Juni 2005 06 Museumsblätter

Mitteilungen des Museumsverbandes

> Eine junge Generation Industrie- und Technikmuseen

Vom Denkmal zum Museum

Vom Rohstoff zum Konsumgut

Wärme, Kraft und Licht

Zu Wasser und zu Lande Autorinnen und Autoren

Jürgen Bartholomäus Vorsitzender des Fördervereins LOUISE e.V. Dr. Matthias Baxmann Referat Technische Denkmale, Brandenburgisches Landesamt für Denkmalplege Hans Benthin Leiter des Museums Klostermühle Boitzenburg Dr. Iris Berndt Referentin beim Museumsverband des Landes Brandenburg e.V. Klaus Brandt Brandenburgisches Museum für Klein- und Privatbahnen in Gramzow/Uckermark Dr. Lars Bluma Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Historischen Institut der Ruhr-Universität Bochum Catrin During Freie Stadtplanerin, gute_unterhaltung Büro für Stadt_Kultur_Kommunikation, Potsdam Dieter Engel Museumsleiter, Brandenburgisches Museum für Klein- und Privatbahnen in Gramzow/Uckermark Dr. Jörg Feldkamp Direktor des Zweckverbandes Sächsischer Industriemuseen, Industriemuseum Chemnitz Dr. Georg Goes Leiter des Museums Baruther Glashütte/Denkmal der Industrie und Technik Dr. Christian Hirte Leiter der Halleschen Museen Frank Kallensee Journalist, Ressort Kultur der Märkischen Allgemeinen Zeitung Dr. Susanne Köstering Geschäftsführerin des Museumsverbandes des Landes Brandenburg e.V. Dr. Lutz Libert Leiter des Tabakmuseums Vierraden, Städtische Museen Bernd Pilz Leiter des Städtischen Museums „Sprucker Mühle“, Guben Hans-Joachim Schyia Museumsausstellungsleiter, Brandenburgisches Museum für Klein- und Privatbahnen in Gramzow/Uckermark Hendrik Unger Freier Kulturmanager, Absolvent des Studienganges Kulturarbeit an der Fachhochschule Potsdam Ute Weber Leiterin des Binnenschifffahrtsmuseums Oderberg, Vorsitzende des Fördervereins Dirk Wetzel Dipl.-Betriebswirt (FH)-Marketing-Ziegeleipark Mildenberg Gudrun Weiß Erste Vorsitzende des Fördervereins zur Erhaltung des Gaswerkes in Neustadt/Dosse e.V. Verena Witte M.A. Stipendiatin am Institut für Wissenschafts- und Technikforschung, Universität Bielefeld

Bildnachweis

Glashütte Annenwalde 24 D. Träupmann, Augustusburg 21 Lorenz Kienzle, 6, 8, 11, 22, 30, 31o., 32, 33, 35, 37, 38, 42, 43, 63 Ludwig Rauch, Berlin 12, 51 Museumsverband des Landes Brandenburg 31u. René Gräf, Chemnitz 18, 20 Industriemuseum Chemnitz 17 Marco Ziemons, Chemnitz 16 Brikettfabrik LOUISE, Domsdorf 40, 41 Museumsdorf Glashütte 23 Museum für Klein- und Privatbahnen, Gramzow 46, 47 Städtisches Museum „Sprucker Mühle“, Guben 1, 3, 36 Gudrun Wendler, Guben 39 Ziegeleipark Mildenberg 26, 27, 28 Glasmacherhaus Neuglobsow 25 Binnenschifffahrtsmuseum Oderberg 50 Astrophysikalisches Institut Potsdam, Archiv 53 Steffen Mühle, Potsdam 9, 44, 45, 48, 49 Kulturzentrum Rathenow 54, 55 Museumspark Rüdersdorf 34 Tabakmuseum Vierraden 52 Matthias Baxmann, Wünsdorf 13, 14, 15 Kurt W. Streit/John W.R. Taylor: 58 Geschichte der Luftfahrt, Künzelsau 1975, S. 104. Inhalt 5

