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SWR2 Musikstunde

„Himmelstürmer Herzensbrecher – Eugen d´Albert zum 150sten Geburtstag“

„Über Tiefland zum Olymp“ (4)

Von Jörg Lengersdorf

Sendung: Donnerstag, 10. April 2014 9.05 – 10.00 Uhr Redaktion: Ulla Zierau

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Dass der gerade 31jährige Eugen d´Albert im Jahre 1895 bereits zum dritten Mal heiratet, stößt nicht überall im Bekanntenkreis auf ungetrübte Freude. Selbst enge Freunde erscheinen trotz persönlicher Einladung nicht zur Zeremonie. Als der alte und immer häufiger grantelnde Johannes Brahms gebeten wird, nach einem Umtrunk noch die neue Frau d´Albert in der Wiener Musikszene zu begrüßen, bemerkt er lakonisch: „Ach, d´Albert heiratet ja noch einige Male, die dritte Frau überschlage ich.“ Eugen indes erklärt sich das Scheitern seiner ersten beiden Ehen auf seine Weise. In einem Brief an einen Freund schreibt er: er sei jeweils zu unreif gewesen, er sei mehr geheiratet worden, als dass er geheiratet habe, mit Hermine, der Erwählten, werde es nun zum ersten Mal eine Ehe auf echt sittlicher Basis. D´Albert Biografin Charlotte Pangels erklärt die Zufriedenheit Eugens auf bestechend einleuchtende Weise: Hermine Finck habe in der Zweisamkeit die Kunst der Anpassung in vollendetem Maße beherrscht, Zitat: „Hermine zeigte sich in keiner Weise mit dem Willen, sich unbedingt zu produzieren, wie es bei Teresa Carreno so unabwendbar der Fall so gewesen war. Hermine fühlte sich auch ohne Beifall der Öffentlichkeit auf ihre Weise glücklich“

In der Tat wird die Ehe mit Hermine Finck länger halten, als jede andere Beziehung d´Alberts. 1897 blafft der gallige Brahms den Kollegen d´Albert bei einem Essen an: „Sie sind langweilig, sie haben immer noch dieselbe Frau…“

Musik 1, 2.33 d'Albert, Eugen Tonträgertitel: WDR 4 Kompilation Werktitel: aus: Der Improvisator {Oper} Einzeltitel: Ballettmusik Entstehungsdatum: 00.00.1902 Orchester: Studio-Orchester Berlin Dirigent: Falk, Peter Labelcode: Z2325

Das Studio Orchester Berlin mit der Ballettmusik aus Eugen d´Alberts Oper „Der Improvisator“, deren erste Skizzen im Jahr 1897 entstehen. Am dritten April dieses Jahres stirbt Johannes Brahms, und mit ihm eine Ära. Nach Wagner ist nun auch das zweite große Vorbild d´Alberts tot. Eine junge Komponistengeneration trägt nun die Fackel der deutschen Romantik ins kommende Jahrhundert. 3

Im selben Jahr geboren wie Eugen d´Albert, 1864, ist auch der Komponist Richard Strauss, der über Jahre ein Freund und mächtiger Unterstützer von d´Alberts Musik ist.

Umgekehrt hat auch Richard Strauss Eugen d´Albert einiges zu verdanken. Als 21jähriger schon hat Strauss eine teuflisch schweres Scherzo für Klavier und Orchester verfasst, und es dem großen Hans von Bülow gewidmet. Von Bülow ist allerdings von Klavierpart und Komplexität des Werks offenbar überfordert und lehnt eine Uraufführung ab. Strauss versucht sich nun selbst als Klaviersolist seines Werks, war aber schon nach der ersten Probe völlig entmutigt. Erst in Eugen d´Albert findet Richard Strauss den Virtuosen, der in der Lage ist, das Werk aus der Taufe zu heben.

Das Scherzo in d moll wird umbenannt und d´Albert gewidmet, der es schließlich als erster spielt. Immerhin erklärt sich Erstwidmungsträger Hans von Bülow bereit, eine Aufführung mit Zweitwidmungsträger Eugen als Solist zu dirigieren. Und so wird Eugen d´Alberts Name untrennbar verknüpft mit der „Burleske in d moll“ von Richard Strauss.

