach dem Jahr 1945 beibehalten und verlor erst Mitte der 1960er Jahre seine Gültigkeit.

Doch zurück zu den Anleihen. Nach der erfolgten Zinssenkung in den Jahren 1934/5 und vor ihrem Einfrieren im Dezember 1936, konnte neben den beschriebenen Anleihekonversionen nun auch neues langfristiges Kapital auf dem Markt untergebracht werden; selbstverständlich bereits zu den neuen, niedrigeren Zinssätzen. Im Jahr 1935 wurde eine Reichsanleihe mit einer Laufzeit von 28 Jahren mit einer Nominale von 1,9 Millionen RM bei „Sparkassen, Versicherungen, bei den Spitzeninstituten von Sparkassen und Girozentralen untergebracht und als Konsolidierungsanleihe für 500 Millionen RM Reichsschatzanweisungen (Laufzeit 7,5 Jahre) auf offenem Markt untergebracht.“221 Beide Wertpapiere wurden mit einem Zinssatz von 4,5 % verzinst.222 Die Art der Begebung der neuen Anleihen änderte sich auch, was vor allem für die Kreditinstitute von wesentlicher Bedeutung war. Denn getreu der Devise von Schacht, dass nur der Staat sich Geld leihen dürfe, wurden die Neuemissionen über ein „rollendes Verfahren“ direkt bei den Kreditinstituten untergebracht und hauptsächlich mit Spareinlagegeldern „bezahlt“, womit auch die „kleinsten“ Sparer bei den Dorfsparkassen zu mittelbaren Schuldnern des Reiches wurden.

Das rollende oder geräuschlose Verfahren der Unterbringung der Reichsschuld bei den Kreditinstituten bedeutete, dass jene Geldmittel, die seitens der Sparer bei den Kreditinstituten, egal ob als lang- oder kurzfristig gebundene Einlagen (Deposite), angelegt wurden, direkt durch den Staat abgeschöpft wurden. Jedes Kreditinstitut oder sein Spitzeninstitut (sowie jede Versicherungsgesellschaft!) musste bekannt geben, wie viele Reichsanleihen sie auf Grund der bei ihr zugeflossenen Einlagen übernehmen könnte. Anschließend zahlte sie den entsprechenden Betrag bei der Reichskasse ein. Im Gegenzug erhielt sie den Gegenwert in Reichstiteln, weshalb ab der Jahresbilanz von 1935 in sämtlichen deutschen Kreditinstituten eine Zunahme von Reichsanleihen beobachtet werden kann. Im Regelfall kaufen die Kreditinstitute solche (kurz- oder mittelfristige) Staatsanleihen für deren Liquiditätsbedürfnisse, denn diese sind in der Regel hoch liquide, können also immer verkauft werden und gelten als sichere Anlage. Doch auch dem wurde vorgebeugt, indem diese Anleihen nicht an der Börse notierten und sie somit vom Börsenhandel ausgeschlossen wurden. Ein

220 Ebd., S. 33f. 221 Boelcke, Die deutsche Wirtschaft 1930−1945, S. 144. 222 Ebd., S. 144. 58

Verkauf hätte nämlich zu einer (auch kurzzeitigen) Verkaufswelle führen können, die deren Wert mindern würde.

Erbe (1958) merkt an, dass dieses „rollende“ Verfahren durchaus auch in anderen Staaten zur Anwendung kam, fügt aber hinzu, dass dies keinesfalls schon im Jahre 1935 der Fall war. Dass dies in Deutschland bereits so früh erfolgte, zeigt seiner Meinung nach auf den Charakter der deutschen nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik, die bestrebt war, alle Ressourcen in die Rüstung einzuspannen. Das damit – wie noch zu sehen sein wird – dass das eigentliche Kreditgeschäft zunehmend erlahmte und mit der Zeit zum Erliegen kam, war eine direkte Konsequenz der Wirtschafts- und Finanzpolitik von Hjalmar Schacht. Die negativen Auswirkungen der Wirtschaftskrise begegnete man mit der Ausweitung der Geldbasis, die durch Schulden (deficit spending) finanziert wurde. 223

Neben der Besonderheit, wie die Schulden „rollend“ an die „Investoren“ gebracht wurden, war auch die vorgesehene Art und Weise der Schuldentilgung aus den Wechselpapieren eine Besonderheit der nationalsozialistischen Regierungspolitik. Neben der Besetzung des Sudetenlandes, des Anschlusses Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938, samt der unmittelbar danach erfolgten „Plünderung“ von Goldreserven der Österreichischen Nationalbank, wurden im November und Dezember 1938 Gesetze erlassen, die eine Vermögensentnahme der jüdischen Bevölkerung deutscher Staatsangehörigkeit nach sich zogen. Nach der „Reichskristallnacht“ vom 9. November 1938, wurde die Verordnung über die Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben224 (12. November 1938) erlassen, die im Grunde den Juden jegliche gewerbliche Betätigung untersagte.225 Am gleichen Tag erging die Verordnung zur Wiederherstellung des Straßenbildes bei jüdischen Gewerbetreibenden226, die den Opfern der Pogrome die Zahlung für die Reparaturen auferlegte und gleichzeitig festlegte, dass jegliche Entschädigung seitens der Versicherungen an das Reich abgeführt werden musste.227 Als Sühne für die angeblich feindliche Einstellung der Juden gegenüber dem deutschen Volk und Reich wurde ebenfalls am 12. November 1938 die Verordnung über die Sühneleistung der Juden deutscher Staatsangehörigkeit228 verkündet, die eine Zahlung von 1 Milliarde Reichsmark als Kontribution an das Reich erzwang.229 Mit der Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens230 vom 3. Dezember 1938 wurde die Rechtsbasis für die Veräußerung des gesamten gewerblichen Vermögens (das bereits im April desselben Jahres zu erfassen war) jüdischer Bevölkerung angeordnet.231

Doch auch diese Maßnahmen halfen nur sehr wenig, vor allem deshalb, weil sich die Regierung weigerte, die negativen Konsequenzen – wie zum Beispiel die Inflation – nicht an deren Wurzel

223 Erbe, Die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik 1933–1939 im Lichte der modernen Theorie, S. 52ff. 224 RGBl. 1938, I., S. 1580. 225 Buschmann, Nationalsozialistische Weltanschauung und Gesetzgebung 1933-1945, Band I., S. 64. 226 RGBl. 1938, I., S. 1581. 227 Buschmann, Nationalsozialistische Weltanschauung und Gesetzgebung 1933-1945, Band I., S. 64. 228 RGBl. 1938, I., S. 1579. 229 Buschmann, Nationalsozialistische Weltanschauung und Gesetzgebung 1933-1945, Band I., S. 64. 230 RGBl. 1938, I., S. 1709ff. 231 Buschmann, Nationalsozialistische Weltanschauung und Gesetzgebung 1933–1945, Band I., S. 64f. 59

zu bekämpfen (=Einstellung der Wechsel), sondern durch das Bekämpfen ihrer Auswirkungen, wie durch den Preisstopp. In einer halbwegs funktionierenden Marktwirtschaft würden in so einem Fall die Betriebe und Unternehmen aufgrund der Unfähigkeit, ihre Kosten zu decken, aufhören zu produzieren. Doch dies war in Deutschland deshalb nicht der Fall, weil die soeben beschriebene Kreditpolitik zwar wirklich teilweise im Schatten der Fiskalpolitik stand, doch in Wirklichkeit war sie ein Bruchstück der von den Nationalsozialisten und somit vom Staat gänzlich unter staatliche und politische Kontrolle gestellten Deutschen Wirtschaft, die der US- Historiker Ivan T. Berend als „staatlichen Dirigismus“ bezeichnet.232 Schacht selbst wurde im Jahre 1937 von Hitler seines Amtes als Reichswirtschaftsminister enthoben, blieb aber weiterhin Minister ohne Portfolio. Nach zwei weiteren Jahren (1939) wurde er nach einem Memorandum des Reichsbankdirektoriums an Hitler, in dem dieser sich gegen eine uneingeschränkte Kreditausweitung aussprach, als Reichsbankpräsident entlassen und entfernte sich von Hitler.233 Nach einem Attentatsversuch auf Hitler im Jahre 1944 wurde er sogar verhaftet und blieb vier Jahre lang im Gefängnis.234 Auf dem internationalen militärischen Gerichtshof für Kriegsverbrechen in Nürnberg wurde er nach dem Krieg freigesprochen.

Der Golddevisenstandard als Währungsordnung Die Zeit des Nationalsozialismus geht einher mit dem endgültigen Zerfall des Golddevisenstandards als der herrschenden Weltwährungsordnung. Der Golddevisenstandard war eine Antwort auf die Probleme, die der klassische Goldstandard verursachte. Dieser stellte eine Währungsordnung dar, in der jede Notenbank das Ziel verfolgte, den Wert ihrer heimischen Währung durch deren Bindung an Gold (und nur Gold) zu fixieren. Im Verlauf der Jahre zeigten sich die Nachteile dieser Währungsordnung. Als nach dem ersten Weltkrieg die Wirtschaft in den Vereinigten Staaten von Amerika und in Europa zu wachsen anfing, konnte das Wachstum der Goldbasis dieser Entwicklung nicht standhalten, weil es das Wirtschaftswachstum einengte. Die große Nachfrage nach Geld konnte nicht befriedigt werden. Deshalb fingen einige Staaten an, neben Goldvorräten auch „harte Währung“ als Devisenreserve zu halten. Zur „harten Währung“ zählten vor allem der US-Dollar und der britische Pound-Sterling. Somit wurde nicht mehr von einer Goldreserve gesprochen, aufgrund welcher Banknoten und Münzen ausgegeben wurden, sondern von der Währungsreserve, zu der auch Gold gehörte. Nun musste die „Währungsdeckung“ eingehalten werden, was gesetzlich durch jederzeitige Tauschmöglichkeit von Münzen und Noten gegen Gold oder „harte Währung“ in den Statuten der Zentralbanken festgelegt wurde.

Diese Entwicklung führte im Jahre 1922 zur Einberufung einer Währungskonferenz in der italienischen Stadt Genua. Als Beschluss dieser Konferenz wurde eine Empfehlung verabschiedet, den Golddevisenstandard als Währungsordnung generell in allen Staaten einzuführen. Der Golddevisenstandard bedeutete, dass die USA und Großbritannien (als Schlüsselwährungsländer bezeichnet) ihre Reserven ausschließlich in Gold halten mussten, dafür die anderen Staaten aber neben Gold auch den US-Dollar oder den britischen Pfund halten

232 Berend, Gospodarska zgodovina Evrope v 20. stoletju, S. 76ff. 233 Boelcke, Die deutsche Wirtschaft 1930–1945, S. 148f. 234 Aus dem Internet: www.britannica.com/biography/Hjalmar-Schacht, abgerufen am 19.4.2017 um 19.00. 60

konnten. Damit wurde die ohnehin geführte Praxis auch allgemein empfohlen und offiziell verankert. Die deutsche Zentralbank (Reichsbank) verpflichtete sich ab dem Jahr 1924, 40 % seines Geldumlaufes durch Gold- und Devisenreserven zu halten, wobei 75 % dieser Notendeckung aus Goldvorräten bestehen musste. Dies wurde als das Deckungsverhältnis bezeichnet. In Frankreich betrug dieser zunächst 35 % und wurde im Jahr 1929 auf 47 % angehoben und im Jahre 1934 sogar auf 80 %. Um dieses Deckungsverhältnis einhalten zu können, musste die Zahlungsbilanz der einzelnen Staaten immer weitgehend ausgeglichen sein.235

Um dies zu erreichen, hatten nun die Zentralbanken mehr Spielraum zur Verfügung, als beim klassischen Goldstandard. Bei diesem kam der Handelsbilanz eine schlüssige Bedeutung zu. Wenn aufgrund des Handels in einem Staate ein Handelsbilanzüberschuss entstand (mehr Export als Import) hat die inländische Währung „I“ gegenüber einer ausländischen Währung „A“ an Wert zugenommen und gleichzeitig bedeutete dies einen Goldeinfluss in das Inland. Die ausländische Zentralbank musste daher Gold aus ihrem heimischen „Markt“ beziehen und dementsprechend die heimische Geldmenge schmälern. Dies wiederum führe zu steigenden Zinsen, was Investitionen ertragsreicher werden ließ. Dies führte in der Folge zu einem Anstieg des Wertes der Fremdwährung (Cash-Flows in das Ausland) und zu einem Ausgleich. Beim Golddevisenstandard waren die Leitwährungsländer von der Anpassungspflicht weitgehend ausgenommen.236 Wenn in einem Leitwährungsland, wie zum Beispiel in Großbritannien, ein Handelsbilanzdefizit entstand, konnte Großbritannien diesen in eigener Währung bezahlen. Damit sie dafür kein Geld drücken würden, waren alle Leitwährungsländer ihrerseits an die Golddeckung gebunden, weil es sonst zu inflationärem Druck kommen würde. Die nicht- Leitwährungsländer mussten hingegen das Zahlungsbilanzdefizit mit Fremdwährung (oder Gold) ausgleichen und zu diesen Ländern gehörte auch Deutschland. Dennoch kam es mit dem Golddevisenstandard zu geringeren Schwankungen der Fremdwährungskurse als dies beim klassischen Goldstandard der Fall war.237 Auch die Geldmenge im Umlauf blieb weitgehend stabil. Den Zentralbanken gelang es, durch Gold (und Reservewährungen) Zu- und Verkäufe die Störungen zu sterilisieren und das Preisniveau weitgehend zu wahren.238

Die Entwicklung in den späten 1920er Jahren, der Ausbruch der Weltwirtschaftskrise, sowie die Entwicklung am Anfang der 1930er Jahre führten zur Destabilisierung, die letztendlich zur Aufhebung und zum Untergang des Golddevisenstandards führte. Der Hauptgrund war die Inflation. Zum einen entschieden sich die Zentralbanken bereits in den 1920er Jahren für eine Hortung der Währungsreserven, anstatt diese für das Ausgleichen des Zahlungsbilanzdefizites

235 Währungskonferenz von Genua im Jahre 1922; vgl. Willi Albers u.a. (Hrsg.), Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft, 3. Band: Finanzen und Handelshemmnisse. New York-Tübingen-Zürich 1981, S. 706ff. 236 Hannes Androsch, Die Weltwirtschaftliche Herausforderung…und Konsequenzen für die Unternehmenspolitik. Wiesbaden 1990, S. 122. 237 Albers u.a., Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft, S. 706ff. 238 Selbstverständlich wartete keine Zentralbank, bis die Goldmenge tatsächlich zu- oder abnahm. Die Zentralbanken schlossen in der Zukunft fällige Kontrakte (FX Forwards) und tauschten temporär Devisen gegen die heimische Währung (FX Swaps), womit zumindest kurzfristige Wechselkursschwankungen wettgemacht werden konnten. 61

zu verwenden.239 Zum anderen zahlte Deutschland Reparationszahlungen an Frankreich und Großbritannien und diese zwei Staaten tilgten damit ihre Schulden in den USA. Von dort kam das Geld wieder in das Hochzinsland Deutschland.240 Den Hauptgrund sehen die Wirtschaftshistoriker jedoch in der Entscheidung Großbritanniens, im Jahr 1925 in den Golddevisenstandard mit einem zu niedrigen Pfund-Gold Wechselkurs gegenüber dem damaligen Marktkurs einzusteigen. Um den überbewerteten Pfund (der dazu noch den Status einer "Leitdevise" hatte) entgegenzuwirken, musste eine inflationäre Politik verfolgt werden, weil sonst die britische Zentralbank (Bank of England) ihr Versprechen, den Pfund jederzeit in Gold auszuzahlen, nicht hätte einlösen können, was wiederum eine „Flucht“ aus dem Pfund bewirkt hätte. Aufgrund der Stellung Großbritanniens im internationalen Währungssystem konnte Großbritannien mehr Geldnoten drücken und somit eine inflationäre Politik in Gang setzen. Dies zog eine "inflationäre Pyramide" nach sich, denn von nun an mussten alle Länder "inflationieren", um die Stärke des Britischen Pfunds - oder trefflicher gesagt - seinen Gold- Kurs zu schützen, da sie ja die eigenen Währungsreserven in britischer Währung hielten. Würde der Pfund an Wert verlieren, würde dies die Flucht ins Gold oder noch wahrscheinlicher in den US-Dollar nach sich ziehen. Dies würde den US-Dollar steigen lassen und das britische Szenario hätte sich in den USA wiederholt. Damit es dazu nicht kommen konnte, stieg die US- Zentralbank (Federal Reserve) auf eine lockere Geldmengenpolitik um. Es wurden mehr US- Dollar gedruckt, ohne Rücksicht auf das zu wahrende Deckungsverhältnis.

Aus dem gleichen Grund wie die Federal Reserve in den USA fingen auch andere Staaten mehr Geld zu drucken. Darunter auch Österreich und Deutschland („Weimarer Republik“), die mehr Schilling- und mehr Reichsmarkenscheine und Münzen in den Umlauf brachten. Das einzuhaltende Deckungsverhältnis ging somit langsam verloren. Rechtlich wurde dies durch das Aufweichen der sogenannten "Deckungsvorschrift" in Gesetzen und Zentralbankstatuten ermöglicht. Zwar musste immer noch die gesamte, im Umlauf befindliche, Geldmenge gedeckt sein, jedoch wurde die Währungsreserve deutlich erweitert und dabei umgestaltet. Anstatt einer einheitlichen Währungsdeckung, wurden eine Primärdeckung und eine Sekundärdeckung eingeführt. Die Primärdeckung bedeutete Deckung durch US-Dollar, Pfund („harte Währung“) oder Gold, die Sekundärdeckung bedeutete Deckung durch Schatzanweisungen und "gute Handelswechsel".241 In Deutschland betrug die Primärdeckung im Jahre 1931 unter 1/3 des gesamten Notenumlaufs.242

Die Vereinigten Staaten gingen mit dem Gelddruck zu weit und so verbilligte sich der US- Dollar gegenüber anderen Währungen zu sehr, wodurch eine Kreditblase entstand. Mit dem „billigen" Geld wurden vor allem Aktien gekauft.243 Im Oktober 1929 führte dies zum Börsencrash und der folgenden "Großen Depression", die sich später auf Europa und die

239 Albers, Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft, S. 706. 240 Androsch, Die Weltwirtschaftliche Herausforderung, S. 123. 241 Hans-Peter Ullmann, Der deutsche Steuerstaat. Geschichte der öffentlichen Finanzen vom 18. Jahrhundert bis heute. München 2005, S. 90ff. 242 Richard H. Tilly, Geld und Kredit in der Wirtschaftsgeschichte. Stuttgart 2003, S. 181. 243 Mathias Binswanger, Geld aus dem Nichts. Wie Banken Wachstum ermöglichen und Krisen verursachen. Weinheim 2015, E-Book, ohne Seitenangabe. 62

gesamte Welt ausweitete.244 Folglich kam es in Großbritannien zu einem Bank Run, sodass der britischen Zentralbank am Ende das Gold ausging. Im September 1931 suspendierte die britische Zentralbank die uneingeschränkte Goldeinlösungspflicht gegenüber dem Pfund, womit das bestehende Weltwährungssystem zusammenbrach.245 Die US Federal Reserve folgte im Jahre 1933 nach.246

Ab 1931 und bis zum Bretton-Woods-Abkommen im Jahr 1944/5 gab es kein einheitlich vereinbartes Weltwährungssystem.247 Das von den Zentralbanken gedruckte Geld (Münzen und Geldscheine) war deckungsloses "Papiergeld" mit frei schwankenden Wechselkursen. Im Jahr 1934 wurde seitens des US-Präsidenten Roosevelt die Goldparität des US-Dollars wieder aufgesetzt und von 20,67 USD/Goldunze auf 35 USD/Goldunze angehoben248. Gleichzeitig wurde der private Goldbesitz verboten und der Tausch von Gold zu Dollar nur noch im kommerziellen, zwischenstaatlichen Handel ermöglicht.249 Die übrigen Staaten, darunter auch Deutschland und Österreich, mussten sich selber helfen, wie sie wussten. Üblicherweise waren die Währungen, soweit möglich, teilweise an den US-Dollar und teilweise an Gold gebunden. In Frankreich, den Niederlanden, in Belgien und in der Schweiz wurde sogar der Golddevisenstandard beibehalten.250 Im Jahr 1936 gaben auch diese Staaten den Golddevisenstandard endgültig auf.251 In Deutschland wurde eine Devisenbewirtschaftung eingeführt. Dies bedeutete die Aufstellung von strikten Fremdwährungskontrollen („Devisenkontrollen“).252 Diese verboten es, die (heimische) Landeswährung zu exportieren und sie schränkten den Devisenhandel auf zwischenstaatlichen Handel ein.253

Die Deutsche Reichsbank und das deutsche Währungssystem Die Fremdwährungskontrollen („Devisenkontrollen“) wurden auch in Österreich und in Deutschland eingeführt. Weil dies die geschäftlichen Beziehungen hemmte und für Deutschland eine zusätzliche Barriere für die Einverleibung Österreichs bedeutete, schmiedeten die deutschen Regierungsstellen den Plan einer Währungsunion zwischen den beiden Ländern.254 Federführend dabei war die Deutsche Reichsbank. Diese wiederum war damals nur noch mit minimalen Selbstverwaltungsbefugnissen ausgestattet und stellte weitgehend einen verlängerten Arm der Reichsregierung dar. In Bezug auf die österreichische Wirtschaft

244 Aus dem Internet: www.rottmeyer.de/es-war-einmal-der-gold-devisen-standard/, abgerufen am 22.4.2017 um 14.19. 245 Binswanger, Geld aus dem Nichts, ohne Seitenangabe. 246 Albers, Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft, S. 706. 247 Horst Möller, Europa zwischen den Weltkriegen. München 1998, S. 89ff. 248 Alexander Michael Braun, So geht Gold. Die unvergängliche Währung: Chancen, Risiken, Hintergründe. München 2016, S. 40ff. 249 Gerd Hardach, Internationale Währungssysteme, in: Gerold Ambrosius u.a. (Hrsg.), Moderne Wirtschaftsgeschichte. Eine Einführung für Historiker und Ökonomen. München 2006, S. 338ff. 250 Albers, Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft, S. 706f. 251 Androsch, Die Weltwirtschaftliche Herausforderung, S. 123. 252 Notverordnung der Regierung von Heinrich Brüning vom 1. 8. 1932, RGBl. 1932, I., S. 421ff. 253 Albers, Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft, S. 159ff. 254 Angela Hermann, Der Weg in den Krieg 1938/39, Quellenkritische Studien zu den Tagebüchern von Joseph Goebbels. München 2011. S. 115f. 63

verfolgte Hitler eine „evolutionäre Strategie“, die ihren Ausdruck bereits im Abkommen von Berchtesgaden fand.255 Diese Strategie sah vor, Österreich wirtschaftlich immer mehr an das Deutsche Reich zu binden, bis es dem Reichskanzler „als reife Frucht in den Schoß fallen würde“.256

Die angedachte Währungsunion würde die Österreichische Nationalbank verpflichten, eine fixe Währungsrelation des österreichischen Schillings zur deutschen Reichsmark aufrechtzuerhalten.257 Gleichzeitig sollte auch das deutsche Devisenrecht in Österreich eingeführt werden.258 Tatsächlich würde dies eine gemeinsame Währung bedeuten.

Deshalb waren die Veränderungen im österreichischen Währungssystem beim „Anschluss“, sehr groß. Das Währungssystem der „Ersten Republik“ unterschied sich deutlich vom deutschen Währungssystem.

Im Gegensatz zu Österreich hatte Deutschland bereits seit dem Jahre 1924 ein einheitliches Bankgesetz.259 Die Verabschiedung dieses Gesetzes brachte wesentliche Konsequenzen für die Reichsbank mit sich und wurde noch von den Siegermächten des Ersten Weltkrieges beeinflusst. Einerseits wurde damit der (damalige) Golddevisenstandard mit entsprechenden Deckungsvorschriften für die Notenausgabe bei der Reichsbank vorgeschrieben, und andererseits, der sog. "Generalrat" der Reichsbank im erheblichen Maße den ausländischen Einflüssen unterworfen260. Dennoch erlangte die Reichsbank mit dem neuen gesetzlichen Rahmen eine weitgehende Unabhängigkeit von staatlicher Politik. Deshalb waren ihre Entscheidungen weitgehend eigenständig und sachkundig fundiert. Dadurch konnte eine relativ stabile Entwicklung der deutschen Währung, zumindest bis zum Jahr 1929, erreicht werden. Der "schwarze Donnerstag" und die damit verbundene Weltwirtschaftskrise hatte auch im Deutschen Reich ihre Konsequenzen, die vor allem im Juli 1931 mit dem Bankrott der "Darmstädter und Nationalbank" (Danat-Bank) ihren Höhepunkt erreichte.261 Ein Bank Run fand statt und am 13. Juli 1931 schloss die Reichsregierung alle Kreditinstitute und verfügte, dass sämtliche Zahlungen an Auslandsgläubiger in fremder Währung von der Reichsbank genehmigt werden müssen.262

Nach der Krise von 1929 verlor die Reichsmark mit dem Verfall des Golddevisenstandards die Außenkonvertibilität. Im internationalen Zahlungsverkehr konnte nunmehr mit Gold oder "harter Währung", die international konvertibel war, bezahlt werden. Auch Kredite bei internationalen Geldgebern lauteten immer auf Gold oder "harte Währung“, weshalb die

255 Ebd., S. 128f. 256 Jobst, u.a., Die Bank. Das Geld. Der Staat. Nationalbank und Währungspolitik in Österreich 1816-2016. Wien 2016, S. 189. 257 Angela Hermann, Der Weg in den Krieg 1938/39, S. 115. 258 Jobst, Die Bank. Das Geld. Der Staat, S. 189f. 259 RGBl. 1924, I., S. 235ff. 260 Der Generalrat wählte den Reichsbankpräsidenten und bestand aus 14 Mitgliedern, davon die Hälfte (7) Ausländern, die angesehene Finanzexperten sein mussten. Vgl. RGBl. 1924, I., S. 235ff. 261 Eckhard Wandel, Banken und Versicherungen im 19. und 20. Jahrhundert. Enzyklopedie Deutscher Geschichte Band 45. München 1998, S. 96ff. 262 Ebd., S. 97. 64

Schuldhöhe in "harter Währung" gegenüber internationalen Geldgebern, unverändert blieb. Die Deckungsvorschrift für die Reichsmark lief völlig außer Kontrolle und die Reichsbank hortete jedes Vermögen, mit dem sie internationale Schulden begleichen konnte. Im Juli 1931 hatte die Zentralbank nur noch einen Devisenbestand von 1,6 Milliarden RM.263 Während der 1930er Jahre zerfiel der Golddevisenstandard endgültig in sämtlichen Ländern, die versuchten, die an Gold und „harte Währung“ gebundene Außenkonvertibilität aufrecht zu erhalten. Die Lage wurde erst mit dem Gesetz über die Deutsche Reichsbank264 (Reichsbankgesetz) vom Juni 1939 übersichtlicher. Im §21 des „Reichsbankgesetzes“ galt für die Deckung der deutschen Reichsmark fortan folgende Regelung:

„Die Umlaufenden Noten der Deutschen Reichsbank müssen jederzeit gedeckt sein durch ihre Bestände

- an Wechseln und Schecks, - an Schatzwechseln, - an Wertpapieren, - an täglich fälligen Forderungen auf Grund von Lombarddarlehen.“ Diese Regelung ermöglichte eine deutliche Ausweitung der Ausgabe von Reichsmarken. Die Auslandsschuld des Deutschen Reiches blieb indes gleich hoch. Zur Notendeckung zugelassen wurden auch Gold und Devisen, über welche die Zentralbank jederzeit verfügen konnte. Sonst sah das „Reichsbankgesetz“ vor, den Bestand an Gold und Devisen nur so hoch zu halten, wie es nach eigenem Ermessen der Reichsbank notwendig war, um den Zahlungsverkehr mit dem Ausland sowie den Wert der Währung zu erhalten. Devisen im Sinne des §21 (Reichsbankgesetz) waren „kursfähiges ausländisches Geld, ..., im Ausland zahlbare und auf ausländische Währung lautende Wechsel und Schecks sowie täglich fällige Forderungen“, die im Ausland bei einer ausländischen Bank zahlbar waren. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass mit dem Reichsbankgesetz von 1939 die Reichsmark ein nur auf das Gebiet des Deutschen Reiches beschränktes Zahlungsmittel war, gedeckt durch Wechsel, Schecks, Wertpapiere und Forderungen. Diese Wechsel wurden von der Reichsbank rediskontiert und von den Unternehmen auf die diversen dafür geschaffenen Gesellschaften (wie die Metallurgische Forschungsgesellschaft) gezogen. Hitlers Vorgängerregierungen (Schleicher und Papen) erweiterten ebenfalls die monetäre Basis mit Wechseln, jedoch wurde dieses Instrument unter Schacht wesentlich verändert und ausgebaut. Wie weit die Reichsbank damit den Wert der Reichsmark sicherte, wozu sie als Zentralbank verpflichtet war, bleibt umstritten. Tatsache ist, dass die deutsche Wirtschaft im Jahre 1933 real um 6,3 % wuchs und sich relativ schnell aus der Stagnation löste.265

Betrachten wir die Entwicklung der Reichsbankbilanz, so sehen wir, dass die "außenwirtschaftliche Aktiva", also Gold und Devisen, als "gedecktes" Geld zunehmend durch

263 Ebd., S. 98ff. 264 RGBl. 1939, I., S. 1015ff. 265 Felix Butschek, Die österreichische Wirtschaft im 20. Jahrhundert. Wien 1985, S. 58f. 65

die "binnenwirtschaftliche" Aktiven abgelöst wurden. Die Reichsbank (der deutsche Staat) verschuldete sich somit immer mehr bei eigenen Unternehmen und der eigenen Bevölkerung. Zunehmend verlor die Reichsmark ihre Deckung durch Gold und Devisen, wobei die Geldbasis - aufgrund der Ausgabe von Wechsel - deutlich ausgeweitet und nicht geschmälert wurde. In den Folgejahren nach 1939 verlor die Reichsmark zunehmend ihre Deckung, denn "unter der nationalsozialistischen Regierung verschwand der Gold- und Devisenbestand bis auf einen unbedeutenden Rest". Während dessen stieg der Wechselbestand bei der Reichsbank zwischen 1932 und 1938 um das 3,5-fache, von 2,8 Milliarden RM auf 8,2 Milliarden. Mit der Eingliederung Österreichs in das "Großdeutsche Reich" verbesserte sich die Deckung der Reichsmark kurzfristig etwas. Hingegen ist der Zahlungsmittelumlauf deutlich gestiegen (um 1.100 Millionen RM).266

Die Österreichische Nationalbank (OeNB) und das Währungssystem in Österreich Der im Jahre 1925 mit dem Schilling-Rechnungsgesetz eingeführte Schilling war bis 1938 offizielles Zahlungsmittel in Österreich.267 Als Währung blieb der Schilling relativ stabil und erhielt deshalb die Bezeichnung "Alpendollar". Das war vor allem ein Verdienst der Österreichischen Nationalbank, die zur Wahrung der Währungsstabilität maßgeblich beitrug. Dazu war die Zentralbank gesetzlich verpflichtet.268 Die Stabilität des Schillings konnte, trotz allen politischen und wirtschaftlichen Umbrüchen, weitgehend gewahrt bleiben. Der Devisenverkehr wurde in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre von allen Beschränkungen befreit. In dieser Zeit des „freien Marktes“ konnte der Schilling die volle Parität mit dem US- Dollar erreichen.269 Die größte Herausforderung kam am Anfang der 1930er Jahre, als fast zeitgleich der Devisengoldstandard zusammenbrach und die größte Bank der Republik, die Creditanstalt, in die Krise schlitterte. Diese Bank wurde durch den Staat gerettet. Die Bankenkrise entwickelte sich in Österreich schrittweise zu einer Währungskrise, weil mit dem staatlichen Eingriff die Bankenprobleme nunmehr auch die Fiskalpolitik beeinträchtigten und dies wirkte sich auf die Währungsstabilität aus.270

Die Krise der Creditanstalt hatte einen Vertrauensverlust zur Folge, weshalb viele Sparer ihre Anlagen abhoben. Um die Sparguthaben an die Sparer ausbezahlen zu können, wurden Finanzwechsel der Creditanstalt an die Zentralbank zum (Re)Diskont eingereicht und von dieser diskontiert. Mehrmals forderten die Vertreter der Zentralbank ein Moratorium auf den Wechselkauf, der auf Druck ausländischer Gläubiger und der Regierung nie erlassen wurde. Die Krise erfasste nun das gesamte Bankensystem und auch die Spareinlagen bei anderen Kreditinstituten, überwiegend bei den Sparkassen, begannen ebenfalls zu sinken, sodass die Devisenmenge bei der Zentralbank kritisch klein wurde. Die Zentralbank wirkte dem mit einer stetigen Anhebung des Diskontzinssatzes entgegen, zunächst von 5 % auf 7,5 % und schließlich

266 Erbe, Die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik 1933–1939 im Lichte der modernen Theorie, S. 62ff. 267 Jobst, Die Bank. Das Geld. Der Staat., S. 166ff. 268 Bundesgesetz vom 14. November 1922 im BGBl. 1922 (Nr. 490), S. 951f. 269 Karl Bachinger u.a., Der österreichische Schilling. Geschichte einer Währung. Graz-Wien-Köln 1974, S. 86f. 270 Jobst, Die Bank. Das Geld. Der Staat., S. 176ff. 66

von 7,5 % auf gar 10 % p.a.271 Als die Britische Zentralbank am 20. September 1931 den Goldstandard aufgab, fing die OeNB bei der Devisenauszahlung äußerst restriktiv vorzugehen und führte schließlich am 9. Oktober 1931 eine Devisenbewirtschaftung ein. Damit fiel der gesamte Devisenverkehr unter die Kontrolle der Notenbank. Nach dem Zusammenbruch des Golddevisenstandards versuchte Österreich mit inländischen Reserven zu überleben. Höhere Steuern, Einfuhrbeschränkungen durch Zölle und wirtschaftlicher Protektionismus der heimischen Wirtschaft waren die Folge. Dies wirkte sich vor allem auf den Lebensstandard der Mittelschicht der Bevölkerung aus. Weil der Schilling keine hohe Parität mehr mit Gold hatte - diese fiel im Jahr 1931 von 87 % auf 25 % - tauschten die Menschen ihre Ersparnisse in ausländische, „harte Währungen“. Vor allem der Dollar stellte eine begehrenswerte Alternative dar. Die Zentralbank und die Regierung versuchten den Währungsumtausch soweit wie möglich zu unterbinden, weshalb sich ein Schwarzmarkt bildete, der vor allem in Wien blühte.272

Eine Verbesserung trat erst ein nachdem die „Lausanner Anleihe“ in der zweiten Jahreshälfte von 1933 emittiert wurde. Das war eine Anleihe mit Garantie der österreichischen Regierung, emittiert vom Völkerbund (mit Sitz in Lausanne) und mit einer Laufzeit von 20 Jahren (1933- 1953).273 Erst jetzt begannen die Menschen und Unternehmen wieder Vertrauen in die Kreditinstitute zu gewinnen und die Spareinlagen erhöhten sich ab 1934 wieder. Gleichzeitig konnte die OeNB den Diskontsatz wieder senken, der am 10. Juli 1935 auf 3,5 % p.a. reduziert wurde. Zur Währungsstabilität sollte von nun an ein jährlich ausgeglichenes Budget beitragen. Die beschriebenen Maßnahmen konnten jedoch lediglich ein status quo erhalten, nicht aber eine Konjunkturbelebung herbeiführen. Im Gegensatz zu anderen Staaten, gab Österreich der finanziellen und währungsmäßigen Stabilität Vorrang vor einer Konjunkturbelebung. Österreich wertete den Schilling nicht ab, weshalb die Wechselkurse relativ unverändert blieben.274 Die wirtschaftliche Entwicklung bis zum „Anschluss“ im Jahre 1938 verlief deshalb zögernd und langsam. Es mangelte vor allem an Investitionen. Deshalb stellte der Staat bis zum Jahr 1937 rund 365 Millionen Schilling zur Verfügung. Das waren gerade mal 0,7 % des Bruttonationalproduktes Österreichs.275

Durch das Ausbleiben einer Abwertung des Schillings wurde die heimische Währung de facto aufgewertet, was zwei wesentliche Folgen nach sich zog. Einerseits wurde die Rückzahlung von Fremdwährungskrediten des Staates verbilligt und andererseits wurden österreichische Waren im Ausland verteuert, was die Exporteure benachteiligte. Im Nachhinein wissen wir, dass dies ein Null-Summen-Spiel war, das sich auch nicht änderte, als der Staat den Exporteuren mit einer Staatshilfe unterstützend unter die Arme griff, denn für diese Hilfszahlungen verbrauchte der Staat fast den gleichen Geldbetrag, den er durch die Verbilligung von

271 Ebd., S. 179. 272 Ebd., S.180. 273 Ebd., S. 183. 274 Ebd., S. 187. Die Begründung dafür war, dass ein stabiler Wechselkurs einen Preisanstieg verhindern würde. Preiserhöhungen würden auch Lohnerhöhungen nach sich ziehen, dies sei aber damals nicht erträglich. Dazu kam noch der hohe Stand der Fremdwährungsverbindlichkeiten. 275 Ebd., S. 187. 67

Fremdwährungskrediten „einsparte“. Dabei belief sich die Gesamtschuld der österreichischen Volkswirtschaft in ausländischer Währung auf 50 % des Bruttonationalproduktes und die Schuld des (engeren) Staates machte 24 % des BNP aus. Eine reale Entlastung, die über alle Hilfszahlungen hinausging, brachte erst die Zinssenkung im Rahmen einer Konversion der Völkerbundanleihe bei gleichzeitiger Emission der Konversionsanleihe mit einer Verzinsung von 4,7 % p.a. Dadurch wurde auch das Defizit der Leistungsbilanz im Wesentlichen saniert.

Die Beseitigung negativer Krisenauswirkungen brachte eine erneute Steigerung von Fremdwährungs- und Goldreserven der Zentralbank mit sich. Die Währungsstabilität und das Vertrauen in den Schilling waren wieder hoch. Die negativen Auswirkungen der Krise auf die Geldpolitik, doch weitgehend auch auf die Fiskalpolitik, waren fast gänzlich saniert. Problematisch blieb weiterhin die relativ hohe Arbeitslosenzahl. Während im Deutschen Reich die Arbeitslosigkeit beseitigt wurde, betrug die Arbeitslosenquote in Österreich vor dem „Anschluss“ 22 %. Der Grund lag freilich darin, dass in Österreich kein Krieg geplant wurde und dementsprechend keine Rüstungswirtschaft aufgebaut wurde. 276

Für diese Entwicklung, mit allen Höhen und Tiefen, war hauptsächlich Viktor Kienböck als Präsident der Österreichischen Nationalbank verantwortlich. In finanz- und währungspolitischen Fragen war er fast fanatisch konservativ. Er hielt eisern an der Weiterführung der Deflationspolitik der 1920er Jahre fest. Dies vernichtete den Mittelstand und das Kleinbürgertum und war mitverantwortlich für die hohe Arbeitslosigkeit. Er hatte offenkundig auch großen Einfluss auf Kanzler Schuschnigg. Dieser stellte sich noch am 24. Feber 1938 in einer Rede vor dem Bundestag voll hinter Kienböck und verkündete seine Absicht, an der damals gegenwertigen Währungs- und Finanzpolitik, festhalten zu wollen.277

Die Sanierung der österreichischen Geldpolitik und vor allem der hohe Besitz an Gold und Fremdwährungsreserven der Zentralbank fielen den Berliner Regierungs- und Zentralbankstellen früh auf. Deshalb strebte Berlin nicht nur eine Währungsunion schon vor dem Anschluss Österreichs an, welche einen fixen Kurs des Schillings zur Reichsmark anstrebte und das deutsche Devisenrecht in Österreich einführen sollte, sondern eine Übertragung des Vermögens der Österreichischen Nationalbank auf die Deutsche Reichsbank.278 Die Aufstellung einer Währungsunion wurde ohnehin von den Ereignissen überholt. Bereits am 17. März 1938 wurde die Österreichische Nationalbank liquidiert. Mit der Verordnung zur Übernahme der Österreichischen Nationalbank durch die Reichsbank279 vom 17. März 1938 übertrug der Gesetzgeber die Geschäftsleitung der OeNB auf die Deutsche Reichsbank. Das Direktorium der OeNB sollte im Namen der deutschen Reichsbank die Liquidierung durchführen.280 Am 23. April 1938 wurden deutsche Gesetze im Bereich des Bank- und Münzwesens in der „Ostmark“ eingeführt. Bereits am 25. April 1938 verlor der Schilling seine Zahlungskraft. Die Währungsumstellung vom Schilling auf die Reichsmark

276 Ebd., S. 188. 277 Bachinger u.a., Der österreichische Schilling, S. 163 und 167. 278 Jobst, Die Bank. Das Geld. Der Staat., S. 190. 279 RGBl. 1938, I, S. 154. 280 Jobst, Die Bank. Das Geld. Der Staat., S. 190ff. 68

erfolgte zu einem Umtauschkurs von 1,50 Schilling für 1 Reichsmark. Die Deutsche Reichsbank plädierte für einen Kurs von 2:1.281 Wie hoch der Marktwechselkurs war, lässt sich fast nicht bestimmen, denn der „offizielle“ Berliner Kurs galt nur für den geringen Teil von Reichsmarkguthaben, die keinen devisenrechtlichen Beschränkungen unterlagen. Auch die umfassende Devisenbewirtschaftung der deutschen Wirtschaft erschwert die Berechnung eines „ökonomischen“ Wechselkurses. Die Preisentwicklung nach dem „Anschluss“ in der „Ostmark“ deutet dennoch auf eine Aufwertung des Schillings gegenüber dem „wahren“ und „richtigen“ Wechselkurs.282 Diese Überbewertung des Schillings führte in der Folge zu einer Benachteiligung von Devisen- und Goldbesitzern sowie von Eigentümern ausländischer Bankguthaben und ausländischer Wertpapiere, die ebenfalls zum Umtausch gezwungen wurden.

Betragsmäßig wurden im März 1938 aus Österreich in die Reichsbank folgende Summen an Gold- und Devisenreserven transferiert: 470 Millionen Schilling von der Notenbank und weitere 750 Millionen seitens des Publikums (der Öffentlichkeit).283 Dies ergab einen Barschatz von 574 Millionen Reichsmark zu Goldparität oder 813 Millionen Reichsmark zu effektiven Kursen. Der Wert aller Gold- und Devisenreserven wurde mit bis zu 2,450 Milliarden Schilling angegeben (=1.151 Millionen RM gerechnet über die Goldparität und 1163 Millionen RM über effektive Kurse). Seitens der deutschen Reichsbank wurden insgesamt 78.267 Kilo Feingold (Gegenwert: 467,75 Millionen Schilling) und 60,19 Millionen Schilling an Devisen und Währungswerten beschlagnahmt. Jene Gold- und Devisenreserven, die sich nicht in Österreich befanden, wurden innerhalb weniger Tage aus den ausländischen Depots abdisponiert. Durch verschärfte Devisenvorschriften wurde eine zwangsweise Goldabgabe von Gold aus dem Privatbesitz verfügt. Somit durften auch Unternehmen, Betriebe und Privatpersonen kein Gold oder Devisen mehr halten und mussten es bis zum 30. Juni 1938 abgeben. Daraus bekam die Deutsche Reichsbank weitere 13.000 Kilo an Feingold (Gesamtwert: 77,69 Millionen Schilling) und 148 Millionen Schilling an Devisen und Valuten.284 Insgesamt waren das 1200 Millionen Schilling. Dazu kam noch das Guthaben Österreichs aus bilateralen Verrechnungsabkommen (94 Millionen Schilling).285 Insgesamt verlor das ehemalige Österreich rund 1,8 Milliarden Schilling, was beim Reichsmark-Schilling Wechselkurs von 1,5 zu 1, umgerechnet 1,2 Milliarden RM ausmachte.286 Dies entsprach fast genau der Bilanzsumme des CA-Bankvereins im Jahr 1943.

Diversen Schätzungen zufolge wurden nach 1945 lediglich rund 65 % dieser Vermögenswerte an Österreich rückerstattet287.

281 Ebd., S. 189f 282 Ebd., S. 190ff. 283 Ebd., S. 189ff. 284 Oliver Rathkolb, u.a., Reichsbankanstalten 1938−1945 am Beispiel der Reichsbankhauptstelle Wien, Studie im Auftrag der Oesterreichischen Nationalbank. Wien 2013, S. 20. 285 Jobst, Die Bank. Das Geld. Der Staat., S. 190. 286 Rathkolb, Reichsbankanstalten 1938−1945 am Beispiel der Reichsbankhauptstelle Wien, S. 21. 287 Der Unterschiedsbetrag des Goldes (zwischen dem ausgeführten und wieder rückerstatteten) wurde im Jahre 1998 im Wert von 102,11 Millionen Schilling dem Internationalen Fonds für Opfer des Nationalsozialismus 69

Die Währungsumstellung ist auch deshalb von Bedeutung, weil damit der durch Gold und Devisen gedeckte Schilling durch großenteils ungedeckte Reichsmarken ersetzt wurde. Die Reichsmark-Banknoten, die im „Altreich“ am 30. August 1924 (Bankgesetz), eingeführt wurden, waren fortan auch in der „Ostmark“ das einzig zulässige Zahlungsmittel. Gleichzeitig wurde die deutsche „Devisenbewirtschaftung“ in der „Ostmark“ eingeführt. Dies geschah mit dem Gesetz über die Devisenbewirtschaftung288 (Devisengesetz), als dieser am 12. Dezember 1938 in der „Ostmark“ Gesetzeskraft erlangte. Mit diesem Gesetz wurden alle wesentlichen Aspekte behandelt, die Fremdwährungen berührten. Es wurde ein Devisenhandelsmonopol der Reichsbank eingeführt, eine Anbietungspflicht für ausländische Zahlungsmittel und Forderungen in ausländischer Währung, das Verbot des Im- und Exports inländischer Währung, eine hochheitliche Festsetzung des Devisenkurses und der Devisenerwerb unterlag einer Genehmigungspflicht.289

Gleichzeitig mit der Reichsmark-Einführung wurden auch die deutschen Preiskontrollen sowie deutsche Bahn- und Posttarife eingeführt, die unter den ehemaligen österreichischen lagen. Neben dem Preisstopp wurden ein Lohnstopp und die deutsche Umsatzsteuer eingeführt. Insgesamt rechnen die Geschichtsökonomen einen Rückgang an Lebenshaltungskosten von 2,3 bis 2,5 % bis Dezember 1938.290

zugewendet. Aus dem Internet: www.oenb.at/Ueber-Uns/unternehmensgeschichte/1938-1945.html, abgerufen am 25.4.2017 um 16.17. 288 RGBl. 1938, I., S. 1733ff. 289 Christoph Herrmann, Währungshoheit, Währungsverfassung und subjektive Rechte, Tübingen 2010, S. 169. 290 Jobst, Die Bank. Das Geld. Der Staat., S. 190. 70

Die gesetzlichen Grundlagen des deutschen Bankwesens

Die Reichsbank als Zentralbank und Aufsichtsorgan Die am Anfang der zwanziger Jahre errichtete Österreichische Nationalbank war von der jeweiligen Regierung sowie der Politik insgesamt weitgehend unabhängig und selbstständig. Es war mitunter genau diese Unabhängigkeit, die es ermöglichte, den österreichischen Schilling zu stabilisieren und über eine lange Zeitperiode bis zum "Anschluss" stabil zu halten.291 Dies gelang trotz vieler politischer Umbrüche sowie Bankenzusammenbrüche aus der ersten Hälfte der dreißiger Jahre. Jedoch gab es bei der damaligen Österreichischen Zentralbank keine einheitlich geregelte Aufsicht von Kreditinstituten. Erst mit der Einführung der Deutschen Gesetzgebung nach dem "Anschluss" wurden auch (ehemals) Österreichische Banken einer zentralen Aufsicht unterstellt.

Auch die Deutsche Reichsbank erlangte in der "Weimarer Republik" ihre Eigenständigkeit und Unabhängigkeit, wobei ihr ab Beginn der dreißiger Jahre zunehmend die Aufsicht über die Kreditinstitute gesetzlich auferlegt wurde. In dieser (unabhängigen) Deutschen Reichsbank ging mit der Verordnung über die Übernahme der Österreichischen Nationalbank durch die Deutsche Reichsbank292 (Bekanntmachung am 23. April 1938) des Statthalters Josef Bürckel auch die Österreichische Zentralbank auf.

Innerhalb weniger Tage änderte sich im österreichischen Zentralbankensystem fast alles. Während die Österreichische Nationalbank völlig unabhängig war, wurde die Deutsche Reichsbank immer mehr zu einer weisungsgebundenen Regierungsbehörde, die stufenweise ihre Unabhängigkeit verlor. Mit dem bereits erwähnten Gesetz über die Deutsche Reichsbank (Reichsbankgesetz) wurde das gesamtdeutsche Zentralbankwesen in der Regierungshand zentralisiert. Schon die Präambel des neuen „Reichsbankgesetzes“ ist bezeichnend:

„Die Deutsche Reichsbank untersteht als Deutsche Notenbank der uneingeschränkten Hoheit des Reichs. Sie dient der Verwirklichung der durch die nationalsozialistische Staatsführung gesetzten Ziele im Rahmen des ihr anvertrauten Aufgabenbereichs, insbesondere zur Sicherung der deutschen Währung.“

Mit diesem Gesetz wurde die Reichsbank dem Führer (somit Adolf Hitler) unmittelbar unterstellt (§1 des „Reichsbankgesetzes“) und war weiterhin eine juristische Person öffentlichen Rechts (§1 Abs. 2). Alle weiteren Paragraphe beziehen sich ebenfalls auf das „Reichsbankgesetz“. Ihre Aufgabe bestand in der Sicherung des Wertes der Reichsmark, sie hatte das alleinige Recht Banknoten auszugeben und ihr oblag auch die Regelung des gesamten in- und ausländischen Geld- und Zahlungsverkehrs (§2). Der Führer ernannte den Reichsbankpräsidenten und das Direktorium, die nach den Weisungen und der Aufsicht des Führers die Zentralbank zu leiten hatten.293 Sowohl der Reichsbankpräsident wie auch die Direktoriumsmitglieder waren jederzeit seitens des Führers, ohne Grundangabe, abrufbar (§4).

291 Ebd., S. 186ff. 292 RGBl. 1938, I., S. 154. 293 Buschmann, Nationalsozialistische Weltanschauung und Gesetzgebung 1933–1945, S. 65. 71

Der Präsident der Reichsbank musste bei dem Direktorium einen Beirat bilden, dessen Vorsitz er selbst Inne hatte und dessen Mitglieder ehrenamtlich tätig waren (§6). Somit ging die Eigenständigkeit der Deutschen Zentralbank verloren und sie war nur mehr ein Vehikel des Führers im Bereich des Geldwesens.

Ihr Aufgabenbereich wurde gesetzlich in §§13–20 des „Reichsbankgesetzes“ geregelt. Die Reichsbank war befugt, neben regulären Zentralbankoperationen, die auch heute von jeder Zentralbank ausgeführt wurden, Wechsel und Schecks zu kaufen und verkaufen sowie dem Reich Betriebskredite gewähren, deren Höhe der Führer bestimmte (§16, Abs. 1). Die Reichsbank durfte auch den Lombardenverkehr (Darlehen gegen Pfänder wie Wertpapiere) sowie bankmäßige Geschäfte für fremde Rechnung ausführen. Die Annahme von Wechseln (Akzepte von Wechsel) wurde der Reichsbank ausdrücklich untersagt (§18 Abs. 2).

Die Reichsbank hatte auch nach dem „Reichsbankgesetz“ "für die Nutzbarmachung der verfügbaren Geldmittel der deutschen Wirtschaft in gemeinnütziger und volkswirtschaftlich zweckmäßiger Weise" zu sorgen (§2). Die Deckungsvorschrift wurde aufgehoben, womit Reichsmarken in uneingeschränkter Menge ausgegeben werden durften. Der Reichskanzler konnte auch die Höhe der Kredite der Reichsbank an das Reich, den Staat, bestimmen (§13ff). Im Jahr 1942 übernahm die Reichsbank die 11 („altdeutschen“) Kassenvereine, deren Wertpapiersammel- und Abrechnungsgeschäfte294 und wurde dadurch zur einzigen Wertpapiersammelbank. Ab Jänner 1939 war als Reichsbankpräsident Walter Funk tätig, der gleichzeitig Reichswirtschaftsminister war, und blieb auf dieser Position bis Mai 1945.

Das Reichsaufsichtsamt für das Kreditwesen Als Folge von Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise auf das Kreditwesen, wurde im Deutschen Reich seitens der Regierung im Jahre 1933 ein Untersuchungsausschuss eingerichtet, der die Mängel in der Kreditwirtschaft aufsuchen und gesetzliche Maßnahmen für eine allgemeine Regelung der Bankenaufsicht vorbereiten sollte295. Das Ergebnis dieser Ausschussberatungen war das erste Gesetz im deutschsprachigen Raum, das die Aufsicht von sämtlichen Kreditinstituten (mit Ausnahme von öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten) regelte und das in seinen Grundbestandteilen noch heute gilt. In Österreich galt bis zum "Anschluss" kein vergleichbares Gesetz.

Das am 5. Dezember 1934 von der Reichsregierung verabschiedete Reichsgesetz über das Kreditwesen296 („Kreditwesengesetz“) verordnete die Errichtung des Aufsichtsamtes für das Kreditwesen bei der Reichsbank (§30ff). Als Exekutivorgan dieses Amtes fungierte ein Reichskommissar für das Kreditwesen (§33ff), dessen Befugnisse sehr umfassend waren und Beschwerden gegen seine Anordnungen nur in wenigen Fällen eingebracht werden konnten (§43). Mit diesem Gesetz wurde auch die generelle Gewerbefreiheit der Banken abgeschafft

294 Georg Opitz, Wegweiser im Depotgeschäft. Wiesbaden 1959, S. 28ff. 295 Holger-René Bruckhoff, Zur Entstehen der Zentralbanken und der Bankaufsicht in Deutschland und in den Niederlanden. Ein Rechtsvergleich aus rechtshistorischer und zeitgeschichtlicher Perspektive. Frankfurt am Main, S. 91ff. 296 RGBl. 1934, I., S. 1203ff. 72

und es bedurfte fortan einer Erlaubnis für die Ausübung von einzelnen Bankgeschäften, die unter anderem als Grund für die Verweigerung der Erlaubniserteilung das Fehlen eines Bedürfnisses nach weiteren Bankgeschäften anführte (§3ff).

Das „Kreditwesengesetz“ aus dem Jahr 1934 wurde bei "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 für alle Kreditinstitute verbindlich und unterstellte sie der Aufsicht der Deutschen Reichsbank beziehungsweise dem Aufsichtsamt für das Kreditwesen. Im September des Jahres 1939 wurde eine Neuerung des „Kreditwesengesetzes“ beschlossen.297 Das Aufsichtsamt für das Kreditwesen wurde aufgelöst und sein Aufgabenbereich dem Reichswirtschaftsminister übertragen (Art. 1), der in der Folge das Reichsaufsichtsamt für das Kreditwesen schuf (Art. 2). Dieses Amt übernahm im Wesentlichen den Aufgabenbereich des Reichskommissars für das Kreditwesen, also des Exekutivorgans der alten Aufsichtsbehörde und war dem Reichswirtschaftsministerium nachgeordnet. Bei der Ausübung seiner Tätigkeiten und Erlässen von Anordnungen hatte das Reichsaufsichtsamt, neben dem Kredit und Bankenpolitik, auch „allgemeinwirtschaftliche Gesichtspunkte“ zu beachten und für deren Umsetzung zu sorgen (Art. 5). Somit wird deutlich, wie im Laufe der Jahre, bis September 1939, eine selbstständige Aufsicht der Kreditinstitute verloren ging, dem Wirtschaftsminister mehr und mehr unterworfen war und lediglich ein Instrument zur staatlichen Wirtschaftslenkung geschaffen wurde. Dies umso mehr, wenn man bedenkt, dass in der Zwischenzeit auch die Selbstständigkeit der Reichsbank verloren ging und der Reichswirtschaftsminister mit dem Reichsbankpräsidenten in Personalunion die Zentralbank leiteten. Das gesamte Bank- und Zentralbankwesen, inklusive seiner Überwachung, wurde im Jahre 1939 in die Hände des Reichswirtschaftsministers gelegt.

Als sich die Kriegslage im Jahr 1944, sowohl im Osten, wie auch im Westen, drastisch verschlechterte und Joseph Goebbels als "Reichsbevollmächtigter für den totalen Kriegseinsatz"298 eine Vereinfachung des Staatsapparates vornehmen musste, wurde mit einer Verordnung299 vom 18. September 1944 das Reichsaufsichtsamt für das Kreditwesen aufgelöst und seine "hochheitlichen Eingriffs- und Aufsichtsbefugnisse gingen auf das Reichswirtschaftsministerium über, seine materiellen Überwachungsaufgaben wurden dem Reichsbankdirektorium übertragen"300. Da jedoch die Reichsbank ohnehin dem Reichswirtschaftsminister nachgeordnet war und ihre Selbstständigkeit bereits Ende der dreißiger Jahre verlor, änderte sich in dieser Hinsicht nichts.

297 RGBl. 1939, I., S. 1953ff. 298 Aufgrund der desaströsen Kriegslage mussten alle verfügbaren Kräfte und das gesamte öffentliche Leben der Rüstung zur Verfügung gestellt werden. Die Nationalsozialisten sprachen vom »totalen Krieg«, den Joseph Goebbels ausrief. Für diese Mobilisierungsaufgabe sollte ein Reichsbevollmächtigter für den totalen Kriegseinsatz bestellt werden. Dies wurde im Juli 1944 Joseph Goebels. (vgl. Christoph Studt, Das Dritte Reich in Daten. München 2002, S. 234. 299 RGBl. 1944, I., S. 211ff. 300 Bruckhoff, Zur Entstehen der Zentralbanken und der Bankaufsicht in Deutschland und in den Niederlanden, S. 92. 73

Die Sparkassen 1938−1945 Die Sparkassen wurden traditionell entweder von einer Gemeinde (Gemeindesparkasse) oder von einem Verein (Vereinssparkasse) gegründet. Die Gemeinde oder der Verein haften für die Verbindlichkeiten des Kreditinstituts als Ausfallsbürge. Heute handelt es sich oft gar nicht mehr um Kreditinstitute im Sinne des Bankwesengesetzes, weil das Bankengeschäft in eine Sparkassen-AG ausgelagert wurde (Anteilsverwaltungssparkassen)301.

Ein wesentliches Merkmal, welches die heutigen Sparkassen (und Landeshypothekenanstalten) gegenüber der (Vor)Kriegszeit unterscheidet, ist ihre juristische Form. In der Zeit der ersten österreichischen Republik waren die Sparkassen ausnahmslos eigentümerlose Kreditinstitute (Anstalten). Unter einer Anstalt versteht man eine verselbstständigte Verwaltungseinheit von persönlichen und sachlichen Mitteln, die von einem Träger öffentlicher Verwaltung, für die Erfüllung einer besonderen Verwaltungsaufgabe, errichtet wurde.302 Die Sparkassen wurden gegründet um auch „ärmeren Bevölkerungsschichten zu ermöglichen, Kapital zur Alters- oder Risikovorsorge zurückzulegen.“303 Dies war auch der Gründungsgedanke sowohl bei der Steiermärkischen als auch bei der Kärntnerischen Sparkasse.304

Die österreichischen Sparkassen vor dem „Anschluss“ Die Geschichte des österreichischen Sparkassenwesens ist tief mit der Geschichte der Donaumonarchie, sowie der ersten österreichischen Republik verbunden und verlief rechtlich und zeitgeschichtlich bis zum „Anschluss“ völlig unabhängig vom deutschen Sparkassenwesen. Die ersten Sparkassen wurden in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als Gegengewicht zu den Privatbanken, gegründet. Bis zum Jahr 1844 konnten nur Vereine Sparkassen gründen. Im Jahr 1844 wurde das "Sparkassen-Regulativ" erlassen und ab da konnten auch Gemeinden Sparkassengründungen vornehmen.305 Das „Sparkassen- Regulativ“ war im Wesentlichen auch nach dem Zerfall der Monarchie die rechtliche Grundlage für das österreichische Sparkassenwesen. Die einzige Neuerung dieses Regulativs kam nach dem Börsencrash des Jahres 1873, als Sparkassen gestattet wurde, eigene Kreditvereine306 zu gründen. Damit beteiligten sie sich erstmals aktiv am Kreditgeschäft. Vorher konnten sie nur Spareinlagen entgegennehmen und diese Gelder in Staatswertpapiere veranlagen. Mit dem Gewinn sollten (je nach Satzung) gemeinnützige Projekte finanziert werden.

Mit der Aufnahme des Kreditgeschäfts, welches immer mehr an Bedeutung gewann, stießen die Sparkasseninstitute an die Grenze ihrer Finanzierungsmöglichkeiten und mussten

301 Thomas Ratka, u.a., Unternehmens- und Gesellschaftsrecht, Band II: Gesellschaftsrecht. Wien 2013, S. 479ff. 302 Franz-Joseph Peine, Allegemeines Verwaltungsrecht. E-Book. Heidelberg, u.a. 2014, S. 332. 303 Ebd., S. 480f. 304 Helmut Rumpler, Die Kärntner Sparkasse als Wirtschaftsfaktor des Landes Kärnten im 19. Jahrhundert, Zur Vereinsgeschichte der Kärntner Sparkasse 1834–1914, in: Fritz Jausz (Hg.), Geld und Wirtschaftsentwicklung in Kärnten seit dem Vormärz, Festschrift aus Anlaß des 150-jährigen Bestandes der Kärntner Sparkasse. Klagenfurt 1985, S. 27ff. 305 Theodor Venus, Die Zentralsparkasse der Gemeinde Wien im Nationalsozialismus, in: Österreichische Banken und Sparkassen im Nationalsozialismus und der Nachkriegszeit, Band 2. München 2006, S. 513f, hier: S. 514. 306 www.sparkasse.at/salzburg/wir-ueber-uns/sparkassengruppe/geschichte, 27.4.2017, 21.11 Uhr. 74

zunehmend zusammenarbeiten. Ein weiteres Problem stellten die großen Liquiditätsschwankungen dar. Zunächst erfolgte die Zusammenarbeit mit anderen Instituten auf bilateraler und vertraglicher Ebene, doch bald merkten die Sparkassenvereine, dass für den Liquiditätsmittellausgleich sowie für die gegenseitige Unterstützung bei größeren Kreditvergaben, eine gesamtösterreichische Organisation, eine Sparkassenvereinigung, nötig wäre.

Im Jahr 1901 wurde die "Centralbank der Deutschen Sparkassen" gegründet und im Jahre 1905 wurde in Wien der "Reichsverband Deutscher Sparkassen in Österreich" (heute Österreichischer Sparkassenverband) als eine gesamtösterreichische Interessensvertretung ins Leben gerufen. Im Jahr 1919 wurde für alle Angestellten das Beamtendienstgesetz eingeführt und im Jahre 1921 musste jede Anstalt im Rahmen der Sparkassenverwaltungsreform ein Kuratorium als Aufsichtsorgan einführen.307

Die staatliche Aufsicht über die Sparkassen übernahm das Bundesministerium für Inneres und Unterricht308 in Wien und später das Bundeskanzleramt. Nach der Inflationskrise in den Jahren 1921-24 erlaubte das Innenministerium eine Ausweitung des Dienstleistungsbereiches der Sparkassen auf das Effekten-, Devisen- und Valutengeschäft sowie das kurzfristige Ausleihungsgeschäft309 (Betriebsmittelkredit und Pfanddarlehen). In dieser Zeitperiode traten auch sämtliche Sparkassen dem Reichsverband Deutscher Sparkassen als Dachverband bei. Der Name dieser Dachorganisation mag trügerisch sein, denn der Reichsverband war eine österreichische Organisation und hatte nichts mit dem deutschen Sparkassenwesen zu tun.

Die „Centralbank der deutschen Sparkassen“, auch eine gänzlich österreichische Organisation, geriet wegen Spekulationsgeschäfte 1926 in Zahlungsunfähigkeit und musste vom Staat (Regierung Ramek) gestützt werden,310 schlitterte danach aber trotzdem in den Konkurs. Damit ging diese Bank verloren. Die „Centralbank“ war offiziell zwar nicht das Spitzeninstitut der österreichischen Sparkassen, wurde jedoch als solches betrachtet, da ein Drittel311 der von ihr verwalteten Spareinlagen von den Sparkassen stammte. Ein Spitzeninstitut österreichischer Sparkassen wurde erst im Jahre 1936/7 erneut aufgestellt.312 In der Zwischenzeit (1926 bis 1937) haben sich die einzelnen Anstalten mit Kooperationen und Anbindungen an die deutschen Sparkassenverbände ihren Mittelausgleich zu beschaffen gesucht.

Am 13. Juli 1935 wurde im österreichischen Ständestaat das Bundesgesetz betreffend die Verwaltung von Sparkassen313 (»Sparkassenverwaltungsgesetz«) eingeführt, welches Änderungen im Verwaltungsbereich von Sparkassen mit sich brach. Mit diesem Gesetz wurde

307 Ebd. 308 Venus, Die Zentralsparkasse der Gemeinde Wien im Nationalsozialismus, S. 516. 309 www.sparkasse.at/salzburg/wir-ueber-uns/sparkassengruppe/geschichte, 27.4.2017, 21.11 Uhr. 310 Venus, Die Zentralsparkasse der Gemeinde Wien im Nationalsozialismus, S. 517. Die Einführung und Konsolidierung der Schillingwährung verursachte bei Kreditinstituten, die mit Fremdwährungen spekuliert haben, große Verluste, weshalb viele Kreditinstitute während der Zwanziger Jahre in den Konkurs schlitterten. 311 Ebd., S. 517. 312 Ebd., S. 519. 313 BGBl. 1935, Nr. 296. 75

vor allem die Organisation der Anstalten österreichweit vereinheitlicht. Jede Sparkasse hatte einen Verwaltungsausschuss314 (=Aufsichtsrat), aus dessen Mitte ein Vorstand gewählt wurde (§1). Die Mitgliederanzahl des Verwaltungsausschusses musste zwischen 7 und 16 liegen (§2 Abs. 1). Der Vorstand musste aus mindestens 3 und höchstens aus 7 Mitgliedern (§2 Abs. 2) zusammengesetzt sein und vertrat die Sparkasse nach Außen uneingeschränkt (§9ff). Diesen zwei Organen oblag die gesamte Verwaltung und Geschäftsführung (§18). Mitglieder des Verwaltungsausschusses durften nur "vaterlandstreue, österreichische Bundesbürger sein" (§3 Abs. 1) und wurden für eine Amtsperiode von 6 Jahren (§20) seitens des Gemeindetages, Körperschaft oder Vereins gewählt, wobei jede zwei Jahre ein Drittel der Mitglieder ausscheiden und neue Mitglieder gewählt werden mussten (§20). Der Bürgermeister einer Haftungsgemeinde gehörte kraft seines Amtes dem Verwaltungsausschuss an (§19). Die Aufsichtsbefugnis vom Bundeskanzleramt wurde geteilt: das Bundeskanzleramt behielt die organisatorische Aufsicht, die finanzielle Aufsicht wurde dem Finanzminister übertragen.315 Die Satzungen von Sparkassen mussten dem neuen Gesetz angepasst werden (§26 Abs. 2). Die Art der Geschäfte, zu denen die Sparkassen befugt waren, änderte sich nicht wesentlich (§27). Die Landesverbände wurden unverändert belassen. Anstelle des Reichsverbandes der Sparkassen trat der Fachverband des Finanzbundes, der am Beginn des Jahres 1936 seine Tätigkeit aufnahm.316 Dieser nahm die Interessensvertretung von Sparkassen wahr.

Die Rahmenbedingungen für die Machtergreifung in "ostmärkischen" Sparkassen Im Gegensatz zum österreichischen ging das deutsche Sparkassensystem aus dem preußischem Sparkassensystem hervor. Dieses wurde im gesamten Deutschen Reich angewandt. Das österreichische Sparkassensystem hatte geschichtsrechtlich eine gänzlich verschiedene Entwicklung hinter sich. Die deutschen Sparkassen waren deutlich selbstständiger und unabhängiger von der staatlichen oder regionalen politischen Macht. Sie waren allesamt öffentlich-rechtliche Gebilde und keine Anstalten im engeren Sinne, oder Kaufleute im Sinne des Handelsgesetzbuches (HGB), wie dies in Österreich der Fall war. Diese Unterschiede bedingten unterschiedliche organisatorische und personelle Verhältnisse. Nach dem „Anschluss“ wurden aufgrund der Einführung deutscher Gesetze und Verordnungen personelle und organisatorische Veränderungen im ehemaligen österreichischen Sparkassenwesen durchgeführt. Dass diese Veränderungen durchgeführt werden konnten, geht vor allem auf die rechtliche Grundlage der österreichischen Sparkassenorganisation zurück, denn gerade die starke Anbindung an die Politik wurde den Sparkassen zum Verhängnis.

Auf Grundlage des Artikels 1 § 2 NotV3 der (deutschen) Reichsverordnung317 vom 6. Oktober 1931 wurden alle Vereinssparkassen im ehemaligen Österreich nach deutschem Recht in

314 Der Verwaltungsausschuss der Kärntnerischen und der Steiermärkischen Sparkasse wurde seitens des Landeshauptmannes bestellt. 315 Venus, Die Zentralsparkasse der Gemeinde Wien im Nationalsozialismus, S. 520. 316 Ebd., S. 521f. 317 Vgl. Dritte Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen: §2: Die Spar- und Girokassen, die unselbstständige Einrichtungen von Gemeinden, Gemeindeverbänden oder sonstigen öffentlichen Körperschaften sind, sind zu Anstalten mit eigener Rechtspersönlichkeit umzugestalten. Insoweit die Gemeinde, der Gemeindeverband oder die Körperschaft nach 76

öffentlich-rechtliche Körperschaften unter Haftung der Gewährverbände umgewandelt. Somit erhielten sie eine eigene Rechtspersönlichkeit. Es wurde das deutsche Kreditwesengesetz eingeführt318, sowie die Mustersatzung nach dem Vorbild Deutscher Sparkassen aus den Jahren 1932/34. Damit wurde die Anonymität im Sparkassengeschäft aufgehoben. Neuerungen gab es auch im Zahlungsverkehr, das gänzlich umgestaltet wurde, in dem ein neues Überweisungssystem sowie Gehaltskonten und Bankleitzahlen eingeführt wurden. Auch Haben- und Sollzinsabkommen wurden abgeschlossen.319

Im Jahr 1938 wurde der Verwaltungsausschuss als Aufsichtsorgan (Aufsichtsrat) abgeschafft und der Vorstand mit einem Vorstandspräsidenten (und Vizepräsidenten) sowie mehreren Vorstandsmitgliedern umgestaltet. Die Funktionen des Verwaltungsausschusses wurden auf das deutsche Reichsministerium für Wirtschaft und Arbeit übertragen. Die unmittelbare Aufsicht oblag dem Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich.320 Der Reichskommissar erhielt seitens des Reichswirtschaftsministeriums Weisungen und Verordnungen, denen er danach in der „Ostmark“ die Kraft eines Gesetzes verlieh. Nachdem Österreich mit dem Deutschen Reich „wieder“ vereint war und der Reichskommissar seine Tätigkeit beendete, ging die unmittelbare Aufsicht über die Sparkassen auf die jeweiligen Reichsstatthalter über. Die Verordnungen und Erlässe des Reichswirtschaftsministeriums gingen jetzt an die Reichsstatthalter.

Noch während der Tätigkeit des Reichskommissars für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich konnten nicht alle Weisungen des Reichswirtschaftsministeriums in Österreich Anwendung finden, weil die Sparkassensysteme noch zu unterschiedlich waren und die Verordnungen des Ministeriums auf preußischen Gesetzen aufbauten. Deshalb wurden nur diejenigen Verordnungen im Bereich des Kreditwesens durchgeführt, die in der „Ostmark“ durchführbar waren oder sie sollten zweckmäßig den „ostmärkischen“ Verhältnissen angepasst werden. Diese Vorgehensweise wurde auch später beibehalten, als die Reichsstatthalter die Aufsicht übernahmen. Es wurde auf ein neues, einheitliches, gesamtdeutsches Sparkassengesetz gewartet, welches nie kam. 321

Von den Gesetzen und Verordnungen die bald nach dem „Anschluss“ in der „Ostmark“ angewendet wurden, befand sich die „neue“, deutsche, Mustersatzung322 (MuSa). Diese machte wesentliche personelle Entscheidungen von einer Zustimmung staatlicher Behörden abhängig

der bisherigen Rechtslage für die Verbindlichkeiten der Spar-, oder Girokasse haftet (Gewährverband), bleibt diese Haftung für die bisherigen und künftigen Verpflichtungen bestehen. 318 Erste Bekanntmachung des Reichskommissars für das Kreditwesen zur Einführung des Reichsgesetzes über das Kreditwesen im Lande Österreich (GBl. für das Land Österreich vom 30. Dezember 1938, Nr. 702) 319 www.sparkasse.at/salzburg/wir-ueber-uns/sparkassengruppe/geschichte, 27. 4. 2017, 21.11 Uhr. 320 Wolfgang Fritz, Fortschritt und Barbarei. Österreichs Finanzverwaltung im Dritten Reich, Wien-Berlin 2011, S. 325ff. 321 Venus, Die Zentralsparkasse der Gemeinde Wien im Nationalsozialismus, S. 539ff. 322 Mustersatzung für Sparkassen vom 26.8.1932 (MBliV 1932, S. 853) in der Fassung vom 27. 12. 1934 (MBlWiA 1935, S. 2). 77

und minderte die Abhängigkeit einer Sparkasse vom Gewährträger.323 Damit war eine gängige Einflussnahme der NSDAP auf die Personalpolitik gewährleistet. Laut der Mustersatzung mussten die staatlichen Organe in folgenden Fällen um ihre Zustimmung ersucht werden:

- Die Bestellung der Vorstandsmitglieder bedurfte einer Bestätigung (§4), - Staatliche Genehmigung für die Anstellung, Versetzung und Entlassung des Sparkassenleiters (§9 Abs. 1), - Die Entlassung des Sparkassenvorstandes bedurfte einer Genehmigung nach (§13), - Staatliche Genehmigung für die Errichtung, Verlegung und Erweiterung von Zweigstellen nach (§3). Die Sparkassen waren somit bei der Übernahme der politischen und administrativen Organe des ehemaligen österreichischen Staates und seiner Länder den neuen Machthabern weitgehend wiederstandlos ausgeliefert. Die Bestellung von Leitungsorganen konnte nicht ohne politische Einwilligung vollzogen werden.

Zudem wurde mit der Verordnung über Maßnahmen auf dem Gebiete des Bank- und Sparkassenwesens324 vom 5. Dezember 1939 der Reichswirtschaftsminister auf dem Gebiet des Sparkassenwesens (und des Kreditwesens insgesamt) ermächtigt, die zu einer zweckmäßigen Gestaltung der Organisation erforderlichen Maßnahmen zu treffen (§1). Dies bedeutete, dass er Kreditinstitute neu errichten, aufheben, zusammenschließen oder umwandeln konnte, bestehende Satzungen ändern, neue Satzungen einführen und hierbei die zur Abwicklung der Geschäfte und zur Auseinandersetzung zwischen den Beteiligten erforderlichen Anordnungen treffen (§1) durfte. Dabei konnte er sogar vom bestehenden Recht (beliebig) abweichen (§1). Die Gültigkeit dieser Verordnung sollte, wie zunächst vorgesehen, mit dem 31. Dezember 1940 enden (§4), sie wurde jedoch vor dem Auslaufdatum auf unbestimmte Zeit verlängert.

In den Jahren 1940-1945 wurde die Mustersatzung insbesondere in der „Ostmark“ mehrmals verändert325 und den regionalen Bedürfnissen, sowie der Geschäftsentwicklung, angepasst. Diese Änderungen waren jedoch unwesentlich und daher sollte an dieser Stelle auf ihren Inhalt verzichtet werden.

Die wesentlichen gesetzlichen Bausteine des österreichischen und „ostmärkischen“ Sparkassenwesens (Sparkassen-Regulativ, das Sparkassenverwaltungsgesetz und die Mustersatzung in ihrer letzten Fassung aus dem Jahr 1941) blieben bis zum 31. Dezember 1969 in Kraft. Mit 1. Jänner 1970 wurden sie durch das Sparkassengesetz von 1969 ersetzt326.

Die Aufsicht der Sparkassen oblag dem Reichsaufsichtsamt für das Kreditwesen sowie einer Kontrolle der Reichsbank. In diesem Zusammenhang war vor allem das Zustandekommen von Mehrheitsbeschlüssen bei Spitzenverbänden von wesentlicher Bedeutung. Falls ein

323 Heinrich Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen. Die Sparkassen als Selbstverwaltungsträger und ihr Verständnis zum Staat in der Bundesrepublik Deutschland. Berlin 1962, S. 107ff. 324 RGBl. 1939, I., S. 2413. 325 So zum Beispiel die Anordnung des Reichswirtschaftsministers vom 3. 12. 1941 IV Kred. 5068/41, über die Abänderung der für die Sparkassen der Ostmark geltenden Mustersatzung. 326 BGBl. 1969, Nr. 278. 78

Mehrheitsbeschluss unter den Mitgliedern der Spitzenverbände nicht zustande kam, was vor allem bei Zins- und Provisionssätzen passieren konnte, die diese Spitzeninstitute für sämtliche Mitglieder für verbindlich erklärten (oder wiederriefen), hatte das Reichsaufsichtsamt im Einvernehmen mit dem Reichsbankdirektorium die Möglichkeit, selbst entsprechende Bestimmungen für die Spitzeninstitute von Kreditinstituten zu erlassen. Die Kosten mussten dabei von den Kreditinstituten selbst getragen werden. Sollte aufgrund eines vom Reichsaufsichtsamt erlassenen Beschluss einem Kreditinstitut oder dem Spitzenverband eines Kreditinstitutes ein Schaden verursacht worden sein, so konnte dieser nicht vom Aufsichtsamt geltend gemacht werden.

Damit wurde die deutsche Rechtslage auch in Österreich eingeführt und stellte einen Prozess dar, welcher im Bankwesen bis zum Jahr 1941 weitgehend abgeschlossen wurde.

Gänzlich anders gestaltete sich die rechtliche Lage, die die Organisation des Sparkassenwesens betraf. Die neuen Machthaber erwarteten nämlich eine schnelle Eingliederung des österreichischen in das deutsche Sparkassensystem und ernannten Hans Stigleitner, ab Jänner 1938 Generalsekretär der Ersten österreichischen Spar-Casse, zum „Bevollmächtigten der NSDAP in allen Sparkassenangelegenheiten“327. Das Berliner Reichswirtschaftsministerium wünschte sich eine schnelle und reibungslose Eingliederung der Girovereinigung in die „altdeutsche“ Girozentrale, mit Sitz in Berlin, wenn nötig, auch per Notverordnung328. Doch dazu kam es nicht. Am 1. April 1938 nahm die (1937 gegründete) Girovereinigung der österreichischen Sparkassen (als Aktiengesellschaft) ihre Tätigkeit auf und sollte eine Zentralstelle für den gesamten Giroverkehr in Österreich darstellen, sowie - bei Bedarf - Hilfskredite und Liquidität für die Sparkassen zur Verfügung stellen.329 Die Girovereinigung wurde im Jahr 1940 im Zuge einer Gesamtrechtsnachfolge auf die (neue) Girozentrale der ostmärkischen Sparkassen übertragen330. Zu einer Fusionierung der „ostmärkischen“ Girozentrale mit der „Altreichsgirozentrale“ kam es nie.

Die Frage, warum es – bei allen Schließungen und „Säuberungen“ österreichischer Organisationen und Institute – möglich war, gerade im Sparkassensektor ein eigenständiges Spitzeninstitut zu erhalten, kann aufgrund von zur Verfügung stehenden Dokumenten, nicht eindeutig beantwortet werden. Dennoch scheint dies der Verdienst von Hans Stigleitner zu sein, obgleich er ernannt wurde, um eine Vereinigung mit der deutschen Sparkassenorganisation durchzuführen. Er war zwar seit 1925 Mitglied der Großdeutschen Partei, die deutschnational und antisemitisch331 eingestellt war, doch er war auch Bundeswirtschaftsrat im österreichischen Ständestaat. Sein Rundschreiben332 vom 18. März 1938 zeigt, dass er persönlich nicht für eine

327 www.biographien.ac.at/oebl/oebl_S/Stigleitner_Hans_1899_1945.xml, abgerufen am 29.4.2017 um 21.53 Uhr. 328 Venus, Die Zentralsparkasse der Gemeinde Wien im Nationalsozialismus, S. 539ff. 329 www.sparkasse.at/salzburg/wir-ueber-uns/sparkassengruppe/geschichte, 27.4.2017, 21.11 Uhr. 330 Anordnung des Reichswirtschaftsministers Kred. 6475/39 vom 19. 12 .1929. 331 Walter Pichler, Die Rolle der österreichischen Sparkassen bei der Finanzierung des 1. und 2. Weltkrieges. Dipl.- Arb. Salzburg 2004, S. 75. 332 Walter Pichler, Arbeitswelt ostmärkische Sparkassen. Eine Durchleuchtung der Arbeitssituation der Gefolgschaften in den ostmärkischen Sparkassen während der NS-Herrschaft und anschließenden Entnazifizierung. Diss. Salzburg 2008. 79

völlige Zusammenschließung von „ostmärkischen“ und deutschen Sparkassenorganisationen war.

„Die weltgeschichtlichen Ereignisse der letzten Zeit, welche die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reiche gebracht haben, erfordern eine Reihe von Maßnahmen, welche die Eingliederung der Sparkassen Österreichs in die große Organisation der Sparkassen des Deutschen Reiches zum Ziele haben. Die NSDAP hat in Österreich die Macht übernommen, so dass bei allen von einer öffentlichen Körperschaft garantierten Sparkassen in den Verwaltungsorganen (Verwaltungsausschuss und Vorstand) entsprechende Veränderungen vorgenommen werden müssen. (...) Die österreichischen Sparkassen müssen ihren Ehrgeiz darin setzen, in kürzester Zeit die Überführung in die große Organisation der deutschen Sparkassen durchgeführt zu haben, um dann mit aller Kraft die ihnen im nationalsozialistischen Lande Österreich und im Rahmen des großen Deutschen Reiches gestellten großen wirtschaftlichen Aufgaben erfüllen zu können.“

Betrachtet man diesen Text näher und liest „zwischen den Zeilen“, dann kann man sehen, dass nicht er persönlich, sondern die weltgeschichtlichen Ereignisse gewisse Maßnahmen erfordern (und nicht umgehend verlangen), er also keine dieser „Maßnahmen“ als unabdingbar in Aussicht stellt. Er nennt auch keine Organisation beim Namen, sondern spricht generell von den Sparkassen Österreichs. Im Weiteren spricht er lediglich von einer Überführung (der bestehenden Strukturen) und nicht über einen Anschluss oder über eine Zusammenlegung. Dabei nennt er immer wieder Österreich im Rahmen des Großen Deutschen Reiches obwohl es Österreich als Staatsgebilde nicht mehr gab. Dies sind zwar nur Indizien, doch es bleibt eine geschichtliche Tatsache, dass sich die „ostmärkischen“ Sparkassen erstaunlich wirksam einer organisatorischen Eingliederung in das deutsche Sparkassenwesen, entgegenstellten333.

Neben seinen persönlichen Präferenzen konnte er bei Verhandlungen mit Reichsdeutschen Behörden in Berlin feststellen, dass es bei Sparkassenrepräsentanten zwei „Lager“ gab: diejenigen, die einem einheitlichen Spitzeninstitut grundsätzlich feindlich gegenüberstanden, unabhängig davon, ob es sich um ein „ostmärkisches“ oder „altdeutsches“ Institut handelte, und jene, die für eine Zusammenlegung waren. Unter letzteren befanden sich vor allem politische Funktionäre des deutschen Reichswirtschaftsministeriums. Stigleitner nutzte dies bei Verhandlungen geschickt aus um für die „Ostmark“ eine eigene Girovereinigung beibehalten zu können und so die organisatorische Unabhängigkeit „ostmärkischer“ Sparkassen gewährleisten zu können.334

Ein weiterer Grund, warum der Wunsch des Reichswirtschaftsministeriums nicht in Erfüllung ging waren die Turbulenzen nach dem 12. Mai 1938, als es nach der Schalter-Wiedereröffnung zu einem Bank Run kam. Viele Sparer hoben ihre Einlagen ab, sodass sämtliche „österreichische“ Sparkassen einen Einlagenabfluss verzeichneten. Die (neuen) Machthaber versuchten dem durch Abhebungsgrenzen und Kontensperren vorzubeugen, aber dennoch verminderte sich der Einlagenstand in den ersten Tagen nach dem „Anschluss“ gravierend und

333 Venus, Die Zentralsparkasse der Gemeinde Wien im Nationalsozialismus, S. 539. 334 Ebd., S. 546ff. 80

hörte erst Ende März 1938 zu fallen auf. Danach stieg er zwar, doch die Schilling- Abschlussbilanz zeigt bei jenen Instituten, für welche Daten vorliegen, immer noch einen Einlagenrückgang. Offenkundig wollten die neuen Machthaber Sparkassen, deren Einlagen sie sich später bedienen sollten, in so turbulenten Zeiten so wenig wie möglich stören.

Abgesehen vom Streit über die (Nicht)Eingliederung in ein deutsches Sparkassenspitzeninstitut, blieben die ehemaligen österreichischen Sparkassen von jenen Geschehnissen, die bei den Großbanken stattfanden, weitgehend unversehrt. Die Frage einer „Arisierung“ stellte sich überhaupt nicht, denn weder waren die Sparkassen im jüdischen Besitz, noch stellten – mit Ausnahme von Wiener Sparkassen – die Juden einen nennenswerten Kundenanteil dar.335

Die Sparkassen in Kärnten und in der Steiermark Wie bereits erwähnt waren die Sparkassen zum Zeitpunkt des „Anschlusses“, rechtlich gesehen, keine Kapitalgesellschaften mit Mehrheitseigentümern, sondern Anstalten, somit eigentümerlose rechtliche Gebilde, für die entweder eine Gemeinde oder ein Verein haftete. Um Einfluss auf die Sparkassenpolitik ausüben zu können, benötigte es personeller Neubesetzungen von Führungsorganen mit der NSDAP nahen Leuten. Um dies zu erreichen, mussten die Nationalsozialisten lediglich die Macht in den einzelnen Ländern, später Reichsgauen, sowie Gemeinden, an sich reißen. Dabei gab es wesentliche Unterschiede zwischen dem Vorgehen auf Landes- und Gemeindeebene.

Um zum Einfluss bei den Gemeindesparkassen zu gelangen, bediente man sich der geltenden Gesetzeslage. Bereits am 12. März 1938 enthob der neue Kanzler Arthur Seys-Inquart unter Berufung auf die österreichische Verfassung aus dem Jahr 1934, alle Landeshauptleute ihrer Ämter und besetzte die freigewordenen Posten mit Nationalsozialisten. Die neu eingesetzten Landeshauptmänner lösten die Gemeindetage auf. An ihre Stelle traten provisorisch ernannte Regierungskommissare. Dies vollzog sich binnen weniger Tage nach dem 12. März 1938.

Die Regierungskommissare haben bei vielen Sparkassen die Verwaltungsausschüsse abberufen und sie durch Verwaltungskommissionen ersetzt. Diese wiederum setzten die neue Personalpolitik durch, die vielerorts bis zum Filialleiter reichte. Es setzte eine Postenjagd ein, wobei sehr oft falsche Schritte gemacht wurden, wenn Nationalsozialisten ohne jegliche Berufserfahrung im Sparkassenwesen anstatt erfahrener Bankiers eingesetzt wurden, oder wenn zeichnungsberechtigte Führungspersönlichkeiten ihre Unterschriftsbefugnis verloren336 und die Sparkassenführung oftmals nicht agieren konnte.

Bei den Vereinssparkassen, zu denen auch die Steiermärkische und die Kärntnerische Sparkasse gehörten, wurde ein anderer Weg beschritten. Am 16. März 1938 ordnete Josef Bürckel die Stilllegung sämtlicher Vereins- oder Verbandstätigkeit bis zur Volksabstimmung am 10. April 1938 an337. In der Zwischenzeit wurde am 18. März 1938 Albert Hofmann zum

335 Ebd., S. 539ff. 336 Pichler, Die Rolle der österreichischen Sparkassen bei der Finanzierung des 1. und 2. Weltkrieges, S. 79. 337 Ebd., S. 81f. 81

„Stillhaltekommissar für Vereine, Organisationen und Verbände“ ernannt und Josef Bürckel direkt unterstellt.

Mit dem Gesetz über die Überleitung und Eingliederung von Vereinen, Organisationen und Verbänden338 vom 14. Mai 1938 und der darauf beruhenden Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Überleitung und Eingliederung von Vereinen, Organisationen und Verbänden339 sollte das gesamte Vereins- und Verbandswesen in Österreich im Sinne von nationalsozialistischen Interessen neu organisiert und einer Gleichschaltung unterzogen werden. Jene Vereine und Verbände, die der NSDAP unliebsam waren, wurden stillgelegt. Nach mehreren Versuchen, diese Vorschrift nicht für auf Gewinnerzielung ausgerichtete Vereine gelten zu lassen, führte zur Ausnahme für Sparvereine und reine Aktiengesellschaften, sowie Genossenschaften. Keine Ausnahmen gab es somit für Sparkassenverbände und Vereinssparkassen. Sämtliche Gründungsorganisationen der Landessparkassen, darunter auch der Steiermärkischen und der Kärntnerischen, wurden damit faktisch unter die „Aufsicht“ der NSDAP gestellt.

Am 15. Juni verfügte Albert Hoffmann als Stillhaltekommissar für Vereine, Organisationen und Verbände340, über die Ernennung von Hans Stigleitner, den „Bevollmächtigten der NSDAP in allen Sparkassenangelegenheiten“ zum „kommissarischen Leiter“ für sämtliche Sparkassenverbände. Gleichzeitig mit seiner Ernennung erloschen alle Rechte der noch in den Verbänden tätigen Vorstandsmitglieder. Somit wurde Stigleitner zur führenden Person im „ostmärkischen“ Sparkassenwesen in der er auch über die personellen Neubesetzungen entscheiden konnte. Da er jedoch in Wien saß und die Landesverbände nicht aus Wien gesteuert werden konnten, ernannte er „Unterkommissare“ für die einzelnen Landesverbände: Franz Lanner für den Landesverband der Sparkassen Steiermarks und Anton Gottwald, den bestehenden Direktor der Kärntnerischen Sparkasse, für den Landesverband der Kärntnerischen Sparkassen.341

Sofort nach diesen Ernennungen wurden Vereinsversammlungen einberufen und durch die zuständigen Landesregierungen wurden Ergänzungen und Neuwahlen von Verwaltungsorganen verfügt. Im Falle der Steiermärkischen Sparkasse wurde gleichzeitig mit der Versammlungseinberufung eine Liste von Personen mitgeliefert342, die in den Sparkassenverein aufzunehmen sind und in Ausschüsse sowie zu Vorstandsmitgliedern zu wählen sind. Damit wurde die Machtergreifung in den Sparkassen abgeschlossen und Hans Stiegleitner wurde zum mächtigsten Mann im „ostmärkischen“ Sparkassenwesen. Die Sparkassen konnten nun in die Wirtschaftspolitik des Großdeutschen Reiches eingegliedert werden, was auch ohne größeren Wiederstand geschah. Nach der Machtergreifung der NSDAP

338 GBlÖ. 1938, Nr. 136. 339 Ebd., 137. 340 Pichler, Arbeitswelt ostmärkische Sparkassen, S. 82. 341 Ebd., S. 83. 342 Ebd., S. 84. 82

im österreichischen Sparkassenwesen, konnte schließlich Albert Hoffmann am 30. November 1939 seine Tätigkeit343 als Stillhaltekommissar beenden.