Inhalt

Forum Eine junge Generation Industrie- und Technikmuseen

Vom Denkmal zum Museum 6 Museen wachsen ... in der Regel von unten Susanne Köstering 12 Denkmalplege für Industrie und Technik Matthias Baxmann 18 Plädoyer für Industriemuseen – gerade jetzt Jörg Feldkamp

Vom Rohstoff zum Konsumgut 22 Glasmuseen in Brandenburg – Wege zu einem Netzwerk Georg Goes 26 Ziegeleipark Mildenberg – Erfahrungen mit Technikvermittlung Dirk Wetzel 30 Frischer Wind – Kulturarbeiter im Industriemuseum Brandenburg Hendrik Unger 34 Museumspark Rüdersdorf – Nutzung einer Denkmallandschaft Eva Köhler 36 „Wohl behütet“ – Hutstadt Guben macht Museum Bernd Pilz

Wärme, Kraft und Licht 40 Museum im Technischen Denkmal – Brikettfabrik LOUISE Jürgen Bartholomäus 42 Kompaktanlage mit guter Aussicht – Gaswerk Neustadt/Dosse Gudrun Weiß

Zu Wasser, zu Lande und in der Luft 44 Auf blanker Spur – Museum und Kleinbahn in der Uckermark Klaus Brandt, Dieter Engel, Hans-Joachim Schyia 50 Wohin geht die Fahrt? Binnenschifffahrtsmuseum Oderberg Ute Weber

Fundus 52 Schatztruhe 54 Ausstellung 58 Tagung 59 Lesestoff 22 Forum Vom Rohstoff zum Konsumgut

Glasmuseen in Brandenburg Wege zu einem Netzwerk Georg Goes

Brandenburg ein Glasland? Diese historisch rich- Hauptstadt. Milchglas war ideal, um das neue helle tige Gleichung ist kaum bekannt, gleichwohl sich Gas- und elektrische Licht zu dämpfen. Glaszylinder seit Anfang der 1990erJahre eine wachsende Zahl sorgten für Zug auf den Brennern. von Spezialmuseen dem zerbrechlichen Werkstoff Der für Brandenburg sprichwörtliche Reichtum an widmet. Glas gehört neben der Irdenware zu den Sand – als wichtigstem Glasrohstoff – war landesweit ältesten künstlichen Werkstoffen. Seit dem Altertum ein günstiger Standortfaktor. Das wachsende Eisen- wurde es manuell gegossen, gewickelt und mund- bahnnetz, die neue Ofentechnik von Siemens und die geblasen. Die älteste brandenburgische Hütte ist synthetische Sodaherstellung förderten die industrielle Grimnitz in der Schorfheide, 1575 gegründet. Es Glasherstellung. folgten über 70 weitere an 60 Standorten.1 Mit der Industrialisierung wurde die Niederlausitz, die 1815 Vier junge brandenburgische Glasmuseen an ehema- an Preußen gekommen war, zum wichtigsten Gebiet ligen Hüttenorten haben sich etabliert. 1992 eröffnete der Glasherstellung. Massenhaft und in mancher das Museum Baruther Glashütte, 2000 die Glashütte Fabrik auch mechanisiert produzierte man seitdem vor Annenwalde und die Griminitzer Glasstube, 2003 allem Beleuchtungs- und Spezialglas für den Markt. das Glasmacherhaus Neuglobsow. Erhaltene Glas- Über 50 Fabriken entstanden hier, die um 1925 über machersiedlungen oder Einzelgebäude sind wichtige 10.000 Arbeiter beschäftigten. Denn groß war der Exponate. Allein in Baruth sind es auch historische Bedarf nach Glas aller Art in den wachsenden und Fabrikgebäude als Bestandteil einer großen geschlos- zunehmend „erleuchteten“ Städten, allen voran der senen Werksiedlung, dem heutigen Museumsdorf Baruther Glashütte. Die Besucherzahlen betrugen 2004 im Baruther Museum etwa 25.000, etwa 80.000 Inneres der Neuen Hütte Gäste zählte das Museumsdorf. Neuglobsow zählte 3000, Neu-Grimnitz an acht Wochenenden 800 und Annenwalde etwa 15.000 Besucher.