Musik 2, 4.42min Richard Strauss, Burleske in d moll Byron Janis, Klavier Chicago Symphony Orch. Fritz Reiner RCA Victor LSC 2127 LC 00316

Byron Janis und das Chicago Symphony Orchestra unter Fritz Reiner mit dem Schluss von Richard Strauss Burleske, letztlich Eugen d´Albert gewidmet, weil jener im Gegensatz zum ursprünglichen Widmungsträger Hans von Bülow den Klavierpart bewältigen kann. Bis Ende des 19. Jhds hat der Mittdreißiger Eugen d´Albert bereits vier Opern geschrieben, er sieht sich längst selbst als Mann des Musiktheaters. Fast ist ihm sein legendärer Ruf als Pianist lästig, Eugen ist kein Mann, der sich gern und ausgiebig auf Virtuosenabende vorbereitet. Ganz im Gegenteil, statt sich in pianistischen Details zu verbeißen, lässt Eugen als Klavierspieler auch einmal Fünfe gerade sein. Der Kollege Percy Grainger, ein hochvirtuoser Pianist aus Australien, 4 wird später einmal über d´Albert sinngemäß zu Protokoll geben: Er war mein Vorbild. So schlampig hätte ich auch gern gespielt…

Trotzdem oder gerade deswegen gilt Eugen d´Albert zur Jahrhundertwende vor allem als Olympier des Klaviers, auf einsamen Höhen musizierend, ein Mann, der sich um pianistische Spitzfindigkeiten und falsche Töne nicht mehr scheren muss. Eugens Haupteinnahmen erzielt er als Virtuose. In Petersburg rast die Zuschauermenge vor Begeisterung, in Moskau küsst man ihm wörtlich die Hände. Konzertreisen unternimmt Eugen jetzt gerne mit Frau Hermine an seiner Seite. Durch liebevolle Fürsorge verschafft sie ihm die Ruhepausen, die er bei den Frauen eins und zwei so sehr vermisst hatte. Eugen bedankt sich auf seine Weise. Insgesamt schreibt er fast 60 Lieder, die meisten für Sängerin Hermine.

Musik 3, 1.00min d'Albert, Eugen (10.04.1864-03.03.1932) Sehnsucht aus: Lieder op. 17 Produktionstitel: Beethovenfest Bonn 2011 Solist: Barainsky, Claudia (30.09.1965) Deutschland {Sopran} Schneider, Eric (1963) Deutschland {Klavier} WDR Eigenproduktion

Sehnsucht, aus den Liedern op. 17 von Eugen d´Albert, Claudia Barainsky und Eric Schneider. Die hochbegabte Sängerin Hermine Finck, inzwischen Hermine d´Albert, war sicherlich Inspirationsquelle vieler Vokalwerke ihres Mannes, und wenn man Hermine häufig als treusorgende Ehefrau des Meisters beschrieben findet, dann verkennt man die Rolle, die sie auch im musikalischen Leben der Zeit spielte. Hermine Finck d´Albert hatte bei der Uraufführung von Hänsel und Gretel des Freundes und Kollegen Engelbert Humperdinck mitgewirkt, und natürlich sang sie auch Partien in Opern ihres Mannes. Nachdem d´Alberts zweite Oper Ghismonda 1895 nur mäßige Aufnahme gefunden hat, dirigiert Eugen 1897 sein drittes Stück selbst: „Gernot“ löst in Heidelberg einen minutenlang anhaltenden Jubelsturm aus, auch wegen der Besetzung der weiblichen Hauptpartie mit Hermine. Ein Kritiker schreibt: “Frau d´Albert ist eine dramatische Sängerin und Darstellerin echten Geblüts, die machtvolle Tongebung mit großem Vortragsstil verbindet… so wollen die erhabenen Frauengestalten des musikalischen Dramas gesungen und gespielt sein!“

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In „Gernot“ und „Ghismonda“ hatte nun Eugen d´Albert wieder Inspiration beim verehrten Richard Wagner gefunden. Spätestens mit seiner Vierten wechselt d´Albert aber einmal mehr den Ton. „Die Abreise“ heißt der Einakter, in dem d´Albert wieder ganz Kind seines Vaters ist, des Glasgower Königs der Tanzmusik. „Noch kein Werk ist mir so schnell von der Hand gegangen“ – bekennt d´Albert in seinem Tagebuch, nachdem er in einem knappen halben Jahr die gesamte „Abreise“ zu Papier gebracht hat.