Auch in der Untersteiermark und in Oberkrain wurde nach selben Muster verfahren. Am 24. April 1941 wurde seitens des Chefs der Zivilverwaltung in der Untersteiermark (Uiberreither), mit Verordnung ein Stillhaltekommissar für Vereine, Organisationen und Verbände in der Untersteiermark ernannt.344 Diesen Posten besetzte Max Hruby aus Graz. Dieser hatte zwei Bevollmächtigte (Matthäus Gröblacher aus und Hugo Wallner aus Maribor/Marburg), die ihre Tätigkeit sofort aufnahmen. Das beschlagnahmte Vereinsvermögen wurde großenteils den lokalen Organisationen der NSDAP zuerkannt. Die Sparkassen waren, so wie in der Obersteiermark und in Kärnten, auch in der Untersteiermark und in Oberkrain als Vereine organisiert. Sämtliche Sparkassen und regionale Kreditinstitute, mit Sitz in der Untersteiermark oder in Oberkrain, wurden unter die kommissarische Verwaltung gestellt. Kommissarische Verwalter waren nicht selten die neu ernannten (späteren) Bürgermeister und Oberbürgermeister. In Maribor/Marburg war das Fritz Knaus, der als kommissarischer Verwalter für die in Maribor/Marburg ansässigen Sparkassen wirkte. Viele Vereine wurden nur „scheinbar“ stillgelegt, in dem sie ihren bisherigen rechtlichen Status verloren und wurden an andere Vereine angeschlossen oder mit ihnen zusammengelegt. Dies geschah im Sparkassenwesen der Untersteiermark, aber auch in Oberkrain. Die kommissarischen Verwalter führen zunächst personelle „Säuberungen“ durch, um in der Folge das Bank- und Sparkassenwesen neu zu organisieren in dem diese auf deutsche Rechtsgrundlage gestellt wurden. 345

Die Grazer Sparkassen In die Zeit von Hoffmann gehört auch die Neuorganisation des Sparkassenwesens in Graz. Im März 1938 waren in Graz drei beziehungsweise vier Sparkassen tätig. Es gab die Steiermärkische Sparkasse, die Gemeindesparkasse in Graz und die Sparkasse des Bezirkes Umgebung Graz, sowie die Vereinigte Bank steirischer Sparkassen GmbH, deren Gesellschafter seit 1925 die erstgenannten Sparkassen zu jeweils 1/3 waren346. Daneben gab es noch die Kreditvereine sowie die Pfandbriefstellen dieser Sparkassen. Bereits am 23. März 1938 erfolgte auf Basis einer Verfügung der Landeshauptmannschaft die Abberufung des Verwaltungsausschusses und der Direktion, also des Aufsichtsrates und des Vorstandes der Steiermärkischen Sparkasse und an deren Stelle wurde eine Verwaltungskommission eingesetzt. Die Fortführung laufender Geschäfte übernahm der bisherige Präsident des Sparkassenvereines der Steiermärkischen Sparkasse, Richard Bratusch-Marrain, der den provisorischem Verwaltungsausschuss (provisorischem Aufsichtsrat) vorstand.347 Diese Personalneubesetzungen hatten weniger mit der Sparkassentätigkeit als mit der Person vom

343 Ebd., S. 82f. 344 Verordnungs- und Amtsblatt des Chefs der Zivilverwaltung in der Untersteiermark, Nr. 5 vom 24 .4. 1941. 345 Jure Maček, Ukinitveni komisar za društva, organizacije in združenja na Spodnjem Štajerskem. Pokrajinski arhiv Maribor- Inventarji 11. Maribor 2004, S. 8. 346 Werner Rauchenwald, Die Grazer Sparkassen. Chronik 1825–2000. Graz 2000, S. 544f. 347 Pichler, Arbeitswelt ostmärkische Sparkassen, S. 142. 83

Leitenden Direktor der Anstalt, Heinrich Poschacher348 zu tun. Ziel war es offensichtlich, ihn aus der Anstalt zu entfernen. Er war im österreichischen Ständestaat ein Mitglied des steiermärkischen Landtages349 und bekleidete somit ein hohes Amt im „Ständestaat“, weshalb sich die neuen Machthaber seinen Abgang wünschten.

Die restlichen personellen Neubesetzungen der leitenden Organe erfolgten nach der von der neuen Landesregierung für den 30. Mai 1938 einberufenen Vereinsversammlung und Ausschusssitzung. Mit der Einladung wurde eine Liste der neu zu wählenden Mitglieder gleich mitgeschickt.350

Richard Bratusch-Marrain wurde bei dieser Sitzung als Präsident des Sparkassenvereines der Steiermärkischen Sparkasse in seinem Amt bestätigt. Der bisherige Leitende Direktor, Heinrich Poschacher, wurde in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Gleiche Verfahren wurden auch in den beiden anderen Sparkassen, sowie in der Vereinigten Bank steirischer Sparkassen GmbH angewendet. In allen erwähnten Kreditinstituten wurden neue, der NSDAP-nahestehende Personen auf die Führungsebene gehievt. Sehr oft handelte es sich dabei um bestehende Angestellte dieser Kreditinstitute, wie dies bei der Steiermärkischen Sparkasse mit Franz Lanner der Fall war, der seit 1930 als Personalvertreter im Sparkassenausschuss saß und bei der Sitzung am 30. Mai auf Wunsch der Gauleitung zum Leitenden Direktor der Stiermärkischen Sparkasse bestellt wurde.

Ausgang dieser Personalveränderungen war also der Abgang des bisherigen Leitendenen Direktors der Anstalt der Steiermärkischen Sparkasse, Heinrich Poschacher, und die Bestellung von Franz Lanner, einem ehemaligen Personalvertreter im Sparkassenausschuss. Präsident des Sparkassenvereines und des Ausschusses (=Aufsichtsrates der Anstalt) blieb (vorerst) Richard Bratusch-Marrain.

Der Fall der Steiermärkischen Sparkasse verdeutlicht auch, dass es den neuen Machthabern lediglich um Machtergreifung im Sparkassenwesen ging. Denn von einem Mangel an fachlicher Kompetenz oder von einer gewollten „Arisierung“ der leitenden Organe kann hier keine Rede sein. Damit wird auch deutlich, dass die damaligen Gesetze, die unter dem politischen Appell der „Arisierung“ eingeführt wurden, auch als Vorwand dafür dienten, politische „Säuberungen“ von nicht gewünschten Personen durchzuführen. Doch die waren nötig, wollte man die Sparkasseninstitute in die „neue“ Wirtschaftspolitik einspannen. Personelle Neubesetzungen erfuhren auch die Kreditvereine aller drei Grazer Sparkassen.351

Somit war man im Herbst von 1939 in der Lage, mit den neubesetzten Führungsorganen die politisch gewünschte „große Fusion“ der Grazer Sparkassen durchzuführen. Im Rahmen dieser Fusion wurden die Steiermärkische Sparkasse, die Gemeindesparkasse Graz und die Sparkasse des Bezirkes Umgebung Graz zusammengeschlossen, wobei die Sparkasse des Bezirkes

348 Ebd., S. 143f. 349 Deutsche Sparkassen-Zeitung. Folge 21 vom 15. November 1934, S. 253, in: Pichler, Arbeitswelt ostmärkische Sparkassen, S .143. 350 351 Pichler, Arbeitswelt ostmärkische Sparkassen, S. 143. 84

Umgebung Graz zu einer „Zweiganstalt“ der Steiermärkischen Sparkasse wurde.352 Die Basis für die Fusion bildete die Verordnung über Maßnahmen auf dem Gebiete des öffentlichen Bank- und Sparkassenwesens im Lande Österreich.353 Somit konnten die Sparkasse des Bezirkes Umgebung Graz und die Gemeindesparkasse in Graz im Rahmen einer Gesamtrechtsnachfolge auf die Steiermärkische Sparkasse überführt werden, wobei gleichzeitig der Name der Steiermärkischen Sparkasse in die Steiermärkische Sparkasse in Graz erweitert wurde. Der Reichswirtschaftsminister genehmigte354 den Zusammenschluss am 6. Juli 1939 und die neue Satzung wurde von der Landeshauptmannschaft355 am 27. Juli 1939 genehmigt. Das Datum für die rechnungsmäßige Zusammenlegung wurde rückwirkend auf den 1. Jänner 1939 festgelegt, weil dieser Tag mit der Erstellung der RM-Eröffnungsbilanz zusammenfiel. Einen Monat später, am 30. September 1939, trat die so umgewandelte und um die zwei kleineren Sparkassen „erweiterte“ Anstalt vor das Publikum. Mit dem bereits erwähnten Bescheid vom 6. Juli 1939 wurden auch der Kreditverein der („alten“) Steiermärkischen Sparkasse, sowie der Kreditverein der („alten“) Gemeindesparkasse in Graz auf die Vereinigte Bank steirischer Sparkassen GmbH im Wege einer Gesamtrechtsnachfolge übertragen. Ihr Firmenwortlaut wurde auf Steiermärkische Bank GmbH geändert.356

Damit dadurch nicht die („neue“) Steiermärkische Sparkasse in Graz als ihr einziger Eigentümer übrig bliebe, lud man die Girovereinigung österreichischer Sparkassen/Girozentrale der ostmärkischen Sparkassen ein, im Verhältnis 60:40 als weiterer Gesellschafter beizutreten, was rechnungsmäßig mit dem 1. Jänner 1939 auch geschah. Ein Grund dafür war auch der Wunsch, dem Institut für die Finanzierung der steiermärkischen Wirtschaft mehr finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen.357

Die Bank steirischer Sparkassen GmbH wurde bis zur Fusion im Jahre 1939 gemeinsam von allen drei leitenden Direktoren der Grazer Sparkassen geführt. Ab 1939 bis 1942 leitete Sigbert Pauritsch die Bank und Oskar Kopitsch wurde zum Aufsichtsratspräsidenten bestellt. Ab 1943 (bis 1945) übernahm Franz Lanner die interne Leitung und Engelbert Lind die Vertretung nach außen.358

Mit einem Erlass des Reichswirtschaftsministers vom 22. April 1940 wurden die beiden Pfandbriefanstalten der („alten“) Steiermärkischen Sparkasse und der Sparkasse Umgebung Graz aufgelöst. Ihr Vermögen wurde auf die („neue“) Steiermärkische Sparkasse in Graz übergeführt.359

352 Werner Rauchenwald, Banken in Graz. Bankiers und Spar- und Kreditinstitute in Vergangenheit un Gegenwart. Hintergründe und Fakten zur Grazer Kreditwirtschaft. Graz 2007, S. 139ff. 353 150 Jahre Sparkassen in Österreich, Wien 1972, S. 146. 354 Bescheid des Reichswirtschaftsministeriums vom 6. Juli 1939, Zl. IV Kred. 2936/39. 355 150 Jahre Sparkassen in Österreich, S. 146f. 356 Rauchenwald, Banken in Graz, S. 140. 357 150 Jahres Sparkassen in Österreich, S. 147f. 358 Pichler, Arbeitswelt ostmärkische Sparkassen, S. 144f. 359 150 Jahre österreichische Sparkassen, S. 147. 85

Nach dieser Umgestaltung folgten Neubesetzungen fast aller Verwaltungsorgane im Grazer Sparkassenwesen. Aufgrund des Zusammenschlusses mussten Sitzungen mit Neuwahlen der Verwaltungsorgane anberaumt werden. Der von den neuen Machthabern bis dato im Amt belassene Präsident des Sparkassenvereines der Steiermärkischen Sparkasse (in Graz), Richard Bratusch-Marrain, lehnte seine Wiederwahl zum Vereinspräsidenten ab und wurde in Folge zum „Ehrenpräsidenten“ ernannt. Danach wurde Alois Assmann zum Vorsitzenden vom Verein, vom Verwaltungsausschuss und vom Kuratorium (Vorstand) gewählt. Staatskommissar war ab 1939 Meinhard Merl.

Auch die Leitung der Sparkasse (Anstalt) wurde erweitert, in dem neben Franz Lanner als Betriebsführer und Leitendem Direktor auch Wilhelm Walter (ehemaliger Direktor der Grazer Gemeindesparkasse) zum neuen (zusätzlichem) Leitendem Direktor ernannt wurde.360

Die Kärntnerische Sparkasse Im Gegensatz zu den Vorgängen in der Steiermärkischen Sparkasse in Graz fielen die Veränderungen in der Kärntnerischen Sparkasse (ab 1947 „Kärntner Sparkasse“) recht bescheiden aus. Vergleicht man die Jahre 1938 und 1937 sieht man keine Veränderungen in den leitenden Organen und in der Beamtenschaft, mit der Ausnahme des Staatskommissars Maximilian Ritter, der durch den Landesregierungsrat Paul Kerschbaum ersetz wurde.361

Im Geschäftsbericht für das Jahr 1938 kann man jedoch nachlesen, „daß sich alle unsere Mitarbeiter im Bewusstsein des glücklich vollzogenen politischen Anschlusses freudig und mit ganzer Kraft der bedeutenden Mehrarbeit unterzogen und ... die neuen Aufgaben in zufriedenstellender Weise gelöst haben“. 362

Die Kärntnerische Sparkasse wurde weiterhin von Anton Gfreier363 geleitet. Im Sparkassenverein verblieb als Präsident Franz Neuner364 (ab 1934), der im Jahr 1941 aus persönlichen Gründen zurücktrat und die Leitung an den Lederindustriellen Rudolf Burger- Scheindlin365 übergab. Dieser bleib bis zum Jahr 1945 im Amt. Auch der geschäftsführende Direktor Anton Gottwald366 verblieb nach März 1938 in seinem Amt. Staatskommissar wurde Karl Winkler367.

Erst die britische Militärregierung stellte im Jahr 1945 die komplette Leitung der Kärntnerischen Sparkasse wegen nationalsozialistischer Betätigung außer Dienst. Walter

360 Ebd., S. 148. 361 Norbert Schausberger, Die Entwicklung der Kärntner Sparkasse im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen im 20. Jahrhundert, in: Fritz Jausz (Hrsg.), Geld und Wirtschaftsentwicklung in Kärnten seit dem Vormärz. Festschrift aus Anlaß des 150jährigen Bestandes der Kärntner Sparkasse. Klagenfurt 1985, S. 159. 362 Geschäftsbericht der Kärntnerischen Sparkasse für das Jahr 1938. Klagenfurt 1939. 363 Ebd., o.S. 364 Schausberger, Die Entwicklung der Kärntner Sparkasse im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen im 20. Jahrhundert, S. 149f. 365 Ebd., S. 163. 366 Ebd., S. 151. 367 Ebd., S. 137 und Jahresbericht für die Kärntnerische Sparkasse in Klagenfurt für das Jahr 1938. 86

Pichler (2008) schließt daraus, dass die gesamte Sparkassenleitung bereits 1938 der NSDAP beigetreten war. Von „Arisierungen“ und „Säuberungen“ kann in den Geschäftsberichten und in anderen Dokumenten, nichts gefunden werden. 368

Die Sparkassen in Jugoslawien – Untersteiermark und Oberkrain Nach ihrem Einmarsch in Jugoslawien fanden die deutschen Besetzer in der Untersteiermark und in Oberkrain ein gut funktionierendes und in der Region tief verwurzeltes Sparkassennetzwerk vor. Dieses bestand zum Großteil noch aus Zeiten des Österreichischen Kaiserreiches. In der Untersteiermark wirkten neben den kleineren Kreis- und Gemeindesparkassen, die Sparkasse der Draubanschaft und die mächtige Marburger Sparkasse, beide mit Sitz in Maribor/Marburg. Der Geschäftswirkungskreis dieser beiden Kreditinstitute war das Gebiet der gesamten Untersteiermark. Die Oberkrainer Sparkassen hatten ihre Sitze großenteils in Ljubljana/Laibach, die als die Provinzia di Lubiana/Ljubljanska pokrajina/Laibacher Provinz an den italienischen Staat fiel, wodurch die Verbindung zum Großteil ihres Wirkungsgebietes unterbrochen wurde.

So wie in Graz versuchten die deutschen Machthaber in der Untersteiermark das Sparkassennetzwerk zu zentralisieren und zu reorganisieren.369 Allerdings sollte dies in der Untersteiermark überwiegend durch Neugründungen von Kreditinstituten geschehen. Dies mit der Begründung, dass die bestehenden Sparkassen durch alte Verbindlichkeiten „belastet“ waren.370 Deshalb wurden alle bestehenden Sparkassen zunächst geschlossen und von einem kommissarischen Verwalter übernommen.371 Dieser führte danach die Abwicklung kommissarisch durch. Es durfte kein Neugeschäft mehr getätigt werden. Das alte und das „neue“ Geschäft waren zu trennen. Als Trennungsstichtag wurde der Schließungstag angesetzt.372

Danach wurden zunächst Kreissparkassen neu gegründet. Dabei stellte sich die Frage, wer der neue Gewährträger für diese neugegründeten Institute sein soll. Die Draubanschaft existierte nicht mehr und weder das Großdeutsche Reich, noch die Reichsgaue waren rechtliche Nachfolger Jugoslawiens. Deshalb wurden die Bürgschaften (die Gewähr) von den Bezirken übernommen. Diskutiert wurde auch eine Gewährübernahme durch die ganze Untersteiermark. Bei der Vermögensaufteilung bestanden solche Überlegungen nicht. Zwar sollte ein Urteil über die Vermögenslage erst nach der Überprüfung durch die Verbandsrevisoren gefällt werden, doch wussten die neuen Machthaber offenkundig, dass die Sparkassen in Maribor/Marburg und Celje/Cilli gut sind.373

368 Pichler, Arbeitswelt ostmärkische Sparkassen, S. 150. 369 Hermann Ibler, Steiermärkische Sparkasse in Graz 1825-1975. Graz 1975, S. 71. 370 Steiermärkisches Landesarchiv (StLA), Bestand der Behörde des Reichsstatthalters (LReg), 207-Sa-104/1941, S. 1. Niederschrift über die Besprechung vom 22.5.1941 hinsichtlich der Neuordnung des Sparkassenwesens in der Untersteiermark, 22. 5. 1941. 371 Jure Maček, Ukinitveni komisar za društva, organizacije in združenja na Spodnjem Štajerskem, S. 8ff. 372 StLA, Niederschrift über die Besprechung vom 22. 5. 1941 hinsichtlich der Neuordnung des Sparkassenwesens in der Untersteiermark, S. 2. 373 Ebd., S. 2f. 87

Ein weiteres Problem bestand im Fehlen einer entsprechenden Satzung. Zunächst wirkten die neugegründeten Sparkassen ohne eine Satzung, sondern nur auf der Grundlage von Anordnungen des Chefs der Zivilverwaltung. In der Folge sollte die preußische Mustersatzung eingeführt werden, falls bis dahin nicht die neue „ostmärkische“ Mustersatzung in Kraft treten sollte. Aufgrund des Fehlens einer Satzung blieb die Frage der Personalhoheit offen. In der Regel sollte sie laut der preußischen Mustersatzung beim Gewährträger liegen, doch dieser stand zur damaligen Zeit in der Untersteiermark und Oberkrain noch nicht fest. Daher entschloss sich die Zivilverwaltung, die Personalhoheit des „Gewährträgers“ bei der Sparkasse selbst zu belassen. Die Sparkassen waren somit ihre eigenen Gewährträger. 374

Wie der spätere Verlauf offenlegte, ging es bei den Neugründungen und organisatorischen Neuaufstellungen nicht nur um alte Verbindlichkeiten oder um eine Rationalisierung. Offenkundig drängten viele Verwaltungsorgane auf eine Lösung mit Neugründungen um eine „entsprechende“ personelle Besetzung zu gewährleisten und um den eigenen Beamten einen Karrieresprung zu ermöglichen. Die Beamten der (alten) Sparkassen waren alle in der Regel definitiv eingestellt und daher pensionsberechtigt. Daher legten die neuen Machthaber die rechtliche Lage dahingehend aus, dass mit den Neugründungen, die bestehenden Dienstverhältnisse als aufgelöst zu betrachten waren. Danach wurden mit slowenischen Angestellten provisorische Dienstverträge abgeschlossen und wenn sie „politisch tragbar“ waren, sollten sie weiterhin angestellt bleiben. Allerdings sollte bei der Bilanzaufstellung auf die Versorgungsansprüche der slowenischen Belegschaft keine Rücksicht genommen werden. Die Anstellung von neuen Sparkassenleitern legt das Ausmaß des Postenjagens an den Tag. Dies geht aus der Niederschrift einer Besprechung in Graz hervor, an der namhafte Führungspersonen des Reichsgaues und sogar der Reichsbank teilnahmen.375

„Um den Leiterposten der Kreissparkasse in Marburg bewerben sich Herr Uhl (Wunsch der Volksdeutschen), Direktor Suppanz der Ersten Croatischen Sparkasse (Bank!) und der Leiter der Sparkasse Voitsberg, Dr. Platzer. Uhl soll fachlich nicht besonders geeignet sein; Direktor Suppanz kommt von einer Bank; Dr. Platzer ist ein äußerst fähiger und bereits bewährter Sparkassenleiter und überdies Spezialist auf dem Gebiete der Sparkassenwerbung. Vom sparkassenmäßigen Standpunkt aus betrachtet, ist Dr. Platzer der geeignetste Bewerber…Um den Leiterposten der Sparkasse in Cilli bewirbt sich der vorübergehende Leiter der Sparkasse in Kindberg, Udy. … In Pettau soll der der Volksdeutsche Bertsch verbleiben. Ist zu prüfen! … In Rann soll über Wunsch der Volksdeutschen der Slovene Leber Leiter der Sparkasse bleiben. Ist zu prüfen! … Die Sparkasse Marburg wird bald übernahmereif sein. … Der Vorsitz im Vorstande der Stadt- und Kreissparkasse in Marburg wird alternierend. In der ersten Epoche ist der Oberbürgermeister Vorsitzer.“376

374 Ebd., S 3. 375 Ebd., S. 1. Anwesend waren Regierungspräsident Müller-Haccius, Reichsbankrat Beck, Gauinspektor Fleischmann, Beauftragter für die Geld- und Kreditinstitute Major Götz, Polizeikommissar Knaus, Vertrater des Sparkassenverbandes Lanner, Ministerialrat Rosberg, Verbandsvorsteher Generalsekretär Stigleitner, Berater für das Sparkassenwesen Walter, Oberregierungsrat Wöhrer und Regierungsoberinspektor Zechner. 376 Ebd., S. 4f. 88

Wie verheerend solche drakonischen Maßnahmen waren, zeigte sich am deutlichsten bei der Stadt- und Kreissparkasse in Maribor/Marburg, wo gar 8 von insgesamt 9 Angestellten aus dem Dienst entfernt wurden und dadurch der Sparkassenbetrieb lahmgelegt wurde.377

In Maribor/Marburg fand nämlich, ähnlich wie in Graz, eine Sparkassenfusion statt. Zunächst wurden die Sparkasse der Draubanschaft und die Marburger Stadtsparkasse zusammengeschlossen, wodurch die Stadt- und Kreissparkasse Marburg/Drau entstand.378 Diesem Institut wurden danach „neue“, kleinere Sparkasseninstitute, angeschlossen. Dies waren die Sparkasseninstitute in Slovenj Gradec/Windischgrätz, Marenberg, sowie in Slovenska Bistrica/Windisch Feistritz und Slovenjske Konjice/Gonobitz. Nach dem oben zitierten „Postenschacher“ wurde die Leitung des „neuen“ Institutes Franz Platzer aus Voitsberg bei Graz anvertraut. Bereits am 17. Mai 1941 lag der Personalabteilung der Stadtgemeinde Maribor/Marburg eine Liste jener Beamter vor, die aus dem Dienst zu entfernen sind und eine Liste von Pensionisten, die als Gegner des Deutschtums eingestuft wurden. Darin wird eine Begründung für die Entlassungen angeführt:

„Die Beamten und Angestellten der Gemeindesparkasse waren besonders deutschfeindlich eingestellt. Man kann von einer Hochburg der Sokoln sprechen. Demnach sind sofort aus dem Dienst zu entfernen…“379

Drei Pensionisten, die früher bei dieser Sparkasse angestellt waren und nach Meinung der neuen Machthaber als besondere Gegner des Deutschtums bekannt waren, zahlte das Institut keine Pensionsbeiträge mehr. Diese Liste wurde vom SS-Standartenführer Lurker, dem Kommandier der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes beim Chef der Zivilverwaltung in der Untersteiermark, angefertigt. 380

Den Personalveränderungen und Fusionen folgte die Ausnutzung der neuen fusionierten Sparkasse für Rüstungszwecke des „Dritten Reiches“. Die Sparkasse sollte Gelder sammeln und sie bei der Steiermärkischen Bank in Graz anlegen381. Ferner wurden über diese Sparkasse 5 Millionen RM für die Untersteiermark zur Verfügung gestellt, um den Kreditbedarf abzudecken. Für diese Kreditlinie gab das Reich eine Pauschalgarantie aus.382 Das Marburger Kreditinstitut sollte auch als eine Girozentrale für die Untersteiermark tätig sein.383

377 Ebd., S. 4. 378 Pokrajinski arhiv Maribor (SI_PAM), Fond Mestne hranilnice Maribor, 0904, fasc. 11, S. 4. Poročilo o stanju v Mariborski mestni hranilnici, 1946. Zum gleichen Zeitpunkt fand eine Konvertierung von Alten Darlehen der Gemeinden statt. Die Darlehen wurden neu verzinst, mit einem Höchstzinssatz von 4 % p.a. Die Schuld des (nicht mehr existierenden) Draubanats gegen die Sparkasse des Draubanats, wurde vom Reichsgau Steiermark übernommen. 379 Ebd., S. 4f. 380 Ebd., S. 4f. 381 StLA, Niederschrift über die Besprechung vom 22. 5. 1941 hinsichtlich der Neuordnung des Sparkassenwesens in der Untersteiermark, S. 6. 382 Ebd., S. 7 383 Ebd., S. 6. 89

Während der deutschen Besatzung der Untersteiermark (April 1941–-Mai1945), wurde die Marburger Stadt- und Kreissparkasse in jeder Hinsicht fast gänzlich ruiniert. Im Mai 1945 fand die neue Leitung in der Kasse 300.000 RM, große Bombenschäden an Gebäuden und sonst nichts. Zwischen 1941 und 1945 wurde sämtliches Vermögen der (fusionierten) Sparkasse (Liegenschaften, Weinbesitze) verkauft und der gesamte Erlös in die deutschen Schatzanweisungen bei der Girozentrale in Wien, bei der Steiermärkischen Bank in Graz und bei der Sparkasse Salzburg, angelegt. Im April 1941 hielt die Marburger Sparkasse jugoslawische und amerikanische Wertpapiere im Wert von rund 10,6 Millionen Dinar. Diese wurden sofort entnommen und für wertlose Schatzanweisungen des Deutschen Reiches umgetauscht. Auch das Barguthaben von rund 9 Millionen Dinar wurde in deutsche Staatswertpapiere veranlagt. Da sich die Sparkassenkunden nicht neuverschuldeten, wurden auch die freigewordenen Kreditlinien in deutsche Schatzanweisungen veranlagt. Unverkauft blieben drei kleinere Gute und ein Steinbruch, aus dem, vor Kriegsende, das gesamte bewegliche Inventar nach Leoben verfrachtet wurde.384

Während der Kriegszeit stellte die Mariborer/Marburger Stadt- und Kreissparkasse das wichtigste Sparkasseninstitut der Untersteiermark dar. Die Teilinstitute die zu dieser Sparkasse fusioniert oder angeschlossen wurden, waren seit Jahrzehnten fest in ihren jeweiligen Gebieten verankert. Deshalb konnte ein anderes Kreditinstitut, wie zum Beispiel die Steiermärkische Sparkasse in Graz, in der Untersteiermark nicht Fuß fassen und vergab in diese Region kaum Kredite, worauf noch eingegangen wird. Dadurch unterscheidet sich die Steiermärkische Sparkasse in Graz von der Steiermärkischen Landes-Hypothekenanstalt, die seitens der Statthalterei (Landesregierung) in Graz und seitens der Berliner Politik angewiesen wurde, ihre Geschäftstätigkeit in die Untersteiermark auszubreiten.

Neben der Stadt- und Kreissparkasse in Maribor/Marburg wirkten in den Jahren 1941–1945 kleinere Sparkasseninstitute. Nennenswert sind vor allem die „Kreissparkassen“ in Celje/Cilli, Ptuj/Pettau, Brežice/Rann und in Trbovlje/Trifail. Diese „Kreissparkassen“ hatten wiederum ihre Filialen in noch kleineren Ortschaften. Die Stadt Slovenj Gradec/Windisch Grätz verlor ihr Sparkasseninstitut, wobei das dortige Geschäft auf die Sparkasse in Celje/Cilli übertragen wurde.385 Nicht selten waren diese Institute Eigentümer von großen Weinguten, wodurch nach April 1941 hunderte und tausende Hektar Weingärten in deutsche Hand kamen. Satzungsmäßig stand bei diesen Kreditinstituten, neben dem gemeinnützigen Wirken, vor allem der Pfandkredit für die Forderung des Obst- und Weinanbaus sowie der Kellerwirtschaft im Mittelpunkt ihrer Tätigkeit. Die deutschen Besatzer stellten im Jahr 1941 fest, dass in der Untersteiermark viel potentielles Weinland noch nicht mit Weingärten versäht war und sahen die Sparkassen als mögliche Förderer vom Weinanbau. Für eine Kreditvergabe an Industrieunternehmen waren die Sparkassen zu schwach und dies lag auch außerhalb ihres Tätigkeitsbereichs.

384 SI_PAM/0904, Poročilo o stanju v Mariborski mestni hranilnici, S. 5. 385 Ulrike Zimmerl, Regionalbanken im Nationalsozialismus. Die Instrumentalisierung österreichischer Geldinstitute in den Bundesländern, in: Gerald Feldman u.a. (Hrsg.), Österreichische Banken und Sparkassen im Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit. Band 2. München 2006, S. 70ff. 90

Ähnlich wurde in Oberkrain verfahren. Auch hier fanden personelle Rochaden statt und das slowenische Sparkassennetzwerk aus der Zeit vor dem Krieg wurde fast gänzlich aufgehoben. Viele Gemeindesparkassen wurden überhaupt aufgelöst. Danach gab es nur eine „Kreissparkasse“ in Radovljica/Radmannsdorf, eine weitere in Kranj/Krainburg und eine in Kamnik/Stein.386 Alle „Kreissparkassen“ hatten, sowie in der Untersteiermark, kleinere Filialen.

Rückwirkend auf den 1. April 1941 wurde in der Untersteiermark die neue Zinspolitik eingeführt.387 In Oberkrain erfolgte das mit dem 1. Juli 1941. Der Zinssatz für das auf dem Konto liegende Geld (ohne Zeitbindung) betrug zwischen 1–1,5 %, Avista-Einlagen mit 2,5 %, gebundene Einlagen mit Laufzeit von 6 Monaten mit 3 %, bei Bindung bis zu einem Jahr, mit 3,25 %. Bei Krediten mit Hypothek auf Bauerngrund oder Forste, durften 4,5 % Zinsen verrechnet werden, bei anderen Grundstücken, bis zu 5 %. Den Gemeinden, Bezirken und öffentlichen Einrichtungen durften höchstens 4,5 % Zinsen verrechnet werden. Zusätzlich wurde den Kreditinstituten gestattet, eine Provision von 1,125 % zu erheben (Agio) für jeden Monat des Kreditverhältnisses und ein sog. Disagio von 0,25 % (=Verkehrsprovision) für jeden Monat des Bestehens eines Gläubiger-Schuldner Verhältnisses.388

In der Laibacher Provinz/Ljubljanska pokrajina blieb das Sparkassennetzwerk seitens der italienischen Besatzer unangetastet und änderte sich auch nach der deutschen Besetzung im September 1943 nicht.389 Die Deutschen griffen weder in das Währungs- noch in das Sparkassennetzwerk ein und beließen es in Ljubljana/Laibach und der gesamten Operationszone „Adriatisches Küstenland“ bis zum Kriegsende unverändert.

Mit der deutschen Besetzung kam es auch zu Einschränkungen bei Einlageauszahlungen, die sich mit der Zeit noch verschärften.390 Die Geschäftstätigkeit von Sparkassen in der Untersteiermark, sowie Oberkrain, wurde gänzlich in den Sparkassenbetrieb der „deutschen“ Sparkassen eingebunden. Sehr oft wurde auch das Personal aus der Zentrale der Steiermärkischen Sparkasse in Graz oder der Kärntnerischen Sparkasse in Klagenfurt zur Verfügung gestellt, was beim gleichzeitigen Kriegsansatz vieler Angestellten nicht einfach war.

386 Žarko Lazarević u.a., Zgodovina slovenskega bančništva. Ljubljana 2000, S. 168f. 387 Dabei handelte es sich um die Einführung der bestehenden Zinssätze des Großdeutschen Reiches. Diese sind bereits am 1. Jänner 1939 in der »Ostmark« eingeführt worden, als die alte Einlageverordnung außer Kraft gesetzt wurde. Danach galten die Aktiv- und Passivzinssätze aus dem deutschen Reichsgesetz über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz, KWG). 388 Lazarević, Zgodovina slovenskega bančništva, S. 169f. 389 Ebd., S. 168. 390 Ebd., S. 172ff. 91

Die Landes-Hypothekenanstalten 1938−1945

Die »ostmärkischen« Landes-Hypothekenanstalten Die Gründung der ersten Landes-Hypothekenanstalt erfolgte auf dem Gebiet der Österreichisch-Ungarischen Monarchie bereits im September 1889, als das damalige Kronland Niederösterreich die erste Landes-Hypothekenanstalt errichtete. Kärnten folgte im Jahr 1896 nach. In der Steiermark wurde eine Hypothekenanstalt seitens verschiedener Landespolitiker lange gefordert, doch erst im März 1931 nahm die Steiermärkische Landes-Hypothekenanstalt ihren Geschäftsbetrieb391 auf, nachdem im Juli 1930 die Bundesregierung ihre Zustimmung392 erteilte.

Die Landes-Hypothekenastalten waren weder Vereine (wie dies bei den Sparkassen der Fall war) noch waren sie Aktiengesellschaften wie Banken, sondern eine Art „Landesbanken“, die als Anstalten seitens der Landesregierungen errichtet wurden. Unter einer Anstalt versteht man eine verselbstständigte Verwaltungseinheit von persönlichen und sachlichen Mitteln, die von einem Träger öffentlicher Verwaltung für die Erfüllung einer besonderen Verwaltungsaufgabe errichtet wurde. Diese Träger waren die jeweiligen Länder, vertreten durch die jeweiligen Landesregierungen, die zum Zwecke der Förderung des langfristigen Real- und Kommunalkredites393 eine Anstalt errichteten.

Die Geschäftsleitung oblag einem Kuratorium, dem ein Oberkurator vorstand. Daneben hatten die größeren Hypothekenanstalten eine Direktion. Bis zum "Anschluss" fungierte die jeweilige Landesregierung als die gängige Aufsichts- und Kontrollbehörde, in einzelnen Fällen sogar die Entscheidungsbehörde. Die oberste Aufsicht übte der Landtag aus. Die Landesregierung konnte zur Aufsicht einen Kommissär berufen, dessen Zustimmung immer ausdrücklich dann verlangt wurde, wenn die Deckung der Pfandbriefe durch Hypotheken gefährdet sein könnte.394 Nach dem „Anschluss“ und der Einführung reichsdeutscher Gesetze in Österreich, wurde das Kuratorium als Organ der Geschäftsverwaltung beibehalten, ebenfalls blieb die Direktion, die Aufsicht kam nach der Verordnung über die Einführung des Hypothekenbankengesetzes und des Gesetzes über die Schuldverschreibungen öffentlich-rechtlicher Kreditanstalten im Lande Österreich395 vom 11. November 1938 dem Reichswirtschaftsminister zu.396 Für die besondere Aufsicht der Pfandbriefdeckung durch entsprechende Sicherheiten (Hypotheken) wurde ein Treuhänder bestellt.397

Das Aktiva-Geschäft einer Landes-Hypothekenanstalt waren hypothekarisch besicherte Ausleihungen an Privatpersonen mit einer grundbuchlichen Sicherstellung und Kommunaldarlehen an Gemeinden ohne grundbuchliche Sicherstellung. Zu den Ausleihungen

391 Rauchenwald, Banken in Graz, S. 517. 392 Ebd., S. 516. 393 Ebd., S. 517. 394 Ebd., S. 516. 395 RGBl. 1938, I., S. 1574 und GBlÖ 1938, Nr. 648. 396 Rauchenwald, Banken in Graz, S. 516ff. 397 Ebd., S. 526. 92

gehörten auch unkündbare Annuitätenanleihen mit unveränderlichem Zinsfuße, was den Kreditnehmern mehr Spielraum verschaffte. Die Mittel (Passiva) für die Darlehen besorgte sich die Anstalt durch Ausgabe von Pfandbriefen und Kommunalschuldverschreibungen, sowie teilweise durch Spareinlagen und Einlagen in laufender Rechnung, jedoch nur zum Betrag von 10 Millionen Schilling. Diese Begrenzung wurde eingeführt, damit die Hypothekenanstalten nicht in Konkurrenz zu den Sparkassen treten würden, weshalb sich bereits die Gründung der Steiermärkischen „Landeshypo“ erheblich in die Länge zog.398

Gesetzlich untermauert wurde vor dem „Anschluss“ die Ausgabe von Pfandbriefen durch zwei sehr alte, noch aus der Donaumonarchie stammende Gesetze399. Es gab das Gesetz betreffend die Wahrung der Rechte der Besitzer von Pfandbriefen400 und das Gesetz betreffend die gemeinsame Vertretung der Rechte der Besitzer von auf Inhaber lautenden oder durch Indossament übertragbaren Theilschuldverschreibungen und die Bücherliche Behandlung der für solche Theilschuldverschreibungen eingeräumten Hypothekarrechte401, beide vom 24. April 1874, die nach dem „Anschluss“ abgelöst wurden, um durch das reichsdeutsche Gesetz über die Pfandbriefe und verwandten Schuldverschreibungen öffentlich-rechtlicher Kreditanstalten402 („Pfandbriefgesetz“) vom 21. Dezember 1927 und das Hypothekenbankgesetz403 („Hypothekenbankgesetz“) in seiner Fassung vom 29. März 1930 (Originalfassung aus dem Jahre 1900) ersetzt zu werden.

Mit der Verordnung über die Einführung des Hypothekenbankgesetzes und des Gesetzes über die Pfandbriefe und verwandten Schuldverschreibungen öffentlich-rechtlicher Kreditanstalten im Lande Österreich“ vom 11. November 1938 wurde die ehemalige österreichische Rechtslage schrittweise an die deutsche angepasst. Das deutsche Gesetz über die Pfandbriefe und verwandten Schuldverschreibungen öffentlich-rechtlicher Kreditanstalten (PfandbrG) vom 21. Dezember 1927 stellte eine Erweiterung des (deutschen) Hypothekenbankgesetzes aus dem Jahr 1900 dar, in dem die Vorschriften für Pfandbriefe verfasst waren, die von öffentlich- rechtlichen Hypothekenbanken emittiert wurden. Das Hypothekenbankgesetz aus dem Jahr 1930 (1900) galt somit weiter, außer in dem Bereich, der speziell durch das Gesetz über die Pfandbriefe („Pfandbriefgesetz“) geregelt wurde.

Das reichsdeutsche „Pfandbriefgesetz“ definierte den Pfandbrief als „von einer öffentlich- rechtlichen Kreditanstalt ausgegebenen Schuldverschreibungen, wenn zu ihrer Deckung ... Hypotheken bestimmt sind“ (§1). Der Gesamtbetrag (Nennwert) der im Umlauf befindlichen Pfandbriefe musste in Höhe jederzeit durch Hypotheken in mindestens gleicher Höhe und gleichem Zinsertrag gedeckt sein (§ 2). Wurde diese Regel aus irgendeinem Grund nicht eingehalten, musste die Anstalt entweder sofort im gleichen Umfang Pfandbriefe einziehen oder

398 Ebd., S. 516ff. 399 Hinzu kam noch das vom 24. April 1874, das jedoch keine Vorschriften über Pfandbriefe aufstellte und wird daher hier außer Acht gelassen. 400 Reichsgesetzblatt für die im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder vom 8. 5. 1874, S. 93ff. 401 Ebd., S. 95. 402 RGBl. 1927, I., S. 492, Eingeführt in Österreich mit einer Verordnung im GBlÖ 1938, Nr. 648. 403 RGBl. 1930, I., S. 108. 93

den Fehlbetrag durch neue Hypotheken ersetzen. War auch das nicht mehr möglich, dann musste sie den Fehlbetrag entweder durch Geld, Schuldverschreibungen des Landes oder des Reiches ersetzen. Wurden Anleihen des Landes oder des Reiches gekauft, so durften diese in der Bilanz mit 95 % ihres Marktwertes (Börsenwertes) aktiviert und geführt werden. Hypotheken, die zur Deckung eines Pfandbriefes bestimmt waren, mussten in ein öffentliches Register eingetragen werden (§3) um dann in das interne Anstaltsregister der Hypotheken, sog. Kautionsband, eingetragen werden zu können. Die Hypothekenanstalt vergab auch Darlehen an öffentliche Körperschaften ohne hypothekarische Besicherung, dafür übernahm sie statt der Hypothek die volle Gewährleistung und durfte Pfandbriefe im Ausmaß der erworbenen Forderungen ausgeben (§7). Die Landeszuständigkeit bestimmte sich nach dem Sitz der jeweiligen Hypothekenanstalt, ungeachtet davon, wo sie ihre Zweigniederlassungen hatte (§11).

Das Hypothekenbankgesetz trat im damaligen deutschen Kaiserreich im Jahr 1900 in Kraft und definierte die Hypothekenbank als „Aktiengesellschaften oder Kommanditgesellschaften auf Aktien, bei welchen der Gegenstand des Unternehmens in der hypothekarischen Beleihung von Grundstücken und der Ausgabe von Schuldverschreibungen auf Grund der erworbenen Hypotheken“ (§1). Später kamen auch öffentlich-rechtliche Anstalten hinzu. Die Hypothekenbanken und Hypothekenanstalten unterlagen der Aufsicht des jeweiligen Landes (§2). Dieses war befugt in die Sitzungen der Verwaltungsorgane einen Vertreter zu entsenden oder einen Kommissar zur Aufsicht zu bestellen (§4). Die Geschäfte durften, neben durch Hypotheken besicherten Darlehen und Ausgabe von Hypothekenpfandbriefen, vor allem der Erwerb, der Verkauf oder die Beleihung von Hypotheken, sowie die Gewährung nicht- hypothekarischer Darlehen an inländische Körperschaften des öffentlichen Rechtes, die Gewährung von Darlehen an inländische Kleinbahnunternehmen, der kommissionswese Kauf und Verkauf von Wertpapieren, die Annahme von Geld und anderen Sachen zur Hinterlegung (Spareinlagen), aber auch die Besorgung der Einziehung von Wechseln und anweisungsähnlichen Papieren sein (§5). Beschränkungen gab es auch für den Fall des Erwerbs von Grundstücken, auf das hier nicht näher eingegangen werden soll. Die Hypothekenanstalten durften sowohl tilgende wie nicht nicht-tilgende Hypothekardarlehen vergeben, wobei der Beginn der Tilgung bis zu 10 Jahren verschoben werden durfte (§20). Die zuständige Aufsichtsbehörde (im Regelfall das Land/Reichsgau) musste für jede Hypothekenanstalt einen Treuhänder und seinen Stellvertreter bestellen und ihre Bestellung jederzeit wiederrufen können (§29). Der Treuhänder hatte vor allem darauf zu achten, dass die Deckung der Pfandbriefe laufend gewährleistet war (§30). Der Treuhänder war somit ein „Anwalt“ der Käufer von Pfandbriefen und agierte in ihrem Interesse.

Haftungsträger von Hypothekenanstalten war weiterhin der jeweilige Reichsgau. Am 1. April 1938 wurde die Pfandbriefstelle ostmärkischer Landes-Hypothekenanstalten mit Sitz in Wien gegründet, die als eine zentrale Emissionsstelle dienen sollte. Die Emission von Pfandbriefen und Kommunalschuldverschreibungen sollten dadurch für ihre Mitglieder, die jeweiligen ostmärkischen Landes-Hypothekenanstalten, rationaler und kostengünstiger gestaltet werden, wodurch auch deren Konditionen an die günstigeren Konditionen des „Altreiches“ angepasst

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werden konnten.404 Jede Landes-Hypothekenanstalt musste für die Inanspruchnahme der Emissionsinfrastruktur der Pfandbriefstelle einen zinslosen „Betriebsmittel-Kredit“ an die Pfandbriefstelle vergeben. Der Überschuss der zentralen Pfandbriefanstalt in Wien wurde den Mitgliedern dann wiederum als Darlehen zur Verfügung gestellt, der dann wiederum nur in Hypothekar- und Kommunaldarlehen weiterveranlagt werden durfte.405 Damit änderte sich auch die Rolle des Treuhänders. Die Zweite Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Pfandbriefe und verwandten Schuldverschreibungen öffentlich-rechtlicher Kreditanstalten406 vom 20. Dezember 1938 regelte vor allem die Fragen der Verhältnisse der Pfandbriefemissionen zwischen der zentralen Pfandbriefstelle und den einzelnen Landes- Hypothekenanstalten. Im Artikel 3 dieser Verordnung wurden für die zentrale Pfandbriefstelle ein Haupttreuhänder und ein Stellvertreter von Seiten der zuständigen Aufsichtsbehörde (Stillhaltekommissar, später der Reichswirtschaftsminister) bestellt. Jedes Mitglied, also jede Landes-Hypothekenastalt, hatte einen Untertreuhänder und dessen Stellvertreter, wobei die Bestellung des Treuhänders jederzeit von Seiten der Aufsichtsbehörde wiederrufen werden konnte. Mit dieser Einführungsverordnung vom Dezember 1938 wurde dem Haupttreuhänder große Macht zuerkannt. Er war der einzige, dem die Prüfung der Pfandbriefdeckung durch Hypotheken vorschriftsmäßig oblag. Er musste jeden emittierten Pfandbrief mit einer entsprechenden Bescheinigung versehen. Die Untertreuhänder hatten dann nur darauf zu achten, dass die Hypotheken und Wertpapiere, die zur Deckung bestimmt waren, in das Register eingetragen wurden und dass die Hypotheken den satzungsmäßigen Vorschriften der jeweiligen Anstalt entsprachen. Am Ende des 2. Absatzes des 2. Artikels der Dezember-Verordnung können wir dann aber lesen:

„sofern der Wert des beliehenen Grundstücks nach der von der Aufsichtsbehörde genehmigten Anweisung festgestellt ist, haben sie (die Treuhänder) nicht zu untersuchen, ob der festgestellte Wert dem wirklichen Werte entspricht.“

Somit war der Haupttreuhänder in Wien, der dem Reichswirtschaftsminister unterstand, die wichtigste Person, die darüber zu wachen hatte, ob die Pfandbriefe ausreichend gedeckt waren. Der Wert wurde von der Aufsichtsbehörde festgestellt und die Möglichkeit einer Nachprüfung dem Treuhänder entzogen.

Die neue Rechtslage ging Hand in Hand mit den personellen Umwälzungen in den einzelnen Hypothekenanstalten der „Ostmark“. In weiteren Kapiteln wird deshalb untersucht, wie sich dies auf die Belegschaft (damals „Gefolgschaft“) und die Leitung der „Landeshypos“ auswirkte.

Die Landes-Hypothekenanstalten in Jugoslawien – Untersteiermark und Oberkrain Den beiden Landes-Hypothekenanstalten mit Sitzen in Klagenfurt und Graz erhielten mit dem deutschen Überfall auf Jugoslawien neben dem ordentlichen Bankbetrieb und neben den ihnen aufgebürdeten Überführung von jugoslawischen Bauernentschuldungsfällen auch die Aufgabe,

404 Rauchenwald, Banken in Graz, S. 529f. 405 Ebd., S. 530. 406 RGBl. 1938, I., S. 1904. 95

ihren ordentlichen Geschäftsbetrieb in die Untersteiermark und nach Oberkrain auszuweiten und dort den üblichen Pfandkredit zu pflegen. Darin unterscheiden sich die Landes- Hypothekenanstalten in Klagenfurt und in Graz von den Sparkassen, die auf slowenischem Gebiet nicht tätig waren. In der Untersteiermark und in Oberkrain wurden keine eigenen Hypothekenanstalten errichtet. Wie groß dafür das Interesse seitens der Leitungen der beiden Landes-Hypothekenanstalten war, wird später noch detaillierter besprochen. Tatsache bleibt, dass die Steiermärkische Landes-Hypothekenanstalt eine Abrechnungsstelle in Celje/Cilli (Untersteiermark)407 errichtete und die Kärntnerische Landes-Hypothekenanstalt das Gleiche in Kranj/Krainburg (Oberkrain) tat.

Die Wirtschaft in diesen angegliederten Gebieten hatte von den Abrechnungsstellen keinen Mehrnutzen. Dies wird am besten am Beispiel der Steiermärkischen Landes-Hypothekenanstalt verdeutlicht. Dieses Kreditinstitut vergab zwar bis zum Jahr 1942 rund 1,22 Millionen RM an Reichsförder- und Hilfsmittel für unterschiedliche Zwecke im Rahmen der „Bauernentschuldungen“, doch dies waren hauptsächlich Staatsgelder, also Reichsmittel, die nur über die „Landeshypo“ ausgezahlt wurden und die „Landeshypo“ nur eine Auszahlungsprovision verrechnete.408 In der Untersteiermark wurden erst ab Mai 1942 „übliche“ Hypothekardarlehen ausgezahlt. Die Steiermärkische „Landeshypo“ rechtfertigte diesen Verzug bis März 1942 mit der Schließung der Grundbuchämter nach dem Einfall deutscher Truppen in der Untersteiermark, wodurch keine Belastungen von Grundstücken ins Grundbuch eingetragen werden konnten.409 Ob dies der einzige Grund war, kann begründet bezweifelt werden, denn später wurden in der Untersteiermark lediglich 10 Kreditanträge gestellt und 8 bewilligt. Das erste Darlehen wurde erst im Mai 1942 nach Ptuj/Pettau vergeben. 410

Die vergebenen 8 Kredite machten in Summe 62.400 RM aus. Von den 8 Krediten bestanden nach Kriegsende noch 5 Kreditverhältnisse mit ursprünglicher Kreditnominale von 47.700 RM weiter.411 Somit lag der Hauptaufgabebereich der Steiermärkischen Landes-Hypothekenanstalt in der Untersteiermark in der landwirtschaftlichen „Entschuldung“, wo sie jedoch mit staatlichen Mitteln hantierte. Das Risiko, das die Anstalt in der Untersteiermark selber trug, war nur das Risiko des Zahlungsausfalls von diesen 8 Krediten und betrug genau 62.400 RM, abzüglich des Wiederverkaufswerts von Hypotheken. Dadurch wird ersichtlich, wie risikobewusst der Kreditausschuss in Graz vorging, obwohl alle Mitglieder treue Nationalsozialisten gewesen sein sollen. Dabei war die Untersteiermark ein Gebiet, das im

407 Rauchenwald, Banken in Graz., S. 531. 408 Sigurd Pacher, Die Landeshypothekenanstalt für Steiermark und ihre Bedeutung für die Agrarwirtschaft in den Jahren 1930 bis 1945. Dipl.-Arb. Graz 1991, S. 118f. 409 Ebd., S. 121. 410 Dies bezieht sich auf die Zeitperiode zwischen 1942 und 1944. Der Geschäftsbetrieb der Landes- Hypothekenanstalt war in der ersten Jahreshälfte von 1945 derart gestört und der Partisanenkampf in der Untersteiermark bereits so stark, dass begründet angenommen werden kann, dass es in dieser Zeit weder zu Kreditanträgen noch zu Kreditauszahlungen in der Untersteiermark gekommen ist. 411 Pacher, Die Landeshypothekenanstalt für Steiermark und ihre Bedeutung für die Agrarwirtschaft in den Jahren 1930 bis 1945, S. 122. Alle Darlehen wurden an landwirtschaftliche Betriebe vergeben, jedoch nicht im Rahmen der landwirtschaftlichen „Entschuldung“. 96

zweiten Weltkrieg auch ethnisch „gesäubert“ wurde. Dennoch traute sich die Leitung keine größeren Anlagen zu, von einer Werbung, wie sie in der „Altsteiermark“ betrieben wurde, ganz zu schweigen. Dies scheint der beste Beweis dafür zu sein, wie wenig die Leitung an eine deutsche Untersteiermark glaubte.

Die Abrechnungsstelle der Kärntnerischen Landes-Hypothekenanstalt in Kranj/Krainburg durfte ein ähnliches Geschäftsausmaß in Oberkrain gehabt haben, obwohl die dafür verfügbaren Daten nicht vorliegen. Diese Behauptung stütz sich vor allem auf den starken Partisanenkampf und die Nähe Ljubljanas/Laibachs, wo, vor allem nach September 1943, die bestehenden slowenischen Kreditinstitute weiterhin Kredite vergaben. Somit blieben der Kärntnerischen Landeshypo in Oberkrain die Darlehen aus der landwirtschaftlichen Entschuldung.

Die Steiermärkische Landes-Hypothekenanstalt Wie Werner Rauchenwald in seiner Monographie über die Banken in Graz schreibt, war die Steirische „Landeshypo“ beim „Anschluss“ nicht nur das jüngste, sondern auch das schwächste Kind unter allen von den Ländern gegründeten Hypothekenanstalten.412 Deshalb überlegten die neuen Machthaber, die Steiermärkische Landes-Hypothekenanstalt in die Steiermärkische Sparkasse (wahrscheinlich als ihre Pfandkreditabteilung) einzugliedern.413 Bei ihrer Gründung stellte das Land gerademal 50.000 Schilling zur Verfügung, die noch rückzahlungspflichtig waren. Die Postsparkasse legte daher 1 Million Schilling dazu und die Niederösterreichische Landes-Hypothekenanstalt gewährte einen Kredit von 2 Millionen Schilling. Die Anstalt begann sogleich nach ihrer Gründung Pfandbriefe und Kommunalobligationen zu emittieren, die noch im selben Jahr (20. Juli 1931 die Pfandbriefe und am 30. Dezember 1931 die Kommunalobligationen) an der Wiener Börse zum Handel eingeführt wurden. Deren Laufzeit betrug 38½ Jahre. Der Zinssatz betrug einheitlich 7 %, sowohl bei den Pfandbriefen als auch bei den Kommunalobligationen.414 Bald kamen auch erste Ansuchen für die Darlehen. Die Laufzeit von diesen Darlehen erstreckte sich ebenfalls auf 38½ Jahre. Nach dem Zusammenbruch der Creditanstalt musste die Niederösterreichische „Landeshypo“ den gewährten Kredit zurückverlangen, um eigene Probleme, verbunden mit dem Creditanstalt- Bankverein, lösen zu können. Dazu kam auch die negative Publizität in Grazer Zeitungen, die der Hypothekenanstalt schwer zu schaffen machte. Die Kreditvergabe ist fast gänzlich zum Erliegen gekommen. Ein Darlehen bekam nur derjenige, der der „Landeshypo“ die Abnahme von Pfandbriefen ermöglichte, weil auch deren Unterbringung einen starken Rückgang verzeichnete. Die Erlösung aus dieser Situation kam, in dem die Raiffeisenkassen illiquid wurden, weil ihre Darlehen nicht mehr von den Einlagen gedeckt waren. Daher wurden im Zuge einer Konvertierungsaktion (geleitet vom Finanzministerium) von der Landes- Hypothekenanstalt 4,3 Millionen Schilling an Pfandbriefen und Kommunalschuldverschreibungen emittiert und von der Gesellschaft für Revision und treuhändige Verwaltung aufgekauft. Es folgten weitere Aktionen mit verschiedenen

412 Rauchenwald, Banken in Graz, S. 526. 413 Steiermärkisches Landesarchiv (StLA), Bestand der Behörde des Reichsstatthalters (LReg), 207-Ga-43/1-1938, o.S. Brief des Landesreferenten Sernetz, Dezember 1938. 414 Rauchenwald, Banken in Graz, S. 519. 97

Organisationen (Bardarlehen für Weingartenbesitzer, Hilfsaktion für Gebirgsbauer), die sehr oft vom Staat unterstützt wurden und es der „Landeshypo“ ermöglichten zu überleben, sich zu stärken und sich in die steirische Bankenwelt zu integrieren. Als das Pfandbriefgeschäft im Jahre 1934 österreichweit stark abnahm, entschloss sich das Finanzministerium durch einen 10 Millionen Schilling Kredit den „Landeshypos“ zu helfen.415 Auf einen Vorschlag der Nationalbank wurde diese Hilfe jedoch an Maßnahmen geknüpft, die mehr Unabhängigkeit der Hypothekenastalten von den Ländern gewährleisten sollten. Die Satzungsänderung bei der Steiermärkischen „Landeshypo“ im Jahre 1934 führte somit Neuerungen ein, die eine Einflussnahme der Landespolitiker auf das Kuratorium eingrenzten. Das Problem bestand in einem Interessenskonflikt des Kuratoriums bei der Vergabe und Verwaltung von Darlehen an das jeweilige Land. Alle den Ländern gewährte Darlehen benötigten von nun an eine Genehmigung des Finanzministeriums. Doch im Jahre 1934 kam es auch zu politischen Turbulenzen und zur Schaffung eines „Ständestaates“. Im März 1934 mussten sämtliche sozialdemokratische Kuratoriumsmitglieder der Steirischen Landes-Hypothekenanstalt ausscheiden. Es blieben lediglich die christlichsozialen Mitglieder, die jedoch Zahlenmäßig nicht mehr beschlussfähig waren, weshalb man mit einem Sondergesetz die Zusammensetzung des Kuratoriums änderte, sodass dieser von nun an aus einem Oberkurator, vier weiteren Kuratoren und nur einem rechtskundigen Direktor und seinem Stellvertreter bestand. Im Oktober 1934 wurde schließlich ein neues Kuratorium berufen, welches den Vorstellungen der führenden Politiker eines Ständestaates gänzlich entsprach. Oberkurator (Vorsitzender) wurde Rolph Trummer, der bisherige Anstaltschef, Franz Kandler, wurde zu seinem Stellvertreter. Alsbald wurde der Verband der Landes-Hypothekenanstalten konstituiert und Trummer sowie sein weiterer Stellvertreter Koban, wurden in den Verbandsvorstand entsandt.416

Nur wenige Tage nach dem „Anschluss“ wurde am 29. März 1938 das gesamte Kuratorium seines Amtes enthoben, womit auch die Amtszeit von Rolph Trummer endete. Mit der Geschäftsführung wurde vorläufig der Grazer Rechtsanwalt Gerhart Kalmann betraut und blieb auch später als kommissarischer Verwalter auf seinem Posten417, wozu er mit dem Gesetz über die Bestellung von kommissarischen Verwaltern und kommissarischen Überwachungspersonen418 vom 8. Juni 1938 berufen wurde. Er verblieb auf seinem Posten bis zu seiner Einberufung in die Wehrmacht im Jahre 1943. Der frühere Aufsichtskommissar und Treuhänder für eigene Emissionen, Alois Sernetz, wurde im Jahre 1939 durch den Leiter der Gaukämmerei Heinrich Pagl ersetzt, zu seinem Stellvertreter wurde Karl Pestmer ernannt. Alois Sernetz übernahm im Jahre 1943 als Kalmanns Nachfolger das Amt des kommissarischen Verwalters. Ohne Änderung verblieb auf seinem Posten, über die gesamte NS-Zeit, der Direktor Ludwig Koban, der anscheinend das Vertrauen der neuen Machthaber genoss, obgleich er in der Zwischenzeit als Direktor des Landesamtes, seiner Funktion enthoben wurde.419

415 Ebd., S. 520ff. 416 Ebd., S. 521ff. 417 Ebd., S. 527f. 418 GBlÖ. 1938, Nr. 80. 419 Rauchenwald, Banken in Graz, S. 527. 98

Die Steirische Landes-Hypothekenanstalt war sowohl vor als nach dem „Anschluss“ gänzlich in den Verwaltungsapparat der steiermärkischen Landesregierung (später Statthalterei) eingebunden. Nach dem „Anschluss“ wurde die Gaukämmerei, eine Art Abteilung der Statthalterei (Landesregierung), zuständig für Vermögensverwaltung, umgestaltet.420 Ihr Leiter, Heinrich Pagl teilte sie auf drei Dezernate (Gaufinanzverwaltung, Liegenschafts- und Gebäudeverwaltung, Güterverwaltung), eine zentrale Buchungsstelle und ein Sekretariat. Das Treuhandgeschäft für die Eigenemissionen und Aufsicht vom Standpunkt des Gewährträgers fielen dem Dezernat I. (Gaufinanzverwaltung) zu, das von Karl Pestmer geleitet wurde. Somit war schon rein rechtlich eine Einflussnahme der Politik nicht auszuschließen. Dies erklärt auch warum der Wechsel des Treuhänders Sernetz zu Pagl so geräuschlos verlief.

Behörde des Reichsstatthalters

Gaukämmerer

Sekretariat

Dezernat I - Dezernat II – Liegenschafts- Dezernat III - Buchungs- Gaufinanzverwaltung und Gebäudeverwaltung Güterverwaltung stelle

Abbildung 3: Organigramm der Behörde des Reichsstatthalters in der Steiermark. Die Gauwirtschaftsverwaltung (Dezernat I) befand sich innerhalb der „Gaukämmerei“. Innerhalb dieses Dezernats befand sich auch die Treuhänderschaft für die eigenen Emissionen von Pfandbriefen der Anstalt und die Aufsicht im Sinne des Gewährträgers. Die „Gaukämmerei“ wurde von Heinrich Pagl geleitet, die Gauwirtschaftsverwaltung von Karl Pestmer.

Das Dezernat I. (Gaufinanzverwaltung) fiel in den Folgejahren starken Rationalisierungsmaßnahmen zum Opfer, die teilweise seitens der Reichsregierung und teilweise seitens der Behörde des Reichsstatthalters ausgingen. Im Jänner 1943 erging ein Erlass des Führers und Reichskanzlers über die Vereinfachung der Aufstellung der Haushaltspläne, der auch Kürzungen von Finanzmitteln vorsah. Daraufhin verlangte der Gauhauptmann Armin Dadieu von der Gaukämmerei erhebliche arbeitssparende Maßnahmen aufgrund der weitmöglichsten Mobilisierung sämtlicher Ressourcen für den Kriegseinsatz. Diese Maßnahmen wurden in der Folge auch durchgeführt. Sie reichten von Personal- Einsparungen (Entlassungen), über den Verzicht von fast sämtlichen Haushaltsdokumenten (Haushaltsplan nur jede zwei Jahre, keine Vermögensrechnungen, keine Überwachungslisten) bis hin zur Abgabe von Schreibmaschinen und größerer Belastung der verbleibenden Kräfte. Dies erfolgte nicht nur wegen der Mehrarbeit für jeden Beamten aufgrund der

420 Ämter-Führer von Graz und Steiermark. 1939/1940. o.O., o.J 99

Rationalisierungen, sondern auch weil auf dieses Dezernat die Leitung des Dezernates II. übertragen wurde, nachdem im Juni 1943 dessen Leiter verstarb und nicht ersetzt wurde.421

Nach dem „Anschluss“ wurde die Tätigkeit der Steiermärkischen Landes-Hypothekenanstalt ausgeweitet, sodass sich neben der ordinären Tätigkeit dieses Kreditinstitut mit diversen Umschuldungsfällen im Rahmen der „Bauernentschuldung“ auseinandersetzte, das Institut erstreckte seine Tätigkeit in die Untersteiermark, übernahm Hypothekarkredite slowenischer/jugoslawischer Bauern aus diesem Gebiet und wurde dazu veranlasst, Neubauten von Siedlungswohnungen zu finanzieren.

Kärntnerische Landes-Hypothekenanstalt Die Kärntnerische Landes-Hypothekenanstalt wurde im Jahr 1896 vom damaligen Herzogtum Kärnten gegründet. Nach §4 des Anstaltsstatutes trugen vor dem „Anschluss“ das Bundesland und später der Reichsgau Kärnten die volle Haftung für alle von der Landes-Hypothekenanstalt eingegangenen Verbindlichkeiten.422 Das Kreditinstitut war bundeslandweit tätig. Aus den Jahresberichten geht hervor, dass während des Geschäftsjahres 1937 das gesamte Kuratorium ausgetauscht. Anstatt des früheren Bundeswirtschaftsrates Josef Gritschacher wurde Hans Gruber als neuer Oberkurator bestellt. Die neuen Kuratoren waren Meinrad Giendl, Raimund Egger, Heinz Fiegl, Hartwig Fresacher, Valentin Maierhofer und Anton Supersberg. Auch der damalige Kommissär der Landesregierung, Franz Ehrlich, wurde durch Meinrad Natmeßnig ersetzt.423 Lediglich der Leiter der Direktion, Franz Zojer, verblieb auf seinem Posten.424

Nach dem „Anschluss“ blieben sämtliche Führungspersonen auf ihren Posten. Weder Hans Gruber als Oberkurator, noch irgendjemand im Kuratorium wurde ausgetauscht. Auch der frühere Kommissär der Landesregierung, Mainard Natmeßnig, blieb auf seinem Posten und wurde nach dem „Anschluss“ zum Aufsichtskommissar bestellt. Die Direktion wurde um den Direktor-Stellvertreter Hans Waschnig erweitert.425 Nach den deutschen Gesetzen musste das Kreditinstitut von nun an auch einen Treuhänder haben, wofür Franz Handler und Karl Raunig als sein Stellvertreter ernannt wurden.426 In dieser Konstellation verblieb die Zusammensetzung der Leitenden Organe der Landes-Hypothekenanstalt bis zum Kriegsende im Jahre 1945, als die gesamte Führungsschicht von dem britischen Militärkommando abgesetzt wurde.

421 Steiermärkisches Landesarchiv (StLA), Bestand der Behörde des Reichsstatthalters (Gaukämmerei) GK I-24, K.24, Mappe 80, Brief der Gaukämmerei vom 2. 2. 1943 an Gauhauptmann Armin Dadieu (ohne Angabe des Verfassers), Graz 2. 2. 1943. 422 Compass für das Jahr 1938. Wien 1939, S. 236. 423 Vergleiche dazu Compass für das Jahr 1937. Wien 1938, S. 214 und Compass für das Jahr 1936. Wien 1937, S. 334. 424 Compass für das Jahr 1938, S. 284. 425 Ebd., S. 236. 426 Compass für das Jahr 1942. Wien 1943, S. 222. 100

Creditanstalt-Bankverein AG 1938−1945

Der Creditanstalt-Bankverein war die älteste und größte Bank Österreichs. Sie wurde von den Rothschilds im Jahr 1855 als Die k. u. k. Privilegierte Österreichische Credit-Anstalt für Handel und Gewerbe gegründet und expandierte massiv mit dem Ausbau des Eisenbahnnetzwerkes. Was sie besonders auszeichnete, waren weniger ihre klassischen Bankdienstleistungen als ihre Industriebeteiligungen. In diesem Zusammenhang wurde vom „CA-Konzern“ gesprochen. Aus diesem Grund bekleideten ihre Vorstände führende Positionen in Aufsichts- und Verwaltungsorganen zahlreicher österreichischer Industrieunternehmen. Gerald D. Feldman behauptet daher, dass der Creditanstalt-Bankverein, wie die Bank vor dem „Anschluss“ hieß, viel mehr gewesen sei, als eine Universalbank.427 Es handelte sich um ein „riesiges Konglomerat“428, wie es gleichermaßen im „Altreich“ nicht gab. Ihre Industriebeteiligungen machten die Bank zu einem begehrten Übernahmeobjekt, das den Nationalsozialisten sehr früh ins Auge fiel. Um in Österreich vor dem „Anschluss“ Einfluss zu gewinnen, wollten sie sich in die österreichische Wirtschaft „einkaufen“. Dies ging nicht ohne Einflussnahme auf die größte österreichische Bank. Worauf das intensive deutsche Interesse, in Österreich für jeden Preis Fuß zu fassen, zurückzuführen ist, bleibt eindeutig nicht zu beantworten. Viele Wirtschaftshistoriker429 sprechen lediglich vom Wunsch der Nationalsozialisten, den Absatzmarkt für die deutsche Industrie zu erweitern um Nischenproduktion auszulagern, doch so erstrebenswert konnte die österreichische Wirtschaft schon aufgrund ihrer Größe keinesfalls sein. Der Grund scheint vielmehr in der deutschen Kolonialfrage zu liegen, die in nationalsozialistischen Kreisen der Zwanziger Jahre intensiv diskutiert wurde. Dabei bildeten sich zwei Strömungen. Eine dieser Strömungen hatte Kurt Weigelt als Anführer. Dieser war in den Jahren 1928–1930 stellvertretendes Vorstandsmitglied der Deutschen Bank. Nach Hitlers Machtergreifung wurde er im Jahr 1933 Mitglied des Kolonialpolitischen Amtes der NSDAP, ab 1934 Mitglied der Schutz-Staffel (SS) und 1937 trat er der NSDAP bei.430 Seine Ansichten beruhten auf der Verteidigung deutscher Kolonialrechte.431 Das rohstoffarme Deutsche Reich sollte an Rohstoffe herankommen und diese in deutscher Währung bezahlen können.432 Die Schaffung eines „Lebensraumes“ im Osten Europas würde zu lange dauern. Deshalb liegen die Interessen Deutschlands in Überseekolonien. Seine Gedanken stießen in der Partei und Regierung auf wenig Gehör, mit der Ausnahme Hjalmar Schachts.433

427 Gerald D. Feldman, Die Creditanstalt-Bankverein in der Zeit des Nationalsozialismus, 1938−1945, in: Gerald D. Feldman (Hrsg.) u.a., Österreichische Banken und Sparkassen im Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit, Band 1. München 2006, S. 23ff. 428 Ebd., S. 24. 429 So zum Beispiel Gerald D. Feldman und Ivan T. Berend. 430 Harold James, Die Deutsche Bank und die Diktatur 1933−1945, in: Lothar Gall (Hrsg.) u.a., Die Deutsche Bank 1870–1995. München 1995, S. 366f. 431 Ebd., S. 367f. 432 Ebd., S. 366. 433 Ebd., S. 367f. 101

Anders als Weigelt war die Mehrheit der Nationalsozialisten von der Notwendigkeit der Schaffung eines „Lebensraumes“ in Ost- und Südosteuropa überzeugt.434 Dort, und nicht in Übersee, liegen die Rohstoffe, die dem rohstoffarmen Deutschen Reich zu einer Autarkiewirtschaft verhelfen sollen. Ob Befürworter Weigelts oder nicht, beide Parteienlager wussten, dass Deutschland seine Rohstoffaufkommen außerhalb des Reichsgebietes finden muss um eine Autarkiewirtschaft aufbauen zu können. Der einzige Streitpunkt war der Ort, wo diese Rohstoffaufkommen zu suchen sind: in Übersee oder im Osten und Südosten Europas. Außer der Ortsfrage stimmten beide Lager in allen sonstigen Belangen der Kolonialfrage im Wesentlichen überein.

Übereinkunft bestand auch in der Frage, welche Rohstoffe für das Deutsche Reich wichtig seien. Im Vordergrund für die deutsche Industrie standen überwiegend Erzmetalle. Diese befanden sich auf dem Gebiet der ehemaligen Donaumonarchie, von West-Jugoslawien bis Galizien.435 Die Unternehmen, die diese Rohstoffe forderten, standen immer noch unter maßgeblichem Einfluss des österreichischen Creditanstalt-Bankvereins. Diese Bank war nicht selten sogar ihr Mehrheitseigentümer. Selbst auf dem Gebiet Österreichs wurden überwiegend Erzmetalle gefordert. Bei den österreichischen Industriebetrieben, die Zulieferer für die deutsche Wirtschaft waren, war der Creditanstalt-Bankverein fast ausschließlich als Mehrheitsaktionär beteiligt.

Der Wunsch nach Autarkiewirtschaft, gepaart mit der Absicht der Schaffung eines Lebensraumes in Ost- und Südosteuropa, mündeten schon Jahre vor dem „Anschluss“ in die Absicht, mittels einer Aktienmehrheit in den Wiener Großbanken, Einfluss in der österreichischen, sowie ost- und südosteuropäischen Industrie zu gewinnen. Im Vordergrund standen dabei der Creditanstalt-Bankverein und die böhmische Union Bank.436 Doch zum Creditanstalt-Bankverein gab es zunächst keinen direkten Zugang. Zwar wirkte seit dem Zusammenschluss der deutschen Darmstädter und Nationalbank (Danat-Bank) mit der kleinen Wiener Mercurbank eine deutsche Bank in Österreich, doch war sie von der Größe und der Anzahl von Industriebeteiligungen unvergleichbar mit dem CA-Bankverein.437 Die Danat-Bank schlitterte im Jahr 1931 in eine Krise und wurde in der Folge von der Dresdner Bank übernommen. Zwar waren die Nationalsozialisten sehr interessiert, über die Mercurbank verstärkt in Österreich aufzutreten, doch sie hielten sich aus ideologischen Gründen zurück.438 Im Management der Mercurbank, sowie in der gesamten Belegschaft, arbeiteten viele Juden, weshalb die politischen Instanzen Berlins auf eine „Arisierung“ drängten, was vor dem „Anschluss“ auch halbwegs geschah.439 Das Problem für die Mercurbank lag freilich darin, dass auch die jüdische Kundschaft aus der Bank entfernt werden sollte, was in der Folge zu Einkunftsverlusten führen würde. Dabei pflegte die Mercurbank zwar enge Beziehungen zur

434 Lonnie R. Johnson, Central Europe. Enemies, Neighbors, Friends. New York-Oxford 2011, S. 156ff. 435 Klaus-Dietmar Henke, Die Dresdner Bank 1933-1945. Ökonomische Rationalität, Regimenähe, Mittäterschaft, Band 4. München 2006, S. 82ff. 436 James, Die Deutsche Bank und die Diktatur, S. 368. 437 Feldman, Die Creditanstalt-Bankverein in der Zeit des Nationalsozialismus, S. 40. 438 Henke, Die Dresdner Bank 1933–1945, S. 83. 439 Feldman, Die Creditanstalt-Bankverein in der Zeit des Nationalsozialismus, S. 40. 102

österreichischen Industrie, hielt aber keine Beteiligungen an Unternehmen in dem Ausmaß, wie es der CA-Bankverein tat. Dennoch deutet die gesamte Angelegenheit bei der Vorbereitung der Einverleibung Österreichs auf eine enge Verbindung der Dresdner Bank mit der Berliner Politik.

Erst im Herbst 1937 unterbreitete der Vizepräsident des Verwaltungsrates der Mercurbank, Gabriel Neumann, dem Vorstandsmitglied der Dresdner Bank, Hans Pilder, einen Vorschlag, laut dem die Dresdner Bank zusammen mit der Mercurbank Verhandlungen mit der Banque des Pays de l'Europe Centrale (BPEC) über den Kauf ihrer Wiener Filiale, umgangssprachlich „Zentraleuropäische Länderbank“ genannt, aufnehmen sollte.440 Die Dresdner Bank machte sich diese Idee zu Eigen und Pilder und Neumann führten Gespräche in Paris. Zwischenzeitlich ereignete sich der „Anschluss“ und damit wuchs der Druck auf die Reichsdeutsche Regierung, so schnell wie möglich den größten deutschen Banken (Dresdner Bank, Commerzbank und Deutsche Bank) den Weg zur Übernahme der österreichischen Großbanken zu ebnen.441 Doch man gab der Dresdner Bank den Vorsprung, weil sie bereits Gespräche in Paris zur Übernahme der „Länderbank“ führte und weil aus politisch-optischen Gründen nichts überstürzt werden sollte. Daher erhielt die Dresdner Bank grünes Licht und wurde über Vertrauenspersonen des Reichswirtschaftsministeriums gebeten, den Parteigenossen genehme Persönlichkeiten in den Verwaltungsrat wählen zu lassen442. Die Verhandlungen wurden dann erfolgreich zu Ende geführt und am 21. Juli 1938 wurden die Mercurbank und die Filiale der Pariser BPEC zur „Länderbank Wien AG“ vereinigt. Aufgrund der weiteren Gebietsveränderungen wurden auch einige Filialen der Prager Živnostenská banka übernommen.443 Dadurch wuchs die Länderbank zu einer regionalen Großmacht.

Als die Fusionen um die Länderbank abgeschlossen waren, ließen die Berliner Regierungsinstanzen endlich auch die Deutsche Bank zum Zug kommen, für die schon seit einiger Zeit bekannt war, dass sie den Creditanstalt-Bankverein übernehmen sollte.

Die Zusammenarbeit des Creditanstalt-Bankvereins mit der Deutschen Bank geht auf die Zeit vor der Wirtschaftskrise von 1929 zurück, als beide Banken enge Verbindungen miteinander pflegten.444 Die Wirtschaftskrise führte dazu, dass die Creditanstalt zunächst für das Jahr 1930 einen Verlust von 140 Millionen Schilling ausweisen musste und dann am 11. Mai die Zahlungsunfähigkeit erklärte. Wie sich später zeigte, wurde dieser Verlust unterbewertet. Tatsächlich belief er sich auf rund 1 Milliarde Schilling, was Schätzungen zufolge die Hälfte des österreichischen Budgets und 10 % der Nettonationalproduktes von 1930 ausmachte.445 Im

440 Gerald D. Feldman, Die Länderbank Wien AG in der Zeit des Nationalsozialismus, in: Gerald D. Feldman (Hrsg.), u.a., Österreichische Banken im Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit, Band 2. München 2006, S. 290f. 441 Henke, Die Dresdner Bank 1933–1945, S. 85. 442 Ebd., S. 84f. 443 Ebd., S. 86. 444 James, Die Deutsche Bank und die Diktatur, S. 381. 445 Feldman, Die Creditanstalt-Bankverein in der Zeit des Nationalsozialismus, S. 25. 103

Jahr 1931 besaßen ausländische Gläubiger bereits 1/3 des gesamten Aktienkapitals der Creditanstalt.446

Nach Erklärung der Zahlungsunfähigkeit wollte die Regierung das Kreditinstitut keinesfalls verstaatlichen, sondern durch neues Kapital stärken. Dazu wurde ein Internationales Gläubigerkomitee von 130 ausländischen Gläubigerbanken gebildet. Das Ergebnis war eine Garantie für die Schulden der Creditanstalt seitens der Nationalbank, der Familie Rothschield sowie der 130 Banken im „Internationalen Gläubigerkomitee“. Zusätzlich wurde dem CA- Bankverein ein Kredit eingeräumt, um den Schilling zu stärken.447 All dies fand einen gesetzlichen Rahmen in mehreren „Credit-Anstalt-Gesetzen“448 aus dem Jahr 1931, mit dem alle Beteiligten (Nationalbank, Familie Rothschield und das Gläubigerkomitee) für rund ein Drittel der Schulden Garantien übernahmen.449 An diesen Stützungsmaßnahmen beteiligte sich mit einem Kredit von rund 4 Millionen US-Dollar450 auch die Deutsche Bank451 und konnte deshalb ein Mitglied in den Aufsichtsrat der Creditanstalt entsenden. Zunächst war es Gustaf Schlieper, Vorstandsmitglied der Deutschen Bank, und nach dessen Tod im Jahr 1937 Hermann Joseph Abs.452 Abs war schon früher im Auslandgeschäft als Partner einer deutschen Privatbank tätig und verfügte über gute Sprachkenntnisse. Die Deutsche Bank war schon immer auf internationaler Ebene aktiv und wurde sogar mit dem Ziel der Entwicklung des deutschen Überseehandels gegründet.453

Die im Ersten Creditanstalt-Gesetz beschlossenen Maßnahmen reichten nicht aus, um die Creditanstalt vollständig zu sanieren. Deshalb musste die österreichische Regierung eine Haftungsübernahme akzeptieren, die im Zuge des "Zweiten CA-Gesetzes"454 beschlossen wurde und führte zu Budgetauszahlungen des Staates in Höhe von rund 150 Millionen Schilling.455 Dieser Betrag wurde gegenfinanziert durch Sparmaßnahmen im öffentlichen Sektor sowie durch die Einführung neuer Steuer und Erhöhung von Zöllen auf bestimmte Waren. Zusätzlich musste die Regierung 51 % des Bankkapitals übernehmen.456 Doch die Lage der Bank verschlechterte sich weiter, die von der Creditanstalt ausgelöste Bankenkriese übertrug sich auf den gesamten mitteleuropäischen Bankenbetrieb. Unter der Regierung Dollfuß wurde die Creditanstalt mit dem Wiener Bankverein, rückwirkend vom 31. Dezember

446 Ebd., S. 24. 447 Ebd., S. 26f. 448 Bundesgesetz über die Dienstverhältnisse bei der Oesterreichischen Credit-Anstalt für Handel und Gewerbe und den von ihr abhängigen Gesellschaften, BGBl. 1931, Nr. 416, sowie die Nr. 136, 143, 214, 215, 216, 414 und 415, alle von 1931. 449 Feldman, Die Creditanstalt-Bankverein in der Zeit des Nationalsozialismus, S. 26. 450 Ebd., S. 32. 451 Die Deutsche Bank beteiligte sich an einem Konsortialkredit im Ausmaß von 4 Millionen US-Dollar zu Gunsten der Creditanstalt. 452 James, Die Deutsche Bank und die Diktatur, S. 381. 453 Ebd., S. 364. 454 BGBl. 1931, Nr. 143. 455 de.wikipedia.org/wiki/creditanstalt-bankverein, 7. 5. 2017, um 20.25 Uhr. 456 Feldman, Die Creditanstalt-Bankverein in der Zeit des Nationalsozialismus, S. 26. 104

1931, verschmolzen.457 Die Bank trug seit dem den Firmennamen "Österreichische Creditanstalt - Wiener Bankverein AG". Der Wiener Bankverein war seinerseits schon lange sehr eng mit der Deutschen Bank verbunden, was auf eine sehr alte Hilfeleistung seitens der Deutschen Bank aus dem Jahr 1873458 ging. Weil die Deutsche Bank Aktionär des Wiener Bankvereins war, wurde sie durch die Fusion mit der Creditanstalt ein Kleinaktionär des Creditanstalt-Bankvereins.459 Am Tage des Einmarsches deutscher Truppen in Österreich (11./12. März 1938) wurden im Creditanstalt-Bankverein zunächst personelle Umstellungen bedient. Dies lag den neuen Machthabern besonders im Interesse, denn zwei Jahre zuvor wurde die Bank „austrifiziert“. Diese Aufgabe übernahm der neue Direktor Josef Joham. Er behielt seinen Posten, sieht man von sehr kurzen Unterbrechungen ab, bis zu seinem Tode im Jahr 1959. Im Rahmen der „Austrifizierung“ wurde die personelle Besetzung des Verwaltungsrates geändert. Unter den wichtigsten Änderungen ist die Ablösung von Louis Rothschield durch den ehemaligen Finanzminister Emanuel Weidenhofer zu nennen. Sein erster Stellvertreter wurde der Kärntner Holzindustrieller Franz Hasslacher und der zweite Stellvertreter der holländische Bankier C. E. ter Meulen. Zwar mischte sich die Regierung nicht ins Tagesgeschäft der Bank, doch viele Forscher sind der Ansicht, dass die Bank unter seiner Führung einen Regierungskonformen Kurs verfolgte.460 Auch Joham selber war einem "Anschluss" eher abgeneigt, doch musste er mit den Deutschen, vor allem mit der Deutschen Bank, schon deshalb enger zusammenarbeiten, weil diese ein Teileigentümer des Wiener Bankvereins war, welcher mit der Creditanstalt fusioniert wurde und damit die Deutsche Bank Anteilseignerin am Creditanstalt-Bankverein wurde. So suchte er Verbindungen zu Hermann J. Abs, ein Unterfangen, das sein "Überleben" im Vorstand des Creditanstalt-Bankvereins sicherte und somit eine teilweise Selbstständigkeit der größten österreichischen Bank garantierte.461 Für Abs war die Verbindung deshalb von Interesse, weil die deutsche Regierung auch über die Mercurbank und die Länderbank ihre Interessen im Wirtschaftsleben Österreichs durchzusetzen versuchte, also an „seiner“ Deutschen Bank vorbei. Doch zunehmend wandte sich das deutsche Interesse dem CA-Bankverein zu, da dieser beachtliche Anteile von österreichischen Industrieunternehmen hielt, viel mehr als die von der Dresdner Bank kontrollierte Länderbank in Wien. Zu dem drängte vor allem Göring schon vor dem "Anschluss" auf eine wirtschaftliche Expansion Deutschlands in den Südostraum Europas. Diejenigen deutschen (und später auch österreichischen) Industrieunternehmen, die für die deutsche Rüstung arbeiteten, wurden in eine Industrieholding, genannt „Reichswerke Hermann Göring“ zusammengeschlossen und wurden von ihrem „Stifter“, Reichsmarschall Göring, gefördert. Es war Göring, der darauf drängte, so bald wie möglich in Österreich einzumarschieren und die österreichische Industrie bald in die deutsche Rüstung einzugliedern. Dies fügte sich auch in den Vierjahresplan, für den Göring als Bevollmächtigter die Oberhand hatte.462

457 Ebd., S. 27. 458 Gerald D. Feldman, Austrian Banks in the Period of National Socialism. New York 2015, S. 13. 459 Feldman, Die Creditanstalt-Bankverein in der Zeit des Nationalsozialismus, S. 32. 460 Siehe zum Beispiel Ebd., S. 27. 461 Ebd., S. 30ff. 462 Ebd., S. 40ff. 105

Nach dem „Anschluss“ übertrugen die neuen Machthaber den Mehrheitsanteil der Aktien des CA-Bankvereins, vom österreichischen Staat auf die deutsche staatliche Holdinggesellschaft Vereinigte Industrie-Unternehmungen AG (VIAG). Dies tat man obwohl der CA-Bankverein vermeldete, an die Deutsche Bank angeschlossen werden zu wollen.463 Ein Verkauf an eine Holdinggesellschaft war gänzlich irrational, denn eine Industrieholding hatte keine Erfahrung mit Bankgeschäft. Offensichtlich wurde dies eingesehen und in der Folge wurde vereinbart, dass die Geschäftsleitung seitens der Deutschen Bank übernommen wird. Im Dezember 1938 verkaufte die VIAG 25 % der Aktien an die Deutsche Bank464, wodurch diese nunmehr 36 % hielt (Minderbeteiligung vor „Anschluss“ eingerechnet)465. Im Jahr 1942 wurde das Aktienkapital der Bank umgeschichtet, wobei die VIAG die Kontrollmehrheit verlor.466 Die VIAG übertrug die Aktienmehrheit auf die Deutsche Bank, wodurch sie Mehrheitsaktionär des CA-Bankvereins mit 51 % wurde.467 Die VIAG behielt 25,92 % und die damit verbundenen Mitspracherechte. Im Gegenzug für den Verkauf der Aktienmehrheit an die Deutsche Bank musste seine Tochterbank, der CA-Bankverein, wichtige Industriebeteiligungen an die VIAG abtreten. Der restliche Aktienanteil entfiel auf „sonstige Investoren“, wobei zwischen der Deutschen Bank und VIAG vereinbart wurde, dass „alpenländische“ Investoren die Minderheitsbeteiligung468 erhalten sollen. Diese Übereinkunft über die Eigentumsverhältnisse sollte bis 1952 dauern. Interessant ist, dass trotz des Abtritts von Industriebeteiligungen das Geschäftsvolumen des CA-Bankvereins beträchtlich zunahm. Dies scheint wohl ein Ergebnis davon zu sein, dass sich die Bank aktiv an „Arisierungen“ beteiligte und eine rege Expansion im Ausland betrieb.469

Mit dem Wechsel der Eigentümerverhältnisse gingen die personellen Umbesetzungen einher. Nach dem „Anschluss“ wurde am 25. März eine ordentliche Generalversammlung einberufen. Hermann Josef Abs wurde als Aufsichtsrat wiederbestätigt. Veränderungen fanden im Vorstand statt. Der Generaldirektor und Vorsitzender des Vorstandes, Josef Joham, wurde seiner Funktionen enthoben, verblieb aber weiterhin im Vorstand.470 Als Vorstandsmitglied wiederbestätigt wurde Erich Heller als industrieller Fachmann und wurde in der Zeit vom 7. April (Johams Abwahl) bis 2. Mai 1939 zum Vorstandsvorsitzenden bestellt.471 Danach leitete Hans Fischböck472 den Vorstand. Heller schied im April 1940 aus dem Vorstand aus. Neue Vorstandsmitglieder wurden Hans Friedl, Rudolf Pfeiffer und Ludwig Fritscher.473 Das Management (Direktoren), Franz Rottenberg474 und Oskar Pollak475, sind bei der

463 Ebd., S. 72. 464 James, Die Deutsche Bank und die Diktatur, S. 381. 465 Feldman, Die Creditanstalt-Bankverein in der Zeit des Nationalsozialismus, S. 162f. 466 Ebd., S. 168. 467 Ebd., S. 172ff. 468 Ebd., S. 178ff. 469 Ebd., S. 162. 470 Ebd., S. 46. 471 Ebd., S. 53. 472 Ebd., S. 44. 473 Ebd., S. 54. 474 Ebd., S. 44. 475 Ebd., S. 45. 106

Generalversammlung am 7. April 1938 ihrer Ämter auf eigenen Wunsch, enthoben worden. Betriebsführer wurde zunächst Rudolf Pfeiffer476 und später Richard Buzzi.477

Mit größter Geschwindigkeit begann auch die „Säuberung“ der gesamten Belegschaft im CA- Bankverein. Die Initiative ergriff ein Untergeordneter Bankangestellter und Wirtschaftsreferent der Partei namens Rudolf Pfeiffer. Nach der Machtübernahme Seys-Inquarts ging er mit einer Gruppe von 200 Mitgliedern des Deutschen Clubs und des Zellenleiters Josef Dienst ins Kanzleramt, um Seys-Inquart zu begrüßen. Danach stattete er Josef Joham einen Besuch ab und wies ihn an, keine wirtschaftlichen Entscheidungen ohne Pfeiffers Zustimmung oder der Zustimmung von durch Pfeiffer eingesetzte Vertreter der Partei, zu treffen.478 Dass er so handeln konnte kann nur darauf zurückgeführt werden, dass vor dem „Anschluss“ die Nationalsozialistische Betriebszellenorganisation (NSBO) die führenden Abteilungen infiltriert hatte. Dass er Wirtschaftsreferent der Partei war, wurde erst später im Nachhinein bestätigt, als Pfeiffer zum „Sonderbeauftragten der NSDAP in Wirtschaftsfragen für die Creditanstalt- Bankverein im Auftrag der Landesleitung der NSDAP“479 ernannt wurde. Sofort ging man gegen politisch Andersdenkende und Juden vor. Abs sah das „Judenproblem“ in Wien als besonders schwerwiegend an. Im März schieden zwei jüdische Vorstände, Franz Rottenberg (auf „eigenes Ersuchen“) und Oscar Pollak aus. Pollak wurde im Mai 1942 deportiert und ermordet.480 Viele schieden aus der Direktion/Management aus. Der stellvertretene Direktor Otto Russo481 beging nach dem „Anschluss“ Selbstmord. Der Präsident des Verwaltungsrates Emanuel Weidenhofer482 schied ebenfalls aus seiner Funktion aus. Mit der bereits erwähnten Generalversammlung am 25. März 1938 wurde die Veränderung in der Bankspitze endgültig besiegelt. Josef Joham, konnte sich wegen seiner guten Kenntnisse des Ost- und Südosteuropa- Gebietes halten und auch sonst hatte der CA-Bankverein trotz des „Anschlusses“ eine starke „österreichische“ Präsenz in Bezug auf das Personal beibehalten können. Somit war alles vorbereitet um die Bank ihrer neuen Funktion zuzuführen. Sie sollte innerhalb des Einflussbereiches der Deutschen Bank als Sprungbrett nach Südosten Europas dienen.