Seit 2000 indet sich unter dem Dach des Baruther Museums eine Schauglasproduktion. Ebenfalls in 2000 begann Annenwalde eine Glasproduktion, die aber im Jahr 2002 wegen einer Havarie zumindest in dieser Form eingestellt werden musste. Auch in Grimnitz ist die Aufnahme einer Studioglasproduktion geplant. Es zeigt sich, dass der authentische Glasma- cherort den Museumsträgern als Besucheranreiz nicht auszureichen scheint. Der Umgang mit dem lüssigen Werkstoff Glas soll an die lokale Tradition anknüpfen und Besucher anlocken. Der museale Nutzen dieser Öfen ist schwer zu bewerten. Nachteilig ist der große inanzielle, personelle und technische Aufwand des Ofenbetriebes. Das Wort: “Es ist ein unendlich Kreuz, schönes Glas zu machen”, bewahrheitet sich auch für die Vereine, die sich Öfen zugelegt haben oder dieses planen. Auch konservatorisch ist ein Glasofen in einem Museumsgebäude wegen seiner Emissionen nicht unproblematisch. Andererseits ist das Angebot der Schauglasproduktion für Besucher attraktiv und auch museumspädagogisch zu nutzen. Das „Durst- kugelblasen“, wie es in Baruth angeboten wird, macht Vom Rohstoff zum Konsumgut Forum 23

das Arbeiten mit dem heißen Werkstoff unmittelbar 1830 und 1948 begründet diesen Schwerpunkt. Bis erfahrbar und vermittelt das strenge Zeitregime, das zum 3. Juli zeigt das Museum eine Sonderausstellung der erkaltende Werkstoff den Glasmachern auferlegt. „Lichtblicke. Kulturgeschichte der Beleuchtung“. Diese Der didaktische Nutzen der Anschauung und des war Anlass, die eigene Sammlung zu erforschen und Umgangs mit dem heißen Glas ist also groß. Auch mit dem Deutschen Technikmuseum, dem Märkischen können historische und in Vergessenheit geratene Museum und anderen Museen der Region in Leihver- Fertigungstechniken bewahrt und tradiert werden. kehr zu treten.3 Exponate und Forschungsergebnisse Weiterhin ist der Brückenschlag zu modernem anderer Sonderausstellungen inden Eingang in eine Glasdesign dank der Schmelzaggregate möglich. Glaskünstlerinnen und Designstudierende benötigen Praxis. Öfen können sich Einzelpersonen in der Regel nicht leisten, weshalb sie immer mehr von elektrisch betriebenen Fusingöfen abgelöst werden. Die Schau- und Lehrsammlungen könnten in der Tradition der Gewerbemuseen Anschauung und Anregung für die Arbeit an den „Museumsöfen“ sein.2 Auf diese Vorteile will man verständlicherweise nicht verzichten. Die Problematik anderer Industrie- und Technikmuseen, historische Exponate wie Dampfmaschinen in Betrieb zu nehmen, stellt sich für die Öfen unserer Spezial- museen nicht. Die überkommenen Schmelzaggregate können aus technischen Gründen nicht mehr genutzt werden. Gleichwohl sind die Öfen aus der Produk- tionszeit – in Baruth eine Wanne mit Schrägrost- Generator – wichtige Exponate zur