Musik 4, 7.01min d'Albert, Eugen Werktitel: aus: Die Abreise {Musikalisches Lustspiel} Einzeltitel: Vorspiel Orchester: Orchester Hermann Hagestedt Dirigent: Hagestedt, Hermann (1903-1976) Labelcode: Z2323 Labelname: WDR Eigenproduktion

Unterhaltungsmusik im besten Sinne: Das Orchester Hermann Hagestedt mit dem Vorspiel zu Eugen d´Alberts Einakter „Die Abreise“. Mit seinen insgesamt 21 Opern deckt Eugen d´Albert eine riesige stilistische Palette ab zwischen deutscher Romantik, Unterhaltungsmusik und der neuen Tonsprache des 20. Jhds. Den unbedingten Wiedererkennungswert darf man bei Eugen d´Albert vermissen. Auf der Suche nach einem eigenen Stil befindet sich Eugen d´Albert dabei zur Jahrhundertwende in bester Gesellschaft. Nach dem Tode Richard Wagners schnappt die deutschsprachige Oper im entstandenen Vakuum buchstäblich nach Luft. D´Alberts 10 Jahre älterer Kollege und Freund Engelbert Humperdinck gilt als Wagner Epigone, Richard Strauss ist in seiner bislang erstenund einzigen Oper auch noch ganz dem Geiste des Bayreuthers verpflichtet, die ebenfalls bekennenden Wagnerianer Alexander Ritter oder Max von Schillings, heute noch vergessener als d´Albert, versäumen es mit ihren mythen- und märchenbeladenen Stoffen ebenfalls, neue Impulse fürs deutsche Musiktheater zu setzen. Die italienische Oper findet längst in zeitgenössischer, kritischer Literatur Stoffe für die Bühne, in Deutschland ist man auf der Suche. Warum dann nicht Operette? Einen Versuch scheint es Eugen d´Albert zur Jahrhundertwende wert…

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Musik 5, 1.46min d'Albert, Eugen Textdichter/Übersetzer: Sporck, Ferdinand von Urheber (l.V.): Steigentesch, August von Das Herz errät so leicht auf Kosten seiner Pflicht, aus: Die Abreise Solist: Prey, Hermann {Bariton} Moser, Edda {Sopran} Schreier, Peter {} Orchester: Philharmonia Hungarica Dirigent: Kulka, János (11.12.1929-18.10.2001) Ungarn) Labelcode: 06646 Labelname: EMI CLASSICS Bestellnummer: 999558-2

Eine Jahrhundertbesetzung in diesem Ausschnitt aus Eugen d´Alberts „Abreise“: Edda Moser als Luise, Peter Schreier als Möchtegern Verführer Trott, und ganz am Schluss wundert sich Ehemann über einen Mann zu viel im Boot: „Wie Freund, Du bist noch hier?“

Der Erfolg der „Abreise“ wird Eugen d´Albert in den nächsten Jahren noch häufig zu schaffen machen, denn in der Folge werden seine späteren Opern häufig mit diesem publikumswirksamen Schlager verglichen, tatsächlich gibt es wenige Werke d´Alberts, in denen Libretto und Musik in Qualität und charmanter Leichtigkeit so passgenau aufeinander abgestimmt wirken.

Ab jetzt gehört Eugen d´Albert zum etablierten Musiktheaterbetrieb seiner Zeit: Engelbert Humperdinck, Richard Strauss, Gerhart Hauptmann, Hans Thoma, Max von Schillings – der Freundeskreis um Eugen und Hermine liest sich wie ein Who is Who der kulturellen Jahrhundertwende, die jungen Kollegen Ernst Pfitzner oder Ernö von Dohnanyi bitten Eugen um Hilfe bei der Karriere.

Auch Instrumentalisten treten nun an Eugen heran: Der Solocellist des Frankfurter Opernorchesters, Professor Hugo Becker, möchte ein maßgeschneidertes Cellokonzert. Ein Virtuosenkonzert für den technischen Schaulauf? Damit kennt d´Albert sich aus – schließlich ist er Lisztschüler und weiß, was das Publikum will.