Im Gegensatz zu den Sparkassen und Landes-Hypothekenanstalten, begann für den CA- Bankverein und die Deutsche Bank die Expansion in den Südostraum nicht erst nach Deutschlands Überfall auf Jugoslawien im April 1941, sondern wurde seit den Zeiten der Donaumonarchie aufrechterhalten. Mit dem Anfang der engeren Zusammenarbeit mit der Deutschen Bank in den 1930er Jahren, änderten sich jedoch die Richtung der Expansion und ihre Intensität. Seit den Zeiten der Donaumonarchie war die (frühere) Creditanstalt vor allem auf den Donauraum ausgerichtet, Abs pflegte jedoch die Absicht, diese Bank für die Deutsche Bank als Sprungbrett für den europäischen Südostraum (Balkan) einzubeziehen. Dazu gehörte

476 Ebd., S. 42 477 Ebd., S. 182. 478 Ebd., S. 41ff. 479 Ebd., S. 42. 480 Ebd., S. 44. 481 Ebd., S. 45. 482 Ebd., S. 46ff. 107

auch das slowenische Gebiet, von dem hier nur die Untersteiermark und Oberkrain berücksichtig werden.

In der Steiermark bemühte man sich nach dem „Anschluss“ den Bankstandort Graz zu festigen und auszubauen. Dies erfolgte trotz vieler Schließungen Grazer Banken infolge der „Arisierungen“. Nach dem „Anschluss“ übernahm zunächst der CA-Bankverein die in der Steiermark konkurrierende Steiermärkische Escompte Bank. Ein Zusammenschluss dieser zwei Kreditinstitute wurde schon am Anfang der 30er Jahre angegangen, scheiterte jedoch an Vorgängen im Zuge der Reorganisation des österreichischen Bankwesens im Jahre 1934.483 Im Jahr 1938 wurde die Übernahme durchführt, wobei die Gauleitung der Steiermark ihre Zustimmung erteilte, mit der Bedingung des Gauwirtschaftsberaters Armin Dadieu, dass das daraus entstehende Institut soweit möglich den Charakter eines steirischen Unternehmens beibehält. Dies sollte durch eine Vertretung der steirischen Wirtschaft in der Leitung des CA- Bankvereins gewährleistet werden. Dies ist auch unter Zustimmung des VIAG und des CA- Bankvereins selbst geschehen, sodass Dadieu und Theo Groß aus Berlin bei der Verwaltungsratssitzung am 25. November 1938 tatsächlich in den Verwaltungsrat des CA- Bankvereins gewählt wurden. Um die „steiermärkische“ Vertretung im CA-Bankverein weiter auszubauen, wurden umgekehrt leitende Funktionäre der Bank in die Aufsichtsräte von jenen steirischen Industriebetrieben entsandt, an denen der CA-Bankverein eine Beteiligung besaß. Die Zustimmung zur Übernahme der Steiermärkischen Escompte Bank durch den CA-BV wurde zudem an zwei weitere Bedingungen geknüpft: „die Berechtigung der Filialen zur Krediterteilung nach den Bedürfnissen der steirischen Wirtschaft und die Einräumung der Eigenverantwortlichkeit für die Filialleitung bis zu einer Kredithöhe von 50.000 RM“484. Mit der Übernahme erlosch die Escompte Bank am 22. Juli 1938, nur vier Monate nach dem „Anschluss“. Auch die Aktionäre des CA-Bankvereins stimmten der Übernahme zu. Der CA- Bankverein übernahm auch die Filialen der Steiermärkischen Escompte Bank in Graz (Hauptsitz), Klagenfurt und Leoben und übertrug in weiterer Folge das Geschäft in Klagenfurt auf ihre eigene, bereits bestehende Filiale. Dieser Übernahme folgten „Arisierungen“ und traurige Schicksale vieler Angestellten, der mit der Bank lange verbundenen Menschen. Die gesamte Bilanzaktiva der Bank wurde in die Aktiva des CA-BV überführt, das Aktienkapital, der Reservefonds und der Gewinnvortrag gingen in einen Reservefonds für die Pensionsansprüche der ehemaligen Angestellten, da diese Ansprüche von dem CA-BV übernommen wurden.485

In Kärnten musste sich der CA-Bankverein gegen die Bayerische Hypotheken- und Wechselbank behaupten, denn zusammen waren sie Eigentümer der Bank für Kärnten, wobei jedes Kreditinstitut ungefähr die Hälfe des Aktienkapitals besaß.486 Ein kleiner Aktienteil befand sich im österreichischen Streubesitz. Dazu kam, dass das Reichswirtschaftsministerium

483 Ulrike Zimmerl, Regionalbanken im Nationalsozialismus. Die Instrumentalisierung österreichischer Geldinstitute in den Bundesländern, in: Feldman (Hrsg.) u.a., Österreichische Banken und Sparkassen im Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit. München 2006, S. 60. 484 Ebd., S. 62. 485 Ebd., S. 62ff. 486 Ebd., S. 38. 108

nach dem „Anschluss“ eine Bankenrationalisierung forderte und nun besaß der CA-Bankverein, neben seinen Beteiligungen an der Bank für Kärnten, noch zwei eigene Filialen in Villach und Klagenfurt.487 Deshalb wurde im Jahr 1939 die Forderung laut, dass die Beteiligung des CA- Bankvereins an das Münchner Kreditinstitut übergehen sollte.488 Das Reichswirtschaftsministerium war dazu unter der Auflage einverstanden, dass die Bank für Kärnten zu einer Filiale des bayerischen Kreditinstitutes wird. Gegenüber dem CA-Bankverein wurde die Forderung nach dem Verkauf an die Bayern dadurch gerechtfertigt, dass die CA nach 1941 in der Untersteiermark bereits sehr berücksichtigt worden war. Die Verhandlungen dauerten über mehrere Jahre, weil sich Gauleiter Rainer querlegte, denn die Bank für Kärnten wäre laut dieser Vereinbarung aufgelöst werden müssen. Die Gauleitung sah jedoch eine Art „Hausbank“ in der Bank für Kärnten und befürchtete negative Folgen aufgrund der Konkurrenz bei Hypothekardarlehen auf dem Kärntner Gebiet.489 Schließlich kam es nach langen Unterredungen im April 1943 zu einer Neustrukturierung des Beteiligungsverhältnisses an der Bank für Kärnten: der CA-Bankverein hielt 70 %, die Bayerische Hypotheken- und Wechselbank 30 %. Diese Lösung wurde schon 1939 vorgeschlagen, als die beteiligten Parteien feststellen mussten, dass Kärnten eigenständig in dieser Angelegenheit zu behandeln ist und dass die Forderung des CA-Bankvereins in der Untersteiermark keine Auswirkungen auf Kärnten haben darf. Immer wieder kam es zu Interventionen Rainers, der die Einbringung der Filialen des CA-Bankvereins in die Bank für Kärnten, als die einzig richtige Lösung hielt und die Weiterführung einer selbstständigen Filiale in Klagenfurt für nicht vertretbar erachtete.490 Dies war seiner Ansicht nach eine „Bankenrationalisierung“491. Keine andere Bank als die Bank für Kärnten sollte in Kärnten tätig sein und Filialen eröffnen dürfen. Am Ende wurden die Filialen des CA-Bankvereins gegen eine entsprechende Vergütung auf die Bank für Kärnten übertragen und die Geschäftsführung der Bank für Kärnten ausschließlich dem CA-Bankverein anvertraut.492 Das bayerische Kreditinstitut behielt sich jedoch Rechte in Bezug auf die laufende Berichterstattung vor und hatte bei jedem zu gewährten Darlehen von mehr als 500.000 RM493 alle Unterlagen (die gesamte Kreditmappe) zu erhalten, bevor eine Entscheidung über Kreditvergabe erteilt wurde. Gegen Ende des Krieges machten sich Personalengpässe bemerkbar und wegen der fortschreitenden Truppen der Partisanen in Oberkrain mussten im September 1944 die Zahlstelle in Bled/Veldes und die Filiale in Kranj/Krainburg geschlossen werden.

Beim Überfall auf Jugoslawien wollte man im Kreditwesen zweierlei übernehmen: das bestehende Netzwerk von Kreditinstituten und die Beteiligungen und Engagements der Kreditinstitute in der Industrie. Auf dem slowenischen Gebiet der Untersteiermark, Oberkrains und des Mießtales waren überwiegend drei Banken494 tätig. Die größte war die Laibacher

487 Ebd., S. 39. 488 Ebd., S. 40ff. 489 Ebd. S. 83ff. 490 Ebd., S. 94ff. 491 Ebd., S. 95. 492 Ebd., S. 94ff. 493 Ebd., S. 97. 494 Ebd., S. 69ff. 109

Kreditbank. Dieser folgten Die genossenschaftliche Wirtschaftsbank und die Creditanstalt für Handel und Gewerbe. Diese drei Banken hatten mehr als 84 %495 der gesamten Bankbilanzsumme auf dem slowenischen Gebiet des Königreiches Jugoslawien. Die Laibacher Kreditbank hatte Filialen sowohl in der Untersteiermark wie in Oberkrain. Daneben besaß sie Beteiligungen an den Stickstoffwerken in Ruše/Maria Rast in der Untersteiermark, der „Trio“ Schuhindustrie GmbH in Tržič/Neumarktl in Oberkrain und an den Littai-Pragwalder Textilwerken AG (mit 98 %).

Die Genossenschaftliche Wirtschaftsbank besaß Beteiligungen der Spiegelfabrik „Kristall“ in Maribor/Marburg. Die Laibacher Kreditanstalt für Handel und Gewerbe (in der Donaumonarchie eine Filiale der damaligen Creditanstalt) stand in enger Beziehung zu zwei Industrieunternehmen in Ruše/Maria Rast: den Stickstoffwerken und der Aga-Rusche Azetylen- und Oxygen-Werke AG, sowie zu den Thunschen Stahlwerken AG in Streitleben und der A. Westen AG in Celje/Cilli, aber auch zu der Krainischen Industriegesellschaft in Jesenice/Aßling.

Auf das Gebiet der Untersteiermark und Oberkrains kamen der CA-Bankverein und die Länderbank. Letztere eröffnete eine Filiale in Maribor/Marburg, der CA-Bankverein eröffnete Filialen in Maribor/Marburg, Celje/Cilli, Kranj/Krainburg und eine Zahlstelle in Bled/Veldes. Die ehemaligen jugoslawischen/slowenischen Banken wurden liquidiert. Die Kosten der Liquidation gingen zu Lasten der durchführenden Bank und die Bezahlung der mit der Liquidation befassten Beamten hatte der CA-Bankverein zu tragen. Die Immobilien von liquidierten Banken wurden von ausführenden Kreditinstituten übernommen und entweder für eigene Bedürfnisse genutzt oder vermietet. Mit der technischen Durchführung der Liquidation und Aufstellung der Bankfilialen befassten sich die „regionalen“ Mitarbeiter aus der Steiermark und aus Kärnten.

Daneben sollte es zu einer Konsolidierung des Bankennetzwerkes kommen, was die zwei Chefs der Zivilverwaltung, Uiberreither und Kutschera, bereits im Mai 1941 vereinbarten. Sie erteilten auch die Aufträge zur Liquidierung und Abwicklung der bestehenden Kreditinstitute auf den besetzten Gebieten Krains und der Untersteiermark. Neben des CA-Bankvereins und der Länderbank war in Oberkrain noch die Bank für Kärnten tätig, sowie Filialen von ausländischen Banken.496 Letztere wurden unter Sequester gestellt.497 Zwischen der Bank für Kärnten und dem CA-Bankverein entfachte in Oberkrain ein Interessenskonflikt bezüglich des Umfanges des übernommenen Kundenstamms und bezüglich der Erteilung einer behördlichen Erlaubnis an die Bank für Kärnten, in Kranj/Krainburg eine eigene Filiale eröffnen zu dürfen.498 Auch weitere kleinere Streitigkeiten folgten. Auf das Verhältnis dieser zwei Institute in Kärnten

495 Lazarević, Zgodovina slovenskega bančništva, S. 170. 496 Zimmerl, Regionalbanken im Nationalsozialismus. S. 70. Dabei wird vermerkt, dass die Beteiligungen aufgrund einer von Joham im Jahre 1946 erstellten Liste der Beteiligungen seien, dass diese Liste jedoch höchst zweifelhaft ist, weil sie relativ wenige Beteiligungen auflistet. Dies ist jedoch die einzige Liste von CA-BV- Beteiligungen im ehemaligen Jugoslawien, die überhaupt existiert. 497 Lazarević, Zgodovina slovenskega bančništva, S. 170. 498 Zimmerl, Regionalbanken im Nationalsozialismus, S. 72ff. 110

wird noch eingegangen, denn diese Streitigkeiten beeinflussten auch die Kreditvergaben. Dem CA-Bankverein scheinen in Oberkrain besondere Aufgaben zugeteilt worden zu sein. Der CA- Bankverein sollte nämlich:

„den wirtschaftlichen Belangen der Bank ebenso, wie den politischen und wirtschaftlichen Notwendigkeiten des Reichsgaues Rechnung tragen und der weitgehendsten wirtschaftlichen Befruchtung des Reichsgaues dienen“ und dabei „dem Reichsgau Kärnten, einschließlich des besetzten Gebietes von Krain bei der Durchführung seiner wirtschaftlichen Aufgaben ihre Dienste bzw. jedmögliche Förderung durch Beratung, bei der Aufstellung der notwendigen Kredite angedeihen zu lassen“.499

Eine besondere Rolle spielte die Untersteiermark. Dies war ein Gebiet, das nicht nur Agrarprodukte an die nördlichen Gebiete des Reichsgaues lieferte, weshalb man von der Grazer „Speisekammer“ sprach, sondern ist auch reich an Rohstoffen wie Magnesit, Eisenerz und Kaolin. Die Industrie war hochentwickelt (Leder, Textil, Eisen, Stahl, Glas, Chemie). Dazu war die Energieversorgung gewährleistet. Der CA-Bankverein spielte hier eine tragende Rolle. Die deutschen Besatzer legten großen Wert auf die Eingliederung der Industrie Untersteiermarks in die Kriegsproduktion des Reiches. Der Krieg war zu damaligen Zeit (1941) bereits voll entfachtet. Man bediente sich nicht nur der Industrie, sondern versuchte auch die Spareinlagen der Bevölkerung so schnell wie möglich in deutsche Schatzanweisungen zu überführen. Die Filialen des CA-Bankvereins in Maribor/Marburg und Celje/Cilli und die Marburger Filiale der Länderbank erhielten die Stellung einer Depositenbank.500

Die Filialen des CA-Bankvereins und der Länderbank sind nach der Befreiung Jugoslawiens liquidiert worden. Deren Vorstandsmitglieder wurden (unter anderem) wegen Unterstützung der feindlichen Kriegsindustrie angeklagt501 und verurteilt. Alle Betriebsübernahmen nach April 1941 wurden rückgängig gemacht und der Creditanstalt-Bankverein verlor sämtliche Beteiligungen in Jugoslawien, auch jene, die es vor April 1941 hielt. Dies waren immerhin mehr als 30 Industrieunternehmen.

499 Ebd., S. 73. 500 Ebd., S. 78. 501 Oliver Rathkolb, Die ungeschriebene Geschichte. Creditanstalt-Bankverein und österreichische Länderbank und die Entschädigung bzw. Restitution von Vermögenswerten Jüdischer Kunden und Kundinnen nach 1945, in: Österreichische Banken und Sparkassen im Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit, Band I. München 2006, S. 778. Die Anklage warf den Vorstandsmitgliedern vor, dass sich ihre Geschäftsleitung gegen jugoslawische Interessen richtete. 111

Der Bankbetrieb »ostmärkischer« Kreditinstitute anhand ihrer Bilanzdaten

Die Gesetze und Verordnungen, die nach März 1938 langsam ihre Gültigkeit auch in den beiden Reichsgauen Steiermark und Kärnten erlangten, betrafen auch den Bank- und Sparkassenbetrieb. Um die etwaigen Auswirkungen zu ergründen, wird in diesem Abschnitt eine Bilanzanalyse durchgeführt, die den Bank- und Sparkassenbetrieb in dieser Zeit beleuchten soll. Alle zur Verfügung stehenden Bilanzdaten werden hierfür herangezogen. Die Bilanzanalyse beinhaltet eine gleichzeitige Anwendung des Zeit- und Betriebsvergleichs. Damit eine Erklärung der Vorgänge nicht gesondert erfolgen muss, werden begleitend auch jene Dokumente ausgewertet (Dokumentenanalyse), die hierfür zweckführend erscheinen. Das Ergebnis sollte eine vertiefende Einsicht in den damaligen Bank- und Sparkassenbetrieb ergeben. Die Analysen erfolgen gesondert nach einzelnen Kreditinstituten.

Die »ostmärkischen« Sparkassen

Die Steiermärkische Sparkasse in Graz im Wendejahr 1938 Wir beginnen mit der Analyse des Bilanzjahres 1938. Damals fand die „Grazer Bankenfusion“ statt in deren Folge drei Schlussbilanzen zum 31. 12. 1938 angefertigt wurden. Jedes Sparkasseninstitut bilanzierte für das Bilanzjahr 1938 noch getrennt, weshalb diese Bilanzen gut mit den Schlussbilanzen des Jahres 1937 vergleichbar sind. Daraus kann auch der Einfluss des „Anschlusses“ beobachtet werden. Neben den Schlussbilanzen wurden auch drei Gewinn- und Verlustrechnungen (GuV) angefertigt. Alle Beträge lauteten entweder auf Schilling oder bereits auf die Reichsmark (RM). Anschließend wurde zum 1. Jänner 1938 eine Reichsmark- Eröffnungsbilanz gelegt, die nach den neuen deutschen Rechnungslegungsrichtlinien gefertigt wurde und daher beim Vergleich mit den Bilanzdaten des Jahres 1938 Vorsicht geboten ist. Eine Eröffnungs-Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) wurde für die fusionierte Steiermärkische Sparkasse in Graz, wie sie fortan hieß, nicht gelegt. Für die Ermittlung der Erträge und Lasten des fusionierten Kreditinstitutes zum 1. Jänner 1939 müssen wir die Summe der Gewinn- und Verlustrechnungen der Vorgängerinstitute heranziehen und sie in RM umrechnen.

In diesem Kapitel werden die alleinstehenden Sparkassen vor der Fusion betrachtet (GuV und Schlussbilanz) um die etwaigen Unterschiede zum Jahr 1937 aufzuzeigen und sie zu analysieren.

Die Gewinn- und Verlustrechnung der (noch alleinstehenden) Steiermärkischen Sparkasse für das Jahr 1938 wird in der unteren Abbildung 4 angegeben.

112

Aufwand Ertrag Betrag (in RM) Betrag (in RM) Zinsen 1.008.979,64 Zinsen 1.863.185,21 - für Einlagen 1.007.093,33 - von Hypothekar-Darlehen 944.168,44 - in laufender Rechung 1.866,31 - von Körperschafts-Darlehen 181.409,26 Steuern 186.567,72 - von Wertpapieren 297.171,22 Personalauslagen 507.474,57 - in laufender Rechung 428.299,93 Kanzleierfordernisse 86.725,33 - von Wechseln 5.943,60 Verschiedene Verwaltungsausgaben 74.013,64 - verschiedene 6.192,76 Abschreibungen von Realitäten und Inventar 52.746,60 Verwaltungsempfänge und Provisionen 40.585,03 Abschreibungen von Darlehen und Krediten 23.042,26 Kursgewinne 83.946,79 Gebarungsüberschuss 111.099,19 Realitätenerträgnisse 52.641,91 50% Anteil a, Gewinn des Kreditvereines 10.290,01 2.050.648,95 2.050.648,95

Abbildung 4: Die Gewinn- und Verlustrechnung der (alleinstehenden) Steiermärkischen Sparkasse (ohne Kreditverein, ohne Sparkasse Umgebung Graz und ohne Grazer Gemeindesparkasse) vom 31. Dezember 1938. (Quelle: Geschäftsbericht 1938 der Steiermärkischen Sparkasse).

Die höchsten Zinserträge erzielte die Steiermärkische Sparkasse im Wendejahr 1938 aus langfristigen Hypothekardarlehen (944.168 RM) und aus Kontokorrentkrediten (428.300 RM). Die höchsten Zinsen wurden für Einlagen bezahlt. Die Fristigkeit dieser Einlagen wird nicht angegeben. Der Zinsunterschied betrug rund 850.000 RM. Sehr hoch waren auch die Personalkosten für die 62-Köpfige „Gefolgschaft“ und beliefen sich auf über eine halbe Million RM. Von den 62 „Gefolgsleuten“ wurden 12 während des Jahres 1938 neu eingestellt.502

Auf der Ertragsseite kam es gegenüber dem Vorjahr 1937 zu einem Rückgang von Zinseinkünften aus Hypothekar- und Körperschaftsdarlehen. Auch die Kontokorrentzinsen stiegen nicht im gleichen Umfang wie die kurzfristigen Geldanlagen. Aufgrund der Einführung landwirtschaftlicher „Entschuldung“ erhöhte sich zudem der Zinsrückstand, weil manche Schuldner glaubten, keine Zinsen mehr zahlen zu müssen.503 Dieser Entwicklung konnte die Sparkasse teilweise mit den Mehreinnahmen und Veranlagung flüssiger Gelder wettmachen. Ein großer Teil dieser Einlagen konnte als langfristig betrachtet werden, da der Großteil nie abgehoben wurde und auch gesetzlich durch Behebungsgrenzen und -fristen mindestens über mehrere Monate auf dem Konto liegen musste. Zu einem Gesamtausgleich könnte es erst in den Folgejahren kommen. Dies trat jedoch, aufgrund noch zu schildernder Gegebenheiten, nicht ein. Vor allem setzte die Sparkasse viel auf eine in Aussicht gestellte Bautätigkeit. Nachzulesen im Geschäftsbericht für das Jahr 1938.

„Der Ausgleich hierfür wird durch die kommende starke Bautätigkeit gegeben sein.“504

Die Zinssenkung berührte auch die Anlagen in Wertpapiere negativ, wie anhand des Wertpapierportfolios des (noch selbstständigen) Kreditinstitutes verdeutlicht werden kann. Die Sparkasse hatte Ende 1938 einen Eigenbesitz an Wertpapieren von 6.968.369,69 RM505. Bereits zum Tag der Schlussbilanz für das Jahr 1938 entfiel der Großteil auf Reichsanleihen und

502 Jahresbericht der Steiermärkischen Sparkasse für das Jahr 1938. Graz 1939. S. 12. 503 Ebd., S. 8. 504 Ebd., S. 9. 505 Ebd., S. 10. 113

Reichsschatzanweisungen aus. Insgesamt betrug deren Nominale (face value) 5.045.700 RM und deren Anschaffungswert lag bei 4.569.129,96 RM. Die Reichwertpapiere jeglicher Art machten 65,57 % aller Veranlagungen in Wertpapiere aus. Bilanziell betrug die Anlage in Staatswertpapiere zum Jahresende 1938 lediglich 16 % der Aktiva. Der Rest des Wertpapierportfolios entfiel auf Landesanleihen, sowie Pfandbriefe und Kommunalschuldverschreibungen. Ein kleiner Teil wird unter »sonstigen Wertpapieren« ausgewiesen, ist aber sehr geringfügig und daher vernachlässigbar. Leider kann aufgrund des Datenmangels keine genauere Portfolioanalyse durchgeführt werden. Es fehlen Daten über Preise und Zinseinkünfte, sodass keine detaillierten Berechnungen gemacht werden können. Aufgrund des Vergleichsdatenmangels ist auch keine Benchmark-Analyse möglich. Betrachten wir jedoch die damals (1938) zur Verfügung stehenden Staatsanleihen, so ergibt sich eine Verzinsung zwischen 4 % und 5,5 %.506 Diese galt, mit Ausnahme von Pfandbriefen und Kommunalschuldverschreibungen, bis zum 1. Oktober 1938. Danach wurden in der „Ostmark“ alle Zinssätze auf 4,5 % vereinheitlicht, was durch eine Konvertierung der bestehenden österreichischen Staatsanleihen in reichsdeutsche Staatsanleihen vollzogen wurde. Die neue Verzinsung wurde im April 1939 auch für die Pfandbriefe und Kommunalschuldverschreibungen zwingend vorgeschrieben.507

Eine Vermögensveranlagung in Aktien fand weder im Laufe des Jahres 1938 noch vorher statt. Dies obwohl sich die Aktienkurse an der Wiener Börse im Zeitraum zwischen 1934 und 1937 positiv entwickelten508. Neben einer positiven Entwicklung wurde eine hohe Volatilität der Aktienkurse gemessen.

Die geringeren Zinseinnahmen gehen nicht nur auf die staatlich gesenkten Zinssätze zurück, sondern ebenfalls auf eine Verkürzung der Darlehensfristigkeit und auf den Rückgang von Neukreditierungen. Die Summe von Körperschaftsdarlehen sank gegenüber dem Vorjahr um 82.178 RM auf rund 3,045 Millionen RM; die daraus erzielte Verzinsung war, im Vergleich mit dem Jahr 1937, um 20 % geringer. Die Zahl der neuen Kreditnehmer von Körperschaftskrediten bleib indes unverändert bei 45509. Die reichsverbürgten Kredite, davon 148 gewerbliche und 31 Gastwirtkredite, wurden über den Kreditverein der Sparkasse geführt. Als Grund dafür gab die Sparkasse „interne Gründe“510 an, ohne dies näher zu erklären. Der Umfang langfristiger Hypothekardarlehen (Pfandkredite) ist im Laufe des Jahres 1938 um rund 1,3 Millionen RM auf insgesamt 16,6 Millionen RM angestiegen, allerdings entfielen davon

506 Bis zum 1. Oktober 1938 wurden folgende Zinssätze für die diversen Anleihen (alles Staatsanleihen) geboten: 4 % bei der Trefferanleihe von 1933/34, 5,5 % bei der Arbeitsanleihe von 1935 und 4,5 % bei der Investitionsanleihe aus 1937. Es gab noch den Pfandbrief der Landeshypothekenanstalten, doch war dieser vom Umfang sehr gering (nur 269,8 Millionen Schilling im Jahr 1937). Die Emission der österreichischen Staatsanleihen des Jahres 1937, betrug das Doppelte. 507 Ebd., S. 10 und eigene Berechnungen. 508 Im Jahr 1934 betrug das Nominalkapital der Aktien an der Wiener Börse 780 Millionen Schilling, während der Kurswert bei 460 Millionen Schilling lag. Im Jahr 1937 lag der Aktienkurswert (Kapitalisierung) um 7 % über dem Nominalwert. Dazu auch: Vergleich österreichischer Aktienkurindizes. WIFO stellt Berechnung ein. Monatsberichte 4/1981. Wien 1981, S. 203ff. 509 Jahresbericht der Steiermärkischen Sparkasse für das Jahr 1938. Graz 1939, S. 9. 510 Ebd., S. 11. 114

Kredite im Ausmaß von rund 6,2 Millionen RM auf Kredite für landwirtschaftliche Liegenschaften, worin die Probleme der „Bauernentschuldung“ „enthalten“ sind. Dadurch erhalten wir aus der Bilanz keine eindeutige Antwort auf die Frage, ob, abgesehen von der „Bauernentschuldungsdarlehen“, der Umfang restlicher Pfandkredite gesunken ist oder nicht. Für die Jahre vor 1938 haben wir keine separate Angabe über den Anteil von landwirtschaftlichen Krediten und können daher die Daten von 1938 in diesem Bereich nicht vergleichen.

Das einzig neue Geschäft im Jahr 1938, welches für sie Sparkasse ein Novum darstellte und unmittelbar auf den Anschluss Österreichs zu Deutschem Reich zurückging, war die Einführung des Giroverkehrs, einer Art des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Von den Vorjahren kannte die Sparkasse nur den Scheckverkehr als die einzige bargeldlose Zahlungsart. Der erste Giro-Amtstag war der 19. Mai 1938 und in der Zeit bis Jahresende gab es 30.355 Überweisungen über 877 Girokonten. Diese machten insgesamt rund 60,7 Millionen RM aus (einschließlich des Scheckverkehrs). Die Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 1938 zeigt Provisionserträge von 40.585 RM, in denen auch die Einkünfte aus Überweisungsprovisionen enthalten sind, jedoch nicht gesondert ausgewiesen werden. Deshalb dürfte die Überweisungsprovision im Durschnitt 0,07 % des Überweisungsbetrages nicht überschritten haben. Somit lag diese deutlich unter den heute üblichen Gebühren im Zahlungsverkehr. All dies führte zu einer Minderung der Gesamterträge gegenüber dem Vorjahr.511

Während des gesamten Jahres 1938 waren in der „Ostmark“ noch die alten, österreichischen Vorschriften für die Einlageverzinsung in Kraft. Somit standen den geringeren Zins- und Provisionseinkünften (nur) im Jahr 1938 keine geringeren Zinslasten entgegen. Die Vereinheitlichung und Senkung der Passivzinssätze wurde in der „Ostmark“ erst mit 1. Jänner 1939 eingeführt.

Somit ergab sich bei den Zinslasten für Spareinlagen eine deutliche Veränderung gegenüber dem Vorjahr. Diese betrugen während des Jahres 1938 über 1 Million RM bei einem Einlagenstand von rund 42,8 Millionen RM zum Bilanzstichtag. Neu war die Verzinsung der Giroeinlagen, welche am Bilanzstichtag rund 8,6 Millionen RM betrugen und für welche in der Zeit von Mai bis Dezember lediglich 1.886 RM den Kunden in Rechnung gestellt werden konnten.

Trotz dieser Divergenz betrug der Gewinn zum Jahresende 1938 um 9,3 % mehr als zum Bilanzstichtag 1937. Dieser Überschuss ist zurückzuführen auf um 34 % höhere Erlöse aus der Verzinsung von Kontokorrentdarlehen (Vergleich 1938 gegenüber 1937), obgleich die Zinseinkünfte aus Hypothekardarlehen um 20 % gefallen sind.

Deutliche Veränderungen gegenüber dem Vorjahr weist auch die Schlussbilanz der Steiermärkischen Sparkasse für das Jahr 1938 (siehe Abbildung 5) auf. Deutlich wird, dass sich vor allem der Einlagenstand deutlich erhöhte, weil es ab März 1938 für die Einzahlung von Spareinlagen keine Einschränkungen mehr gab und diese konnten in beliebiger Höhe eingezahlt

511 Ebd., S. 9. 115

werden. Bei Auszahlungen bestand eine Einschränkung in Höhe von 1.000 RM.512 Auszahlungen über diesen Betrag durften nur bei einer dreimonatigen Voranmeldung behoben werden. Bei außergewöhnlichen Notständen durften im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister die Spareinlagen überhaupt nicht behoben werden. Das Reichsaufsichtsamt für das Kreditwesen war berechtigt, den genannten Betrag von 1.000 RM und die Kündigungsfrist von 3 Monaten bei außergewöhnlichen Notständen im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister zu ändern.513

Besondere Achtsamkeit galt den Spareinlagegeldern und deren Anlage selbst. So konnte der Reichswirtschaftsminister Anordnungen bezüglich konkreter Anlagen der Spareinlagen erlassen, wobei besondere Vorsorge der Sicherheit und der Liquidität gelten musste.

Die gestiegenen Spareinlagen gehen auf die Sparwerbung zurück, die in der „Ostmark“ bereits im April 1938 in gleichem Ausmaß wie im „Altreich“ betrieben wurde. Im Jahr 1938 stiegen die Spareinlagen gegenüber dem Jahr 1937 um fast 4 Millionen RM an. Dies war das günstigste Ergebnis seit dem Jahr 1922. Der Spareinlagestand betrug im Jahr 1938 rund 34,2 Millionen RM, wovon nur 1,7 Millionen RM auf gebundene Einlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist entfielen. Den Rest machten kurzfristige Einlagen aus, die jederzeit behebbar waren. Die Zahl der Sparkonten stieg um 2.493 auf 41.772 an.514 In den Vorjahren stieg die Anzahl der Konten pro Jahr im Durchschnitt um 700 an und betrug nie über 40.000 Konten.

Aktiva: RM % Passiva: RM % Kassa 391.755 0,87% Einlagen 42.831.194 94,68% Hypothekar-Darlehen 16.605.740 36,71% Guthaben der Pfandbriefanstalt 2.186 0,00% Landes- und Gemeindedarlehen 3.045.633 6,73% Pensionsfonds 207.872 0,46% Wertpapiere 6.968.370 15,40% Kreditoren 139.624 0,31% Debitoren 12.962.827 28,66% Vorausempfangene Zinsen 142.899 0,32% Kontokorrentkredite 2.113.471 4,67% Kapitalrücklage 1.032.275 2,28% Fällige Zinsen 457.898 1,01% Reservefonds 681.374 1,51% Devisen 2.930 0,01% Kursreserve 0 0,00% Realitäten 2.338.036 5,17% Pfandbrief-Haftungsfonds 16 0,00% Inventar 309.414 0,68% Widmungsrücklage 8.000 0,02% Wechsel 0 0,00% Verlustrücklage für Darlehen und Kredite 126.304 0,28% Rechnungsabgrenzung 39.586 0,09% Rechnungsabgrenzung 63.916 0,14% Zusammen: 45.235.660 100,00% 45.235.660 100,00%

Abbildung 5: Die Abschlussbilanz der Steiermärkischen Sparkasse (ohne Kreditverein, ohne Sparkasse Umgebung Graz und ohne Grazer Gemeindesparkasse) vom 31. Dezember 1938. (Quelle: Compass und eigene Berechnungen).

Die Spareinlagen wurden mit Hilfe einer intensiven Sparwerbung gesammelt. Neu für die Sparkasse war dabei das Schulsparen, welches erst zwei Monate vor dem Ende des Jahres 1938 eingeleitet werden konnte. Dabei übernahm (vor der Sparkassen-Fusion) die Steiermärkische

512 Dies wurde mit dem Bundesgesetz über Beschränkungen des Auszahlungsverkehrs im Inland (BGBl. für den Bundesstaat Österreich 1938, Nr. 76), sowie der dazugehörigen Durchführungsverordnung (BGBl. für den Bundesstaat Österreich 1938, Nr. 77) eingeführt. Umgangssprachlich wird von »Kapitalfluchtgesetz« gesprochen. Dieses Gesetz trat bereits am 13. 3. 1938 in Österreich in Kraft. 513 Ebd., o.S. 514 Jahresbericht der Steiermärkischen Sparkasse für das Jahr 1938. Graz 1939, S. 8. 116

Sparkasse diesen Zweig alleine für das Gebiet der Stadt Graz. Aus Zweckmäßigkeitsgründen wurde das Schulsparen durch das „Sparmakensystem“ geführt. Damit wurde eine Sparmarke für 10 RM Einlage erworben. Jede Volks-, Haupt- und Oberschule des Grazer Stadtgebietes ernannte einen „Sparleiter“, der für die Koordinierung der gesamten Spartätigkeit im Rahmen des Schulsparens verantwortlich war.

Abbildung 6: Entwicklung des Einlagestandes bei der Steiermärkischen Sparkasse zwischen den Jahren 1925 und 1938. Für die Umrechnung des Einlagestandes von 1938 wurde der Kurs Schilling-RM von 1,5 verwendet. (Quelle: Compass 1939. Finanzielles JB. Österreich, Österreich-Ungarn.)

Tatkräftige Unterstützung erhielt die Sparkasse von den Schulbehörden und der Lehrerschaft. Das Schulsparen eine groß angelegte Werbeaktion war, zeigen die Aktivitäten, welche in diesem Rahmen durchgeführt wurden. Es gab Vortragsabende für die Lehrerschaft, verbunden mit Filmvorführungen und alles war nur dem Sparen und besonders dem Schulsparen gewidmet. Filme über das (Schul)sparen wurden auch den rund 15.000 Schülern gezeigt. Die Werbefilme wurden vom Sparkassenverlag eigens dafür produziert.515

„Kurze, eindrucksvolle, mündliche Darlegungen und die Verteilung von Elternbriefen vertieften die Wirkung der vorgeführten Filme“516

Dies steht im Jahresbericht 1938 der Steiermärkischen Sparkasse mit den Ergebnissen der sechswöchigen Schulsparaktion in Graz: 1.208 neueröffnete Sparkonten der Schüler und fast 15.000 RM an Spargeldern. Das Schulsparen entfaltete seine volle Wirkung erst in den Folgejahren.

Neben dem Schulsparen wurde diese Sparkasse auch in die Werbeaktion des „Deutschen Spartages“ eingebunden. Dieser fand in den Reichsgauen der „Ostmark“ am 28. Oktober 1938 zum ersten Mal statt. Die Aktion eines „Spartages“ war für die Sparkasse nichts Neues, denn bereits in den Vorjahren nahm sie an der Aktion des „Weltspartages“ teil. Im Jahr 1937 gab es am Spartag Einlagen von rund 25.000 RM und Behebungen von rund 52.000 RM, womit ein

515 Ebd., S. 8. 516 Ebd., S. 8. 117

Einlageüberschuss von 27.000 RM erreicht wurde. Ein Jahr später, am „Deutschen Spartag“, gab es insgesamt 1.803 Einlagen (479 Neueinlagen und 1.324 Nachlagen) und 134 Behebungen (19 Vollbehebungen und 115 Teilbehebungen). Die Einlagen machten rund 200.000 RM aus, die Behebungen rund 47.000 RM. Es wurde ein Einlagenüberschuss von fast 155.000 RM erreicht.

Wie die Abbildung 6 zeigt, erreichte der Einlagenstand im Jahr 1937 wieder das Vorkrisenniveau von 1930. Einen Rückgang der Spareinlagen gab es nur im Krisenjahr 1931 und seitdem stieg der Einlagestand kontinuierlich. Im Jahr 1938 war das Wachstum der Spareinlagen am größten seit 1930.

Die Spar- und Scheckeinlagen von 42,8 Millionen RM machten insgesamt rund 95 % der Bilanzpassiva aus. Sie stellten die größte Refinanzierungsquelle der Sparkasse dar. Diesen standen Hypothekar- und Körperschaftsdarlehen von fast 20 Millionen RM entgegen, sowie das Guthaben bei anderen Kreditinstituten (Debitoren) und Wertpapiere. Diese Gliederung der Bilanzaktiva zeigt, dass im Jahr 1938 den Großteil der Anlagen immer noch die Darlehen ausmachten, was sich in den Folgejahren deutlich veränderte. In diesem Jahr wurden 642 neue Hypothekardarlehen ausgezahlt. Die Auszahlungen betrugen 2,1 Millionen RM. Dem standen Teilrückzahlungen und 133 Vollrückzahlungen von insgesamt 0,8 Millionen RM entgegen. Somit wurde ein Auszahlungsüberschuss von rund 1,2 Millionen RM realisiert. Bei Körperschaftsdarlehen gab es einen Rückgang der Darlehenssumme, des Exposures, sodass hier ein Rückzahlungsüberschuss von rund 82.000 RM realisiert wurde. Auch wenn diese Neuauszahlungen ausschließlich langfristige Darlehen gewesen wären, konnte trotzdem aufgrund des außerordentlich gestiegenen Einlagestandes bereits im Jahr 1938 das golden bank rule, die goldene Bankregel, nicht eingehalten werden. Diese besagt, dass die langfristigen Anlagen (das langfristige Vermögen) in etwa den langfristigen Verbindlichkeiten aus diesem Vermögen entsprechen sollten. Aus der Jahresbilanz für das Jahr 1938 geht hervor, dass der Großteil der Spareinlagen kurzfristige Einlagen waren und somit deutlich über 50 % lagen. Die Hypothekardarlehen, Landes- und Gemeindedarlehen und Realitäten machten hingegen über 50 % aus.517

Die gesamten Reserven als % der Bilanzsumme betrugen am 31. Dezember 1938 nach Zuweisung des Gewinnes von 111.099,19 RM an den Reservefonds, 2.055.841,14 RM oder 4,54 % der Bilanzsumme. Dabei war die Verlustrücklage für Darlehen und Kredite äußerst niedrig, wenn die Probleme mit der landwirtschaftlichen „Entschuldung“ in Betracht gezogen werden, von denen die Sparkasse über 6 Millionen RM ausstehend hatte und nach der Einführung des „Erbhofgesetzes“ bereits der Zinsrückstand deutlich angewachsen ist, weil einige Schuldner glaubten, bis zur Erledigung des „Entschuldungsverfahrens“ warten zu können, ohne dazwischen die Zinsen zahlen zu müssen.518

517 Ebd., S. 9. 518 Ebd., S. 9. 118

Zu den sonstigen Ereignissen, die als eine direkte Konsequenz des „Anschlusses“ gezählt werden können, zählen die Neugestaltung der allgemeinen Bankwerbung und der Umgang mit Realitäten, inklusive dem großen Weingartenbesitz der Sparkasse.

Die Werbung für Bankgeschäfte (nicht nur das Sparen) stellte für die Steiermärkische Sparkasse insofern etwas Neues dar, als die Werbung während der „Ersten Republik“ nicht möglich war. Die schlechte Wirtschaftslage ermöglichte keine umfangreichen Bankgeschäfte. Die Sparkassenführung machte nach dem „Anschluss“ dafür das mangelnde Vertrauen in die damalige Staatsführung verantwortlich und sah in der „kraftvollen Reichsführung“ die Voraussetzung für ein Wiederbeleben des Sparkassengeschäftes und der damit verbundenen Werbung.519

Es stimmt jedenfalls, dass die Sparkasse vor dem „Anschluss“ aufgrund der schwierigen Wirtschaftslage mehrere Realitäten im Versteigerungsweg übernehmen musste. Um welche Realitäten es sich handelte, ist aus den zugänglichen Dokumenten nicht ersichtlich. Im Jahr 1938 konnten seit dem Krisenausbruch am Anfang der 1930er Jahre sechs Realitäten abgestoßen werden und es wurden Verhandlungen über den Verkauf von weiteren Realitäten geführt, wobei für zwei davon bereits Anzahlungen geleistet wurden.

Die Steiermärkische Sparkasse war Eigentümerin von Weingärten, sowohl in der „ostmärkischen“ Steiermark (Glanz, Arnfels, Kaindorf und Leibnitz), wie auch in der jugoslawischen Untersteiermark (Maribor/Marburg, Ptuj/Pettau und Ormož/Friedau). Diese Weingärten wurden noch in der Zeit der Donaumonarchie, im Jahr 1870, gekauft und blieben auch nach dem Zerfall der Monarchie Eigentum der Sparkasse. Aufgrund des Geldmangels und der Reblaus verfielen diese Weingärten zunehmend und wurden im Laufe des Jahres 1938 erneuert und zu Mustergütern ausgestattet. Die Weingärten in der Untersteiermark hatten eine Fläche von 220 Hektar, hiervon waren 42 Hektar reines Rebgrund. In der „ostmärkischen“ Südsteiermark befanden sich 45 Hektar Grund und davon 5 Hektar reines Rebgrund. Die Weinernten wurden in die Grazer Kellereien überführt und zum größten Teil in der Weinstube am Stainzerhof, die der Sparkasse gehörte, zum Ausschank gebracht.

Im Laufe des Jahres 1938 baute die Sparkasse auch das Geschäft der Wertpapierverwahrung (Custody) aus. Es wurden Wertpapiere von rund 1,5 Millionen RM von 302 Kunden, sowie 967 Einlagebücher mit einem Gesamtstand von 1,7 Millionen RM verwahrt.520

Die Steiermärkische Sparkasse war nicht nur nach den Erlösen, sondern auch nach der Bilanzsumme das größte Sparkasseninstitut in der Steiermark. Ihre Bilanzsumme zum 31. Dezember 1938 betrug 45 Millionen RM und die Bilanzsumme der fusionierten Sparkasse (ab 1. Jänner 1939) rund 90 Millionen RM. Alle Geschehnisse des Jahres 1938 spiegeln sich in den Jahresberichten der Steiermärkischen Sparkasse wieder und diesem Institut galt auch das Hauptaugenmerk der neuen Machthaber. Aus diesem Grund wird hier auf die Bilanzanalyse der zwei kleineren Kreditinstitute, der Gemeindesparkasse und der Sparkasse Graz-Umgebung,

519 Ebd., S. 11. 520 Ebd., S. 10. 119

verzichtet. Dies umso mehr, als ohnehin deren Bilanzen in der Eröffnungsbilanz des fusionierten Sparkasseninstitutes aufgingen. Was zum Jahresanfang 1939 jedoch nicht angefertigt wurde, war eine Gewinn- und Verlustrechnung der fusionierten Sparkasse. Daher besteht die Möglichkeit, sich ein Bild über die GuV des fusionierten Kreditinstitutes zu verschaffen, in dem die GuVs der einzelnen (noch alleinsteheden Sparkassen) betrachtet werden. Die Jahresberichte dieser Sparkassen konnten in den Archiven nicht gefunden werden, weshalb nur die „rohen“ Daten ohne Erläuterungen, zur Verfügung stehen. Diese wurden aus den Compass-Jahrbüchern entnommen.

Somit wenden wir uns zunächst der Ertragslage der zwei übrigen (noch) alleinstehenden Sparkassen zu. Die aggregierten Daten von allen drei Sparkassen nutzen wir als Ausgangspunkt für die anschließende Analyse der zukünftigen Gewinn- und Verlustrechnungen.

Die Zinserträge der Sparkasse Graz-Umgebung betrugen zum 31. Dezember 1938 rund 0,5 Millionen Schilling oder 331 Tausend RM. Davon entfielen 52 % auf Zinserträge von Privatdarlehen, wobei die Privatdarlehen die größte Anlagenklasse darstellten. Die auf Spareinlagen gezahlten Zinsen (Passivzinsen) betrugen 300.000 Schilling (200.000 RM), wodurch sich ein Unterschiedsbetrag von rund 130.000 RM ergibt. Der Reingewinn betrug 1.000 Schilling (27.333 RM) und rund 100.000 RM wurden für aller Art Verwaltungskosten ausgegeben.

Die Gemeindesparkasse in Graz war mit Abstand die erfolgreichste Sparkasse unter den drei, später fusionierten Sparkassen. Sie hatte zum 31. 12. 1938 Zinseinkünfte von rund 1,5 Millionen RM, was knapp unter den Zinseinkünften der „alten“ Steiermärkischen Sparkasse lag. Die Passivzinsen beliefen sich auf 778.000 RM.

Summieren wir alle drei Sparkassen vor ihrer Fusion auf, so ergeben sich Zinseinkünfte von rund 3,8 Millionen RM. Die Summe der Passivzinsen betrug rund 2 Millionen RM. Wie wir in späterer Folge beobachten werden können, konnte die fusionierte Sparkasse, trotz enormer Bilanzverlängerung und verschiedenen Umschichtungen des Anlageportfolios, die Zinserträge kaum steigern. Es scheint fast so als wären die Zinserträge nicht das Hauptziel ihres Bankbetriebes. Ähnlich war auch die Lage bei den Passivzinsen. Die Zinslast änderte sich nur unwesentlich. Zum Jahresende 1939 betrug sie 2,2 Millionen RM, was einen Anstieg von lediglich 200.000 RM bedeutete. Die Verwaltungsausgaben sind dabei mehr oder weniger unverändert geblieben. Die Kunden der Grazer Sparkasseninstitute hatten von der Sparkassenfusion wenige oder gar keine Vorteile. Der Zinssatz, die angesichts eines Wirtschaftsaufschwungs steigen müsste, wurde indes niedrig gehalten und von einem „Bruch der Zinsknechtschaft“ konnte ebenfalls nicht gesprochen werden. Die Propaganda jedoch war in dieser Hinsicht so stark, dass viele Kreditnehmer tatsächlich daran glaubten, von nun an keine Zinsen mehr zahlen zu müssen, was die Kreditinstitute in große Schwierigkeiten brachte, wie dies bei der landwirtschaftlichen „Bauernentschuldung“ deutlich zum Ausdruck kam.

120

70.000.000

60.000.000

50.000.000

40.000.000

30.000.000

20.000.000

10.000.000 1925 1926 1927 1928 1929 1930 1931 1932 1933 1934 1935 1936 1937 1938

Abbildung 7: Entwicklung des Einlagestandes aller drei Grazer Sparkassen zwischen den Jahren 1925 und 1938. Für die Umrechnung des Einlagestandes von 1938 wurde der Kurs Schilling-RM von 1,5 verwendet. (Quelle: Compass 1939. Finanzielles Jahrbuch, Österreich, Österreich-Ungarn und eigene Berechnungen.)

Die Abbildung 7 zeigt die Entwicklung der Summe der Spareinlagen aller drei Steirischer Kreditinstitute. Anhand dieser Abbildung wird deutlich, dass die Spareinlagen zum Bilanzstichtag 1938 die überhaupt Höchsten waren und über 60 Millionen RM betrugen. Während des Jahres 1938 hätten die Zinsen, angesichts des Wirtschaftsaufschwungs, erhöht werden können, was nicht geschah. Das Beibehalten bestehender Zinssätze und deren Senkung in den Folgejahren, führten aber nicht zu einer geringeren Zinslast für die Sparkasse, denn der Anstieg von Spareinlagen war dafür zu massiv. Kein anderer Bilanzposten stieg in den Folgejahren so stark an wie die Spareinlagen. Sogar die Anlage in Reichswertpapiere stieg geringer an. Die Spareinlagen betrugen im Jahr 1938 noch etwas mehr als 60 Millionen RM, im Jahr 1943 aber schon rund 181 Millionen RM.

Der „Bruch der Zinsknechtschaft“, wie die Nationalsozialisten propagierten, rettete bestimmt einige Bauernhöfe vor der Versteigerung, doch die Archivdokumente belegen, dass die letzten Fälle noch bis in die 1980er Jahre dauerten. Es ist daher fraglich, ob diese Kredite nicht letztendlich um fast einmal überbezahlt wurden. Diese Akten für Kredite, die in den 1980er Jahren endgültig getilgt wurden, stehen in den Archiven immer noch unter der allgemeinen gesetzlichen Schonungsfrist und sind nicht zugänglich.

Die Steiermärkische Sparkasse nach dem 1. Jänner 1939 Als Folge der großen Bankenfusion in Graz, als die zwei Sparkassen (Gemeinde Graz und Umgebung-Graz) und die frühere Vereinigte Bank steirischer Sparkassen (ab 1938 Kreditverein der Steiermärkischen Sparkasse) mit der Steiermärkischen Sparkasse fusioniert wurden und die Steiermärkische Sparkasse in Graz mit 1. Jänner 1939 vor die Öffentlichkeit trat, kam es zu einer deutlichen Bilanzverlängerung. Eine RM-Eröffnungsbilanz wurde nur für die fusionierte Sparkasse gelegt und sollte ebenfalls an dieser Stelle zur Gänze abgebildet werden. Alle späteren Bilanzen, mit Ausnahme der Schlussbilanz für das Jahr 1939, sind im Anhang zu finden.

121

Aktiva: RM % Passiva: RM % Kassa 1.052.531 1,13% Spareinlagen 64.911.301 69,55% Postsparkasse und Reichsbankgiro 352.503 0,38% Gläubiger 20.074.744 21,51% Fällige Zinsscheine 5.072 0,01% Hypothekenschulden 536.991 0,58% Wechsel 336.540 0,36% Gesetzliche Rücklage 5.067.499 5,43% Wertpapiere 15.127.140 16,21% Sonstige Rücklagen 400.000 0,43% Guthaben bei Kreditinstituten 15.715.508 16,84% Freie Rücklage 1.005.922 1,08% Schuldner 21.090.263 22,60% Rückstellungen 16 0,00% Hypotheken 32.995.522 35,35% Sonstige 869.498 0,93% Zinsforderungen 554.198 0,59% Rechnungsabgrenzung 460.420 0,49% Beteiligungen 1.027.827 1,10% Gewinn 0,00% Grund und Gebäude 4.239.852 4,54% 0,00% Inventar 1 0,00% 0,00% Sonstige 553.130 0,59% 0,00% Rechnungsabgrenzung 276.304 0,30% 0,00% Zusammen: 93.326.391 100,00% 93.326.391 100,00%

Abbildung 7a: RM-Eröffnungsbilanz der Steiermärkischen Sparkasse in Graz vom 1. Jänner 1939.521 (Quelle: Compass 1939. Finanzielles Jahrbuch, Österreich, Österreich-Ungarn und eigene Berechnungen).

Die Bilanzsumme hat sich mit 93 Millionen RM nach der erfolgten Bankenfusion fast verdoppelt. Den (langfristigen) Spareinlagen von 65 Millionen RM und (kurzfristigen) Giroeinlagen (Gläubiger) von 21 Millionen RM standen Ausleihungen aller Art von 54 Millionen RM und Wertpapiere im Eigenbesitz von 15 Millionen RM gegenüber.522 Alle Rücklagen machten zusammen rund 6 Millionen RM aus. Die Eigenkapitalquote (Anteil des Eigenkapitals, hier der Rücklagen an der Bilanzsumme) lag somit bei 6,5 %. Die Rücklagen machten demnach 9,2 % der Spareinlagen aus. Der Liegenschafts- und Wertpapierbesitz wurde neu bewertet und machte zusammen rund 20 % der Bilanzaktiva aus. Für die Bewertung der Wertpapiere wurden zum Teil die Börsenkurse vom 31. Dezember 1938 herangezogen. Sofern diese nicht verfügbar waren, wurden Schätzkurse der Wiener Börsenkammer genommen. Aus einem unerklärlichen Grund wurden in der Eröffnungsbilanz teilweise Kurse für Wertpapiere verwendet, die unter dem Börsen- oder Schätzkurs lagen, sodass innerhalb des Postens der Wertpapiere noch eine stille Rücklage in ungewisser Höhe enthalten ist. Die Gebäude und Grundstücke wurden zu Marktpreisen wertberichtigt.

Die Geschäftseirichtung (Bilanzposten „Inventar“) war in der deutschen Bilanz nicht gesondert auszuweisen, deshalb steht sie mit einem „Erinnerungsbetrag“ von 1 RM zu Buche.

Die Rücklagen von 5.467.499 RM wurden nach §11 des KWG (Kreditwesengesetz) gebildet und gliedern sich in die gesetzliche Sicherheitsrücklage von rund 5 Millionen RM, die gesetzliche Kursrücklage, die einen Wert von Null verzeichnete, und in die sonstigen Rücklagen von 0,4 Millionen RM. Als „freie Rücklage“ wurde der (frühere) Pensionsfond verbucht. Dieser enthielt neben den rund 0,95 Millionen RM aus dem Jahr 1938, das vorhandene Rest der Widmungsrücklage, zuzüglich weiterer Dotierungen von 35.000 RM.523

521 Compass 1939. Finanzielles Jahrbuch, Österreich, Österreich-Ungarn Wien 1940, S. 316f. 522 Als "Spareinlagen" gelten hier langfristig gebundene Mittel der der Sparkasse, während die Giroeinlagen (Post "Gläubiger") kurzfristige Einlagen (Sichteinlagen) darstellen. 523 Geschäftsbericht 1939 der Steiermärkischen Sparkasse in Graz. Graz 1940, S. 9. 122

Andere wesentliche Veränderungen der RM-Eröffnungsbilanz gegenüber den jeweiligen Schlussbilanzen von 1938 fanden nicht statt. Daher wenden wir uns nun der Schlussbilanz vom Jahr 1939 zu, deren Gliederung die Abbildung 7b wiedergibt.

Aktiva: RM % Passiva: RM % Kassa 790.325 0,86% Spareinlagen 63.304.146 69,18% Postsparkasse und Reichsbankgiro 608.394 0,66% Gläubiger 19.693.335 21,52% Fällige Zinsscheine 2.637 0,00% Hypothekenschulden 535.183 0,58% Wechsel 424.514 0,46% Gesetzliche Rücklage 5.067.499 5,54% Wertpapiere 17.956.144 19,62% Sonstige Rücklagen 400.000 0,44% Guthaben bei Kreditinstituten 11.623.857 12,70% Freie Rücklage 956.858 1,05% Schuldner 18.505.607 20,22% Rückstellungen 110.871 0,12% Hypotheken 34.254.357 37,43% Sonstige 718.302 0,78% Zinsforderungen 434.701 0,48% Rechnungsabgrenzung 384.695 0,42% Beteiligungen 1.827.350 2,00% Gewinn 342.039 0,37% Grund und Gebäude 4.026.452 4,40% Inventar 1 0,00% Sonstige 797.160 0,87% Rechnungsabgrenzung 261.429 0,29% Zusammen: 91.512.928 100,00% 91.512.928 100,00%

Abbildung 7b: Die Abschlussbilanz der Steiermärkischen Sparkasse in Graz vom 31. Dezember 1939.524 (Quelle: Compass 1939. Finanzielles Jahrbuch, Österreich, Österreich-Ungarn und eigene Berechnungen).

Die Spareinlagen sind im Jahr des Kriegsausbruches von fast 65 Millionen RM auf 63,3 Millionen RM gefallen. Die Sparkassenleitung begründete mit diesen Worten:

„Es ist ein starker Vertrauensbeweis der Bevölkerung, dass trotz der politischen Hochspannung des Jahres 1939 und des bei Kriegsbeginn eingetretenen stärkeren Geldbedarfes nur ein geringfügiger Rückgang der Spareinlagen eintrat.“525

Der Stand aus der RM-Eröffnungsbilanz vom Jänner 1939 wurde erst im Feber 1940 wieder erreicht. Mit dem Kriegsbeginn (und keiner politischen Hochspannung) verlor die Sparkasse auf Anhieb 3 % der Spargelder. Dies zeugt eher von einem Vertrauensschwund der Sparer, ihr Geld irgendjemanden anzuvertrauen. Die Verzinsung von Spareinlagen betrug ab 1. Jänner 3 % p.a. für die jederzeit abhebbaren Gelder, bis 3,125 % p.a. für die gebundenen Spareinlagen bis 3 Monate und 1 % p.a. einheitlich auf alle Scheck- und Giroeinlagen. Am 25. Mai 1940 wurde die Verzinsung von Spareinlagen erneut gesenkt und die Zinssätze für gebundene Spareinlagen wurden detaillierter gestaffelt: 2,5 % für Spareinlagen mit gesetzlicher Kündigung (3 Monate), 3,0 % für Spareinlagen mit 6monatiger Kündigung und 3,25 % bei 12monatiger Kündigungsfrist.526 In der Zeit 1940–1943 fand ein weiterer Anstieg der Spareinlagen statt, sodass diese zum Bilanzstichtag von 1943 rund 181 Millionen RM ausmachten. Dieser Anstieg war nicht nur eine Konsequenz der Sparwerbung, sondern auch der Übernahme der Ersten Österreichischen Beamtenbank, die am 27. Dezember 1943 auf die Sparkasse überführt wurde. Auf die Beamtenbank entfielen im Jahr 1943 rund 11 Millionen RM und 5529 von insgesamt

524 Compass 1939. Finanzielles Jahrbuch, Österreich, Österreich-Ungarn, S. 316f. 525 Geschäftsbericht 1939 der Steiermärkischen Sparkasse in Graz, S. 10. 526 Geschäftsbericht 1940 der Steiermärkischen Sparkasse in Graz. Graz 1941, S. 7. 123

136.454 Sparkonten. Ende 1942 waren es noch 119.072 Sparkonten. Der Anstieg von Spareinlagen war im Jahr 1943 verglichen mit dem Jahr 1942 geringer. Die Sparkassenleitung führte dies auf größere Einlagebehebungen für den Ankauf von Reichsschatzanweisungen zurück. Im Jahr 1943 erreichte das durchschnittliche Sparguthaben 1326 RM und war das höchste in der gesamten Geschichte der Sparkasse.527

Die Giroeinlagen betrugen im Jahr 1939 rund 20 Millionen RM (siehe Posten „Gläubiger“) und sind während des Jahres 1939 ebenfalls leicht gesunken. Die Anzahl von Girokonten ist jedoch von 2.900 auf 4.617 gestiegen.528 Ebenfalls gestiegen ist die Anzahl der Überweisungen. In der Folge war auch der Gesamtumsatz mit fast einer halben Milliarde RM, höher als jener im Jahr 1938. Die Sparkasse hatte im Vorjahr (vor der Fusion) rund 60 Millionen RM an Giroumsatz. Erst im Jahr 1940 sind die Giroeinlagen auf fast 23 Millionen RM angestiegen und die Zahl der Posten hat sich auf insgesamt 6.260 erhöht.529 Bis zum Jahr 1943 stiegen diese auf 43,1 Millionen RM, wovon 1,7 Millionen RM auf die Beamtenbank entfielen. Insgesamt gab es zum Bilanzstichtag 1943 10.907 Girokonten; 1396 davon entfielen auf die Beamtenbank. Trotz anfänglicher Schwierigkeiten, verzeichnete der Giroverkehr in der gesamten Beobachtungszeit ein Wachstum. Offenkundig nahmen die Betriebe und Unternehmen diese Dienstleistung zunehmend in Anspruch. Von allen Neuerungen bei der Sparkasse, die nach dem „Anschluss“ eingeführt wurden, blieb lediglich das Giroverkehr nach Kriegsende erhalten und stellt heute ein Produkt dar, ohne welches das moderne Bankwesen nicht denkbar wäre.530

Die verzeichnete Entwicklung bei Spar- und Giroeinlagen kann im wesentlichen Maße auf die Werbung zurückgeführt werden. Das Schulsparen und der Deutsche Spartag waren dabei zwei der wichtigsten Werbepfeiler. Hier sparten ausschließlich physische Personen (Schüler und Erwachsene). Den kamen im Jahr 1941 das „Eiserne Sparen“ und die „Deutsche Sparwoche“ hinzu. Das „Eiserne Sparen“ war vorrangig für Betriebe und Unternehmen gedacht. Im Jahr 1943 gab es bereits 10.933 Sparkonten des „Eisernen Sparens“. Alleine in diesem Jahr traten 25 Betriebe hinzu. Mit dem Jahr 1943 kam für die Sparkasse zusätzlich das Bausparen neu hinzu. Hierfür vermittelte die Steiermärkische Sparkasse Bausparverträge für die Öffentliche Sparkasse für die Ostmark, die eine Abteilung der Girozentrale der Ostmärkischen Sparkassen war. Bis Ende 1943 wurden insgesamt 195 Bausparverträge von rund 2 Millionen RM vermittelt.531 Diesen, hauptsächlich durch Werbung eingetriebenen Spargeldern standen auf der Gegenseite über die Jahre 1938−1945 immer mehr Wertpapiere entgegen, wobei sich dieser Bilanzposten ab 1943 sprunghaft erhöhte. In diesem Jahr wurde an die Steiermärkische Sparkasse die Beamtenbank in Graz angeschlossen und die Sparkasse übernahm rund 6,8

527 Entwurf des Geschäftsberichtes 1943 der Steiermärkischen Sparkasse in Graz. Graz, 1944, S. 1. Anordnung des Reichswirtschaftsministeriums vom 27. Dezember 1943, Zahl IV Kred. 36.123/43, rückwirkend vom 30. November 1943 gültig, mit der Auflage, dass das in der Übertragungsbilanz ausgewiesene Reinvermögen nebst den Genossenschaftsanteilen an die Genossenschafter auszuzahlen ist. 528 Geschäftsbericht 1939 der Steiermärkischen Sparkasse in Graz, S. 10. 529 Geschäftsbericht 1940 der Steiermärkischen Sparkasse in Graz. Graz 1941, S. 8. 530 Geschäftsbericht 1943 der Steiermärkischen Sparkasse in Graz. Graz 1944, S. 2. Hier enthalten sind die Giroeinlagen, Einlagen deutscher Kreditinstitute sowie Kündigungs- und Festgelder. 531 Ebd., S. 3. 124

Millionen RM an Wertpapierbeständen der Beamtenbank. Dabei wurden die Wertpapiere entweder zu Anschaffungspreisen oder zu Reichsmarkeröffnungsbilanzpreisen verbucht, sodass sich darin noch eine stille Reserve befindet. Wie die Abbildung 8 verdeutlicht, stieg kein anderes Bilanzposten bis zum Jahr 1943 so stark an, wie die Spareinlagen und die Giroeinlagen (Posten: Gläubiger).532

Abbildung 8: Die Entwicklung der Passivposten der Bilanzen 1938−1943. Alle Beträge sind in Reichsmark (RM) zum jeweiligen 31. Dezember des Jahres. Die größten Veränderungen weisen die Bilanzposten „Spareinlagen“ und „Gläubiger“ auf. (Quelle: Compass. Finanzielles Jahrbuch, Österreich, Österreich- Ungarn, für die Jahre 1939-1945533 und eigene Berechnungen).

Dementsprechend wurde auch die Bilanz des Jahres 1943 gegenüber dem Jahr 1942 verlängert und die Bilanzsumme betrug zum 31. Dezember 1943 fast 238 Millionen RM.

Das Darlehensgeschäft ging kontinuierlich zurück. Der Pfandkredit (Hypothekardarlehen) machte zum Zeitpunkt der RM-Eröffnungsbilanz noch 35 % der Bilanzsumme aus und wurde mit 33 Millionen RM angegeben. Bis zum Jahre 1942 stiegen vorrangig Hypothekardarlehen für städtische Grundstücke leicht an, während jene für landwirtschaftliche Grundstücke fast unverändert blieben. Dass sich die Summe der landwirtschaftlichen Hypothekardarlehen nicht stärker änderte, ist auf die hemmenden Bestimmungen der Darlehensgewährung in der Landwirtschaft (Erbhofgesetz, Entschuldungsverordnung) zurückzuführen. Einerseits durften Bauernhöfe, die als Erbhöfe deklariert wurden, nicht mit Hypotheken belastet werden und anderseits fand eine gesetzlich vorgeschrieben Umprogrammierung von bestehenden Darlehen bei überschuldeten Bauernhöfen statt. Der städtische Pfandkredit war damit nicht belastet und konnte eine Altarnative darstellen, solange nicht per „Hypotheken-Sperrerlass“ die Auszahlung von neuen Pfanddarlehen de facto verboten wurde. Aus diesem Grund sank nach dem Jahr 1943 die Summe von Hypothekardarlehen auf 28,2 Millionen RM ab. In der letzten Bilanz vor

532 Ebd., S. 2. 533 Compass. Finanzielles Jahrbuch, Österreich-Ungarn, Österreich für die Jahre 1939–1945. 125

Kriegsende, vom 31. Dezember 1944, machte die Summe von Hypothekardarlehen, Körperschaftsdarlehen und Kontokorrentkrediten(!) lediglich 36 Millionen RM aus. Auch die Verzinsung von Darlehen jeglicher Art wurde durch die gesetzlich vorgeschriebene Verzinsungssenkung negativ berührt.

Die Summe von Körperschaftsdarlehen sank während der gesamten Beobachtungszeit. Während diese im Jahr 1939 (RM-Eröffnungsbilanz) noch 20 % der Aktiva ausmachten, sanken sie bis zum Jahr 1943 auf lediglich 4 % der Aktiva herab. Bereits im Jahr 1939 wurde nur noch eine Neuauszahlung534 getätigt. Dem standen elf Vollrückzahlungen im selben Jahr gegenüber. In den Jahren zwischen 1940 und 1943 halbierte sich fast die Summe der Körperschaftsdarlehen von 6,5 Millionen RM auf 3,2 Millionen RM, was nur noch 1,3 % der Bilanzaktiva darstellte, fast halbiert. Ab 1940 gab es keine Neuauszahlungen mehr, die bestehenden Kredite wurden nunmehr getilgt.

Das Schmälern des Darlehensgeschäftes verursachte bei der Sparkasse Unbehagen. Es stellte sich die Frage, wie das überschüssige Geld anzulegen wäre, ohne dabei die notwendige Sorgfalt für die Bonität der Anlagen, das Risiko, außer Acht zu lassen. In wie weit die Sparkasse in das „rollende Verfahren“ eingebunden war, ist aus den zur Verfügung stehenden Dokumenten nicht ersichtlich. Viele Alternativen gab es jedenfalls nicht. Dabei führte die Sparkassenwerbung zu einem immer höheren Spareinlagenstand. Was in den Sitzungen der Sparkassenleitung besprochen wurde, welche Überlegungen gemacht wurden, kann aufgrund des Fehlens von Dokumenten nicht gesagt werden. Gegeben der gesamten Marktsituation und der politischen Wünsche, standen entweder eine Anlage in Wertpapiere oder das Deponieren des Geldes bei anderen Kreditinstituten zur Auswahl. Wie wir sehen werden, ist beides gemacht worden.

Sicherlich hätte die Sparkassenleitung versuchen können, größere Körperschaftskredite an Unternehmen zu vergeben, doch es sollte bedacht werden, dass in dieser Zeit ausschließlich die Rüstungswirtschaft im Vordergrund stand. An die steirischen Großunternehmen, wie zum Beispiel die Andritz AG, konnte eine Sparkasse keine Darlehen vergeben, weil sie dafür schlicht zu klein war. Die einzige Bank, die dafür einen Zugang hatte, war der Wiener CA- Bankverein, der das Unternehmen auch finanzierte. Viele Unternehmenssparten, wie zum Beispiel die Textilindustrie, sollten überhaupt nicht finanziert werden, da sie nicht für die Rüstung produzierten. Die kleineren und mittleren Betriebe hatten hingegen keinen Finanzierungsbedarf, da sie ohnehin für große Rüstungsfirmen produzierten und dabei selber mit überschüssigen Mitteln kämpften, die sie an die Sparkasse abführten.

Das Wertpapierportfolio der Sparkasse wuchs während der gesamten Zeit zwischen 1939 und 1945. Die RM-Eröffnungsbilanz zeigt einen Stand von eigenen Wertpapieren von 15 Millionen RM. Davon entfielen 10 Millionen RM auf Anleihen und Schatzanweisungen des Reiches und 3,5 Millionen RM auf sonstige Wertpapiere; der Rest ist vernachlässigbar. Von diesen 15 Millionen RM durften 11,6 Millionen von der Reichsbank beliehen werden. Dies bedeutet, dass die Reichsbank diese Wertpapiere als Pfand für Gewährung von Finanzmittel/Kreditlinien nehmen konnte. Das Guthaben bei anderen deutschen Kreditinstituten betrug weitere 15

534 Geschäftsbericht 1939 der Steiermärkischen Sparkasse in Graz, S. 10. 126

Millionen RM, davon waren 10 Millionen bei der eigenen Girozentrale angelegt und 5 bei anderen Kreditinstituten. Wie die Entwicklung von Wertpapieranlagen und vom Guthaben bei anderen Kreditinstituten in den Folgejahren verlief, zeigt die untere Abbildung 9.

110.000.000

100.000.000 90.000.000

80.000.000

70.000.000 60.000.000

50.000.000 40.000.000

30.000.000

20.000.000 10.000.000

0 1938 1939 1940 1941 1942 1943

Kassa Postsparkasse und Reichsbankgiro Fällige Zinsscheine Wechsel Wertpapiere Guthaben bei Kreditinstituten Schuldner Hypotheken Zinsforderungen Beteiligungen Grund und Gebäude Inventar Sonstige Rechnungsabgrenzung Abbildung 9: Die Entwicklung der Aktivposten der Bilanz 1938−1943. Alle Beträge sind in Reichsmarken (RM) zum jeweiligen 31. Dezember des Jahres. Die größten Veränderungen weisen die Bilanzposten „Wertpapiere“ und „Guthaben bei Kreditinstituten“ auf. Diesen folgen die „Schuldner“ und „“Hypotheken“ die einen Rückgang aufweisen. (Quelle: Compass und eigene Berechnungen).

Während das Guthaben bei anderen Kreditinstituten anfänglich noch zurückging und erst mit dem Jahr 1942 nach dem „Hypotheken-Sperrerlass“ anstieg, nahm die Summe des Wertpapierportfolios kontinuierlich an. Im Jahr 1945 standen die Wertpapiere bei 123 Millionen RM. Dieser Bilanzposten ist somit um 820 % angestiegen. Im Jahr 1945 machten die Wertpapiere über 43 % der Bilanzaktiva aus und bildeten prozentuell den mit Abstand größten Bilanzposten. In der RM-Eröffnungsbilanz betrugen sie noch 15 % der Bilanzaktiva.

Die Entwicklung des Guthabens bei anderen Kreditinstituten ist mit den Kreditierungen verbunden. Solange neue Darlehen noch vergeben wurden, nahm dieses Guthaben ab, oder stieg sehr langsam an. Ab dem Jahr 1942 erhöhte sich dessen Bestand deutlich und betrug zum Bilanzstichtag des Jahres 1943 bereits über 80 Millionen RM. Dabei gilt es zu bedenken, dass das Guthaben bei anderen deutschen Kreditinstituten, vor allem bei den großen Berliner Banken, mehrheitlich in Kredite für die Rüstungsindustrie floss. Die Girozentrale veranlagte die Mittel ebenfalls weiter. Mit dem Kauf von Staatsanleihen wurde Geld dem Staat geliehen und auch diese Gelder flossen letztendlich in die Rüstung. Dies verwundert zwar nicht, denn der Staat stand im Kriege, die Frage ist jedoch, ob die Sparer, von den Kindern beim „Schulsparen“, sowie deren Lehrer und andere Bankkunden, überhaupt ahnten, wo diese Gelder letztendlich hinflossen. In der Sparwerbung wurde der Krieg nie erwähnt. Es wurde nur damit

127

geworben, dass das heute nicht verbrauchte Geld morgen für ein Haus, Ferien und eine geräumige Wohnung zur Verfügung stehen wird. Vielleicht wäre es auch so gewesen, wäre der Krieg nicht verloren gegangen.

In einem Fall wie bei der Steiermärkischen Sparkasse in Graz, wo die Hälfte des Vermögens in Wertpapiere des Staates angelegt war und dazu ein Drittel noch bei anderen Kreditinstituten lag, welche dieses Kapital zunehmend wiederum in Staatswertpapiere veranlagten, dabei dieser Staat aber Krieg führte, stellt sich die Frage nach einer adäquaten Absicherung. Das Eigenkapital lesen wir aus den verschiedenen Arten von Rücklagen ab. Diese wurden bei der RM-Eröffnungsbilanz im Wert von rund 6,5 Millionen RM ausgewiesen, was 7 % der Bilanzsumme ausmachte. Dies entsprach somit der Eigenkapitalquote der Sparkasse. Während des Jahres 1939 wurden Spenden von rund 50.000 RM getätigt, wofür die Widmungsrücklage um diesen Betrag zurückging, jedoch stieg auch der Gewinn auf 0,34 Millionen RM an, sodass zum 31. Dezember 1939 die Eigenkapitalquote auf 7,3 % anstieg. Im Jahr 1940 ist diese Quote auf 6,7 % abgesunken und sank bis zum Jahr 1943 auf lediglich 4,4 % herab. Heutzutage würde eine so niedrige Kapitalquote oder eine so niedrige Quote des haftenden Kapitals umgehend eine Kapitalerhöhung notwendig machen oder das Kreditinstitut würde seine Banklizenz verlieren.

Worüber sich diese Sparkasse keine Sorgen machen musste, war die Liquidität. Während im Jahresbericht für das Jahr 1938 noch darauf verwiesen wurde, dass der Spareinlagenstand nach dem „Anschluss“ zwar eine Minderung erfuhr, jedoch bald darauf eine Trendumkehr eintrat, kann zwei Jahre später im Jahresbericht für das Jahr 1940 folgendes nachzulesen werden:

„Die Liquidität ist infolge des Fehlens eines dem Einlagenzuwachs entsprechenden Bedarfes an Darlehen und Krediten weiter zugenommen. Bei einem Liquiditätserfordernis von RM 34.393.683,29 stehen in der Barreserve, den kurzfristigen Anlagen bei Banken, Wechseln, lombardfähigen Wertpapieren und jederzeit kündbaren Krediten gegen Faustpfand und Sparbuchbelehnungen zusammen RM 46.451.394,95 zur Verfügung, daher mehr als 12 Millionen Reichsmark noch eine Dauerveranlagung finden könnten. Die Gesamtliquidität erreichte Ende des Berichtsjahres 46,8 % des gesamten Einlagestandes.“535

Im Jahresbericht 1943 heißt es:

„Die Liquidität übersteigt mit den hierfür anrechenbaren Werten von insgesamt RM 110.274.000 das Erfordernis von RM 75.843.000 um 45,4%.“536

Es steht außer Zweifel, dass eine so hohe Liquidität unter keinen Umständen erforderlich war. Sie war lediglich die Konsequenz von fehlenden langfristigen Veranlagungsalternativen und einer vom Staat gewollter Abschöpfung der überschüssigen Kaufkraft durch das „rollende Verfahren“ mit dem automatisierten Erwerb/Kauf von staatlichen Wertpapieren.

535 Geschäftsbericht 1940 der Steiermärkischen Sparkasse in Graz, S. 8. 536 Geschäftsbericht 1943 der Steiermärkischen Sparkasse in Graz, S. 2. 128

Die Gewinn- und Verlustrechnung zeigt steigende Zinseinnahmen während der gesamten Beobachtungszeit von 1939 bis 1943. Diese stiegen von rund 4,0 Millionen RM auf rund 7 Millionen RM. Die sonstigen Provisionseinkünfte haben sich fast nicht verändert und betrugen in den Jahren 1939 und 1943 rund 103.000 RM. Dies zeigt, dass die Sparkasse in dieser Zeit sehr wenige Kredite vergab und konnte keine Steigerung bei Spesen und Kreditprovisionen erzielen. Die staatlich vorgegebenen Zinssatzunterschiede diktierten im Wesentlichen auch den Gewinn. Die gesamten Erträge stiegen von rund 4,4 auf 7 Millionen RM an. Die zu zahlenden Zinsen auf Spareinlagen stiegen von rund 2 Millionen RM auf 3,8 Millionen RM im Jahr 1943, während die Personalkosten von 1,3 Millionen RM auf rund 1,2 Millionen RM sanken. Der Gewinn ist von rund 342.000 RM im Jahr 1939 auf rund 450.000 RM im Jahr 1943 angestiegen. Prozentuell nahm er über die gesamte Beobachtungszeit ab. Somit konnte eine Gewinnerzielung nicht das Ziel des Managements der Sparkasse gewesen sein. Auch deshalb nicht, weil eine höhere Rendite auf das Eigenkapital (hier Rücklagen) – return on equity - durch eine Anlage in die Aktien oder staatliche Wertpapiere erzielt werden könnte. Vielmehr scheint es darum gegangen zu sein, die Sparkasse zu instrumentalisieren, über Sparwerbung die überschüssige Kaufkraft abzuschöpfen und eigenen Parteiangehörigen entsprechende Posten zu verschaffen. Dies führte freilich in den faktischen Konkurs der Sparkasse nach dem 8. Mai 1945, dem durch verschiedene Gesetze, Sperrung von Einlagegeldern und Hilfe des Staates vorgebeugt werden konnte.

Doch nicht nur die wichtigsten und größten Bilanz- und GuV-Posten zeigen ein interessantes Bild, sondern auch die kleineren. So zum Beispiel der Wechselbestand wie die untere Abbildung 10 verdeutlicht. Um die Entwicklung des Wechselbestandes besser zu verdeutlichen, wurden in dieser Abbildung der Aktivposten die größeren Bilanzposten ausgeblendet.

5.000.000 4.600.000 4.200.000 3.800.000 3.400.000 3.000.000 2.600.000 2.200.000 1.800.000 1.400.000 1.000.000 600.000 200.000 -200.000 1938 1939 1940 1941 1942 1943

Kassa Postsparkasse und Reichsbankgiro Fällige Zinsscheine Wechsel

Zinsforderungen Beteiligungen Grund und Gebäude Inventar Sonstige Rechnungsabgrenzung

Abbildung 10: Die Entwicklung der Aktivposten der Bilanz 1938−1943 ohne die Posten „Wertpapiere“, „Guthaben bei Kreditinstituten“, „Schuldner“ und „Hypotheken“. Alle Beträge sind in Reichsmark (RM) zum jeweiligen 31. Dezember des Jahres. (Quelle: Compass und eigene Berechnungen).

129

Die „alte“ Steiermärkische Sparkasse (vor der Fusion) hatte zum Bilanzstichtag 1938 keine Wechsel in der Bilanz. Erst nach der Fusion zeigt die Bilanz der Grazer Sparkasse in Graz einen Wechselbestand von rund 340.000 RM. Offenkundig handelte es sich hierbei um den Wechselbestand, der infolge der ordentlichen Geschäftstätigkeit erwachsen ist, wofür auch deren Minderung (mit Ausnahme des Jahres 1939) bis zum Jahr 1941 spricht. Im Jahr 1941 betrug dieser nur noch 1.407 RM. Doch im Bilanzjahr 1942 stieg der Wechselbestand auf fast 2 Millionen RM an. Es konnten keine Daten über den Zweck dieses Anstieges gefunden werden, doch es scheint die Sparkassenleitung hatte keine Alternative, als diese Wechsel anzunehmen. Demnach wurde ein Unternehmen, das mit einem Rüstungsauftrag versehen wurde, mit Wechseln bezahlt.

Trotz aller Veränderungen eines rasanten Anstieges von Spareinlagen und großer Investitionen in Staatswertpapiere blieb der Gewinn über die gesamte Beobachtungszeit auf gleicher nominellen Höhe und nahm als Anteil der Bilanzsumme prozentuell ab. Die Bildung einer freien Rücklage wurde mit dem Jahr 1940 aufgrund der gänzlichen Übernahme von deutschen Rechnungslegungsvorschriften nicht mehr gemacht. Eine Einsicht in die „sonstigen“ Passivposten ist aufgrund des fehlenden Materials, nicht machbar.

Die Kärntnerische Sparkasse Die Kärntnerische Sparkasse wurde bereits im Jahr 1835 gegründet und feierte 1935 bereits ihr hundertjähriges Jubiläum. Deswegen war dieses Kreditinstitut zum Zeitpunkt des „Anschlusses“ tief mit der Kärntner Region verwurzelt. Neben dem Bankgeschäft war die Sparkasse auch im sozialen und künstlerischen Bereich vor allem in ihrer Blütezeit zwischen 1925 und 1929 unterstützend tätig. Damals wurden viele großräumige Wohnungen in Klagenfurt finanziert, sowie Musik- und andere Kulturvereine unterstützt.

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten änderte sich für die Sparkasse wenig. Aus den Archivquellen geht lediglich hervor, dass der damalige Staatskommissar Maximilian Ritter durch den Landesregierungsrat Paul Kerschbaum ersetzt wurde.537 Obwohl die neuen Machthaber über die bestehenden Beamtengesetze die Personalentscheidungen treffen konnten und über diese die Macht in den Sparkassen an sich reißen konnten, passierte dies in der Kärntnerischen Sparkasse offensichtlich nicht. Die bestehenden Bediensteten arbeiteten unverändert weiter und wurden erst nach Kriegsende durch die Britische Militärregierung abgesetzt. Eine weitere personelle Änderung ereignete sich im Jahr 1941, als der Schuhfabrikant Franz Neuner die Präsidentschaft im Sparkassenverein an den Lederindustriellen Burger-Scheidlin übergab. Neuners Rücktritt erfolgte offiziell aus persönlichen Gründen und es geht aus den zur Verfügung stehenden Quellen nicht eindeutig hervor, dass es sich um eine politische Absetzung handelte, vor allem wenn bedacht wird, wie wenige personelle Veränderungen in dieser Sparkasse überhaupt stattfanden.538

Am Ende des Jahres 1938 hatte die Kärntnerische Sparkasse (ab 1947 wurde der Name in Kärntner Sparkasse geändert) einen Spareinlagestand von 17,6 Millionen RM. Dieser Betrag

537 Compass. Finanzielles Jahrbuch für das Jahr 1938, S. 455. 538 Jausz, Geld und Wirtschaftsentwicklung in Kärnten seit dem Vormärz, S. 164. 130

ist im Laufe des Jahres 1938 um rund 2 Millionen RM angewachsen und stellt eine mäßige Erhöhung dar, verglichen mit der Entwicklung in den Folgejahren, als die Spareinlagen auf 83 Millionen angestiegen sind. Die Giroeinlagen betrugen im Jahr 1938 rund 1,8 Millionen RM und haben sich während des Jahres 1938 mehr als verdoppelt. Diese Verdoppelung und auch der starke Anstieg in den Folgejahren sind überwiegend auf die Werbung für „Gehaltskonten“ und die „Daueraufträge“, die bilanztechnisch beide kurzzeitige Anlagen darstellen. Ende 1938 wurden noch Zwischenbankeinlagen, ein Bilanzposten von 3,4 Millionen RM, der in den Folgejahren nicht mehr aufscheint, verbucht.

Vergleichen wir die Entwicklung von Einlagen (Spar- und Giroeinlagen) in den Jahren 1938−1943 mit der Zeitperiode 1925−1937, so stellen wir fest, dass die Einlagen in der gesamten Zeit 1925−1943 gestiegen sind, wie die untere Abbildung zeigt.

Abbildung 11: Die Einlageentwicklung der Kärntnerischen Sparkasse in der Zeitperiode 1925−1943. Die Beträge sind in RM angegeben. Die Schilling-Beträge für die Zeit 1925−1937 wurden zu einem Wechselkurs 1,5 Schilling für 1 RM umgerechnet um einen Vergleich zu ermöglichen. Die Einlagen setzen sich aus den Spar- und Giroeinlagen zusammen.

In den Jahren 1925 bis 1937 stiegen die Einlagen durchschnittlich um 16 % pro Jahr an, in der Zeit 1938−1943 um durchschnittlich 19,5 % pro Jahr. Dabei muss ins Auge gefasst werden, dass die Einlagen bis zur Wirtschaftskrise exorbitant anstiegen und ab dem Jahr 1931 ein Rückgang einsetzte. Der hohe Einlagenstand des Jahres 1930 geht auf den hohen Anstieg von Scheckeinlagen zurück. Diese stiegen aufgrund der Lahmlegung des Geschäftsverkehrs in Folge der Wirtschaftskrise, als Lagerbestände geräumt wurden und die freigewordenen Mittel bei der Sparkasse angelegt wurden539. Doch trotzdem war auch der Einlagestand im Jahr 1930 deutlich unter jenen, die in der Zeit nach 1940 erreicht wurden. Dieser exorbitante Anstieg war eine Blase, die nach einem verlorenen Weltkrieg einbrach, sodass die Einlagen wieder auf das Niveau der späten 1920er Jahre zurückgingen.

Von wesentlicher Bedeutung, vor allem bei der Kärntnerischen Sparkasse, sind die Rücklagen und ihre Entwicklung in den Kriegsjahren 1939 bis 1945. Diese sind nicht nur deshalb von

539 Hundert Jahre Kärntnerische Sparkasse 1835−1935. Klagenfurt 1935, S. 69. 131

besonderer Bedeutung, weil sie ab dem Jahr 1939 an Höhe verloren, wodurch die Einlagesicherheit abnahm, sondern auch deshalb, weil uns im Gegensatz zu anderen Sparkassen für dieses Institut sehr ausführliche Berichte über eine Spendentätigkeit vorliegen, wie wir sie bei anderen Kreditinstituten nicht vorfinden. Zum 31. Dezember 1939 betrugen die diversen Rücklagen rund 15 % und nahmen in der Zeit auf 8 % ab. Wie wir bereits sahen, nahm in dieser Zeit jedoch die Höhe der Spar- und Giroeinlagen zu. Die Spareinlagen verdoppelten sich bis zum Jahr 1945. Gleich nach der Machtübernahme in Kärnten durch die Nationalsozialisten, wurde seitens der Sparkasse eine satzungswidrige Spendentätigkeit aufgenommen.540 Bei der beschriebenen Entwicklung von rückläufigen Rücklagen und steigenden Spareinlagen hätte das Institut auch unabhängig von der Satzung, aus bankgeschäftlichen Gründen überhaupt keine Spenden vergeben dürfen. Doch bereits im Jahr 1938 fanden die ersten Aktionen zu Lasten des Spendenfonds der Sparkasse statt541. So wurde im April 1938 an die Gemeinde Klagenfurt für die Ausschmückung der Gebäude anlässlich des Führerbesuches gespendet (satzungswidrig!), während bereits bewilligte Spenden für wohltätige Zwecke seitens der Gestapo gestrichen wurden. Des Weiteren wurde auf Wunsch der NSDAP ein neuer Dienstwagen für die Klagenfurter SS gekauft. Alles zu Lasten des Sparkassen-Spendenfonds. In den Folgejahren mussten die nationalsozialistischen Machthaben nicht mehr jede Spende gesondert vereinebaren. Die Spendentätigkeit wurde so umfunktioniert, dass regelmäßige Zuwendungen direkt an den Staat oder die NSDAP (zum Beispiel die »Adolf-Hitler-Spende der deutschen Wirtschaft«) geleistet wurden.542 Auch die Spenden an das Winterhilfswerk können hierzu eingegliedert werden543.

Die Sparkassenleitung war sich der Widrigkeit dieser Spendenaktionen bewusst und protestierte bei den Behörden.544 Doch der Druck lokaler Parteiorganisationen war so stark, dass nicht nur die bestehenden Spenden weitergetätigt wurden, sondern es wurde im April 1939 sogar ein „Fond für besonders dringliche Spenden“ seitens der Sparkasse eingerichtet. Dies war in Wirklichkeit von der Sparkasse erzwungenes und für Parteizwecke zur Verfügung gestelltes Geld. Dass diese „dringlichen Spenden“ in Wahrheit gar nicht dringlich waren und auch mit dem Satzungszweck des Sparkassenvereins nicht vereinbar waren, zeigen die Zwecke dieser Spenden: die Uniformierung der politischen Leiter der NSDAP, der Instrumentenkauf für den Musikzug der SA-Standarte Spittal oder die Uniformierung der Hitlerjugend aus St. Veit. Solche Spendenaktionen zogen sich bis zum Jahr 1941 hin, bis offenkundig die neuen Verwaltungsleiter entsprechend eingekleidet und mit neuem Fuhrpark ausgestattet wurden.545 Danach nahm die Spendenhöhe ab, die diversen Spendenarten blieben jedoch bestehen.546 Erst im Januar 1944 wurde die erste soziale Spende getätigt. Dies geschah nach den

540 Jausz, Geld und Wirtschaftsentwicklung in Kärnten seit dem Vormärz, S. 165. 541 Gemeint ist hierbei die Mustersatzung aus dem Jahr 1936. 542 Jausz, Geld und Wirtschaftsentwicklung in Kärnten seit dem Vormärz, S. 165f. 543 Ebd., S. 160. 544 Ebd., S. 166. 545 Ebd., S. 165. 546 Ebd., S. 164. 132

Bombardierungen, als zur Linderung der allgemeinen Not das erste Mal nach dem „Anschluss“ 10.000 RM bewilligt und ausbezahlt wurden.547

Neben den genannten Passivposten, einschließlich der soeben genannten Rücklagen, waren die restlichen Passivposten vernachlässigbar. So wurden für Darlehensausfälle nur 0,72 % verbucht, was bei der rückläufigen Anlagetätigkeit in langfristige Darlehen nicht ungeeignet war. Schließlich können wir die Analyse der Bilanzpassiva mit der Berechnung der Eigenkapitalquote, bei einer Kapitalrücklage von 602.397 EUR mit 2,3 % angeben.

Die gesamte Bilanz des Kreditinstitutes wird in unterer Abbildung 12 wiedergegeben.