Geschichte der Branche. Außenansicht der Neuen Hütte in Glashütte, errichtet 1861 Die genannten Häuser erfüllen sehr unterschiedlich den Anspruch eines Museums. Sämtlich haben sie neue Dauerausstellung, die in Abstimmung mit einem keine historisch gewachsenen Sammlungen. Die wissenschaftlichen Beirat in den nächsten Jahren Dauerausstellungen sind in Baruth und Neuglobsow modular aufgebaut wird. Auch Werkzeuge, Halbauto- in restaurierten Gebäuden untergebracht, die selbst maten und der besagte Ofen gehören zum Baruther Exponate zur Glasgeschichte abgeben. In Baruth Bestand. Sie wurden weitgehend von geschlos- nimmt die Neue Hütte mit dem Baujahr 1861 die senen Hütten der Niederlausitz übernommen. Den Dauerausstellung zur Technik- und Sozialgeschichte zweitgrößten Teil der Baruther Sammlung macht der der Glasherstellung auf. Die Glasmachersiedlung Nachlass des Glasmechanikers Reinhold Burger hat einen historisch kaum überformten Baubestand (Glashütte 1866 – Berlin 1954) aus. Burger erfand aus dem späten 18. bis in das 19. Jahrhundert. In 1903 die Thermoslasche. Im Jubiläumsjahr 2003 Neuglobsow ist es ein Glasarbeiterhaus von 1779, das entwickelte das Baruther Museum zum Thema eine neben anderen Arbeiterhäusern weitgehend intakt neue Ausstellung, die als Themenalphabet gegliedert überliefert ist. Die Glashütte Annenwalde hat ihre ist. Eine kleine Fotosammlung ergänzt den Fundus.4 kleine Tafelausstellung mit einem Verkaufs- und Ofen- Von einiger Bedeutung ist auch das Glashütter Archiv, raum in einem Neubau untergebracht, in der Nachbar- das seit 1950 die Betriebsgeschichte dicht überliefert schaft inden sich aber mehrere Glasarbeiterhäuser. und in Teilen auf das 19. Jahrhundert zurück reicht. Das Glasstübchen in Neu-Grimnitz ist ein Scheu- Die Sammlung des Glasmacherhauses Neuglobsow nengebäude. Es stellt aber nur ein provisorisches geht über die sehenswerte Schausammlung kaum Quartier vor dem Umzug der jungen Sammlung in hinaus. Flaschen stehen hier im Mittelpunkt. Die die Burgruine in Alt-Grimnitz dar, die möglicherweise Glashütte Annenwalde, die sich nicht in erster Linie selbst Produktionsort für Glas war. als Museum versteht, verfügt über Glasmarken und moderne Glaskunst. Der Glashüttenverein in Grimnitz Sammlungskonzepte baut seine Sammlung neu auf. Flaschen, Flaschen- marken und ebenfalls modernes Glasdesign sind hier Das Museum Baruther Glashütte verfügt über einen Hauptgebiete der Sammeltätigkeit. Für die Entwick- umfänglichen Bestand an Beleuchtungsglas (Lampen- lung sämtlicher Standorte sorgen in erster Linie schirme und Zylinder). Die Spezialisierung der gemeinnützige Vereine und ihre Mitglieder. In Baruth Baruther Glashütte auf Beleuchtungsglas zwischen gründete sich 1993 zusätzlich die Heimat- 24 Forum Vom Rohstoff zum Konsumgut

