Das Humboldt-Forum Nimmt Form An
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98 Welterbestätten: Eremitage St. Petersburg und Museumsinsel Berlin Das Humboldt-Forum nimmt Form an Hermann Parzinger Mit der Entscheidung der Bundesregierung, den im Novem- Dubai und Qatar einerseits und Berlin mit Museumsinsel ber 2008 gekürten 1. Preis im Internationalen Realisierungs- und Humboldt-Forum andererseits. Die Welt blickt auf das, wettbewerb „Wiedererrichtung des Berliner Schlosses – Bau was wir hier in der Mitte unserer Hauptstadt tun. Dabei ist des Humboldt-Forums im Schlossareal Berlin“, den Entwurf es richtig, die städtebauliche Lücke in der historischen Mitte von Franco Stella, zu realisieren, hat das bedeutendste kul- Berlins wieder zu schließen, den umliegenden Bauten mit turpolitische Projekt in Deutschland zu Beginn des 21. Jahr- Zeughaus, Marstall und Dom wieder den Dialog mit dem Luftbild des Schlossareals. Аэрофотоснимок территории бывшего Берлинского дворца. hunderts architektonische Gestalt angenommen. Dem Bild des Schlosses zu ermöglichen, und auch die Modernität Wettbewerb waren in den Jahren 2002 und 2003 Grundsatz- des Alten Museums mit seiner klassizistischen Gestaltung entscheidungen des Deutschen Bundestages vorangegangen, im Spiegel der gegenüberliegenden Barockfassaden be- den Palast der Republik abzureißen und einen Neubau in der greiflich werden zu lassen. Ebenso richtig ist es, hinter den Kubatur des Berliner Schlosses mit der Rekonstruktion drei- Fassaden eine moderne, funktionale Architektur zu ermög- er barocker Außenfassaden und des Schlüter-Hofes zu er- lichen, die mit den nötigen Raumtiefen und Raumhöhen in richten. Das darin untergebrachte Humboldt-Forum soll der besonderer Weise auf die inhaltlichen Bedürfnisse des Hum- Präsentation der außereuropäischen Kulturen gewidmet sein, boldt-Forums Bezug nimmt. Und außerdem ist es sinnvoll, und zwar in einer gänzlich neuen Form, so der zweite Teil im Schloss auch einige historische Räume – und sei es als der Beschlüsse, der diesem Vorhaben seine zukunftsweisen- Zitat – nachzuempfinden, wie etwa die Brandenburgisch- de Vision verleiht. Preußische Kunstkammer. Sie war die Keimzelle von Mu- Wo immer ich hinkomme, zwei museale Jahrhundertpro- seen, Bibliotheken und Universität, von hier aus nahm alles jekte sind in aller Munde: die Golfregion mit Abu Dhabi, seinen Anfang. Объекты Всемирного наследия: Эрмитаж Санкт-Петербург и Остров Музеев Берлин 99 Harry Fonseca, Maidu. Coyote Cigarstore Indian. 1985: Votivfigur, Kolumbien, Muisca, 1000 –1500 n. Chr. Acryl auf Leinwand, 121 x 81 cm. Sammlung Hartje, Tumbaga, Höhe 10,7 cm, Sammlung W. W. Randall erworben 1989. und Louis Sokoloski, erworben 1889. Гарри Фонсека, майду, Coyote Cigarstore Indian, 1985 г., Вотивный предмет, Колумбия, муи́ ска, X–XV век н. э., холст, акрил, 121 х 81 см, колл. Хартье, приобретено тумбага, высота 10,7 см, колл. В. В. Рэндалл и в 1989 г. Луис Соколоски, приобретено в 1889 г. Das Hohenzollernschloss war zwar kein Bürgerforum, Das Forum trägt den Namen Humboldt, weil die Brüder keine moderne, öffentlich zugängliche Bibliothek und kein Wilhelm und Alexander von Humboldt nicht nur eng mit stark frequentiertes Museum, aber Kunst und Wissenschaft dem Ort verbunden sind, sondern gleichsam als Leitfiguren spielten hier stets eine zentrale Rolle: Im Schloss entstan- für das Konzept des Humboldt-Forums dienen: Wilhelm von den die ersten völkerkundlichen Sammlungen, die von hier Humboldt steht für die Ideen- und Geistesgeschichte Euro- aus den Schritt zunächst hinüber ins Neue Museum und pas, Alexander war der Erforscher Amerikas und Asiens. anschließend weiter bis nach Dahlem machten; im Schloss Doch beide gemeinsam prägte eine kosmopolitische Welt- wurde, angeregt durch Wilhelm von Humboldt, auch der er- sicht, die auf dem Bewusstsein von der Gleichberechtigung ste „ Masterplan“ zum Ausbau der Museumsinsel als „ Frei- der Weltkulturen basierte. Die stärker mit Wilhelm verbun- stätte für Kunst und Wissenschaft “, als gemeinsamer Ort dene Museumsinsel mit ihrer einzigartigen Präsentation der von Museum und Universität, entwickelt. Das Schloss war Kunst und Kultur Europas und des für die Entwicklung Eu- auch der Ort des erwachenden wissenschaftlichen Interes- ropas unerlässlichen Nahen Ostens wird mit dem auf Alex- ses an Natur und Kunst, das seinen Ausdruck im „Theater ander Bezug nehmenden Humboldt-Forum im Schloss um der Natur und Kunst “ von Gottfried Wilhelm Leibniz fand; die Kunst und Kultur Afrikas, Amerikas, Ozeaniens, Austra- die entsprechenden Sammlungen hierzu befinden sich heu- liens und Asiens erweitert. Museumsinsel und Humboldt- te vor allem in der Humboldt-Universität. Alexander von Forum gehören dabei zusammen und bilden eine untrenn- Humboldt berichtete im Schloss von seinen großen Reisen bare inhaltliche Einheit. Und