Aktiva: RM % Passiva: RM % Grundpfanddarlehen 8.764.639 33,45% Spareinlagen 17.595.387 67,15% Gemeindedarlehen 1.534.865 5,86% Spargiro-Einlagen 1.799.092 6,87% Kontokorrent-Darlehen gg. Grundbücherliche Sicherstellung736.779 2,81% Zwischenbankeinlagen 3.445.509 13,15% Bankguthaben 8.631.793 32,94% Kapitalrücklage 602.397 2,30% Wechsel 32.207 0,12% Allg. Rücklage 1.181.254 4,51% Effekten 4.355.464 16,62% Sonderrücklagen f. Darlehensverluste 187.480 0,72% Postscheck-n. Girokt. 72.679 0,28% Pensionsfonds 430.000 1,64% Rückständ. Zinsen 135.135 0,52% Bau-Rücklage 160.880 0,61% Kassa 303.344 1,16% Vorausbezahlte Zinsen 9.536 0,04% Realitäten und Inventar 1.600.511 6,11% Erläge gegen spätere Verrechnung 241.982 0,92% Diverse Forderungen 34.048 0,13% Wohnbauförd.-Darlehen 464.767 1,77% Gewinn 83.180 0,32% Zusammen: 26.201.464 100,00% 26.201.464 100,00%

Abbildung 12: Die RM-Schlussbilanz vom 31. Dezember 1938 für die Kärntnerische Sparkasse in Klagenfurt. (Quelle: Compass und eigene Berechnungen).

Den Spar- und Giroeinlagen standen Grund- und Gemeindedarlehen von 10,5 Millionen RM oder mehr als 39 % der Bilanzaktiva gegenüber. Das Institut hatte auch hohe Bankguthaben von 8,6 Millionen RM (33 % der Aktiva) und 4,4 Millionen Effekten (=16,62 % der Aktiva). Die Wechsel machten Ende 1938 nur 0,12 % der Bilanzaktiva aus. Die, in der Bilanz ausgewiesenen Darlehen zeigen jedoch nur den Darlehenstand zum 31. Dezember an. Für die Kärntnerische Sparkasse liegen uns auch die Beträge für die jährlich ausgezahlten Darlehen vor. Diese Zeigen einen Anstieg von 2,1 Millionen RM im Jahr1938 auf 3,5 Millionen RM im Jahr 1940 und gehen ab dem Jahr 1941 deutlich zurück. Im Jahr 1943 wurden nur 1,6 Millionen RM an Darlehen ausgezahlt, somit weit weniger als im „Anschlussjahr“ 1938. Die Daten für die Jahre 1944 und1945 liegen nicht vor.

Der Bilanzposten Darlehen nahm dementsprechend einen ähnlichen Gang. In der Zeit 1938−1943 nimmt weder der Bilanzposten „Darlehen“ noch „Schuldner“ deutlich zu. Im Gegenteil: Die Darlehenstätigkeit wurde eingeschränkt, bis sie mit dem „Hypothekensparerlass“ im August 1942 fast völlig zum Erliegen kam. Dazu war die Sparkasse an eigene Satzungs- und Gesetzesbestimmungen gebunden. Laut Satzung, die zwischen 1936 und 1941 (Mustersatzung 1941) gültig war, mussten mindestens 25 % der Spareinlagen in liquiden Mitteln veranlagt werden und hiervon mindestens 10 % in Kassenbestände, Zins- und Dividendenscheine oder als Anlage bei größeren Kreditinstituten. Die Anlagen bei anderen Kreditinstituten waren somit die einzige Möglichkeit, Spargelder zu veranlagen, wollte man

547 Ebd., S. 166. 133

das „rollende Verfahren“ mit der Veranlagung in staatliche Wertpapiere entgehen. Dadurch schaffte man auch Liquidität, obwohl aus der Bilanzen die Fristigkeit dieser Anlagen nicht hervorgeht. Mit der Mustersatzung im Jahr 1941 wurden die Liquiditätsvorgaben noch verschärft. Anstatt 25 % mussten nunmehr 30 % der Spareinlagen und 50 % der sonstigen Einlagen in liquiden (flüssigen) Mitteln gehalten werden und davon wiederum 10 % der Spareinlagen und 20 % der sonstigen Einlagen mussten bei der Girozentrale angelegt werden (Liquiditätsreserve). Die Mustersatzung aus dem Jahr 1941 schien sich mehr an der deutschen Sparkassenpolitik orientiert gehabt zu haben, nach der die Liquidität und nicht die Einlagensicherheit im Vordergrund stand.

Diese Vorgaben waren auch nicht schwer zu erzielen, denn der Markt wurde von einer Überliquidität beherrscht. Die langfristigen Darlehen wurden immer stärker von den kurzfristigen Krediten verdrängt, weil die Liquiditätslage auf dem Markt eine vorzeitige Tilgung begünstigte.

Die Erhöhung von Geldanlagen bei anderen Kreditinstituten (Bilanzposten „Kreditinstitute“) resultierte aus diesen Vorgaben. Diese Anlagen stiegen von 8,6 Millionen RM im Jahr 1938 auf 28 Millionen RM im Jahr 1943 und wuchsen mit fast gleichem Prozentsatz wie die Wertpapiere.

Aber nicht nur die Mustersatzung aus dem Jahr 1941 schränkte die Dispositionsfähigkeit der Spareinlagen ein. In Folge einer Weisung aus den deutschen Zentralstellen musste die Hälfte von Spareinlagen unverzüglich an die Zentralbank (Reichsbank) abgeführt werden, wofür die Sparkasse Reichsschatzscheine erhielt.

Die eingeschränkte Dispositionsfähigkeit von Spareinlagen und das „rollende Verfahren“ zur Abschöpfung „überflüssiger“ Liquidität zwecks Kaufs von Staatsanleihen hemmten die Kredittätigkeit, obwohl es durchaus Möglichkeiten gab, langfristige Darlehen zu vergeben, wie dies teilweise bei steiermärkischen Sparkassen der Fall war. Dadurch entsteht auch ein anderes Bild als jenes, welches die Bilanzzahlen erscheinen lassen können. Der Anstieg der Bilanzsumme kann daher gänzlich auf den starken Anstieg der Spar- und Giroeinlagen zurückverfolgt werden, dem die staatlichen Wertpapiere und Anlagen bei anderen Kreditinstituten gegenüberstehen. Die heimische Wirtschaft hatte davon nichts. Dies trotz der Tatsache, dass es sich um ein regionales Institut mit tiefer Verwurzelung in Kärnten handelte.

Der Verengung im Anlagegeschäft konnte die Sparkasse auch nicht durch die diversen Programme der „Bauernentschuldung“ entgehen. Auch diese stellten eine nachteilige Alternative dar, denn die damit verbundenen Zinssätze mussten unter dem Marktzins gewährt werden (1 % weniger). Die Kärntner Sparkasse musste dazu auch noch die Entschuldung aus Oberkrain übernehmen, was mit zusätzlichem Arbeitsaufwand verbunden war.

Im Gegensatz zu den großen Kreditinstituten spielte bei der Kärntnerischen Sparkasse der Wechselbestand keine bedeutsame Rolle. Ende des Jahres 1943 machten die Wechsel nur mehr etwas mehr als 2.000 RM aus.

Wie die untere Abbildung 13 verdeutlicht, nahm der Gewinn nahm während der gesamten NS- Zeit zu. Doch die Gewinnsteigerung ging überhaupt nicht mit dem Wachstum der Bilanzsumme 134

einher. Wie die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) zeigt, ging fast der gesamte Überschuss auf die Zinserträge zurück. Die Provisionen sanken während der Beobachtungszeit sukzessive und betrugen 1939 noch 31.000 RM, während sie bis zum Jahr 1943 auf 13.000 RM sanken. Dies deutet auf sinkendes Kreditgeschäft an, obwohl der Bilanzsummenanstieg den Eindruck von einer massiven Kreditexpansion vermitteln könnte. Da die Zinshöhe staatlich vorgegeben war, bestand die Haupttätigkeit oder die Hauptaufgabe der Sparkasse im Geldsammeln für den Kauf von Staatsanleihen.

Abbildung 13: Die Gewinnentwicklung der Kärntnerischen Sparkasse in den Jahren 1938−1945. Beträge in RM. (Quelle: Compass und eigene Berechnungen).

Den Kriegsausbruch im September 1939 überstand die Sparkasse relativ ruhig, ohne größere Geldabhebungen, vor allem fand kein Bank Run statt, wie dieser beim Ausbruch des ersten Weltkrieges im Jahr 1914 einsetzte.548 Dennoch machte sich das Institut darüber Sorgen und beschränkte die Auszahlungen von Spareinlagen auf 1.000 RM549 pro Sparbuch.

Mit dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf das Königreich Jugoslawien eröffnete die Sparkasse drei Filialen in Oberkrain: Kranj/Krainburg, Radovljica/Radmannsdorf und Kamnik/Stein.550 Doch die Eingliederung Oberkrains in das Reichsgau Kärnten beeinflusste die Geschäftstätigkeit des Geldinstitutes nicht. Über 90 % der Spareinlagen aus Oberkrain wurden in deutsche Staatsanleihen angelegt551. Neben dem Klagenfurter Institut expandierte in den Gebieten des (ehemaligen) Königreiches Jugoslawien vor allem im Mießtal die Völkermärkter Sparkasse und eröffnete neue Filialen in Črna/Schwarzenbach, Prevalje/Prävali und Dravograd/Unterdrauburg.552 Nur beispielsweise sei erwähnt, dass die Filiale in Prevalje/Prävali im Jahr 1942 Gesamteinlagen von 1,15 Millionen RM hatte, bei einer Bilanzsumme der ganzen Völkermärkter Sparkasse von 5,9 Millionen RM im selben Jahr553. In

548 Ebd., S. 161 549 Ebd., S. 162. 550 Ebd., S. 164. 551 Lazarević u.a., Zgodovina slovenskega bančništva, S. 168. 552 Compass 1942. Finanzielles JB. Österreich, Österreich-Ungarn. Wien 1943, S. 553 Kärntner Zeitung vom 19./20. Dezember 1942 und 29. Juli 1942 (Privatbestand Stefan Karner). 135

Kranj/Krainburg bestand, neben dem Klagenfurter Institut, die Kreissparkasse Krainburg, mit einer Bilanzsumme von rund 10 Millionen RM.554

Obwohl die Daten für das Jahr 1944 und die Zeit bis zum Mai 1945 nicht in Bilanzform vorliegen, können wir aus den zur Verfügung stehenden Daten schließen, dass die Lage der Sparkasse am Kriegsende desaströs war. Fast 41 % des Einlagestandes war in Staatswertpapieren des Reiches angelegt, die über die Nacht wertlos wurden. Die Anlagen bei der Wiener Girozentrale wurden seitens dieser wieder in Wertpapiere des Reiches angelegt und somit wurden auch die Anlagen bei der Girozentrale wertlos oder nicht mehr einbringbar. Gehen wir von den prozentuellen Werten der Bilanzposten aus dem Jahr 1943 aus, so schrumpfte die Bilanz um 80 %. Ende 1947 wurden insgesamt 18.000 Alt- und Sperrkonten abgebucht.555 Diese stellten 90 % des Spar- und 40 % des Giroeinlagenstandes dar.556 Auch die Gebäude der Sparkasse, vor allem das Hauptgebäude in Klagenfurt, wurden durch Bombardierungen stark beschädigt, was ebenfalls zu einer Wertminderung der Aktiva beitrug. Kurz umschrieben stand die Sparkasse nach Kriegsende und nach 110 Jahren ihres Bestehens vor dem Nichts. Zudem kam noch die starke Erschütterung des Spargedankens per se, was einen Neubeginn erschwerte.

Nach der Machtübernahme durch die Britische Militärregierung, wurden in Kärnten die Schalter geschlossen und nur einzeln erlaubte man Geldabhebungen für die Auszahlung der Gehälter. Im Juni 1945 wurde seitens der Britischen Militärregierung fast die gesamte Sparkassenleitung wegen nationalsozialistischer Betätigung abgesetzt und die Sparkasse wiedereröffnet.557 Die Bestellung der neuen Leitung gestaltete sich äußerst schwierig, teilweise weil politisch unbelastete Personen aus der Zeit vor dem „Anschluss“ in den Ruhestand traten und teilweise weil die Sparkasse seit 1934 keine demokratisch gewählte Leitung hatte. Mit der Hauptversammlung am 7. November 1945, als Paul Jobst (SPÖ) zum neuen Präsidenten gewählt wurde, ermöglichte dies einen Neubeginn.558

Die Bilanzlücke, verursacht durch einen massiven Werteinbruch auf der Aktivseite, aufgrund der wertlos gewordenen (direkten und indirekten) Anlagen in Staatsanleihen, wurde dadurch geschlossen, dass auf der Passivseite 18.000 Alt- und Sperrkonten abgebucht wurden, womit 90 % des Spar- und 40 % des Giroeinlagenstandes verlorengingen.559 Die Spareinlagen sanken von 76 Millionen Schilling auf lediglich 8 Millionen Schilling. Der Unterschiedsbetrag ging für die Sparkasse für immer verloren. Es fand somit eine massive Bilanzkürzung statt und die Sparkasse musste in den Nachkriegsjahren um ihr Bestehen kämpfen. Erst Ende der 1940er Jahre besserte sich die Situation soweit, dass der normale Sparkassenbetrieb ohne größere Störungen möglich war.

554 Siehe zum Beispiel: Compass 1942. Finanzielles JB. Österreich, Österreich-Ungarn. Wien 1943, S. 340. 555 Jausz, Geld und Wirtschaftsentwicklung in Kärnten seit dem Vormärz, S. 176. 556 Ebd., S. 176. 557 Ebd., S. 174f. 558 Ebd., S. 175. 559 Ebd., S. 176. 136

Exkurs: Die Sparprogramme und ihre Auswirkungen auf die Sparkassen der „Südmark“ Eine besondere, wenn nicht sogar die tragende Rolle, nehmen die unterschiedlichen Sparprogramme ein. Wie die Bilanzen der Steiermärkischen Sparkasse, aber auch sonstiger Kreditinstitute, belegen kam es nach dem „Anschluss“ zum Anstieg von Spareinlagen. Der Bestand der kurz- und langfristigen Spareinlagen, die überwiegend in Wertpapiere angelegt wurden, nahm zu. Sowohl Privatpersonen wie auch Unternehmen tätigten diese Einlagen. Letztendlich hatten beide Gruppen davon immer weniger, denn die staatlich vorgegebene Minimierung des Zinssatzes führte dazu, dass diese Einlagen immer geringer verzinst wurden. Wie bereits angedeutet, war dabei der federführende Gedanke die Lenkung der Kaufkraft, die letzten Endes in die Abschöpfung überschüssiger Kaufkraft mündete.

Aus Regierungssicht zeigte sich bereits nach dem „Anschluss“ im gesamten Reichsgebiet, auch in der „Ostmark“, in Folge der Rüstungsproduktion eine Spannung zwischen Preisen und Löhnen. Dies zog eine Verknappung von Verbrauchsgütern und eine staatlich sanktionierte Preissenkung nach sich. Die Reallöhne sanken bis Ende 1941 im gesamten Reich um 20 % und in der „Ostmark“ noch mehr. Dennoch gab es überschüssige Kaufkraft, deren Lenkung keinesfalls dem Lohnempfänger überlassen werden sollte. Über das Sparen soll dieser Überschuss „richtig“ angelegt werden. Es gab in Berlin Überlegungen, die Lenkung der Kaufkraft über Steueranreize zu steuern, dieser Vorschlag wurde jedoch in Bezug auf Privatpersonen bald verworfen, da dies angeblich den Menschen schwer verständlich sei, weil sie selten was mit dem Finanzamt zu tun haben. Neben der Aktion „Eisernes Sparen“ sollten auch das langfristige Bausparen sowie das Vermögenssparen durch reichsweite Aktionen popularisiert werden. Eine solche Aktion war das bereits mehrfach zitierte „Eiserne Sparen“. Hierbei sollte jedem Lohnempfänger auf sein Verlangen ermöglicht werden, vom Arbeitslohn einen Teil des Vermögens auf ein Sparkonto zu legen und zu binden.560

„Das Wesen des Eisernen Sparkontos besteht darin, daß es erst nach Beendigung des Krieges mit zwölfmonatiger Frist gekündigt werden kann. Die eingezahlten Beträge sind demgemäß während des Krieges und während der ersten zwölf Monate nach Beendigung des Krieges der Verwendung auf dem Warenmarkt entzogen.“561

Somit wird ersichtlich, dass es sich um einen Entzug der überschüssigen Kaufkraft handelte. Das Geld sollte für die gesamte Kriegsdauer angelegt bleiben und erst ein Jahr nach dem Krieg, bei einer Kündigungsfrist von drei Monaten, vom Konto genommen werden können. Sehr trefflich sprach man von einer „Lenkung“ der Kaufkraft, denn dadurch floss ein Teil des Arbeitslohnes über die Banken in die Rüstungsfinanzierung. Dies steht im Wiederspruch zur Rüstungsfinanzierung während des Ersten Weltkrieges, als den Kunden am Bankschalter Kriegsanleihen angeboten wurden, die auf Grund des Kriegsverlustes in Deutschland wertlos geworden sind. Diesmal dienten die Kreditinstitute als Tarnung und verdeckten die Tatsache, dass diese Spargelder in die Rüstung flossen.

560 Das Bundesarchiv (Berlin) (=BArch), Bestand NS6, 664, o.S. Sparen im Krieg und Bauen im Frieden. Ohne Datumangabe, S. 1. 561 Ebd., S. 2. 137

Dabei konnte das Sparguthaben auf einem „Eisernen Sparkonto“ nicht übertragen, aber vererbt werden. Der Zinssatz musste der gleiche sein, wie er für Spareinlagen mit einer Kündigungsfrist von 12 Monaten und darüber war. Ein weiterer Anreiz bestand darin, dass die eingezahlten Beträge von Steuern und von Sozialversicherungsbeiträgen befreit waren.562 Man rechnete mit einer Zahl von 15 Millionen Arbeitern, Angestellten und Beamten, die für das „Eiserne Sparen“ in Betracht kämen. Dadurch sollten jährlich 5 bis 6 Milliarden an überschüssiger Kaufkraft auf die Sparkonten gelenkt werden und man rechnete mit einem Steuerausfall von höchstens 100 Millionen RM.563

Es waren jedoch nicht nur Privatpersonen, deren überschüssige Kaufkraft abgeschöpft werden sollte, sondern auch die gewerblichen Unternehmer. Diese sollten dazu angeregt werden, Betriebsanlagegüter weit möglichst auf die Nachkriegszeit zu verschieben. Sollte sich ein Unternehmer entschließen, die Beträge des Betriebsvermögens in bestimmter Weise zu binden, erhielt er in dieser Höhe Bewertungsfreiheit für die abnutzbaren Anlagegüter, die nach dem Krieg angeschafft werden. Sie würde darin bestehen, dass die Anschaffungskosten auf eine kürzere Zeit (und nicht auf die betriebliche Nutzungsdauer) verteilt und bereits im Anschaffungsjahr voll vom Gewinn absetzbar waren. Dies wiederum wurde zu einer Steuersenkung führen und der somit freistehende Betrag könnte eine größere Bewegungsfreiheit verleihen. Dazu wären noch die Beträge frei, die während des Krieges gebunden waren. Jedoch wurden diese Beträge nicht verzinst! Weil dafür keine Zinsen gezahlt werden sollten, wurden diese Beträge nicht in den Kreditinstituten eingezahlt, sondern direkt zum Finanzamt gebracht werden. Dort wurden sie als „Betriebsanlage-Guthaben“ bezeichnet und verbucht. Der Umfang einer solchen unverzinsten Anlagebildung durch gewerbliche Unternehmer war auch der Regierung ungewiss.564

„Wie gross die Summe sein wird, in deren Höhe Betriebsanlage-Guthaben wahrscheinlich gebildet werden, lässt sich nicht schätzen. Die kaufkraftpolitische Lage der Deutschen Volkswirtschaft wird durch jeden Betrag verbessert, der auf Betriebsanlage-Guthaben eingezahlt wird.“565

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Spareinlagebildung politisch erwünscht war und die Reichsregierung sogar eine genaue Vorstellung über ihre Höhe hatte. Dabei sollte die Abschöpfung unterschiedlich gestaltet werden: bei Privatpersonen sollte sie über die Kreditinstitute verlaufen, wofür den Sparern zumindest eine Verzinsung versprochen wurde, während die gewerblichen Unternehmer von Anfang an wissen sollten, dass sie zinslos sparen sollten und dann einen Steuervorteil bekommen, sollten sie sich nach einem gewonnenen Krieg entschließen, in neue Betriebsgüter zu investieren.

Die Sparwerbung selbst wurde maßgeblich vom Propaganda-Ministerium geleitet, welches von Joseph Goebbels geführt wurde. Mit welcher Aufmerksamkeit er selbst die Entwicklung der

562 Ebd., S. 2f. 563 Ebd., S. 4. 564 Ebd., S. 5ff. 565 Ebd., S. 6. 138

Spareinlagen in den Kreditinstituten verfolgte, zeigt ein Schreiben566, das von Propagandaminister Goebbels an seine Gaupropagandaleiter und Reichspropagandaamtsleiter im August 1939 verschickt wurde. In diesem Schreiben hält er fest, dass verschiedentlich festgestellt wurde, „dass in Verkennung der augenblicklichen Sachlage Versuche gemacht wurden, durch Umfragen bei den Banken und Sparkassen festzustellen, wo in letzten Tagen erhöhte Geldabhebungen vorgekommen sind.“567 Da ihm seitens des Reichswirtschaftsministers versichert wurde, dass es zu keinen unerwarteten Abhebungen kam, weist er die Gaupropagandaleiter an, solche Aktionen zu unterbinden:

„Wird die Umfrageaktion bei Banken und Sparkassen fortgesetzt, so besteht die grosse Gefahr, dass Einzahlungen nur in stark vermindertem Masse erfolgen, da sonst von den Sparern befürchtet wird, dass sie ihre Einlagen bei Bedarf nicht rechtzeitig zurückerhalten.

Ich ersuche daher dringend Vorsorge zu treffen, dass etwa weitere Aktionen in dieser Art sofort abgebrochen und weitere Aktionen in dieser Richtung bei Banken und Sparkassen unterlassen werden.“568

Ein weiterer Beleg dafür, wie zeitnah die nationalsozialistischen Machthaber über die Entwicklung des Einlagestandes informiert werden wollten, zeigen auch die unterschiedlichen Schreiben von einzelnen Kreditinstituten, in denen Spar- und Geldeinlagen sowie Kassascheine in der jeweiligen Hauptanstalt sowie in den Filialen angegeben wurden.

Um die Spargelder von Privatpersonen besser „erfassen“ zu können, um näher am Sparer zu sein, brauchte es ein besseres Filialnetzwerk, welches dafür „rationalisiert“ werden sollte. Vor allem die Sparkassen- und Raiffeisenfilialen sollten zusammengelegt oder geschlossen werden. Wie erfolgreich dies in der Praxis ankam, zeigt beispielhaft der Sachverhalt aus dem Wirtschaftsbericht der Reichsbankstelle Graz für die Jahre 1943/44.

„In Frage der Zusammenlegung und Schließung von Raiffeisenkassen und Sparkassen müssen wir immer wieder die Erfahrung machen, daß die Sparkassen sich bemühen, mit Hilfe ihrer naturgebundenen Verbindungen mit dem Landrat und dadurch auch mit der Behörde des Reichsstatthalters diese Situation manchmal in rücksichtsloserster Weise für sich auszunutzen.

In Marburg befindet sich im linksseitigen Stadtteile der Altstadt, …, die Creditanstalt- Bankverein, die Länderbank, die Volksbank, die Raiffeisenkasse und die Stadt- und Kreissparkasse. Im Stadtteil rechts der Drau…befindet sich der Spar- und Vorschußverein, der mit der Volksbank Marburg verschmolzen und als Zahlstelle der Volksbank weitergeführt werden sol. … Nun ist es der Kreissparkasse entgegen der vom Chef der Zivilverwaltung im Jahr 1941 getroffenen Anordnung, …, gelungen, eine Zweigstelle am rechten Drauufer zu errichten. Sie versucht nun…mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln, die Kunden der

566 BArch, R2/15453. Schnellbrief an den V.Präs. Barth, o.S. 567 Ebd., o.S., Zitat aus dem Schnellbrief. 568 Ebd., o.S., Zitat aus dem Schnellbrief. 139

Volksbank an sich zu ziehen. Nicht genug damit, ist sie nun bemüht, im Wege des Chefs der Zivilverwaltung die Schließung der Zahlstelle der Volksbank durchzusetzen!“569

Nicht nur, dass sich die Kreditinstitute und deren Filialleitungen gegen Schließungen zur Wehr setzten und versuchten, die Standorte zu behalten, sondern sie versuchten auch, ihren Geschäftsbereich zu erweitern. So erhielt im Jahr 1940 die Steiermärkische Bankgesellschaft die Erlaubnis erteilt, künftig auch Spareinlagen entgegen nehmen zu dürfen, wofür sich die Bankdirektion beim Ministerialrat Habermann in Wien „mit dem Ausdruck der vorzüglichsten Hochachtung und Wertschätzung“570 bedankte. Diese Bank spielte eine Nebenrolle in der „Grazer Bankenfusion“ und gehörte der Steiermärkischen Sparkasse in Graz und der Girovereinigung im Verhältnis von 60:40571 an. Ihr Direktor, Sigbert Pauritsch, bat beim Reichswirtschaftsministerium um eine Erlaubnis zur Ausdehnung des Geschäftsbetriebes, welche das Kreditinstitut auch erteilt bekam.

Die »ostmärkischen« Landes-Hypothekenanstalten

Die Steiermärkische Landes-Hypothekenanstalt Nach dem „Anschluss“ im März 1938 erlebte die Steiermärkische Landes-Hypothekenanstalt zunächst personelle Veränderungen, die sich vor allem gegen Österreich-treue Führungspersönlichkeiten richteten. Die Übernahme von Landesregierungsstellen ermöglichte den Nationalsozialisten Eingriffe in die einzelnen Abteilungen der Landesregierungen und so auch in die Finanzverwaltung des Landes. In der Steiermark war diese unmittelbar mit der steirischen „Landeshypo“ verknüpft, denn der Reichsgau Steiermark „trug für die gesamten Verbindlichkeiten der Landes-Hypothekenanstalt die volle und uneingeschränkte Haftung“.572 Zunächst wurde das Kuratorium durch einen kommissarischen Verwalter573 ersetzt und die Steirische Landes-Hypothekenanstalt wurde rechtlich gemäß der geschilderten deutschen Rechtslage in eine Körperschaft öffentlichen Rechts umgewandelt. Damit erhielt die „Landeshypo“ „nach Außen“ eine eigene Rechtspersönlichkeit. Sie führte weiterhin die Firma „Landes-Hypothekenanstalt“, doch war dies rechtlich im Sinne der vorherigen Rechtslage (wie zur Zeit der „Ersten Republik“) keine Anstalt mehr.

Im Unterschied zu den Sparkassen, von denen in Graz drei tätig waren, gab es nur eine Landes- Hypothekenanstalt, sodass diesem Institut etwaige Fusionen und Umwandlungen erspart blieben. Im Dezember 1938 wurden Überlegungen laut, die Landes-Hypothekenanstalt in die fusionierte Steiermärkische Sparkasse in Graz einzuführen. Dort sollte dieses Institut den Hypothekarkredit bedienen.574 Dazu kam es jedoch nicht. Zum Zeitpunkt der Machtübernahme

569 BArch, R2/583. Wirtschaftsbericht der Reichsbankstelle Graz für 1943/44, S. 1. 570 BArch, R2/15453. Brief der Direktion der Steiermärkischen Bank vom 10. 9. 1940 an Ministerialrat Habermann in Wien, o.S. 571 Geschäftsbericht 1939 der Steiermärkischen Sparkasse in Graz, S. 8. 572 Geschäftsbericht der Landes-Hypothekenanstalt für Steiermark für die Zeit vom 1. Jänner bis 31. Dezember 1938., S. 3. 573 Gerhart Kalmann, Rechtsanwalt aus Graz. 574 StLA, LReg, 207-Gen-43/1-1938. Brief des Landesfinanzreferenten Sernetz aus Dezember 1938, o.S. 140

durch die Nationalsozialisten in der Steiermark verrichtete die Landes-Hypothekenanstalt, neben ihrem Grundgeschäft (Hypothekardarlehen), auch den kommissarischen An- und Verkauf von Effekten und konnte Wertpapiere in Verwahrung und Verwaltung übernehmen. Überdies wurden der Anstalt die Befugnisse einer Devisenbank zuerkannt.575 Mehr oder minder deckte sich der Geschäftsumfang mit anderen Landes-Hypothekenanstalten in der „Ostmark“. In den Folgejahren kam es zu einer wesentlichen Einengung des Tätigkeitsbereiches der steiermärkischen „Landeshypo“, was die Leitung des Kreditinstitutes bereits im Jahre 1938 befürchtete.576

Die Reichsmark-Eröffnungsbilanz vom 1. Jänner 1939 ist mit der Schilling-Abschlussbilanz vom 31. Dezember 1938 weitgehend identisch, abgesehen von den „neuen“ buchhalterischen Vorschriften des Deutschen Reiches, weshalb diese Bilanz als eine Anfangsbasis für die Bilanzanalyse herangezogen werden kann.

Aktiva: RM % Passiva: RM % Kassa 287.846 1,34% Gläubiger 12.335.153 57,35% Schatzwechsel und unverz. Schatzanw.497.500 d. Reiches und2,31% Länder Spareinlagen 699.512 3,25% Eigene Wertpapiere 1.815.907 8,44% Anleihen im Umlauf 7.699.050 35,79% Kurzfällige Forderungen gegen Kreditinstitute9.621.842 44,73% Durchlaufende Kredite 393.812 1,83% Schuldner 32.907 0,15% Rücklagen-Zuweisung 152.488 0,71% Hypotheken-, Grund- und Rentenschulden6.623.833 30,79% Rückstellungen 47.784 0,22% Langfristige Ausleihungen 1.927.036 8,96% Zinsen von Anleihen im Umlauf 93.836 0,44% Zinsen von Hypotheken und langfristigen86.671 Ausleihungen0,40% Rechungsabgrenzungsposten 87.900 0,41% Durchlaufende Kredite 393.811 1,83% Grundstücke und Gebäude 193.809 0,90% Inventar 22.925 0,11% Rechnungsabgrenzungsposten 5.448 0,03% Zusammen: 21.509.535 100,00% 21.509.535 100,00%

Abbildung 14: Die RM-Eröffnungsbilanz der Landes-Hypothekenanstalt für Steiermark vom 31. Dezember 1938. (Quelle: Compass und eigene Berechnungen.)

Die steiermärkische „Landeshypo“ zeigt nach dem „Anschluss“ das Bild eines typischen Pfandbriefinstitutes, obgleich man sieht, dass sie nach der Gründung immer noch mit Schwierigkeiten zu kämpfen hatte. Den kurzfristigen Geldanlagen von 12 Millionen RM und emittierten Pfandbriefen (Emissionen) von 7,7 Millionen RM liegen hauptsächlich Hypothekarkredite und kurzfristige Anlagen bei anderen Kreditinstituten gegenüber. Die Summe der Ausleihungen macht rund 8,58 Millionen RM aus. Der Anteil von Schatzwechsel ist unbeachtlich und macht mit einer halben Million RM rund 2,3 % der Aktiva aus. Ebenfalls niedrig sind die langfristig gebundenen Gelder auf den Passiva (Spareinlagen), die etwas mehr als 3 % der Bilanzsumme ausmachen. Zum Zeitpunkt des „Anschlusses“ durfte die „Landeshypo“ nur Einlagen bis zu 10 Millionen entgegennehmen und durfte nur 50 % davon als Darlehen vergeben. Weil die Landes-Hypothekenanstalt im Vergleich mit anderen Hypothekenanstalten in Österreich relativ spät gegründet wurde, stand sie im Bereich des

575 Compass 1938. Finanzielles Jahrbuch, Österreich, Österreich-Ungarn Wien 1939, S. 226. 576 Geschäftsbericht der Landes-Hypothekenanstalt für Steiermark für die Zeit vom 1. Jänner bis 31. Dezember 1938., S. 6. 141

Spargeschäftes im Schatten der Sparkasse und forcierte diesen Bereich nie.577 Aus diesem Grund sehen wir in der Jahresbilanz langfristige Spareinlagen im Wert von nur 700.000 RM verbucht.

Im Vergleich mit den Vorjahren kann man ab 1938 deutliche Veränderungen im Geschäftsbetrieb dieses Institutes feststellen. Während in der ersten Jahreshälfte die Hypothekenanstalt ihrer Grundaufgabe nachkam und vorrangig den Bodenkredit bediente, musste sie sich im zweiten Halbjahr aufgrund der neuen Gesetzeslage, die nunmehr auch für die „Landeshypos“ galt, Veränderungen anpassen. Zunächst kam es aufgrund der Einführung des „Erbhofgesetztes“ zu einer Einengung ihres Wirkungskreises. Für das Institut von wesentlicher Bedeutung waren Einschränkungen im Bereich der neuen Darlehensgewährung an Landwirte (Bauern). Erbhöfe durften nicht mehr belastet werden. Die Leitung versuchte dies durch Erschließung bis dahin weniger gekannter Bereiche, wie Neubauten oder Siedlungsbauten, wettzumachen.

„Die Einführung des Erbhofgesetztes brachte bis auf weiteres eine starke Einengung des Wirkungskreises der Hypothekarinstitute mit sich. Inwieweit dieser Ausfall durch Erschließung bisher weniger beachteter Geschäftsgebiete (Neubauten, Siedlungen) wird wettgemacht werden können, ist noch nicht endgültig zu übersehen. Die Aussichten dafür sind nicht ungünstig.“578

So wurden im gesamten Jahr 1938 nur 272 Pfandbriefdarlehen (rund 1,1 Millionen RM) und 60 Hypothekarbardarlehen (rund 85.000 RM) ausgezahlt. Insgesamt kamen die Ausleihungen auf die bereits erwähnten 8,5 Millionen RM. Nicht besser war die Lage beim Kommunalkredit. Die Landes-Hypothekenanstalt klagte über kommunale Aufsichtsbehörden, die Verwaltungsmaßnahmen durchgesetzt hätten, welche die Gewährung von Kommunaldarlehen erschwerten. Dabei sei die verfügte Lockerung der Darlehenssperre für Gemeindedarlehen eine willkommene Möglichkeit für die Ausdehnung des Geschäftes. Im Jahr 1938 wurden daher nur 9 Darlehen gewährt, davon 6 Bardarlehen.579

Die „Bauernentschuldung“ machte sich auch bei Zinszahlungen bemerkbar. Gleich nach dem „Anschluss“ konnte ein starkes Anschwellen von Zinsrückständen bei den zur „Entschuldung“ angemeldeten Betrieben beobachtet werden. Der Grund lag darin, dass mit dem Tage der Einbringung des „Entschuldungsantrages“ viele Schuldner die Zahlungen bestehender Raten einstellten, was der Bank einen Zinsausfall bei Hypothekardarlehen von rund 82.000 RM oder 24,38 % des Jahressolls brachte.580 Davon entfielen rund 70.000 RM auf landwirtschaftliche Schuldner und die Direktion ging davon aus, dass dies mit der Erledigung von „Entschuldungsanträgen“ nicht mehr der Fall sein wird. Die Einreichungsfrist für neue Anträge der landwirtschaftlichen „Entschuldung“ lief bereits am 31. Dezember 1938 ab. Bei der „Landeshypo“ wurden 1.229 Anträge gestellt und 235 bis zum 31. 12. 1940 endgültig

577 Rauchenwald, Banken in Graz, S. 528. 578 Zitat aus dem Geschäftsbericht der Landes-Hypothekenanstalt für Steiermark für die Zeit vom 1. Jänner bis 31. Dezember 1938., S. 6f. 579 Ebd., S. 6. 580 Ebd., S. 7. 142

erledigt.581 Dazu wurden in den Folgejahren einige Anträge zurückgezogen. Die Zinsrückstände bei den Kommunaldarlehen betrugen im Jahr 1938 lediglich 4.755,07 RM. Jene Zinsrückstände, die mehr als zwei Jahre bestanden, wurden „in Anpassung an die Gepflogenheiten des Altreiches“, abgeschrieben.582 Der Betrag von Zinsrückständen, die auf die Einführung der „Bauernentschuldung“ in der „Ostmark“ zurückgingen, wurde dem Institut später vom Staat erstattet.583

Die „Bauernentschuldung“ im Reichsgau Steiermark war umfangreich. Es wurden insgesamt 28.264 „Entschuldungsfälle“ eingereicht, was einen Drittel584 sämtlicher landwirtschaftlicher Betriebe in der „Ostmark“ darstellte. Die Landstelle Graz eröffnete 12.081 Fälle und schloss bis zum 27. Juni 1942 drei Viertel davon ab. Für die „Bauernentschuldung“ wurden in der Steiermark 16,2 Millionen RM aufgebracht.585

Die „Entschuldung“ verlief in der Regel so, dass jeder Landwirt (Bauer) einen „Entschuldungsantrag“ stellte und dazu ein Ansuchen um neue Fördermittel einbrachte. Dies waren Gelder/Aufbaumittel, die zur Weiterführung des Bauernbetriebes unbedingt notwendig waren und wurden im Entschuldungsantrag mit angeführt. Für die bestehenden, umprogrammierten Darlehen, wurde der Zinssatz auf höchstens 4 % p.a. und der Tilgungssatz auf höchstens ½ % p.a. nach oben begrenzt. Der Marktübliche Zinssatz betrug bei der ersten Zinssenkung nach dem „Anschluss zwischen 6 % und 6,5 %, als die deutschen Zinsrichtlinien für Sollzinsen eingeführt wurden.586

Die Aufbaumittel wurden ebenfalls als Kredit vergeben. Ihr Zinssatz lag bei 2 % und ihre Laufzeit zwischen 5 und 30 Jahren. An Bergbauern wurden Aufbaumittel meist als nicht rückzahlbare Zuschüsse gewährt.587

Die „Entschuldungsaktion“ und die Gewährung von „Aufbaudarlehen“ belastete die Steiermärkische Landes-Hypothekenanstalt sehr. Wie jede Verlängerung der Kreditlaufzeit, dazu noch mit einer Zinssenkung sowie einem Belastungsverbot des Bauernhofes verbunden, führte auch dies zu einem Ertragsausfall sowohl der Kreditnominale, wie auch der Zinseinkünfte. „Im Frühjahr 1941 wurden den Landeskreditinstituten dann Ersatzzahlungen für die bei der 'Entschuldung' entstandenen Verluste zugesagt.“588 Die Streichungen bei Pfandkrediten wurden zu 2/3 durch den Staat ersetzt. Die Zinsverluste wurden gesondert erstattet, denn im Rahmen der landwirtschaftlichen „Entschuldung“ arbeitete die Lands-

581 Landes-Hypothekenanstalt für Steiermark, Geschäftsbericht und Rechnungsabschluss für das Jahr 1940. Graz 1941, S. 6. 582 Geschäftsbericht der Landes-Hypothekenanstalt für Steiermark für die Zeit vom 1. Jänner bis 31. Dezember 1938., S. 7. 583 Pacher, Die Landes-Hypothekenanstalt für Steiermark und ihre Bedeutung für die Agrarwirtschaft in den Jahren 1930 bis 1945, S. 113. 584 Ebd., S. 105. 585 Ebd., S. 106. 586 Ebd., S. 111. 587 Ebd., S. 106f. 588 Ebd., S. 113. 143

Hypothekenanstalt für Steiermark mit der Deutschen Rentenbankkreditanstalt (DRKA) zusammen, die als Hauptinstitut für Entschuldungsmaßnahmen fungierte. Um die „Bauernentschuldung“ im Reich zu finanzieren, gab die DRKA Ablöseschuldverschreibungen aus. Direkte Reichsmittel wurden kaum eingesetzt. Bei der Konversion auf 4 prozentige Ablöseschuldverschreibungen kam es zu Zins- und Kursverlusten, die zu 90 % staatlich erstattet wurden. Bei jedem „Entschuldungsverfahren“ wurde den alten Gläubigern die Zahlung einer „Entschuldungsrente“ vom Staate zugesagt, die jedoch vom „entschuldeten“ Bauern an den Staat zu zahlen war. Diese Rente konnte eine Laufzeit bis zu 52 Jahren haben und musste sich an der Zahlungsfähigkeit des Betriebes orientieren.589

Damit die „Entschuldung“ problemlos abgewickelt werden konnte und die „Aufbaumittel“ nicht veruntreut wurden, wurde in der Steiermark im Juli 1940 nach bayerischem Vorbilde der „Landwirtschaftliche Treuhandverband für die Landesbauernschaft Südmark“ gegründet.590 Bei diesem Verband beteiligte sich die Landes-Hypothekenanstalt für Steiermark mit 10 % (=2.000 RM) des Kapitals591.

Die bei der Landes-Hypothekenanstalt zur „Entschuldung“ angemeldeten Fälle finden sich im Bilanzposten „Hypotheken, Grund- und Rentenschulden“. Die Deckungshypotheken machten im Jahr 1938 rund 5,7 Millionen RM aus. In den Folgejahren stieg dieser Bilanzposten auf über 10 Millionen RM an, was gemessen am Anstieg der Bilanzsumme, relativ gering ist.

Trotz der Umschuldungsmaßnahmen, die nach März 1938 eingeleitet wurden, führte die Landes-Hypothekenanstalt im Jahr 1938 Zwangsversteigerungen von verbürgten Liegenschaften durch. Beim „Anschluss“ waren 39 Liegenschaften seitens der „Landeshypo“ zur Zwangsversteigerung eingereicht und nach dem 22. März 1938 (Erbhofgesetz) wurde in 18 Fällen eine Aufschiebung beschlossen und schließlich das Verfahren eingestellt. Im Laufe des Jahres 1938 kam es trotz allem in 7 Fällen zu einer endgültigen Zwangsversteigerung. Danach wurden neue Zwangsversteigerungsfälle gegen landwirtschaftliche Betriebe nur mehr vereinzelt eingeleitet. So gab es im Jahr 1940 keinen Fall und im Jahr 1941 einen einzigen. Sowie bei der Steiermärkischen Sparkasse, wurden auch bei der Landes-Hypothekenanstalt viele bereits eingebrachte „Entschuldungsanträge“ zurückgezogen, weil ein „Erbbauernhof“ rechtlich sehr eingeengt war und der Eigentümer selbst fast keine Entscheidungsfreiheit mehr besaß. Doch das wussten im Jahr 1938 die Wenigsten und es kann angekommen werden, dass die Anzahl der „Entschuldungsfälle“ noch grösser gewesen wäre, wenn die Einreichfrist für die Anträge nicht schon Ende des Jahres 1938 abgelaufen wäre.592 Ohnehin erlaubte man der Steiermärkischen Landes-Hypothekenanstalt die Kreditierung von Erbhöfen, damit diese nicht den Bezug zu der Bauernschaft gänzlich verlieren würde.593 Im Reichswirtschaftsministerium

589 Ebd., S. 113. 590 Ebd., S. 108. 591 Landes-Hypothekenanstalt für Steiermark, Geschäftsbericht und Rechnungsabschluss für das Jahr 1940. Graz 1941, S. 6. 592 Landes-Hypothekenanstalt für Steiermark, Geschäftsbericht und Rechnungsabschluss für das Jahr 1938, S. 7. 593 Pacher, Die Landeshypothekenanstalt für Steiermark und ihre Bedeutung für die Agrarwirtschaft in den Jahren 1930 bis 1945, S. 113. 144

führte man als Gründe für eine zu niedrige Zahl an Entschuldungsanträgen die zu günstige Beurteilung der Preisentwicklung, zu hohes Alter der Betriebsinhaber, Mistrauen gegen die Entschuldung, schwarze Propaganda(!), Unkenntnis über die kreditmäßigen Auswirkungen des Erbhofgesetzes und eine ungenügende Aufklärung durch den Reichsnährstand.594 Offenkundig gab es in der Steiermark deshalb zahlreiche Betriebe, die überschuldet waren, für die aber ab 1939 keine Entschuldungsmöglichkeit mehr bestand. In Summe sollte es in der Steiermark, Oberdonau und Niederdonau 2.000 solche Fälle gegeben haben, für die ein Bedarf von 5 Millionen RM bestanden haben sollte.595 Eine Verlängerung der Einreichfrist wurde dennoch nicht gestattet. Die Bearbeitung der Entschuldungsfälle zog sich über mehrere Jahre.

Das Institut musste gemäß seinen Satzungen einen Reservefonds führen, wofür 10 % fremder Mittel in eine Rücklage (Post „Rücklagen-Zuweisung“) gestellt wurden. Dies machte dennoch eine niedrige Eigenkapitalquote von 0,71 % oder 152.488 RM aus. Dies deutet auf eine relativ dünne Geschäftsbasis hin und diese Tatsache spielte offenkundig eine Rolle bei der bereits erwähnten Überlegung, die „Landeshypo“ in die fusionierte Steiermärkische Sparkasse in Graz einzugliedern. Dennoch blieb die Landes-Hypothekenanstalt bis 1945 ein eigenständiges Kreditinstitut, was es heute noch ist.

Die emittierten Pfandbriefe und die Kommunalobligationen wurden in den Jahren 1938 und 1939 sowohl von der Zinsermäßigung sowie der RM-Umstellung tangiert. Dazu kam noch die Gründung der Pfandbriefstelle ostmärkischer Landes-Hypothekenanstalten, die zum zentralen Emissionsinstitut für sämtliche Pfandbriefe und Kommunalobligationen wurde.

Der bilanzielle Betrag von Anleihen im Wert von 7.699.051 RM gliedert sich in Pfandbriefe und Kommunalschuldverschreibungen. Zum Zeitpunkt des „Anschlusses“ hatte die Landes- Hypothekenanstalt 5 prozentige und 4,5 prozentige Pfandbriefe im Umlauf. Die 5 prozentigen Pfandbriefe (Emissionsjahr 1937) wurden aufgrund der Verordnung vom 22. März 1939 über die Durchführung einer Zinsermäßigung bei Kreditanstalten im Land Österreich, die 4,5 prozentige auf Reichsmarken lautende Schuldverschreibungen im Kursverhältnis 1,5 Schilling für 1 RM umgetauscht.596 Laut Geschäftsbericht für das Jahr 1938 gab es dazu keinen Einspruch, obwohl diese Möglichkeit in der Verordnung vorgesehen war.597 Im Juni 1939598 wurden die alten Schilling-Stücke an der Wiener Börse gelöscht. Dieser Tausch galt jedoch nur für jenen Teil der Emission aus dem Jahr 1937, der nach dem 1. April 1939 noch nicht fällig war.599 Aufgrund derselben Verordnung wurden auch die 4,5 prozentigen, auf Schilling lautenden, Pfandbriefe nominell in Reichsmark-Pfandbriefe umgetauscht. Eine Löschung an der Wiener Börse war nicht nötig, da die 4,5 prozentigen Schilling-Stücke dort nicht notiert

594 BArch, R2/13583, o.D., Abschrift über die landwirtschaftliche Entschuldung in den Alpen- und Donau- Reichsgauen, Vermerk über die Besprechung beim Reichsstatthalter (Landstelle) in Wien am 9. 6. 1944, o.S. 595 Ebd., o.S. 596 Compass 1938. Finanzielles Jahrbuch, Österreich, Österreich-Ungarn Wien 1939, S. 227. 597 Geschäftsbericht der Landes-Hypothekenanstalt für Steiermark für die Zeit vom 1. Jänner bis 31. Dezember 1938, S. 7. 598 Compass 1938. Finanzielles Jahrbuch, Österreich, Österreich-Ungarn Wien 1939, S. 227. 599 Ebd., S. 227ff. 145

waren.600 Insgesamt wurden Pfandbriefe in einem Wert von 6.123.750 RM umgetauscht. Dies ist die Nominale der neu ausgegebenen, auf RM lautenden Pfandbriefe. Erst am 9. Juni 1939 wurden die neuen Wertpapiere an der Wiener Börse notiert. Die ersten Coupons von 1/3 und 1/9 wurden erstmalig am 1. September 1939 fällig. An Kommunalschuldverschreibungen wurden insgesamt 1.828.000 RM umgetauscht. Auch hier wurden bestehende 5- und 4,5 prozentige, auf Schilling lautende Kommunalobligationen, in Reichsmarken umgetauscht. Die 5 prozentigen Obligationen wurden in 4,5 prozentige umgewandelt, während die 4,5prozentigen nur vom Schilling in Reichsmarken umgerechnet wurden. In beiden Fällen wurden neue Wertpapiere emittiert. Im Jahr 1938 wurden keine weiteren Neuemissionen von Wertpapieren getätigt. Der Grund dafür kann sowohl ein Anstieg von (kurz- und langfristigen) Spareinlagen sein oder eine geringere Nachfrage nach neuen Darlehen. Letzteres erscheint insofern sinnvoller, da nach dem „Anschluss“ eine Verflüssigung der Mittel stattfand. Eine höhere Liquidität auf dem Markt führte zu einer Senkung der Kreditnachfrage und somit zu weniger Bedarf nach Refinanzierungsmitteln.601

Die Kurse von Kommunalschuldverschreibungen sowie Pfandbriefen befanden sich seit 1938 in einem stetigen Aufwärtstrend. Der Spitzenkurs für Pfandbriefe lag im Jahr 1938 bei 98,75 % und jener der Kommunalobligationen bei 97,50 %.602 Im Jahr 1939 standen die Spitzenkurse bei 99 % für Pfandbriefe und bei 98 % für Kommunalobligationen.603 Im Feber 1941 stand der Kurs für Kommunalschuldverschreibungen bereits über pari, bei 101,75 %.604 Sinkende Zinsen und eine Verflüssigung des Marktes waren der Grund dafür. Damit wird auch deutlich, warum die Leitung der Hypothekenanstalt keine Gefahr wegen Zinsrückständen sah. Bei solchen Umständen war es kaum möglich, dass Kreditnehmer ihre Darlehen nicht getilgt hätten.

Die Pfandbriefe und Kommunalschuldverschreibungen scheinen auf den Bilanz-Passiva immer unter dem Posten „Anleihen im Umlauf“ auf und erst ab der Bilanz für 1940 werden die Anleihen im Umlauf gesondert ausgewiesen: es gab Neuemissionen von Pfandbriefen, die über die Pfandbriefstelle geführt wurden und (erstmals für das Jahr 1940) in der Bilanz der Landes- Hypothekenanstalt als „Verpflichtungen gegenüber der Pfandbriefstelle“ ausgewiesen worden sind. Es gab die bestehenden Emissionen, vor allem diejenigen aus dem Schilling-Reichsmark- Umtausch, die weiterhin als „Eigene Anleihen im Umlauf“ verbucht wurden und deren Nominale mit der Zeit langsam abnahm. Bei Neuemissionen betrug der Zinssatz entweder 4,00 % oder 4,50 %. Die bestehenden, alten Emissionen hatten weiterhin einen fixen Coupon von 4,50 %.

Die „Verpflichtungen gegenüber der Pfandbriefstelle“, also die Neuemissionen der Pfandbriefe, nahmen mit der Zeit deutlich zu und stiegen auf 19,5 Millionen RM im Jahr 1943. Damit stellten

600 Ebd., S. 227. 601 Ebd., S. 228f. 602 Ebd., S. 229. 603 Geschäftsbericht der Landes-Hypothekenanstalt für Steiermark für die Zeit vom 1. Jänner bis 31. Dezember 1939, S. 7. 604 StLA, K. 28, Mappe 80, o.S., 7. 2. 1941. Schreiben vom 7. Feber 1941, Gaukämmerei I-23 We 2/3-1941. Dieses Schreiben wird zitiert in der Schlussbesprechungsniederschrift über das Ergebnis der örtlichen Prüfung des Jahresabschlusses 1940 des Reichsstatthalters in der Steiermark (Selbstverwaltungskörperschaft), Juli 1942, S. 28. 146

sie 32,8% der Passiva dar. Abgesehen davon, dass sich jedes Hypothekarinstitut über die Ausgabe von Pfandbriefen und Kommunalschuldverschreibungen finanzierte, verwundert es dennoch, dass bei einem kometenhaften Anstieg der Spargelder das Institut zusätzliche Geldquellen mit Zeichnung von Anleihen suchte. Dies scheint deshalb passiert zu sein, weil die Hypothekenanstalt ihre Finanzierungsstruktur entsprechender gestalten wollte. Die Jederzeit fälligen Gelder und Gelder mit einer Kündigungsfrist bis 3 Monate machten den Großteil der Geldeinlagen aus. Langfristig (über 1 Jahr) gebundene Spargelder gab es wenige. Diese kurzfristigen Spargelder konnten nur in liquide Staatsanleihen investiert werden, da sonst die Fristigkeit nicht abgestimmt wäre. Für langfristige Darlehen mussten hingegen Anleihen mit langen Laufzeit emittiert werden um eine entsprechende Finanzierungsstruktur aufrecht zu erhalten. Somit können wir feststellen, dass die kurzfristigen Giro- und Spareinlagen in kurzfristige Staatswertpapiere investiert wurden und die Gelder aus den emittierten Pfandbriefen und Kommunalschuldverschreibungen in die Hypothekar- und Kommunaldarlehen veranlagt wurden. Dieser Teil des Geschäfts verlief wie üblich. Zu einer „Aufblähung“ der Bilanz kam es lediglich wegen des rasanten Anstiegs der Spargelder, die in Staatsanleihen investiert wurden. Es gab aber auch bei den langfristigen Hypothekar- und Kommunaldarlehen einige „besondere“ Wünsche der Politiker zu beachten (Siedlungsbauten, Bunker), auf die noch Bezug genommen wird.

Für die gewährten Kredite wurde in der Regel eine Bürgschaft oder eine Hypothek verlangt. Sehr oft verbürgte sich eine Gemeinde im Wege einer ausgestellten Garantie zur Zahlung aus dem Budget, sollten die Einkünfte aus dem finanzierten Projekt (meistens Wohnbau oder Siedlungsbau) ausbleiben. Ähnlich verlief es bei Hypothekardarlehen, wo in der Regel eine grundbuchliche Sicherstellung eingetragen wurde. In den letzten Kriegsjahren (1944, 1945) kamen jedoch die Bauten, vor allem in Graz, durch das Kriegsgeschehen zu Schaden. In wie fern es überhaupt vorteilhaft war, im Krieg Immobilien und ähnliche Vorhaben zu finanzieren, wissend, dass diese zu Schaden kommen könnten, bleibt unbeantwortet. Im August 1938 erwarb die Landes-Hypothekenanstalt von der Deutschen Vereinsdruckerei für 116.000 RM neue Geschäftsräumlichkeiten in der Grazer Radetzkystrasse 15. 605 Das Gebäude musste für die Zwecke der Bank noch entsprechend umgebaut werden. Als Grund wurde die anderweitige Verwendung der bisherigen Räumlichkeiten im Landhaus genannt.606

Im Jahr 1942 kam mit dem „Hypotheken-Sperrerlass“, der weiter unten besprochen wird, der Pfandkredit zum Erliegen. Damit wurde die Landes-Hypothekenanstalt zu einer reinen Geldsammelstelle für Spareinlagen umgestaltet, wobei diese Gelder mehrheitlich in die Anleihen und verzinsliche Schatzanweisungen des Reiches veranlagt wurden. Ein kleiner Teil wurde als Barreserve im Kassabestand beibehalten. In den Jahren 1938−1945 stieg der Bestand an Schatzanweisungen enorm an, wie auch die Abbildung 15 zeigt. Im Jahr 1943 war dies der werthöchste Bilanzposten überhaupt. Von den Anleihen und verzinslichen Schatzanweisungen des Reiches und der Länder machten über 90 % die Wertpapiere aus, die die Reichsbank beleihen durfte. Der kleine Rest entfiel auf eigene Hypothekenpfandbriefe und

605 Rauchenwald, Banken in Graz, S. 528. 606 Geschäftsbericht des Landes-Hypothekenanstalt für Steiermark vom 1. Jänner bis 31. Dezember 1938, S. 8. 147

Kommunalschuldverschreibungen, sowie Wertpapiere zur Deckung der Pfandbriefe und Kommunalschuldverschreibungen.

Abbildung 15: Die Entwicklung von den wichtigsten Bilanzposten der Steirischen Landes-Hypothekenanstalt in Graz in den Jahren 1938 (RM-Eröffnungsbilanz vom 1. Jänner 1939).

Dass im Jahr 1943 die Schatzanweisungen des Reiches so intensiv als Anlage genutzt wurden, geht auf das Ausbleiben von Alternativen, vor allem des Pfandkredites, zurück, was eine Folge des „Hypotheken-Sperrerlasses“ war. Dieser machte die mühsam erbrachte Ausdehnung des Darlehnsgeschäftes in den Jahren 1940–1942 zur Nichte und wurde seitens des Reichswirtschaftsministeriums am 14. August 1942 verabschiedet607. Damit wurde für die Kreditinstitute eine Grenze für (die Summe) von langfristigen Hypothekardarlehen und Erwerb von Wertpapieren (mit Ausnahme von Staatsanleihen) eingeführt. Diese Grenze berechnete sich als der Durchschnittswert von langfristigen Darlehen für Bodenbeleihungen, Grundstückserwerb und Wohnbau, gewährt in den Jahren 1940 und 1941. Schon zuvor konnte die Landes-Hypothekenanstalt 50 % von Einlagen in Darlehen anlegen.608 Mit einem Sondererlass des Reichswirtschaftsministeriums wurden auch Kommunaldarlehen eingeschränkt, in dem diese Darlehen nur für die im Erlass aufgelisteten Zwecke gewährt werden durften. Deshalb beobachten wir im Jahr 1943 (Erlass war aus August 1942) einen Rückgang an Bodenkrediten um rund 1 Million RM auf 10 Millionen RM (im Jahr 1943). In der Folge stieg die Summe von Reichswertpapieren enorm an. Zumindest ab diesem Moment können wir von einer Entmachtung von leitenden Instanzen dieses Kreditinstitutes sprechen, denn hier griff der Staat so direkt und extrem in den konkreten Geschäftsbetrieb ein, dass der Leitung keine Alternativen mehr zur Auswahl standen. Die Folgen waren verheerend. Während im Jahr 1938 die Staatswertpapiere einen unbeachtlichen Anteil der Bilanzsumme bildeten,

607 Rauchenwald, Banken in Graz, S. 532. 608 Ebd., S. 528. 148

betrugen sie bereits im Jahr 1942 (Jahr des Erlasses) 10,5 Millionen RM und stiegen im darauffolgendem Jahr um weitere 7 Millionen, auf 17,5 Millionen RM, an.

Dabei trat dieser Erlass zur Jahresmitte 1942 in Kraft, sodass bereits in der zweiten Jahreshälfte 1942 die Institutsleitung anfing, vermehrt in Staatsanleihen zu investieren. Aus der Abbildung 15 wird deutlich, dass dieser Anstieg zu Lasten des langfristigen Geschäftes ging. Der zweite Grund dafür lag im Kriegsbeginn auf dem Balkan (Jugoslawien, Griechenland), weshalb die Landes-Hypothekenanstalt im Jahresbericht für das Jahr 1941 vermerkte, dass:

„…die Möglichkeiten des Realkreditgeschäftes mit der Verschärfung der kriegswirtschaftlichen Anforderungen noch mehr als bisher verringert wurden.“609

Dass es in den Jahren 1940 und 1941 überhaupt neues Geschäft gab, geht vorrangig auf die Umschuldung steirischer Gemeinden zurück.610 Dazu kam es aufgrund des zunehmenden Mangels an Neugeschäft im Laufe des Jahres 1940. Zunächst versuchte die Leitung der Landes- Hypothekenanstalt dem Ausfall des Finanzierungsbedarfs alleine in jeder erdenklichen Weise entgegenzuwirken. Sie wendete sich schließlich an die Behörde des Reichsstatthalters und diese nahm mit Vertretern von Grazer Sparkassen, sowie der Girovereinigung in Wien, Gespräche auf, die eine Erweiterung des Kreditvolumens des „Landeshypo“ zum Inhalt hatten.611 Noch im Jahr 1940 kam die Sparkassenorganisation diesem Wunsch nach und es wurde ein Abkommen mit dem Sparkassenverband und der Zentralsparkasse der Gemeinde Wien geschlossen, wonach die Steirische Landes-Hypothekenanstalt, die seinerzeit von der Zentralsparkasse der Gemeinde Wien an steirische Gemeinden vergebenen Kommunaldarlehen zu günstigen Konditionen „umschulden“ konnte. Die Pfandbriefstelle ostmärkischer Landes- Hypothekenanstalten stellte dafür 6 Millionen RM als Darlehen zur Verfügung. Die Mittel für diese Darlehen erhielt die Pfandbriefstelle durch Ausgabe von Kommunalschuldverschreibungen und die Steirische Landes-Hypothekenanstalt war verpflichtet, diese Mittel nur in Hypothekar- und Gemeindedarlehen zu veranlagen, was sie auch tat.612

Im Rahmen dieser Umschuldungsaktion wurden die bestehenden Gemeindedarlehen mit einem neuen Darlehen bezahlt, wobei die Laufzeit des neuen Darlehens verlängert wurde und die Kredithöhe dabei in der Regel das Doppelte erhöht wurde, was sich auch in den jeweiligen Bilanzen niederschlug, wo die langfristigen Ausleihungen an Gemeinden von rund 6 Millionen RM im Jahr 1940 auf rund 13,9 Millionen RM im Jahr 1941 angestiegen sind.613 Zahlungsrückstände seitens der Gemeinden gab es keine.614 Doch auch diese Umschuldungsaktion steirischer Gemeinden brachte der Landes-Hypothekenanstalt nicht viel.

609 Landes-Hypothekenanstalt für Steiermark, Geschäftsbericht und Redhnungsabschluß für das Jahr 1941, S. 1. 610 Karner, Die Steiermark im Dritten Reich, S. 225ff. 611 StLA, Bestand LReg, Dokument 207-Sa-82/1940. Brief der Landes-Hypothekenanstalt für Steiermark an den Reichsstatthalter in der Steiermark, Abteilung Ia, Graz, Burg. 612 Ebd., o.S. 613 Siehe Jahresbericht für das Bilanzjahr 1940, Aktiva: Posten »Langfristige Ausleihungen gegen Kommunaldeckung« und der Posten »Langfristige Ausleihungen« in der Bilanz für das Jahr 1941. 614 StLA, LReg, 207-Sa-82/1940, o.S. 149

Aufgrund erhöhter Liquidität zahlten die steirischen Gemeinden bestehende Schulden ohnehin weit vor dem Kreditablaufdatum zurück. Dies führte bei der Landes-Hypothekenanstalt zur Besorgung, wie dies im Jahresgeschäftsbericht für 1941 zum Ausdruck gebracht wurde:

„Es bleibt abzuwarten ob diese einseitige Rückzahlungsbereitschaft im Kommunalkredit wenigstens im wohlverstandenen Interesse der Gemeinden liegt. Den von uns als Gläubiger stets rücksichtsvoll gepflegten Beziehungen zu diesem wichtigen Kundenkreis kann sie kaum gerecht werden. Für das fundierte Geschäft ist es ebenfalls nicht förderlich. Wir sahen uns durch die außerplanmäßigen Rückzahlungen genötigt, die im Vorjahr erstmals gestellte Ersatzdeckung auf weitere Teile unseres Anleiheumlaufes auszudehnen.“615

Anders formuliert: die vorzeitigen Rückzahlungen waren so hoch, dass die Landes- Hypothekenanstalt zusätzliche Sicherheiten heranziehen musste, um die Emissionen von Pfandbriefen und Kommunalschuldverschreibungen nicht zu gefährden. Wie aus den Geschäftsberichten dieser Jahre hervorgeht, finanzierte die Landes-Hypothekenanstalt im Rahmen der Umschuldungen vor allem Siedlungsbauten in den steirischen Gemeinden. Dabei arbeitete sie mit der Siedlungsgesellschaft „Südmärkische Heimstätte GmbH, Treuhandstelle für Wohnungs- und Siedlungswesen“ zusammen. Ob sich die Leitung der Landes- Hypothekenanstalt auch selber ausgerechnet für die Finanzierung des Siedlungsbaus einsetzte, ist eher zu bezweifeln, denn das Institut leitete die Siedlungsfinanzierung in den steirischen Gemeinden „im Auftrag des Gewährträgers“, also der Behörde des Reichsstatthalters, in die Wege.616 Am Kriegsende wurden viele dieser Siedlungen durch Bombenangriffe beschädigt oder gar völlig vernichtet und aus dem verfügbaren Datenmaterial kann nicht erschlossen werden, ob dafür irgendwelche Garantien eingelöst wurden und wie diese Darlehen nach Mai 1945, wenn überhaupt, getilgt wurden. Eher ist anzunehmen, dass Kredite für Wohnstätten, wenn diese vernichtet und niedergebrannt waren, abgeschrieben wurden.

Neben den Umschuldungen von Gemeindedarlehen erhofften sich die politischen Machthaber sowohl in Berlin wie in Graz, der Landes-Hypothekenanstalt neues Geschäft durch die Übernahme von Entschuldungsfällen aus der ehemaligen jugoslawischen Bauernentschuldung, zuzuführen.617 Für das Grazer Institut waren die Entschuldungsfälle aus der Untersteiermark maßgeblich. Dazu übernahm die steirische Landes-Hypothekenanstalt Entschuldungsfälle der ehemaligen jugoslawischen Staatshypothekenbank, der Privilegierten Agrarbank, der Gewerbebank und der Postsparkasse.618 Zusätzlich übernahm das steirische Institut einen Teil von Aktiven, vor allem der Privilegierten Agrarbank (mit Sitz in Belgrad), welche auf die Untersteiermark entfielen. Davon hatte die Landes-Hypothekenanstalt nur mehr administrative Arbeit, aber keinen Mehrertrag. Wie im Jahresbericht für das Jahr 1941 vermerkt wurde:

615 Landes-Hypothekenanstalt für Steiermark. Geschäftsbericht und Rechnungsabschluss für das Jahr 1941. Graz 1942, S. 6. 616 Ebd., S. 5. 617 BArch, R2/30654. Vertrauliches Protokoll zum Abkommen vom 6. November 1942. Siehe auch: Compass für das Jahr 1941, S. 215. 618 Erlass der Reichswirtschaftsministers IV Kred 1/33642/42 vom 25. September 1942. 150

„Die praktische Durchführung des Auftrages wurde noch im Berichtsjahre in Angriff genommen. Sie erstreckt sich auch auf jene Darlehen, die von der schon vor Jahren eingeleiteten Entschuldung des Bauernstandes erfasst sind. Bilanzmäßige Auswirkungen aus dieser Tätigkeit sind erst in späteren Jahren zu erwarten.“

Am 6. November 1942 unterzeichneten Deutschland, Italien, Bulgarien, Kroatien und Ungarn in Rom ein „Vertrauliches Protokoll“619, das die Aufteilung des Vermögens der oben angeführten Banken vorsah. Auch hierbei schnitt die „Landeshypo“ in Graz schlecht ab, denn sie bekam nur die Verwaltung von den bestehenden Darlehen aufgebürdet, erzielte daraus aber keinen Gewinn, denn das Protokoll sah vor, dass der Kassabestand und das Guthaben bei anderen Kreditinstituten (inklusive der Nationalbank) an den Erwerberstaat fließen, ebenso wie die Wechsel, Lombard- und Kontokorrentkredite.620 Die Hypothekarforderungen übernahm aber jener Staat, auf dessen Gebiet das Pfandobjekt lag.621 Somit musste ein untersteiermärkischer Darlehensnehmer, der in Oberkrain eine Liegenschaft erwarb und sie verpfänden ließ, an die Kärntner „Landeshypo“ die Tilgungsraten bezahlen. Der Verwaltungsaufwand für die Bearbeitung dieser Kreditfälle wurde zwar der „Landeshypo“ erstattet, von einem lukrativen Geschäft kann aber hierbei keine Rede sein. Die Entscheidung über die Steirische Landes-Hypothekenbank als das Abwicklungsinstitut für die untersteirische Bauernentschuldung fiel in Berlin und nicht in Graz. Das Institut musste dies auf sich nehmen, während es den regulären Bankbetrieb kaum schaffte, da viele Mitarbeiter im Wehreinsatz waren.

Für alle Bewertungen wurde der 15. April 1941 als maßgeblicher Stichtag festgelegt. Alle nach dem 31. Oktober 1941(!) fälligen Tilgungsraten (Annuitätsforderungen) wurden den Bauern zu 64,90 % der ursprünglichen Schuld in Rechnung gestellt und alle nach dem 31. Oktober 1941 rückständigen Annuitätsforderungen zu 100 %.622 Als im Jahr 1943 Italien kapitulierte, fiel auch die Provinzia di Lubiana/Ljubljanska pokrajina/Laibacher Provinz und das Küstenland an Deutschland, wobei dadurch für die Steirische-Landeshypothekenanstalt keine zusätzlichen Fälle der Bauernentschuldung bearbeitet werden mussten, denn die Laibacher Provinz/Provinzia die Lubiana, behielt in Fragen der Bankangelegenheiten und insgesamt der finanziellen aber auch monetären Angelegenheiten, weitgehende Unabhängigkeit sowie auch das Küstenland.

Ohne in der Untersteiermark Fuß fassen zu können und mit sinkendem Neugeschäft finanzierte die Landes-Hypothekenanstalt zunehmend den Staat. Das Geld dafür bekam sie aus den Spargeldern jeglicher Art. Die Fristigkeit von Spareinlagen verkürzte sich zunehmend. Zwar stiegen jederzeit fällige Gelder bald auf rund 7,5 Millionen RM, blieben aber über die Zeit von 1939 bis 1944 auf diesem Niveau relativ stabil. Von den festen Geldern und Geldern auf Kündigung hatten über 90 % dieselbe Veranlagungszeit zwischen 7 Tage und 3 Monate. Ein kleiner Rest hatte eine Laufzeit bis zu einem Jahr, darüber gab es fast keine Einlagen. Im Jahr

619 BArch, R2/30654. Vertrauliches Protokoll zum Abkommen vom 6. November 1942. 620 Ebd., S. 1. 621 Ebd., S. 2. 622 Ebd., S. 3. 151

1939 wuchs die Bilanzpassiva sowohl wegen Einlagen der Gläubiger (Spareinlagen) und der Ausgabe neuer Anleihen (Pfandbriefe und Kommunalobligationen), im Jahr 1940 wuchs sie wegen einer starken Zunahme von ausgegebenen Anleihen, während die Spareinlagen stark rückläufig waren. Ab dem Jahr 1941 kam es aufgrund eines Anstiegs der Spareinlagen zunehmend zu einer Erhöhung der Bilanzpassiva. Dieser Zustand hielt sich bis zum Ende des Jahres 1944 und auch in den ersten Monaten des Jahres 1945, sofern wir diesen Daten vertrauen können. Somit hatte die Entwicklung der Bilanzsumme in der Zeit zwischen 1938 und 1943 den unten angegebenen Verlauf.

Abbildung 16: Die Entwicklung der Bilanzsumme der Steirischen Landes-Hypothekenanstalt in den Jahren 1938−1943.

Dass bei solchem Wachstum der Bilanzsumme am Ende kein Geld mehr für den Hypothekarkredit bleiben konnte, zeigt eindeutig, wie sehr sich die politische Einmischung in den Bankbetrieb zu dessen Nachteil entwickelte. Sehr wohl wurden auch in anderen Staaten, wie zum Beispiel in Großbritannien alle verfügbaren Ressourcen, inklusive Spargelder, für den Kriegseinsatz verwendet, dass dies jedoch bei einem Grazer Kreditinstitut bereits im Jahr 1938 anfing, als es noch keinen Krieg gab und auch später den Kunden keineswegs gesagt wurde, wohin die Spareinlagen investiert werden, zeugt von einer, dem Nationalsozialismus eigenen, Vorgehensweise. Überdies war es nicht notwendig, die Finanzierung der Gemeinden zu unterbinden. Abgesehen von einer Sanierung der Kriegsschäden mussten die Gemeinden ihren laufenden Verpflichtungen nachkommen. Oft gab es den Fall, dass Umprogrammierungen von bestehenden Krediten notwendig wären. Nicht zuletzt wurde der „Hypotheken-Sperrerlass“ nicht in der Untersteiermark und auch nicht in Oberkrain eingeführt. Dazu gab es kleinere Betriebe, die ebenfalls für die Rüstung produzierten und für die Großbanken zu klein waren, um von diesen finanziert werden zu können. Die erhöhten und zur Verfügung stehenden Mittel der Landes-Hypothekenanstalt dienten keinem wirtschaftlichen Zweck mehr. Man zahlte für einen verlorenen Krieg, was nach 1943 Gewissheit war. Auch Rohstoffe wurden in Deutschland fast keine mehr gewonnen und im Ausland musste mit „harter Währung“ oder Gold gezahlt werden.

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Auch nach dem „Hypotheken-Sperrerlass“ wurden für die bestehenden Anleihen weiterhin Coupons gezahlt. Der „Sperrerlass“ sah auch nicht einen Emissionsstopp vor, sodass die Pfandbriefe weiterhin gezeichnet werden konnten. Ob es dazu kam, wer die (etwaigen) Käufer waren und ob diese Gelder auch in die Staatsanleihen angelegt wurden, kann aus den zur Verfügung stehenden Dokumenten nicht geschlossen werden. Im Bilanzjahr 1943 sind die Verpflichtungen gegenüber der Pfandbriefstelle um fast eine Million RM gestiegen, während die Anleihen in Umlauf gleich hoch geblieben sind (bei 5,7 Millionen RM). Dass überhaupt Anleihen von Anlegern gezeichnet wurden lag offensichtlich daran, dass den Investoren eine Bürgschaft des Reichsgaues versprochen wurde.

Der Anstieg der Bilanzsumme, wie er in Abbildung 16 beobachtet werden kann, hat nicht einmal ein Quäntchen mit einer normalen Marktentwicklung zu tun. Weder die nationalsozialistischen Maßnahmen der „Bauernentschuldung“ noch die Umschuldung der Gemeinden waren „Markprojekte“. Das erste galt, um die überschuldete Bauernschaft für sich zu gewinnen und das zweite kam einer Brandlöschung gleich. Die „Entschuldung“, die keine war, brachte der Landes-Hypothekenanstalt nur zusätzliche Kosten, denn die niedrigeren Einnahmen aus den Kredittilgungsrate (Zinsen und Nominale) wurden dem Kreditinstitut später erstattet, nicht aber die Kosten für den Arbeitsaufwand. Es wird aus den zur Verfügung stehenden Dokumenten auch nicht ersichtlich, ob eine Erweiterung der Kundenbasis in irgendeiner Form ersichtlich wurde. Dazu musste unter schwierigsten Personalengpässen gearbeitet werden, denn immer mehr männliche Angestellte (Gefolgschaft) wurden zum Wehrdienst einberufen. Vor dem Kriegsende benutzte die Leitung die Bearbeitung der „Entschuldungsfälle“ sogar als Vorwand, um die wenigen männlichen Angestellten vor dem Kriegseinsatz zu „bewahren“.

Dafür stieg die Liquidität von Jahr zu Jahr. Im Jahr 1943 waren von den 60 Millionen Bilanzsumme, rund 30 % in Staatsanleihen veranlagt.

In den Sommermonaten 1945, als der Bankbetrieb wiederaufgenommen wurde, zeigte sich der ganze Schadensausmaß. Die „Kriegsbilanz“ war verheerend. Im Jahr 1945 betrug die Bilanzsumme 68,9 Millionen Schilling, davon machten die Pfandbriefe und Kommunalschuldverschreibungen 24,6 Millionen Schilling aus und die Darlehen betrugen 21 Millionen Schilling.623 Erst im zweiten Halbjahr 1946 war wieder ein Aufwind spürbar, als die vernichteten Gemeinden und Betriebe Darlehen für die Aufbauinvestitionen benötigten. Diese Nachfrage war so stark, dass die Österreichische Nationalbank bereits im Jahr 1948 zusätzliche Liquidität in Form von Bundesschatzscheinen zur Verfügung stellen musste, denn die eigenen Darlehnsmittel der „Landeshypo“ wurden knapp. Dies zeigt auch, dass es durchaus Bedarf an Investitionsfinanzierung gab, denn nicht alle Nachkriegsdarlehen wurden für den Aufbau von Gebäuden verwendet.

Abschließend sollte nun noch der Frage nachgegangen werden, welche Erträge und welche Lasten durch die Geschäftstätigkeit des Institutes entstanden sind. Dazu sei angemerkt, dass die Steiermärkische Landes-Hypothekenanstalt über 24 Angestellte verfügte (Stand am

623 Rauchenwald, Banken in Graz, S. 533. 153

Kriegsende, Mai 1945) und dass nach dem Kriegsbeginn 1939 sowie vor allem nach dem Kriegsbeginn in Jugoslawien immer ein Teil der Belegschaft im Kriegseinsatz war. Dies sollte man im Blick haben, wenn man die Erträge und Lasten analysiert. Der Reingewinn betrug für das Bilanzjahr 1938 genau 20.700 RM und stieg in den Folgejahren nicht wesentlich an. Den höchsten Gewinn erreichte das Institut im Geschäftsjahr 1941 mit 192.000 RM. Dieser Betrag fiel danach von Jahr zu Jahr. Der Verwaltungsaufwand machte im Jahr 1938 noch 110.000 RM aus und stieg in den Folgejahren auf 160.000 RM an. Wodurch dieser Unterschied erklärt werden kann, geht aus den Dokumenten nicht direkt hervor, doch man muss bedenken, dass die „Landeshypo“ in ein neues Gebäude, das sie heute noch als ihren Hauptsitz benutzt, umsiedelte. Aufgrund rechtlicher Änderungen bekam sie nach dem „Anschluss“ eine Verwaltungskommission und in den Folgejahren einen Treuhänder mit seinem Stellvertreter. Auch dies erhöhte die Kosten. Daneben gab es sonstige Zahlungen, die wir Teilweise als eine Art „Entschädigungen“ betrachten können, weil sie an die entlassenen Angestellten ausgezahlt wurden.

Die Zinserträge haben sich in der Zeit 1938 bis 1943 zwar mehr als verdoppelt, von 500.000 auf über 1 Million RM (1943), doch das entspricht nicht dem prozentuellen Wachstum von Anlagen. Der Grund dafür liegt in den neu vorgegebenen Höchstzinssätzen, die alle wesentlich, in manchen Fällen sogar um die Hälfte, niedriger waren. Auch die Umprogrammierung von bestehenden Krediten brachte niedrigere Zinserträge ein. Die Moratorien auf die Rückzahlung von Darlehen, die Gegenstand der „Bauernentschuldung“ waren, betrafen auch Zinszahlungen und nicht nur die Tilgung der Nominale, wie das üblich ist. Auch dadurch kam es zu Zinsausfällen, die zwar später staatlich erstattet wurden, aber dennoch vor allem im Jahr 1939 einen Zahlungsausfall bedeuteten.

Am stärksten nahmen die Habenzinsen zu. Sie stiegen von 360.000 RM auf über eine Million RM. Diese Zinsen wurden ausnahmslos den Inhabern von Pfandbriefen und Kommunalschuldverschreibungen gezahlt. Für die Bilanzjahre 1942/43 liegen detaillierte Daten vor, wonach im Jahr 1942 die Pfandbriefzinsen 410.000 RM und die Zinsen auf Kommunalschuldverschreibungen 560.000 RM betrugen. Für das Bilanzjahr 1943 sind es 454.000 RM und 564.000 RM. Die Zinsen von eigenen Anleihen im Umlauf werden gesondert ausgewiesen. Trotz der staatlich verordneten Zinssenkung blieben die Habenzinsen nach dem „Anschluss“ noch niedrig, was auch zu einem höheren Gewinn beitrug. In den Jahren 1942– 1945 erhöhten sich die Zinslasten und der Gewinn minderte sich dementsprechend. Die restlichen Posten in der Gewinn- und Verlustrechnung können aufgrund ihrer Geringfügigkeit vernachlässigt werden, mit der Ausnahme von Provisionen. Diese stellten einen seltenen nicht Zinsertrag dar und sind auch im heutigen Bankbetrieb eine wichtige Einnahmequelle. Die Darlehensprovisionen betrugen mit der Ausnahme des Jahres 1941 jährlich rund 25.000 RM. Dazu wurden noch die Schalterprovisionen beim Verkauf von Pfandbriefen verrechnet. Insgesamt kann gesehen werden, dass die Provisionen jeglicher Art keinen großen Schwankungen während der gesamten NS-Zeit unterworfen waren. Es stimmt zwar, dass die Provisionen gesetzlich nach oben begrenzt waren, doch auch der Umfang vom Vertrieb von Pfandbriefen stieg und auch bei diversen Umschuldungen wurden stets Provisionen

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eingehoben. Daher scheint die gesetzliche Begrenzung das Steigen von diversen Provisionen so stark eingeschränkt zu haben, dass diese trotz allem wesentlich unverändert blieben.

Die Bilanzen der Steiermärkischen Landes-Hypothekenanstalt zeigen somit, dass das Institut im Jahr des „Anschlusses“ 1938, neben der personellen Umbesetzung durch verschiedene gesetzliche Vorschriften dazu gebracht wurde, in den Folgejahren das Geschäft zunehmend den Anforderungen des Krieges und der NS-Expansionspolitik in der Untersteiermark anzupassen. Das eigentliche Geschäft kam sukzessiv zum Erliegen. Das Spargeschäft kam nur den damit verbundenen Anlagen in Staatsanleihen zugute.

Die zentrale Lenkung der Kaufkraft und die starke Zentralisierung der Kreditinstitute, ihre Rationalisierung und teilweise auch Schließungen, fügten das Kreditgeschäft gänzlich in die Räder einer nationalsozialistischen Planpolitik. Wer außerhalb dieser agierte oder zu wirken versuchte, wurde entweder entlassen oder bekam es mit dem Repressivsystem des Staates zu tun. Doch wie es in solchen Fällen oft vorkommt, machte sich ein fast illegaler Konkurrenzkampf zwischen den Kreditinstituten bemerkbar, die nun versuchten, sich gegenseitig zu unterbieten. Auf diesen Wettbewerb wird im folgenden Kapitel eingegangen.

Die Kärntnerische Landes-Hypothekenanstalt Die Kärntnerische „Landeshypo“ war eine der wenigen Hypothekenanstalten, bei der das „Köpferollen“ im Jahr 1938 ausblieb. Grund dafür war, dass die Nationalsozialisten in Kärnten und in der Landes-Hypothekenanstalt schon vor dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich an der Macht waren. Ähnliche Verhältnisse herrschten zwar auch in Graz, doch die Steirische-Landeshypothekenanstalt war von Österreich-treuen Mitarbeitern durchdrungen, die zwar mehrheitlich in der Zeit des Ständestaates eingestellt wurden, die aber keine Mitglieder der verbotenen NSDAP waren (mit einigen Ausnahmen) und die gerade deswegen nach dem Einsetzen der kommissarischen Verwaltungskommission entweder in den Ruhestand versetz, oder entlassen wurden.

Im Gegensatz zur Steiermärkischen Landes-Hypothekenanstalt war die Kärntnerische „Landeshypo“ im Jahr 1938 ein altes, seit mehreren Jahrzehnten bestehendes Kreditinstitut (gegründet 1896) mit Tradition und fester Kundschaft, sowohl unter Privatpersonen und Unternehmen, als auch bei den Gemeinden und dem Land/Reichsgau selbst. Bis zum „Anschluss“ beschaffte sich das Institut die Mittel für die Finanzierungen fast ausschließlich durch Ausgabe von Pfandbriefen und Kommunalschuldverschreibungen. Wie bei anderen Hypothekenanstalten wurde diese Aufgabe nach dem „Anschluss“ auf die Pfandbriefstelle Ostmärkischer Landes-Hypothekenanstalten übertragen. Dennoch durfte keine Emission ohne Bewilligung der Aufsichtsbehörde des Kreditinstitutes erfolgen. Die Kärntner „Landeshypo“ hatte bereits im Jahr 1938 die Stellung einer Devisenbank. Wie alle Landes- Hypothekenanstalten, wurde auch die Kärntnerische Landes-Hypothekenastalt nach dem „Anschluss“ in eine Körperschaft öffentlichen Rechts umgewandelt und musste einen Reservefonds führen, wo 10 % des Wertes von ausgegebenen Pfandbriefen und Kommunalschuldverschreibungen als Rücklage gebucht waren.

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Die erste Bilanz, die nach dem „Anschluss“ gelegt wurde, war die Bilanz für das Jahr 1938 und die darauffolgende RM-Eröffnungsbilanz vom 1 Jänner 1939, die hier zur Gänze wiedergegeben wird.

Aktiva: RM % Passiva: RM % Kassa 167.236 0,31% Gläubiger 11.079.781 20,71% Reichsbankgiro und Postcheckgiro 2.511.057 4,69% Spareinlagen 1.808.140 3,38% Effekten 7.169.559 13,40% Pfandbriefe im Umlauf 22.810.810 42,64% Kurzfristige forderungen gegen Finanzinstitute 7.799.008 14,58% Kommunalobligationen im Umlauf 7.608.980 14,22% Schulden 199.121 0,37% Verloste Schulverschreibungen 12.455 0,02% Hypothekardarlehen 20.664.017 38,63% Durchlaufende Kredite 5.627.774 10,52% Kommunaldarlehen 7.598.357 14,20% Rücklagen 3.555.012 6,65% Rückständige Zinsen 1.233.633 2,31% Wertberichtigungen 0 0,00% Durchlaufende Kredite 5.627.774 10,52% Rückstellungen 334.419 0,63% Immobilien 500.800 0,94% Vorauszinsen 461.434 0,86% Inventar 1 0,00% Rechnungsabgrenzungesposten 198.586 0,37% Rechnungsabgrenzungsposten 26.828 0,05% Reingewinn 0 0,00% Zusammen: 53.497.391 100,00% 53.497.391 100,00%

Abbildung 17: Die RM-Eröffnungsbilanz vom 1. Jänner 1939 (für das Geschäftsjahr 1938) von der Kärntnerischen Landes-Hypothekenanstalt in Klagenfurt.. (Quelle: Compass)

Die Kärntnerische Landes-Hypothekenanstalt fertigte bereits die Schlussbilanz für das Jahr 1938, noch nach alten österreichischen Buchführungsrichtlinien, in Reichsmarken aus, während alle anderen Hypothekaranstalten dies in Schilling taten. Auch die Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 1938 wurde in RM gelegt.

Im „Anschlussjahr“ sehen wir in der Bilanz der Kärntnerischen Landes-Hypothekenanstalt keine wesentlichen Abweichungen gegenüber dem Vorjahr (1937). Hypothekardarlehen von 20 Millionen RM und Kommunaldarlehen von 7,5 Millionen RM (zusammen 53 % der Bilanzaktiva) stehen hauptsächlich Pfandbriefe von 23 Millionen RM und Kommunalobligationen von 7,6 Millionen RM gegenüber (zusammen 57 % der Bilanzpassiva). Nicht unwesentlich sind auch die Bilanzposten „Effekten“ und „Kurzfällige Forderungen gegen Kreditinstitute“, die zusammen fast 28 % der Aktiva im Jahr 1938 ausmachten. Dies ist auch deshalb von Bedeutung, da in keiner einzigen Bilanz für die Kärntner „Landeshypo“ Wechsel oder Staatsanleihen erwähnt werden. Dabei stieg der Bilanzposten der kurzfälligen Forderungen gegen Kreditinstitute in den Folgejahren kometenhaft an und war bereits im Jahr 1943 das größte Bilanzposten der Aktiva. Es könnte sein, dass sich darin die unterschiedlichen Wechsel und Staatsanleihen befanden, vor allem deshalb, weil dieser Bilanzposten nach dem „Hypothekensparerlass“ am meisten zunahm. Doch es ist die Grundannahme dieser Arbeit, dass die Bilanzen nicht gefälscht wurden und sie redlich ausgefertigt wurden. Der Fehler bei der Berechnung der Bilanzsumme, das Fehlen von jeglichen Wechselarten und von Staatsanleihen in der Bilanz könnte ein Signal für Bilanzfälschung sein, doch dies wäre eine zu spekulative Behauptung, weil keine Beweise dafür vorliegen. Deshalb können wir gemäß den uns zur Verfügung stehenden Bilanzdaten behaupten, dass die Kärntnerische Landes- Hypothekenanstalt keine Wechsel und auch keine Staatsanleihen aufnahm.

Auf den Passiva wurden Rücklagen von 3,5 Millionen RM gebildet, die als Haftungsrücklage von mindestens 10 % gebildet werden mussten, wie es die neu eingeführten deutschen Gesetzte vorschrieben. Die Spareinlagen von 3 % der Bilanzsumme sind ein vernachlässigender Betrag

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und zeigen, dass sich das Kreditinstitut größtenteils über Pfandbriefe und Kommunalobligationen finanzierte. Mit 21 % oder 11 Millionen RM finden wir auch Giroeinlagen vor, doch diese konnten nicht in voller Höhe in Darlehen investiert werden. Heute wird in der Regel seitens der Bankenaufsicht (Zentralbank) vorgeschrieben, welchen Teil der kurzfristigen Einlagen ein Kreditinstitut als langfristige Einlagen betrachten kann. Dadurch wird heute zusätzliches Geld für die langfristige Darlehensgewährung „freigegeben“, doch in den 1930er und 1940er Jahren war dies nicht erlaubt und somit finden wir eine Ungleichmäßigkeit bei der Finanzierungsstruktur vor.

Wie bei allen Kreditinstituten nach dem „Anschluss“, wurde auch bei der Kärntnerischen Landes-Hypothekenanstalt gemäß Verordnung vom 1. April 1939 eine Zinssenkung durchführt. Die Zinsen wurden für langfristige Anleihen mit 4,5 % begrenzt. Im Gegensatz zur steirischen „Landeshypo“ hatte das Kärntner Institut noch sehr alte Anleihen im Umlauf, die bei ihrer Zeichnung auf Goldkronen lauteten und ab dem Jahr 1922 ausgegeben wurden. Ihr Zinssatz betrug 5 % p.a. Diese Wertpapiere wurden auf Grund der Verordnung über die Durchführung einer Zinsermäßigung bei Kreditanstalten im Lande Österreich vom 22. März 1939 zum 1. Mai 1939 zur Rückzahlung gekündigt und der Restwert zum Kurs von 100 Goldkronen für 96 Reichsmark eingelöst. Die auf Goldkronen lautenden Pfandbriefe wurden an der Wiener Börse nicht notiert. Bei den restlichen Wertpapieren, die in RM geführt wurden und bei einer gleichzeitigen Zinssenkung umgetauscht wurden, erfolgte zum 5. Juni 1939 eine Löschung an der Wiener Börse. Die zur Verfügung stehenden Archivmaterialien zeigen auf keine Wiederstände gegen diese Maßnahmen, weder in der Leitung des Kreditinstitutes, noch seitens des Reichsgaues Kärnten.624

Die Zinskosten blieben im Jahr 1939 auf gleicher Höhe wie im Jahr 1937 und betrugen rund 1,6 Millionen RM (2,5 Millionen Schilling im Jahr 1937). Dies geht vor allem auf den höheren Einlagenstand zurück, der trotz einer zeitgleichen Einlagen-Zinssenkung zunahm. In der Bilanz von 1937 wurden die Einlagen mit 7,8 Millionen Schilling und im Jahr 1936 mit 7,9 Millionen Schilling verbucht. Einen ähnlichen Einlagenstand zeigen auch frühere Bilanzen bis 1930 zurück. Im Jahr 1938 steigen die Einlagen auf 13 Millionen RM, wovon der Großteil auf die Giroeinlagen (rund 11 Millionen RM) entfiel. Die Schilling-Bilanzen wiesen die Giro- und Spareinlagen nicht gesondert aus. Dennoch können wir hier vor einer Verdoppelung gegenüber dem Vorjahr sprechen. Dabei war die Kärntnerische Landes-Hypothekenanstalt kein Kreditinstitut, das vorrangig auf die Spareinlagen abzielen sollte, denn die Refinanzierung erfolgte durch die Ausgabe von Pfandbriefen und Kommunalobligationen. Dass trotzdem die Spareinlagen jeglicher Art so anstiegen, kann nur mit der Sparwerbung erklärt werden. Der Anstieg von Spareinlagen und Giroeinlagen, also der kurz- und langfristigen Einlagen dauerte, wie die untere Abbildung zeigt, auch in den Folgejahren an.