stiftung Museumsdorf Glashütte, die dem Standort des Standortes unweit des Stechlin-Sees und die eine bessere inanzielle Planungssicherheit Fertigung von Gebrauchsglas von 1779 bis 1890. verschaffen soll. Allein der Verein Glashütte e.V. hat Gestaltung und Konzept der ersten Dauerausstellung fest angestellte Mitarbeiter und einen Museumshis- inden bei den Besuchern Anklang: 12 Pulte erzählen toriker, der für das Haus zuständig ist. Die anderen anhand historischer Zitate aus der Hüttengeschichte Museen arbeiten mit ehrenamtlichen Kräften bzw. und versammeln jeweils ein Exponat. Trotz einer bedienen sich der Konstruktion der MAE. Während in gewissen Textlastigkeit erscheint diese Ausstellung Annenwalde der Entwicklungsprozess der Ausstellung durchaus vorbildlich, auch weil sie von Anbeginn aus konzeptionellen und in Neuglobsow aus räumli- eine Kinderebene mit einbezogen hat. Ähnlich der in chen Gründen weitgehend abgeschlossen ist, arbeiten Neuglobsow ist die Erzählzeit in Annenwalde, deren Grimnitz und Baruth an der Einrichtung bzw. Verbes- Glashütte 1774 entstand. Das Museum Baruther Glas- serung ihrer Dauerausstellung weiter. hütte widmet sich neben der speziellen Geschichte des 1716 gegründeten Standortes vor allem der Phase Wege der Zusammenarbeit seit 1850, die von einer Technisierung und Massen- produktion in der Glasbranche geprägt war. Sämtliche Um eine sinnvolle Abgrenzung der Sammlungen Museen werden sich natürlich über ihre jeweilige und Dauerausstellungen zu erreichen, haben sich Kern-Erzählzeit auch anderen Ausstellungsthemen mit die Verantwortlichen auf eine grobe Arbeitsteilung anderen Zeitschichten widmen. und thematische Abgrenzung verständigt, die sich aus historischen und regionalen Gründen erklären Alle Akteure bemühen sich, in einem Arbeitskreis über lässt. Der Grimnitzer Verein widmet sich der ältesten die Entwicklung ihrer Ausstellungen zu informieren Zeitschicht der Glashütten in der Mark, dem 16. bis und ihre Sammlungen konzeptionell abzustimmen. frühen 18. Jahrhundert sowie der Uckermark. Die Besonders auf dem Felde des Marketings sowie in seltenen Rubin-Gläser, die in dieser Zeit in Potsdam der Erarbeitung von Sonderausstellungen bzw. neuen entstanden, inden sich aber allein in Berliner und Modulen der Schausammlungen ist eine Zusam- Potsdamer Museen.5 Neuglobsow in Trägerschaft menarbeit angeraten. So könnte beispielsweise eine der Naturlandschaft Stechlin und Menzer Heide e.V. gestalterisch und museumspädagogisch anspruchs- beleuchtet die Phase der Produktionsgeschichte volle Standortkarte erarbeitet werden, die als Mitmach-Angebot für Besucher gemeinsam konzipiert Foyer der Glashütte Annenwalde würde. Ähnlich einem von der AG-Technikmuseen beim Museumsverband geplanten gemeinsamen Faltblatt, könnten auch die Glasmuseen einen gemein- samen Werbeauftritt erarbeiten, sei es im Internet oder als gedrucktes Medium. Eine gemeinsame Publi- kation, die sich speziell an Kinder richtet, wäre sinnvoll im Verbund zu entwickeln, auch weil sie standortüber- greifende Aspekte wie Kinderarbeit, Umweltverbrauch und Herstellungstechnik unter Auslassung spezieller Abläufe und Hüttennamen berücksichtigen könnte. Eine größere gleichwohl lohnende Anstrengung erforderte die gemeinsame Erarbeitung einer Über- blicksdarstellung über „Brandenburgische Gläser“, die auf den zitierten Publikationen aufbauen könnte. Angesichts der großen Entfernung zwischen den Standorten erscheint das Projekt einer „Glasstraße“ überregional kaum realisierbar. Grimnitz und andere Glasstandorte in der Schorfheide planen allerdings als touristisches Erkennungszeichen die Aufstellung von Modellen vorindustrieller Öfen. Vorbilder für die bran- denburgischen Glasmuseen können die Glashütte Gernheim als Standort des westfälischen Industriemu- seum sein, die Fabrik- und Wohngebäude rekonstru- ierte und innovative Ausstellungen zeigt. Anregend für den Prozess, einen Glasmacherort touristisch und kulturell zu entwickeln wirkt auch das innische Nuutajärvi. Mitglieder des Grimnitzer Vom Rohstoff zum Konsumgut Forum 25