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Musik 6, 2.56min d'Albert, Eugen Allegro molto aus: Violoncellokonzert op. 20 Werktitel: Konzert C-dur, op. 20 (für Violoncello und Orchester) Solist: Gerhardt, Alban (1969) Deutschland {violc} Orchester: BBC Scottish Symphony Orchestra Dirigent: Kalmar, Carlos (26.02.1958) Labelcode: 07533 Labelname: Hyperion Bestellnummer: CDA67544

Noch die Cellolegende Gregor Piatigorsky wird sich in seiner Biografie erinnern, dass während der Jugend Eugen d´Alberts Cellokonzert von 1899 sein Lieblingskonzert gewesen sei, nach d´Alberts Tod wurde das einst so populäre Stück komplett vergessen. Erst langsam wird es wiederentdeckt: eine Aufnahme mit Alban Gerhardt begleitet vom BBC Scottish Symphony Orchestra unter Karlos Kalmar.

Ein schottisches Orchester spielt hier Musik des gebürtigen Schotten Eugen d´Albert, der ja seine komplette Jugend auf der britischen Insel verbrachte. Das gibt zwischendurch einmal mehr Gelegenheit, auf das Verhältnis Eugen d´Alberts zu seiner Heimat zu sprechen zu kommen. Das Anfangs dieser Musikstundenwoche in SWR2 häufig zur Sprache gebrachte gestörte Verhältnis des Wahldeutschen Eugen d´Albert zu Britannien manifestiert sich deutlich in einem offenen Brief, den d´Albert nach einem Konzert an einen Rezensenten schreibt, und der tatsächlich in der Londoner Times abgedruckt wird, Zitat d´Albert: „Sehr geehrte Damen und Herren: Erlauben Sie mir, ein paar Fehler zu korrigieren, die ich in ihrem Artikel gefunden habe: Vor allem nehme ich an dem Titel `Englischer Pianist` Anstoß. Leider habe ich beachtliche Zeit in jenem Land des Nebels studiert, doch während dieser Zeit habe ich so gar nichts gelernt; ja, wäre ich noch länger dort geblieben, so wäre dies mein Untergang gewesen… erst seit ich dieses barbarische Land verlassen habe, habe ich angefangen zu leben. Und jetzt lebe ich für die einmalige, wahre, ruhmreiche deutsche Kunst.“

Zitat Ende – es wundert kaum, dass das englische Publikum bis heute etwas mit dem Landsmann Eugen d´Albert fremdelt.

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Musik 7, 2.56min Eugen d´Albert Zwischenspiel aus „Tiefland“ Staatskapelle Berlin Ltg: Eugen d´Albert Symposium Records EAN 760411146024 LC 99999

1928 entstand diese Aufnahme, Eugen d´Albert dirigierte selbst die Staatskapelle Berlin in einem kurzen Ausschnitt aus seinem bis heute wohl unangefochten bekanntesten Werk: Tiefland.

Dass das Verhältnis der britischen Heimat zum Landessohn Eugen d´Albert sich bis heute nicht ganz normalisiert hat, liegt nicht nur an den früh deutsch-tümelnden anti-englischen Ausfällen d´Alberts schon Ende des 19. Jhds, sondern auch daran, dass die Oper Tiefland lange nach d´Alberts Tod zu einer Art deutscher Aushängeoper wird. Der englische Pianist und d´Albert Kenner Piers Lane bringt es in einem Artikel auf den Punkt, Zitat: „Tiefland ist bis heute in Deutschland Repertoire Stück, obwohl ihm das lähmende Mißgeschick widerfuhr, zu Hitlers bevorzugten Bühnenwerken zu gehören.“ Als der Tieflandstoff 1940 von der Regisseurin Leni Riefenstahl verfilmt wird, ist d´Albert schon lange Tot, er kann für den Erfolg der Geschichte in Nazideutschland kaum in Haftung genommen werden, dennoch hängt der Oper bis heute das unglückliche Etikett an: Hitlers Lieblingsoper. Aber fangen wir ganz von vorn an, im Jahr 1900.