624 Compass 1939. Finanzielles Jahrbuch, Österreich, S. 238. 157

Gläubiger Spareinlagen

Abbildung 18: Die Entwicklung der Höhe von Spar- und Giroeinlagen in den Jahren 1938 (RM- Eröffnungsbilanz) bis 1943. Alle Beträge sind in RM angegeben. (Quelle: Compass und eigene Berechnungen).

Doch wie wir sehen können, stiegen die Einlagen nicht linear, sondern nahmen ab dem Jahr 1941 deutlich zu. Während die (langfristigen) Spareinlagen kontinuierlich zunahmen, fielen die (kurzfristigen) Giroeinlagen im Jahr 1939 und 1942 jeweils gegenüber dem Vorjahr. Im Jahr 1943 stellten die Spar- und Giroeinlagen 43,80 % der Bilanzpassiva dar und waren der größte Bilanzposten, gefolgt von (ausgegebenen) Pfandbriefen und Kommunalschuldverschreibungen. Die Spargelder waren nominell wie prozentuell genauso hoch, wie alle im Umlauf befindlichen Anleihen zusammen. Der Rest ist vernachlässigbar (durchlaufende Kredite, Rücklagen). Im Jahr 1941 erreichte die „ostmärkische“ Wirtschaft, darunter auch Kärnten, die Vollbeschäftigung. Dazu kam im April 1941 der Überfall auf das Königreich Jugoslawien, als Folge dessen Oberkrain an Kärnten angegliedert wurde. Die ehemaligen slowenischen und jugoslawischen Banken in Oberkrain wurden stillgelegt und die Spareinlagen wurden bei Deutschen Kreditinstituten angelegt. Dies kann als der einzige in Frage kommende Grund sein, warum die kurzfristigen Einlagen ab dem Jahr 1941 anstiegen. Auf dem Oberkrainer Gebiet, wurden die neuen (deutschen) Bestimmungen über die Zinssätze ab dem 1. Juli 1941 für verbindlich erklärt.

Gegenüber dem Jahr 1937 (sowie 1936) nahmen die Pfandbriefe und Kommunalschuldverschreibungen fast gar nicht ab und bleiben bei rund 30 Millionen RM. In der Bilanz von 1937 scheinen noch Wohnbauanleihe-Obligationen im Wert von 9,6 Millionen Schilling auf, die jedoch in den RM-Bilanzen nicht mehr (unter diesem Namen) weitergeführt wurden.

Die Bilanzsumme nahm kontinuierlich zu, angefangen mit 52 Millionen RM im Jahr 1938, bis auf 90 Millionen RM im Jahr 1943 (Daten für die Jahre 1944 und 1945 fehlen). Verglichen mit der Bilanzsummenentwicklung bei den Sparkassen kann dennoch von einem gemäßigten Anstieg gesprochen werden. Während sich in dieser Zeit die Bilanzsumme der Stiermärkischen Landes-Hypothekenanstalt verdreifachte, verdoppelte sich die Bilanzsumme des Kärntner

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Institutes nicht einmal. Die Beträge waren aber bei Kärntner „Landeshypo“ immer höher, da es sich ja auch um ein älteres Institut handelte.

Die Entwicklung der Provisionen zeigt einen Rückgang über die Zeit 1938−1943, wobei es nach 1939 zu einem regelrechen Einsturz der Bearbeitungsgebühren (=Provisionen) kam. Die Provisionen im Jahr 1938 machten 430.000 RM aus, im Jahr 1939 stiegen diese auf über 470.000 RM an, machten im Jahr 1940 über 580.000 RM aus und fielen im Jahr 1941 auf 14.500 RM herab. Es gab zu jener Zeit keine gesetzliche Vorschrift und keine Verordnung, die eine Provisionssenkung verlangen würde. Es war normal, dass in ungewissen Zeiten nach dem „Anschluss“ die Banken ihre Dienstleistungen verteuerten, weshalb auch die Provisionen im Zeitraum 1938−1941 stiegen und auch der Geschäftsumfang sich teilweise vergrößerte. Das jedoch die Provisionen so massiv sanken, kann nur darauf zurückgeführt werden, dass es sich eben um ein Kreditinstitut handelte, hinter dem das Gau Kärnten stand und es somit seine „eigene“ Bank darstellte. Ein weiterer Grund wäre eine Bilanzfälschung, was wir nicht annehmen können. Da die gesamten Erträge nur langsam anstiegen und dies auch zwischen den Jahren 1941 und 1942 war, könnten die Provisionen aus irgendeinen Grund auf den GuV-Posten „Zinsen und Regiebeiträge“ vom Posten „Provisionen“ umgebucht worden sein, was allerdings wieder eine Spekulation wäre, denn es gab keine Änderungen der Bilanzierungsvorschriften. Auch der Grund für so eine Umbuchung ist nicht ersichtlich, außer man wollte „besser dastehen“ und hat durch diese Rochade mehr Zinserträge ausweisen können. An Gewinn änderte dies jedoch nichts. Seine Höhe blieb davon unberührt.

Die Kapitulation Italiens im September 1943 hatte auf die Kärntnerische Landes- Hypothekenanstalt keine Auswirkungen. Die Laibacher Provinz/Provinzia di Lubiana/Ljubljanska pokrajina und das gesamte Küstenland blieben Teile des italienischen Geldsystems. Die Italiener stellten 1941 alle Geldinstitute der Laibacher Provinz einer Niederlassung der Italienischen Zentralbank (Banca d'Italia) unter und die deutschen Besatzer überführten die Aufsicht an die Gauverwaltung in Klagenfurt. In Klagenfurt schmiedete man in politischen und wirtschaftlichen Kreisen große Pläne und meinte, dass Kärnten vor neuen Aufgaben stünde, was Gebiete südlich von Ljubljana/Laibach betraf, doch die Realität sah deutlich anders aus. Nach der Kapitulation Italiens kam es zu Versorgungsengpässen, sodass es an Lebensmitteln fehlte und jeder Anpassungsversuch der Verhältnisse an die des Reiches scheiterte. So war man bemüht, die Reallöhne an die des Reiches anzupassen, doch sie blieben immer mehr hinter den Preisen zurück, was die Unzufriedenheit nur noch verschärfte. Das System der Notversorgung umfasste immer weniger Artikel, weshalb der Schwarzmarkt boomte. Auf diesem Markt stiegen jedoch die Preise und saugten einen Großteil der Kaufkraft ein. Neuverschuldungen von Haushalten waren unter solchen Umständen undenkbar. Die Operationszone „Adriatisches Küstenland“ wurde weiterhin von slowenischen und italienischen Banken bedient und die Kärntner Kreditinstitute eröffneten auf diesem Gebiet keine Niederlassung und vergaben dorthin auch keine Kredite. Auch die Bauernentschuldung wurde weiterhin von den slowenischen Banken mit Sitz in Ljubljana/Laibach geführt. Diese

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Kreditmappen wurden nie an ein anderes Kreditinstitut übergeben und wurden unverändert seitens der Ljubljanaer/Laibacher Niederlassung der Agrarbank weiterverwaltet.625

Neben den italienischen und slowenischen Kreditinstituten kam nach September 1943 in die Ljubljanaer/Laibacher Provinz die Reichskreditkasse, die überwiegend den Besatzern diente. Über dieses Institut verlief nämlich das gesamte Clearing zwischen der Ljubljanaer/Laibacher Provinz und Oberkrain. Dieses Institut war auch berechtigt, die Reichskreditkassenscheine umzutauschen. Das waren Scheine der deutschen Kreditkasse, die von der Wehrmacht benutzt wurden und in der Ljubljanaer/Laibacher Provinz im Umlauf waren. Mit dem 15. Juni 1941 wurden auch diese endgültig abgelöst und die RM war fortan das alleinige Zahlungsmittel.626

Die Kärntnerische Landes-Hypothekenanstalt konnte somit außerhalb des Gaues Kärnten nicht Fuß fassen. Ihre Tätigkeit blieb auf jenes Gebiet eingeschränkt, dass das Institut schon früher bewirtschaftete. In Oberkrain und in der Operationszone „Adriatisches Küstenland“, war sie niemals tätig. Der Überfall auf Jugoslawien hatte auf die Kärntner „Landeshypo“, mit der Ausnahme der Bauernentschuldung, wo sie als Zentralstelle für die Eintreibung der Tilgungsraten betraut wurde, keine weiteren Auswirkungen. Doch auch hier zeigten sich Verzögerungen aus ähnlichen Gründen wie bei Steiermärkischen Landes-Hypothekenanstalt.

Insgesamt fehlen für die Kärntner „Landeshypo“ sämtliche Daten für die Jahre 1944 und 1945. Wir wissen nur, dass die gesamte Leitung des Kreditinstitutes von der Britischen Militärverwaltung im Mai 1945 abgesetzt wurde. Die Archive für die Tätigkeit des Institutes konnten keine gefunden werden und es gibt auch keine Monographien oder sonstige Beschreibungen der Tätigkeit der Kärntner „Landeshypo“ in der damaligen Zeit. Auch aus den Besprechungsprotokollen des Chefs der Zivilverwaltung (Rainer) gehen keine Details über das Institut aus, sodass diese Bank, von allen hier recherchierten, die am wenigsten durchleuchtete bleibt. Wesentlich besser erforscht sind die Kärntner Sparkassen, allen voran die Kärntnerische Sparkasse in Klagenfurt, für die auch mehr Datenquellen zur Verfügung stehen.

Exkurs: Die Landes-Hypothekenanstalten im Wettbewerb und Scheinwettbewerb Unter den Kreditinstituten der „Südmark“ herrschte in den Jahren nach 1938 eine Konkurrenz, die mit einer Rationalisierung des Kreditwesens nicht wettgemacht werden konnte. Die Idee der Berliner Politik war es, dass auf einem geographischen Gebiet und in einer Kundensparte nur ein Kreditinstitut tätig sein sollte. Wenn gleich zwei oder sogar mehrere Kreditinstitute denselben Kunden bedienen, dann könnte ein Wettbewerb unter ihnen entstehen, in dem sich die Kreditinstitute durch Unterbieten bei Finanzierungskonditionen die Einkünfte gegenseitig wegnehmen. Es muss dabei bedacht werden, dass in einer nationalsozialistischen Welt nicht der Gewinn oder das Gemeinwohl im Vordergrund standen, sondern lediglich der Betriebszweckt erfüllt werden musste. Die Hypothekenanstalten gab es demnach hauptsächlich für den Pfandkredit, die Sparkassen für die Veranlagung der Spargelder und die Großbanken für die Finanzierung der Industrie. Die Praxis sah teilweise auch schon vor dem „Anschluss“ anders aus und viele Kreditnehmer, vor allem die Gemeinden, ließen sich

625 Lazarević, Zgodovina slovenskega bančništva, S. 168f. 626 Ebd., S. 172f. 160

Finanzierungsangebote von allen zur Verfügung stehenden Kreditinstituten geben. Nicht selten auch außerhalb des Landes. Größere Stadtgemeinden, wie die Stadtgemeinde Graz, konnten sowohl von den Sparkassen als auch von Hypothekenanstalten finanziert werden. Es konnten sich auch mehrere Kreditinstitute bei einem Finanzierungsvorhaben anteilsmäßig beteiligen. Außerdem war die Stadt Graz groß genug, um von den Wiener Großbanken bedient zu werden.

Um eine Konkurrenz dennoch zu unterbinden, verfolgte die Berliner Wirtschafts- und Bankenpolitik einen Weg, der ideologisch geprägt war und in der Folge nur Nachteile für die Kreditinstitute brachte. Der Präsident der Wirtschaftsgruppe öffentlich-rechtlicher Kreditanstalten, Küchenthal, meinte in einem Vortrag, dass die Kreditinstitute im Großdeutschen Reich nur eine Aufgabe haben:

„So haben … die Institute einen volkswirtschaftlich Vernünftigen Ausgleich von Leistung und Gegenleistung zwischen Schuldnern und Schuldverschreibungsinhabern zu schaffen, der zur Leistungssteigerung der Gesamtwirtschaft durch verbesserte Kapitalversorgung unter voller Gewährleistung der ihnen anvertrauten Ersparnisse und Kapitalien beiträgt.“627

Damit dies auch in der Zukunft gewährleistet blieb, musste die Kapitallenkung völlig zentralisiert werden. Dazu sei eine staatliche Kreditpolitik die Voraussetzung, damit die Hypothekenanstalten ihre volkswirtschaftliche Funktion erfüllen können.628 Diese liege im Aufbau des Deutschen Reiches. Die Zulassung einer freien Entwicklung der Wirtschaftskräfte sei, laut Küchenthal, mit einem nationalsozialistischen Leistungswettbewerb unvereinbar.629 Es ermöglichte nämlich ein Unterbieten bei Finanzierungskonditionen und die Kreditinstitute sollen keine Vorteile daraus ziehen, dass die staatlich vorgegebenen Zinssätze Höchstsätze waren, die von einzelnen Anstalten beliebig gesenkt werden konnten.630

Die Zentralisierung der Kapitallenkung sollte mit der bereits erwähnten Pfandbriefsperre eingeleitet werden. Die staatlichen Instanzen rechtfertigten dies mit einer angeblich notwendigen Entlastung des Kapitalmarktes. Dieser sei durch die Unterbringung von Staatsanleihen übermäßig beansprucht gewesen. Im Jahre 1942 kam es schließlich zum „Hypotheken-Sperrerlass“ (Pfandbriefsperre). In Wirklichkeit sollte dadurch nicht der Kapitalmarkt entlastet werden, weil dieser auch bis dahin nicht besonders beansprucht wurde, sondern vielmehr die freien Geldmittel als Anlage in die Kreditinstitute eingebracht werden, damit diese in Staatsanleihen veranlagt werden konnten. Dadurch ergaben sich jedoch für die Kreditinstitute zwei Schwierigkeiten, die vor allem auf die Wettbewerbsfähigkeit der Landes- Hypothekenanstalten, Einfluss nahmen.

627 Wirtschaftsgruppe Öffentlich-rechtliche Kreditanstalten, Verhandlungsbericht über die Mitgliederversammlung der Wirtschaftsgruppe Öffentlich-rechtlicher Kreditanstalten am 31. Mai bis 2. Juni 1939. S. 66. Vortrag des Herrn Präsidenten Dr. Küchenthal, Braunschweig, über das Thema: »Wettbewerb und Leistungssteigerung im langfristigen Kreditverkehr«, in: BArch, R2/13905. 628 Ebd., S. 66ff 629 Ebd., S. 65. 630 Ebd., S. 69ff. 161

Zunächst bedeutete dies Geldmangel für langfristige Finanzierungen und andererseits wurden dadurch die Couponzahlungen bestehender Anleihen und damit auch deren Preisstabilität gefährdet.

Weil keine neuen Pfandkredite mehr gewährt werden durften, war das einzige Geld, dass für langfristige Kredite zur Verfügung stand, jenes, das aus den Kreditrückflüssen (Tilgungen) hervorgebracht werden konnte. Soweit nicht damit die Anleihecoupons auf der Passiva bedient werden mussten, wurden auch diese Mittel in die Staatsanleihen veranlagt. Für größere Finanzierungvorhaben reichten diese Mittel nicht, obgleich die Kreditnachfrage ohnehin niedrig war. Kleinere Kredite wurden vergeben, die Kreditinstitute verdienten jedoch dementsprechend wenig. Dabei gab es außerhalb von diversen Staatsanleihen durchaus ein Finanzierungspotential.

Zunächst stieg in dieser Zeit die Zahl der Sozialversicherungsträger. Die Zahl öffentlicher und privater Versicherungen hat sich mehr als vervierfacht, während die Pfandbriefanstalten an der Finanzierung fast gar nicht teilgenommen haben.631 Es gab auch einen immer größeren Bedarf der Gemeindefinanzierungen, weil „Siedlungswohnungen“ gebaut werden mussten und die Gemeinden an der öffentlichen Infrastruktur durch die Luftangriffe immer größere Schäden erlitten. Die „Pfandbriefsperre“ erstreckte sich jedoch auch auf die Emissionen neuer Kommunalschuldverschreibungen und in der Folge auf die Kommunaldarlehen. All dies leitete eine gefährliche Entwicklung ein, nicht nur beim Aktivgeschäft, sondern auch beim Passivgeschäft, weil durch deren Ausbleiben die aufgebauten Absatzkanäle langsam versandeten.

Als eine weitere, jedoch weniger attraktive Anlagemöglichkeit, standen Industrieobligationen zur Auswahl, die vor allem durch ihren attraktiven Nominalzins von 5 %, bei einem Zeichnungskurs von 100 % auf 5 % gegenüber der 4,6 prozentigen durchschnittlichen Pfandbriefrendite wesentlich attraktiver erschien.632 Doch gegen sie sprachen vor allem die schlechtere Bonifikation (Rating), die höheren Schwankungen ihrer Kurse, die geringere Sicherung und die geringere Streuung des Risikos. Daher stand vor allem die Frage im Raum, ob die Industrieobligation in Zukunft eine bessere Bonifikation erhalten können (und werden), weil dann die Wettbewerbslage zu Ungunsten der (bestehenden) Pfandbriefe verschoben werden könnte. Auch die Bonifikation, einschließlich der Schalterprovision, betrug 1 %, während sie bei Pfandbriefinstituten auf 0,5 % begrenzt wurde.633 Deshalb haben sogar Kreditbanken viele Kunden versucht zu überreden, die Pfandbriefe gegen Industrieobligationen zu tauschen.

Durch Entzug und Verbot des, den Landes-Hypothekenanstalten eigenen, Geschäftsinhaltes wurden diese Institute bei ihrer Anlagepolitik gezwungen, sich selber zurecht zu finden, obwohl sie eigentlich als „Gaueigene“ Kreditinstitute galten. Auf der Aktivseite blieben ihnen letztlich jene Möglichkeiten, wie den Großbanken, wobei daran nicht zu denken war, dass sie größere

631 Ebd., S. 84ff. 632 Ebd., S. 71. 633 Ebd., S. 72. 162

Engagements bei der Industriefinanzierung eingehen, während sie im Passivgeschäft gezwungen waren „Geld zu sammeln“, nachdem das Pfandbriefgeschäft zum Erliegen kam. Somit befanden sie sich im Wettbewerb mit den Sparkassen. Kein anderes Kreditinstitut wurde im Laufe der Zeit so sehr zu einer einfachen „Geldsammelstelle“, die den Staat und seine Rüstung finanzierte umgeformt wie die Landes-Hypothekenanstalten. Ab dem Jahr 1943 bestand der Hauptteil ihrer Einkünfte auf der Differenz zwischen den Aktiv- und Passivzinsen, zwischen Zinsen von Staatswertpapiere und Zinsen für kurzfristige Geldeinlagen. Dazu kamen die geringen Provisionen für die Führung bestehender Darlehen und Bedienung bestehender Anleihen und das kleine Ausmaß des Neugeschäfts, wobei sich auf diesem Gebiet die Institute am häufigsten unterboten.

Das Ergebnis dieser Politik war ein rasanter Anstieg der Spareinlagen und eine Bilanzverlängerung. In den diversen Archiven fehlen jegliche Notizen, die sich die Leitung der „Landeshypos“ vielleicht machte, doch es liegt auf der Hand, dass sich nach längerer Zeit eines solchen Bankbetriebes die Leitung die Frage stellen musste, ob es noch sinnvoll und zielführend ist, eine solche Entwicklung weiter zu tragen oder, treffender gesagt, zu dulden.

War es im Passivgeschäft bei der Mittelherkunft irgendwie noch zu rechtfertigen, dass zusätzliche Spargelder aufgenommen wurden? Die Leitung wusste von vornherein, dass dadurch nur die Anlage in Staatsanleihen erhöht werde, dem wirtschaftlichen Zweck einer Pfandbriefanstalt (Landes-Hypothekenanstalt) dies aber nicht diente. Zudem wurde die staatliche Propagandamaschinerie nicht müde, die Sparwerbung auch nach diesem Zeitpunkt weiterzutreiben. Dies zeigte sich vor allem bei Sparkassen, jedoch auch bei den Pfandbriefanstalten.

Da die „Pfandbriefsperre“ in der Untersteiermark und in Oberkrain nicht galt, hätten diese Kreditinstitute dorthin ihre Kredittätigkeit ausweiten können um wenigstens geringste Mehrerlöse der Bank zuzuführen. Doch dies war die Zeit, als Italien bereits kapitulierte, die Alliierten in Frankreich landeten und an der Ostfront das Kriegsgeschehen nach den Kämpfen um Stalingrad eine Kehrtwendung zum Nachteil Deutschlands annahm. Daher liegt die Annahme nahe, dass aus diesen Gründen keine Engagements in Oberkrain und in der Untersteiermark mehr gemacht wurden. Dazu kamen noch die Engpässe bei der Belegschaft (Gefolgschaft), die zu diesem Zeitpunkt mit Ausnahme der Leitung ausschließlich aus Frauen bestand.

In der Folge fand ein reger Briefwechsel zwischen der Institutsleitung, der „Gauleitung“, der Statthalterei und den diversen Stellen der Reichsregierung statt.634 Darin wurde bekundet, dass die Landes-Hypothekenanstalten am Rande ihrer Möglichkeiten im Geschäftsbetrieb und beim Personalbestand sind.635 Die Leitungen der Kreditinstitute prangerten in diesem Zusammenhang vor allem den „Hypotheken-Sperrerlass“ an und vermerkten, dass ja der Pfandbrief das wichtigste Instrument beim Bankbetrieb der Landes-Hypothekenanstalten sei,

634 StLA, LReg - 3/43, o.S. Brief der Landes-Hypothekenanstalt für Steiermark (Unterschrift unleserlich) an den Gaukämmerer Heinrich Pagl vom 28. Mai 1943, 1943. 635 Ebd., o.S. 163

ohne welchen eine Hypothekenbank ihren Zweck des Bestehens verliert. Das horten von Spareinlagen und das Veranlagen dieser in Staatswertpapiere sei kein Bankbetrieb, abgesehen von der Erledigung der übernommenen jugoslawischen Bauernentschuldung.

Doch es half alles nichts. Die Berliner Wirtschafts- und Zentralbankpolitik lief gegen den Pfandkredit sturm. Offenkundig machten sich die Regierungsstellen keine Gedanken oder Sorgen über bestehende Anleihen und deren Kursstabilität. Bei einer Sitzung des Zentralausschusses der Reichsbank verkündeten Reichsbankpräsident Funk und der Reichswirtschaftsminister, dass der private Kapitalmarkt künftig nicht mehr für öffentliche Anleihen beansprucht werden sollte. Dies sollte mit der zentralen Kapitallenkung geschehen. Jedes Pfandbriefinstitut wusste, dass durch das Mehraufkommen des Pfandbriefes sein Preis sinken würde und die Pfandbriefinstitute darauf achten mussten, dass die Kurse, soweit wie möglich, stabil gehalten werden.

Die Pfandbriefinstitute und unter ihnen die Landes-Hypothekenanstalten, konkurrierten bei der Sammlung von Geldeinlagen auch gegen Sparkassen. Dies wird anhand der Bilanzzahlen ab dem Jahr 1943 deutlich, wobei deren Anstieg bereits am Beginn der dreißiger Jahre stattfand. Es intensivierte sich beim „Anschluss“ 1938 und ab 1943 auch in der „Ostmark“. Darin bestand jedoch nicht nur eine Gefahr, sondern auch eine Chance für die Unterbringung des Pfandbriefes, Rund 60 % der Sparbücher entfielen auf Anlagen von unter 100 RM, der durchschnittliche Sparbetrag betrug jedoch 3.000 RM und man rechnete damit, dass dieser sehr wohl für eine (zumindest teilweise) Pfandbriefanlage in Frage käme. Doch dies wäre nur mit einer intensiven Werbung für die Pfandbriefe möglich. Die staatlich vorgegebene Propaganda lief jedoch in die entgegengesetzte Richtung und warb für Spareinlagen. Auch die Sparkassen waren daran gehindert, die Pfandbriefe als Liquiditätsanlage aufzunehmen, denn das „rollende Verfahren“ (Kapitallenkungserlass) schrieb vor, Spareinlagen in staatliche Wertpapiere zu investieren und schränkte somit den Spielraum für den Pfandbrief ein. Dabei hätten aufgrund von Rentabilitätssorgen vor allem die Sparkassen ein Interesse an Pfandbriefen zeigen können, denn sie hielten einen steigenden Anteil höher verzinslichen Kündigungsgelder. Auch für die Sparkassenkundschaft wäre ein Pfandbrief, mit einer 4,5 prozentiger Verzinsung gegenüber 4 % bei Spareinlagen auf Jahresfrist lukrativer, vor allem, wenn eine sorgfältige „Kurspflege“ und Kurstabilität gewährleistet gewesen wäre. Wie spätere Jahre zeigten, konnten die Hypothekenanstalten, mit einigen Ausnahmen, auf diesem Gebiet keine Zusammenarbeit mit Sparkassen vorweisen, auch nicht in der Steiermark und in Kärnten.636

Im Aktivgeschäft mussten sich die Hypothekardarlehen bei Landes-Hypothekenanstalten gegenüber den Hypothekardarlehen der Sparkassen behaupten. Diese waren aufgrund einer Senkung der Aktivzinsen gezwungen, sich nach neuen Kundenkreisen umzusehen und fanden diese im Pfandkredit-Kunden, wodurch sie den Hypothekenanstalten das Geschäft wegnahmen.

Doch damit nicht genug. Auch die Versicherungsgesellschaften durften Hypothekardarlehen gewähren, auch unkündbare Tilgungsdarlehen, jedoch nur mit einer Lauffrist zwischen 5 und

636 BArch, R2/13905, Verhandlungsbericht über die Mitgliederversammlung der Wirtschaftsgruppe Öffentlich- rechtlicher Kreditanstalten am 31. Mai bis 2. Juni 1939, S. 75. 164

10 Jahren.637 Die Hypothekardarlehen wurden jedoch von Versicherungen wenig ausgegeben und auch dann meistens gegen kündbare Hypotheken. Bei den Kreditkosten betrug bei Sparkassen der maximal erlaubte Zinssatz 5 % und war dem Zinssatz der Pfandbriefhypothek gleichgesetzt.638 Dazu genossen die Sparkassen für das sparkasseneigene Geschäft Steuerfreiheit. Auch bei den Versicherungen war der Bodenkredit billiger als bei den Hypothekaranstalten. Die Wertpapiersteuer, die von Hypothekaranstalten zu zahlen war, betrug 0,5 %, die Urkundensteuer bei Versicherungen jedoch nur 0,20 %. Die Sozialversicherungen waren aber ganz steuerfrei.639 Somit können wir zusammenfassend behaupten, dass in Bezug auf die Kosten die Hypothekaranstalten konkurrenznachteile aufwiesen, die aber nur steuerlich begründet waren. Sofern eine Sparkasse weniger als 5 % verlangen konnte, bedeutete dies nur, dass sie unter günstigeren Konditionen als ihre Konkurrenz arbeitete und es schaffte, den Zinsunterschied zwischen Aktiva und Passiva bei anderen Posten als dem Pfandbrief deutlich grösser als andere Institute zu halten. Dabei gilt es zu bedenken, dass nach dem „Anschluss“ in der „Ostmark“ die Kreditinstitute zusammengelegt wurden und Fusionen teilweise erzwungen wurden. Dadurch konnten Synergieeffekte ausgenutzt werden. Fusionen fanden bei Hypothekenanstalten fast gar nicht statt. Die Lähmung des Pfandbriefes durch staatliche Begrenzungen auf der einen Seite, verbunden mit Kostennachteilen auf der anderen, bewirkten den Rückgang von Hypothekardarlehen und ermöglichten sie mehr oder weniger nur dort, wo dies politisch erwünscht war, wie bei der „Bauernentschuldung“. Dadurch wurden die betroffenen Kreditinstitute mit wenig Spielraum für eigene auf Marktprinzipien basierende Entscheidungen in die Position von Erfüllungsgehilfen des Staates versetzt.

Dazu kam die angestrebte Kostenreduktion bei den Hypothekaranstalten, wobei nicht die Anzahl von Hypothekarinstitute zu verkleinern war, sondern die innere Organisation optimiert werden sollte. Diese Kostenreduktion sollte stattfinden, obwohl die Gewinne von Pfandbriefinstituten durchaus vergleichbar waren mit jenen von Sparkassen. Die durchschnittliche Zinsspanne bei allen Pfandbriefinstituten betrug 0,5 % in der Höhe des Verwaltungskostenzuschlages. Bei den Sparkassen betrug die durchschnittliche Differenz zwischen Aktiv- und Passivverzinsung 1,66 % der Bilanzsumme, was vor allem auf die niedrigere Verzinsung und die Steuervorteile zurückgeführt werden kann. Vergleicht man dies mit der Bedarfsspanne von Sparkassen, die sich aus persönlichen und sachlichen Kosten abzüglich der Verwaltungseinnahmen ergibt, so kommt man auf 1,16 % der Bilanzsumme und in der Folge ergibt das eine Gewinnspanne von 0,5 %, also genauso viel wie die Höhe des Verwaltungskostenbeitrages von Pfandbriefinstituten. Selbstverständlich war diese Konkurrenz keine Marktkonkurrenz, denn bei einer staatlich vorgegebenen Zinspolitik wurden die Pfandbriefinstitute in diese Maßnahmen gezwungen.640 Tatsächlich gespart konnte nur wenig werden. Es konnten zwar Optimierungen im Bereich der Kreditentscheidungsprozesse durchgeführt und die Vermittlergebühren konsequent erhoben werden, doch daraus den großen Gewinn zu erwirtschaften, den der Staat ohnehin nicht wollte, war unmöglich. Deshalb kann

637 Ebd., S. 80ff. 638 Ebd., S. 83. 639 Ebd., S. 84f. 640 Ebd., S. 91. 165

behauptet werden, dass diese Konkurrenz in Wirklichkeit eine „Scheinkonkurrenz“ war, vornehmlich ausgelöst durch die verzerrte Sicht des Staates welchen Aufgaben das Kreditwesen dient. Die Aussage des Präsidenten der Wirtschaftsgruppe öffentlich-rechtlicher Kreditanstalten, Dr. Küchental, verdeutlicht dies am besten:

„Das deutsche Kreditwesen hat in der Gesamtwirtschaft nicht minder wichtige Funktionen auszuüben, und … dabei der Pfandkredit sich nicht einmal auf eine reine Kapitalvermittlung beschränkt, sondern einen wichtigen Prozess der Kapitalverarbeitung vornimmt.“641

Diese „Kapitalverarbeitung“ statt „Kapitalvermittlung“ war auch dasjenige, was die Pfandbriefinstitute im Jahr 1945 in den Ruin trieb.

Der Creditanstalt-Bankverein Die bisher beschriebenen Kreditinstitute, die beiden Sparkassen und die beiden Landes- Hypothekenanstalten, waren die wichtigsten regionalen Kreditinstitute der „Südmark“. Ihr (potentieller) Kundenbereich war jedoch auf physische Personen und auf kleine bis mittelgroße Betriebe beschränkt. Die Industrie konnten sie gar nicht bedienen, denn dafür war ihr Kreditpotential zu gering. Den Großteil der Industrieunternehmen, sowohl in Kärnten, wie auch in der Steiermark, finanzierte deshalb der Wiener Creditanstalt-Bankverein. Obwohl kein Kreditinstitut Kärntens oder der Steiermark, war es doch für die Wirtschaft dieser Reichsgaue von erheblicher Bedeutung. Dabei war der CA-Bankverein die einzige „ostmärkische“ Bank, die aufgrund ihrer Größe und Finanzierungsvolumens mit den großen deutschen Banken, wie der Deutschen Bank oder der Commerzbank, vergleichbar ist. Das größte deutsche Kreditinstitut nach der Bilanzsumme war die Deutsche Bank, gefolgt von der Dresdner Bank und der Commerzbank. Es ist erstaunlich, dass dieselben Kreditinstitute auch heute noch mehrheitlich dieselbe Rangordnung einnehmen.

Da sich in den Bilanzen des CA-Bankvereins der Bankbetrieb im gesamten Süd-Ost- Europäischem Raum wiederspiegelt, sind die Bilanzen samt Gewinn- und Verlustrechnungen für die Belange dieser Forschungsarbeit von nachrangiger Bedeutung, weshalb hier nur ein kurzer Überblick gegeben wird. Es sei dabei darauf hingewiesen, dass der CA-Bankverein bereits vor dem „Anschluss“ unter deutschem Einfluss stand, da es geschäftlich und kapitalmäßig mit der (staatlichen) Deutschen Bank eng verbunden war. Ab dem Jahr 1942 war die Deutsche Bank sogar Mehrheitseigentümer, nachdem der CA-Bankverein einen bedeutenden Anteil von Industriebeteiligungen an die „Reichswerke Hermann Göring“ übergab. Bis 1942 war der CA-Bankverein in Bezug auf die Beteiligungen das größte deutsche Kreditinstitut. Diese waren betragsmäßig höher nur bei der Deutschen Bank und der Dresdner Bank. Dies erklärt das große Interesse der größten deutschen Banken, sich bereits vor dem „Anschluss“ einen Aktienanteil zu sichern. Dabei war dieser Industriekomplex auf die ehemalige Donaumonarchie ausgedehnt, obwohl die Verbindungen vielerorts nach 1918 abgebrochen wurden. Diese Gebiete waren reich an Rohstoffen, die es in Deutschland nicht gab. Die größten deutschen Banken konnten in diesen Gebieten (Galizien, Lodomerien, Balkan,

641 Ebd., S. 92. 166

Bukowina) nie Fuß fassen und blieben auf das reichsdeutsche Gebiet bis in die späten 1930er Jahre beschränkt.

Das Jahr 1938 schloss die Bank mit einer Bilanzsumme von 647 Millionen RM ab. Spareinlagen von rund 95 Millionen RM und Giroeinlagen von 345 Millionen RM (davon 339 Millionen RM täglich fällig) standen Kredite von 264 Millionen RM, eigene Wertpapiere von 89 Millionen RM und Wechsel von 78 Millionen RM, gegenüber. Das Nostroguthaben, also die Gelder des CA-Bankvereins, angelegt bei anderen Kreditinstituten, betrugen 75 Millionen RM (davon 1/3 täglich fällig). Die restlichen Aktivposten sind vernachlässigbar.

Daher weist die Bilanz des CA-Bankvereins zum 31. Dezember 1938 die untere Gliederung auf.

Aktiva: RM % Passiva: RM % Barreserve 27.062.042,46 4,18% Gläubiger 344.489.952,63 53,25% Fällige Zins- und Dividendenscheine 81.008,40 0,01% Verpflichtungen aus der Annahme gezog. Wechsel 950.000,00 0,15% Schecks 1.456.119,99 0,23% Spareinlagen 94.449.485,38 14,60% Wechsel 77.853.822,23 12,03% Durchlaufende Kredite (Träuhandgeschäfte) 18.705.854,57 2,89% Schatzwechsel u. unverz. Schatz. d. Reiches u.d. Länder 22.064.375,41 3,41% Grundkapital St. 707.000 zu je Nennwert RM 100 70.700.000,00 10,93% Eigene Wertpapiere 88.622.966,83 13,70% Rücklagen nach KWG §11 40.000.000,00 6,18% Konsortialbeteiligungen 9.872.133,79 1,53% Rücklage zur Einlösung von Tilgungsscheinen d. Bank 3.100.876,00 0,48% Kürzfällige Forderungen gegen Kreditinstitute 75.172.941,48 11,62% Pensionsrückstellung 21.618.654,09 3,34% Vorschüsse auf verfrachtete oder eingelagerte Waren 376.772,74 0,06% Sonstige Rückstellungen 8.419.191,07 1,30% Schuldner 263.938.911,10 40,80% Posten der Rechnungsabgrenzung 91.495,00 0,01% Durchlaufende Kredite (Träuhandgeschäfte) 18.705.854,57 2,89% Passiva d. Hypothekenbank-Geschäftes 8.255.584,70 1,28% Beteiligungen (§13 Abs. 1AII, Nr. 6 d. AktG) 11.980.615,00 1,85% Träuhändig gef. Verpflicht. aus d. Wohnbauförd. 30.939.874,33 4,78% Grundstücke und Gebäude 4.830.540,50 0,75% Reingewinn 5.227.632,16 0,81% Geschäfts- und Betriebsausstattung 1,00 0,00% Eigene Aktien 16.358,59 0,00% Posten der Rechnungsabgrenzung 469.384,17 0,07% Verschiedene Aktiva 369.464,76 0,06% Aktiva des Hypothekenbank-Geschäftes 13.135.412,58 2,03% Träuhändig geführte Darl. Aus der Wohnbauförd. 30.939.874,33 4,78% Zusammen: 646.948.599,93 100,00% 646.948.599,93 100,00%

Abbildung 19: Die Abschlussbilanz des Creditanstalt-Bankvereins vom 31. Dezember 1938. Die Gliederung dieser Bilanz wurde nach den Österreichischen Bilanzgliederungsvorschriften erstellt. (Quelle: Jahresbericht des CA-Bankvereins für das Jahr 1938).

Die Spareinlagen erfuhren einen deutlichen Anstieg während der gesamten Beobachtungszeit und fingen bereits im „Anschlussjahr“ 1938 außerordentlich zu steigen an. Betrugen diese beim „Anschluss“ noch 89 Millionen RM (Ende 1938: 94,5 Millionen RM), so machten sie zum 31. Dezember 1944 bereits über 150 Millionen RM aus. Es wird deutlich, dass der Anstieg von Spareinlagen um lediglich 65 % nicht annähernd dem Anstieg, der bei den Sparkassen und den beiden Landes-Hypothekenanstalten beobachtet werden kann, gleichkommt. Demnach waren es nicht die Spareinlagen, die eine Expansion des Bankgeschäftes ermöglichten. Vielmehr geht die Expansion auf die Girogelder (Bilanzpost: „Gläubiger“) zurück. Diese nahmen bereits im „Anschlussjahr“ 1938 deutlich zu: von 236 Millionen RM (Ende April 1938) auf 345 Millionen RM am Ende des Jahres 1938. Zum 31. Dezember 1944 betrugen die Giroeinlagen bereits 1 Milliarde RM. Davon entfiel der Großteil auf die „Sonstigen Gläubiger“ (über 80 %) und den Rest stellten hauptsächlich die Einlagen inländischer Kreditinstitute dar.

Im Vergleich mit anderen Kreditinstituten überstiegen die Spareinlagen in absoluten Zahlen beim CA-Bankverein nie 1 Milliarde RM, während sie bei der Deutschen Bank rund 6,5 Milliarden RM ausmachten. Die Dresdner Bank lag an zweiter Stelle mit 4,6 Milliarden RM

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und die Commerzbank an dritter mit rund 3,1 Milliarden RM. Gemessen an seiner Größe lag hier der CA-Bankverein deutlich „im Trend“. Jedoch standen diesen Einlagen auch prozentuell auf der Aktiva deutlich weniger Staatswertpapiere und Wechsel gegenüber, als bei den drei größten deutschen Banken. Die Unternehmensfinanzierung, auch wenn für Rüstungszwecke, war für den CA-Bankverein nach dem Krieg vorteilhafter als nur Wertpapiere des Staates zu halten, weil nach dem Krieg die Kreditverträge mit Unternehmen aufrecht blieben und die Unternehmen selbst weiter existierten. Mit den Staatsanleihen stand jede Bank gegenüber einem de facto nichtexistierenden Staat, der dazu soeben einen Weltkrieg verloren hatte und keine Schulden tilgen konnte. Deshalb konnte der CA-Bankverein diese Probleme nach Mai 1945 sehr schnell lösen und erlitt keinen großen Schaden. Weit mehr ins Gewicht fielen die Probleme, verbunden mit dem CA-Industriekomplex, die mehrheitlich bis 1950 gelöst wurden. Die Deutsche Bank, die (damals und heute) größte deutsche Bank, finanzierte die Wirtschaft prozentuell am wenigsten. Einzig die Mittelherkunft, die Einlagegelder stiegen mit ähnlichen Prozentsätzen an wie bei fast allen Kreditinstituten. Dies ist auch verständlich, denn alle Kreditinstitute arbeiteten im selben makroökonomischen Umfeld.

Die Verpflichtungen aus dem Wechselgeschäft waren beim CA-Bankverein über die gesamte Zeit zwischen 1938 und 1945 gering. Gering waren sie auch im Vergleich zu anderen deutschen Großbanken. So hatte der CA-Bankverein, gemessen an seiner Größe, deutlich geringere Verpflichtungen aus der Annahme gezogener Wechsel als die anderen Großbanken des Reiches. Im Jahr 1943 betrugen diese lediglich 1,1 Millionen RM (1942: 1,7 Millionen RM) gegenüber 145 Millionen RM (1942: 164) bei der Deutschen Bank. Dies kann dadurch erklärt werden, dass entweder so wenige Wechsel überhaupt gezogen wurden, oder diese so fließend an die Reichsbank zum Rediskont weiterverkauft wurden. Die Jahresberichte des Bankvereins geben darüber leider keinen Aufschluss.

Im Jahr 1938 waren es 950.000 RM und im Jahr 1944 nur noch 500.000 RM. Dies verdeutlicht, dass seitens des CA-Bankvereins wenige Wechsel (re)diskontiert wurden. Interessant ist, dass in den Jahresberichten zu den Wechselbeständen detaillierte Angeben fehlen. Es werden lediglich der Bestand und die Veränderung zum Vorjahr wiedergegeben. Dennoch ist dies bei Wechseln teilweise nachvollziehbar, denn der CA-Bankverein wurde durch die Wechselbestände nicht extrem belastet. Auch auf der Aktivseite betrug der Wechselbestand 1938 bereits 77,8 Millionen RM und stieg bis zum Jahr 1944 auf 170 Millionen RM an. Dies verdeutlicht auch die Tatsache, dass sich beim „Anschluss“ die Mehrheit von Wechseln nicht mehr im Umlauf befand. Entweder wurden diese bereits von den Banken diskontiert oder befanden sich bei der Reichsbank (Zentralbank). Mit „Neuemissionen“ wurde der CA- Bankverein nicht stark belastet, nahm mit der Zeit nominal und prozentuell ab und betrug Ende 1944 weniger als 10 % der Bilanzaktiva.

Bei einer Bilanzsumme von 603 Millionen RM entfielen im Jahr 1938 rund 264 Millionen RM auf kurz- und langfristige Kredite (Bilanzposten „Schuldner“) und die staatlichen Wertpapiere betrugen 45 Millionen RM. Schatzwechsel und Schatzanweisungen des Staates und der Länder betrugen im Jahr 1938 „nur“ 22 Millionen RM. Dieses Verhältnis wandte sich bis zum Kriegsende zugunsten von staatlichen Wertpapieren (Post „Schatzwechsel und unverzinsliche

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Schatzanweisungen des Reichs und der Länder“), die im Jahr 1944 rund 40 % der Bilanzaktiva ausmachten. Dieser Bilanzposten steigerte sich gegenüber dem Vorjahr (1943) um die Hälfte. Dies dürfte eine Konsequenz des „Hypotheken-Sperrerlasses“ gewesen sein, weshalb dem Kreditinstitut auch keine Alternative mehr offenblieb.

Die Kredittätigkeit des CA-Bankvereins war zwischen 1938 und 1945 sehr lebhaft. Anders als bei den Sparkassen und Landes-Hypothekenanstalten, wo die Kredite fast jährlich (mit wenigen Ausnahmen) sanken, stiegen diese beim CA-Bankverein, obwohl sie an Bilanzsummenanteil einbüßten und im Jahr 1944 mit 281 Millionen RM rund 21 % der Bilanzsumme betrugen. Von den 264 Millionen RM ausgezahlter Kredite wurden 26 Millionen durch börsengängige Wertpapiere und 60 Millionen RM durch sonstige Sicherheiten gedeckt. Der Rest von rund 180 Millionen RM war ungedeckt. Im Jahr 1938 wurden insgesamt 8.256 Kredite gezählt, wovon der Großteil (45 %) nicht mehr als 500 RM ausmachte. Bis 5 Millionen RM gab es 81 Kredite und 19 Kredite mit einem Betrag über 5 Millionen RM.642

Im Jahr 1938 erwirtschaftete der CA-Bankverein einen Reingewinn von 3,3 Millionen RM, der um einen Gewinnvortrag aus dem vorherigen Bilanzjahr von 1,9 Millionen RM erhöht wurde, sodass der Gesamtgewinn 5,2 Millionen RM betrug. Der Großteil dieses Gewinns (=3,5 Millionen RM643) wurde als Dividende ausgeschüttet. Dabei gilt zu bemerken, dass die Gewinn- und Verlustrechnung des Jahres 1938 nur die Monate von 1. April bis 31. Dezember umfasst.644 Im Jahr 1942 machte der Gewinn des CA-Bankvereins mit 4,3 Millionen RM rund die Hälfte des Gewinns der Deutschen Bank aus. Dies steht im Gegensatz zu der Bilanzsummenhöhe und zur Höhe der Erträgnisse, die bei der Deutschen Bank deutlich höher als beim CA-Bankverein waren. Dies deutet auf die höhere Zinsmarge bei der Finanzierung von Unternehmensprojekten, wenngleich in Verbindung mit Rüstungsaufträgen, als bei der Geldanlage in Staatsanleihen, wie das die großen Berliner Banken machten. Auch die Zinsen, Provisionen und Gebühren des CA-Bankvereins stehen prozentuell über jenen der Deutschen Bank, der Commerzbank und der Dresdner Bank. Die hohen Erträge deuten auf einen auf lange Frist ausgelegten Bankbetrieb und der CA-Bankverein scheint sich nie gänzlich vom ehemaligen Geschäftsmodell verabschiedet zu haben und beließ den Bankbetrieb weitgehend unverändert.

Die Zinseinnahmen verdoppelten sich in den Jahren 1938−1944, während die Provisionen und Gebühren lediglich um ein Drittel stiegen. Der geringe Anstieg von Provisionen und Gebühren ist auf die geringe Kerngeschäftstätigkeit des Kreditinstitutes zurückzuführen, denn im Laufe der Jahre investierte der CA-Bankverein vorrangig in Staatsanleihen, während die Kredittätigkeit nicht im Vordergrund stand. Auch die Passivzinsen stiegen in der Zeit 1938−1944, allerdings blieben sie weit hinter den Aktivzinsen zurück. Der Grund liegt darin, dass die Passivzinsen überwiegend auf sehr kurzfristige Giroeinlagen gezahlt wurden, während die Aktivzinsen von längerfristigen Anlagen erwirtschaftet wurden. Dies deutet auch auf ein gewisses Risiko bei der Refinanzierung hin, denn die Fristigkeit zwischen den

642 Bericht an die 82. ordentliche Hauptversammlung der Aktionäre der Oesterreichischen Creditanstalt – Wiener Bankverein vom 16. Juni 1939. Wien 1939, S. 15. 643 Ebd., S. 17. 644 Ebd., S. 1ff. 169

Zahlungsverpflichtungen auf Aktiva und Passiva war in keinem Jahr aufeinander abgestimmt. Die Personalaufwendungen gingen in den Jahren 1938−1944 leicht zurück, während die Ausgaben für soziale Zwecke (wie das Winterhilfswerk, eine Art Heizungszuschuss) stiegen.

Das Jahr 1944 schloss das Kreditinstitut mit einer Null ab, somit gab es weder einen Gewinn, noch einen Verlust. Hätte es einen Gewinn gegeben, so hätte dieser aufgrund des Zinsenstreichungsgesetzes vom 19. Feber 1946645 nicht ausgezahlt werden dürfen. (Die Bilanz für das Jahr 1944 ist erst im Jahre 1946 ausgefertigt worden.)

In den Jahren 1944/45, als die Vorboten des Kriegsausganges klar zutage kamen, musste das Kreditinstitut mit einer zunehmenden Geldflüssigkeit kämpfen, wobei es vor Kriegsende keine Alternativen zu Staatsanleihen mehr gab. Die Wirtschaft wurde in allen Bereichen erschöpft, vom Rohstoffmangel bis zur Einschränkung der Produktion. Dazu schmälerte auch das Vertrauen in die Staatsanleihen, was die Situation noch verschärfte. Die Menschen versuchten sich sämtlicher „ostempfindlicher“ Anlagen zu entledigen. Dafür kam dem CA-Bankverein der relativ geringe Anteil an langfristigen Spareinlagen zugute.

Die Bilanzkennzahlen zeigen deutliche Unterschiede zu den anderen deutschen Großbanken, sodass deshalb beim CA-Bankverein von einem „ostmärkischen“ Sonderweg gesprochen werden kann. So lag im Jahr 1942 die Eigenkapitalquote646 bei 10 % und im Jahr 1943 bei 9 %, während sie bei der Deutschen Bank bei nur 3 % im Jahr 1942 lag und sank im darauf folgendem Jahr 1943 auf lediglich 2,8 %. Ähnlich niedrig waren die Eigenkapitalquoten der Dresdner Bank und der Commerzbank. Die EK-Quote ist beim CA-Bankverein dazu vergleichbar mit der heute geforderten Höhe des zum Verlustausgleich geforderten Kapitalpuffers nach den Vorschriften der Komitees der Basler Bank für den Internationalen Finanzausgleich647.

Die Eigenkapitalrentabilität648 des CA-Bankvereins betrug im Jahr 1942 und 1943 rund 4 % und weißt gegenüber den anderen Großbanken keine deutlichen Abweichungen auf. Die Deutsche Bank konnte ihr Eigenkapital im Jahr 1942 mit einer Rendite von 4 % lukrieren, diese stieg jedoch im Jahr 1943 auf 4,1 % an. Die EK-Rentabilität der Dresdner Bank war gleich so hoch (4 %), lediglich die Commerzbank erzielte in den Jahren 1942 und 1943 eine Quote von 6,4 %. Diese Zahlen gehen mit der hohen Risikobehaftung der Aktiva der großen Berliner Banken einher. Dieses höhere Risiko wurde durch die höheren Renditen entlohnt. Zumindest bilanziell ist ein solcher Schluss zulässig.

645 BGBl 1946, Nr. 36. 646 Eigenkapitalquote=Eigenkapital/Gesamtkapital. 647 Es handelt sich hierbei um die Vorschriften des Reglements »Basel 3«, wonach die Höhe des regulatorischen Kapitals 6 % der gewichteten risikobehafteten Posten betragen muss. 648 Aufgrund von Datenknappheit wurde hier der Reingewinn für die Berechnungen verwendet. Davon ist zwar grundsätzlich abzuraten, weil dieser durch die Rücklagenhöhe beeinflusst wird. Die Aussagekraft der berechneten Eigenkapitalrentabilität ist dennoch gegeben, weil sich die Rücklagenhöhe in den Bilanzjahren 1942 und 1943 bei sämtlichen Kreditinstituten kaum bewegte. 170

Die Umsatzrentabilität des CA-Bankvereins betrug im Jahr 1942 11,4 % und im Jahr 1943 10,5 % und war deutlich höher als jene der Deutschen Bank (5,1% im Jahr 1942 und 4,7 im Jahr 1943. Die Ertragskraft des CA-Bankvereins war demnach deutlich höher im Verglich mit den großen Berliner Banken, da diese Bilanzkennzahl bei der Commerzbank und der Dresdner Bank vergleichsweise ebenso niedrig als beim CA-Bankverein war. Auch hier konnte zur Berechnung der Reingewinn und nicht das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit mangels Daten einbezogen werden. Dies zeigt, dass der CA-Bankverein von seinen Erlösen mehr in Gewinn „umwandeln“ konnte und dieser Gewinn im Vergleich mit anderen Banken gleichzeitig zur gleichen Rentabilität des Eigenkapitals führte. Dies war deshalb der Fall, weil die EK-Quote des CA-Bankvereins vergleichsweise höher war. Umgekehrt konnte die Deutsche Bank mit einer niedrigeren Eigenkapitalquote und mit niedrigerer Umsatzrentabilität eine vergleichsweise gleiche Eigenkapitalrentabilität erzielen.

Die Liquidität einer Bank zeigt ihre Möglichkeit, die angefallenen Verbindlichkeiten gänzlich zu tilgen. Dafür wird von der „goldenen Finanzierungsregel“ ausgegangen, die Verlangt, dass das kurzfristige Vermögen mit kurzfristigen Verbindlichkeiten finanziert wird. Das kurzfristige Anlagevermögen des CA-Bankvereins im Jahr 1942 betrug 418 Millionen RM und im Jahr 1943 machten diese 747 Millionen RM aus. Dabei nehmen wir an, dass sämtliche Wertpapiere jederzeit auf dem Markt verkauft werden konnten. Die kurzfristigen Verbindlichkeiten des Jahres 1942 betrugen rund 238 Millionen RM und für das Jahr 1943 machten diese 256 Millionen RM aus, wodurch wir sehen, dass die Liquiditätskoeffizienten, berechnet als das Verhältnis von kurzfristigen Anlagen zu kurzfristigen Verbindlichkeiten, in den beiden Jahren über 1 betrug (1942: 1,76 und 1943: 2,92). Die Bank war somit immer sehr liquide und konnte die kurzfristigen Verbindlichkeiten jederzeit tilgen. Vergleichsweise betrugen die Liquiditätskoeffizienten der Deutschen Bank 3,74 im Jahr 1942 und 3,15 im Jahr 1943.

Die Kredite in % der Bilanzsumme betrugen beim CA-Bankverein im Jahr 1942 rund 34,52 % der Bilanzsumme und im Jahr 1943 lag dieser Prozentsatz bei 35,14 %. Bei der Deutschen Bank lag dieser Prozentsatz bei 17,56 % im Jahr 1942 und stieg auf 19,15 % im Jahr 1943 an. Bei der Commerzbank lag dieser Prozentsatz im Jahr 1942 bei 20,47 % und im Jahr 1943 bei 21,07 % der Bilanzsumme. Auch die Dresdner Bank wies für das Jahr 1942 21,81 % aus und im Jahr 1943 23,92 %. Daraus wird erneut ersichtlich, dass die anderen Kreditinstitute relativ wenig in Kredite anlegten, während der CA-Bankverein mehr als einen Drittel der Aktiva in Krediten veranlagte. Heute veranlagt die Bank Austria, die rechtliche Nachfolgerin dieses Kreditinstitutes, rund 45 % der Aktiva in Kredite jeglicher Art. Die Berliner Banken wendeten somit einen Großteil ihrer Aktiva für Staatswertpapiere auf, die nach dem Krieg alle in den Bilanzen verblieben. Auch die Länderbank aus Wien lag in den beiden Jahren bei rund 21 %. Dies bestätigt einmal mehr den „Sonderweg“ des CA-Bankvereins.

Der CA-Bankverein hatte drei Filialen in der Untersteiermark und in Krain: Celje/Cilli, Maribor/Marburg und Kranj/Krainburg, sowie eine Zahlstelle in Bled/Veldes. Dabei handelte es sich nicht um Übernahmen bestehender Filialen anderer Kreditinstitute, sondern um

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Neugründungen.649 Die Aufforderung zur Gründung dieser Filialen kam nicht vom Bankenvorstand, sondern telefonisch aus dem Reichswirtschaftsministerium in Berlin. Wie bei einer Sitzung des Arbeitsausschusses am 23. Mai 1941 einer der Vorstände ausführte, eilte es dem Berliner Ministerium sehr, nach der Besetzung Jugoslawiens neue Niederlassungen zu errichten.

„Am 18. April…erteilte uns das RWM telefonisch den Auftrag, im besetzten südsteirischen650 und Kärntner Gebiet Aussenstellen zu errichten, die zunächst die Aufgabe hätten, die zur Lohngeldzahlung und dringendsten Betriebsmittelbeschaffung notwendigen Kredite in den neuen Landesteilen zu geben. Für diese Kredite bis zur Höhe von rund RM 5.000.000 wurde eine 100% Reichsgarantie gegeben und die Forderung gestellt, im Rahmen des Möglichen für bankmässige Gestaltung der gegebenen Kredite zu sorgen.

Auf dieser Ermächtigung haben wir am 19. April eine Aussenstelle der Filiale Graz in Marburg und in den nächsten Tagen eine solche in Cilli errichtet und auch eine Aussenstelle der Filiale Klagenfurt in Krainburg in Aussicht genommen.

Am 12. April erteilte der Chef der Zivilverwaltung in der Untersteiermark die Bewilligung, in Marburg a.d. Drau und in Cilli eine Filiale zu errichten.

Am 17. Mai ermächtigte uns der Chef der Zivilverwaltung in den besetzten Gebieten Kärntens und Krains eine Filiale in Krainburg mit einer Aussenstelle in Veldes zu eröffnen.“651

Offenkundig muss die telefonische Aufforderung zur Filialeröffnung sehr „überzeugend“ gewesen sein, denn wie aus demselben Bericht hervorgeht, war die Eile so groß, dass nicht einmal nach geeigneten Räumlichkeiten gesucht wurde, sondern bestehende Bankfilialen (ehemaliger) slowenischer Geldinstitute, die nun leer standen, dafür verwendet wurden. Dazu erfolgten die Neugründungen noch bevor die Ermächtigung des Reichswirtschaftsministeriums und des Aufsichtsamtes für das Kreditwesen in schriftlicher Form überhaupt eingegangen war. Eine solche Eile bei Errichtung von Bankniederlassungen sucht bei anderen Besetzungen (Polen, Tschechoslowakei) ihres Gleichen.

Dem CA-Bankverein wurde während der Errichtung dieser Filialen, seitens des Chefs der Zivilverwaltung (in diesen Gebieten) die Liquidierung der bestehenden Bankinstitute, in deren Räumlichkeiten die neuen Bankfilialen errichtet wurden, aufgetragen.652 Dies waren die Laibacher Kreditbank, die Filiale der Jugoslawischen Unionbank in Maribor/Marburg, die Filiale der Ersten Kroatischen Sparkasse in Celje/Cilli und die Genossenschaftliche Wirtschaftsbank (Filialen Kranj/Krainburg und Bled/Veldes), sowie die Cillier Creditanstalt (Filiale Maribor/Marburg). Operativ wurden die Gründungen samt der Verhandlungen mit den Zentrallen der zu liquidierenden Kreditinstitute, dem Direktor der Grazer Filiale des CA-

649 Creditanstalt-Bankverein. Geschäftsbericht für 1941. Wien 1942, S. 4. 650 Gemeint ist die Untersteiermark, also das Gebiet südlich der heutigen österreichisch-slowenischen Grenze. 651 BA-CA, CA-V, Niederschrift der Sitzung des Arbeitsausschusses vom 23. Mai 1941, 11 Uhr vormittags, 23.5.1941, S. 15ff. 652 Rathkolb, Die ungeschriebene Geschichte, S. 459ff. 172

Bankvereins, Major Götz, der dazu als Bankenkommissar für die Untersteiermark tätig war, aufgetragen.653

Man ging von einer günstigen Entwicklung des Geschäftes in diesen Filialen aus654, obwohl diese überhaupt noch keine Kundschaft hatten und diese noch zu erwerben war. Als es später zu Übernahmen von Kapitalanteilen und Zwangsenteignungen jugoslawischer Unternehmen zugunsten Deutscher Industriebetriebe kam, wurden fast sämtliche Bankangelegenheiten über diese Bankfilialen abgewickelt. Dadurch wird der expansionistische Charakter der NS- Wirtschaftspolitik sichtbar. Anders hingegen war es bei der CA-Filiale in Budapest, wo es sich um die Übernahme einer bestehenden Bank samt Gebäude handelte.655

Bis zum Jahr 1944 blieben die Verbindungen zwischen dem Wiener Hauptsitz und den Filialen aufrecht. Da im Geschäftsbericht für das Jahr 1944 der Vorstandsmitglied Joham schrieb, dass die Verbindungen zu den Affiliationen in Jugoslawien, dem Bankverein A.G. in Belgrad und dem Bankverein in Kroatien A.G., im Oktober 1944 unterbrochen wurden, dürfen wir daraus annehmen, dass auch die Filialen in der Untersteiermark und in Oberkrain ein ähnliches Schicksal wiederfahren ist.656 Nach dem Krieg wurden diese drei Filialen liquidiert. Der Vorstand des CA-Bankvereins wurde in Zagreb/Agram angeklagt und für schuldig befunden.657 Dieses Verfahren richtete sich nicht sosehr gegen die Vorstandsmitglieder persönlich, als es eine Grundlage für die Enteignung auf jugoslawischem Gebiet darstellte.658

Betrachten wir die Vorgänge mit Hilfe eines „Top-Down-Ansatzes“ im CA-Bankverein, so sehen wir, dass die Einführung deutscher Gesetze in der „Ostmark“ das Kreditinstitut stark berührte. Die Geschäftstätigkeit des CA-Bankvereins, so wie die Geschäftstätigkeit der Lands- Hypothekenanstalten und der Sparkassen, wurde durch die neuen Gesetze und Verordnungen zunehmend verengt und in die Rüstungsfinanzierung eingebahnt. Die personellen Entscheidungen waren dabei zweitrangig, was vor allem im Fall der Kärntnerischen Landes- Hypothekenanstalt zum Vorschein kommt, denn der Bankbetrieb änderte sich nach 1938 wesentlich und erst recht nach 1941, wobei während dieser gesamten Zeit die gleiche Direktion das Institut leitete. Nicht wesentlich anders war es beim CA-Bankverein.

Der Creditanstalt-Bankverein war sehr tief mit den bestehenden Wirtschaftsstrukturen verwurzelt, sowohl in der „Ostmark“ wie in den einzelnen Reichsgauen, als auch überregional. Da eine Änderung der Geschäftstätigkeit nach dem „Anschluss“ erwiesen wurde, gehen wir nun der Frage nach, wie sich dieser „neue“ Bankbetrieb auf die Wirtschaft auswirkte, wem Kredite gewährt wurden und wer davon nicht profitierte. Bereits jetzt wurde deutlich, dass sogar die kleinen regionalen Banken, wie die beiden Sparkassen in der „Südmark“, zu einer Spareinlagen-Sammelstelle wurden und diese zunehmend in Staatsanleihen veranlagt wurden. Ähnliches ereignete sich bei den Hypothekaranstalten. Die Finanzierung von langfristigen

653 Ebd., S. 451. 654 Ebd., 450ff. 655 Ebd., S. 353ff. 656 Creditanstalt-Bankverein. Geschäftsbericht für 1944. Wien 1946, S. 5ff. 657 Rathkolb, Die ungeschriebene Geschichte, S. 780. 658 Ebd., S. 781. 173

Investitionen blieb fast völlig aus. Doch diese regionalen Kreditinstitute hatten ihren Kundenkreis überwiegend unter physischen Personen und bei kleinen bis mittelgroßen Betrieben, sowie Kommunen. Daher waren vor allem die physischen Personen die leidtragenden dieser Entwicklung. Das Geld für den Bodenkredit wurde immer knapper, obwohl die Hypothekenanstalten große Summen davon horteten und sie zum Kauf von Staatsanleihen verbrauchten. Das Gegenteil war der Fall bei den Wiener Großbanken, wie das Beispiel des CA-Bankvereins verdeutlicht. Hier nahm die Kredittätigkeit den ersten Platz ein, obgleich auch die Anlagen in Staatswertpapiere einen erheblichen Anteil ausmachten. Daneben war schon vor dem „Anschluss“ der CA-Bankverein wesentlich an einigen Unternehmen außerhalb Österreichs beteiligt und obwohl ein wesentlicher Teil dieser Beteiligungen nach dem „Anschluss“ abgegeben werden musste, behielt der Bankverein seine Kreditengagements.

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Der NS-Bankbetrieb in Steiermark und Kärnten im Vergleich mit Schweizer Banken

Die Analyse des Bankwesens in der „Südmark“ wäre nicht vollständig ohne einen Benchmarkvergleich, mit welchem Vorgänge in den beiden Sparkassen und Landes- Hypothekenanstalten sowie dem CA-Bankverein, weitgehend mit den Vorgängen in anderen, nicht deutschen Kreditinstituten verglichen werden. Dazu eignen sich zwei schweizerische Kreditinstitute: die Schweizerische Kreditanstalt (heute Credit Suisse) aus Zürich und die Zürcher Kantonalbank. Die Schweizerische Kreditanstalt wird für einen Vergleich mit dem Creditanstalt-Bankverein herangezogen, die Zürcher Kantonalbank für die beiden Sparkassen und Landes-Hypothekenanstalten. Die wirtschaftspolitischen Verhältnisse waren für die schweizerischen Kreditinstitute den österreichischen vor dem „Anschluss“ ähnlich. Auch die Schweiz wurde von der Wirtschaftskrise stark betroffen und musste in derer Folge eine Großbank, die Schweizerische Volksbank, mit staatlichen Mitteln vor dem Konkurs bewahren. Auch die Schweiz wurde vom Aufweichen des Devisengoldstandards betroffen und in der schweizerischen Exportwirtschaft wurde statt mit Geld mit Gegenlieferungen in Kauf bezahlt. Auch die Schweiz hatte mit der Arbeitslosigkeit zu kämpfen und erhöhte ihre Ausgaben für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Aufgrund der verschärften weltpolitischen Lage in ihrer Nachbarschaft wurden die Ausgaben für Militär drastisch erhöht. Allein im Jahr 1938 wurden diese um über 100 % erhöht.659 Die einzige Ausnahme stellte der Druck dar, denn die deutsche Reichsregierung unter Hitler auf die österreichische Regierung Schuschniggs ausübte. Einhergehend damit war auch die Einbindung Deutscher Großbanken in den CA-Bankverein. Dennoch war dieser bis März 1938 der österreichischen Gesetzgebung unterworfen und konnte seine Geschäftstätigkeit ungestört weiterentfalten. Dies änderte sich gravierend mit dem Einmarsch deutscher Truppen in Österreich.

Die Schweizerische Kreditanstalt (heute Credit Suisse) Die Schweizerische Kreditanstalt wurde im Jahr 1856 vom Schweizer Industriellen und Politiker Alfred Escher gegründet, um den Bau der schweizerischen Eisenbahnen zu finanzieren. Seit seiner Gründung wirke dieses Kreditinstitut als eine Universalbank. Es war sowohl im Finanzierungsgeschäft (Beteiligungen an Unternehmen, Firmengründungen, Platzierung von Anleihen) als auch bei der Kreditvergabe, vorrangig an Industrieunternehmen, tätig.660 Ausgehend von der Bilanzsumme (1.146 Millionen Fr.), war die Schweizerische Kreditanstalt 1938 die zweitgrößte Bank in der Schweiz. Auf dem ersten Platz befand sich der Bankverein mit einer Bilanzsumme von 1.199 Millionen Fr. Unter den 8 Großbanken waren im Jahr 1938 die Schweizerische Kreditanstalt und der Bankverein die zwei größten Kreditinstitute des Landes.661 Nach der Eigenmittelhöhe war die Schweizerische Kreditanstalt die größte Bank

659 Archiv der Credit Suisse (CH CSG HA), Bestand ZFA/82. Geschäftsbericht der Schweizerischen Kreditanstalt 1938. Zürich 1939, S. 9. 660 Jan Baumann, Bundesinterventionen in der Bankenkrise. Diss. Zürich 2007, S. 17. 661 Ebd., S. 124. 175

der Schweiz. Sie unterhielt ihren Hauptsitz in Zürich. Dabei gab es Zweigniederlassungen in 6 anderen schweizerischen Städten, sowie zwei Agenturen und drei Depositkassen.662

Die Bilanzanalyse der Schweizerischen Kreditanstalt bezieht sich auf die Zeit zwischen den Jahren 1938 und 1945. Das Jahr 1938 war für das schweizerische Bankwesen ein Krisenjahr. Die weltpolitischen Ereignisse, wie der tschechoslowakische Abtritt des Sudetengebietes an das Deutsche Reich und der „Anschluss“ Österreichs, trugen zum Anstieg der wirtschaftspolitischen Unsicherheit in der Schweiz bei. Als Österreich im März seine Eigenstaatlichkeit verlor, machte sich ein leichter Vertrauensverlust der schweizerischen Bankenkundschaft bemerkbar. Die Behebungen von Spargeldern stiegen im März und ein weiteres Mal im Herbst des Jahres 1938 an. Dies führte in Jahr 1938 zum Sinken der Bilanzsumme der Kreditanstalt, sowie der Bilanzsumme sämtlicher Groß- und Kantonalbanken der Schweiz.

Selbstverständlich fanden in den schweizerischen Banken im Jahr 1938 keine wesentlichen personellen Veränderungen statt. Auch die Konten der jüdischen Kunden wurden nicht aufgelöst und niemand wurde gezwungen, die Bank auf irgendeine Weise zu verlassen. Wie festgestellt wurde, mussten beim CA-Bankverein in Wien bereits binnen weniger Tage nach dem „Anschluss“ alle Juden und alle vaterlandstreuen Österreicher aus ihren Positionen entfernt werden.

Während der Jahresbericht des CA-Bankvereins für das Jahr 1938 voller Lob für die neuen Machthaber, begleitet vom Jubel für die „Wiedervereinigung“ Österreichs mit dem Deutschen Reich war, schrieb die Schweizerische Kreditanstalt währenddessen die bestehenden Forderungen gegenüber österreichischen (nun deutschen) Kunden fast zur Gänze ab. Was „ostmärkische“ Bankiers als ein Ende des wirtschaftlichen Niedergangs betrachteten, sah die Leitung des größten schweizerischen Kreditinstitutes als seinen Anfang.

„Der starke Kursrückgang sowohl der Register- als auch der Sperrmark, die Einbeziehung Österreichs in die deutsche Devisenwirtschaft und die gespannte internationale Lage lassen es uns geraten erscheinen, einen starken Abstrich auf dem Restbestand unserer deutschen Engagements zu machen…“663

Das Großdeutsche Reich kam seinen internationalen Verpflichtungen bereits seit Anfang der 30er Jahre nicht mehr zur Gänze nach. Außerdem galt in Deutschland die Devisensperre, weshalb Fremdwährungen nicht außer Landes gebracht werden durften. Mit dem Clearingabkommen zwischen der Schweiz und Deutschland müsste die Schuld mit Gold oder „harter Währung“ beglichen werden, doch diese stand nicht immer zur Verfügung, weshalb deutsche Unternehmen ihre Schulden sehr oft mit Gegengeschäften oder Naturalien bezahlten. Dies war in Österreich bis zum „Anschluss“ nie der Fall. Bis dahin kam der österreichische Staat seinen finanziellen Verpflichtungen ohne Ausnahme pünktlich nach. Beim Geschäftsverkehr zwischen der Schweiz und Österreich bestanden auch keine Einschränkungen

662 CH CSG HA, ZFA/82. Geschäftsbericht der Schweizerischen Kreditanstalt 1938, S. 4. 663 Ebd., S. 15. 176

irgendeiner Art. Die schweizerischen Bankiers sahen also den „Anschluss“ als eine Bedrohung für die Einbringlichkeit ihrer nunmehr deutschen Forderungen und schrieben diese zu Lasten des bankeigenen Reservefonds Großteils ab. Dabei hat die Schweizerische Kreditanstalt den eigenen Reservefonds noch zusätzlich aufgestockt.664 Dieser Betrug zum 31. Dezember 1938 55 Millionen Franken. Da der damalige Kurs des Schweizer Franken (Fr.) gegenüber der Reichsmark (RM) 0,81 RM für 1 Fr. betrug, können wir von einem Reservefond von 44,55 Millionen RM ausgehen.

Die Bilanzpassiva der Schweizerischen Kreditanstalt zeigen zum 31. 12. 1938, dass das Kreditinstitut sich zu 47 % aus kurzfristigen Einlagen finanzierte (Girogelder und Scheckgelder). Der Zahlungsverkehr wurde in der Schweiz bereits seit mehreren Jahren über die Kreditinstitute geführt und stellte keine Neuerung, wie in der „Ostmark“, dar. Von den langfristigen Spareinlagen hatten 80 % eine Veranlagungszeit bis 3 Monate.665 Somit finanzierte sich die Schweizerische Kreditanstalt zu fast 52 % mit kurzfristigen Einlagen jeglicher Art, während dieser Prozentsatz beim CA-Bankverein im Jahr 1938 bei über 60 % lag.666 Die hohe Flüssigkeit der Bilanzpassiva war somit kein Unikum im „ostmärkischen“ Bankwesen. Offenkundig steigerten die weltpolitischen Ereignisse des Jahres 1938 in beiden Ländern die Unsicherheit so, dass die Anleger vorsichtiger wurden und jederzeit Zugriff auf ihre Geldmittel haben wollten.

Die Bilanzsumme der Schweizerischen Kreditanstalt sank, verglichen mit dem jeweiligen Vorjahr, neben dem Jahr 1938 auch in den Jahren 1939 und 1941. Wie die Abbildung 20

verdeutlicht, stieg die Bilanzsumme Zwischen den Jahren 1938 und 1945 jedoch deutlich an. Bilanzsumme

Jahr

Abbildung 20: Entwicklung der Bilanzsumme der Schweizerischen Kreditanstalt zwischen den Jahren 1938 und 1945. (Quelle: Die Geschäftsberichte der Schweizerischen Kreditanstalt für die Jahre 1938−1945 und eigene Berechnungen.)

Der Rückgang der Bilanzpassiva von 1.161 Millionen Fr. zum 31. 12. 1938, auf 1.120 Millionen Fr. zum 31. 12. 1939, ist auf einen gewollten Abbau langfristiger Gelder zurückzuführen. Der

664 Ebd., S. 16. 665 Ebd., S. 34. 666 Bericht an die 82. ordentliche Hauptversammlung der Aktionäre der Oesterreichischen Creditanstalt – Wiener Bankverein vom 16. Juni 1939. Wien 1939, S. 25. 177

Verminderung von Bankenkreditoren, der Kreditoren auf Zeit und der Kassenobligationen standen Verminderungen des Kassa-, Giro- und Postcheckguthaben um 189 Millionen Fr. entgegen. Ein zweites Mal sank die Bilanzsumme zum 31. 12. 1941. Der Vorstand sprach in diesem Zusammenhang von einer „unwesentlichen Verminderung“ um rund 11 Millionen Fr. Diese war auf die geringeren mittel- und langfristigen Gelder zurückzuführen, denen geringeres Giroguthaben bei der Nationalbank und geringeres Postcheckguthaben auf der Bilanzaktivseite entgegenstanden.667

Ab dem Jahr 1942 stieg die Bilanzsumme ähnlich wie bei den „ostmärkischen“ Kreditinstituten deutlich an. Dabei ist der Anstieg im Jahr 1945 von etwas mehr als 1,4 Milliarden Fr. auf über 1,6 Milliarden Fr. zur Gänze auf die Belebung der Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte von 1945 zurückzuführen. Dieser kann somit nicht mehr zur „Kriegszeit“ gezählt werden. Der Anstieg zwischen den Jahren 1941 und 1944 kann fast ausschließlich auf eine Erhöhung der Girogelder (inklusive Schecks) zurückgeführt werden. Detailliert betrachtet zeigen sich jedoch wesentliche Unterschiede zu einer ähnlichen Entwicklung im Großdeutschen Reich. Zu der Erhöhung der schweizerischen Girogelder führten die großen Staatsausgaben und der fortschreitende Abbau der Warenvorräte bei, die dem Markt umfangreiche Mittel zuführten.668 Selbstverständlich verbrauchten die Unternehmen diese Girogelder auch, doch anders als in Deutschland wurden mit diesem Geld offenkundig Rohstoffe oder Halberzeugnisse von innerhalb der Schweiz angeschafft, die zu Fertigerzeugnissen verarbeitet wurden und in der Folge zu einem Exportanstieg führten. Exportiert wurde in die Vereinigten Staaten von Amerika, nach Großbritannien, Portugal und nach Italien, doch bezahlt wurde stets mit „harter Währung“, mit „Exportdevisen“ (Dollar, Britische Pfund) oder Gold. Dabei konnte wegen des langsamen Sinkens bestehender Vorräte der Import minimal sein, weshalb sich der Goldbestand und der Bestand von „Exportdevisen“ bei der Schweizerischen Zentralbank in der Kriegszeit erhöhten. Die schweizerischen staatlichen Wertpapiere sowie die in den Umlauf gebrachten Geldmittel waren daher Großteils gedeckt. In Bezug auf die Rüstungsausgaben hatte der Schweizerische Haushalt am Ende des Fiskaljahres 1945 in der Außenbilanz einen Fehlbetrag von (nur) 870 Millionen Fr., bei einem Gesamtausgabewert für die wirtschaftliche und militärische Landesverteidigung seit dem Kriegsausbruch von 7,2 Milliarden Franken.669 Sämtliche Wertpapiere, die vom Staat emittiert wurden, waren auch in der Bilanz oder der Außenbilanz ersichtlich. Es gab keine verdeckten Finanzierungen, wie in Deutschland, durch verschiedene Wechselarten, bezogen auf private und künstliche Unternehmensgebilde, wie die Metallurgische Forschungsgesellschaft (MeFo). In der Folge gab es wegen unangemessener staatlicher Zins- und Fiskalpolitik auch keine rückgestaute Inflation. Der Schweizerische Staat sanierte in der Kriegszeit neben dem Krieg auch die Verluste der Schweizerischen Bundesbahnen, wofür ebenfalls Anleihen ausgegeben wurden.

667 CH CSG HA, ZFA/85. Geschäftsbericht der Schweizerischen Kreditanstalt 1941. Zürich 1942, S. 13. 668 CH CSG HA, ZFA/88. Geschäftsbericht der Schweizerischen Kreditanstalt 1944, Zürich 1945, S. 10. 669 Ebd., S. 9.

178

Die Bilanzaktivseite der Schweizerischen Kreditanstalt stieg in den Jahren zwischen 1941 und 1945 überwiegend wegen des Anstieges des Bilanzpostens „Beteiligungen“, wie die untere Abbildung 21 zeigt. Teilweise ist dieser Anstieg auch auf die Verdoppelung des Wechselbestandes zurückzuführen.

Abbildung 21: Die Entwicklung der Aktivposten der Schweizerischen Kreditanstalt zwischen den Jahren 1938 und 1945. (Quelle: Jahresberichte der Schweizerischen Kreditanstalt und eigene Berechnungen.)

Im Bilanzposten „Wertschriften und Beteiligungen“ ist der Bestand an gekauften Wertpapieren jeglicher Art erfasst. Durch die gesamte Zeit (1938−1945) machen den Großteil dieser Wertpapiere die Obligationen des Schweizer Bundes und der Bundesbahnen aus. Die Schweizer Kreditanstalt beteiligte sich an der Sanierung der Schweizerischen Bundesbahnen und übernahm dafür Anleihen, verzinst mit 3,5 % p.a. Diese betrugen rund 50 Millionen Fr. und deren Bestand nahm mit den Jahren ab. Der Großteil des Anstieges der „Beteiligungen“ ist daher den gekauften Staatsanleihen zuzurechnen. Diese machten im Jahr 1938 lediglich rund 300.000 Fr. aus und stiegen bis 1945 auf über 233 Millionen Fr. Es handelte sich dabei um Schatzanweisungen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, die mit einem Zinssatz zwischen 2,75 % und 3,75 % p.a. verzinst wurden.

Die restlichen Beteiligungen stellten überwiegend inländische Aktien sowie inländische Pfandbriefe und ausländische Obligationen dar. Deren Summe schwankte über die Jahre kaum.

Die restlichen Bilanzaktivposten veränderten sich nicht annähernd in diesem Umfang und blieben relativ stabil. Wie die hellgrüne Linie in der Abbildung 21 zeigt, sind die Hypothekarkredite (Pfandkredite) über die gesamte Zeit ausgezahlt worden. In der Schweiz gab es keinen „Hypotheken-Sperrerlass“, der das Kreditgeschäft eingedämmt hätte. Die Kredittätigkeit war in allen Geschäftssparten sehr lebhaft. Die Verdoppelung des 179

Wechselbestandes ist keinesfalls auf verdeckte Finanzierungen des Staates zurückzuführen, sondern auf die Übernahme von Zahlungsverpflichtungen seitens dieser Bank innerhalb einer funktionierenden Wirtschaft.

Während der Zeit 1938 bis 1945 verdoppelte sich auch der Wechselbestand fast, von rund 150 Millionen Fr. auf fast 300 Millionen Fr. zum Bilanzstichtag im Jahr 1945. Dabei blieben die Rediskontierungen über die Beobachtungszeit relativ stabil. In diesem Bilanzposten sind, neben den Wechseln, zusätzlich 88 Millionen Fr. an Bundesreskriptionen und 50 Millionen Fr. Kassascheine der Schweizerischen Bundesbahnen enthalten. Bundesreskriptionen sind kurzfristige Schuldverschreibungen des Bundes, der Kantone oder der Gemeinden. Im Jahr 1941 wurden rund 35 Millionen Fr. Reskriptionen des Bundes vom Effektenkonto auf das Wechselkonto übertragen. Bis zum Jahr 1945 setzte sich das unter dem Bilanzposten geführte Konto „Wechsel“ fast ausschließlich aus Bundesreskriptionen und Reskriptionen der Schweizerischen Bundesbahnen zusammen. Dies unterstreicht, dass der Wechselbestand in der Schweizerischen Kreditanstalt nicht einer „verdeckten“ Rüstungsfinanzierung diente, sondern der direkten Finanzierung des Staates oder der Sanierung der Schweizerischen Bundesbahnen. Der Schuldner war stets der Staat und keine dafür eigens gegründete Gesellschaft privaten Rechts, um die Sichtbarkeit der Staatsverschuldung für Rüstungszwecke nicht im staatlichen Haushalt aufscheinen lassen zu müssen. Darin liegt ein wesentlicher, wenn nicht sogar der Hauptgrund, weshalb in der Schweiz zum Kriegsende keine Inflation ausbrach, wie dies im Deutschen Reich der Fall war, als ab 1944 die Inflation dramatische Konturen annahm.

Die Gewinn- und Verlustrechnung der Schweizerischen Kreditanstalt zeigt in den Jahren 1938−1945 keine großen Gewinnschwankungen, vor allem wenn wir den Gewinnvortrag abziehen670. Der Gewinn (ohne Gewinnvortrag) schwankte zwischen rund 6 und 9 Millionen Fr, wie die Abbildung 22 verdeutlicht. Der Fall im Jahr 1939 geht auf die niedrigeren Zinsumsätze zurück. Dabei sanken die Aktivzinsen mehr als die Passivzinsen, sodass der Zinsüberschuss niedriger als im Vorjahr war.671

670 CH CSG HA, ZFA/Die Jahresberichte der Schweizerischen Kreditanstalt für die Jahre 1938 bis 1945. 671 CH CSG HA, ZFA/83. Geschäftsbericht der Schweizerischen Kreditanstalt 1939, S. 14. 180

25

20

15

10

inMillionen 5

0 1938 1939 1940 1941 1942 1943 1944 1945

Ohne Saldovortrag Mit Saldovortrag

Abbildung 22: Die Gewinnentwicklung der Schweizerischen Kreditanstalt (in Millionen Schweizer Franken) zwischen den Jahren 1938 und 1945. Der untere Blockteil zeigt den Gewinn ohne Gewinnvortrag, der gesamte Block den Gewinn mit Gewinnvortrag. (Quelle: Die Jahresberichte der Schweizerischen Kreditanstalt für die Jahre 1938 bis 1945 und eigene Berechnungen.)

In den Jahren 1943 und 1944 stieg bereits die starke Verflüssigung der Mittel zu Tage. Die immer höheren Giroeinlagen (teilweise auch Spareinlagen) stiegen immer mehr an, sodass die darauf zu zahlenden Zinsen betragsmäßig fast den Aktivzinsen ausgeglichen waren. Ein erheblicher Zinsüberschuss konnte nicht erwirtschaftet werden. Die Höhe von Provisionen und Gebühren veränderte sich über die gesamte Beobachtungszeit nicht stark.672 Der Ertrag aus dem Wechselportfolio war über die Zeit 1938–1945 unterschiedlich hoch. Während dieser in den Jahren 1939 und 1940 höher war, ging er im Jahr 1941 zurück. Dieser Rückgang lag in Zusammenhang mit der flüssigen Verfassung des Geldmarktes.673 Nach dem Jahr 1941 blieben die Erträge aus Wechseln weitgehend stabil. Die Abschreibungen sanken über die Beobachtungszeit. Während sie in den Jahren 1938 und 1939 noch um 7 Millionen Fr. betrugen, fielen sie im Jahr 1940 bereits auf rund 4 Millionen Fr. und blieben, mit der Ausnahme des Jahres 1941, als diese 5,4 Millionen betrugen, zwischen 3 und 4 Millionen Fr. Die Abschreibungen wurden regelmäßig für Rückzahlungsrisiken gebildet. Während in den Jahren 1938−1940 vor allem die Darlehen aus dem Deutschen Reich abgeschrieben wurden, fanden in den Jahren 1941–1944 überwiegend nunmehr Abschreibungen wegen Kursschwankungen des US-Dollar-Kurses statt. Gegen Kriegsende gewann der US-Dollar an Wert und die Kredite wurden immer weniger wert, daher mussten die Abschreibungen vorgenommen werden. Aufgrund des guten Wirtschaftens über die Zeit des Zweiten Weltkrieges waren die Abschreibungen nur im Betrag von 2,2 Millionen Fr. zu verbuchen. Während die österreichischen Kreditinstitute den Großteil ihrer Forderungen, in Folge der Uneinbringlichkeit der Zahlungen aus Staatsanleihen, abschrieben, teilweise sofort, teilweise

672 CH CSG HA, ZFA/Die Jahresberichte der Schweizerischen Kreditanstalt für die Jahre 1938 bis 1945. 673 CH CSG HA, ZFA/85. Geschäftsbericht der Schweizerischen Kreditanstalt 1941, S. 15. 181

über die Jahre verteilt, musste die Schweizerische Kreditanstalt den geringsten Betrag den letzten 8 Jahren abschreiben.

In den Jahren 1938–1945 musste die Schweizerische Kreditanstalt eine „Wehrabgabe“ für Landesverteidigung leisten. Im Jahr 1941 zahlte das Kreditinstitut dafür 3 Millionen Fr. für 3 Jahre im Voraus, weswegen angenommen werden kann, dass diese Abgabe 1 Million jährlich ausmachte und bilanziell sofort abgeschrieben wurde.

Die Bilanzkennzahlen zeigen ein deutlich anderes Bild, als die der „ostmärkischen“ Kreditinstitute. Die Eigenkapitalquote der Schweizerischen Kreditanstalt betrug im Jahr 1938 18,2 % der Bilanzsumme. Im Jahr des Kriegsausbruches ist diese auf 17,7 % gesunken. Der CA-Bankverein wies, zum Bilanzstichtag des 31. 12. 1938, eine Eigenkapitalquote von „lediglich“ 7,1 % auf. Im Jahr 1942 ist diese Quote beim CA-Bankverein auf 9,95 % angewachsen, während diese bei der Schweizerischen Kreditanstalt im selben Jahr bei 15,8 % der Bilanzsumme lag. Die Schweizerische Kreditanstalt war somit wesentlich besser gegen Rückzahlungs- und Ausfallsrisiken als der CA-Bankverein abgesichert. Dabei vergab die Schweizerische Kreditanstalt in den Jahren 1938−1945 Darlehen sowohl an den Staat, als an private und öffentliche Körperschaften, während der CA-Bankverein zunehmend den Staat finanzierte; nach dem „Hypotheken-Sperrerlass“ fast ausschließlich. Die Diversifizierung der Anlagen war daher bei dem schweizerischen Kreditinstitut schon deswegen höher.

Die Kredite in % der Bilanzsumme betrugen bei der Schweizerischen Kreditanstalt im Jahr 1938 rund 52,9 % der Bilanzaktiva. Bei dem CA-Bankverein betrug diese Kennzahl im Jahr 1938 56 % der Bilanzsumme. Im Jahr 1942 betrug diese Kennzahl bei der Schweizerischen Kreditanstalt 36,1 % und beim CA-Bankverein 37,7 % ohne den Anteil der staatlichen Anleihen und 57,8 % mit Berücksichtigung der Staatsanleihen. Das Exposure des schweizerischen Kreditinstitutes war daher geringer und diversifizierter. Wir können daher abschließend festhalten, dass der CA-Bankverein gegenüber der Schweizerischen Kreditanstalt viel risikoreicher war. Damit wird der Schadensausmaß im Jahr 1945 beim CA-Bankverein deutlich, als der Großteil der Bilanzaktiva in Staatswertpapieren eines bankrotierten Staates, der dazu noch einen Weltkrieg verloren hatte, veranlagt war. Die Schweizerische Kreditanstalt verringerte ihr Exposure bis 1945 und schaffte somit einen Freiraum für Neufinanzierungen, was diese in der zweiten Jahreshälfte von 1945 zu tun anfing.

Die Zürcher Kantonalbank Die Zürcher Kantonalbank wurde im Jahr 1870, als ein Gegengewicht zu den schweizerischen Großbanken, gegründet.674 Der Politiker und Industrielle Johann Jakob Keller war dabei die treibende Kraft. Während ihrer Gründerjahre fokussierte sich das Kreditinstitut vorrangig auf Hypothekarkredite (Pfandkredite) und sonstige Kapitalbedürfnisse der Handwerker und Gewerbebetriebe, die von den Großbanken überwiegend nicht bedient wurden. Die Bank sollte sich zu einer „Bank des Zürcher Volkes“ entwickeln, einer Bank für den Kanton Zürich. Deshalb stellte dieses Kanton das Gründungskapital zur Verfügung, übernahm die Garantie für

674 Internetseite der Zürcher Kantonalbank: www.zkb.ch/de/uu/nb/wer-wir-sind/geschichte.html, aufgerufen am 18. Feber 2017 um 18.41. 182

alle Verbindlichkeiten der Bank und bestellte die obersten Organe dieses öffentlichen Kreditinstitutes. Die Bank wuchs rasant um die Jahrhundertwende, als die Zürcher Wirtschaft einen Aufschwung erfuhr. Die Krisenzeit des Ersten Weltkrieges, sowie die 1920er Jahre, inklusive der Weltwirtschaftskrise am Anfang der 1930er Jahre überlebte die Bank ohne Schwierigkeiten, weil sie gesetzlich und satzungsmäßig keine spekulativen Geschäfte eingehen durfte. Die Zürcher Kantonalbank war somit im Jahr 1938 das größte und führende regionale Kreditinstitut des Kantons Zürich, mit einer Bilanzsumme von 1,5 Milliarden Fr., von der fast 70 % auf Hypothekarkredite entfielen. Das Kreditinstitut refinanzierte sich über die gesamte Beobachtungszeit, von 1938 bis 1945, großenteils aus Spareinlagen, sowie aus Kassenobligationen und Kassascheinen. Kassascheine sind kurzfristige, festverzinsliche Schuldverschreibungen mit einer Laufzeit bis zu 1 Jahr. Die Laufzeit von Kassenobligationen beträgt in der Regel zwischen 2 und 8 Jahren. Beide Wertpapiere werden nicht an der Börse gehandelt.

Bei Betrachtung von Bilanzen und der Gewinn- und Verlustrechnungen (GuV) zwischen den Jahren 1938 und 1945 fällt vor allem ihre Stabilität auf. Die Bilanzsumme stieg in den Jahren 1938 bis 1944, von rund 1,455 auf 1,567 Milliarden Fr. an. Erst zum Bilanzstichtag des Jahres 1945 wuchs diese auf 1,606 Milliarden Fr. an, wobei die zweite Jahreshälfte von 1945 nicht durch Krieg geprägt war. Die einzelnen Bilanzposten veränderten sich kaum über die Zeit, am meisten stiegen die Pfandkredite, sowie die Spareinlagen.