diese Einheit wird in der Lage und faszinierte die Gesellschaft mit seinen spannenden Ent- sein, der europäischen Metropole Berlin eine neue geistige deckungen. Das inhaltliche Konzept des Humboldt-Forums Mitte zu geben. Das historische Zentrum Berlins wird so zu greift also Funktionen des alten Schlosses auf und entwik- einem Ort der Weltkulturen, um den sich mit Staatsbiblio- kelt sie im modernen Sinne weiter, seine Bestandteile sind thek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Deutschem Histo- historisch im Schloss verankert. rischem Museum, Humboldt-Universität sowie Zentral- und 100 Welterbestätten: Eremitage St. Petersburg und Museumsinsel Berlin Chinesische und europäische Hofmaler, Porträt Salzgefäß, Sierra Leone, sapi-portugiesisch, 15. oder 16. Jh. des Baningga, China, Qing-Dynastie, Ära Elfenbein, Höhe 30,5 cm. Aus der Brandenburgisch- Qianlong, Aufschrift dat. 1760, Hängerolle, Preußischen Kunstkammer. Tusche und Farben auf Seide. Сольница, Сьерра Леоне, сапи-португальский, XV или XVI век. Китайские и европейские придворные худож- Слоновая кость, высота 30,5 см. ники, Портрет Банингга, Китай, Династия Из Бранденбургско-прусской кунсткамеры. Цин, эпоха Цяньлун, датировано 1760 г., висящий свиток, шелк, тушь, краски. Landesbibliothek ein Gürtel weiterer Wissenseinrichtungen Zusammenwirkens entwickeln. Die Stiftung Preußischer von internationalem Rang legt und eine einmalige, zukunfts- Kulturbesitz (SPK) mit ihren Staatlichen Museen zu Ber- orientierte Bildungs- und Wissenschaftslandschaft entstehen lin (SMB) bringt ihre derzeit noch in Dahlem befindlichen lässt. Mit der Entscheidung, den vornehmsten Platz des Lan- einzigartigen Sammlungen außereuropäischer Kunst und des diesem Projekt zu widmen, besinnt sich Deutschland auf Kultur aus dem Ethnologischen Museum und dem Museum seine Tradition als Kulturnation und baut darauf das Funda- für Asiatische Kunst ein, die mit einem reichen Schatz an ment für seine Zukunft. Es ist kein verwegener Plan, es ist Kunstwerken höchster Qualität sowie ethnologischen Ob- eine großartige Geste Deutschlands, die ihre Wirkung in der jekten zu den weltweit bedeutendsten ihrer Art gehören. Sie Welt nicht verfehlen wird. werden die größte Fläche im Humboldt-Forum einnehmen. Diese Zukunft wird nicht aus einem Museum im Schloss Die Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB) stellt ihre bestehen. Vielmehr geht es um die Schaffung eines gänzlich lebendigsten Kernbereiche Tanz, Bühne, Film, Kunst und neuartigen Kunst- und Kulturerfahrungszentrums, das Wis- Musik sowie eine moderne ‘teaching library’ für Kinder sen über Weltkulturen und Kompetenz in Weltverständnis und Jugendliche zur Verfügung. Außerdem bietet sie einen vermittelt. Die Idee ist ähnlich visionär, wie es die Schaffung umfassenden Servicebereich. Als dritter Partner plant die der Museumsinsel im 19. Jahrhundert war. Das Humboldt- Humboldt-Universität (HU) die Präsentation ihrer wissen- Forum wird das Centre Pompidou des 21. Jahrhunderts und schaftsgeschichtlichen Sammlungen sowie spezifische Ver- zugleich mehr als das. Museen, Bibliothek und Universität anstaltungen zu Wissenschaft und Forschung. kehren an den Ort zurück, von dem sie einst ihren Ausgang Das Humboldt-Forum wird erlebnisfreudig und wissens- nahmen, und werden hier ideale Formen komplementären basiert zugleich sein. Es muss neue Horizonte eröffnen, den Объекты Всемирного наследия: Эрмитаж Санкт-Петербург и Остров Музеев Берлин 101 Dialog fördern und transdisziplinäre Zugänge schaffen. Da- bei wird es sich in drei zentrale Bestandteile gliedern: die Agora, die Werkstätten des Wissens und die Ausstellungs- bereiche. Die Agora im Erd- und Untergeschoss ist dabei der zentrale Eingangs- und Veranstaltungsbereich, der den Besucher mit einer großen einladenden Geste empfangen wird. Sie ist das Entree, das den Besucher auf die Vielfalt der Weltkulturen und ihrer Erscheinungsformen einstimmen und mit ihnen in Berührung bringen soll. Multifunktions- räume sind für Veranstaltungen in den Bereichen Theater, Film, Musik und Performances vorgesehen. Ferner werden in der Agora neueste Entwicklungen der Gegenwartskunst aus Afrika, Amerika oder Asien aufgegriffen werden. Da- durch wird sie integrativer Teil unserer Präsentation der Weltkulturen. Hinzu treten Flächen für Museumsshops und Gastronomie. Cafés und Restaurants sind unerlässlich für angenehmes Verweilen und gehören zum Standard großer Museumskomplexe in aller Welt. Als Forum für Wissenschaft, Kultur und Politik wird die Agora auch ein Ort der Diskussionen sein, in denen die gro- ßen gesellschaftspolitischen Themen in hochrangiger Beset- zung debattiert werden. Dazu bedarf es der Kooperation mit Partnern im In- und Ausland. Mögliche Formen der Zusam- menarbeit mit dem Auswärtigen Amt, dem Goethe-Institut und anderen, auch internationalen