Glashütten-Kultur und Kommunikationsforums wie 5 Johannes Kunckel, um 1635-1703, war der Nacherinder des Rubinglases. Als Alchemist wechselte er 1678 nach Potsdam und leitete verschiedene Hütten. auch der Verein Glashütte – angeregt durch seinen Kunckel ist gleichsam die Ikone der Brandenburgischen Glastradition, lenkt aber Beirat Prof. Hubert Kittel – haben Kontakt mit inni- von der überwiegenden Spezialisierung auf Gebrauchsgläser in der Region ab. Zu alten brandenburgischen Gläsern immer noch lesenswerte: Robert Schmidt, schen Einrichtungen aufgenommen. Eine europäische Brandenburgische Gläser, Berlin 1914. Den neuesten Forschungsstand liefert: Kooperation und eine vergleichende Kartierung könnte Dedo von Kerßenbrock-Krosigk, Rubinglas des ausgehenden hieraus erwachsen („Europäische Glashüttendörfer 17. und 18. Jahrhunderts, Mainz 2001. – Beispiele des Wandels“).

Neben den Spezialmuseen am authentischen Produktionsort verfügen auch andere Häuser wie das Stadtmuseum Cottbus, das Städtische Museum Fürstenberg/Oder oder einzelne Regionalmuseen (Costebrau, , Fürstenberg/Havel, Fürstenwalde/Spree) über größere Glassammlungen. Das Glasmuseum Schönborn ist derzeit geschlossen. Die Landeshauptstadt Potsdam zeigt im Potsdam Museum und im Haus der Brandenburgisch-Preußi- schen Geschichte kunsthistorisch bedeutende Gläser oder eine für Brandenburg repräsentative Auswahl. Das Museum in der Renaissancefestung Senften- berg bereitet eine Abteilung zur Glasgeschichte vor. Weiterhin soll in Welzow im Nachgang einer Jubi- läumsfeier eine Ausstellung zur Welzower Glasge- schichte entstehen. Eine Auseinandersetzung mit der Glasgeschichte soll auch in einem Privatmuseum der Lausitzer Glashütte AG erfolgen. Für die Branchenge- Ausstellung im Glasmacherhaus Neuglobsow schichte unseres Landes ist auch das Glasmuseum im sächsischen Weißwasser bedeutend. Es verfügt Technisches Denkmal und Museumsdorf Baruther Glashütte über eine umfängliche Sammlung an Arbeitsgeräten Hüttenweg 20, 15837 Glashütte und Modellen sowie Gläsern, die den traditionsreichen (033704) 98090 April– Oktober Di– So 10–18 Uhr, Standort mit seiner großen Produktvielfalt repräsen- November– März Di– So 10–16 Uhr tieren. Auch eine sehenswerte Schausammlung von Glashütte Annenwalde e.V. Gläsern, die Wilhelm Wagenfeld entworfen hat, ist Annenwalde 28, 17268 Densow in der Gehlsdorf-Villa in Weißwasser untergebracht. (03987) 200250 In Berlin besitzen die Stiftung Stadtmuseum Berlin Mo– So 10–17 Uhr, Montag geschlossen

(Märkisches Museum) und das Kunstgewerbemu- Grimnitzer Glasstube seum (Stiftung Preußischer Kulturbesitz) wertvolles Dorfstraße 3, 16247 Neugrimnitz Glas aus der Mark. Der wichtige Werkstoff Glas und (033361) 71256 die verschiedenen auch überregionalen Aspekte Glasmacherhaus Neuglobsow beschäftigen zahlreiche Spezialisten. Wer Ansprech- Stechlinseestr. 21, 16775 Stechlin OT Neuglobsow (033082) 40863 partner sucht oder auch Hinweise auf wissenschaft- Di– So 10–18 Uhr liche Vorhaben zum Thema Glas geben möchte, kann sich an Dr. Georg Goes in der Baruther Glashütte wenden.

1 Eine gute, leider vergriffene Übersicht bietet: Gerrit u. Karin Friese, Glashütten in Brandenburg (Heimatkundliche Beiträge des Stadt- und Kreismuseum Eberswalde- Finow), Berlin 1992. Frieses beziehen sich ausschließlich auf die Regierungs- bezirke Potsdam und Frankfurt und nicht auf die Niederlausitz. Regional ergän- zend und chronologisch auch weiterführend: Keil, Elke, Zur Entwicklung der Glasindustrie auf dem Territorium des heutigen Bezirkes Cottbus von den Anfän- gen bis zur Gegenwart, 1976, Neudruck: Pressglaskorrespondenz 2001,5-6; Lausitzer Glas, hrsg. v. d. Internationalen Bauausstellung Fürst-Pückler-Land Großräschen, Berlin 2003. 2 Das Glasmuseum Gernheim als Standort des westfälischen Industriemuseums ist hier wegweisend. An einem nach historischem Vorbild rekonstruierten Hafeno- fen arbeitet ein fest angestellter Glasmacher. Es inden regelmäßig Künstler-Work- shops, internationale Symposien und Design-Ausstellungen statt. 3 Es erschien die Ausstellungsbroschüre: Lichtblicke, Die Industrialisierung der Beleuchtung und die Baruther Glashütte, Berlin 2005. 4 Das Westfälische Industriemuseum verfügt über eine große glasbezogene Postkartensammlung.