Dabei war das Jahr 1938 für das Zürcher Kreditinstitut sehr turbulent. Im September fielen die Spareinlagen um 40 Millionen Fr., doch der Großteil konnte bis Ende des Jahres wieder eingeholt werden. In Zürich dominierte damals eine exportorientierte Textilindustrie, die im Jahr 1938 viele Auslandsaufträge verlor. Die Teilarbeitslosigkeit stieg an und daher entschieden sich viele Bankkunden, ihr Geld, zumindest vorübergehend, zuhause zu horten. Diese Entwicklung kam dem Kreditinstitut sehr entgegen, denn bereits im Jahr 1937 war die Leitung bestrebt, angesichts umfangreicher Kreditrückzahlungen, Fremdkapital abzustoßen. Dies geschah mit Zinssenkungen, sowie durch Konversionen von bestehenden Obligationen. In Folge aller genannten Geschehnisse sanken neue Bareinzahlungen von 35,5 Millionen Fr. im Jahr 1937 auf 10,5 Millionen Fr. im Jahr 1938. Der Bestand von Spareinlagen war hingegen immer noch hoch, mit 515,8 Millionen Fr. bei einer Bilanzsumme von 1,455 Milliarden Fr. Im Jahr 1939, dem Jahr des Kriegsausbruches, musste eine aktive Abwehr von Spareinlagen nicht mehr stattfinden, da sich Neueinzahlungen verlangsamten und um weitere 17 Millionen Fr. fielen, was weniger als im Vorjahr ausmachte. Die Zinssätze für alle Arten von Spareinlagen wurden leicht angehoben. Im Gegensatz zum Jahr 1938, als eine Störung nur im September vernommen wurde, fielen im Jahr 1939 die Neueinzahlungen kontinuierlich. Die Leitung der Kantonalbank führte dies in ihrem Jahresbericht gänzlich auf Vorratshaltung und Angstkäufe der Bevölkerung zurück und nicht auf Minderungen von Löhnen.675 Auch der Gesamtstand der Spareinlagen sank im Jahr 1939 um rund 4 Millionen Fr. Um weitere 24 Millionen Fr. fiel es im Jahr 1940. Während die Neueinzahlungen auf dem Vorjahresniveau blieben, stiegen die

675 Historisches Archiv der Zürcher Kantonalbank (CH-ZKB), 70. Rechenschaftsbericht über das Jahr 1939. Zürich 1940, S. 13. 183

Rückzahlungen in den Monaten März und Mai 1940 deutlich an. Der Grund war die Nervosität, die in der Folge der Vorbereitungen zu Evakuation eintrat, sowie die weiteren Angstkäufe von Vorräten. Erst im Jahr 1941 fingen die Spareinlagen wieder zu wachsen an und wuchsen kontinuierlich bis zur Ende der Beobachtungszeit. Am Bilanzstichtag des Jahres 1945 betrugen diese rund 606 Millionen Fr., bei einer Bilanzsumme von 1.606 Milliarden Fr.

Die Kassenscheine und Kassenobligationen, die zweite Hauptfinanzierungsquelle der Zürcher Kantonalbank, fielen in der Zeit von 1938 bis 1943 und stiegen erst in den Jahren 1944 und 1945 wieder an. Auch hier wurden zunächst Zinssenkungen mit Konversionen durchgeführt und fällig gewordene Obligationen nicht mehr im selber Höhe neu emittiert. Dies konnte die Leitung deshalb machen, weil die Spargelder „es mit Obligationsgeldern gut aufnehmen können“. Als im Juni 1939 die Maßnahmen zur „Abwehr“ von neuen Fremdmittel aufhören konnten, stieg der Zinsfuß auf Obligationen wieder (von 2,5 % auf 3,5 % bei Neuemissionen), doch die Käufer dieser Obligationen kauften offenkundig bei Fälligkeit diese Wertpapiere nicht mehr. Trotzdem stiegen in diesem Jahr die (langfristigen) Pfanddarlehen um zusätzliche 9,5 Millionen Fr. an, wobei diese zu sehr günstigen Konditionen ausbezahlt wurden.

In die Fristigkeit von Spareinlagen kann auf Basis von Jahresberichten keine Einsicht genommen werden. Wir dürfen nur annehmen, dass sich deren Entwicklung nicht wesentlich unterschiedlich von anderen schweizerischen Kreditinstituten gestaltet haben kann und die kurzfristigen Spareinlagen, mit einer Laufzeit bis zu einem Jahr, überwogen.

Das Grundkapital betrug während der gesamten Beobachtungszeit genau 90 Millionen Fr. Dazu kamen der Reservefonds und der sehr geringfügige alljährliche Gewinnvortrag, sodass die gesamte Eigenkapitalquote zwischen 9 und 10 % betrug. Dies ist auch nach heutigen Standards (Basler Regeln) eine angemessene Quote des Kapitals ist, welches etwaige Risiken abdeckt.

Grundsätzlich war die Passivseite der Zürcher Kantonalbank, von ihrer Struktur her, sehr ähnlich mit den kärntnerischen und steirischen regionalen Kreditinstituten. Die Sparkassen unterschieden sich insofern, dass ihre Bilanzpassiva fast zu 90 % oder mehr aus Spareinlagen, darunter überwiegend kurzfristigen Spareinlagen, bestanden. Die Zürcher Kantonalbank finanzierte sich über die gesamte Beobachtungszeit umfangreich auch aus der Emission kurz- und mittelfristiger Anleihen. Ein wesentlicher Unterschied bestand jedoch in der Art und Intensität der Sammlung von Spargeldern. Während in der „Ostmark“ bereits nach „Anschluss“ und vor dem Kriegsausbruch eine intensive Sparkassenwerbung geführt wurde, gab es in der Schweiz keine vergleichenden Werbekampagnen. Daher ist auch die Frage nach der Wirkung der deutschen Sparwerbung nicht fehl am Platz, wenn in beiden Staaten die Spareinlagen ohnehin stiegen. Die Werbemaßnahmen hatten im Deutschen Reich scheinbar minimalen Mehrwert.

Die Zürcher Kantonalbank veranlagte den Großteil (2/3) ihrer Mittel in langfristige Hypothekaranlagen (Pfandkredite). Deshalb scheint das Kreditinstitut, obwohl eine Universalbank, näher einem Hypothekeninstitut als einer Sparkasse gewesen zu sein. Der Anteil von Pfandkrediten war noch größer, wenn noch die hypothekarisch gesicherten Kontokorrentkredite (ungefähr die Hälfte von allen Kontokorrentkrediten) sowie die Hälfte von 184

allen Vorschüssen und Darlehen, dazu addiert werden, die ebenfalls hypothekarisch abgesichert waren.

Die Zahl von Darlehensgesuchen war stets groß und betrug um 3.000 Gesuche pro Jahr. Damals wurden die Darlehen entweder als „klassische“ Darlehen/Kredite oder als Schuldbriefe ausbezahlt. Der Schuldbrief besteht in der Schweiz auch heute noch und seine Anwendbarkeit wurde seit damals erweitert. Einen Schuldbrief gab es in den Jahren 1938−1945 nur in Papierform. Es handelte sich um eine Art Wertpapier, auf dem der Nominalbetrag der Forderung und die Hypothek aufgeschrieben waren. Der Schuldner haftete unabhängig von der Darlehenstilgung bis zum Nominalbetrag. Der Schuldbrief wurde bei der Bank hinterlegt und der Schuldner war dem Besitzer des Schuldbriefes zahlungspflichtig. Konnte er selber die Schuld nicht tilgen, wurde die auf dem Schuldbrief verbriefte Hypothek eingelöst. Der Schuldbrief wird in der Schweiz fast überwiegend beim Kauf von Grundstücken und Gebäuden verwendet.

Die Zürcher Kantonalbank vergab im Jahr 1938 rund 1.012 Millionen Fr. Hypothekarkredite. Davon waren 1.006 Millionen Fr. Schuldbriefe, der Rest „klassische“ Hypothekardarlehen mit herkömmlicher Grundbucheintragung, wie sie auch heute noch gewährt werden. Von den Schuldbriefen entfiel rund die Hälfte auf Kredite, die an Kunden in Zürich gewährt wurden. Der Rest verteilte sich auf die anderen Kantonalbezirke gleichermaßen, mit der Ausnahme des Bezirkes Winterthur. Der Anteil von Schuldbriefen blieb während der gesamten Zeit von 1938 bis 1945 gleich hoch. Der Hypothekarzinsfuß betrug seit dem Jahr 1938 unverändert 3,75 % p.a.

Zu einem Wendepunkt kam es im Geschäftsjahr 1942, als die vorzeitigen Kreditrückzahlungen zu einem dominierenden Faktor beim Nettobestand an Hypothekardarlehen wurden. Grund dafür könnten auch die Auswirkungen des am 1. Juli 1942 eingeführten neuen Bürgschaftsrechtes sein, der die Formvorschriften verschärfte. Dafür hat die Zürcher Kantonalbank, neben der bestehenden Mittelverflüssigung, noch zwei weitere Gründe am Markt vernehmen können. Erstens entschloss sich die Konkurrenz auch aus anderen Kantonen offenkundig zu höheren Belehnungen und zweitens zogen die Konkurrenzbanken durch Unterbietungen beim Zinssatz Kredite an sich und zahlten die Zürcher Kantonalbank aus. Bei der Zürcher Kantonalbank veränderten sich die wesentlichen Kennzahlen bei der Kreditvergabe nicht. Das Verhältnis zwischen gestellten und bewilligten Kreditanträgen blieb weiterhin bei 90 Bewilligungen auf 100 Anträge.676 Auch die Anzahl der bewilligten Anträge zu den Auszahlungen blieb mit 3:2 unverändert. Dass dies so bleiben konnte, geht darauf zurück, dass die Kantonalbank mehrere Kredite, jedoch mit kleineren Beträgen, auszahlte, was den Nettobestand des Exposures zumindest nicht schrumpfen lies. 677

Die restlichen Bilanzposten bildeten die Kassagelder sowie die Wertschriften auf dauernde Beteiligungen. Hier handelte es sich ausschließlich um von der Kantonalbank angekaufte

676 Gezählt wurden nur vollständige Anträge. 677 Ebd., S. 11. 185

Wertpapiere (Aktien und Anleihen) sowohl in einheimischer als auch in fremder Währung, weshalb auf diesem Konto auch die Kursgewinne oder Kursverluste ausgewiesen wurden.

Nennenswert ist auch die Finanzierung öffentlich-rechtlicher Körperschaften, darunter vor allem der Gemeinden. Im Bilanzjahr 1938 entfielen von 28 Millionen Fr. rund 23 Millionen Fr. an Gemeindekredite, von denen am 31. 12. 1938 genau 453 vergeben waren (28 neue und 425 bestehende Kredite)678. Die Summe von Gemeindedarlehen verminderte sich im Laufe des Jahres 1938 um 7 Millionen Fr. gegenüber dem Vorjahr, was den größten Einbruch in den Jahren 1937/38−1945 darstellte. Diese Entwicklung kann für das Jahr 1938 noch auf eine Senkung der durchschnittlichen Verzinsung der Gemeindekredit von 4 % auf 3,5-4 % erklärt werden, was eine Minderung von Zinserlösen um 200.000 Sfr nach sich brachte. Der Trend der Minderung von Gemeindedarlehen blieb während der gesamten Beobachtungszeit, mit Ausnahme des Jahres 1942, bestehen. Die Gemeindekredite fielen von 23 Millionen im Jahr 1938 auf 16,7 Millionen Sfr im Jahr 1945. Die daraus erwirtschafteten Zinserlöse sanken von 1 Million Sfr auf rund 628.000 Sfr im Jahr 1945. Wir sehen, dass die Gemeindefinanzierung (wie auch die Finanzierung öffentlich-rechtlicher Körperschaften und Genossenschaften) während der Beobachtungszeit schrumpfte. Den Trend einer immer kleineren Gemeindefinanzierung beobachteten wir auch bei den steiermärkischen und kärntnerischen Kreditinstituten, die 1942 ein Ende nahmen. Somit können wir davon ausgehen, dass eine Minderung des Umfanges der Gemeindefinanzierung durchaus den objektiven ökonomischen Gegebenheiten der damaligen Zeit entsprach, doch zu einem abrupten Ende, wie aufgrund des Hypotheken-Sperrerlasses im Deutschen Reich, kam es anderswo nicht. Die Gemeinden fragten teilweise aufgrund sinkender Verzinsung und teilweise aufgrund der verstärkten Konkurrenz außerhalb des Kantons Zürich immer noch nach neuen Darlehen. Eine Konkurrenz von außerhalb des jeweiligen Reichsgaues fand in der „Südmark“ nie statt. Weder die Kredite von Landes-Hypothekenanstalten, noch von Sparkassen, wurden von gleichartigen Kreditinstituten von außerhalb der Steiermark oder Kärntens abgezahlt. Auch insofern war die Entwicklung im Vergleich zu den schweizerischen Kreditinstituten unterschiedlich.

Die Gewinn- und Verlustrechnung zeigt trotz der erhöhten Liquidität über die gesamte Beobachtungszeit gleichbleibende Zinseinnahmen, Die Passivzinsen fielen am Ende der 1930er Jahre um 2 Millionen Fr. und blieben über die Zeit von 1940 bis 1945 stabil. Der Gewinn betrug durchgehend rund 7 Millionen Fr. Die Verwaltungskosten blieben ebenfalls stabil bei rund 5,5 Millionen Fr. Dass dieses Ergebnis erreicht werden konnte, zeugt von einer enormen Anpassungsfähigkeit der Zürcher Kantonalbank an die neuen Marktverhältnisse. Offenkundig konnte der Ausgleich zwischen der Aktiv- und Passivverzinsung über die gesamte Beobachtungszeit nahezu unverändert gehalten werden. Die Fristigkeit von Aktiv- und Passivanlagen verkürzte sich, obwohl auch langfristige Anlagen untergebracht werden konnten.

Der Vergleich zwischen den schweizerischen Kreditinstituten auf der einen, und den steiermärkischen sowie kärntnerischen Kreditinstituten auf der anderen Seite zeigt, dass es durchaus Überschneidungen in ihrem Bankbetrieb gab. So stiegen, zum Beispiel, die

678 48 Kredite im Wert von rund 10 Millionen Fr. wurden im Jahr 1938 zurückgezahlt. 186

Rüstungsausgaben in beiden Ländern, was eine erhöhte Rüstungsfinanzierung mit sich brachte. Damit verbunden waren die erhöhten Diskontierungen von Wechseln und der erhöhte Kauf von Staatsanleihen jeder Art. Der Unterschied bestand darin, dass die Wechsel von Deutschen Kreditinstituten auf ein fiktives Unternehmen gezogen wurden und die schweizerischen auf bestehende, funktionierende Unternehmen, deren Bonität vor der Diskontierung überprüft werden konnte. Zum Kauf von Staatsanleihen waren die deutschen Kreditinstitute verpflichtet („Hypotheken-Sperrerlass“), während die schweizerischen Kreditinstitute diese Mittel freiwillig in die staatlichen oder kantonalen Wertpapiere investierten. Diese wurden in Deutschem Reich fast ausschließlich für Zwecke der Rüstung ausgegeben, während in der Schweiz dies nur einen Teil darstellte. Die Schweiz hat in der Zeit 1938−45 vermehrt Anleihen für die Sanierung der Eisenbahnen emittiert.

Die Erhöhung von Spareinlagen und die Verkürzung ihrer Fristigkeit traten bei allen analysierten Kreditinstituten ein. Dabei stieg die Summe von Spareinlagen sowohl in Österreich als in der Schweiz schon vor dem Jahr 1938. Die Steigerungsrate nach dem Jahr 1938 war in der „Ostmark“ deutlich höher als in der Schweiz. Diverse „Sparaktionen“, die im Deutschen Reich geführt wurden, fanden in der Schweiz nicht statt. Auch staatlich verordnete „Lenkungen der Kaufkraft“ gab es in der Schweiz nicht.

Wesentliche Unterschiede zeigten sich bei der Kreditvergabe in beiden Staaten. Die regionalen Kreditinstitute (beide Landes-Hypothekenanstalten und die Sparkassen) kämpften um jeden Kredit. Die Baisse fiel so schwer ins Gewicht, dass die „ostmärkischen“ Verbände Verhandlungen auf überregionaler Ebene führen mussten, um den Kreditinstituten neues Geschäft zuzuführen und auch hier handelte es sich meistens um Umprogrammierungen und Refinanzierungen bestehender Kredite bei anderen Banken. Der Pfandkredit kam mit dem „Sperrerlass“ auf Hypothekarkredite in der „Ostmark“ gänzlich zum Erliegen. Danach durften Pfandkredite nur noch um den Betrag der Rückzahlungen bestehender Pfandkredite vergeben werden. Sogar mehr: der gesamte Mehrertrag von eingenommenen Spareinlagen musste zwingend in Staatsanleihen investiert werden. Die Gemeindefinanzierung, soweit diese noch aufrecht blieb, bestand hauptsächlich aus Finanzierungen des Wohnbaus und der damit verbundenen Infrastruktur. Dies setzte schon vor dem Kriegsausbruch ein. In der Schweiz wurden die Gemeindekredite und auch sonst Pfandkredite während der gesamten Zeit zwischen 1938 und 1945 gewährt. Im Jahre 1942 wurde sogar das schweizerische Bürgschaftsrecht erneuert, welches die Formvorschriften bei der Ausgabe von Bürgschaften deutlich verschärfte. Doch dies brachte das Hypothekarkreditgeschäft nicht zum Erliegen. Die Banken finanzierten bei den Gemeinden nicht nur den Wohnungsbau, sondern auch den Ausbau der öffentlichen Infrastruktur, Meliorationen und Ähnliches.

187

Kreditierung für das NS-Regime – Die Kreditfälle

Die Kreditfälle des CA-Bankvereins Um die Auswirkungen des gegebenen Bankbetriebes auf die Wirtschaft zu erforschen, werden wir daher nun den zweiten Ansatz, den „Bottom-Up-Ansatz“, heranziehen. Wir fangen mit dem CA-Bankverein an und werden in weiterer Folge auch die Auswirkungen der gegebenen Anlagepolitik der beiden Sparkassen und Landes-Hypothekenanstalten erforschen. Bei diesen Kreditinstituten, wie auch beim CA-Bankverein, werden wir uns lediglich auf die Gebiete der Steiermark und Kärntens beziehen.

Während der gesamten NS-Zeit war der Berliner Regierung die Förderung von Rohstoffen ein wichtiges Anliegen. Aus diesem Grund gewann nach dem „Anschluss“ die Montanindustrie an Bedeutung. Ein wesentliches Metall für die Rüstungsindustrie war Stahl, welches in speziellen Glühoffen für die Weiterverarbeitung eingeschmolzen und geformt wird. Im September 1938 ging diesbezüglich ein Schreiben bei der Direktion des CA-Bankvereins ein, dass seitens ihrer Grazer Filiale nach Wien geschickt wurde. Darin teilt die Grazer Filialleitung der Wiener Direktion mit, dass sie ein Schreiben vom Grazer Unternehmen „Herbert Zirl, Eisengießerei & Maschinenfabrik“ erhielt, in dem die Bank um eine „Unterstützung“ gebeten wird. Die Steirischen Gussstahlwerke AG aus Judenburg luden nämlich zwei obersteiermärkische Unternehmen zur Angebotsstellung ein, wovon das Grazer Unternehmen Kenntnis erlangte. Es handelte sich um eine Lieferung von neun Waggons Guss für Glühoffen im Wert von 55.000 RM.679 Die Grazer Maschinenfabrik schrieb an die Leitung der Grazer CA-Bankverein-Filiale:

„Zu diesem Auftrag wäre mir eine Unterstützung der Creditanstalt äußerst gedient, die jedoch so sein müsste, dass das Gussstahlwerk in Judenburg dieselbe nicht als einen ausgesprochenen Druck empfindet. Ich bitte Sie…in der Ihnen bekannten Weise mich bei dieser Firma zu unterstützen.“680

Daraufhin ersuchte die Grazer Filiale die Wiener Direktion, „das Judenburger Gussstahlwerk zu veranlassen, ein Offert bei der … Firma einzuholen“681.

Das Anliegen der Grazer Maschinenfabrik wurde seitens des CA-Vorstandes Heller übernommen, worauf dieser beim Direktor der Steirischen Gussstahlwerke sprach und „eine zusagende Äußerung“682 erhielt.

Bis September 1938 hatte der CA-Bankverein bereits einen Kredit von 40.000 RM683 vergeben. Dass sich die Grazer Maschinenfabrik über den CA-Bankverein und nicht direkt oder über

679 BA-CA, CA-IB, Steyr-Daimler-Puch, 35/03 (928), Brief der Filialleitung Graz an die Direktion Wien (ohne Namensangabe), Graz, 1. 9. 1938, o.S. 680 Ebd., o.S. 681 Ebd., o. S. 682 BA-CA, CA-IB, Steyr-Daimler-Puch, 35/03 (928), Notiz für Herrn Baurat Ing. Heller (Unterschrift unleserlich), Graz, 5. 9. 1939, o.S. 683 BA-CA, CA-IB, Steyr-Daimler-Puch, 35/03 (928), Brief der Filialleitung Graz an die Direktion Wien (ohne Namensangabe), Graz, 1. 9. 1938, o.S. 188

andere an das Judenburger Unternehmen wandte, lag wahrscheinlich darin, dass der Direktor der Steiermärkischen Stahlwerke, Karl von Hinke, seit März 1938 als stellvertretender Vorsitzender im Verwaltungsrat des CA-Bankverein saß. Zudem gehörten die Steierischen Gussstahlwerke A.G. bis März 1938 noch zu 100 % dem CA-Bankverein und wurden danach an die „Reichswerke Herman Göring“ veräußert684. Dennoch hatte offensichtlich auch die Grazer Filiale ältere Beziehungen zur Grazer Maschinenfabrik, die auf beidseitigem Vertrauen beruhte, wenn um eine Unterstützung „in der Ihnen bekannten Weise“685 gebeten wurde.

Das erwähnte Schreiben zeugt auch von der Einbindung des CA-Bankvereins in die steiermärkische Industrie. Nicht weniger eingebunden war die Bank in die Industrie Kärntens. Die Anteilsverkäufe an deutsche Unternehmen oder Holdinggesellschaften nach dem „Anschluss“ unterbanden die Geschäftsbeziehungen dieser Unternehmen mit dem CA- Bankverein nicht. Die Steirischen Gussstahlwerke AG erhielt nach der Anteilsübertragung an die Reichswerke, einen Kredit von 5 Millionen RM, einen Barkredit von 3,750 Millionen RM und einen Bürgschaftskredit von 266.750 RM.686 Mit diesen Krediten sollte das Unternehmen Aufträge für die Chemieindustrie erfüllen können, wobei es vorrangig um Ventile und Muffen für die Ausschöpfung von Erdölfeldern in Rumänien, Galizien und Ungarn, ging. Nach dem Jahr 1945 konnte der CA-Bankverein jene Beteiligungen, die nach dem „Anschluss“ an das Reich verkauft werden mussten, zurückfordern, was auch geschah.687 Die Grundlage dafür bildete die nach dem Krieg geltende „Opferdoktrin“ Österreichs, die auch im Staatsvertrag aus dem Jahr 1955 eine Bestätigung fand. Demnach war Österreich der erste von Deutschland angegriffene Staat und somit wurden die Handlungen des (staatlichen) CA-Bankvereins als von den Besatzern aufgezwungen betrachtet.688 Der CA-Bankverein stellte für die Steirischen Gussstahlwerke einen Entschädigungsanspruch von 40,7 Millionen RM (10 Millionen RM Nominale, der Rest Zinsen) und erhielt 7,5 Millionen zugesprochen und die vom CA- Bankverein auch erhalten wurden.689

Die Dokumente aus den verschiedenen Restitutionsverfahren, die seitens des CA-Bankvereins beantragt wurden, legten auch die totale Ausschöpfung jener Industriezweige an den Tag, die nicht an der Rüstung beteiligt waren. So zum Beispiel die Textil-, Papier- und Lebensmittelindustrie. Die österreichische Textilindustrie schätzte zu dem einen Verlust an

684 Feldman, Die Creditanstalt-Bankverein in der Zeit des Nationalsozialismus, S. 128. Neben den Steirischen Gussstahlwerken A.G. wurden auch die Anteile an Steyr-Daimler-Puch A.G. und an den Maschinen- und Waggonfabriken A.G. an die Reichswerke verkauft. 685 BA-CA, CA-IB, Brief der Filialleitung Graz an die Direktion Wien (ohne Namensangabe), Graz, 1. 9. 1938, o.S. 686 Feldman, Die Creditanstalt-Bankverein in der Zeit des Nationalsozialismus, S. 575. Es handelte sich um einen syndizierten Kredit im Betrag von 28 Millionen RM an die „Reichwerke“, an dem die Wiener Länderbank mit 25 % beteiligt war. 687 Oliver Rathkolb, Die ungeschriebene Geschichte. Creditanstalt-Bankverein und die Entschädigung bzw. Restitution von Vermögenswerten Jüdischer Kunden und Kundinnen nach 1945, in: Gerald D. Feldman (Hrsg.) u.a., Österreichische Banken und Sparkassen im Nationalsozialismus und in der Nachriegszeit, Band I., München 2006, S. 685ff, insbesonders ab S. 710ff. 688 Ebd., S. 712f. 689 Ebd., S. 734. 189

Rohstoffvorräten und Hilfsmaterialien auf 25 %, von Webstühlen auf 15 % ein. Wie groß die „Auslastungslücke“ war, kann am besten daran ermessen werden, dass bereits 1947 die Produktionsauslastung in Österreich auf 60 % anstieg und zwar so sehr, dass sogar Garne und Webwaren exportiert werden konnten, was Österreich die ersten Devisen brachte. Die UNRRA- Spenden an Baumwolle betrugen 810 Tonnen, dazu musste eine Quäckerhilfsaktion durchgeführt werden, um den Inlandsmarkt zu sättigen. Weiterhin bestanden aber noch Probleme aufgrund des veralteten Maschinenparks, was auch darauf schließen lässt, dass die Textilindustrie nicht annähernd so viel Finanzmittel erhielt, wie jene Industriezweige, welche für die Rüstung produzierten. Dies zeigt aber wiederholt, dass es durchaus Alternativen zu den Staatswertpapieren gab. Ein weiterer Beleg für die hohe Ausschöpfung der Textilindustrie ist der rapide steigende Umsatz nach dem Krieg.690 Ähnliche Entwicklungen zeichneten sich auch bei anderen Unternehmen im Umkreis des CA-Bankvereins, wie zum Beispiel bei den Pragwalder Textilwerken in Litija/Littai, bei Hutter & Schranz AG (beide Textil)691, bei der Leykam-Josefthal AG aus Graz (Papier)692 oder der Ennser Zuckerfabrik (Lebensmittel)693.

Das Grazer Unternehmen Leykam-Josefthal AG, an dem der CA-Bankverein 59 % des Aktienkapitals besaß694, ist nicht nur ein Beispiel dafür, wie skrupellos sich die Politiker der Beteiligungen des CA-Bankvereins bedienten, um in der Wirtschaft Einfluss zu erlangen, sondern auch, wie sehr die Finanzierung von nicht-rüstungsrelevanten Unternehmen ausblieb. Das Unternehmen beschäftigte vor dem „Anschluss“ viele jüdische Mitarbeiter, deren man sich bis zum Ende des Jahres 1938 entledigte. Hierfür war der CA-Vorstand persönlich eingebunden, zumal die Direktoren von Leykam Juden waren. Doch die Mehrheitsbeteiligung des CA-Bankvereins führte auch dazu, dass in dem Unternehmen vorrangig die Zellstoff- und Papierproduktion abgewickelt werden sollte, während andere Geschäftszweige und damit viele Produktionsstandorte, die das Unternehmen besaß, aufgegeben oder verkauft wurden.695

Das Unternehmen wurde nach dem „Anschluss“ der direkten Konkurrenz aus dem „Altreich“ ausgesetzt und das bei steigenden Holzpreisen, weshalb die Berliner Regierung eine Preissenkung forderte.696 Diese Entwicklung nutzte die Unternehmensführung, um beim CA- Bankverein um eine Finanzierung für die Erneuerung des Maschinenparks anzusuchen, was die Bank auch bewilligte.697 Die bankinterne Begründung beruhte auf der Meinung, dass mit dieser Investition das Unternehmen zu seiner Konkurrenz aufschließen könnte. Im April 1939 erhielt das Unternehmen einen (reichsverbürgten) Konsortialkredit von 3 Millionen RM, im Juli weitere 2 Millionen RM und noch 1 Million RM an kurzfristigen Mitteln. Beim Kredit von 3 Millionen RM trug der CA-Bankverein kein Risiko, denn beim Zahlungsausfall würde der Staat zahlen. Doch die Durchführung der geplanten Investition verlangsamte sich mit Kriegsausbruch

690 Ebd., S. 715. 691 Ebd., S. 716ff. 692 Ebd., S. 721f. 693 Ebd., S. 725ff. 694 Feldman, Die Creditanstalt-Bankverein in der Zeit des Nationalsozialismus, S. 532. 695 Ebd., S. 533. 696 Ebd., S. 535. 697 Ebd., S. 534f. 190

aufgrund unzureichender Materiallieferungen erheblich. Trotz diverser Ansuchen, Interventionen und Gesprächen mit Behörden, war es nicht möglich das Unternehmen als kriegswichtig einzustufen, womit es mit Rohstoffen im ausreichenden Maß beliefert wäre. Dabei hatte das Unternehmen mit Problemen der Papierindustrie in der „Ostmark“ zu kämpfen: die bereits erwähnte Holzverteuerung, Arbeitermangel, Kohlenverteuerung, Transportprobleme und zu allerletzt noch der Preisstopp für die Erzeugnisse. Gleichzeitig musste das Unternehmen aber auch die Kredite zurückzahlen. Der reichsverbürgte Kredit von 3 Millionen RM hatte ein Moratorium bis 1941 und eine Laufzeit bis 1953. Die Raten wurden fällig und dem Unternehmen sanken die Einkünfte. Jetzt verschärfte die Bank den Druck. Das Unternehmen musste Produktionsstätten schließen, wobei vor allem seitens des CA-Vorstandes Friedl erheblicher Druck auf Leykam ausgeübt wurde. Obwohl das Exposure der Bank bereits hoch war, oder gerade deswegen, wurde seitens der Unternehmensführung der Plan ersonnen, im soeben besetzten Polen Fuß zu fassen und im polnischen Gebiet zu expandieren. Dafür sollte ein bestehendes polnisches Unternehmen gekauft werden. Die Wahl fiel auf die „Kluczewska Fabryka Papieru & Cellulozy“ in Klicze mit Hauptsitz in Warschau.698 Vorstand Friedl stimmte dem Übernahmeplan mit der Begründung, dass nach dem gewonnenen Krieg die Fabrik außerordentliche Entwicklungschancen haben wird, zu, jedoch nutzte er diese Gelegenheit um Druck auf Leykam noch zusätzlich zu erhöhen. Sein Kalkül ist relativ einfach zu ergründen: die polnischen Übernahmen wird Leykam großenteils selbst finanzieren, sollte der Krieg gewonnen werden, gibt es für den CA-Bankverein große Finanzierungsmöglichkeiten beim Wiederaufbau, sollte es scheitern, wird die Bank nicht viel verlieren. Des Risikos war sich auch Leykam bewusst und versuchte beim Verkäufer eine Kaufpreissenkung zu vereinbaren, für den Fall, dass Verknappungen bei Rohstofflieferungen eintreten sollten oder sollte eine Stilllegung erzwungen werden. Der Verkäufer lehnte alle Ansuchen ab. Aus den Verkäufen von Betriebsstätten in der „Ostmark“ rechnete man mit einem Erlös von 2,2 Millionen RM, der Kaufpreis betrug 4,3 Millionen RM und 2 Millionen RM für bewegliche Aktiva. Finanziert wurde es mit einer Anzahlung von 1,5 Millionen RM, der Rest verteilt auf 7 Jahre mit einer Fixverzinsung von 3 % p.a.699 Dies spielte sich im Oktober 1941 ab. Als der spätere Kriegsverlauf immer mehr auf eine deutsche Kriegsniederlage hindeutete, trat in der Bank spätestens 1944 ein Sinneswandel ein. Der Leykam-Vorstand berichtete immer öfter über Partisanenkämpfe, Sabotageakte und Luftangriffe, die zu einer Verschlechterung der Sicherheitssituation in Warschau führten, wo sich der Firmenhauptsitz befand.700 Es ist verständlich, dass unter diesen Umständen an eine effiziente Holzlieferung für Papierproduktion nicht zu denken war, geschweige denn, dass in der Zukunft eine Produktionssteigerung möglich wäre. Sämtliche zusätzliche Neufinanzierungen wurden abgewiesen. Der CA-Vorstand täuschte sich zwar noch einige Zeit damit, dass der Erwerb in Polen gut sei, doch diese Überzeugung schmälerte von Tag zu Tag.

698 Ebd., S. 535. 699 Ebd., S. 536. 700 Ebd., S. 538. 191

Dieses Engagement des CA-Bankvereins deutet auch auf die geistige Verfassung der Führung vom CA-Bankverein, wie die Autoren der Monographie über den CA-Bankverein schreiben.701 Die getroffenen Entscheidungen über die Finanzierungen bei gleichzeitigem Drängen auf die Schließungen und Verkäufe von Betriebsstäten und den Ausstieg aus gewissen Produktionssparten waren auf einen gewonnenen Krieg unter Beibehaltung von besetzten Gebieten (in Polen) und auf die Rüstungswirtschaft angelegt. Der „Industriekomplex“ des CA- Bankvereins wurde aufgrund dieser, für den Bankverein schädlicher und falscher Entscheidungen, negativ betroffen. So war nach Kriegsende an ein Behalten von Produktionsstätten in Polen nicht zu denken und alle dorthin vergebenen Darlehen konnten letztendlich nur abgeschrieben werden. Umgekehrt war die unzureichende Unterstützung der Papierindustrie ebenfalls ein Nachteil für den Bankverein, weswegen der einstige „Industriekomplex“ des CA-Bankvereins nach Kriegsende nie mehr die ursprüngliche Größe erreichte, weil die Eigentümerverhältnisse sich veränderten und ein Rückkauf nicht durchführbar war.

Steiermärkische Unternehmen expandierten nicht nur in den Osten, sondern auch in den ehemaligen jugoslawischen Wirtschaftsraum. Der CA-Bankverein sah sich hierbei in einer Vorreiterrolle. Wie so oft versuchten die politischen Machthaber Regime diejenigen Unternehmen zu unterstützen, die für die Rüstung bedeutungsvoll waren. Sehr selten passierte es, dass Unternehmen aus Tirol, Wien oder gar dem „Altreich“ Anteile an ehemaligen jugoslawischen Unternehmen übernahmen oder deren Betriebsstätten für sich einbezogen, obwohl einige solche Fälle bekannt sind. Die stark industrialisierte Steiermark bildete (zusammen mit Kärnten) daher den idealen Ausgangspunkt für die „Eroberungen“ in der Untersteiermark und in Oberkrain. Die einzige Bank, die dafür in Frage kam, war der CA- Bankverein, der sich sogar die Expansion in den Balkanraum zur Aufgabe machte.

Das steiermärkische Unternehmen Lapp-Finze AG, mit Hauptsitz in Kalsdorf bei Graz, produzierte Schlösserwaren, Schrauben, Beschläge sowie Maschinendrähte und gehörte zu 60 % des Aktienkapitals dem CA-Bankverein. Der Rest befand sich im Streubesitz. Neben der Hauptproduktionsstätte in Kalsdorf besaß das Unternehmen die Firma Zeljeso-prometno in Zagreb/Agram, für die ein Betrieb aus der Nähe von Maribor/Marburg die Fertigung durchführte.702 Die Direktion von Lapp-Finze bemühte sich kurz nach dem „Anschluss“, als ein rein „arisches“ Unternehmen dargestellt zu werden, um an öffentliche Aufträge zu kommen. Dies geschah auch mit einem Auftrag für die Wiener Straßenbahn. In den Folgejahren optimierte das Unternehmen seine Produktion und begann für die Rüstung Aufträge zugeteilt zu bekommen.

Damit begann für das Unternehmen ein Erweiterungszyklus, der seitens des CA-Bankvereins tatkräftig mit Finanzierungen unterstützt wurde. Erst recht fing das Unternehmen mit der Besetzung Jugoslawiens zu expandieren an. Die Fertigungsbetriebsstätte aus der Nähe von Maribor/Marburg lag nun auf deutschem Hoheitsgebiet und wurde sofort nach April 1941 mit einem Kredit von 50.000 RM unterstützt, der später auf 75.000 RM aufgestockt wurde. Doch

701 Gemeint ist das Buch von Feldman u.a., Die Creditanstalt-Bankverein in der Zeit des Nationalsozialismus. 702 Ebd., S. 605. 192

die Kapazitäten in dem untersteirischen Ort waren begrenzt, weshalb die Unternehmensleitung sich nach neuen Anschaffungen umsah und fand diese in der Firma Titan AG in Kamnik/Stein in Oberkrain. Mit dem Kauf dieses Unternehmens löste Lapp-Finze zwei Probleme gleichzeitig. Erstens wurde eine Kapazitätserweiterung für die Produktion vorgenommen und zweitens wurde ein jugoslawischer Konkurrent übernommen. Nachteilig war es auch nicht, dass die Titan AG gewinnbringend war und über ein eigenes Absatznetzwerk verfügte. Um an die Kapitalmehrheit zu kommen, wurde der Lapp-Finze seitens des CA-Vorstandes Friedl nahegelegt, sich die Zustimmung der Zivilverwaltung zu holen.703

Die CA-Führung wollte einem möglichen Einstieg eines „altdeutschen“ Kreditinstitutes damit vorbeugen. Das Kapital der Titan AG war unter drei Aktionären aufgeteilt, ohne einen Mehrheitsaktionär. Ein Aktionär, der Direktor Nikola Kostrenčić, bot an, sich mit den andren beiden Aktionären in Verbindung zu setzten und zusammen mit dem CA-Bankverein in Wien eine Übernahme zu beschließen. Doch wie sich im Laufe der Zeit herausstellte, scharten sich Industrieunternehmen um die Zivilverwaltung und insbesondere um die Klagenfurter Handelskammer sowie das Gauwirtschaftsamt mit dem Ziel, das Unternehmen bei Überführung in „deutsches Eigentum“ selbst zu übernehmen. Vor allem die Titan-eigene Gießerei war für die Unternehmen vom Interesse. Dies war auch bei der Lapp-Finze der Fall. Daher gab es einen regen Brief- und Telefonverkehr zwischen Wien und Kalsdorf, zwischen dem Direktor der Lapp-Finze und Vorstand Friedl vom CA-Bankverein in Wien. Doch in Wien selbst wollte man sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen und bat die Filiale in Kranj/Krainburg in Oberkrain, sich stärker in die Angelegenheit einzubringen, da sie ja mit lokalen Behörden in Verbindung stünde. Die Filialleitung brachte schließlich in Erfahrung, dass vor allem der Kärntner Chemieindustrielle Auer von Welsbach Interesse am Kauf der Titan AG hat und gab an die Lapp-Finze genaue Anweisungen, was im Kaufangebot geschrieben werden sollte. Wie die Krainburger Filialleitung in Erfahrung bringen konnte, stand die Zivilverwaltung der Lapp- Finze ablehnend gegenüber aus Sorge, dass die Lapp-Finze nur an kurzfristigen Gewinnen interessiert sei, womöglich weil sie selbst keine Gießerei besaß, aber keine langfristigen Pläne mit dem Unternehmen hatte.704

Schließlich übernahm der Reichsgau im September 1941 das Unternehmen, um es in der Folge zu verkaufen. Die Lapp-Finze konnte die Titan AG besichtigen und bekam auch Zugang zu Daten, die in der Folge an den CA-Bankverein übermittelt wurden, damit ein erstes Wertgutachten erstellt werden konnte. Die Zivilverwaltung erkundigte sich sogar beim Krainburger Filialleiter Faiß, warum der CA-Bankverein ein so großes Interesse an der Titan AG hatte, was mit dem Hinweis auf die Zugehörigkeit der Lapp-Finze zum „CA-Konzern“ beantwortet wurde. In die Übernahmeangelegenheiten mischte sich auch die Dresdner Bank ein. Das deutsche Kreditinstitut legte Beschwerde ein, weil der CA-Bankverein angeblich versuche, die Titan AG an Ausländer zu verkaufen, was nicht zutraf. Das jedoch sowohl die Dresdner Bank, wie auch der CA-Bankverein so sehr um die Titan AG kämpften und Lobbying betrieben, zeigt, wie sehr man versuchte in neu besetzten Gebieten die eigenen Interessen

703 Ebd., S. 606f. 704 Ebd., S. 608. 193

durchzusetzen und welche Konkurrenz dafür unter den Banken herrschte. Wie man offenkundig sehen kann, wäre keinem Unternehmen selbst die Übernahme gelungen, würde man nicht über Banken und „Verbündete“ in der Zivilverwaltung versuchen ins Rennen einzusteigen. Die Lapp-Finze schaffte es ausschließlich über den CA-Vorstand Friedl in Wien und mit dem Krainburger Filialleiter Faiß. Dazu kamen auch regionale Interessen ins Spiel. Die Lapp-Finze konnte betonen, dass es ein „arisches“ und „nationalsozialistisches“ Unternehmen sei, doch ohne die Zustimmung von Gauleiter Rainer wäre daraus auch nichts geworden. Dieser hatte vor, die Titan AG einem Kärntner Unternehmen zu verkaufen. Davon zeugt vor allem die Tatsache, dass die Lapp-Finze erst im Jahr 1943 die Titan AG übernahm.705

Die Übernahme finanzierte selbstverständlich der CA-Bankverein. Dabei stellt sich die Frage, warum diese Bank überhaupt ein so großes Interesse an der Lapp-Finze zeigte, warum sich der Vorstand so sehr um die Übernahme der Titan AG bemühte und warum nicht eher ein Ausweg aus der Kapitalbeteiligung an der Lapp-Finze gesucht wurde. Ein Bericht des CA-Bankvereins über die Lapp-Finze AG vom 27. Jänner 1943706, der für die Verhandlung im Kreditausschuss der Bank verfasst wurde, zeigt kein außerordentlich gewinnreiches Bild des steiermärkischen Unternehmens. Im Jahre 1941 verbesserten sich die Ergebnisse der Gesellschaft zwar wesentlich, jedoch aufgrund von außerordentlichen Abschreibungen, basierend auf den „Ostmarkbegünstigungen“. Nur deshalb konnte ein Gewinn ausgewiesen werden, der den Verlustvortrag aus dem Geschäftsjahr 1940 abdeckte. Aufgrund der Kriegseinwirkungen verschlechterten sich die Ergebnisse im Jahr 1943 weiter. Zusätzlich trug ein Elementarereignis, der einen mehrwöchigen Stillstand und Aufräumungsarbeiten erforderte, zum schlechten Ergebnis bei.707 Man ging von einer günstigen Entwicklung in den Folgejahren aus, wozu die im Anlauf befindlichen Neuinvestitionen beitragen sollten.708 Bedenkenswert ist die Darlehensgewährung auch von dem Hintergrund der im Jahr 1943 bereits starken Partisanenaktivitäten in Oberkrain und in Ljubljana/Laibach, aufgrund welcher es zu Sabotageakten kommen könnte.709 Aus den zur Verfügung stehenden Dokumenten geht nicht hervor, dass diese Möglichkeit überhaupt angedacht wurde.

Zum Zeitpunkt der Verhandlungen im Kreditausschuss des CA-Bankvereins (Jänner 1943) lag lediglich die Bilanz für das Geschäftsjahr 1941 vollständig vor. Daraus geht eine Bilanzsumme von rund 4 Millionen RM hervor, wobei der Reingewinn (1941) 83.000 RM betrug. Die Verbindlichkeiten des Unternehmens beliefen sich zum 31. Dezember 1941 auf 796.000 RM. Davon stellten über 90 % Kredite vom CA-Bankverein dar: einen Barkredit von 500.000 RM, einen Escomptkredit von 100.000 RM und einen Haftungskredit von 20.000 RM. Zur Übernahme der Titan AG in Kamnik/Stein wurde ein Darlehen von 1,5 Millionen RM gebilligt.710 Dieses Darlehen allein bewirkte bei der Lapp-Finze eine Bilanzverlängerung um

705 Ebd., S. 609. 706 BA-CA, CA-V, Bericht von Friedl über die Lapp-Finze Eisenwarenfabriken Aktiengesellschaft, Kalsdorf, an den CA-Arbeitsausschuss, Wien 27. 1. 1943, S. 2. 707 Ebd., S. 1f. 708 Ebd., S. 3. 709 Feldman, Die Creditanstalt-Bankverein in der Zeit des Nationalsozialismus, S. 611. 710 Ebd., S. 2. 194

rund einen Drittel und es bleibt fraglich, ob so ein Kredit unter üblichen Umständen überhaupt gewährt werden dürfte. Die Kriegszustände und fallende Ergebnisse im Jahr 1940 bedingten höchstens eine Minderung des Exposures und nicht eine Erhöhung durch Neufinanzierung. Stattessen hielt der CA-Bankverein in seinem Bericht fest:

„Für normale Verhältnisse kann mit einer angemessenen Verzinsung des Aktienkapitals gerechnet werden, besonders deshalb, weil sich die im Anlauf befindlichen Neuinvestitionen zweifellos günstig auswirken werden.“711

Dies ist ein Beleg dafür, dass die Übernahme der Titan AG nur unter der Annahme einer positiven zukünftigen Entwicklung finanzierbar war. Diese würde zweifellos eintreten, denn die Erträgnisse der Fabrik in Kamnik/Stein waren äußerst günstig, worauf auch der Bericht des CA-Bankvereins verwies. Vor allem die günstige Preiskonstellation und namhafte Exportmöglichkeiten garantierten hohe Erträge. Daher wird außer Frage gestellt, weshalb sich die Führung der Lapp-Finze AG so sehr für die Übernahme der Titan AG einsetzte und warum auch der CA-Bankverein daran festhielt. Unter normalen Marktkonditionen, ohne diese Übernahme, ohne Belang für die Rüstung und ohne Krieg wäre die Lapp-Finze eher dem Untergang geweiht, außer die Bank würde selber eine Gießerei in Kalsdorf finanzieren. Jetzt konnte ein gutes, ertragsreiches Unternehmen sehr günstig erworben werden, was auch der CA- Bankverein und auch die deutsche Dresdner Bank einsahen. Dies erklärt auch, warum die Gauleitung dem steiermärkischen Unternehmen eher abgeneigt war und warum befürchtet wurde, die Übernahme würde nur die schlechte Ertragslage der Lapp-Finze ausbessern, die Titan AG und Kärnten, zu dem auch Oberkrain gehörte, hätten davon aber wenig. Deshalb sah sich die Gauleitung unter Rainer eher zu dem Kärntner Industriellen von Welsbach hingezogen, für den offensichtlich angenommen wurde, er verträte die regionalen Interessen besser als das Kalsdorfer Unternehmen.

Der Kaufvertrag zwischen der Lapp-Finze AG und der Titan AG sah die Übernahme der Anlage in Kamnik/Stein zum Kaufpreis von 600.000 RM vor, die Geräte zu Gestehungskosten, sowie die inländischen Debitoren und Kreditoren. Die beweglichen Gegenstände sollten den Restbetrag von 800.000 RM darstellen. Die Finanzierung des Kaufes wurde von der Zustimmung der Kärntner Gauleitung sowie der Erteilung einer Transfergenehmigung seitens der Devisenstelle abhängig gemacht. Beides wurde in der Folge erteilt und genehmigt.712

Dass am Ende die Lapp-Finze endlich die Titan AG übernehmen konnte, war auch Hans Malzacher, dem Aufsichtsrat-Mitglied der Lapp-Finze zu verdanken713. Er war zwischen 1934 und 1936 Direktor des Unternehmens und kannte sich in der Rüstungsbranche gut aus. Aus seiner Korrespondenz mit Rainer geht hervor, dass Malzacher mit Rainer auf gleicher Augenhöhe verkehrte. Rainer seinerseits wusste, dass er ein Gefolgsmann des Reiches war und für diesen die Rüstung an erster Stelle stand. Einem Unternehmen, das bestens in Rüstungs-

711 BA-CA, CA-V, Bericht über die Lapp-Finze Eisenwarenfabriken Aktiengesellschaft, Kalsdorf, 27. 1. 1943, S. 2. 712 Ebd., S. 3. 713 Ebd., S. 61f.

195

Netzwerken eingebunden war, diese Übernahme zu verweigern, könnte auch Folgen für die Gauleitung in Klagenfurt haben. Zudem war die Lapp-Finze AG mit Rüstungsaufträgen bestens eingedeckt und genoss einen guten Ruf. Dies deutet aber wie in diesem Beispiel auch auf die Wichtigkeit von, auch wenn nur regionalen, inoffiziellen Netzwerken. Wir können uns auch fragen, ob hier die Lapp-Finze oder der CA-Bankverein den Ton angaben? Es könnte auch dahin argumentiert werden, dass der CA-Bankverein hier eine untergeordnete Rolle spielte. Die Bank war zwar beteiligt und betrieb Lobbying für die Lapp-Finze AG, doch war das Unternehmen dasjenige, das das Material lieferte und nur das war der politischen Spitze wirklich wichtig.714

Für den CA-Bankverein hatte die Beteiligung der Lapp-Finze an der Titan AG nur negative Folgen. Ab dem Jahr 1944 wurde das „Werk II“ der Lapp-Finze, wie die Titan AG nun hieß, von Partisaneneingriffen stark beschädigt und das Werk im steiermärkischen Kalsdorf fiel den alliierten Bombenangriffen zum Opfer. Auch der Zufluss von Zwangsarbeitern nahm ab.715 Dennoch war die Lage auch nach 1945 nicht ohne jegliche Aussichten, denn gerade aufgrund der Einbindung des Unternehmens in die deutsche Rüstungswirtschaft, unterstützt durch Kredite des CA-Bankvereins, entwickelte sich das steiermärkische Unternehmen technologisch äußerst weiter, was für die Industrie der Steiermark nach dem Krieg von großer Bedeutung war. Leider sind die Akten für die Zeit nach 1945 (noch) nicht zugänglich und es wäre interessant zu erfahren, ob damals aufgebaute Verbindungen zwischen dem CA-Bankverein, der deutschen Rüstungsindustrie und der Lapp-Finze, sowie dessen „Nachfolgern“, auch später bestanden oder heute noch intakt sind.

Der Fall von Lapp-Finze darf nicht davor täuschen, dass sehr wohl auch Kärntner Industrieunternehmen, sowohl in Oberkrain aber auch in der Untersteiermark, Betriebe und Unternehmen kauften und sie in ihre Produktionsketten einfügten. Viel mehr noch: nach der italienischen Kapitulation, als die Nationalsozialisten „Kärnten vor neuen Aufgaben“ sahen, was sich freilich auf die Verwirklichung ihrer Interessen in der „Operationszone Adriatisches Küstenland“ bezog, waren es vor allem Kärntner Unternehmen, die sich dort nach neuen „Kaufobjekten“ umsahen. Dabei fassten sie aber nicht nur Industriebetriebe ins Auge, sondern auch die großen Bauerngründe, vorrangig im slowenischen Vipava-Tal, das wegen seiner außerordentlicher Bodenfruchtbarkeit besonders begehrenswert erschien. Man schmiedete zwar Pläne, doch der Krieg ging innerhalb von zwei Jahren verloren und damit wurde daraus nicht viel. Der Vorstand des CA-Bankvereins wollte noch im April des Jahres 1944 unter allen Umständen in Triest Fuß fassen. Dieser Wunsch deckte sich auch mit dem des Obersten Kommissärs in Triest. Im CA-Bankverein wurde mit dieser Aufgabe der Vorstand Josef Joham betraut. Die politischen Instanzen befürworteten es, dass der CA-Bankverein in erster Linie in Frage komme. Die Überlegungen gingen in die Richtung einer 50 prozentigen Beteiligung an der in Triest bestehenden Banca Triestina, da ein Mehrheitsanteil im Verhandlungswege nicht zu erreichen sei. Sollte auch das nicht erreicht werden, überlegte der Vorstand, die in Ljubljana/Laibach bestehende CA-Bankverein-Filiale zu einem selbstständigen Kreditinstitut

714 Ebd., S. 610. 715 Ebd., S. 611. 196

umzuwandeln und seinen Sitz nach Triest zu verlegen. Offenkundig, wollte man unter allen Umständen keine eigene Filiale in Triest eröffnen um direkt für Darlehen haften zu müssen. Sollte es zu Schwierigkeiten kommen, so wäre die Beteiligung wertlos geworden, aber die Schulden würden den CA-Bankverein in Wien (direkt) nicht belasten. Ein Jahr später war der Krieg bereits zu Ende.

Die Situation in Kärnten stellte sich für den CA-Bankverein aufgrund der „Konkurrenz“ der Bank für Kärnten anders dar. Die Bank für Kärnten galt dort als die „erste Bank des Landes“ und hatte ihr Hauptquartier am Klagenfurter Hauptplatz und Filialen in Villach, Spital an der Drau und in Wolfsberg716, während der CA-Bankverein Filialen in Klagenfurt und Villach unterhielt und erst nach April 1941 zwei Filialen in Bled/Veldes und Kranj/Krainburg (beides Oberkrain) eröffnete. Weil es sich um eine Aktiengesellschaft handelte, die zur Hälfte717 bereits in deutscher Hand war, wurde es weitgehend von personellen Umwälzungen beim „Anschluss“ ausgeklammert. Die Bank für Kärnten arbeitete zudem mit den 10 Kärntner Sparkassen718 sehr eng zusammen und nahm im regionalen Wettbewerb und nach der Bilanzgröße den dritten Platz hinter der Sparkasse und der Landes-Hypothekenanstalt ein.

Der bereits bearbeitete Fall der Lapp-Finze AG ließ schon andeuten, dass man Vorbehalte gegen die aus Wien forcierten Übernahmen hatte. Dass die Gauleitung so großes Gehör für die Anliegen der regionalen Bank für Kärnten hatte, lag nicht nur am Kärntner Patriotismus, sondern auch daran, dass es in diesem Kreditinstitut bereits ab 1934 eine NS-Zelle gab, die Carl Pflüger führte. Pflüger war ein Schwager des von Kärnten und Salzburg, Friedrich Rainer, und wurde 1939 zum stellvertretenden Direktor der Bank bestellt.719 Die Kärntner Filialen des CA-Bankvereins konnten zwar auf ihrer jeweiligen Führungsebene keine so engen Verbindungen zu politischen Machthabern in Kärnten vorweisen, dennoch stand die „Gefolgschaft“ in den Kärntner CA-Filialen, was die Regimetreue anging, den Kollegen der Bank für Kärnten, im nichts nach. So wurde die „Kameradschaft“ in der Villacher Filiale des CA-Bankvereins im Sinne des Nationalsozialismus als „vorbildlich“ beurteilt. Deshalb musste sie vor dem „Anschluss“ durch „schwere Belastungsproben“ gehen, welche in den früheren „politischen Verhältnissen ihre Ursache“ hatten. Um seine Loyalität den neuen Machthabern in Kärnten zu beweisen, wurde die Villacher Filiale im Paracelsus-Hof grundlegend renoviert und hinsichtlich „Gesundheit und Schönheit der Arbeit“ neu und modern ausgestaltet, um „den freudigen Einsatz aller Kräfte“ der „Gefolgschaft“ zu ermöglichen.720 Es mag gerade diese „Regimetreue“ gewesen sein, welche es ermöglichte, dass der CA-Bankverein in Gorenjska/Oberkrain eine Genehmigung zur Errichtung einer Zweigstelle seitens des Chefs der Zivilverwaltung der Besetzten Gebiete Kärntens und der Krain, damals Franz Kutschera721,

716 Ebd., S. 140. 717 Ebd., S. 38. 718 Zimmerl, Regionalbanken im Nationalsozialismus, S. 39. 719 Ebd., S. 46. 720 Ebd., S. 53. 721 Franz Kutschera war Chef der Zivilverwaltung der Besetzten Gebiete Kärntens und der Krain, mit Sitz in Bled/Veldes, von 14. April 1941 bis 16. Dezember 1941. In der Zeit 1939–1941 war er auch der Stellvertreter des Gauleiters für Kärnten. 197

verliehen bekam. Dies bedauerte man sogar in der Münchner Zentrale der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank.722 Der Geschäftsumfang des CA-Bankvereins war in Oberkrain zunächst sehr gering, das Potenzial jedoch groß, denn die Region war industriell sehr entwickelt (vor allem Kranj/Krainburg) hatte viele Unternehmen und vielbesuchte Fremdverkehrsorte, sodass es nicht unwichtig war, welches Kreditinstitut den dortigen Kundenstock bearbeiten wird. Warum es zu keiner Erteilung einer Genehmigung für eine Zweigstelle für die Bank für Kärnten kam, bleibt rätselhaft, umso mehr, weil gerade diese Bank so offenkundig seitens desselben Chefs der Zivilverwaltung, bevorzugt wurde.

Das Verhältnis zwischen der Bank für Kärnten AG und dem CA-Bankverein war durchwegs von Abgrenzung gekennzeichnet, wozu nicht nur die Unterstützung der Bank für Kärnten seitens der Gauleitung beitrug. Die zwei Kreditinstitute standen vor allem in Klagenfurt (Hauptsitze) und in Villach (Filialen) in unmittelbarer Konkurrenz zu einander. Der CA- Bankverein finanzierte alle namhaften Kärntner Industrieunternehmen, vorrangig jene, die an der Rüstungsproduktion beteiligt waren. Die beiden Kreditinstitute besaßen ein ungeschriebenes Übereinkommen, dass sie sich gegenseitig – auch in Klagenfurt und Villach – keine Kunden abgewinnen werden.723 Dies konnte nicht immer eingehalten werden und es kam zu Irritationen, als sich beide Institute um Kreditvorhaben bei selben Unternehmen konkurrierten.

Die nur teilweise erhaltenen Archivmaterialien in Berlin zeigen dennoch, dass die Berliner Regierungsstellen der Bank für Kärnten eindeutig Vorrang bei der Metallindustrie und den Bergwerken gaben, während der CA-Bankverein vorrangig die Holzindustrie mit Krediten versorgte. Dies soll jedoch nicht bedeuten, dass die Bank für Kärnten keine Kredite an die Holzindustrie vergab. Vor allem die reichsverbürgten Kredite, mit denen der Ausbau des Bergwerks finanziert wurde, liefen fast ausschließlich über die Bank für Kärnten. Dies trat vor allem im Mießtal (Slowenien) nach April 1941 in den Vordergrund, als die Mitteleuropäische Bergwerkgesellschaft mbH die Blei-Zinkhütte in Mežica/Mieß und die Bleihütte in Scheriau ausbauen sollte. Dafür benötigte das Unternehmen einen Kredit von 10 Millionen RM. Die Mitteleuropäische Bergwerkgesellschaft mbH befand sich im Mehrheitseigentum der Bleiberger Bergwerksunion (BBU) und des Reichsgau Kärnten, wurde aber vom Mehrheitsaktionär BBU geleitet. In den beiden neuen Hütten sollten 10.000 jato Blei, 2000 jato Zink und 12-15 jato Molybdän erzeugt werden. Molybdän dient zur Härtung von Stahl. Für die Finanzierung erklärte sich die Bank für Kärnten bereit, die Geldsumme zur Verfügung zu stellen. Dass ein Kredit eingeräumt werden musste war der Tatsache geschuldet, dass sich die 10 Millionen RM nicht mehr im Prämienverfahren unterbringen ließen. Das Prämienverfahren stellte einen Vorgang dar, in dem der Staat Prämienvorschüsse zahlte, die solange als zinslose Darlehen behandelt wurden, bis sich das Unternehmen in rein deutschen Händen befand. Danach wurden diese Prämienvorschüsse rückwirkend in Zuschüsse im Sinne eines Prämienverfahrens umgewandelt. Doch dafür war der Betrag von 10 Millionen RM zu hoch. Demnach wurde ein verzinstes Darlehen seitens der Bank für Kärnten mit einer Laufzeit von

722 Ebd., S. 73. 723 Ebd., S. 72. 198

10 Jahren und einer Verzinsung von 1 % über dem Reichsbankdiskontsatz ausgezahlt. Offenkundig hätte das Unternehmen seitens keiner Bank einen Kredit erhalten, auch wenn eine Zusage über eine teilweise Mitzahlung der Tilgungsraten durch den Staat (Prämienzuschuss) gegeben worden wäre. Deshalb musste eine 100 prozentige Staatsgarantie ausgestellt werden, was in der Folge auch geschah. Die Bank für Kärnten dürfte an dieser Finanzierung auch großes Interesse gehabt haben, denn sie trug damit kein Risiko, was bei einem Prämienzuschuss durchaus der Fall gewesen wäre. Die Bürgschaftserklärung wurde auf den 11. November 1943 datiert, also einen Monat nach der Kapitulation Italiens. Der CA-Bankverein ist laut Akten überhaupt nicht beteiligt gewesen. Über die Gründe könnte nur spekuliert werden, doch scheint man zu diesem Zeitpunkt in Wien bereits befürchtet haben, dass auch eine 10-jährige Staatsbürgschaft nicht das ganze „Risiko“ abdecken würde. Vielleicht ahnte man schon den Untergang des Ausstellers der Bürgschaftsurkunde. Dabei wäre ein so großes Exposure (10 Millionen RM) auch für den CA-Bankverein ein lukratives Geschäft gewesen. Die restlichen Finanzierungen, die der CA-Bankverein in Kärnten vornahm, waren von dieser Betragssumme weit entfernt. So zahlte man bereits kurz nach dem „Anschluss“ an den Holzindustriellen Adolf Funder, dem drittgrößten Holzindustriebetrieb des gesamten Deutschen Reiches, einen Barkredit von 2,12 Millionen RM, einen Diskontkredit von 100.000 RM und einen Haftungskredit von 40.000 RM. Doch alle diese Engagements waren betragsmäßig weit von den Rüstungskrediten der Bank für Kärnten entfernt. Weitere Holzunternehmen, die man finanzierte, waren die Bootswerft Valentin Feining in Velden (am Wörthersee), Katz und Klumpp, sowie Brüder Hasslacher & Co. aus Hermagor.724

Es gab jedoch auch eine Zusammenarbeit und Erfahrungsaustausch zwischen der Bank für Kärnten und dem CA-Bankverein. Dies zeigte sich im Fall einer „Wiedergutmachungsforderung“ der Bank für Kärnten gegen das Benediktinerstift St. Lambrecht im Bezirk Murau (Steiermark). Die Forderung belief sich auf 818.000 RM und fiel in die Konkursmasse des Stiftes, nach dem ein Konkursverfahren gegen das Stift eröffnet wurde. Die Forderung der Bank für Kärnten war zwar mit einem Rangvorbehalt im Grundbuch besichert, allerdings fehlte die dafür notwendige staatliche und kirchliche Genehmigung.725 Auch der CA-Bankverein hatte seinerseits eine Forderung gegen die Abtei, die noch aus der Zeit vor der Fusion der Creditanstalt mit dem Wiener Bankverein stammte.726 Jedenfalls erlitt dadurch die Bank für Kärnten einen Verlust, den sie, auf Anregung der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank, im April 1938 zum Teil geltend machen sollte. Die Abtei wurde im Mai 1938 staatlich beschlagnahmt und der Sitz der Abtei bis 1946 nach Mariazell verlegt. Von der Beschlagnahme erfuhr der CA-Bankverein als erster und leitete diese Information an die Bank für Kärnten weiter. Das beschlagnahmte Gut sollte für Siedlungszwecke verwendet werden und die Bank für Kärnten sollte dadurch zum Teil ihren Verlust mindern können, wenn nicht sogar ein positives Ergebnis erzielen. Auch der CA- Bankverein erhoffte sich einer teilweisen Tilgung seiner Forderung und schloss sich deshalb

724 Ebd., S. 54. 725 Ebd., S. 56. 726 Ebd., S. 58. 199

der Bitte nach einer teilweisen Wiedergutmachung an.727 Dabei gab es rege Kontakte zwischen der Leitung der beiden Banken auf der einen und der steirischen Gauleitung auf der anderen Seite. Nebenbei nutzte die nationalsozialistische Führung diesen Fall, um gegen die Kirche propagandistisch vorzugehen. Den Äbten wurde alles Mögliche angelastet, von sexuellen Exzessen bis hin zu Steuerhinterziehung, sowie Waffen- und Devisenschmuggel. Andererseits fand die Tatsache, dass in der Abtei ab Mai 1942 eine Außenstelle des Konzentrationslagers Dachau eingerichtet wurde, keine mediale Erwähnung.728

Dieser Fall, sowie die gesamte Tätigkeit der Bank für Kärnten und ihre Zusammenarbeit mit dem CA-Bankverein, sind in den Dokumentenarchiven sehr mangelhaft vorzufinden. Nicht nur der Ausgang dieses „Wiedergutmachungsverfahrens“ ist lückenhaft, sondern auch die Akten anderer Finanzierungsfälle, worauf auch andere Autoren in ihren Monographien verweisen.

Neben der Holzindustrie versuchten sowohl die Bank für Kärnten, wie auch der CA- Bankverein, in der Kärntner Hotellerie Fuß zu fassen. Doch auch hier wiederholte sich der Fall der Rüstungswirtschaft. Sowohl seitens der Gauleitung als auch seitens der Bankleitung, hatte die Bank für Kärnten bessere Karten. Der CA-Bankverein vergab zwar Kredite, aber das Exposure blieb gering729. Es scheint so gewesen zu sein, dass lediglich in Kärnten, aufgrund des Münchner Eigentümers der Bank für Kärnten, also eines Eigentümers aus dem „Altreich“, der CA-Bankverein, nicht zu den Geldanlagen gelangen konnte, wie die Bank für Kärnten, die als „einheimisches“ Kreditinstitut galt. Umgekehrt scheint auch die Leitung des CA- Bankvereins keine große Sorge damit gehabt zu haben, obwohl Hasslacher Vorstand in Wien war. Sein Holzunternehmen wurde zwar finanziert, die Wiener Leitung schien aber auch gewusst zu haben, dass die großen Industrieunternehmen nicht in Kärnten liegen und sorgte sich nicht weiter, wenn die Kreditmasse in Kärnten gering blieb.

Der bereits mehrmals erwähnte Industriekonzern des CA-Bankvereins erfuhr während der Kriegszeit mehrere Veränderungen und wurde erheblich geschmälert. Dabei verlief dieser Vorgang nicht immer zwingend gegen die Interessen der Bankleitung, denn von nicht gewinnbringenden Kreditierungen versuchte sich der CA-Bankverein jedenfalls zu trennen. Ein solcher Fall war die Steirische Bau-Gesellschaft, bei der die Bankleitung versuchte, diese Beteiligung samt Kreditierung „rechtzeitig“ abzustoßen, weil die Kredittilgung fraglich wurde und die Lage im Unternehmen selbst, aufgrund von Kriegsbedingten Umständen, ungewiss wurde. Dabei steht dieser Fall der Steirischen Bau-Gesellschaft als Beweis dafür, dass sich die Bankleitung ab 1944 über den Kriegsausgang nicht nur ganz klar war, sondern sie bereitete die Bank bereits auf die Nachkriegszeit vor.

Die Steirische Bau-Gesellschaft kämpfte seit dem „Anschluss“, als ihre Ziegelfabrik in St. Peter bei Graz (Heute Stadtteil/Bezirk von Graz) saniert wurde, mit Einkommensverlusten, die sich während des Krieges noch verschärften. Das Unternehmen wurde zwar als ein „Rüstungsunternehmen“ eingestuft, doch sollte es auch beim Wiederaufbau der „Ostmark“,

727 Ebd., S. 57. 728 Ebd., S. 58. 729 Ebd., S. 59. 200

nach dem „Anschluss“, vonnöten sein. Deshalb mangelte es nicht an Aufträgen, doch wie die gesamte Baubranche musste auch die Steirische Bau-Gesellschaft mit Rohstoffknappheit und Arbeitermangel kämpfen. Der Arbeitermangel trat wahrscheinlich dadurch ein, dass in Zeiten einer Vollbeschäftigung, die „ostmärkischen“ Arbeitnehmer keine großen körperlichen Anstrengungen auf sich nehmen wollten, weshalb in den Bauunternehmen schon damals viele Fremdarbeiter, Ausländer und Konzentrationslagerhäftlinge arbeiteten.

Der CA-Bankverein hielt seine 98 prozentigen Beteiligungen bis 1944 unangetastet. Immerhin konnte der Zugang zu den öffentlichen Aufträgen und die Sklavenarbeit genug Einkünfte erzeugen, dass es sich nicht lohnte die Beteiligung abzustoßen. Die Gründe für den Verkauf von 1944 liegen in der ersten Jahreshälfte von 1943, als das Unternehmen von einem Zweischichten- auf ein Dreischichten-System umsteigen wollte, um die Produktionsausfälle im Winter und nach einer längeren Regenperiode wettzumachen. Doch die Arbeiter setzten sich dagegen und es fand keine Produktionssteigerung statt. Noch mehr: die Unternehmensleitung entschloss sich zum Zweischichten-System zurückzukehren, doch eine merkbare Produktionssteigerung auf den Baustellen fand immer noch nicht statt. Da wandte sich die Unternehmensleitung an die Treuhänder der Arbeit und an die Arbeitsfront mit der Bitte, die Arbeiter (die Gefolgschaft) „aufzuklären“, wie wichtig diese Baustellen für den Kriegseinsatz seien.730

Doch es half nichts. Von all dem wusste auch die Bankleitung des CA-Bankvereins in Wien Bescheid und unternahm Schritte um der Grazer Firma zu helfen. Man fragte bei anderen Bauunternehmen nach, was sie zu tun rieten und informierte das betreffende Unternehmen über die Beschäftigung italienischer Arbeiter bei anderen steiermärkischen Bauunternehmen. In der Folge suchte die Stiermärkische Bau-Gesellschaft auf allen möglichen Wegen um aus dem Arbeitermangel herauszukommen. In der Folge beschäftigte man „Fremdarbeiter“, „Ostarbeiter“, an die Lagerhäftlinge konnte man nicht mehr kommen, denn auch deren Zahlen begannen zu schwinden.731 Doch das wichtigste Problem, die nicht-steigende Produktion, konnte nicht gelöst werden.732 Auf den Baustellen änderte sich fast nichts. Daraufhin wurde die Gestapo eingeschaltet. In einer nächtlichen Aktion verhaftete sie einen Missetäter und ließ ihn in ein Konzentrationslager verschleppen. Den Anderen wurde mit derselben Maßnahme angedroht, sollten nun Ruhe und Ordnung nicht Einzug halten. Das Verhältnis zwischen der Betriebsführung und der Gefolgschaft musste jedoch zerbrochen sein. Dies ereignete sich bereits im Jahr 1944, als die ersten Bombardierungen auf Graz stattfanden und an ein Vollenden der Arbeit auf Baustellen ohnehin nicht mehr zu denken war. In Folge dessen entschloss sich die Bankleitung des CA-Bankvereins die Beteiligung zu verkaufen. Die Steirische Bau- Gesellschaft wurde zu einem Buchwert von 342.705 RM verkauft. Dies war rund die Hälfte des bilanziellen Nominalwertes von 685.500 RM. Der Käufer war die Wiener Gesellschaft „Universale“ Hoch- und Tiefbau AG, das größte und wichtigste Bauunternehmen der

730 Feldman, Die Creditanstalt-Bankverein in der Zeit des Nationalsozialismus, S. 627. 731 Ebd., S. 628. 732 Ebd., S. 627f. 201

„Ostmark“ und in Österreich vor, sowie nach dem Krieg.733 Dieses Unternehmen konnte mühelos die Steirische Bau-Gesellschaft „auffangen“, da es die größten Bauaufträge von Norwegen bis Krain zugeteilt bekam. Zwischen Krain und Kärnten baute es den Loibl-Tunnel, der auch heute noch Slowenien und Österreich verbindet und wofür es die Arbeitskraft von Zwangsarbeitern einsetzte. Für den Bau dieses Tunnels wurde aus dem KZ-Lager Mauthausen ein SS-Außenlager in Podljubelj/Unterloibl, auf der slowenischen Seite des Loibls, errichtet.

Die „Universale“ kam mit der Abspaltung der CA-Industriekonzerns zur VIAG (61,27 % seiner 87,27 prozentigen Beteiligung), die ihren Anteil an dem Unternehmen wiederum an die Alpen- Elektrowerke AG verkaufte.734 Dennoch finanzierte der CA-Bankverein das Unternehmen noch, wobei sich die benötigten Kreditbeträge verringert zu haben scheinen.735

Es wurde schon öfters darauf hingedeutet, dass die Nationalsozialisten beabsichtigten, mit Hilfe des CA-Bankvereins und anderer „ostmärkischer“ Banken (Länderbank, Schoeller & Co., u.a.) ihre Wirtschaftsinteressen im südosteuropäischem Raum zu verwirklichen. Dies zeigte sich deutlich in der Untersteiermark, wo der CA-Bankverein eine Filiale in Maribor/Marburg unterhielt. Über diese Filiale verliefen Verhandlungen über die Finanzierung der Energieindustrie in der Untersteiermark und jener Regionen, die aus dem untersteiermärkischen Gebiet versorgt wurden. Im Mittelpunkt stand dabei das Energieunternehmen „Energieversorgung Südsteiermark AG“ aus Maribor/Marburg. Neben der Verwirklichung deutscher Wirtschaftsinteressen auf dem Balkan war dieses Unternehmen auch wegen seines Geschäftszweiges für die Rüstung bedeutsam. In der Monographie (Dissertation) von Stefan Karner bezeichnet der damalige Reichsminister für Rüstung, Albert Speer, die Energiewirtschaft als den wichtigsten Wirtschaftszweig überhaupt.736 Daher erscheint es selbstverständlich, dass sich die Banken um Engagements bemühten, denen eine erhebliche Rolle in der Wirtschaft generell und in der Rüstungswirtschaft im spezifischen zukam.

Das Hauptaugenmerk der Nationalsozialisten galt bei der Energieversorgung Südsteiermark AG in Maribor/Marburg wohl den Wasserkraftwerken auf der Drau und den Mienen im westlichen Gebiet der Untersteiermark. Die Wasserkraftwerke an der Drau versorgten unter anderem die Mariborer/Marburger Industrie. Die gute Energieversorgung Maribors/Marburgs und die erschlossenen Vorkommen von Aluminiumerz (Bauxit) im Übermurgebiet/Prekmurje (nach April 1941 zu Ungarn gehörend) führten Ende 1943 zu einem Plan der Vereinigten Deutschen Metallwerke (VDM) aus Frankfurt/Main, ein neues großes Werk für Flugzeugteile im Mariborer/Marburger Stadtteil Tezno/Auf der Thesen zu errichten.737 Dafür leistete der CA- Bankverein Vorschusszahlungen und bekam diese von der Deutschen Bank für Luftfahrt erstattet. Ein anderes Großprojekt, bei welchem einer entsprechenden Energieversorgung große

733 Ebd., S. 627f. 734 Ebd., S. 623f. 735 Ebd., S. 626. 736 Karner, Kärntens Wirtschaft 1938−1945, S. 321. Speer schriebt wörtlich: „Es war in der Tat der Engpaß Strom, der, zusammen mit den mangelnden Arbeitskräften, die Rüstungsleistung nach oben begrenzte, wobei, wie aus den Vorstellungen hervorgeht, die Beseitigung der Schwierigkeiten auf einem dieser Gebiete nur diejenigen auf dem anderen noch deutlicher sichtbar gemacht hätte.“ 737 Feldman, Die Creditanstalt-Bankverein in der Zeit des Nationalsozialismus, S. 592f. 202

Bedeutung zukam, war der Bau eines großen Aluminiumwerks durch die Vereinigte Aluminium-Werke AG (VAW) in Strnišče/Sterntal bei Ptuj/Pettau. Die VAW gehörte wiederum zur VIAG.738

Im Feber 1942 brachte die Energieversorgung Südsteiermark AG ein Kreditansuchen beim CA- Bankverein und bei der Wiener Länderbank gleichzeitig ein. Darin wurde um einen Betriebskredit von bis zu 6.000.000 RM und um einen zweijährigen Zwischenkredit von 15.000.000 RM angesucht, jedoch zu besonders ermäßigten Konditionen, wofür sich die Mitglieder des Arbeitsausschusses des CA-Bankvereins sehr interessiert zeigten. Der Referent für diesen Fall war Vorstandsmitglied Joham selbst und auch er zeigte großes Interesse für diese Kreditgewähr. Die Länderbank erklärte sich bereit, die gesamte Finanzierung unter besonders ermäßigten Konditionen zu gewähren. Aufgrund ihrer früheren Verbindungen zu der Trifailer Kohlenwerks-Gesellschaft AG, war sie jedoch bereit, den CA-Bankverein bei diesem Kredit einen Finanzierungsanteil von einem Drittel zu überlassen. Joham wirkte jedoch auf eine 50-50 Beteiligung beider Institute, wobei für den CA-Bankverein, eine Reichsgarantie, somit eine Garantie des Staates, eingeholt werden sollte.

Die Trifailer Kohlenwerks-Gesellschaft AG, mit Sitz in Ljubljana/Laibach war vor dem deutschen Überfall auf Jugoslawien ein Unternehmen mit sehr unübersichtlicher Eigentümerstruktur. Es wurde im Jahr 1872 in Wien gegründet, mit dem Wiener Bank-Verein als Eigentümer von rund 75 % des Grundkapitals. Als das Unternehmen im Laufe der Jahre wuchs und immer mehr Kapital brauchte, erweiterte sich die Eigentümeranzahl, wobei französische Bankinstitute immer mehr Einfluss gewannen. In der Zwischenkriegszeit fanden größere Verschiebungen und Umgründungen des Unternehmens statt. Im Jahr 1924 wurde mit einem zwischenstaatlichen Vertrag zwischen Österreich und Jugoslawien der Firmensitz nach Ljubljana/Laibach verlegt, doch die wichtigsten Entscheidungen, vor allem im Bereich der Investitionen, wurden immer noch in Wien getroffen.739

Am Laibacher Firmensitz wurden überwiegend kommerzielle Entscheidungen gefällt. Nach April 1941 wurde das Unternehmen mit den dazu gehörenden Gesellschaften zwischen dem Deutschen Reich, dem Königreich Italien und dem Unabhängigen Staat Kroatien aufgeteilt. Dabei erhielt das Deutsche Reich fast 90 % des Unternehmens (Aktienkapital, Minen, Tochterunternehmen). Durch eine Verordnung des Chefs der Zivilverwaltung in der Untersteiermark wurden im Juni 1941 sämtliche, im Gebiet der Untersteiermark gelegenen Betriebe,740 zu deren Eigentum bestehende Energieanlagen gehörten, zusammen mit rund 60 weiteren genossenschaftlichen Betrieben, in eine neu gegründete Gesellschaft, mit dem Namen Energieversorgung Südsteiermark AG, eingewiesen. Darunter befand sich auch die Trifailer Kohlenwerks-Gesellschaft. Das neue Unternehmen gliederte sich in zwei Abteilungen: die

738 Ebd., S. 460. 739 Gerald Feldman, Die Länderbank in der Zeit des Nationalsozialismus, in: Gerald Feldman u.a. (Hrsg.), Österreichische Banken und Sparkassen im Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit, Band 2. München 2006, S. 427ff. 740 Ebd., S. 428. Dies waren die Elektizitäts AG »Fala«, Trifailer Kohlenwerks-Gesellschaft, Staatliche Bergwerke Velenje/Wöllan, Krainische Landes-Elektrizitätswerke. 203

Abteilung für Kraftwerke mit Sitz in Maribor/Marburg und die Abteilung für Mienen mit Sitz in Trbovlje/Trifail und später in Celje/Cilli.

Gegen Unternehmen, welche in die Energieversorgung Südsteiermark eingewiesen wurden, bestanden verschiedene Förderungen, die seitens der Gläubiger weiterhin eingefordert wurden, deren Ansprüche aber die „Energieversorgung“ nicht prüfen konnte, weil dazu keine buchmäßigen Unterlagen zur Verfügung standen. So hatte die Elektrizitäts-A.G. „Fala“, (Eigentümerin vom Wasserkraftwerk „Fala“ an der Drau) ihren Sitz in Belgrad und gehörte zum Konzern der Schweizerischen Elektrizitäts- und Verkehrsgesellschaft aus Basel. Wie der CA-Bankverein von Schweizer Seite in Erfahrung bringen konnte, gab die Basler Konzernmutter an die Belgrader Tochter ein Darlehen, dessen ausstehender Betrag sich Ende Feber 1942 auf 31,7 Millionen Schweizer Franken belief.741

Bei allen in die Energieversorgung Südsteiermark AG eingewiesenen Unternehmen, bestand außerdem die Frage einer Entschädigung bestehender Aktionäre, die ihre Aktienanteile verloren. Auch hier gab es ein Problem aufgrund fehlender Dokumente. Neben der unübersichtlichen Eigentümerstruktur der Trifailer Kohlenwerks-Gesellschaft, bestand ein zusätzliches Problem darin, dass sich die Unternehmenssitze dieser Gesellschaften außerhalb des Deutschen Reiches befanden. Die Bücher der Krainischen Landes-Elektrizitäts-Werke erlagen am Firmensitz in Ljubljana/Laibach (Provinzia di Lubiana/Ljubljanska pokrajina/Laibacher Provinz) und wurden seitens italienischer Behörden nicht ausgehändigt, die Bücher der Elektrizitäts-A.G. Falla waren in Belgrad verbrannt. Auch Jahresbilanzen für das Jahr 1940 lagen den Deutschen nicht vor. Es kann angenommen werden, dass auch kein großes Interesse am Aushändigen dieser Unterlagen seitens der Schweizer und Italiener bestand, weil die bestehenden Aktionäre zwangsweise enteignet wurden und wahrscheinlich hofften, bei den anstehenden Verhandlungen über die Aufteilung des jugoslawischen Vermögens ihre Ansprüche höher geltend machen zu können.

Aufgrund des Fehlens von Unterlagen, wurde entschieden, dass über den gesamten Bestand und Höhe von Ansprüchen aller Art gegen die einzelnen Unternehmungen, welche in die Energieversorgung Südsteiermark AG eingegliedert wurden, die Dienststelle des Beauftragten des Reichkommissars für die Festigung deutschen Volkstums in Maribor/Marburg (kurz: Dienststelle Volkstum) entscheiden muss. Diese Dienststelle konnte die Beteiligten auch auf den Rechtsweg verweisen.742

Das Unternehmen Energieversorgung Südsteiermark AG wurde mit einem Grundkapital von 5 Millionen Reichsmark gegründet und hatte schätzungsweise 54 Millionen RM Vermögen (Aktiva) und zwischen 25 und 28 Millionen RM Verbindlichkeiten (Passiva). Mit dem Darlehen von 15 Millionen RM sollten die bestehenden Aktionäre der Trifailer Kohlenwerks- Gesellschaft zu pari abgefunden werden (10 Millionen RM), die Kraftanlagen ausgebaut werden (3,5 Millionen RM) und einige Förderungen getilgt werden. Der Schweizer Energiekonzern sollte mit Kohlenlieferungen abgestattet werden (12 – 15 Millionen RM). Das

741 BA-CA, CA-V, Bericht der Energieversorgung Südsteiermark AG, Marburg, 25. Februar 1942, S. 1. 742 Ebd., S. 2. 204

15-Millionen-Darlehen wollte die Gesellschaft mit einem zweijährigen Zwischenkredit decken um innerhalb dieser Zeit den Bedarf in geeigneter Weise zu platzieren. Anders formuliert: der unmittelbare Finanzierungsbedarf betrug 6 Millionen RM für strategische Zwecke brauchte die Gesellschaft 15 Millionen RM.743

Der CA-Bankverein führte Kreditverhandlungen sowohl mit dem Unternehmen, als auch mit der Länderbank. Inhaltlich verhandelte der CA-Bankverein mit der Länderbank vor allem über den Finanzierungsausmaß. Die Länderbank beanspruchte für sich 2/3 Kreditanteil, weil sie bei eigenen Ambitionen, die Trifailer an sich zu bringen, leer ausgegangen war.744 Schließlich hielten beide Banken einen Anteil von 60 % der Investitionskredite und es gelang ihnen eine hypothekarische Sicherstellung zu erlangen.745 Im Arbeitsausschuss des CA-Bankvereins saß auch Abs, der darauf drängte, die gesamten Verhandlungen über dieses Finanzierungsvorhaben eng mit der Dresdner Bank zusammen zu besprechen. Als Zinssatz für den Zwischenkredit (Betriebskredit) von 6 Millionen, stellte sich die Energieversorgung einen Zinssatz von bis zu 4,5 % vor und für den langfristigen Kredit von 15 Millionen RM einen Zinssatz von 5,25 %.746 Aus den Archivdokumenten wird nicht ersichtlich, wie die Kredittilgung erfolgte (Tilgungsplan) und wie die Mittel tatsächlich verwendet wurden. Auf der Grundlage des AVNOJ-Beschlusses vom 21. November 1944 über die Konfiszierung von Eigentum fremder Staatsangehöriger, wurde das Unternehmensvermögen teils beschlagnahmt und teils nationalisiert.747 Daraufhin beschloss das Ministerium für Industrie und Montanwesen der Volksrepublik Slowenien im August 1945 die Liquidierung des Unternehmens.748 Im Oktober 1945 wurden die Kraftwerke an das neu gegründete Unternehmen „Staatliche Kraftwerke Sloweniens“ mit Sitz in Ljubljana/Laibach übertragen.749 Für die Mienen und die Trifailer Kohlenwerks-Gesellschaft wurden ebenfalls neue Gesellschaften errichtet, auf welche das übrige Vermögen der Energieversorgung Südsteiermark AG übertragen wurde.

Auf den „Sonderweg“ des CA-Bankvereins ist bereits mehrmals hingewiesen worden und dieser zeigte sich auch beim Zerfall des „Dritten Reichs“. Darauf, dass die Bank trotz ihrer Verbindung mit der Deutschen Bank und der Dresdner Bank eine weitgehende Selbstständigkeit beibehalten hatte ist bereits hingewiesen worden. Nach Kriegsende, wurden im Juli 1945 unter der Provisorischen Staatsregierung Renner, die bis September/Oktober 1945 ihre Regierungsgewalt nur in der Sowjetischen Besatzungszone ausübte, zunächst die Rahmenbedingungen für den Wiederaufbau der Banken gelegt. Mit dem Gesetz über die

743 Ebd., S. 1ff. 744 Ebd., S. 3. 745 Die Creditanstalt-Bankverein in der Zeit des Nationalsozialismus, S. 461. 746 BA-CA, CA-V, Bericht der Energieversorgung Südsteiermark AG, Marburg, 25. Februar 1942, S. 3. 747 AVNOJ ist eine Abkürzung für den Antifaschistischen Rat der Volksbefreiung Jugoslawiens (Antifašističko Vijeće Narodnog Oslobođenja Jugoslavije). Dieser Rat tagte das erste Mal im November 1943 in der bosnischen Stadt Jajce und verabschiedete mehrere Erlässe, von denen der Großteil später vom jugoslawischem Parlament übernommen und bestätigt wurde. Damit erlangten die Beschlüsse Gesetzeskraft. An den AVNOJ-Ratssitzungen nahmen überwiegend Vertreter der kommunistischen Partei teil. 748 Gesetzblatt der Volksrepublik Slowenien, vom 10. 8. 1945, Nummer 29/45. 749 Gesetzblatt der Volksrepublik Slowenien, vom 4. 10. 1945, Nummer 44/45. 205

Wiederaufnahme der Zahlungen der Kreditunternehmungen750 (Schaltergesetz) wurden die Bankenschalter wieder für den Kundenverkehr geöffnet. Die Zahlungen erfolgten weiterhin in Reichsmarken und waren nach ihrer Höhe begrenzt. Das Gesetz über die Errichtung einer Kommission zur Lenkung des öffentlichen und privaten Kredits751 (Kreditlenkungsgesetz) ermöglichte die erneute Kreditaufnahme und Kreditvergabe und schließlich wurde mit dem Gesetz über die einstweilige Neuordnung der Oesterreichischen Nationalbank752 (Notenbanküberleitungsgesetz) die Österreichische Nationalbank als Zentralbank wiedererrichtet. Der CA-Bankverein wurde als ehemaliges deutsches Eigentum unter öffentliche Verwaltung gestellt, womit es sich faktisch unter staatlicher Kontrolle befand. Der öffentliche Verwalter war der ehemalige Vorstand Josef Joham753. Im Juli 1946754 wurde das gesamte deutsche Eigentum, einschließlich des CA-Bankvereins, verstaatlicht. Erst im Jahr 1955 wurde für die Zeit zwischen 1945 und 1955 eine Bereinigung der Bilanzen durchgeführt und eine neue „Rekonstruktionsbilanz 1955“ erstellt in der erstmals die gesamten Bilanzposten zusammengefasst wurden und die tatsächliche Lage der Bank ersichtlich wurde.755 Deshalb ist auch die Lage der Bank sofort nach Kriegsende, 1945, nicht feststellbar, da in dieser Zwischenzeit keine Jahresberichte verfasst wurden. In diesen 10 Jahren sammelten sich aber auch schon die Auswirkungen756 des „Marschall-Planes“ (risikolose Kreditvergaben) und die Neubewertungen sowie Abschreibungen ausgewirkt.

Offenkundig bereitete sich der CA-Bankverein bereits ab Beginn des Jahres 1944 auf eine Kriegsniederlage Deutschlands, und die damit verbundenen Konsequenzen, vor. Die Filialen in den Ostgebieten wie Warschau, Lemberg oder Budapest wurden entweder geschlossen, in selbstständige Rechtspersonen umgewandelt oder der Kontakt zu ihnen brach ohnehin gänzlich ab.757 Gleichzeitig wurden auch die Engagements des CA-Bankvereins auf diesen Gebieten verringert oder gänzlich abgebaut. Die Beteiligungen mussten in den Folgejahren abgeschrieben werden, wobei dies keineswegs an die Substanz ging.758 Die Staatsanleihen (Schatzwechsel und unverzinsliche Schatzanweisungen) des Deutschen Reiches wurden erst in den ersten Monaten des Jahres 1945 verkauft. Insgesamt wurden bis April 1945 640 Millionen RM759 abverkauft, sodass der Stand bei 270 Millionen RM lag. Die Sowjetische

750 StGBl. 1945, Nr. 43, o.S. 751 Ebd., o.S. 752 StGBl. 1945, Nr. 45, o.S. 753 Rathkolb, Die ungeschriebene Geschichte, S. 690. Wie Rathkolb schreibt, war Josef Joham als Agent für die SSU (=Strategic Services Unit) bereits seit der Zeit vor dem 1. November 1943, somit vor der »Moskauer Erklärung«, tätig. Der Kontakt mit Joham wurde über Bern (Schweiz) gehalten; teilweise bei seinen Reisen in die Schweiz und teilweise durch den ehemaligen Wiener Anwalt Kurt Grimm, der die erste Anlaufstelle für Allan Dulles gewesen war. 754 BGBl. 1946, Nr. 168. 755 Rathkolb, Die ungeschriebene Geschichte, S. 687. 756 Ebd., S. 687. 757 Ebd., S. 691, für die Filiale Budapest siehe S. 776ff. 758 Ebd., S. 775. 759 Ebd., S. 691. 206

Besatzungsmacht forderte 41 % des Aktienkapitals als deutsches Eigentum, was nicht realisiert wurde. Gleichzeitig gingen an die Bank die ersten Restitutionsgesuche.760

Mit den Erlösen aus dem Verkauf deutscher Staatsanleihen wurden die Giro- und Spareinlagen zurückbezahlt, da angesichts des Kriegsendes die Sparer ihr Geld zunehmend von den Banken abhoben und es bei sich zu Hause horteten. Anderseits blieb die Bank nach dem Staatsanleihen- Verkauf jetzt ohne zinsbringende Anlagemöglichkeiten und führte die restlichen Giro- und Spareinlagen gänzlich der Barreserve zu.761 Auch als nach Kriegsende die Giro- und Spareinlagen wieder zunahmen, mussten diese ebenfalls als Barreserve dotiert werden, was zu einer regelrechten „Explosion“ der Barliquidität führte, die in Folge dessen auf rund 60 % anstieg.762

Die Kreditfälle der Steiermärkischen Landes-Hypothekenanstalt Als die jüngste, kleinste und schwächste Hypothekenanstalt unter den „ostmärkischen“ Landes- Hypothekenanstalten, musste die Steiermärkische Landes-Hypotheken-Anstalt immer noch mit Anfangsschwierigkeiten kämpfen. Der „Anschluss“, welcher das „Erbhofgesetz“ mit sich brachte, engte das Pfandbriefgeschäft zusätzlich ein. Jene Bauernhöfe, die als „Erbhöfe“ eingestuft wurden, durften nicht verpfändet werden und gegen sie durfte keine Exekution der eingetragenen Hypotheken geführt werden. Dies beanspruchte auch personelle Ressourcen und viel Zeit. Deshalb strebte die Führung des Reichsgaues eine engere Zusammenarbeit der „Landeshypo“ mit der Sparkasse an. Dies mit der Begründung:

„dass durch die Zusammenarbeit der Landeshypo mit der vergrößerten Steiermärkischen Sparkasse und der Girovereinigung Wien durch Abnahme großer Posten von Pfandbriefen, die Kreditgewährung durch die Landeshypo in kurzer Zeit einen derartigen Aufschwung nehmen kann, dass deren Aktivgestaltung bald eintreten wird.“ 763

Dieses Vorhaben wurde nie realisiert. Der Landes-Hypothekenanstalt blieb weiterhin nur der Pfandkredit und als dieser durch den „Hypotheken-Sperrerlass“ zum Erliegen gebracht wurde, musste das Kreditinstitut anfangen, die Spargelder zu sammeln und diese in Staatswertpapiere zu investieren. In weiterer Folge wurden auch Gemeindekredite zum Erliegen gebracht. Für die Erforschung der Kredittätigkeit ist daher nur die Zeit bis 1942 relevant. Die einzigen „neuen“ Kreditfälle, die über diesen Zeitraum überdauerten, waren die übernommenen Kredite aus der jugoslawischen Bauernentschuldung.

Die Landes-Hypothekenanstalt vergab somit überwiegend Gemeinde- und Hypothekardarlehen. Als die engere Zusammenarbeit mit der Steiermärkischen Sparkasse scheiterte und es zu keinem Zusammenschluss der beiden Kreditinstitute kam und überdies die bestehenden Kredite beschleunigt zurückgezahlt wurden, versuchten sowohl die

760 Ebd., S. 775. 761 CA-BV, CA-V, Creditanstalt-Bankverein Geschäftsberichte 1945−1954. Zweiter Tätigkeitsbericht August- September 1945, Wien, (ohne Tagangabe), Oktober 1945, S. 2. 762 Ebd., S. 1. 763 StLA, Bestabnd LReg, 207-Sa-43/38. Brief von Franz Lanner an Gauwirtschaftsberater Armin Dadieu, Graz, 3. Jänner 1939. 207

Leitung/Führung der „Landeshypo“ als auch die Behörde des Reichsstatthalters alles in die Wege zu leiten, um dem Kreditinstitut neues Geschäft zuzuführen.

Als das Neugeschäft am Anfang des Jahres 1940 langsam zurückging und nichts darauf deutete, dass der Pfandkredit in den folgenden Jahren zunehmen wird, suchte die Leitung, zusammen mit der Behörde des Reichsstatthalters, intensiv nach einer Lösung. Mitte des Jahres 1940 wurde eine Möglichkeit bei der Umschuldung von bestehenden Darlehen steiermärkischer Gemeinden gefunden. Mit der Übernahme bestehender Kredite anderer Kreditinstitute stellte dies für die „Landeshypo“ immerhin Neugeschäft dar. In der Folge erging am 10. Juni 1940 ein Brief der Leitenden Direktoren der Stiermärkischen Landes-Hypothekenanstalt an den Reichsstatthalter der Steiermark über eine Ausgabe von Kommunalschuldverschreibungen, die vom Reichswirtschaftsminister gebilligt wurde. Diese 4,5 prozentige Kommunalschuldverschreibungen, im Gesamtbetrag von 6 Millionen RM, wurden von der Pfandbriefstelle Ostmärkischer Landes-Hypothekenanstalten ausgegeben und sollten bei der Finanzierung und Durchführung von Umschuldungen einzelner Darlehen, die seinerzeit von der Zentralsparkasse der Stadtgemeinde Wien an steirische Gemeinden gewährt wurden, Verwendung finden. Die Leitenden Direktoren Koban und Isling baten den Reichsstatthalter, die betreffenden Gemeinden zu informieren, dass die Landes-Hypothekenanstalt bereit sei, diese Darlehensumschuldungen zu übernehmen. Sie hielten es für sehr wünschenswert, den bewilligten Betrag ehestens zu verwenden, wobei diesem Unterfangen nichts mehr im Wege gestanden haben sollte.

Es handelte sich um 5 prozentige Darlehen, deren Laufzeit zwar nicht bekannt war, doch die Steirische „Landeshypo“ erklärte sich bereit, den betreffenden Gemeinden Laufzeiten von bis zu 50 Jahren anzubieten, sodass die Tilgung 0,5 % des Betrages ausmachen würde. Der Verwaltungskostensatz betrug 0,375 %. Unter einer Zugrundelegung eines Parikurses von 100, machte die Effektivverzinsung 4,953 % aus.764

Mit drei Gemeinden trat die „Landeshypo“ bereits selbst in Kontakt, für die anderen sollte der Reichsstatthalter intervenieren.

Dass die Umschuldung von Gemeindedarlehen im Interesse der Landes-Hypothekenanstalt stand, steht außer Zweifel und stellt auch das Grundgeschäft dar, doch dass sich die Leitung so sehr bemühte, diese Darlehen vergeben zu können, zeigt, wie eingeengt das Institut war. Die hohe Liquidität, ausgelöst durch Rückzahlungen auf der einen Seite und die politisch geforderten Übernahmen von Darlehen im Rahmen der „Bauernentschuldung“ auf der anderen Seite, erlaubten zwar ein Überleben, aber keine Weiterführung des Kerngeschäfts, für welches die Anstalt nach ihrer Auffassung und Satzung gegründet wurde. Die zu diesem Zeitpunkt bereits hohen Beträge von Reichsanleihen diverser Art, die der Rüstungsfinanzierung zugeführt wurden, entfernten das Institut von seiner Kernaufgabe. Daher war eine Finanzierung von

764 StLA, Bestand LReg, 207-Sa-82/1940. Brief von Dr. Koban und Dr. Isling von der Landes-Hypothekenanstalt für Steiermark in Graz an den Reichsstatthalter in der Steiermark, Abteilung I.a. Graz 10. 6. 1940, S. 1ff. 208

Gemeinden eine willkommene Gelegenheit, für die sie auch beim Reichsstatthalter „Lobbying“ betrieb.

Neben den Gemeindekrediten wurden an langfristigen Darlehen nur hypothekarische Kredite/Pfandkredite gewährt. Dabei handelte es sich fast ausschließlich um Siedlungskredite oder Kredite aus der „Bauernentschuldung“. Das kurzfristige Privatkundengeschäft wurde nur in Form des Effektenlombards betrieben und hielt sich in ganz engen Grenzen. So wurden im Jahr 1941 nur 5 dieser Darlehen gewährt, die in Summe lediglich 12.800 RM betrugen.765

Die langfristigen Kredite wurden sowohl an öffentliche Körperschaften sowie Privatpersonen vergeben. Die Siedlungskredite, sowie Kredite aus der „Bauernentschuldung“, erfuhren nach 1941 eine Erweiterung. Die Kredite aus der "Bauernentschuldung" wurden um die Kredite aus der jugoslawischen Bauernentschuldung erweitert. Dazu wurden einige Siedlungskredite vor allem in die Untersteiermark vergeben. Die Siedlungskredite wurden ebenfalls dorthin ausgedehnt.766 Außer diesen Kreditierungen mag es weitere Kreditengagements gegeben haben, doch mussten diese ganz gering gewesen sein, denn weder aus den Jahresberichten der steirischen „Landeshypo“, noch aus den zur Verfügung stehenden Dokumenten in den einschlägigen Archiven767 gehen Informationen hervor, die darauf schließen lassen können, dass es größere Kreditierungen gab. Außerdem war der Pfandkredit ab 1942/43 aufgrund des „Hypotheken-Sperrerlasses“, nicht mehr möglich. Dazu gab es keinen Kreditierungsbedarf, denn den Machthabern bot die Landes-Hypothekenanstalt Gelegenheit zum „Abschöpfen überschüssiger Kaufkraft“, was durch Sammeln von Spareinlagen geschah, die zunehmend in staatliche Wertpapiere investiert wurden oder investiert werden mussten. Somit kam die „Landeshypo“ ihrer Kernaufgabe, abgesehen von den bereits erwähnten Kreditgewährungen, nur noch sporadisch nach. Von einem „Aufschwung“ oder von einer „Aktivgestaltung“ des Geschäfts, wie dies noch 1938 anvisiert wurde, kann überhaupt keine Rede sein.

Dazu kam die sinkende Arbeitslosigkeit, die eine Kreditminderung zusätzlich stützte. Dies führte in der Steiermark zu Liquiditätsüberschüssen in privaten Haushalten und Betrieben, weshalb sich die Spareinlagen mehrten und für das Pfanddarlehen keine erhebliche Nachfrage bestand. In der Untersteiermark war die Lage diesbezüglich gleich. Alle Schuldner konnten problemlos ihre Schulden begleichen und pünktlich ihre Darlehen tilgen. Dazu gab es vorzeitige Darlehenskündigungen. Die einzigen, die Kredite wirklich brauchten, waren die ohnehin überschuldeten Bauern. Doch im Rahmen der „Bauernentschuldung“ mussten die Fristen verlängert und die Zinsen gesenkt werden. Dies beanspruchte zwar mehr Kapital, konnte aber

765 Treuhandgesellschaft für kommunale Unternehmungen AG, Prüfungsbericht über die Landes- Hypothekenanstalt für Steiermark. Berlin 1942, S. 14. 766 Ebd., S. 3f. 767 Hier muss vor allem auf das Landesarchiv der Steiermark in Graz verwiesen werden, das Satzungen und Geschäftsberichte für die Jahre 1938−1945 im Bestand hat, dazu einige Prüfungsberichte verschiedener Institutionen des Reiches, jedoch keine konkreten Kreditmappen, sofern es diese damals überhaupt gab. Dasselbe gilt für den Bestand der Amtsbibliothek. Im Östrerrichischen Staatsarchiv in Wien und im Bundesarchiv in Berlin finden sich dazu überhaupt keine Dokumente. Dies geht aus dem Brief mit Bezeichnung ABT03-LA- 133815/2016-3 dass seitens des Landesarchivs des Landes Steiermark am 14. Juli 1916 an den Autor verschickt wurde (Privatbestand des Authors). 209

aufgrund der hohen Geldeinlagen problemlos durchgeführt werden. Nur die Finanzierungsstruktur wurde dadurch negativ beeinflusst. Die „Bauernentschuldung“ war mehrjährig, die Fristigkeit von Geldeinlagen verkürzte sich jedoch zunehmend.

Wie aus einem Wirtschaftsprüfungsbericht der Deutschen Treuhandgesellschaft hervorgeht, wurden insgesamt, ab dem Zeitpunkt der Einführung des Reichserbhofgesetzes in der „Ostmark“, bis zum 31. Dezember 1941 bei der Steiermärkischen Landes-Hypothekenanstalt, 1.145 Verfahren für Erbhöfe eröffnet und bereits 600 erledigt.768,769 Davon entfielen auf das Jahr 1941 365 Fälle mit einer Summe von 1,064 Millionen RM. Die Rückstände für diese 365 Fälle betrugen rund 96.400 RM. Zu einer Exekution wegen Zahlungsrückständen kam es nur in vereinzelten Fällen und auch dies erlaubte das Gesetz erst dann, wenn über mehrere Jahre keine Zahlungen erfolgten. Die „Bauernentschuldung“ wurde offenkundig in den ersten Jahren nach dem „Anschluss“ bei der Landes-Hypothekenanstalt sehr intensiv betrieben, da im Jahr 1941 nur noch 29,3 % des Neugeschäftes an die Darlehen nach dem Erbhofgesetz entfielen. Dabei handelte es sich um insgesamt 8 Darlehen, die in Summe nicht mehr als 77.300 RM ausmachten. Jedes dieser Darlehen wurde bis zu einer Beleihungsgrenze von 30 % des Verkehrswertes ausgezahlt.770 Der große Rest entfiel auf verschiedene Siedlungskredite.771 Die Übertragung von jugoslawischen Krediten aus der dortigen Bauernentschuldung, bedeutete für die Grazer „Hypo“ nur größeren Arbeitsaufwand und reinen Erlös, der von der Hypothekenanstalt nur einkassiert wurde. Es gab für die übernommenen jugoslawischen Kredite keine Refinanzierungslinie und daher auch keine Möglichkeit einer zusätzlichen Umschuldung. Nur die Tilgungsraten wurden als reiner Erlös verbucht. Somit bedeutete dies reinen Erlös, von dem die Hypothekenanstalt schon sowieso viel hatte. Vielleicht liegt der wahre Grund für die langsame Übertragung dieser Kreditfälle aus der Untersteiermark nach Graz nicht so sehr in den bereits genannten Gründen, sondern vielmehr im Desinteresse der Anstaltsleitung in Graz, diese Kreditfälle überhaupt zu bedienen.

Die Siedlungskredite wurden in der gesamten Steiermark (Ober- und Unterland) gewährt. Sie stellten auch das Gros der Darlehen in der Untersteiermark dar, denn die (übernommenen) Kredite aus der jugoslawischen Bauernentschuldung wurden in der Grazer Zentrale verwaltet. Die Siedlungskredite wurden bei der Steiermärkischen Landes-Hypothekenanstalt nicht nur in Graz verwaltet, sondern auch in ihren Niederlassungen in der Untersteiermark. Die Gelder aus den Rückzahlungen dieser Darlehen, sofern es keine Zahlungsaufschübe gab, wurden aber ausnahmslos dem Kauf von Reichsanleihen zugeführt. Denn es gab, neben den beschriebenen Möglichkeiten für die Kreditgewährung, keine weiteren Alternativen mehr. Der Liquiditätsüberschuss ermöglichte entweder den Kauf von Staatswertpapieren oder das Horten von Bargeld in der Kassa.

Die Reichsregierung in Berlin beabsichtigte auf den angeschlossenen Gebieten „Volksdeutsche“ anzusiedeln. Ein solches Gebiet stellte nach dem Überfall auf Jugoslawien die

768 Prüfungsbericht über die Landes-Hypothekenanstalt für Steiermark, S. 14. 769 Ebd., S. 15. 770 Ebd., S. 14 und eigene Berechnungen. 771 Zusätzlich gab es noch Barkredite, auf die bereits hingewiesen wurde. 210

Untersteiermark dar. Für diese Neuankömmlinge musste Wohnraum geschaffen werden. Hier handelte es sich nur geringfügig um städtische Wohnungen. Die meisten „Siedler“ sollten Bauernhöfe bewirtschaften, weil es sich großenteils um zugewanderte Bauern handelte. Im April 1941 weilte in Bruck an der Mur und unterzeichnete in Klagenfurt in der ersten Aprilhälfte und in Maribor/Marburg am 18. April die Richtlinien für die Aussiedlung fremdvölkischer Elemente. In der Untersteiermark und in Oberkrain sollte die gesamte slowenische Bevölkerung in vier Gruppen aufgeteilt werden: 1. national sehr bewusste Slowenen, vor allem die Intelligenz; 2. Ansiedler nach 1914 auf jene Gebiete, die im April 1941 deutsches Besatzungsgebiet darstellen; 3. Grenzlandbevölkerung und 4. Personen, die sich nicht freiwillig dem Kärntner Völkerbund oder dem Steirischen Heimatbund melden würden oder aus politischen, rassischen oder erbgesundheitlichen Gründen nicht aufgenommen würden.772 Dazu wurden zwei Umsiedlungsstäbe in Maribor/Marburg und in Bled/Veldes errichtet. Dies geschah noch vor der Aufstellung der Zivilverwaltung. Himmler befahl der SS- Rassenbehörde in Berlin, sämtliche slowenische Familien auf diesem Gebiet rassisch zu untersuchen, um den Rassenurteil bei der Germanisierung und Verbannung heran zu ziehen. In der Untersteiermark wurde ein Drittel der Bevölkerung für die Aussiedlung bestimmt, in Oberkrain sogar die Hälfte.773 Die Verhaftungen führte die SS durch.774 Den Rest übernahm die Gestapo. Die Abschiebungen aus der Untersteiermark erfolgten entweder nach Serbien, in den Unabhängigen Staat Kroatien, in die Ljubljanaer/Laibacher Provinz oder ins „Altreich“. In den Jahren 1941−1945 wurden tatsächlich rund 80.000 Slowenen aus ihrer Heimat vertrieben. Das war ein Drittel jener, die anfänglich dafür vorgesehen wurden. Trotzdem gelang dies nicht wegen des slowenischen Partisanenwiederstandes, stellte aber trotzdem die größte Aussiedlungsquote aller von Deutschland besetzten Gebiete dar. Auf die entleerten Gebiete wurden Deutsche angesiedelt. Man sprach von „Wehrbauern, die mit Pflug und Schwert“ das Schutzgebiet des Deutschen Reiches im Süden besiedeln würden. Im Hinterteil dieses Gürtels sollten auch Nicht-Bauern angesiedelt werden, jedoch in unterschiedlicher Dichte.775 Die Ansiedlung Deutscher führte der Reichsbeauftragte für die Festigung des Deutschtums auf den Besetzten Gebieten der Untersteiermark und Oberkrains durch. In der Untersteiermark hatte dieser seinen Amtssitz in Maribor/Marburg und eine „Niederlassung“ in Brežice/Rann. Für die Ansiedlung standen angeblich bis 80.000 Deutsche776 zur Verfügung. Diese „Deutsche“ waren jedoch nicht Deutsche aus dem Großdeutschen Reich, sondern aus anderen besetzten Gebieten. Himmler schrieb nämlich, dass nach Hitlers Wunsch die neuerworbenen Siedlungsgebiete erst nach dem „Endsieg“ mit Soldaten, die von der Front zurückkehren werden, besiedelt sein

772 Tone Ferenc, Položaj Slovenskega naroda ob okupaciji, in: Mitja Ferenc (Hrsg.), Dr. Tone Ferenc. Izbrana dela. Okupacijski sistemi med drugo svetovno vojno. 1. del. Razkosanje in aneksionizem, Historia 12, Znanstvena zbirka Oddelka za zgodovino Filozofske fakultete Univerze v Ljubljani. Ljubljana 2006, S. 74. 773 Ebd., S. 184ff. 774 Sodstvo pod okupacijo. Zasedene slovenske pokrajine in nemško pravosodje, in: Mitja Ferenc (Hrsg.), Dr. Tone Ferenc. Izbrana dela. Okupacijski sistemi med drugo svetovno vojno. 3. del. Nasilje in izkoriščanje gmotnih sil za potrebe okupatorskih držav, Historia 14, Znanstevena zbirka Oddelka za zgodovino Filozofske fakultete Univerze v Ljubljani. Ljubljana 2009, S. 77ff. 775 Ferenc, Okupacijski sistemi med drugo svetovno vojno, S. 185ff. 776 Peter Boucek, Ein General im Zwielicht. Die Erinnerungen Edmund Glaises von Horstenau. Wien-Köln-Graz 1988, S. 266 sowie Ferenc, Okupacijski sistemi med drugo svetovno vojno, S. 185. 211

werden.777 Zunächst sollten jedoch nur jene Siedlungen und Umsiedlungen durchgeführt werden, die zeitlich nicht verschoben werden können. Dazu gehörten auf dem slowenischen Gebiet vor allem die Gotschee-Deutschen, die „Heim ins Reich“ umsiedeln sollten.

Den deutschen Ansiedlern wurden einige Vorzüge zuteil. Darunter fielen Kredite, Maschinen, Wohnbausanierung und andere. Drei Jahre lang nach Ansiedlung mussten sie auch keinen Wehrdienst leisten, sollten dafür aber das Grenzland schützen. In die Untersteiermark kamen die ersten deutschen Ansiedler erst im Winter 1941/42. Dies sollte schon im August der Fall sein, doch die Verzögerung fand aus unterschiedlichen Gründen statt, auf die hier nicht näher eingegangen werden sollte.778

Die finanziellen Mittel, die den Ansiedlern im Rahmen von Krediten zugeteilt wurden, stammten entweder von Siedlungsgesellschaften oder von der Deutschen Umsiedlungstreuhandgesellschaft (DUT), die entweder Bauernhöfe oder Wohnungen finanzierten.779 Bei Wohnungen konnte es sich entweder um den Erwerb von bestehenden Wohnungen handeln oder um Neubauten. Bei Neubauten konnte die Steiermärkische „Landeshypo“ ausnahmsweise sogar bis zu 50 % des Verkehrswertes der Liegenschaft finanzieren, obwohl sonst nur 30 % üblich waren.780

Die Vergabe von Darlehen wurde unterschiedlich gestaltet. Die (Um)Siedlungsgesellschaften vergaben die Kreditgelder direkt an die (Um)Siedler und finanzierten sich ihrerseits bei der „Landeshypo“. Die DUT hingegen finanzierte selbst niemanden, sondern forderte nur das Kreditinstitut auf, an bestimmte (Um)Siedler einen Kredit zu vergeben und sorgte für die Einholung einer Reichsbürgschaft für das jeweilige Kreditinstitut.781

Die Steiermärkische Landes-Hypothekenanstalt vergab im Jahr 1941 vier Umsiedlungs- Einzelkredite an volksdeutsche Umsiedler, wozu es durch die Innsbrucker Zweigniederlassung der Deutschen Umsiedlungs-Treuhandgesellschaft (DUT) aufgefordert wurde. Die Kredite hatten eine Laufzeit von zwei Jahren und waren durch die DUT reichsverbürgt. Außerdem wurden die von den Umsiedlern erworbenen Liegenschaften hypothekarisch belastet.

Finanziert wurden auch die Siedlungsgesellschaften. Diese Kredite stellten sich zunehmend nicht nur als ein gewinnbringendes Unterfangen dar, sondern auch als eine der wenigen Anlagealternativen zu den Schatzanweisungen des Reiches. Dabei wurde hier, im Gegensatz

777 Tone Ferenc, Vprašanje priključitve zasedenih slovenskih pokrajin nemškemu rajhu, in: Mitja Ferenc (Hrsg.), Dr. Tone Ferenc. Izbrana dela. Okupacijski sistemi med drugo svetovno vojno. 1. del. Razkosanje in aneksionizem, Historia 12, Znanstvena zbirka Oddelka za zgodovino Filozofske fakultete Univerze v Ljubljani. Ljubljana 2006, S. 209ff. 778 Tone Ferenc, Okupacijski sistemi na Slovenskem 1941-1945, in: Mitja Ferenc (Hrsg.), Dr. Tone Ferenc. Izbrana dela. Okupacijski sistemi med drugo svetovno vojno. 1. del. Razkosanje in aneksionizem, Historia 12, Znanstvena zbirka Oddelka za zgodovino Filozofske fakultete Univerze v Ljubljani. Ljubljana 2006, S. 74. 779 Treuhandgesellschaft für kommunale Unternehmungen AG, Prüfungsbericht über die Landes- Hypothekenanstalt für Steiermark, S. 14f. 780 Ebd., S. 5. 781 So wurde zum Beispiel ein Kredit an die Mürz-Ybbs Siedlungs AG gewährt. Siehe dafür StLA, LReg/207-Ste 53/1939. 212

zur DUT, eine Gesellschaft und nicht eine Privatperson finanziert. Wie aus dem Bericht des Wirtschaftsprüfers für das Geschäftsjahr 1941 hervorgeht, stellten die Siedlungsbeleihungen im Wesentlichen das Realkredit-Neugeschäft der gesamten Anstalt dar. Im Jahr 1941 wurden 71 neue Hypothekardarlehen im Betrag von rund 3 Millionen RM gewährt, davon entfielen 2,3 Millionen oder 70,7 % auf Kredite für Siedlungsgesellschaften zur Finanzierung von Volkswohnungen.782 Das Kreditinstitut finanzierte „einfache, aber einwandfreie“ Volkswohnungen. Um den Kredit gewährt zu bekommen, musste die Siedlungsgesellschaft der Hypothekenanstalt die Eintragung eines erststelligen Pfandrechtes im Grundbuch zulassen. Zusätzlich kamen der Anstalt alle etwaigen nachrangigen Besicherungen im Grundbuch zugute, die zugunsten des Reiches eingetragen waren.783

Bei der Vergabe von Krediten in der Untersteiermark fällt dabei das geringe Ausmaß dieser Finanzierungen auf. Es stimmt, dass die Steiermärkische Landes-Hypothekenanstalt nicht das einzige Kreditinstitut war, welches dort tätig war und es trifft auch zu, dass die „Landeshypo“ keine lange Tradition des Bedienens des Pfandkredites hatte und seit ihrer Gründung mit Anfangsschwierigkeiten zu kämpfen hatte, dennoch konnte sie ein sehr großes Gebiet bedienen und auch das notwendige Geld dafür hatte sie reichlich zur Verfügung. Überdies gab es in der Untersteiermark keinen „Hypotheken-Sperrerlass“, wodurch dort eine aggressivere Kreditausweitung stattfinden hätte können. Doch dem war nicht so. Die erst jetzt zur Verfügung gestellten Archivdokumente zeigen auf einen wesentlichen Umstand, weshalb sich die Steiermärkische „Landeshypo“ in der Untersteiermark trotz viel Geschäftspotentials so zurückhaltend verhielt. Offenkundig fiel die Steiermärkische Landes-Hypothekenanstalt in die Zwickmühle verschiedener Interessen innerhalb der Reichsgauleitung, wenn es nach April 1941 um die Expansion in die Untersteiermark ging. Es handelt sich hierbei nicht um die Frage der übernommenen Kredite im Rahmen der Bauernentschuldigung aus dem ehemaligen Jugoslawien. Diese sind der Anstalt von Berlin aus aufgebürdet worden und die Anstalt hatte keine Möglichkeit, sie abzustoßen. Es geht um Kredite der Landes-Hypothekenanstalt selbst, die sie selber gewährte oder gewähren sollte.

Die Leitung der Landes-Hypothekenanstalt in Graz wollte von Anfang an überhaupt nicht in der Untersteiermark tätig werden und dorthin gar keine Kredite vergeben. Dies geht aus der damaligen Korrespondenz zwischen der Gauleitung und der Leitung der Anstalt hervor. Offenkundig hat der Gauleiter und spätere Chef der Zivilverwaltung in der Untersteiermark bei der Leitung der Anstalt nachgefragt, ob nicht Interesse bestünde dort tätig zu werden, woraufhin sich die Anstaltsleitung ausredete, dass sie übersehen worden waren.

Diese Annahme erscheint deshalb gerechtfertigt zu sein, weil am 17. Mai 1941 Uiberreither an Major Alexander Götz784, der in der Untersteiermark zunächst für die Ordnung des Bank- und Kreditwesens zuständig war, einen Brief verfasste und darin schrieb:

782 Ebd., S. 14. 783 Ebd., S. 5. 784 Alexander Götz war der Vater des späteren Bürgermeisters von Graz und FPÖ-Politikers, sowie Direktors der Grazer Messe, DDr. Alexander Götz. 213

„dass der Reichsgau Gewährträger der Landeshypothekenanstalt für Steiermark mit dem Sitze in Graz ist und dass diese Anstalt bei der Ordnung des Bankwesens bisher allem Anschein nach vollkommen übersehen oder nicht berücksichtigt worden ist.“785

„Da die Landeshypothekenanstalt ein Institut des Reichsgaues ist, habe ich das berechtigtste Interesse, dass die Interessen dieser Anstalt auch in dem künftig zum Reichsgau Steiermark fallenden Gebiete gewahrt bleiben.“786

Er hielt es auch für notwendig,

„dass es dieser Anstalt ehestens ermöglicht wird, ihre Arbeiten in dem neuen Gebiete aufzunehmen. Dies umsomehr, als…das Hypotheken- und Creditinstitut also ein auf kapitalistischer Basis errichtetes Unternehmen, … in der Untersteiermark bereits seine Tätigkeit aufnehmen soll.“787

Weiter schrieb er:

„Ich bitte daher den kommissarischen Leiter der Landeshypothekenanstalt Dr. Gerhart Kalmann und den Direktor Dr. Ludwig Koban zu sich zu berufen um einerseits die Wünsche der Herren entgegenzunehmen und andererseits die für sie notwendigen Aufklärungen zu geben.“788

Uiberreither kannte Alexander Götz aus seiner Anfangszeit als Reichsstatthalter in Graz. Dieses Verhältnis scheint besser gewesen zu sein, als jenes zu Kalmann und Koban. Götz war beim „Anschluss“ 1938 Leiter der Grazer Filiale des Creditanstalt-Bankvereins, nachdem er wegen Unstimmigkeiten zur Zeit der „Ersten Republik“ mit dem Rang eines Majors aus dem Heer ausschied. Nach seiner Zeit beim CA-Bankverein, rückte er nach Kriegsbeginn, freiwillig in die Reichswehr ein und kam so im April 1941 beim Überfall auf Jugoslawien nach Maribor/Marburg. Offenkundig sagte danach Götz Uiberreither zu, die Landes- Hypothekenanstalt auch zum Mitwirken einzuladen. Einen Monat später, am 25. Juni 1941, schrieb Direktor Koban an den Gaukämmerer Pagl, in dem er völlig emotionslos feststellt, dass ihm der Chef der Zivilverwaltung in der Untersteiermark am 16. Juni 1941 eine Erledigung hat zugehen lassen. Danach zitiert er was Uiberreither schrieb:

„Der Einsatz der Landes-Hypothekenanstalt für Steiermark in dem ihr arteigenen Geschäft in der Untersteiermark scheint mit zweckmäßig. … Ich bitte mir Vorschläge über die Übernahme des Hypothekengeschäftes durch Ihre Anstalt im Benehmen mit dem Beauftragten für

785 StLA, Bestand LReg, H3/5-41, Brief der Leitung der Landes-Hypothekenanstalt an Major Alexander Götz, 17. 5. 1941, S. 1. 786 Ebd., S. 1. 787 Ebd., S. 1. 788 Ebd., S. 2. 214

Finanzfragen, Herrn Major Alexander Götz, durch den Wirtschaftsberater in meinem Einsatzstab zu machen.“789

Ohne Gruß und ohne irgendwelche zusätzlichen Phrasen unterschrieb Direktor Koban am Ende den Brief an den Gaukämmerer Pagl.790 Es ist verständlich, dass die Landes-Hypothekenanstalt nichts mit der Untersteiermark zu tun haben wollte. Der Krieg mit Jugoslawien begann erst, von den offenen Fragen in Bezug auf das jugoslawische Gebiet wurde noch keine in Angriff genommen und dazu kannte die Grazer Leitung die dortigen Verhältnisse kaum. Dazu war die steiermärkische „Landeshypo“ die jüngste und schwächste „Landesbank“ unter allen ehemaligen österreichischen Landes-Hypothekenanstalten und kämpfte seit ihrer Gründung im Jahr 1931 mehr oder weniger ums Überleben. Ab 1939 wurden vermehrt die männlichen Mitarbeiter zum Wehrdienst einberufen. Die Leitung der Anstalt wusste das nur zu gut und wehrte sich gegen den Gang in die Untersteiermark. Dazu musste auf Anweisung Uiberreithers Direktor Koban einen „Bericht zur Frage in welcher Weise die Landes-Hypothekenanstalt für Steiermark bei der Kreditpflege in den eingegliederten Teilen des steiermärkischen Unterlandes mitwirken könnte“ vorbereiten791. Der fünfseitige Bericht ist voll mit leeren Phrasen, wobei Koban ausdrücklich (unterstrichen) festhält, dass:

„die Einrichtung einer Geschäftsstelle der Landes-Hypothekenanstalt für Steiermark in einem zentral gelegenen Ort des Unterlandes vorübergehend unerlässlich sein wird.“

Und:

„es sei ausdrücklich festgestellt, dass es sich um keinen Filialbetrieb handeln soll.“792

Die notwendigen Mittel müssten nach Vernehmen von Direktor Koban aus „einer besonders ausgestatteten Emission für die Betätigung im langfristigen Kreditgeschäft für Untersteiermark beim Herrn Reichswirtschaftsminister zu erwirken“793. Er lässt auch die Möglichkeit einer Emission der Pfandbriefstelle zu, wobei diese auch „besonders ausgestattet“ sein müsste.

Von konkreten Kreditierungsmöglichkeiten schrieb er kein Wort. Er unterschrieb auch diesen Bericht ohne Gruß, als „Der Direktor“, ohne Namen.794 Im Gegensatz zu der gesamten Korrespondenz zwischen leitenden Personen des Reichsgaues, war Direktor Koban der einzige, der nie von der Untersteiermark sprach, sondern vom steirischen Unterland.

Aus dem Geschäft in der Untersteiermark wurde nichts. Zunächst wurde die männliche „Gefolgschaft“ vermehrt in den Wehrdienst einberufen und dazu wurde im September 1942

789 StLA, Bestand LReg/H 3/6-41, Brief Ludwig Kobans an den Gaukämmerer Heinrich Pagl vom 25. 6. 1941, o.S. 790 Ebd., o.S. 791 StLA, Bestand LReg/H 3/11-41, Bericht zur Frage in welcher Weise die Landes-Hypothekenanstalt für Steiermark bei der Kreditpflege in den eingegliederten Teilen des steirischen Unterlandes mitwirken könnte, vom 4.6.1941, S. 1ff. 792 Ebd., S. 4. 793 Ebd., S. 4. 794 Ebd., S. 5. 215

dieser Anstalt noch die Rolle einer Zentralstelle für die jugoslawische staatliche Bankenauseinandersetzung aufgetragen.795 Zudem wurde verfügt, dass diese „nach Weisung des Führers…mit größter Beschleunigung betrieben werden muss“ (und daher) „alle…Kräfte dieser Aufgabe zu widmen“796, was die Anstalt auch tat. Nach der italienischen Kapitulation im September 1943 wurde die Anstalt zusätzlich mit der „Abwicklung wesentlicher Teile des privaten Sektors, der Draubanschaftsssparkasse, der Städtischen Sparkasse in Laibach und der Gewerbebank in Laibach“ betraut.797 Um diese Aufgabe zu bewältigen, war laut dem Reichswirtschaftsministerium, auch in „der Zeit des totalen Krieges mit den Auseinandersetzungsarbeiten fortzufahren“798.

Aus den Archivdokumenten in den deutschen, österreichischen und slowenischen Archiven kann eine Finanzierung durch die Steirische Landes-Hypothekenanstalt in der Untersteiermark nicht erkannt werden. Dies obwohl das Geschäftsbericht der Anstaltsleitung für das Jahr 1941 festhält, dass

„mit der Rückgliederung der Untersteiermark in das Reich…alte Teile unseres ehemaligen Geschäftsgebietes wiedergegeben“ wurden, „in denen…dank der Zulassung durch den Chef der Zivilverwaltung in der Untersteiermark schon im Juli die Möglichkeit zur geschäftlichen Betätigung eröffnet wurde“ 799.

Lediglich die Gemeinden und das Reichsgau, soweit es dort tätig war, wurden finanziert. Die „Bauernentschuldung“ beschränkte sich auf die Übernahme bestehender, ehemalig jugoslawischer, Kreditverträge.

Neben den Kreditvergaben, für die sich die Landes-Hypothekenanstalt so sehr bemühte, fand die Leitung offenkundig immer noch Geld für diverse Spendenaktionen. Von den „üblichen“ Spenden wurde nur an das Winterhilfswerk gespendet, die gesamte übrige Spendentätigkeit war auf die eine oder andere Weise mit der NS-Herrschaft verknüpft und oft gesetz- und satzungswidrig. Dies umso mehr, als dieses Kreditinstitut eng mit der Reichsgau-Führung verknüpft war. Akten zur Spendentätigkeit umfassen im Steiermärkischen Landesarchiv in Graz mehrere große Faszikel. Um die Spenden wurde oft von diversen Organisationen angesucht, sehr oft spendete die Landes-Hypothekenanstalt auch von sich aus. Die bankinterne Kommunikation deutet auf Unwilligkeit, Spenden zu tätigen. Im Jahresbericht hingegen prallte die Leitung mit ihrer Spendentätigkeit.

795 StLA, LReg/H 3/43, Abschrift des Briefes an den Gaukämmerer Heinrich Pagl vom 28. Mai 1943 (nicht unterschrieben), S. 2. 796 Ebd., S. 3. Bezieht sich auf den Wortlaut im Erlass des Reichswirtschaftsministers vom 25. September 1942 (IV Kred 1/33642/42) für beide Zitatteile. 797 Ebd., S. 4. 798 Ebd., S. 4. Bezieht sich auf den Wortlaut einer Rede von Ministerialdirektor Riehle vom Reichswirtschaftsministerium, der am 13. Mai in der Landes-Hypothekenanstalt weilte und mit den einschlägigen Stellen eine Konferenz abhielt, wobei er sich über den Fortgang dieser Arbeiten erkundigte. 799 Landes-Hypothekenanstalt für Steiermark, Geschäftsbericht und Rechnungsabschluß für das Jahr 1941, S. 2. 216

Die Kreditfälle der Steiermärkischen Sparkasse in Graz Die Darlehensvergaben in der Zeit zwischen 1938 und 1945 zeigen bei der Grazer Sparkasse deutliche Abweichungen von einem üblichen Kreditgeschäft, wie er vor und nach dieser Zeitperiode vorzufinden war. Als ein Kreditinstitut, für dessen Verbindlichkeiten das Land und späterer Reichsgau Steiermark der Gewährträger war, wurde diese Sparkasse bereits im Wendejahr 1938 für politisch motivierte (Kredit)vorhaben verwendet. So tilgte das Land Steiermark ein Darlehen des Bezirkes Liezen. Dieses Darlehen wurde daraufhin auf die Steiermärkische Sparkasse in Graz zur Selbstzahlung übertragen. Die Idee dafür ging auf Franz Lanner zurück, der als Fachberater für das Sparkassen- und Kreditwesen tätig war, und an den Gauwirtschaftsberater Armin Dadieu. Sie vertraten die Idee einer Schuldenfreien Steiermark. Dafür sollten sämtliche Schulden auf andere Körperschaften ausgelagert werden. In diesen Rahmen fiel auch die erzwungene Verpflichtung der Steiermärkischen Sparkasse in Graz, eine allfällige Sanierung der Bezirkssparkasse Mürzzuschlag und Neumarkt zu übernehmen. Zur Sanierung dieser beiden Kreditinstitute verpflichtete sich nämlich die Landesregierung der Steiermark vor März 1938.800

Sowie die Landes-Hypothekenanstalt für Steiermark, finanzierte auch die Steiermärkische Sparkasse in Graz Siedlungsbauten. Bereits im April 1939 gewährte das fusionierte Kreditinstitut ein Hypothekardarlehen von 2 Millionen RM auf 25 Jahre an die Gemeinnützige Mürz-Ybbs-Siedlungs-A.G. in Kapfenberg für den Siedlungsbau im Mürztal. Dieses Kreditengagement war ein Prestigeprojekt der Sparkassenleitung/Führung, für das sich der Präsident Bratusch-Marrein und die Vize-Präsidenten Pastner und Lohberger besonders engagierten.801 Dabei beteiligte sich das Reich weder direkt noch indirekt und die Sparkasse befürchtete, bei Nichtzahlung das volle Risiko zu tragen. Als teilweise Sicherstellung wurde der Altbesitz des Wiener Unternehmens Gebrüder Böhler & Co AG verbürgt.802 Bei dem Altbesitz handelte es sich um 150 Wohnhausobjekte803 in Kapfenberg und Umgebung, welche die Firma an die Siedlungsgesellschaft übertrug. Somit befanden sich diese zu dem Zeitpunkt bereits im Eigentum der Siedlungs-AG. Auf jedes Wohnobjekt wurden Hypotheken (Plomben) eingetragen. Die Gesamtfläche machte dabei insgesamt 255.000 m2 aus. Offenkundig lag der Sparkassenleitung sehr wenig an einer fachgerechten Prüfung des Verkehrswertes dieser Gebäude an einem so abgelegenen Ort, denn die Sparkassenleitung befriedigte sich mit einer kurzen Besichtigung „und gelangte dabei zur Ansicht, dass bei vorsichtiger Schätzung ein Durchschnittswert von mindestens 30.000 RM pro Wohnhaus anzunehmen sei, was bei 150

800 StLA, LReg/207-Sa-43-38, Brief von Franz Lanner, den Fachberater für das Sparkassen- und Kreditwesen, an Gauwirtschaftberater Armin Dadieu, 3. 1. 1939. 801 StLA, LReg/207-Ste-53/1939. Brief der Leitung der Steiermärkischen Sparkasse in Graz an die Landeshauptmannschaft Steiermark über den Kredit an die Mürz-Ybbs Siedlungs AG. Graz 3. 4. 1939. 802 Ebd., o.S. Die Kaution betrug insgesamt 20 % der Kreditsumme oder 400.000 RM. Die Firma bat jedoch um eine Senkung auf 10 % (=200.000 RM), welcher nicht entsprochen wurde. Zusätzlich übernahm die Firma Gebrüder Böhler eine einfache Bürgschaft, bei welcher sie als Bürge und Zahler in die Pflicht genommen werden konnte. 803 Ebd., o.S. Darlehenspromesse seitens der Steiermärkischen Sparkasse an die Mürz-Ybbs-Siedlungs AG vom 1. 4. 1939. 217

Objekten rund 4,5 Millionen RM betragen würde“804. Somit finanzierte die Sparkasse 44,44 % des Verkehrswertes der verbürgten Wohnobjekte. Ein fachkundiger Schätzungsbericht wurde nicht angefordert. Als Sicherheit wurde zusätzlich die Übernahme einer Bürgschaft der Firma Gebrüder Böhler & Co AG für den Zins- und Tilgungsdienst vereinbart.805 Demnach war die Sparkasse berechtigt, diese Bürgschaft in Anspruch zu nehmen, falls die Siedlungsgesellschaft mit ihren Verpflichtungen, trotz Mahnung, mehr als einen Monat im Rückstand sein sollte. Eine Bonitätsprüfung dieses Unternehmens wurde nicht gemacht. Auch eine Reichsbürgschaft wurde begehrt, aber nicht erteilt.806 Die Sparkasse verzichtete auf ihr Kündigungsrecht des Darlehensvertrages, der auch im Falle einer ordnungsmäßigen Tilgung der Raten seitens des Kreditnehmers, galt.807 Dabei wurden die Statuten umgangen denn diese, sowie die Mustersatzung, machten dem Kreditinstitut einen Vorbehalt der halbjährigen Kündigung eines Darlehensvertrages zur Pflicht.808 Dies galt auch für den Fall, wenn der Kreditnehmer seine Pflichten ordnungsgemäß erfüllter. Zu alldem vergab die Sparkasse dieses Darlehen zu einem besonders günstigen Zinssatz. Der vorgeschriebene Zinssatz betrug 6 % p.a., die Sparkasse verlangte nur 5 %, mit der Begründung, dass:

„…angesichts der großen volkswirtschaftlichen Bedeutung dieser Siedlungsbauten ein bevorzugter Zinssatz gerechtfertigt erscheint, … (da) ohnedies für die nächste Zeit eine generelle Herabsetzung des … Darlehenszinsfußes in Aussicht genommen ist.“809

Der Kreditantrag wurde angenommen und das Darlehen von 2 Millionen RM ausbezahlt.

Einen besonderen Tätigkeitsbereich, der mit der nationalsozialistischen Herrschaft verbunden war, stellte die landwirtschaftliche „Entschuldung“ dar, die sich für die Steiermärkische Sparkasse fast zu einer Katastrophe entwickelte. Schuld daran waren die Landstellen (vor allem in Graz und Leoben), die nicht selten eine Streichung von rückständigen Zinsen oder gar eines Teils der geschuldeten Kreditnominale verlangten. Dem wiedersprach die Sparkasse vehement. Ein weiteres Problem stellten die Aufbaukredite dar. Die Sachlage kann am besten anhand eines „Entschuldungsfalles“ verdeutlicht werden.

804 StLA, Lreg/207-Sa 96/1940. Niederschrift der 1055. Ausschusssitzung der Steiermärkischen Sparkasse in Graz, S. 10, ohne Datumsangabe. Diese Niederschrift befindet sich innerhalb einer Niederschrift der 1054. Ausschusssitzung über die Satzungsänderungen und stellte keinen selbstständigen Teil dar. 805 Ebd., S. 10f. 806 StLA, LReg/207-Ste 53/1939, Ansuchen um Genehmigung der Abstandnahme vom Kündigungsrechte bei Darlehenspromessen an die Gemeinnützige Mürz-Ybbs-Siedlungs-A.G. in Kapfenberg. Graz 21. 12. 1939, S. 2. 807 StLA. LReg/207-Ste 53/1-1939. Brief des Landeshauptmannes (Unterschrift unleserlich) an die Steiermärkische Sparkasse in Graz. Graz 15. 4. 1939. 808 StLA, LReg/207-Ste 53/1939, Ansuchen um Genehmigung der Abstandnahme vom Kündigungsrechte bei Darlehenspromessen an die Gemeinnützige Mürz-Ybbs-Siedlungs-A.G. in Kapfenberg. Graz 21. 12. 1939, S. 2f. In dieser Angelegenheit stellte die Sparkasse ein Schreiben aus, in dem es hieß, dass eine Kündigung mit sechsmonatiger Vorausansage immer möglich ist und vertraglich oder sonst nicht wettgemacht werden kann, dass die Sparkasse aber dieses konkrete Darlehen an die Siedlungsgesellschaft bei ordnungsmäßiger Erfüllung des Zins- und Tilgungsdienstes seitens der Siedlungs- A.G. nicht kündigen wird. 809 StLA, Lreg/207-Sa 96/1940. Niederschrift der 1055. Ausschusssitzung der Steiermärkischen Sparkasse in Graz, S. 10, ohne Datumsangabe. 218

Franz und Josefa Matzer aus Liebensdorf hatten bei der Steiermärkischen Sparkasse ein Darlehen von 2.000 RM aufgenommen, womit sie eine Liegenschaft von 4 Hektar Größe an der Bezirksstraße von Hausmannstätten nach Heiligenkreuz am Wasen erwarben. Auf dem Grundstück befanden sich auch ein Gasthausbetrieb und etwas Weingarten, weshalb es sich nicht um einen rein landwirtschaftlichen, sondern um einen gemischten Betrieb handelte. Seit dem 1. September 1937 gerieten sie in Zahlungsverzug. Es entstand ein Zinsenrückstand, der sich bis März 1939 bereits auf 1.739,34 RM belief. Daraufhin wurde bei der Landstelle Graz ein Entschuldungsverfahren eingeleitet, in Folge dessen beim Amtsgericht Wildon eine Einigungsverhandlung anberaumt wurde. Zu dieser Verhandlung wurde auch ein Vertreter der Sparkasse eingeladen und sollte dort entweder persönlich erscheinen oder einen informierten, mit Vollmacht ausgewiesenen Vertreter entsenden.810 Die Einladung enthielt auch folgenden Beisatz:

„Aufgrund der errechneten Leistungsfähigkeit des Betriebes ist ein 50%iger Kapitalnachlass notwendig. Bei Nichterscheinen wird angenommen, dass Sie mit diesem Nachlass einverstanden sind.“811

Das Amtsgericht und die Landstelle beriefen sich dabei auf den §12 Abs. 1 der „Entschuldungsverordnung“. Diese bestimmte, dass mit dem Betriebsinhaber Verhandlungen geführt werden sollten. Dabei soll versucht werden, eine gütliche Einigung, insbesondere Forderungsnachlässe der Gläubiger, zwischen dem Betriebsinhaber und sämtlichen Gläubigern zu erreichen, wenn eine Umwandlung des bestehenden Darlehens in ein unkündbares Darlehen mit Zinsherabsetzung bei gleichzeitiger Laufzeitverlängerung, nicht auf die Leistungsfähigkeit des Betriebes zurückgeführt werden kann. Die Sparkasse argumentierte dagegen, dass die „Entschuldungsverordnung“ für das Land Österreich keine Zwangskürzungen von Gläubigerforderungen vorsieht.812 Die Sparkasse verwies dazu auf ihre Statuten, wonach es ihr verboten ist, auf Forderungen zu verzichten. Dies wurde damit begründet, dass die Sparkassen nicht den anderen Gläubigern gleichgestellt sein können, denn sie verwalten das ihnen von den Einlegern anvertraute Geld und müssen bei seiner Verwaltung größtmögliche Vorsicht üben, damit die Spargelder keinen Schaden erleiden.813

Grundsätzlich meinte die Sparkassenleitung, dass dieser Betrieb eine Belastung von 2.000 RM vertragen muss. Dies vor allem dann, wenn dieses Darlehen die einzige Schuld sei, die auf dem Betrieb lastet. Sollten weitere Schulden vorhanden sein, meinte die Sparkassenleitung, mag bei voller Aufrechterhaltung aller Schulden die Rentabilität des Betriebes nicht gegeben sein. Und erst dann käme §12 Abs.1 der „Entschuldungsverordnung“ zum Zuge, wonach Gespräche mit allen Gläubigern geführt werden müssen. Dabei dürfe „schlecht lozierten Gläubigern eine

810 StLA, LReg/207-Sa-67/1939. Beilage zum Brief der Leitung der Steiermärkischen Sparkasse in Graz an die Landeshauptmannschaft Steiermark, zuhanden von Hofrat Meinhard Merl über die Entschuldungsfälle. Graz 27. 3. 1939, S. 3. 811 Ebd., S. 1. 812 Ebd., S. 4. 813 Ebd., S. 2. 219

zwangsweise Kürzung ihrer Forderungen nicht auferlegt werden“814 dürfen. Außerdem sei eine Grundvoraussetzung für ein „Entschuldungsverfahren“ die Entschuldungsfähigkeit des Betriebes. Wenn also die „Entschuldung“ des damaligen Besitzers wegen Überschuldung nicht möglich ist, so muss aus „wirtschaftlichen und ernährungspolitischen“ Gründen darauf gedrängt werden, dass der Besitz in andere Hände kommt. Dabei sei es völlig inakzeptabel gewesen, dass bei Nichterscheinen von Sparkassen-Vertretern automatisch angenommen wurde, dass einem bestimmten Nachlasse zugestimmt wird. Sehr oft war es auch faktisch fast unmöglich, dass ein Sparkassen-Vertreter bei einer Einigungsverhandlung erschien, da diese nicht selten an entfernt gelegenen Orte anberaumt wurden und es mit erheblichen Kosten verbunden war, hinzufahren. Oft fanden gleich mehrere Verhandlungen gleichzeitig statt.815

Dieser Stellungnahme schloss sich auch die Behörde des Reichsstatthalters für die Steiermark als Aufsichtsbehörde an. In einem Brief an das Reichsministerium für Wirtschaft und Arbeit in Berlin betonte er, dass die Sparkassen als Gläubiger nicht mit anderen Privatgläubigern gleichgehalten werden können, da sie das Geld von Anlegern, also von anderen Kunden halten und verwalten.816

„Wenn sich die Sparkassen zum teilweisen Erlasse von Verzugszinsen oder Abstrichen von mehr als dreijährigen Zinsrückständen herbeilassen, begeben sie sich ohnehin eines ihnen gesetzlich zustehenden Rechtes und zeigen hiermit ein weitgehendes Entgegenkommen gegenüber der bäuerlichen Bevölkerung.“817

Dieser Ansicht schloss sich auch die Grazer Geschäftsstelle des Reichsverbandes der deutschen Sparkassen in Österreich unter der Leitung von Franz Lanner an. Offenkundig meinten die verschiedenen Sparkassen-Behörden und die Sparkassenleitungen selbst, dass es nur helfen kann, wenn an das Reichsministerium geschrieben wird, weil die Landstellen in der Steiermark die „Bauernentschuldung“ als eine echte Entschuldung betrachteten und den Kreditinstituten Forderungsverzichte auferlegten. Wie aus Lanners Schreiben hervorgeht, haben die Landstellen in vielen Fällen sogar die Verpflichtung zur Zahlung der laufenden Zinsen auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Oft wurde der 1. Jänner 1940, oder gar ein späterer Termin, genannt. Dabei gibt er offen zu, dass die Streichung der Rückstände für die Sparkassen eine „schwere Belastung“ darstellt. Das Ministerium antwortete darauf nur mit der Aufforderung an die Sparkassen, alle „Entschuldungsfälle“, bei denen nach Ansicht der Sparkasse die Landstelle größere Streichungen von Forderungen verlangte oder in Aussicht stellte, zu melden.818

Viel mehr Sorgen machte sich das Reichswirtschaftsministerium offenkundig um Aufbaudarlehen. Dabei stand die Sorge im Vordergrund, dass die Sparkassen die Hypothek oft

814 Ebd., S. 4. 815 Ebd., S. 4. 816 StLA, LReg/207-Sa-67/3-1939. Brief des Landeshauptmannes (Reichsstatthalters) für die Steiermark an den Minister für Wirtschaft und Arbeit in Wien. Graz 18. 4. 1939. 817 Ebd., o.S. 818 StLA, LReg/207-Sa-67/5-1939. Brief Franz Lanners als Vorsitzenden des Reichsverbandes der deutschen Sparkassen in Österreich (Provisorische Geschäftsstelle Graz) betreffend der Handhabung der landwirtschaftlichen Entschuldung durch die Landstellen Graz und Leoben. Graz 7. 12. 1939., S. 1f. 220

nicht auf den ersten Rang eintragen konnten, weil dort schon eine andere Hypothek vorhanden war. Laut den Satzungen durfte ein Darlehen aber nur gewährt werden, wenn eine erstrangige Hypothek im Grundbuch eingetragen wurde. In der Folge ließ das Ministerium eine Eintragung auch an die zweite Stelle zu, wenn der Eigentümer auf einen Rangvorbehalt819 ausdrücklich verzichtete.820

Ohne eine ausdrückliche Unterstützung des Ministeriums bei der „Bauernentschuldung“, welches sich offenkundig nicht entschieden an die Seite der Kreditinstitute stellte, war die Steiermärkische Sparkasse in diesem Belang sich selbst und der Behörde des Reichsstatthalters überlassen. Es scheint niemand aus der Reichsregierung die Landstellen gemahnt zu haben, die „Entschuldung“ nicht wörtlich zu nehmen, sondern das „Erbhofgesetz“ genauestens anzuwenden. Es kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die Sparkassen sich selbst überlassen und mit einer „schweren Belastung“ kämpfend schon bald ungern „Entschuldungsfälle“ bearbeiteten und versuchten, auf jede Reichsmark noch mehr aufzupassen. Damit wird auch verständlich, warum die „Bauernentschuldung“ den Bauern nicht die erhoffte Schuldenfreiheit bescherte und viele Bauern in der Folge ihren „Entschuldungsantrag“ bei der Landstelle zurückzogen.

Zu den wenigen großen Finanzierungen die seitens der Steiermärkischen Sparkasse in Graz zwischen 1938 und 1945 unternommen wurden, gehörten Darlehen an die Stadtgemeinde Graz. „Die Stadt der Volkserhebung“ baute nach Kriegsbeginn Siedlungswohnungen für „Volksdeutsche“, die nach Graz „umgesiedelt“ wurden. Bereits am 25. Juli 1938 erging ein Kreditantrag der Stadtgemeinde Graz an die Sparkasse, unterzeichnet von Bürgermeister Kaspar, über die Gewährung von zwei langfristigen Darlehen in der jeweiligen Höhe von 1,2 Millionen RM für die „Beseitigung von Elendsquartieren“ und den Neubau von 300 „Volkswohnungen“ und die Aufstockung von 12 bestehenden Wohnungen.821 Dabei handelte es sich um Siedlungsbauten in der Mehrenbergstrasse (Triestersiedlung) und in der Neuholdgasse (Schönauessiedlung), beide in Graz.822 Das Reich gewährte ein Zuschussdarlehen von 43.200 RM823. Von den beantragten 2,4 Millionen RM konnte die Sparkasse nur 1 Million RM an die Stadtgemeinde Graz gewähren. Der Kreditantrag wurde nämlich bei der (alten, noch nicht fusionierten) Steiermärkischen Sparkasse eingereicht und ihre Satzung sah eine Höchstgrenze für die Finanzierung eines einzelnen Kunden vor. Diese Höchstgrenze belief sich auf 10 % des Wertes ihrer gesamten Spareinlagen. Bei einem momentanen Einlagenstand von 30.457.198,42 RM, lag die Höchstgrenze somit bei

819 Unter einem Rangvorbehalt wird die Möglichkeit des Eigentümers verstanden, im Falle von mehreren Hypotheken, den Rang einer erloschenen Hypothek vorzubehalten, damit die nachstehenden Hypotheken nicht automatisch um einen Rang aufrücken. Dies wird oft gemacht, damit sich ein Gläubiger nicht auf den untersten Rang einschreiben muss, sondern einen besseren und höheren Rang für seine Hypothek erhalten kann. 820 StLA, LReg/207-Sa-67/4-1939. Schreiben des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit in Wien betreffend der Belehnung von Erbhöfen an alle Landeshauptmänner und die Magistratsabteilung 9 der Stadt Wien, S. 1ff. 821 StLA, Lreg/207-Sa 96/1940. Kreditantrag der Stadtgemeinde Graz an die Steiermärkische Sparkasse vom 25.7.1938. 822 Ebd., o.S. 823 Ebd., Sitzung des Kuratoriums der Steiermärkischen Sparkasse. Graz 1939, o.S. 221

3.045.719,84 RM. Da zwei Kredite bereits bestanden und deren fortlaufende Nominale noch knapp mehr als 2 Millionen RM ausmachte, würde die Gewährung einer zusätzlichen Million, die 10 %-Hürde knapp übersteigen. Deshalb verwies das Kuratorium auf die anvisierte Zusammenlegung der drei Grazer Sparkassen, wofür die Vorbereitungsarbeiten bereits im vollen Gange waren. Bei allen für die Fusion vorgesehenen Sparkassen hatte die Grazer Stadtgemeinde Verpflichtungen von 4,7 Millionen RM, aber der Einlagestand dieser Sparkassen betrug rund 81 Millionen RM. Das Darlehen von 1 Million RM wurde mit einer Laufzeit von 35 Jahren gewährt, zahlbar in halbjährigen Tilgungsraten der Kreditnominale von 26.285 RM und einer Verzinsung von 5–6 % p.a. Eine wirtschaftliche Analyse, die einen solchen Kredit rechtfertigen würde, wurde nicht angefertigt. In den Sitzungsprotokollen des Kuratoriums steht auch nichts über eine Debatte bezüglich der Situation am Wohnungsmarkt in Graz, daher wurde das Darlehen mit folgender Begründung genehmigt:

„Darlehensgewährung ist arbeitsschaffend und volkspolitisch gerechtfertigt. Daher wurde sie, wie eingangs erwähnt, beschlossen.“824

Aufgrund von Materialknappheit und der damit verbundenen Mehrkosten bat die Stadtgemeinde Graz um eine Darlehenserhöhung um 300.000 RM auf insgesamt 1,3 Millionen RM, wobei das vorhandene Darlehen von 1 Million RM unverändert blieb. Dem Antrag wurde im Jänner 1941 seitens des Kuratoriums der Sparkasse stattgegeben und auch die Behörde des Reichsstatthalters erhob keinen Einspruch. Somit wurden weitere 300.000 RM ausgezahlt, mit einer Verzinsung von 5 % und Halbjahrestilgungsraten von 9.000 RM. Die 10 %-Grenze wurde nicht überschritten, da zu dieser Zeit die Spargelder auch wegen der Bankenfusion in den Jahren 1938/1939 vollkommen ausreichten.

Am 30. April 1941 genehmigte die Sparkasse ein Körperschaftsdarlehen von weiteren 4 Millionen RM für die Stadtgemeinde Graz. Diesmal bat die Stadt um Mittel für Errichtung von Notbauten. Um welche Notbauten es sich handelte, geht aus den verbliebenen Archivdokumenten des Kreditantrages (vom 25. März 1941) nicht hervor, doch scheint die Angelegenheit sehr dringlich gewesen zu sein, denn das Kuratorium war von vornhinein gewillt das Darlehen trotzdem auszuzahlen, obwohl dadurch die 10 % Grenze überschritten wäre. Die Spareinlagen betrugen zu diesem Zeitpunkt 106.104.295 RM (davon 10 % = rund 10.6 Millionen), das neue Exposure mit diesem Darlehen betrug jedoch 11.091.834 RM. Im Jahr 1940 wurde nämlich ein weiteres Darlehen von 4 Millionen RM an die Stadt Graz für den Bau eines Gaswerks in Graz ausgezahlt. So erging noch am selben Tag ein Brief an die Behörde des Reichsstatthalters, in dem vor allem auf das Überschreiten der 10 %-Grenze verwiesen wurde.825 Das Sparkassen-Kuratorium bat um die Bewilligung des Antrages mit der Begründung, dass „infolge des stetig zunehmenden Einlagestandes … jedoch in kurzer Zeit der in der Satzung angegebene Prozentsatz wieder erreicht sein“826 wird. Und:

824 StLA, Lreg/207-Sa 96/1940. Brief an die Reichsstatthalterei vom 30. April 1941. 825 Ebd., o.S. 826 Ebd., o.S. 222

„Mit Rücksicht auf die Wichtigkeit des Bauvorhabens ersuchen wir, die Darlehensgewährung unter den im Schuldscheinentwurf enthaltenen Bedienungen, anzunehmen.“827

Die Reichsstatthalterei willigte ein und das Darlehen wurde mit einer Verzinsung von 4 % und vierteljähriger Tilgung in gleichen Raten der Nominale, ausgezahlt.828

Während des Jahres 1940 wurde der Grazer Stadtgemeinde ein zusätzliches Darlehen für den Ausbau eines Gaswerkes in Graz gewährt. Es handelte sich um ein Darlehen mit 5 prozentiger Verzinsung. Die Berliner Regierungsstellen jedoch drängten bei allen Darlehen auf eine möglichst niedrige Verzinsung. Eine Weisung des Innenministeriums verlangte eine Höchstgrenze bei Gemeindedarlehen von 4,5 %. Mit dieser Begründung wandte sich die Stadtgemeinde Graz an die Steiermärkische Sparkasse in Graz und „bat“ um eine Zinssenkung, welcher die Sparkasse auch nachkam. Wie wichtig die Zinsfrage war und wie wenig Spielraum dem Kreditinstitut zugestanden wurde, geht dadurch hervor, dass bei dieser Angelegenheit die Meinung des Ostmärkischen Sparkassen- und Giroverbandes und der Statthalterei eingeholt werden sollte. Der Präsident des Giroverbandes, Hans Stigleitner, willigte in die Ausnahme ein mit der Begründung, dass sich im Falle eines Behaarens beim Zinssatz von 5 % die Grazer Stadtgemeinde gezwungen sähe, das Darlehen bei einem Konkurrenzunternehmen des »Altreiches« aufzunehmen, welches bereit wäre, den Zinssatz von 4,5 %, anstatt 5 % zu verlangen. Der Giroverband knüpfte seine „Genehmigung“ an die Genehmigung des ermäßigten Zinssatzes durch die Behörde des Reichsstatthalters, welche in wenigen Tagen ebenfalls erfolgte. 829

Nachdem sowohl der Reichsstatthalter sowie die Abteilung für das Kreditwesen in der Behörde des Gaukämmerers zustimmten, wurde das Darlehen von 4 Millionen RM im Jahr 1940 ausgezahlt.830

Nach dem Jahr 1939 (Kriegsbeginn) war die Reichsregierung bestrebt, die Mittel nicht für Kreditzwecke zu erlauben. Dies endete in dem schon mehrmals erwähnten »Hypothekensperrerlass“. Ausnahmen wurden nur in Sonderfällen zugelassen. Somit mussten auch bei den Darlehen an die Stadtgemeinde Graz nach 1942 die Zinsen vereinheitlich auf 4 % herabgesetzt werden, wodurch der Sparkasse mindestens 1 Prozentpunkt an Zinsen vom jeweiligen Betrag der fortlaufenden Nominale verloren ging.

Erheblicher als die verordnete Zinssenkung bei bestehenden Darlehen, fiel die verordnete Begrenzung von Beleihungsmitteln ins Gewicht. Dabei ging es nicht um einen Schritt, sondern um mehrere Schritte, die zunehmend die Kredittätigkeit erwürgten. Die Kredittätigkeit wurde im „Altreich“ bereits vor 1940 durch Erlässe des Reichswirtschaftsministers äußerst eingeschränkt. Umschuldungen bei Sparkassen wurden gänzlich verboten und alle Kredite über

827 Ebd., o.S. 828 StLA, Lreg/207-Sa 96/1940. Darlehens-Promesse der Steiermärkischen Sparkasse an die Stadtgemeinde Graz. Mai 1941, o.S. 829 StLA, Lreg/207-Sa 96/1940. Ausschuß-Sitzung der Steiermärkischen Sparkasse vom 30. April 1941, o.S. 830 Ebd, o.S. und Brief der Behörde des Reichsstatthalters für die Steiermark an die Steiermärkische Sparkasse in Graz. 223

500.000 RM mit einer Laufzeit von über zwei Jahren mussten einzeln vom Reichswirtschaftsministerium in Berlin genehmigt werden.831 In der „Ostmark“ wurden, zunächst durch den Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich und später durch die Behörde des Reichsstatthalters,832 Ausnahmen von dieser Regelung verfügt. Damit konnten in der Steiermark und in Kärnten (galt nicht für die Untersteiermark und Oberkrain), langfristige Darlehen genehmigt und ausgezahlt werden.

Im Jahr 1942 wurde die Ausnahmeregelung nicht mehr verlängert und die Sparkasse in Graz konnte daher keine neuen langfristigen Darlehen mehr genehmigen. Anfragen seitens der Stadtgemeinde Graz konnten in den Archiven nicht gefunden werden, somit kann nicht eindeutig gesagt werden, ob überhaupt zusätzlicher Finanzierungsbedarf bestand.

Ab 1. Juli 1942 wurde zunächst das Beleihungskontingent eingegrenzt.833 Die Höhe der zur Kreditierung834 verfügbaren Mittel errechnete sich aus dem Durschnitt der genehmigten (nicht ausgezahlten!) mittel- und langfristigen Darlehen der vergangenen zwei Jahre (1940 und 1941), die für Zwecke der langfristigen Bodenbeleihung835, des Grundstückserwerbs und des Wohnbaues für eigene Rechnung bewilligt wurden. Somit nahm die Sparkasse die Nominalen der bewilligten Darlehen für das Jahr 1940 und 1941 und berechnete den Durchschnitt. Von dem so berechneten Betrag durfte in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 1942 nur mehr 1/3 für neue Darlehen verwendet werden. Wenn sie den Betrag von 500.000 RM überstiegen oder eine Laufzeit von mehr als zwei Jahren hatten, mussten sie vom Wirtschaftsministerium zusätzlich genehmigt werden.836

Noch im Laufe des Jahres 1942 verfügten einige Reichsstatthalter, darunter Uiberreither für die Steiermark und Rainer für Kärnten, dass im Jahr 1943 zusätzlich 10 % des Beleihungskontingentes zu sperren sind und für den Erwerb von Schatzanweisungen des Reiches zur Verfügung stehen müssen. Die nicht für das Reich gebundenen Mittel durften nur für die Finanzierung solcher Vorhaben, die auch im Kriege vertretbar und vordringlich sind, eingesetzt werden. Dabei galten sämtliche angeführten Sperren und Begrenzungen nicht für die Untersteiermark und Oberkrain. Die Sparkassen auf diesen Gebieten konnten weiterarbeiten, doch wurde ihr Betrieb ohnedies durch den Krieg gestört.

831 Entnommen aus dem Erlass des Reichswirtschaftsministeriums vom 1. September 1942, mit der Bezeichnung IV Kred 33783/42. 832 Am 1. April 1940 wurde mit Anordnung über die Regelung der Zuständigkeit auf dem Gebiete des öffentlichen Kreditwesens in der Ostmark verfügt, dass die unmittelbare Aufsicht über die Institute (vor allem „Landeshypos“) von Reichsstatthalter (staatliche Verwaltung) ausgeübt wird. Die oberste Aufsicht hat der Reichswirtschaftsminister. Im Einvernehmen mit dem Innenminister konnte er den ersten Direktor bestellen und abberufen. 833 Erlässe des Reichswirtschaftsministeriums vom 16. Jänner 1942 und vom 24. August 1942 („Hypothekensperrerlass“). 834 Finanziert werden durften Wohnbauten, gewerbliche Betriebe, der Erwerb von Wertpapieren sowie sonstige geschäftsübliche Anlagen. (vgl. „Hypothekensperrerlass“, IV Kred 33783/42). 835 Unter langfristiger Bodenbeleihung waren alle amortisablen Hypothekardarlehen, bei denen die Laufzeit von vornherein mit mehr als 4 Jahren angesetzt wurde. 836 Vgl. »Hypothekensperrerlass«, IV Kred 33783/42. 224

Durch Eingrenzungen des Beleihungskontingentes in der „Ostmark“, entstanden bei kleineren Sparkassen mangelnde Beleihungskontingente, die danach durch einen Ausgleich auf Reichsgauebene wettgemacht wurden. Gleichzeitig wurden mit der Einführung des Sperrerlasses die staatlichen Kontrollen deutlich verschärft. Die Sparkassen mussten fortan einen Nachweis über gewährte mittel- und langfristige Kredite abgeben. Dies wurde an den jeweiligen Reichsstatthalter ausgehändigt, der es dann an das Wirtschaftsministerium in Berlin übersandte. Eine Überprüfung der übersandten Angaben fand laut den zur Verfügung stehenden wenigen Archivmaterialien nicht statt.837

Die Kreditfälle der Kärntnerischen Sparkasse Während bei anderen Kreditinstituten nur mittelbare Beweise für die Einmischung politischer Instanzen in den Bankbetrieb gefunden werden konnten, zeigen nicht wenige Kreditfälle der Kärntnerischen Sparkasse unmittelbare Eingriffe von Politikern in den Geschäftsbetrieb dieser Bank. Die Beeinflussung, der „Missbrauch“, wirkte sich immer, ohne Ausnahme, zum Nachteil der Sparkasse aus. Als Beispiel dafür wird hier der Kreditfall von Ing. Josef Feldner, einem Großgrundbesitzer aus Gmünd in Kärnten, angeführt. Dieser Fall zeigt, wie weit die politischen Instanzen zu gehen bereit waren, wenn es um Parteimitglieder „der ersten Stunde“ ging. Die negativen Auswirkungen dieser „Kameraderie“ wurden dabei völlig ausgeblendet. Nicht die Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes stand an erster Stelle, sondern die Förderung von Partei- und Eigeninteressen.

Ingenieur Josef Feldner nahm noch lange vor dem „Anschluss“ bei der Spar- und Vorschusskasse in Spital an der Drau ein Darlehen von 27.000 Schilling auf. Die genannte Kasse wurde im Jahr 1930 von der Kärntnerischen Sparkasse übernommen. Mit dem Kredit finanzierte Feldner die Erneuerung seines Gasthauses, in dem auch Sommerfrischler untergebracht wurden. Auf die Zahlung der Tilgungsraten der Nominale wurde ein mehrjähriges Moratorium vereinbart, um die Fertigstellung des Gebäudes und der damit verbundenen Erlöse aus dem Tourismusbetrieb zuzuwarten. Der Kreditnehmer schuldete daher nur Zinsen, die halbjährig zum jeweiligen 1. Jänner und 1. Juli zuzüglich der Kreditführungsprovision und sonstigen Spesen entrichtet werden mussten. Im Jahre 1935 wurde die letzte Neubewertung des Kreditnehmerbesitzes durchgeführt und sein persönliches Vermögen, mit dem er in voller Höhe haftete, auf 150.000 Schilling (100.000 RM) geschätzt. Zu verbürgtem Besitz gehörten das am Hauptplatz in Gmünd gelegene Gashof- und Wohngebäude mit einem dahinterliegenden Brauereigebäude, mehreren Wirtschaftsgebäuden, und den der Landwirtschaft dienenden Grundstücken im Ausmaß von 45 Hektar. Zu den letzteren gehörten bedeutende Holzbestände (Wald) und eine zum Holzverschnitt dienende Säge.

Am 1. Jänner 1938 hörte der Kreditnehmer auf, seine Kreditschulden zu tilgen und sämtliche Zahlungen hörten auf. Für die Begleichung des Zahlungsrückstandes versuchte sich die Sparkasse mit dem Kreditnehmer in Verbindung zu setzen, im Wege persönlicher Vorhalte und verschiedener schriftlicher Betreibungen. Doch alles war umsonst, im Jahr 1938 meldete und

837 Rundschreiben vom Ostmärkischen Sparkassen- und Giroverband am 12. Dezember 1942. 225

zahlte der Kreditnehmer nichts. Schließlich entschloss sich die Sparkasse im Jänner 1939 für die Exekution. Zum damaligen Zeitpunkt war der Kreditnehmer mit insgesamt 2.290 RM im Rückstand. Insgesamt betrug die Kreditnominale noch über 16.000 RM (volle Höhe). Es fehlten die Raten von je 640 RM vom 1. Jänner 1938 bis inklusive den 1. Jänner 1939. Dazu kam noch ein angelaufener Kostenbetrag von 370 RM.838

Nachdem die Einleitung der Exekution dem Kreditnehmer mitgeteilt wurde, wandte sich dieser an die Gauleitung Kärntens, anstatt an die Sparkasse, und besprach diese Angelegenheit persönlich mit dem Gauwirtschaftsberater. Dieser verfasste am 27. Feber 1939 ein Schreiben an die Kärntnerische Sparkasse und bat um eine Aufschiebung der Exekution.

Der Gauwirtschaftsberater, dem eigentlich das Wohlergehen der Sparkasse die oberste Priorität gewesen sein müsste, vermerkte zuerst, dass Feldner ein altes Parteimitglied sei. Wegen seiner nationalsozialistischen Einstellung sei er in der „Systemzeit“ jeglichem Druck, besonders wirtschaftlichem, ausgesetzt gewesen. Er soll sich geweigert haben an seinem Orte eine Heimatschutzführung zu übernehmen. Gegen ihm wurde auch ein Zwangsverwaltungsverfahren eingeleitet, dass im Feber 1939 immer noch nicht abgeschlossen war.839

Erst nachdem festgestellt wurde, dass Feldner ein „altes Parteimitglied“ war, der dazu noch vor März 1938 unter wirtschaftlichem Druck litt, führte der Gauwirtschaftsberater weitere „Argumente“ gegen die anvisierte Exekution an.

„Was Ihre Forderung anbelangt, so sei diese ja am 1. Satze zur Gänze Sichergestellt und daher in keiner Weise eine Gefahr für ihr Institut vorliegend. Überdies soll ein Ablösungsverfahren im Gange sein (es handelt sich um Ablösung durch den Besitz des Ing. Feldner gehenden Strasse) und ihm aus diesem Ablösungsverfahren ein höherer Betrag, vermutlich RM 3000 in nächster Zeit ausgefolgt werden. Von diesem Betrage werde er dann den Großteil hiervon für die Abdeckung Ihrer Forderung verwenden. Auch sei er bestrebt, in der Folgezeit nach und nach Ihre Forderung abzudecken, da sich ja durch den Umschwung auch die Verhältnisse günstig geändert haben, sodass auch aus diesem Gründe es nicht notwendig erscheint, gegen Ing. Feldner mit Exekutionsschritten vorzugehen. Zum Schlusse erwähnte Ing. Feldner noch den Umstand, dass sein Besitz für das Entschuldungsverfahren angemeldet sei und weiters den Bestimmungen des Erbrechtshofgesetztes unterliegen würde.“

Und schloss mit den Worten:

„Nach diesen Angaben glaube ich, dass derzeit Exekutionsschritte gegen Ing. Feldner nicht nötig sind und würde ersuchen zuzuwarten, bis das Ablösungsverfahren erledigt ist.“840

838 Kärntner Landesarchiv (=AT-KLA), Bestand der Landeshauptmannschaft Kärnten, Kanzleistelle 10L- Entschuldung, 621-C-6707.1-6. Brief der Leitung der Kärntnerischen Sparkasse in Klagenfurt an die Gauwirtschaftsberatung der NSDAP in Klagenfurt (Handelskammer), vom 24. 1 .1939, S. 1. 839 AT-KLA, Kanzleistelle 10L-Entschuldung, 621-C-6707.1-6. Brief der Gauwirtschaftsberatung (Geschäftsführer Dr. Broschegg) an die Kärntnerische Sparkasse in Klagenfurt vom 27. 2 .1939, S. 1f. 840 Ebd., S. 2. 226

Eine Forderung, die nicht bezahlt wird, auch wenn sie mit noch so vielen Hypotheken und Bürgschaften besichert wird, muss jedes Kreditinstitut teilweise abschreiben. Es liegt nicht im Interesse einer Sparkasse, Eigentümer von Gasthöfen und Sägewerken zu werden, um sie in der Folge verwerten zu können und der Kreditnehmer tilgte bereits seit einem Jahr nichts. Die restlichen „Argumente“ zielen im Wesentlichen darauf ab, solange die Exekution aufzuschieben, bis der Kreditnehmer dem Schutz des Erbhofgesetztes unterliegen wird. Aus den Entschuldungsakten geht nämlich hervor, dass der "Entschuldungsantrag" am 18. Dezember 1938 eingereicht wurde und das Verfahren erst Ende Mai 1939 eröffnet wurde.841 Das Gespräch beim Gauwirtschaftsberater fand somit zu einem Zeitpunkt statt, wo noch nicht sicher war, ob das "Entschuldungsverfahren" überhaupt eröffnet wird. Es ist ohnehin eigenartig, dass ganze sechs Monate mit der Eröffnung des Verfahrens zugewartet wurde. In dieser Zeit war der Besitz des Kreditnehmers gänzlich exekutionsfähig.

Die Sparkasse antwortete im März 1939 und schrieb, dass der Zwangsverwaltungserlös durch Zahlungsrückstände für die Steuer- und Krankenkassenrückstände des Schuldners aufgezehrt wird.842 Feldner schuldete dort über 6.000 RM. Dem gleichen Zweck würde auch die Ablösungsentschädigung zufallen. Der wirtschaftliche Aufschwung sei bereits 1938 da, der Kreditnehmer musste an dem teilgenommen haben und zahlte trotzdem bei der Sparkasse nichts. Die „Bauernentschuldung“ spräche auch gegen den Kreditnehmer, denn diese ist ja für den Fall der Überschuldung gedacht, wenn der Schuldner selber erklärt seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen zu können.843

Allerdings wusste die Sparkassenleitung sehr gut, dass vor allem die Parteimitgliedschaft des Kreditnehmers der Grund für die außerordentliche Mühewaltung des Gauwirtschaftsberaters ausschlaggebend war. Deshalb wurde folgendes festgestellt:

„Ing. Feldner ist überall als schlechter Zahler bekannt. Wie wir gerade in den letzten Tagen erfuhren, blieben auch ganz kleine Forderungen unbezahlt und wurde Ing. Feldner deswegen schon zur Ortsgruppenleitung der NSDAP in Gmünd vorgeladen. Es ist auch ortsbekannt, dass Ing. Feldner den betriebswirtschaftlichen Anforderungen nicht gewachsen ist. Eine Anfrage bei Bürgermeister Josef Moser in Gmünd oder der Ortsgruppe der NSDAP in Gmünd würden unsere Behauptung bestätigen, da man allgemein der Ansicht ist, dass die persönlichen Eigenschaften der Ehegatten Feldner einer geordneten Wirtschaftsführung entgegenstehen. Nach glaubwürdigen Mitteilungen wird wegen dieser Umstände Ing. Feldner auch in den Parteigremien von Gmünd keine Unterstützung finden.“844

Abschließend wurde um eine erneute Prüfung des Falles gebeten und die Sparkasse schrieb, dass ein Zuwarten die Einbringung der Verbindlichkeit nur erschweren würde. Auch habe sich

841 AT-KLA, Kanzleistelle 10L-Entschuldung, 621-C-6707.1-6. Entschuldungsmappe. Undatiert. In der Mappe wird vermerkt, dass der Antrag am 18.12.1938 eingereicht wurde und ein Verfahren am 26. 5. 1939 eröffnet wurde. 842 AT-KLA, Kanzleistelle 10L-Entschuldung, 621-C-6707.1-6. Brief der Kärntnerischen Sparkasse an die Gauwirtschaftsberatung in Klagenfurt vom 11. 3. 1939, S. 1f. 843 Ebd., S. 2. 844 Ebd., S. 2. 227

die Sparkasse erneut an den Kreditnehmer gewandt, doch lässt dieser alle Briefe unbeantwortet.845

Anstatt einer Antwort des Gauwirtschaftsberaters wurde die Kärntnerische Sparkasse vom Sparkassenverband aus Wien schriftlich in Kenntnis gesetzt, dass laut einem Erlass des Reichsministeriums für Wirtschaft und Arbeit in Wien, vom 20. Oktober 1938, vor dem Einleiten eines Exekutionsverfahrens gegen Gastwirtbetriebe, eine Genehmigung des Reichsministeriums einzuholen ist, der auch die Meinung des zuständigen Gauwirtschaftsberaters beizulegen ist. Die Sparkasse schrieb selbstverständlich an das Reichsministerium und bat um die Zustimmung zu Exekution gegen diesen Kreditnehmer.846 Dabei hielt die Sparkasse fest, dass dieser Kreditnehmer keinen ausgesprochenen Gastgewerbebetrieb leitet, denn er müsse nicht nur von diesen Einnahmen leben, sondern ist auch ein vermögender Großgrundbesitzer und wäre im Falle einer Exekution in seiner Existenz keinesfalls gefährdet. Die Stellungnahme des Gauwirtschaftsberaters sei einseitig geschrieben und beziehe die Argumente der Sparkasse überhaupt nicht ein.

„Infolge dieser Stellungnahme der Gauwirtschaftsberatung sehen wir uns gezwungen, den Fall ohne das geforderte Gutachten vorlegen zu müssen. Wir sind aber aufgrund der seit Jahren gemachten Erfahrungen der Überzeugung, dass gegenständliche Kreditfall exekutionsreif ist, jedes weitere Zuwarten zwecklos wäre, unsere Position nur verschlechtern würde und schliesslich zu einem unvermeidlichem Verluste führen müsste.“847

Die Antwort des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit in Wien – und keiner örtlichen oder regionalen Instanz – war ablehnend. Die Ablehnung wurde einzig und alleine damit begründet, dass sich der wirtschaftliche Aufschwung im Gastgewerbe und Fremdenverkehrsbetrieb im Jahr 1938 nicht ausgewirkt haben konnte, denn die Gäste aus dem „Altreich“ konnten „aufgrund verschiedener Umstände“ nicht im erwartetem Ausmaß anreisen und auch die Frequenz „ostmärkischer“ Sommerfrischler sei verhaltensmäßig schwach gewesen.848

„(Es) hat sich die wirtschaftliche Aufwärtsbewegung im vorigen Sommer noch unmöglich auswirken können, für die Saison 1939 ist aber damit zu rechnen, und auch die Altreichsgäste werden sich heuer von einer Ferienreise in unsere Alpen nicht mehr abhalten lassen.“849

Das Ministerium bat die Sparkasse um die Beachtung dieser "Argumente", die darauf abzielten, noch für eine weitere Touristensaison die Exekutionsschritte aufzuschieben. Eine Antwort der Sparkasse wurde ohnehin hinfällig, weil am 26. Mai das "Entschuldungsverfahren" eröffnet wurde und der Exekutionsschutz eintrat.

845 Ebd., S. 3. 846 AT-KLA, Kanzleistelle 10L-Entschuldung, 621-C-6707.1-6. Antwortschreiben der Kärntnerischen Sparkasse in Klagenfurt an das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit in Wien, Abteilung II/2 vom 21. 4. 1939, S. 1f. 847 Ebd., S. 2. 848 AT-KLA, Kanzleistelle 10L-Entschuldung, 621-C-6707.1-6. Antwort des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit in Wien (Abteilung IV/2e für Abteilung II/2) an die Kärntnerische Sparkasse vom 3. 5. 1939. 849 Ebd., o.S. 228

Das "Entschuldungsverfahren" dauerte über zwei Jahre und wurde erst am 4. September 1941 abgeschlossen. Insgesamt schuldete der Kreditnehmer nicht nur der Sparkasse, sondern vielen weiteren Gläubigern, deren Zahl im "Entschuldungsplan" zwar mit 45 angegeben wurde, wobei jedoch gewisse Schulden und Teilschulden in anderen Schuldenposten inbegriffen waren, sodass die genaue Anzahl der Gläubiger nicht genau ersichtlich wird. Die Gesamtschulden betrugen 38.778,93 RM, wovon 17.500 RM auf das Darlehen und die damit verbundenen fälligen Spesen und Verzugszinsen bei der Kärntnerischen Sparkasse entfielen. Bis zum Abschluss des "Entschuldungsverfahrens" konnte Feldner offenkundig noch einige Schulden begleichen, sodass tatsächlich 34.400 RM "entschuldet" oder umprogrammiert wurden. Als Tilgungsart wurde vereinbart, dass der Kredit, verzinst mit 2,5 % Zinsen p.a., über 65 Jahre mit halbjährigen Raten von 430 RM (860 RM pro Jahr), die erstmals im April 1942 zu zahlen waren, abbezahlt werden sollte. Dies bedeutete, dass noch ein fast einjähriges Moratorium eingeräumt wurde. Als Leistungsgrenze wurden 1.000 RM jährlich angegeben. Zusätzlich erhielt der Kreditnehmer noch 21.000 RM Aufbaumittel als Vorschuss und nicht als Kredit. Dies mit der Begründung, dass in dem Fall die Leistungsgrenze überstiegen wäre, die Aufbaumittel jedoch zwingend notwendig seien.850

Inwiefern der Kreditnehmer seinen Zahlungsverpflichtungen in den Folgejahren nachkam, kann nicht zweifelsfrei behauptet werden. Offenkundig tilgte er ab April 1942 und im Jahr 1943 seine Verbindlichkeiten ordnungsgemäß. Im Jahr 1944 kam es wieder zu einem Verzug. Am 30. September 1944 wandte sich Josef Feldner daher an den Bürgermeister von Gmünd und den Reichsstatthalter, woraufhin ein Zahlungsaufschub bis Jänner 1945 vereinbart wurde. Im Jänner 1945 zahlte der Schuldner wieder etwas, jedoch nicht den vereinbarten Betrag, woraufhin er erneut ermahnt und zur Zahlung aufgefordert wurde. Auf diese Mahnung zahlte der Schuldner wieder nicht. Die nächsten Monate waren die Regierungsstellen auf sämtlichen Ebenen mit den Kriegsgeschehnissen beschäftigt und die Kreditinstitute arbeiteten in der Regel nicht mehr. Dies erklärt wohl, warum für diesen Zeitraum zu diesem Fall keine Archivdokumente mehr vorliegen.851

Erst nach der Wiedererrichtung des österreichischen Staates fand dieser Fall ein Ende, welches schon vor zehn Jahren eintreten müsste. Der gesamte Besitz des Schuldners wurde zu Gunsten des Landes Kärnten verpfändet und in der Folge zerschlagen und durch unterschiedliche Tausch- und Verkaufsverträge veräußert.852 Aus den Erlösen, wurden die Schulden getilgt. Erst im Jahr 1963 wurde die Verbindlichkeit endgültig beglichen und am 16. Jänner 1963853 unterschrieb Landeshauptmann Ferdinand Wedenig seine Zustimmung zur Löschung des Pfandrechtes des Landes Kärnten auf dem letzten verkauften Grundstück. Der Fall wurde damit endgültig zu den Akten gelegt.

850 AT-KLA, Kanzleistelle 10L-Entschuldung, 621-C-6707.1-6. Entschuldungsdatei von Josef Feldner, mit Eröffnung des Entschuldungsverfahrens am 26. 5. 1939. 851 Ebd., o.S. Mit Vermerken im Entschuldungsplan. 852 Ebd., o.S. siehe Beilage zum Entschuldungsplan innerhalb der Entschuldungsdatei. 853 Ebd., o.S. Siehe Vermerk des Landeshauptmannes Wedenig bezüglich der entgültigen Löschung des Pfandrechtes. 229

Ausschlaggebend für die Entscheidung der Kärntnerischen Sparkasse, eine Exekution gegen den Schuldner im obigen Fall führen zu wollen, war offenkundig die schlechte Zahlungsbereitschaft dieses Kreditnehmers und seine unzuverlässige Führung des Haushaltes, was weit bekannt zu sein schien. Dies führte bei der Sparkasse zur Angst, das Geld nicht mehr zurückgezahlt zu bekommen und die Förderung zumindest teilweise abschreiben zu müssen. Deshalb scheint die Sparkassenleitung auch bereit gewesen zu sein, die Auseinandersetzung mit der Behörde des Reichsstatthalters und dem Ministerium in Kauf zu nehmen. Gegenüber anderen Schuldnern, wo die Sparkasse keine schlechte Zahlungskultur beim Kreditnehmer sah, scheint die Kärntnerische Sparkasse, sehr entgegenkommend gewesen zu sein. Anders als die Steiermärkische Sparkasse in Graz, die sich öfters über die Handhabe der „Entschuldung“ bei den Landstellen beklagte und sich über die Zinsausfälle aufgrund von Kreditumprogrammierungen beschwerte, hatte das Kärntner Kreditinstitut anscheinend damit keine Probleme. Die Sparkasse in Kärnten suchte auf jede erdenkliche Weise einen Weg, um zu noch mehr „Entschuldungsfällen“ zu kommen. Die Überlegung war, dass zunächst zwar auf Zinseinkünfte verzichtet werden muss, dieser Ausfall jedoch später durch „Aufbaukredite“ wettgemacht werden kann und bei einem Kreditnehmer mit guter "Zahlungskultur“ dies kein Problem darstellen würde. Doch auch diese Denkweise wirkte sich letztendlich negativ für die Sparkasse aus und zeigt, dass die "Bauernentschuldung", so wie sie angedacht war, niemals zu einem guten Ergebnis für die Sparkasse führen könnte. Dessen scheint sich die Leitung der Steiermärkischen Sparkasse deutlich bewusster gewesen zu sein. Letztendlich versucht jedes Kreditinstitut einen Kredit umzuprogrammieren, wenn der Schuldner in Zahlungsschwierigkeiten geriet. Diese "Entschuldung" unterschied sich davon nur dadurch, dass Aufbaumittel zusätzlich gewährt wurden, die eine Bank wahrscheinlich nicht ohne weiteres treffen würde. Die Aufbaumittel wurden aber in der Regel als Darlehen gewährt, wodurch der Bauernhof noch zusätzlich belastet wurde. Dass auch eine, den Landwirten entgegenkommende Einstellung der Sparkasse nicht helfen würde, verdeutlicht die Darlehensgewährung an Helmut Kirschner, einem Bauer aus der Umgebung von Klagenfurt.

Sein Besitz bestand aus einer großen Landwirtschaft und einem Gasthaus. Das Gasthaus war als eine Pension eingerichtet. Noch vor dem „Anschluss“ nahm Kirschner bei der Kärntnerischen Sparkasse ein Darlehen von 37.000 Schilling854 auf. Nach der Einführung des „Erbhofgesetzes“ in die „Ostmark“, wurde der ganze Besitz zum Erbhof erklärt. Im Juni 1942 betrug die ausstehende Kreditnominale noch 20.000 RM. Die Tilgungsraten (Nominale und Zinsen) wurden pünktlich geleistet, sodass kein Zahlungsrückstand gegeben war.

Der „Entschuldungsantrag“ wurde vor dem Anerbegericht in Klagenfurt verhandelt. Dabei stellte sich heraus, dass der Kunde noch eine ältere Privatschuld hatte. Zu ihrer Abdeckung genehmigte das Gericht die Aufnahme eines neuen Pfandkredites von 15.000 RM, da es der Meinung war, dass die Erträgnisse der Bauernhofwirtschaft dafür ausreichten. Die Sparkasse war nun bemüht, dieses Darlehen zu gewähren. Es handelte sich ihrer Meinung nach um einen

854 StLA, LReg/207-Sa-67. Schreiben der Kärntnerischen Sparkasse in Klagenfurt an den Ostmärkischen Sparkassen- und Giroverband in Wien, vom 20. 6. 1942, S. 1. 230

altbekannten und guten Kunden, der dazu noch versprach, nach der Kredittilgung, „ein braver Einleger zu werden“.855

Doch diese Finanzierung durfte die Sparkasse nicht mehr eingehen. Wie bereits mehrmals hingewiesen wurde, war die Neufinanzierung von Erbhöfen mit Belastungen desselben verboten. Dazu wurde im Jahr 1942 der „Hypotheken-Sperrerlass“ in der „Ostmark“ eingeführt. Die Sparkasse musste nun bangen, einen guten Kunden zu verlieren und suchte nach möglichen Auswegen.

Als Lösung wurde dem Kunden, der Familie Kirschner, der Vorschlag unterbreitet, einen Personalkredit aufzunehmen, falls sie einen guten Bürgen beibringen könnten. Dieser Bürge war nötig, weil sonst die Sparkasse Personalkredite nur bis zu 5.000 RM ohne Bürgschaft vergeben durfte. Unter diesen Bedingungen wurde der Personalkredit im Voraus genehmigt, doch der Kunde lehnte diesen Vorschlag ab. Dies mit der Begründung, dass für eine langfristige Finanzierung das Pfand auf dem gesamten Gut reichen müsse und einer dritten Person die Übernahme einer Bürgschaft nicht zugemutet werden könne. Somit konnte die Sparkasse die Finanzierung nicht genehmigen. Alle Möglichkeiten waren ausgeschöpft.

Daraufhin wandte sich der Kunde an die Landes-Hypothekenanstalt in Klagenfurt. Diese genehmigte nicht nur die 15.000 RM für die alte Privatschuld, sondern übernahm gleich das gesamte Obligo des Kunden, also auch den Kredit, der ursprünglich zur „Entschuldung“ angemeldet wurde. Die Übernahme auch des alten „Entschuldungsfalles“ war deshalb notwendig, damit sich das Kreditinstitut auf den 1. Rang im Grundbuch eintragen konnte. Die Kärntnerische Sparkasse erklärte sich zur Konvertierung (vorzeitige Tilgung) bereit, um eine notwendige Geldbeschaffung nicht zu verhindern, obwohl sie dadurch ein gutes Darlehen (und wahrscheinlich auch den Kunden) gänzlich verlor.856

In der Folge beschwerte sich die Sparkasse bei Behörden im Reichsgau Kärnten, sowie in Wien und Berlin. Die Institutsleitung schien offenkundig den „Hypotheken-Sperrerlas“ falsch gedeutet zu haben oder kannte sich mit den Gegebenheiten des Geschäfts bei der konkurrierenden „Landeshypo“ nicht genügend aus. Es wurde angenommen, dass die Pfandkredite (Sperrerlass) nur den Sparkassen nicht aber den Hypothekenanstalten oder den Genossenschaften verboten wurden.857 Selbstverständlich galt das Verbot für alle Pfandkredite, unabhängig von der Art des Kreditinstitutes. Auch die Landes-Hypothekenanstalt in Kärnten durfte den genannten Bauer lediglich aus bestehenden, also alten, Pfandbriefemissionen belehnen. Neue Emissionen dafür waren verboten. Schließlich schrieb die Behörde des Reichsstatthalters an den Ostmärkischen Sparkassen- und Giroverband. In dem Schreiben wurde eine treffliche Beschreibung der Lage von „Bauernentschuldungsfällen“ angeführt. Zunächst wurde darauf verwiesen, dass die Sparkassen früher generell kein besonderes Interesse zeigten, Bauern Darlehen zu gewähren. Weiter wurde angeführt, dass die Genossenschaften für landwirtschaftliche Kredite zu jener Zeit noch zu schwach waren, um

855 Ebd., S. 1. 856 Ebd., S. 2. 857 Ebd., S. 1f. 231

dem Kreditbedarf nachzukommen und dass wenn die Hypothekenanstalten nicht eingesprungen wären, dann könnten die Bauern überhaupt kein Geld bekommen können.858 Mit dem Fall beschäftigte sich offensichtlich in der „Ostmark“ keiner mehr. Die Kärntnerische Sparkasse scheint eine Ausnahme gewesen zu sein, denn das Kreditinstitut versuchte immer noch einen Ausweg zu schaffen, um Aufbaumittel den Bauern zu Verfügung stellen zu dürfen. Während die Steiermärkische Sparkasse, nach allen Unliebsamkeiten mit den „Entschuldungs“- und Aufbaudarlehen, nichts verlauten ließ, lief das Kärntner Kreditinstitut dagegen Sturm. Es ist verständlich, dass mit dem „Hypotheken-Sperrerlass“ die Kredittätigkeit der Sparkasse eingeengt wurde, doch anstatt nach möglichen Alternativen zu suchen, wie dies bei steiermärkischen Kreditinstituten der Fall war, hielt die Kärntnerische Sparkasse an den landwirtschaftlichen „Aufbaudarlehen“ eisern fest. Etwas mehr Beweglichkeit und Anpassungsfähigkeit hätte dem Kreditinstitut vielleicht neues Geschäft eingebracht. Über die Ursachen solchen Denkens kann nur gerätselt werden. Dennoch geht aus dem damaligen Schriftverkehr der Sparkassenleitung hervor, dass die Sparkassenleitung die Gesamtlage in der Wirtschaft und Politik falsch einschätzte.859 Vor allem scheint sie aber von ganz falschen Vorstellungen über das Kriegsgeschehen getragen worden zu sein. Dies wird in einem Brief an den Reichsstatthalter in Kärnten deutlich.860 Darin begründete die Sparkassenleitung ihre Bitte für das wettmachen vom Verbot für Aufbaudarlehen mit diesem Wortlaut:

„Es muss…darauf aufmerksam gemacht werden, dass die dem Siege nachfolgende Beengung des Geldmarktes die unzureichende Kapazität der übrigen Geldanstalten rasch offenbar werden lassen wird, dass dann die Sparkassen mit ihren aus allen Teilen der Bevölkerung stammenden Geldmitteln wieder stark in Anspruch genommen werden und die inzwischen erfolgte Abreißung der gewohnten Verbindung zwischen Sparkassen und ihren Kreditnehmern zu unerfreulichen Schwierigkeiten führen wird.“861

Trotzdem wurde der „Hypotheken-Sperrerlass“ wirksam eingeführt und der Pfandkredit mit der Zeit zum Erliegen gebracht. Erstaunlich bleibt, dass die Leitung der Kärntnerischen Sparkasse noch im Juni 1942 an einen Sieg Deutschlands über ganz Europa glaubte und sich sogar das Urteil anmaßte, dass nach dem „Endsieg“ den anderen Banken Geld für neue Kredite fehlen wird und die Kunden den Weg zu ihrer alten Sparkasse nicht schnell genug finden könnten. Nach solchen Ausführungen und der Annahme, der Beleihungsverbot gelte nur für die Sparkassen, sowie nach den ohnehin großen Problemen mit der „Bauernentschuldung“ anderer Sparkassen, wird auch deutlicher, warum der Ostmärkische Sparkassen- und Giroverband, sowie der Reichsstatthalter in Kärnten, zu dieser Angelegenheit nichts Weiteres unternahm, sondern sich nur auf die notwendigsten Klarstellungen und Erklärungen beschränkte. Für die Kärntnerische Sparkasse selbst wurde dies jedoch zu einem unüberwindbaren Problem, denn aufgrund des Behaarens auf Aufbaudarlehen in der Landwirtschaft und des Fehlens von

858 StLA, LReg/207-Sa-67. Schreiben der Behörde des Reichsstatthalters an den Ostmärkischen Sparkassen- und Giroverband in Wien, vom 31. 7. 1942. 859 StLA, LReg/207-Sa-67. Schreiben der Kärntnerischen Sparkasse an dn Reichsstatthalter in Kärnten betreffend Erbhofbelehnung vom 29. 6. 1942, S. 1.ff. 860 Ebd., S. 1f.. 861 Ebd., S. 2. 232

Ersatzstrategien, fehlte es an Neugeschäft und alten Erträgen aus Kreditierungen, weshalb der Großteil der Einnahmen aus den Zahlungen von Staatsanleihen kam. Dem muss redlicher Weise entgegengehalten werden, dass viele Alternativen in der Tat nicht bestanden, weil auch der Gemeindekredit zuzüglich eingeengt und schließlich zum Erliegen gebracht wurde, wie der Kreditfall „Weisses Rössl“ aus Spittal an der Drau zeigt.

Die Stadtgemeinde Spittal an der Drau suchte bei der Sparkasse um ein Darlehen von 150.000 RM an. Damit sollte die Liegenschaft „Weisses Rössl“ in Spittal gekauft, sowie dringende Angelegenheiten, wie der Bau von „Ersatzwohnungen“, ermöglicht werden. „Weisses Rössl“ war eine Gaststätte mit Übernachtungsmöglichkeiten am (heutigen) Spittaler Hauptplatz. Die Liegenschaft besteht heute noch. Die Sparkassen-Direktion beschloss am 14. 6. 1938, ein Darlehen in der angefragten Höhe von 150.000 RM, zahlbar in halbjährigen Annuitäten von 11.250 RM, zu gewähren. Der Kredit wurde mit der Verpfändung der gesamten Liegenschaft „Weisses Rössl“, sowie mit der Verpfändung von Landeseinkünften von mindestens 7.000 RM pro Jahr versichert. Die Liegenschaft wurde auf äußersten 80.000 RM bewertet, womit satzungsmäßig 60.000 RM als Deckung anerkannt werden konnten. Daher musste der Differenzbetrag in anderer Weise gesichert werden. Die Verzinsung betrug 5,25 % p.a., die einmalige Zuzählungsprovision 1 %. Im Vergleich zu anderen Kreditgewährungen der Sparkasse waren dies durchaus marktübliche Kreditkonditionen. Am 14. Juni 1938 bat die Sparkasse daher um die Zustimmung der Aufsichtsbehörde (Ministerium für Wirtschaft über die Landeshauptmannschaft in Kärnten) und erhielt einen Monat später eine ablehnende Antwort.862,863 Die Kreditierung wurde aufgrund des Erlasses des Reichsministers der Finanzen und des Reichsministers des Inneren vom 15. 6. 1938 untersagt.864 Es handelte sich dabei um einen Erlass, welcher die Gemeindefinanzierung verbot. Mit diesem Erlass ist lediglich die Reichsdeutsche Ordnung auf diesem Gebiet in die „ostmärkische“ Gesetzgebung überführt worden. Daraufhin schrieb die Landeshauptmannschaft an die Direktion der Kärntnerischen Sparkasse und teilte ihr die Ablehnung des Ministeriums in Wien amtlich mit, legte dazu aber eine Notiz, in der folgendes der Stadtgemeinde Spittal an der Drau zur Kenntnis gegeben wird:

„Im Hinblicke auf den Stand der Verhandlungen über die Erwerbung der Liegenschaft „Weisses Rössl“ wird der Stadtgemeinde angeraten, um die aufsichtsbehördliche Genehmigung der von der Kärntnerischen Sparkasse zugesagten Darlehens in einer eigenen Eingabe unter ausführlicher Darlegung der Gründe beim Ministerium für Innere und kulturelle Angelegenheiten im Wege der Landeshauptmannschaft einzureichen“865

Die Stadtgemeinde sollte somit versuchen, selber dem Ministerium darzulegen, warum sie den Kredit braucht. Bereits einen Tag später erging ein Brief des Gemeindeverwalters Spittals an

862 KLA, Bestand der Kärntner Landesregierung, Kanzleistelle G, Fasz. 318, 48149/38, Schreiben der Kärntnerischen Sparkasse an die Landeshauptmannschaft Kärnten vom 14 .6. 1938. 863 KLA, Bestand der Kärntner Landesregierung, Kanzleistelle G, Fasz. 318, 48149/38, Antwortschreiben des Wirtschaftsministeriums in Wien, versandt an die Kärntnerische Sparkasse in Klagenfurt über die Landeshauptmannschaft in Kärnten, vom 17. 7. 1939. 864 Ebd., o.S. Es handelt sich um die Erlässe LG 1400/Ö-32 I, und V.St.2631-38-6398. 865 Ebd., o.S. 233

der Drau an das Ministerium in Wien, welches über die Landeshauptmannschaft übersandt wurde.866 Darin bat der Spittaler Gemeindeverwalter um die Dringlichkeit. Am 5. August schickte die Landeshauptmannschaft in Kärnten diesen Brief an die Behörde des Reichsstatthalters in Wien. Dazu bat die Landeshauptmannschaft in einer beigefügten Schrift, um die schnelle Erledigung des Falles und darum, die Erlaubnis für dieses Darlehen ausnahmsweise zu erteilen. Daraufhin geschah bis April 1939 nichts. Ob Kontakte zwischen der Sparkasse, der Landeshauptmannschaft und der Stadtgemeinde bestanden, ist nicht überliefert. Viel dürfte sich aber nicht ereignet haben, denn am 28. April 1939 kam der Bürgermeister von Spittal persönlich in die Landeshauptmannschaft und bat um eine dringliche Erledigung des Kreditfalls. Er wies auf die Tatsache, dass das Darlehen bereits vor dem Erlass des Reichsstatthalters (Ministerium für Wirtschaft und Arbeit) in Wien seitens der Sparkasse zugesprochen wurde.

Daraufhin verfasste die Landeshauptmannschaft ein Schreiben an das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit in Wien, worin die gesamte Angelegenheit, samt Gesprächs mit dem Bürgermeister, beschrieben wurde. Dazu wurde eine Notiz hinzugefügt:

„Im Erlass des Reichsministers der Finanzen vom 1. 10. 1938…ist folgender Passus enthalten: ´Da der Kredit für den Ankauf des ehemaligen Hotels Weisses Rössl in Spittal und für seine Herrichtung bereits vor dem Erlass vom 15. Juni…von der Kärntner Sparkasse zugesichert worden ist, will ich keine Einwendungen erheben. ´ Dieser Erlass wurde der Landeshauptmannschaft vom Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich am 7. Oktober 1938 überreicht.“867

In den Kreditmappen und in allen zur Verfügung stehenden Dokumenten finden sich kein solches Dokument und kein Verweis auf diese Stellungnahme des Reichsstatthalters in Wien. Aus Oktober 1939 sind überhaupt keine Dokumente zu diesem Fall vorhanden. Weshalb es zu dieser Verzögerung kam, kann nicht zweifelsfrei gesagt werden. Vergaß es die Sparkasse, die Angelegenheit zu erledigen? Ist dieser Erlass des Reichsstatthalters unbeachtet geblieben? In dieser Zeit standen die selbigen Akteure im regen Kontakt wegen eines Baus von Volkswohnungen, die ebenfalls in Spittal gebaut werden sollten. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Erlaubnis für den Kauf dieses Spittaler Hotels nachträglich gewährt und zurückdatiert wurde, jedoch erscheint dies wenig glaubhaft. Jedenfalls kam nach diesem Schreiben an den Reichsstatthalter in Wien bereits am 3. Mai 1939 die Zusage zur Kreditgewährung an die Spittaler Stadtgemeinde und die Sparkasse zahlte die 150.000 RM aus.868

866 KLA, Bestand der Kärntner Landesregierung, Kanzleistelle G, Fasz. 318, 48149/38, Schreiben der Stadtgemeinde Spittal an der Drau an die Landeshauptmannschaft Kärnten in Klagenfurt, bestimmt für die eiterleitung an die Behörde des Reichsstatthalters in Wien, vom 19. 7. 1939. 867 KLA, Bestand der Kärntner Landesregierung, Kanzleistelle G, Fasz. 318, 48149/38. Schreiben Landeshauptmannschaft in Kärnten an das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit in Wien, vom 28. 4. 1939. 868 KLA, Bestand der Kärntner Landesregierung, Kanzleistelle G, Fasz. 318, 48149/38. Schreiben des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit in Wien an die Kärntnerische Sparkasse, versandt über die Landeshauptmannschaft von Kärnten, vom 3. 5. 1939. 234

Zusammenfassung Die Forschungsleitenden Fragen dieser Dissertation waren, ob die Kreditinstitute, wirkend in der Steiermark und in Kärnten, während der NS-Zeit (1938-1945), seitens politischer Instanzen, in irgendwelcher Weise beeinflusst waren und falls dem so war, wirkte sich dies zum Vor- oder Nachteil dieser Kreditinstitute aus.

Zuerst wurde gezeigt, dass die bestehende Literatur zu diesem Thema kaum vorhanden ist. Der Grund dafür kann in der Sperrfrist für die einzelnen Archivmappen über konkrete Kreditfälle liegen, welche erst in den letzten Jahren abgelaufen ist. Die Kreditmappen ermöglichen eine vertiefende Einsicht in die Kreditierungen und waren oft deshalb gesperrt, weil die Laufzeiten für Kredite, vergeben in den Jahren 1938-1945, nicht selten bis in die 1960er und 1970er Jahre reichten und nicht selten verlängert wurden, sodass einige Darlehen erst in den 1980er Jahren getilgt wurden. Danach unterlagen diese Kreditmappen den allgemeinen Sperrfristen, sofern sie den Archiven überhaupt übergeben worden waren. In den 1990er Jahren gerieten Staaten und Kreditinstitute in Europa unter Druck seitens Kriegsopferorganisationen, welche eine Aufklärung über Vermögensverhältnisse auf jenen Konten verlangten, welche überwiegend Kunden gehörten, die im zweiten Weltkrieg ums Leben gekommen sind. In Österreich war von einem solchen Urteil in den USA, die heutige Bank Austria (damals Creditanstalt-Bankverein) betroffen. Dazu wurden Historikerkommissionen in Österreich, Deutschland und in der Schweiz errichtet, um die Vorgänge in den Kreditinstituten während der NS-Diktaur zu durchleuchten und die Ergebnisse zu publizieren. Die Bank Austria richtete dafür ein umfassendes Archiv ein, die Erste Bank österreichischer Sparkassen ist im Begriff, ebenfalls eines zu errichten. In die Kreditmappen von kleineren, regionalen Kreditinstituten, wie den Sparkassen und Landes-Hypothekenanstalten, kann heute, in den Archiven, fast ohne Einschränkungen Einsicht genommen werden. Diese Vorraussetzungen ermöglichten überhaupt eine Forschung auf diesem Gebiet. Die Kreditmappen, sowie sämtliche Materialien aus den Kreditinstituten für die Zeit nach 1945, befinden sich immer noch unter Verschluss.

Um die Vorgänge in den Kreditinstituten besser zu verstehen, erforschten wir zunächst die Rahmenbedingungen für den Bankbetrieb in der Zeit 1938-1945, wobei die Zeit vor dem »Anschluss« nicht ausgeklammert wurde. Wir zeigten, dass das makroökonomische Umfeld durch Krisen, Bankenzusammenbrüche und den Zerfall des Weltwährungssystems gekennzeichnet war. Die Antwort darauf fiel in unterschiedlichen Ländern unterschiedlich aus und wurde begleitet von gesetzlichen Vorschriften, welche die Handlungsfreiheit von Individuen einschränkten. Am weitesten ist hierbei das Deutsche Reich gegangen, wo in den 1930er Jahren fast alle Marktmechanismen ausgeschaltet wurden und die gesamte Wirtschaft staatlicher Kontrolle und Lenkung unterworfen wurde. In anderen Staaten wurden zwar ähnliche Maßnahmen eingeführt, doch ging die deutsche Reichsregierung am weitesten. Die einzige Erklärung dafür kann in der nationalsozialistischen Ideologie gefunden werden und im Bestreben, die Wirtschaft innerhalb weniger Jahre, für einen Angriffskrieg vorzubereiten. Dem hatten sich alle zu fügen. Wer dem nicht nachkam, konnte mit Konsequenzen rechnen, die es in Frankreich oder Großbritannien zu keinem Zeitpunkt gegeben hat.

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Die Zunahme an einer »Ideologisierung« des Wirtschaftslebens war eng mit der Machtergreifung Hitlers im Jänner 1933 verbunden. Schrittweise konzentrierte und monopolisierte der Führer und Reichskanzler die gesamte Staatsmacht in seiner Person und in seiner Partei, der NSDAP. Gleichzeitig vereinigte er in seiner Person den Vorsitzenden seiner Partei (Führer) und den Regierungsvorsitzender (Reichskanzler). Auch die übrige Gewaltenteilung in Judikatur, Exekutive und Legislatur wurde faktisch aufgehoben. Deutschland wurde zu einer Diktatur.

Von der Machtmonopolisierung blieb die Deutsche Reichsbank als Zentralbank und Aufsichtsorgan nicht unberührt. Wir zeigten, wie ihre Unabhängigkeit stufenweise abgeschafft wurde. Bereits im Jahre 1933 verlor sie ihre Selbstständigkeit und Unabhängigkeit und wurde stufenweise zu einem Erfüllungsorgan der politischen Führung umgestaltet. Die Aufsicht über die Kreditinstitute wurde aus der Zentralbank ausgegliedert und auf das Reichsamt für das Kreditwesen, eine weisungsgebundene Instanz, übertragen.

Das als »staatlicher Dirigismus« bezeichnete System erlaubte der deutschen Reichsregierung und Hitler selbst, neben politischer sowie juristischer Machmonopolisierung, eine »verdeckte« Finanzierung Deutscher Aufrüstung mit »deficit spending«, welches in umfangreichen Zeichnungen von unterschiedlichen Wechselarten realisiert wurde. Wir zeigten wie die Geldmenge vergrössert wurde und wie gleichzeitig ein Preisstopp verhängt wurde, was zu einer »rückgestauten Inflation« führte, denn die Wechsel wurden nur nominell, nie aber tatsächlich getilgt und bezahlt. Dies, gepaart mit dem Zusammenbruch des Golddevisenstandards als der herrschenden Währungsordnung, führte zur Entwertung der Reichsmark, wodurch diese ihre Aussenkonvertibilität verlor. Deutschland musste von damals an, billaterale Clearingverträge mit einzelnen Handelspartnern abschliessen und versuchte, sich gleichzeitig zu einer wirtschaftlichen Autarkie zu entwickeln. Deutschland konnte im Außenhandel nunmehr mit Gold oder „harter Währung“ bezahlen, nicht aber mit Reichsmarken. Der deutsche Staat, arm an Rohstoffen, sollte daher den Osten Europas kolonisieren und die dort vorgefundenen Rohstoffe in heimischer Währung bezahlen können. Äquivalent gesagt, sollte Deutschland eine autarkische Volkswirtschaft werden und wirtschaftlich von anderen Staaten unabhängig sein. Gleichzeitig wurden auch Gesetze gegen Juden erlassen und jegliche politische Opposition eingedämmt. In nationalsozialistischen Kreisen wurde der Kolonialgedanke schon in den 1910er und 1920er Jahren diskutiert und hängt nicht mit Hitlers Regierungsantritt direkt zusammen.

Wir zeigten, dass nicht nur der europäische Osten und die Juden begehrte Ziele der Ausbreitung von Einfluss des Deutschen Staates darstellten, sondern auch Nachbarstaaten, wovon das Nachbarland Österreich als erstes betroffen war. Mit viel Interesse verfolgten die Deutschen Machthaber die österreichische Entwicklung und unterstützten die österreichischen Nationalsozialisten. Diese wirkten im Ständestaat zunächst illegal und tratten mit dem »Berchtesgadener Abkommen«, zwischen Kanzler Schuschnigg und Hitler, in die österreichische Regierung ein. Damit wurde der Druck auf die übrigen österreichischen

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Politiker zusätzlich erhöht, bis Deutschland, im März 1938, Österreich an das Deutsche Reich »anschloss«.

Die wirtschaftliche Entwicklung in Österreich verlief bis zum »Anschluss« wesentlich anders als die Deutsche. In Österreich blieben viele Marktmechanismen bis März 1938 weitgehend aufrecht, trotz eines ständestaatlichen Regimes. Es wurde gezeigt, dass die Unabhängigkeit der Zentralbank, der Österreichischen Nationalbank, aufrecht blieb und dies gewährte der heimischen Währung, dem Schilling, Stabilität und internationales Ansehen. Die Stärke des Schillings hatte aber auch ihre Kehrseite. Es wurde gezeigt, dass die Österreichische Nationalbank und die Regierung eine Deflationspolitik verfolgten und somit den Schilling faktisch aufwärteten, was letztendlich zu einer Lähmung der Wirtschaft beitrug. Die Arbeitslosigkeit war angestiegen. Dies verhalf dazu, in Österreich Ressentiments zu wecken, was die Nationalsozialisten nutzten, um für einen »Anschluss« Österreichs an Deutschland zu mobilisieren. Dabei waren viele österreichische Unternehmen und Kreditinstitute durch direkte oder indirekte Beteiligungen Deutscher Entitäten, in die Deutsche Wirtschaft, schon vor März 1938, eingebunden. In Österreich galt dies vor allem für die größte Bank des Landes, den Wiener Creditanstalt-Bankverein, sowie für die Länderbank Wien.

Nach dem »Anschluss«, führen die neuen Machthaber zunächst die deutschen Gesetze in Österreich ein. Dies geschah über die Behörde des Reichsstatthalters (Josef Bürckel) in Wien für die gesamte „Ostmark“, wie Österreich nach dem »Anschluss« genannt wurde. Auf Landesebene, in den Reichsgauen, wirkten die neu eingesetzten Landeshauptmänner, später Reichsstatthalter genannt. Bürckels Behörde in Wien wurde nach erfolgter »Eingliederung« der »Ostmark« in das Großdeutsche Reich, aufgelöst. Seine Kompetenzen wurden teilweise auf die Reichsbehörden in Berlin und teilweise auf die Behörden der Reichsstatthalter (früher Landeshauptmänner) in einzelnen »Reichsgauen« (früher Ländern) übertragen.

Die Österreichische Zentralbank wurde aufgelöst, der Devisen- und Goldschatz nach Berlin abtransportiert und die Juden aus dem Wirtschaftsleben entfernt. Dasselbe Schicksal erlitten auch viele vaterlandstreue Österreicher, von denen einige ins KZ überführt wurden, nicht wenige ihres gesamten Vermögens beraubt wurden, welches entweder dem Staat oder einer, den neuen Machthabern genehmen Person, übergeben wurde.

Wir zeigten, wodurch die Sparkassen und Landes-Hypothekenanstalten ihre eigene Rechtspersönlichkeit erhielten und aufhörten, Anstalten im Sinne der früheren, österreichischen. Gesetze zu sein. Diese Kreditinstitute waren vor dem »Anschluss« an die Landesbehörden gebunden und konnten seitens Deutscher Nationalsozialisten nicht übernommen und seltenst infiltriert werden. Mit der Übernahme von Regierungsbehörden der Länder, waren dort neue personelle Besetzungen möglich.

Danach fand eine Bankenrationalisierung statt, wovon die Grazer Sparkassen im Jahr 1938 und die Sparkassen in der Untersteiermark im Jahr 1941, am meisten betroffen waren. Nicht nur die Übernahme der Macht in den Ländern durch die Nationalsozialisten, sondern auch die

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Einführung Deutscher Gesetze auf dem Gebiet der Arbeit und der öffentlichen Verwaltung (Beamtengesetz), wurde als Anlass genommen, die Führungsebenen in Kreditinstituten auszutauschen. Die neuen Gesetze unterwarfen jedes Bankinstitut einem „Betriebsführer“, der seine „Gefolgschaft“ zur Verwirklichung des Betriebszwecks führen musste. Von einer Gewinnmaximierung wurde nicht mehr gesprochen. Das einzige Kreditinstitut, welches von Personalveränderungen weitgehend unberührt blieb, war die Kärntnerische Landes- Hypothekenanstalt, deren Personal sich wiederstandslos den neuen Machthabern fügte und deshalb im Jahr 1945 von der britischen Militärregierung abgesetzt wurde.

Unsere Forschungen zeigten, dass sich der Bankbetrieb nach März 1938 erheblich veränderte. Die Spareinlagen stiegen extrem an. Dies wurde durch staatliches Propaganda unterstützt. Diverse Sparaktionen, wie das »Eiserne Sparen«, »Schulsparen« oder der »Weltspartag« wurden eingeführt. Das Sparen wurde zur nationalen Pflicht erklärt. Das Geld sollte beim Wiederaufbau nach dem Krieg Verwendung finden. Als neues Produkt, führten die Kreditinstitute den Giroverkehr ein. Dies trug zur Erhöhung kurzfristiger Mittel zusätzlich bei. Das Kreditgeschäft ging wegen Vollbeschäftigung und Überliquidität des Marktes kontinuierlich zurück. Die Zinsen, welche eigentlich erhöht werden müssten, wurden künstlich gesenkt und niedrig gehalten. Es fand eine Konversion bestehender Staatsanleihen statt. In der Folgezeit wurde der Pfandkredit zum Erliegen gebracht und verschiedene andere Arten des Kreditgeschäftes, wie zum Beispiel die Gemeindefinanzierung, verboten. Die Bilanzen spiegeln diese Entwicklung wieder.

Die Fristigkeit der Bilanzpassiva wurde über die gesamte Beobachtungszeit gekürzt. Die Liquidität war hoch. Wir können von Überliquidität sprechen, weil für langfristige Anlagen, immer wenigere Refinanzierungsmöglichkeiten zur Verfügung standen, bis das Kreditgeschäft von staatlicher Seite zum Erliegen gebracht wurde. Bei verschidenen Kreditinstituten zeigten sich weitere Besonderheiten, auf die ebenfalls vertiefend eingegangen wurde. Das Jahr 1938 stellte bei allen beobachteten Kreditinstituten ein Wendejahr dar. So unterscheidet sich das Wachstum der Spargelder vor und nach 1938 deutlich. Ebenfalls das Kreditgeschäft. Die Anlagen in Staatswertpapiere, welche vor 1938 lediglich als Liquiditätsreserve dienten, wurden nach 1938 deutlich erhöht und nach 1942 wurden Staatswertpapiere als einizige Neuanlage der Spargelder zugelassen.

Wegen des lähmenden Einflusses der hohen Liquidität und der geringen Nachfrage nach neuen Finanzierungen, versuchten viele Kreditinstitute auf politischem Wege zu Neugeschäft zu kommen, um überhaupt überleben zu können. Hierbei ging es vorrangig um Kreditierungen der Gemeinden, Projekte der Gemeinden und ähnliche Kreditierungen der öffentlichen Hand.

Die Forschungen ergaben, dass die »Bauernentschuldung«, welche zu einer Entschuldung der Bauernhöfe führen sollte, in Wirklichkeit eine Umprogrammierung der Schulden darstellte. Die Kreditinstitute arrangierten sich mit dieser »Maßnahme« zwar, ihre überwiegende Haltung war jedoch ablehnend. Die Banken, welche die Schulden umprogrammieren mussten, durften gegen diese Bauernhöfe keine Exekution führen, da diese dem Versteigerungsschutz unterlagen. Auch

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wenn der Bauer nicht zahlte, war es praktisch unmöglich, ihn zu einer Zahlung zu zwingen. Dabei zeigten die Kreditfälle, dass die politischen und juristischen Instanzen nicht an der Seite von Kreditinstituten standen, sondern den überschuldeten Bauern den Vorrang gaben. Der Fall Josef Feldner in Kärnten und die »Entschuldungsfälle« der Steiermärkischen Sparkasse in Graz belegen dies.

Als ob die »Bauernentschuldung« in den eigenen Reichsgauen« nicht ausreichen würde, mussten die Steiermärkische und die Kärntnerische Landes-Hypothekenanstalt, die Bauernentschuldungsfälle aus Oberkrain und der Untersteiermark übernehmen. Der Mehraufwand, der dadurch entstand, wurde diesen Kreditinstituten nicht ersetzt. Auch die Einnahmen waren gering, denn bis zum Kriegsende wurde nur ein geringer Teil dieser Kredite auf diese zwei Bankhäuser übertragen. Zusätzliche Verzögerungen entstanden aufgrund von Kommunikationsstörungen (zum Beispiel das Versagen des Giroverkehrs/Clearings). Die Übernahme dieser Kreditfälle, verbunden mit einem Mehraufwand, diente jedoch vor Kriegsende als Ausrede für viele Mitarbeiter dieser Kreditinstitute, um nicht in den Kriegseinsatz einbezogen zu werden.

Wie aus den Archivdokumenten hervorgeht, wurden die Kreditinstiute zu ihrer Geschäftsausweitung in die Untersteiermark und nach Oberkrain gezwungen. Das dort bestehende Banken- und Filialnetz aus jugoslawischer Zeit wurde aufgehoben und die früheren Mitarbeiter größenteils fristlos Entlassen. Einigen wurden sogar die Pensionen nicht mehr gezahlt. Die einzige Ausnahme stellte der Creditanstalt-Bankverein dar, welcher alte Filialen, aus der Zeit vor 1918, übernehmen konnte, wobei diese Kontakte auch in den Jahre n1918 – 1941 nie ganz abgebrochen waren. Von den neu aufgestellten Kreditinstituten, wie zum Beispiel der Marburger Sparkasse, hatte die dortige Bevölkerung und die Industrie wenig. Die Kreditinstitute sammelten Spargelder um diese anschliessend in die Staatswertpapiere zu investieren. Die Kreditinstitute mit Sitzen in Klagenfurt und Graz vergaben dorthin wenige Darlehen, deren Summe gering war. Grosse Kreditierungen wurden nicht getätigt.

Anschließend wurde der Bankbetrieb der »ostmärkischen« Kreditinstitute mit dem Bankbetrieb der Schweizer Kreditinstitute verglichen. Dabei zeigte sich, dass die politischen Veränderungen, welche nach 1938 in der »Ostmark« stattfanden und zu einem veränderten Bankbetrieb führten, nicht in jeder Hinsicht diesen ausnahmslos bedingten. Mit dem schweizerischen Bankbetrieb, einem Bankbetrieb, welches nicht vom Kriegsgeschehen unittelbar betroffen war, gab es Gemeinsamkeiten. Der CA-Bankverein wurde mit der Schweizerischen Kreditanstalt, der heutigen Credit Suisse, verglichen. Die regionalen Sparkassen und Landes-Hypothekenanstalten wurden der Zürcher Kantonalbank, ebenfalls einer Regionalbank, gegenüber gestellt. Die Rüstungsproduktion wurde in der Beobachtungszeit (1938-1945) auch in der Schweiz von Banken finanziert und auch dort fand eine Anhebung der Spareinlagen statt. Hier allerdings enden schon die Ähnlichkeiten. Deren Anstieg war nicht so groß wie in den ostmärkischen Kreditinstituten. Die Rüstung wurde zwar finanziert, jedoch nicht über ein Scheinunternehmen mit faktisch nicht gedeckten Wechsel, welche die Zentralbank noch rediskontiert hätte, sondern mit „harter heimischer Währung“,

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dem Schweizer Franken. Die Wechsel wurden auf real existierende Unternehmen oder den Staat direkt gezogen. Diese Wechsel wurden in der Folgezeit gänzlich getilgt. Dazu fand in der gesamten Zeit eine Kreditgewährung statt, sowohl an staatliche, als auch private Kreditnehmer. Weit verbreitete personelle Umbesetzungen wurden keine beobachtet.

Der Pfandkredit und der Gemeindekredit wurden nicht zum Erliegen gebracht und die Kreditinstitute wurden nicht zu „Geldsammelstellen“ umfunktioniert. In den Bilanzen der schweizerischen Kreditinstitute fanden wir zwar Staatsanleihen in erhöhtem Maße, jedoch war dies prozentuell nicht die größte Position der Aktiva. In der Schweiz fanden wir keine „Bauernentschuldung“ vor und keine »Entschuldungstätigkeiten«, ausser der regulären Umprogramierungen und Abschreibungen, wie sie für einen gewöhnlichen Bankbetrieb üblich sind. Aus der zur Verfügung stehenden Litaratur über die Schweiz, geht auch nicht hervor, dass in der Schweiz die „Zinsknechtschaft“ gebrochen werden musste.

Abschließend wurden unterschiedliche Kreditfälle analysiert. Das einzige Kreditinstitut, von welchem es, mangels an Archivdokumenten, keine Kreditfälle gibt, ist die Kärntnerische Landes-Hypothekenanstalt. Die erforschten Kreditfälle zeigen nicht nur, dass es bei Kreditvergaben zu Einmischung politischer Instanzen kam, sondern dass diese nicht selten Hand-in-Hand mit den Kreditinstituten agierten.

Der CA-Bankverein finanzierte in der „Ostmark“ intensiv die Rüstungswirtschaft. Im Mittelpunkt stand dabei die Metall- und Chemieindustrie. In Kärnten und in der Untersteiermark, entlang der Drau, auch die Energieversorgung. Nach dem Krieg gingen alle Beteiligungen und alle Finanzmittel, welche in diese Unternehmen investiert wurden, verloren. Vielerorts wurden die Betriebsstätten durch Bombardierungen vor Kriegsende gänzlich vernichtet. Diese Dissertation hat gezeigt, dass sowohl die Sparkassen, wie auch die Landes- Hypothekenanstalten und der CA-Bankverein in jeder Hinsicht (rechtlich, geschäftlich und personell) von den politischen Machthabern abhängig waren. Eine Beeinflussung derer Tätigkeit fand statt und wirkte sich fast ausschließlich zu deren Nachteil aus. Dass dabei selbst kleine, regionale Kreditinstitute so sehr in das Kriegsgeschehen einbezogen wurden und wir in Kärnten und in der Steiermark ein verkleinertes Bild des weltlichen Geschehens beobachten konnten,bleibt bemerkenswert.

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Anhang 1

Bilanzen mit Gewinn- und Verlustrechnungen (GuV) der Steiermärkischen Landes- Hypothekenanstalt, der Steierischen Sparkasse, der Kärntnerischen Landes-Hypothekenanstalt und der Kärntnerischen Landes-Hypothekenanstalt

Die Datenquellen sind auf der jeweligen Seite angegeben.

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Bilanzen und GuVs der Steiermärkischen Landes-Hypothekenanstalt

RM-Eröffnungsbilanz vom 1. 1. 1939 und Gewinn- und Verlustrechnung vom 31. 12. 1938.869

Aktiva: RM % Passiva: RM % Kassa 287.846 1,34% Gläubiger 12.335.153 57,35% Schatzwechsel und unverz. Schatzanw. d. Reiches und Länder 497.500 2,31% Spareinlagen 699.512 3,25% Eigene Wertpapiere 1.815.907 8,44% Anleihen im Umlauf 7.699.050 35,79% Kurzfällige Forderungen gegen Kreditinstitute 9.621.842 44,73% Durchlaufende Kredite 393.812 1,83% Schuldner 32.907 0,15% Rücklagen-Zuweisung 152.488 0,71% Hypotheken-, Grund- und Rentenschulden 6.623.833 30,79% Rückstellungen 47.784 0,22% Langfristige Ausleihungen 1.927.036 8,96% Zinsen von Anleihen im Umlauf 93.836 0,44% Zinsen von Hypotheken und langfristigen Ausleihungen 86.671 0,40% Rechungsabgrenzungsposten 87.900 0,41% Durchlaufende Kredite 393.811 1,83% Grundstücke und Gebäude 193.809 0,90% Inventar 22.925 0,11% Rechnungsabgrenzungsposten 5.448 0,03% Zusammen: 21.509.535 100,00% 21.509.535 100,00%

Erträge: RM % Lasten: RM % Zinsen und Verwaltungskostenbeiträge 475.416 84,30% Zinsen 366.627 65,01% Andere Zinsen, soweit sie die Aufwandszinsen überst. und anere Provisionen 49.040 8,70% Geschäfts- und Verwaltungskosten 109.233 19,37% Außerordentliche Erträge 2.615 0,46% Steuern 28.448 5,04% Sonstige Erträge 36.876 6,54% Abschreibungen 3.608 0,64% Wertberichtigungen 35.331 6,26% Reingewinn 20.700 3,67%

Zusammen: 563.947 100,00% 563.947 100,00%

Bilanz und GuV vom 31. 12. 1939.870

Aktiva: RM % Passiva: RM % Barreserve 885.269 4,64% Gläubiger 7.088.416 37,18% Fällige Zins- und Dividendenscheine 586 0,00% Spareinlagen 535.245 2,81% Eigene Wertpapiere 1.202.582 6,31% Anleihen im Umlauf 7.951.700 41,71% Kurzfällige Forderungen gegen Kreditinstitute 3.908.800 20,50% Aufgenommene Darlehen 3.000.000 15,73% Schuldner 69.086 0,36% Rücklagen nach §11 des KWG 152.488 0,80% Hypotheken, Grund- und Rentenschulden 7.295.719 38,27% Rückstellungen 147.723 0,77% Langfristige Ausleihungen 5.340.870 28,01% Zinsen von Anleihen im Umlauf 102.563 0,54% Zinsen von Hypotheken und langfristigen Ausleihungen 132.089 0,69% Rechnungsabgrenzunsposten 60.927 0,32% Grundstücke und Gebäude 226.069 1,19% Reingewinn 26.716 0,14% Betriebs- und Geschäftsausstattung 1 0,00% Rechnungsabgrenzungsposten 4.707 0,02% Zusammen: 19.065.778 100,00% 19.065.778 100,00%

Erträge: RM % Lasten: RM % Zinsen und Verwaltungskostenbeiträge 479.905 64,57% Zinsen 366.596 49,33% Zinsensaldo und Provisionen 177.645 23,90% Geschäfts- und Verwaltungskosten 147.515 19,85% Darlehensprovisionen 41.667 5,61% Steuern 27.269 3,67% Außerordentliche Erträge 26.081 3,51% Abschreibungen 108.336 14,58% Sonstige Erträge 17.914 2,41% Wertberichtigungen 66.780 8,99% Reingewinn 26.716 3,59%

Zusammen: 743.212 100,00% 743.212 100,00%

869 Compass 1940. Finanzielles Jahrbuch, Österreich, Österreich-Ungarn, S. 229. 870 Landes-Hypothekenanstalt für Steiermark, Geschäftsbericht der Landes-Hypothekenanstalt für Steiermark für die Zeit vom 1. Jänner bis 31. Dezember 1938, S. 10ff. 242

Bilanz und GuV vom 31. 12. 1940.871

Aktiva: RM % Passiva: RM % Fällige Zinsen und Dividendenscheine 0 0,00% Gläubiger 17.356.253 53,75% Kassa 196.863 0,61% Spareinlagen 641.006 1,99% Reichsbank, Postcheck 834.843 2,59% Anleihen im Umlauf 13.741.600 42,56% Anleihen und verzinsliche Schatzanw. d. Reiches u. d. Länder 3.112.317 9,64% Verpflichtungen gegenüber der Pfandbriefstelle 0,00% Sonstige Wertpapiere 651.600 2,02% Verloste und gekündigte Schuldverschreibungen 0,00% Kurzfällige Forderungen gegen Kreditinstitute 12.376.618 38,33% Rücklagen 179.204 0,56% Schuldner 821.057 2,54% Rückstellungen 64.466 0,20% Hypotheken, Grund- und Rentenschulden 7.825.302 24,24% Zinsen von Anleihen im Umlauf 182.479 0,57% Langfristige Ausleihungen 6.171.534 19,11% Rechnungsabgrenzunsposten 66.690 0,21% Zinsen von Hypotheken und Langfristigen Ausleihungen 72.289 0,22% Gewinn 56.186 0,17% Beteiligungen 1 0,00% Grundstücke und Gebäude 223.403 0,69% Inventar 1 0,00% Rechnungsabrenzungsposten 2.056 0,01% Zusammen: 32.287.884 100,00% 32.287.884 100,00%

Erträge: RM % Lasten: RM % Zinsen und Verwaltungskostenbeiträge 663.770 75,59% Zinsen 568.033 64,68% Zinsensaldo und Provisionen 173.323 19,74% Geschäfts- und Verwaltungskosten 154.057 17,54% Darlehensprovisionen 35.538 4,05% Steuern 16.648 1,90% Außerordentliche Erträge 1.115 0,13% Abschreibungen 11.640 1,33% Sonstige Erträge 4.409 0,50% Wertberichtigungen 71.591 8,15% Reingewinn 56.186 6,40% Zusammen: 878.155 100,00% 878.155 100,00%

Bilanz und GuV vom 31. 12. 1941.872

Aktiva: RM % Passiva: RM % Fällige Zinsen und Dividendenscheine 256 0,00% Gläubiger 12.251.266 32,35% Kassa 90.878 0,24% Spareinlagen 616.513 1,63% Reichsbank, Postcheck 399.372 1,05% Anleihen im Umlauf 6.123.700 16,17% Anleihen und verzinsliche Schatzanw. d. Reiches u. d. Länder2.099.278 5,54% Verpflichtungen gegenüber der Pfandbriefstelle 17.774.900 46,94% Sonstige Wertpapiere 1.330.074 3,51% Verloste und gekündigte Schuldverschreibungen 12.000 0,03% Kurzfällige Forderungen gegen Kreditinstitute 8.465.050 22,35% Rücklagen 235.390 0,62% Schuldner 996.144 2,63% Rückstellungen 263.556 0,70% Hypotheken, Grund- und Rentenschulden 10.273.239 27,13% Zinsen von Anleihen im Umlauf 338.194 0,89% Langfristige Ausleihungen 13.909.195 36,73% Rechnungsabgrenzunsposten 62.304 0,16% Zinsen von Hypotheken und Langfristigen Ausleihungen 79.668 0,21% Gewinn 192.537 0,51% Beteiligungen 3 0,00% Grundstücke und Gebäude 220.489 0,58% Inventar 1 0,00% Rechnungsabrenzungsposten 6.713 0,02% Zusammen: 37.870.360 100,00% 37.870.360 100,00%

Erträge: RM % Lasten: RM % Zinsen und Verwaltungskostenbeiträge 873.002 59,52% Zinsen 873.002 59,52% Zinsensaldo und Provisionen 152.724 10,41% Geschäfts- und Verwaltungskosten 152.724 10,41% Darlehensprovisionen 139.532 9,51% Steuern 139.532 9,51% Außerordentliche Erträge 18.142 1,24% Abschreibungen 18.142 1,24% Sonstige Erträge 90.799 6,19% Wertberichtigungen 0,00% 192.537 13,13% Personalrückstellungen 90.799 6,19% Reingewinn 192.537 13,13%

Zusammen: 1.466.736 100,00% 1.466.736 100,00%

871 Landes-Hypothekenanstalt für Steiermark, Geschäftsbericht und Rechnungsabschluß für das Jahr 1940, S. 10ff. 872 Landes-Hypothekenanstalt für Steiermark, Geschäftsbericht und Rechnungsabschluß für das Jahr 1941, S. 4ff. 243

Bilanz und GuV vom 31. 12. 1942.873

Aktiva: RM % Passiva: RM % Fällige Zinsen und Dividendenscheine 46 0,00% Gläubiger 25.197.746 48,63% Kassa 135.354 0,26% Spareinlagen 903.513 1,74% Reichsbank, Postcheck 725.736 1,40% Anleihen im Umlauf 5.700.000 11,00% Anleihen und verzinsliche Achatzanw. d. Reiches u. d. Länder 10.558.757 20,38% Verpflichtungen gegenüber der Pfandbriefstelle 18.820.900 36,32% Sonstige Wertpapiere 881.947 1,70% Verloste und gekündigte Schuldverschreibungen 650 0,00% Kurzfällige Forderungen gegen Kreditinstitute 13.073.784 25,23% Rücklagen 427.927 0,83% Schuldner 703.432 1,36% Rückstellungen 196.943 0,38% Hypotheken, Grund- und Rentenschulden 11.750.255 22,68% Zinsen von Anleihen im Umlauf 340.612 0,66% Langfristige Ausleihungen 13.676.931 26,40% Rechnungsabgrenzunsposten 58.894 0,11% Zinsen von Hypotheken und Langfristigen Ausleihungen 59.357 0,11% Gewinn 167.608 0,32% Beteiligungen 3 0,00% Grundstücke und Gebäude 203.499 0,39% Inventar 1 0,00% Rechnungsabrenzungsposten 45.691 0,09% Zusammen: 51.814.793 100,00% 51.814.793 100,00%

Erträge: RM % Lasten: RM % Zinsen und Verwaltungskostenbeiträge 1.093.873 76,50% Zinsen 969.323 67,79% Zinsensaldo und Provisionen 189.582 13,26% Geschäfts- und Verwaltungskosten 169.778 11,87% Darlehensprovisionen 17.115 1,20% Steuern 99.896 6,99% Außerordentliche Erträge 114.168 7,98% Abschreibungen 7.985 0,56% Sonstige Erträge 15.216 1,06% Wertberichtigungen 0,00% Personalrückstellungen 15.364 1,07% Reingewinn 167.608 11,72%

Zusammen: 1.429.954 100,00% 1.429.954 100,00%

Bilanz und GuV vom 31. 12. 1943.874

Aktiva: RM % Passiva: RM % Fällige Zinsen und Dividendenscheine 215 0,00% Gläubiger 32.596.716 54,03% Kassa 157.922 0,26% Spareinlagen 1.227.448 2,03% Reichsbank, Postcheck 186.304 0,31% Noch nicht eingezahlte Beteiligungen 1.500 0,00% Anleihen und verzinsliche Achatzanw. d. Reiches u. d. Länder 17.547.839 29,09% Eigene Anleihen im Umlauf 5.700.000 9,45% Sonstige Wertpapiere 1.234.443 2,05% Verpflichtungen gegenüber der Pfandbriefstelle 19.534.100 32,38% Kurzfällige Forderungen gegen Kreditinstitute 13.858.184 22,97% Verloste und gekündigte Schuldverschreibungen 350 0,00% Schuldner 2.828.796 4,69% Rücklagen 595.535 0,99% Hypotheken, Grund- und Rentenschulden 10.185.783 16,88% Rückstellungen 176.687 0,29% Langfristige Ausleihungen 14.061.872 23,31% Zinsen von Anleihen im Umlauf 349.026 0,58% Zinsen von Hypotheken und Langfristigen Ausleihungen 47.880 0,08% Rechnungsabgrenzunsposten 51.638 0,09% Beteiligungen 3 0,00% Gewinn 96.177 0,16% Grundstücke und Gebäude 200.838 0,33% Inventar 1 0,00% Rechnungsabrenzungsposten 19.097 0,03% Zusammen: 60.329.177 100,00% 60.329.177 100,00%

Erträge: RM % Lasten: RM % Zinsen und Verwaltungskostenbeiträge 1.108.391 78,14% Zinsen 1.017.849 71,75% Zinsensaldo und Provisionen 244.771 17,26% Geschäfts- und Verwaltungskosten 160.198 11,29% Darlehensprovisionen 29.879 2,11% Steuern 114.645 8,08% Außerordentliche Erträge 28.015 1,97% Abschreibungen 14.280 1,01% Sonstige Erträge 7.493 0,53% Pensionsrückstellung 15.400 1,09% Reingewinn 96.177 6,78%

Zusammen: 1.418.549 100,00% 1.418.549 100,00%

873 Compass 1944, Finanzielles Jahrbuch, Österreich, Österreich-Ungarn, S. 217. 874 Compass 1945, Finanzielles Jahrbuch, Österreich, Österreich-Ungarn, S. 214. 244

Bilanzen und GuVs der Steiermärkischen Sparkasse (soweit verfügbar).

Die Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung der (unfusionierten) Sparkasse vom 31. 12. 1938.875

Aktiva: RM % Passiva: RM % Kassa 391.755 0,87% Einlagen 42.831.194 94,68% Hypothekar-Darlehen 16.605.740 36,71% Guthaben der Pfandbriefanstalt 2.186 0,00% Landes- und Gemeindedarlehen 3.045.633 6,73% Pensionsfonds 207.872 0,46% Wertpapiere 6.968.370 15,40% Kreditoren 139.624 0,31% Debitoren 12.962.827 28,66% Vorausempfangene Zinsen 142.899 0,32% Kontokorrentkredite 2.113.471 4,67% Kapitalrücklage 1.032.275 2,28% Fällige Zinsen 457.898 1,01% Reservefonds 681.374 1,51% Devisen 2.930 0,01% Kursreserve 0 0,00% Realitäten 2.338.036 5,17% Pfandbrief-Haftungsfonds 16 0,00% Inventar 309.414 0,68% Widmungsrücklage 8.000 0,02% Wechsel 0 0,00% Verlustrücklage für Darlehen und Kredite 126.304 0,28% Rechnungsabgrenzung 39.586 0,09% Rechnungsabgrenzung 63.916 0,14% Zusammen: 45.235.660 100,00% 45.235.660 100,00%

Erträge: RM % Lasten: RM % Zinsen 1.008.980 49,20% Hypothekar- und Gemeindedarlehenszinsen1.125.578 54,89% Steuern 186.568 9,10% Effektivzinsen 297.171 14,49% Verwaltungsauslagen 581.488 28,36% Kontokorrentzinsen 428.300 20,89% Abschreibungen von Realitäten und Inventar 52.747 2,57% Diverse Zinsen 12.136 0,59% Abschreibungen von Darlehen und Krediten 23.042 1,12% 50% Anteil am Gewinn des Kredit-Vereines 10.290 0,50% Kanzleierfordenisse 86.725 4,23% Kursgewinn 83.947 4,09% Pensionsfonds 0 0,00% Verwaltungsempfänge, etc 40.585 1,98% Gabarungsüberschuss 111.099 5,42% Realitätenertrag 52642 2,57%

Zusammen: 2.050.649 100,00% 2.050.649 100,00%

RM-Eröffnungsbilanz vom 1. 1. 1939.876 Es wurde keine GuV angefertigt.

Aktiva: RM % Passiva: RM % Kassa 1.052.531 1,13% Spareinlagen 64.911.301 69,55% Postsparkasse und Reichsbankgiro 352.503 0,38% Gläubiger 20.074.744 21,51% Fällige Zinsscheine 5.072 0,01% Hypothekenschulden 536.991 0,58% Wechsel 336.540 0,36% Gesetzliche Rücklage 5.067.499 5,43% Wertpapiere 15.127.140 16,21% Sonstige Rücklagen 400.000 0,43% Guthaben bei Kreditinstituten 15.715.508 16,84% Freie Rücklage 1.005.922 1,08% Schuldner 21.090.263 22,60% Rückstellungen 16 0,00% Hypotheken 32.995.522 35,35% Sonstige 869.498 0,93% Zinsforderungen 554.198 0,59% Rechnungsabgrenzung 460.420 0,49% Beteiligungen 1.027.827 1,10% Gewinn 0,00% Grund und Gebäude 4.239.852 4,54% 0,00% Inventar 1 0,00% 0,00% Sonstige 553.130 0,59% 0,00% Rechnungsabgrenzung 276.304 0,30% 0,00% Zusammen: 93.326.391 100,00% 93.326.391 100,00%

875 Compass 1939. Finanzielles Jahrbuch, Österreich, Österreich-Ungarn, S. 316f. 876 Geschäftsbericht 1939 der Steiermärkischen Sparkasse in Graz, S. 14ff. 245

Bilanz und GuV vom 31. 12. 1939.877

Aktiva: RM % Passiva: RM % Kassa 790.325 0,86% Spareinlagen 63.304.146 69,18% Postsparkasse und Reichsbankgiro 608.394 0,66% Gläubiger 19.693.335 21,52% Fällige Zinsscheine 2.637 0,00% Hypothekenschulden 535.183 0,58% Wechsel 424.514 0,46% Gesetzliche Rücklage 5.067.499 5,54% Wertpapiere 17.956.144 19,62% Sonstige Rücklagen 400.000 0,44% Guthaben bei Kreditinstituten 11.623.857 12,70% Freie Rücklage 956.858 1,05% Schuldner 18.505.607 20,22% Rückstellungen 110.871 0,12% Hypotheken 34.254.357 37,43% Sonstige 718.302 0,78% Zinsforderungen 434.701 0,48% Rechnungsabgrenzung 384.695 0,42% Beteiligungen 1.827.350 2,00% Gewinn 342.039 0,37% Grund und Gebäude 4.026.452 4,40% Inventar 1 0,00% Sonstige 797.160 0,87% Rechnungsabgrenzung 261.429 0,29% Zusammen: 91.512.928 100,00% 91.512.928 100,00%

Erträge: RM % Lasten: RM % Zinsen 3.933.831 88,93% Zinsen 2.185.612 49,41% Provisionen 102.223 2,31% Steuern 61.061 1,38% Beteiligungen 21.563 0,49% Verwaltungsauslagen 1.572.748 35,56% Kursgewinne 29.905 0,68% Abschreibungen 106.226 2,40% Sonstige 335.842 7,59% Provisionen 7.211 0,16% Grundstückaufwand 148.176 3,35% Sonstiger Aufwand 291 0,01% Gewinn 342.039 7,73%

Zusammen: 4.423.364 100,00% 4.423.364 100,00%

Bilanz und GuV vom 31. 12. 1940.878

Aktiva: RM % Passiva: RM % Kassa 1.072.163 0,99% Spareinlagen 76.345.190 70,39% Postsparkasse und Reichsbankgiro 2.779.795 2,56% Gläubiger 22.980.253 21,19% Fällige Zinsscheine 5.426 0,01% Hypothekenschulden 533.837 0,49% Wechsel 55.407 0,05% Gesetzliche Rücklage 6.939.950 6,40% Wertpapiere 33.279.261 30,68% Sonstige Rücklagen 12.319 0,01% Guthaben bei Kreditinstituten 18.075.036 16,66% Freie Rücklage Schuldner 9.729.935 8,97% Rückstellungen 152.869 0,14% Hypotheken 36.133.997 33,31% Sonstige 1.025.436 0,95% Zinsforderungen 234.942 0,22% Rechnungsabgrenzung 96.602 0,09% Beteiligungen 1.974.600 1,82% Gewinn 380.154 0,35% Grund und Gebäude 3.788.922 3,49% Inventar 1 0,00% Sonstige 938.334 0,87% Rechnungsabgrenzung 398.791 0,37% Zusammen: 108.466.610 100,00% 108.466.610 100,00%

877 Ebd., S. 16ff. 878 Compass 1942, Finanzielles Jahrbuch, Österreich, Österreich-Ungarn, S. 328. 246

Erträge: RM % Lasten: RM % Zinsen 4.085.954 80,15% Zinsen 2.167.665 42,52% Provisionen 77.905 1,53% Steuern 103.157 2,02% Beteiligungen 28.186 0,55% Verwaltungsauslagen 1.578.119 30,96% Kursgewinne 386.595 7,58% Abschreibungen 420.820 8,25% Sonstige 519.189 10,18% Provisionen 49.912 0,98% Grundstückaufwand 157.019 3,08% Sonstiger Aufwand 40.983 0,80% Baurücklage 200.000 3,92% Gewinn 380.154 7,46% Zusammen: 5.097.829 100,00% 5.097.829 100,00%

Bilanz und GuV vom 31. 12. 1941.879

Aktiva: RM % Passiva: RM % Kassa 2.299.541 1,61% Spareinlagen 100.451.483 70,20% Postsparkasse und Reichsbankgiro 2.103.872 1,47% Gläubiger 32.501.768 22,71% Fällige Zinsscheine 4.085 0,00% Hypothekenschulden 532.985 0,37% Wechsel 1.407 0,00% Gesetzliche Rücklage 7.985.552 5,58% Wertpapiere 64.953.418 45,39% Sonstige Rücklagen 6.066 0,00% Guthaben bei Kreditinstituten 24.059.815 16,81% Rückstellungen 239.699 0,17% Schuldner 7.815.720 5,46% Sonstige 962.171 0,67% Hypotheken 35.090.952 24,52% Rechnungsabgrenzung 16.594 0,01% Zinsforderungen 132.603 0,09% Gewinn 397.727 0,28% Beteiligungen 1.976.800 1,38% Grund und Gebäude 3.068.834 2,14% Inventar 1 0,00% Sonstige 851.743 0,60% Rechnungsabgrenzung 735.254 0,51% Zusammen: 143.094.045 100,00% 143.094.045 100,00%

Erträge: RM % Lasten: RM % Zinsen 4.468.776 92,87% Zinsen 2.520.164 52,38% Provisionen 75.432 1,57% Provisionen 12.606 0,26% Beteiligungen 59.250 1,23% Verwaltungsauslagen 1.468.284 30,51% Kursgewinne 0 0,00% Grundstückaufwand 108.231 2,25% Sonstige 208.273 4,33% Steuern 147.803 3,07% Abschreibungen 144.648 3,01% Sonstiger Aufwand 12.268 0,25% Gewinn 397.727 8,27%

Zusammen: 4.811.731 100,00% Zusammen: 4.811.731 100,00%

Bilanz und GuV vom 31. 12. 1942.880

Aktiva: RM % Passiva: RM % Kassa 1.926.925 1,01% Spareinlagen 137.952.851 72,41% Postsparkasse und Reichsbankgiro 1.364.891 0,72% Gläubiger 41.285.268 21,67% Fällige Zinsscheine 54.829 0,03% Hypothekenschulden 532.437 0,28% Wechsel 1.993.448 1,05% Gesetzliche Rücklage 8.900.000 4,67% Wertpapiere 90.903.210 47,72% Sonstige Rücklagen 69.205 0,04% Guthaben bei Kreditinstituten 48.724.771 25,58% Rückstellungen 233.397 0,12% Schuldner 6.213.622 3,26% Sonstige 982.512 0,52% Hypotheken 32.782.902 17,21% Rechnungsabgrenzung 122.131 0,06% Zinsforderungen 82.263 0,04% Gewinn 433.370 0,23% Beteiligungen 1.974.600 1,04% Grund und Gebäude 2.873.774 1,51% Inventar 1 0,00% Sonstige 674.498 0,35% Rechnungsabgrenzung 941.437 0,49% Zusammen: 190.511.171 100,00% 190.511.171 100,00%

879 Compass 1943, Finanzielles Jahrbuch, Österreich, Österreich-Ungarn, S. 332. 880 Ebd., S. 332. 247

Erträge: RM % Lasten: RM % Zinsen 5.960.418 89,96% Zinsen 3.515.325 53,06% Provisionen 70.202 1,06% Provisionen 9.827 0,15% Beteiligungen 59.248 0,89% Verwaltungsauslagen 1.416.702 21,38% Kursgewinne 30.229 0,46% Grundstückaufwand 221.828 3,35% Sonstige 505.374 7,63% Steuern 255.703 3,86% Abschreibungen 124.677 1,88% Sonstiger Aufwand 648.039 9,78% Gewinn 433.370 6,54%

Zusammen: 6.625.471 100,00% 6.625.471 100,00%

Bilanz und GuV vom 31. 12. 1943.881

Aktiva: RM % Passiva: RM % Kassa 1.322.688 0,56% Spareinlagen 180.943.924 76,27% Postsparkasse und Reichsbankgiro 4.159.521 1,75% Gläubiger 43.119.930 18,18% Fällige Zinsscheine 4.630 0,00% Hypothekenschulden 531.918 0,22% Schecks 135.290 0,06% Gesetzliche Rücklage 10.040.000 4,23% Wechsel 2.993.920 1,26% Sonstige Rücklagen 100.795 0,04% Wertpapiere 103.198.139 43,50% Rückstellungen 343.660 0,14% Guthaben bei Kreditinstituten 81.544.212 34,37% Sonstige 1.674.643 0,71% Schuldner 8.419.213 3,55% Rechnungsabgrenzung 26.477 0,01% Hypotheken 28.239.893 11,90% Gewinn 451.938 0,19% Zinsforderungen 63.275 0,03% Beteiligungen 1.974.690 0,83% Grund und Gebäude 3.198.555 1,35% Inventar 1 0,00% Sonstige 932.796 0,39% Rechnungsabgrenzung 1.046.462 0,44% Zusammen: 237.233.285 100,00% 237.233.285 100,00%

Erträge: RM % Lasten: RM % Zinsen 6.984.439 89,24% Zinsen 4.377.369 55,93% Provisionen 102.761 1,31% Provisionen 17.787 0,23% Beteiligungen 59.238 0,76% Verwaltungsauslagen 1.487.949 19,01% Kursgewinne 178.192 2,28% Grundstückaufwand 250.630 3,20% Sonstige 501.945 6,41% Steuern 318.335 4,07% Abschreibungen 59.326 0,76% Kursverlust 42.024 0,54% Sonstiger Aufwand 821.217 10,49% Gewinn 451.938 5,77% Zusammen: 7.826.575 100,00% 7.826.575 100,00%

881 Compass 1945, Finanzielles Jahrbuch, Österreich, Österreich-Ungarn, S. 327. 248

Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen der Kärntnerischen Landes-Hypothekenanstalt

RM-Eröffnungsbilanz und GuV vom 1. 1. 1939 und GuV vom 31. 12. 1938.882

Aktiva: RM % Passiva: RM % Kassa 167.236 0,31% Gläubiger 11.079.781 20,71% Reichsbankgiro und Postcheckgiro 2.511.057 4,69% Spareinlagen 1.808.140 3,38% Effekten 7.169.559 13,40% Pfandbriefe im Umlauf 22.810.810 42,64% Kurzfristige forderungen gegen Finanzinstitute 7.799.008 14,58% Kommunalobligationen im Umlauf 7.608.980 14,22% Schulden 199.121 0,37% Verloste Schulverschreibungen 12.455 0,02% Hypothekardarlehen 20.664.017 38,63% Durchlaufende Kredite 5.627.774 10,52% Kommunaldarlehen 7.598.357 14,20% Rücklagen 3.555.012 6,65% Rückständige Zinsen 1.233.633 2,31% Wertberichtigungen 0 0,00% Durchlaufende Kredite 5.627.774 10,52% Rückstellungen 334.419 0,63% Immobilien 500.800 0,94% Vorauszinsen 461.434 0,86% Inventar 1 0,00% Rechnungsabgrenzungesposten 198.586 0,37% Rechnungsabgrenzungsposten 26.828 0,05% Reingewinn 0 0,00% Zusammen: 53.497.391 100,00% 53.497.391 100,00%

Erträge: RM % Lasten: RM % Zinsen 1.720.495 69,30% Pfandbrief- und Kommunalschein-Zinsen 1.609.118 64,81% Regiebeiträge 0 0,00% Zinsen für Einlagen, sonstige Zinsen 0 0,00% Sonstige Einnahmen 329.090 13,25% Abschreibungen 138.563 5,58% Provisionen usw. 433.185 17,45% Steuern und Abgaben 96.450 3,88% Verwaltungsauslagen 172.285 6,94% Wertberichtigungen 259.152 10,44% Reingewinn 207.202 8,35%

Zusammen: 2.482.770 100,00% 2.482.770 100,00%

Bilanz und GuV vom 31. 12. 1939.883

Aktiva: RM % Passiva: RM % Kassa 326.453 0,65% Gläubiger 7.831.051 15,53% Reichsbankgiro und Postscheckkonto 717.601 1,42% Spareinlagen 2.630.255 5,22% Effekten 4.734.353 9,39% Pfandbriefe im Umlauf 22.269.300 44,16% Kurzfristige Forderungen gegen Kreditinstitute 9.241.715 18,33% Kommunalobligationen im Umlauf 7.578.300 15,03% Schulden 361.338 0,72% Verloste Schuldverschreibungen 12.673 0,03% Hypothekardarlehen 20.693.727 41,04% Durchlaufende Kredite 5.627.774 11,16% Kommunaldarlehen 7.473.489 14,82% Rücklagen 3.555.012 7,05% Rückständige Zinsen 955.677 1,90% Rückstellungen 301.080 0,60% Durchlaufende Kredite 5.627.774 11,16% Vorauszinsen 378.751 0,75% Immobilien 274.613 0,54% Rechnungsabgrenzung 172.233 0,34% Inventar 1 0,00% Reingewinn 70.671 0,14% Rechnungsabgrenzung 20.359 0,04% Zusammen: 50.427.100 100,00% 50.427.100 100,00%

Erträge: RM % Lasten: RM % Zinsen und Regiebeiträge 1.510.989 69,26% Pfandbrief- und Kommunalschein-Zinsen 1.418.915 65,04% Sonstige Einnahmen 200.258 9,18% Abschreibungen 156.435 7,17% Provisionen usw. 470.384 21,56% Steuern und Ausgaben 45.737 2,10% Verwaltungsauslagen 200.690 9,20% Wertberichtigungen 289.183 13,26% Reingewinn 70.671 3,24% Zusammen: 2.181.631 100,00% 2.181.631 100,00%

882 Compass 1940. Finanzielles Jahrbuch, Österreich, Österreich-Ungarn, S. 339. 883 Compass 1941. Finanzielles Jahrbuch, Österreich, Österreich-Ungarn, S. 212. 249

Bilanz und GuV vom 31. 12. 1940.884

Aktiva: RM % Passiva: RM % Kassa 259.731 0,40% Gläubiger 10.453.529 15,91% Reichsbankgiro und Postscheckkonto 164.945 0,25% Spareinlagen 3.285.294 5,00% Effekten 6.702.230 10,20% Pfandbriefe im Umlauf 23.069.300 35,12% Kurzfristige Forderungen gegen Kreditinstitute 12.143.760 18,49% Kommunalobligationen im Umlauf 7.578.300 11,54% Schulden 443.804 0,68% Pfandbriefstelle 11.000.000 16,75% Hypothekardarlehen 21.880.679 33,31% Meliorationsdauerrücklage 146.049 0,22% Kommunaldarlehen 17.998.167 27,40% Verloste Schuldverschreibungen 12.420 0,02% Rückständige Zinsen 467.898 0,71% Noch nicht eingezahlte Beteiligung 0 0,00% Beteiligungen 5.330.008 8,11% Durchlaufende Kredite 5.330.008 8,11% Durchlaufende Kredite 6.783 0,01% Rücklagen 3.625.683 5,52% Immobilien 252.365 0,38% Rückstellungen 322.302 0,49% Inventar 1 0,00% Vorrauszinsen 476.475 0,73% Rechnungsabgrenzung 39.990 0,06% Rechnungsabgrenzung 178.877 0,27% Reingeweinn 212.124 0,32% Zusammen: 65.690.361 100,00% 65.690.361 100,00%

Erträge: RM % Lasten: RM % Zinsen und Regiebeiträge 1.624.682 70,57% Pfandbrief- und Kommunalschein-Zinsen 1.587.805 68,96% Sonstige Einnahmen 91.049 3,95% Abschreibungen 68.182 2,96% Provisionen usw. 586.636 25,48% Steuern und Ausgaben 116.564 5,06% Verwaltungsauslagen 207.738 9,02% Wertberichtigungen 109.954 4,78% Reingewinn 212.124 9,21% Zusammen: 2.302.367 100,00% 2.302.367 100,00%

Bilanz und GuV vom 31. 12. 1941.885

Aktiva: RM % Passiva: RM % Kassa 401.047 0,50% Gläubiger 23.001.423 28,68% Reichsbankgiro und Postscheckkonto 637.886 0,80% Spareinlagen 4.755.606 5,93% Effekten 8.444.068 10,53% Pfandbriefe im Umlauf 23.038.400 28,73% Kurzfristige Forderungen gegen Kreditinstitute 24.959.453 31,12% Kommunalobligationen im Umlauf 7.572.200 9,44% Schulden 976.362 1,22% Pfandbriefstelle 11.300.000 14,09% Hypothekardarlehen 21.173.897 26,40% Meliorationsdauerrücklage 145.741 0,18% Kommunaldarlehen 17.701.636 22,07% Verloste Schuldverschreibungen 12.109 0,02% Rückständige Zinsen 318.228 0,40% Noch nicht eingezahlte Beteiligung 1.500 0,00% Beteiligungen 5.330.008 6,65% Durchlaufende Kredite 5.330.008 6,65% Durchlaufende Kredite 7.784 0,01% Rücklagen 3.837.806 4,79% Immobilien 223.145 0,28% Rückstellungen 390.409 0,49% Inventar 1 0,00% Vorrauszinsen 485.964 0,61% Rechnungsabgrenzung 19.757 0,02% Rechnungsabgrenzung 218.221 0,27% Reingeweinn 103.885 0,13% Zusammen: 80.193.272 100,00% 80.193.272 100,00%

884 Compass 1943. Finanzielles Jahrbuch, Österreich, Österreich-Ungarn, S. 222. 885 Compass 1942. Finanzielles Jahrbuch, Österreich, Österreich-Ungarn, S. 226. 250

Erträge: RM % Lasten: RM % Zinsen und Regiebeiträge 2.440.193 96,25% Pfandbrief- und Kommunalschein-Zinsen 1.855.146 73,17% Sonstige Einnahmen 80.634 3,18% Abschreibungen 150.383 5,93% Provisionen usw. 14.477 0,57% Steuern und Ausgaben 205.437 8,10% Verwaltungsauslagen 220.453 8,70% Wertberichtigungen 0,00% Reingewinn 103.885 4,10% Zusammen: 2.535.304 100,00% 2.535.304 100,00%

Bilanz und GuV vom 31. 12. 1942.886

Aktiva: RM % Passiva: RM % Kassa 389.028 0,47% Gläubiger 20.977.818 25,46% Reichsbankgiro und Postscheckkonto 982.487 1,19% Spareinlagen 9.594.443 11,65% Effekten 10.246.326 12,44% Pfandbriefe im Umlauf 23.038.400 27,96% Kurzfristige Forderungen gegen Kreditinstitute 25.789.090 31,30% Kommunalobligationen im Umlauf 0 0,00% Schuldner 788.410 0,96% Pfandbriefstelle 17.327.200 21,03% Hypothekardarlehen 20.346.707 24,70% Meliorationsdauerrücklage 117.481 0,14% Kommunaldarlehen 18.424.584 22,36% Verloste Schuldverschreibungen 1.298.274 1,58% Rückständige Zinsen 238.859 0,29% Noch nicht eingezahlte Beteiligung 1.500 0,00% Beteiligungen 4.967.697 6,03% Durchlaufende Kredite 4.967.697 6,03% Durchlaufende Kredite 7.784 0,01% Rücklagen 4.045.486 4,91% Immobilien 191.216 0,23% Rückstellungen 317.435 0,39% Inventar 1 0,00% Vorrauszinsen 323.431 0,39% Rechnungsabgrenzung 17.142 0,02% Rechnungsabgrenzung 260.764 0,32% Reingeweinn 119.402 0,14% Zusammen: 82.389.331 100,00% 82.389.331 100,00%

Erträge: RM % Lasten: RM % Zinsen und Regiebeiträge 2.337.889 85,93% Pfandbrief- und Kommunalschein-Zinsen1.717.151 63,11% Sonstige Einnahmen 375.510 13,80% Abschreibungen 251.134 9,23% Provisionen usw. 7.380 0,27% Steuern und Ausgaben 274.612 10,09% Verwaltungsauslagen 238.480 8,77% Wertberichtigungen 120.000 4,41% Reingewinn 119.402 4,39% Zusammen: 2.720.779 100,00% Zusammen: 2.720.779 100,00%

886 Ebd., S. 226. 251

Bilanz und GuV vom 31. 12. 1943.887

Aktiva: RM % Passiva: RM % Kassa 373.311 0,42% Gläubiger 25.077.745 27,93% Reichsbankgiro und Postscheckkonto 1.243.058 1,38% Spareinlagen 14.251.788 15,87% Effekten 12.607.581 14,04% Pfandbriefe im Umlauf 23.038.400 25,66% Kurzfristige Forderungen gegen Kreditinstitute 30.600.285 34,08% Kommunalobligationen im Umlauf 0 0,00% Schuldner 2.627.347 2,93% Pfandbriefstelle 17.327.200 19,30% Hypothekardarlehen 19.177.069 21,36% Meliorationsdauerrücklage 114.442 0,13% Kommunaldarlehen 18.065.587 20,12% Verloste Schuldverschreibungen 17.435 0,02% Rückständige Zinsen 120.135 0,13% Noch nicht eingezahlte Beteiligung 0 0,00% Beteiligungen 6.284 0,01% Durchlaufende Kredite 4.795.410 5,34% Durchlaufende Kredite 4.795.410 5,34% Rücklagen 4.244.888 4,73% Immobilien 146.683 0,16% Rückstellungen 311.962 0,35% Inventar 1 0,00% Vorrauszinsen 301.190 0,34% Rechnungsabgrenzung 21.118 0,02% Rechnungsabgrenzung 192.901 0,21% Reingeweinn 110.508 0,12% Zusammen: 89.783.869 100,00% 89.783.869 100,00%

Erträge: RM % Lasten: RM % Zinsen und Regiebeiträge 2.148.803 90,46% Pfandbrief- und Kommunalschein-Zinsen 1.614.624 67,98% Sonstige Einnahmen 221.148 9,31% Abschreibungen 70.957 2,99% Provisionen usw. 5.338 0,22% Steuern und Ausgaben 268.417 11,30% Verwaltungsauslagen 230.783 9,72% Wertberichtigungen 80.000 3,37% Reingewinn 110.508 4,65% Zusammen: 2.375.289 100,00% 2.375.289 100,00%

887 Compass 1945, Finanzielles Jahrbuch, Österreich, Österreich-Ungarn, S. 223.

252

Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen der Kärntnerischen Sparkasse

RM-Eröffnunsbilanz vom 1. 1. 1939 und GuV vom 31. 12. 1938.888

Aktiva: RM % Passiva: RM % Grundpfanddarlehen 8.764.639 33,45% Spareinlagen 17.595.387 67,15% Gemeindedarlehen 1.534.865 5,86% Spargiro-Einlagen 1.799.092 6,87% Kontokorrent-Darlehen gg. Grundbücherliche Sicherstellung736.779 2,81% Zwischenbankeinlagen 3.445.509 13,15% Bankguthaben 8.631.793 32,94% Kapitalrücklage 602.397 2,30% Wechsel 32.207 0,12% Allg. Rücklage 1.181.254 4,51% Effekten 4.355.464 16,62% Sonderrücklagen f. Darlehensverluste 187.480 0,72% Postscheck-n. Girokt. 72.679 0,28% Pensionsfonds 430.000 1,64% Rückständ. Zinsen 135.135 0,52% Bau-Rücklage 160.880 0,61% Kassa 303.344 1,16% Vorausbezahlte Zinsen 9.536 0,04% Realitäten und Inventar 1.600.511 6,11% Erläge gegen spätere Verrechnung 241.982 0,92% Diverse Forderungen 34.048 0,13% Wohnbauförd.-Darlehen 464.767 1,77% Gewinn 83.180 0,32% Zusammen: 26.201.464 100,00% 26.201.464 100,00%

Erträge: RM % Lasten: RM % Grundpfand-, Geminde- und Kontokorrent Darlehen-Zinsen606.448 53,71% Einlagenzinsen 527.506 46,72% Effektenzinsen 249.512 22,10% Verwaltungsauslagen 192.033 17,01% Bankguthaben-Zinsen 158.321 14,02% Steuern etc. 136.628 12,10% Provisionen 9.305 0,82% Abschreibungen 49.800 4,41% Wechselescomptezinsen usw. 8.139 0,72% Verzinsung f. D. Wohnbauförderungs-Darlehen 4.647 0,41% Verzugszinsen 17.277 1,53% Rücklagen-Zuweisung 135.333 11,99% Kursgew. B. Verkauf v. Wertpapieren 12.477 1,11% Gewinn 83.180 7,37% Sondererträge 14.867 1,32% Ertrag der Häuser 52.781 4,67% Zusammen: 1.129.127 100,00% 1.129.127 100,00%

Bilanz und GuV vom 31. 12. 1939.889

Aktiva: RM % Passiva: RM % Schuldner 2.743.699 8,98% Spareinlagen 17.935.500 58,72% Hypotheken 8.382.261 27,44% Gläubiger 6.650.250 21,77% Beteiligungen 311.163 1,02% Langfristige Anleihen 76.666 0,25% Bankguthaben 9.370.672 30,68% Hypotheken 460.000 1,51% Wechsel 7.060 0,02% Gesetzliche Rücklagen 4.313.022 14,12% Effekten 6.591.843 21,58% Sonstige Rücklagen 187.480 0,61% Postscheck-n. Girokt. 325.274 1,06% Freie Rücklagen 638.884 2,09% Rückständ. Zinsen 92.551 0,30% Rückstellungen 181.222 0,59% Kassa 231.403 0,76% Rechnungsabgrenzungen 22.135 0,07% Realitäten und Inventar 2.339.015 7,66% Gewinn 78.964 0,26% Sonstige 56.027 0,18% Rechungsabgrenzungsposten 93.155 0,30% Zusammen: 30.544.123 100,00% 30.544.123 100,00%

Erträge: RM % Lasten: RM % Zinsen 1.074.887 90,84% Realitäten Aufwand 29.568 2,50% Provisionen, Gebühren 31.232 2,64% Einlagezinsen 615.033 51,98% Beteiligungen 5.344 0,45% Verwaltungsauslagen 260.176 21,99% Sonstige Erträge 71.815 6,07% Steuern etc. 18.344 1,55% Provisionen 284 0,02% Abschreibungen 148.847 12,58% Kursverluste 3.042 0,26% Rücklagen-Zuweisung 29.020 2,45% Gewinn 78.964 6,67% Zusammen: 1.183.278 100,00% 1.183.278 100,00%

888 Compass 1941, Finanzielles Jahrbuch, Österreich, Österreich-Ungarn, S. 339. 889 Compass 1939, Finanzielles Jahrbuch, Österreich, Österreich-Ungarn, S. 320f. 253

Bilanz und GuV vom 31. 12. 1941.890

Aktiva: RM % Passiva: RM % Kassa und Giroguthaben 618.800 1,23% Spareinlagen 28.214.969 56,11% Wechsel 6.706 0,01% Gläubiger 13.036.433 25,92% Effekten 10.367.275 20,62% Durchlaufende Kredite 2.468.561 4,91% Kreditinstitute 21.760.253 43,27% Hypotheken 448.346 0,89% Schuldner 3.303.862 6,57% Gesetzliche Rücklagen 5.075.831 10,09% Hypotheken 8.968.362 17,83% Sonstige Rücklagen 582.555 1,16% Durchlaufende Kredite 2.468.561 4,91% Sonstige Passiva 302.101 0,60% Fällige Zinsen 51.236 0,10% Rückstellungen 27.418 0,05% Beteiligungen 342.600 0,68% Rechnungsabgrenzungen 14.119 0,03% Grundstücke, Gebäude 2.237.729 4,45% Gewinn 118.169 0,23% Inventar 5.346 0,01% Sonstige 24.403 0,05% Rechnungsabgrenzungsposten 133.369 0,27% Zusammen: 50.288.502 100,00% 50.288.502 100,00%

Erträge: RM % Lasten: RM % Zinsen 1.345.657 89,05% Realitäten Aufwand 71.995 4,76% Provisionen, Gebühren 16.253 1,08% Einlagezinsen 769.583 50,93% Beteiligungen 11.498 0,76% Verwaltungsauslagen 235.825 15,61% Sonstige Erträge 137.657 9,11% Steuern etc. 80.434 5,32% Abschreibungen 63.433 4,20% Sonstige 171.626 11,36% Gewinn 118.169 7,82%

Zusammen: 1.511.065 100,00% 1.511.065 100,00%

Bilanz und GuV vom 31. 12. 1942.891

Aktiva: RM % Passiva: RM % Kassa und Giroguthaben 749.345 1,05% Spareinlagen 39.867.181 56,08% Zins- und Dividendenscheine 1.248 0,00% Gläubiger 19.738.911 27,77% Wechsel 3.803 0,01% Durchlaufende Kredite 4.361.884 6,14% Effekten 26.161.611 36,80% Hypotheken 441.218 0,62% Kreditinstitute 27.777.260 39,07% Gesetzliche Rücklagen 5.191.305 7,30% Schuldner 1.821.233 2,56% Sonstige Rücklagen 729.042 1,03% Hypotheken 7.364.291 10,36% Sonstige Passiva 273.560 0,38% Durchlaufende Kredite 4.361.884 6,14% Rückstellungen 66.358 0,09% Fällige Zinsen 21.317 0,03% Rechnungsabgrenzungen 276.590 0,39% Beteiligungen 342.600 0,48% Gewinn 145.731 0,20% Grundstücke, Gebäude 2.206.935 3,10% Inventar 2.730 0,00% Sonstige 31.367 0,04% Rechnungsabgrenzungsposten 246156 0,35% Zusammen: 71.091.780 100,00% 71.091.780 100,00%

890 Compass 1943, Finanzielles Jahrbuch, Österreich, Österreich-Ungarn, S. 342. 891 Compass 1942, Finanzielles Jahrbuch, Österreich, Österreich-Ungarn, S. 340. 254

Erträge: RM % Lasten: RM % Zinsen 1.877.245 89,15% Zinsen 1.246.803 59,21% Provisionen, Gebühren 15.721 0,75% Verwaltungsauslagen 263.085 12,49% Beteiligungen 11.614 0,55% Realitäten-Aufwand 82.423 3,91% Kursgewinn 3.901 0,19% Steuern etc 170.031 8,07% Sonstige Erträge 174.006 8,26% Abschreibungen 55.183 2,62% Sonstige Zuwendungen 23.246 1,10% Kursverluste 11.250 0,53% Sonstige 131.227 6,23% Gewinn 145.731 6,92%

Zusammen: 2.105.733 100,00% 2.105.733 100,00%

Bilanz und GuV vom 31. 12. 1943.892

Aktiva: RM % Passiva: RM % Kassa und Giroguthaben 910.387 1,16% Spareinlagen 51.536.129 65,53% Wertpapiere 31.226.983 39,71% Gläubiger 15.152.644 19,27% Wechsel 2.227 0,00% Durchlaufende Kredite 4.466.974 5,68% Kreditinstitute 28.395.805 36,11% Hypotheken 438.090 0,56% Schuldner 4.287.924 5,45% Gesetzliche Rücklagen 5.429.246 6,90% Hypotheken 6.354.425 8,08% Sonstige Rücklagen 942.288 1,20% Durchlaufende Kredite 4.466.974 5,68% Sonstige Passiva 347.345 0,44% Fällige Zinsen 18.349 0,02% Rückstellungen 108.250 0,14% Beteiligungen 342.600 0,44% Rechnungsabgrenzungen 38.915 0,05% Grundstücke, Gebäude 2.186.206 2,78% Gewinn 183.583 0,23% Inventar 1.149 0,00% Sonstige 137.604 0,17% Rechnungsabgrenzungsposten 312.831 0,40%

Zusammen: 78.643.464 100,00% 78.643.464 100,00%

Erträge: RM % Lasten: RM % Zinsen 2.146.553 92,32% Zinsen 1.458.537 62,73% Provisionen, Gebühren 13.441 0,58% Verwaltungsauslagen 263.888 11,35% Beteiligungen 11.614 0,50% Realitäten-Aufwand 79.516 3,42% Kursgewinn 2.527 0,11% Steuern etc 96.007 4,13% Sonstige Erträge 151.003 6,49% Abschreibungen 43.586 1,87% Sonstige Zuwendungen Provisionen 20 0,00% Sonstige 200.000 8,60% Gewinn 183.584 7,90%

Zusammen: 2.325.138 100,00% 2.325.138 100,00%

892 Compass 1945, Finanzielles Jahrbuch, Österreich, Österreich-Ungarn, S. 336. 255

Anhang 2

Bilanzen mit Gewinn- und Verlustrechnungen (GuV) des Creditanstalt-Bankvereins AG für die Jahre 1938, sowie 1941 bis 1944.

Quellen:

Bilanz und GuV für das Jahr 1938:

Bericht an die 82. Ordentliche Hauptversammlung der Aktionäre der Oesterreichischen Creditanstalt – Wiener bankverein vom 16. Juni 1939. Wien 1939, S. 24ff

Reichsmark-Eröffnungsbilanz zum 1. April 1938: Ebd., S. 34ff.

Bilanz und GuV für das Jahr 1941: Creditanstalt-Bankverein. Geschäftsbericht für 1941. Wien 1942, S. 12ff.

Bilanz und GuV für das Jahr 1942: Creditanstalt-Bankverein. Geschäftsbericht für 1942. Wien 1943, S. 3f.

Bilanz und GuV für das Jahr 1943: Creditanstalt-Bankverein. Geschäftsbericht für 1943. Wien 1944, S. 3f.

Bilanz und GuV für das Jahr 1944: Creditanstalt-Bankverein. Geschäftsbericht für 1944. Wien 1946, o.S.

Sämtliche Jahresberivhte wurden entnommen aus dem Bestand R2, Fasz. 17631 des Bundesarchivs in Berlin (BArch).

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Bibliographie und Archivquellen

Archive:

Archiv der Bank Austria Creditanstalt, Wien (BA-CA):

- Bestand des Vorstandsarchivs der Creditanstalt (CA-V),

- Bestand des Industriebeteiligungsarchivs der Creditanstalt (CA-IB).

Bundesarchiv der Bundesrepublik Deutschland (BArch):

- Bestand NS6

- Bestand R2 (Reichsfinanzministerium),

- Bestand R2501 (Reichsbank),

- Bestand R3101 (Reichswirtschaftsministerium).

Historical Archives der Credit Suisse (CH CSG HA):

- Bestand der Schweizerischen Kreditanstalt (ZFA). (Jahresberichte wurden auf Wunsch gesondert gescannt und per Email zugesandt, daher fehlt deren Signatur.)

Historisches Archiv der Zürcher Kantonalbank (CH-ZKB):

- Bestand der Zürcher Kantonalbank. (Rechenschaftsberichte wurden auf Wunsch gesondert gescannt und per Email zugesandt, daher fehlt deren Signatur.)

Landesarchiv Kärnten (AT-KLA):

- Bestand der Landeshauptmannschaft.

Österreichisches Staatsarchiv – Archiv der Republik (AdR):

- Bestand des Reichskommissars für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich. Bestand „Bürckel“ (RkfWÖ).

Pokrajinski arhiv Maribor (Gebietsarchiv Maribor, Slowenien), (SI_PAM):

- Bestand der Mariborer/Marburger Sparkasse (SI_PAM/0904).

Privatarchiv von Professor Dr. phil. Stefan Karner. Ohne Bestandsangabe.

Steiermärkisches Landesarchiv (StLA):

- Bestand der Behörde des Reichsstatthalters (LReg).

270

Gesetze, Statistiken, Protokolle, Berichte

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Uradni list Socialistične republike Slovenije/Gesetzblatt der Volksrepublik Slowenien. Ljubljana 1945.

Službeni list Kraljevine Jugoslavije/Amtsblatt des Königreiches Jugoslawien. Beograd 1936.

Preußischer Staatsanzeiger, für das Jahr 1939. Berlin 1939.

Deutscher Reichsanzeiger, für das Jahr 1939. Berlin 1939.

Reichsgesetzblatt (RGBl.) /Gesetzblat für das Land Österreich (GBlÖ), für die Jahre bis 1945.

Staatsgesetzblatt (StGBl.) /Bundesgesetzblatt (BGl.), für die Jahre 1945–1947.

Verordnungs- und Amtsblatt des Chefs der Zivilverwaltung in der Untersteiermark, für das Jahr 1941.

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Creditanstalt-Bankverein, Geschäftsbericht für 1942. Wien 1943.

Creditanstalt-Bankverein, Geschäftsbericht für 1943. Wien 1944.

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