Musik 8, 1.45min d'Albert, Eugen Tonträgertitel: Welte Mignon Piano 1905-1906 Werktitel: aus: Tiefland {Musikdrama} Einzeltitel: Spanisches Tanzlied (Tanzlied des Sebastiano) Solist: d'Albert, Eugen Labelcode: 06019 Labelname: TELDEC CLASSICS Bestellnummer: 4509-95354-2Aufnahmeart: Studio-Aufnahme

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Eine Papierrolle für einen Klavierautomaten zeichnete diese Einspielung von Eugen d´Albert selbst auf: er spielte Anfang des 20. Jhds. diesen spanischen Tanz, der als Tanzlied des Sebastiano zu einem der Schlager in seiner Oper Tiefland werden sollte. Eigentlich hätte die Oper Tiefland ein Fiasko werden müssen, schon der Librettist Rudolph Lothar hielt den Stoff für völlig bühnenuntauglich und machte sich wohl nur wegen akuten Geldbedarfs an die Bearbeitung. Wenn man Lothars Version der Geschichte glauben darf, sitzt er eines Tages im Jahr 1900 in einem Wiener Kaffeehaus, als er von einem hereinstürzenden Mann den obskuren Auftrag erhält, für eine reiche Gräfin ein spanisches Stück namens „Terra Baixa“ zu übersetzen. Lothar denkt an die fünfhundert Kronen Bezahlung und macht sich ans Werk, obwohl er den Stoff fürchterlich roh und unbehauen findet. Als die reiche Gräfin ihren Auftrag zurückzieht, versucht Lothars Agent verzweifelt, das inzwischen fertig übersetzte Stück doch noch an Kunden zu bringen, obwohl selbst Lothar ja felsenfest der Überzeugung ist, an „Terra Baixa“ sei jede Briefmarke verschwendet. Und so landet die wohl lieblose Übersetzung eines vermeintlich schlechten Stoffes irgendwie auf dem Schreibtisch des Dresdner Theaterintendanten, aussortiert, als unspielbar markiert. Und hier, in diesem Stapel Ausschussware, blättert eines Tages der Generalmusikdirektor von Schuch aus Langeweile herum, während er auf einen Termin wartet. Elektrisiert vom Tiefland Text fasst er den einsamen Entschluss, dass völlig chancenlose Stück zur Oper werden zu lassen – er braucht nur noch einen Komponisten.

Musik 9, 4.49min d'Albert, Eugen Eugen Lied der Nuri, Szene Nuri - Pedro (2. Akt, Szene 1)aus: Tiefland Solist: Rönisch, Rosemarie {Sopran} Hoppe, Heinz Orchester: Staatskapelle Dresden, Dirigent: Schmitz, Paul Labelcode: 06203 BERLIN Classics Bestellnummer: 0120038

Staatskapelle Dresden unter Paul Schmitz mit dem Lied der Nuri und dem anschließenden Duett Pedro/Nuri mit Heinz Hoppe und Rosemarie Rönisch Der naive Schafhirt Pedro unterhält sich in diesem Ausschnitt aus Eugen d´Alberts Tiefland mit der heimlich verliebten Magd Nuri über sein Schicksal. 10

Zum Schein und auf Befehl des herrischen Gutsbesitzers Don Sebastiano musste Pedro die schöne Marta heiraten, aber nur, um die Begehrenswerte sozusagen für den üblen Grundbesitzer Sebastiano aufzubewahren. Der Bösewicht behält sich auch nach der Hochzeit von Pedro und Marta vor, jederzeit über Martas Körper zu verfügen.

Ein reicher Despot beutet seine Untergebenen sexuell aus - allein diese Konstellation bedeutet ein gewisses Risiko für den Erfolg von Tiefland Anfang des 20. Jhds. Hinzu kommt, dass die missbrauchte Marta ihrem Unterdrücker offenbar hörig ist – es spricht nicht viel für die Aussichten diese derben Stoffes an deutschen Theatern der Jahrhundertwende. Dennoch: 1900, während eines Urlaubs am Lago Maggiore, bekommt Eugen d´Albert ein Telegramm des Dresdner Generalmusikdirektors von Schuch: er solle sich unbedingt dieses bislang völlig unbeachtete Theaterstück ansehen – eben jenes „Tiefland“, dass von Schuch gerade unter der unspielbaren Ausschussware auf dem Schreibtisch entdeckt hat D´Albert ist vom Stoff wie elektrisiert, er schreibt ein Stück, völlig verschieden von seinen bisherigen Werken. Irgendwo zwischen italienischem Verismo und frühen Visionen eines Hollywoodklangs entsteht der neue d´Albert.

Musik 10 4.24min, d'Albert, Eugen, aus: Tiefland Szene Sebastiano, Marta, Pedro, Nuri, Tommaso, Gutstein, Ernst (Bariton) Adam, Theo () Kuhse, Hanne-Lore {Mezzosopran} Rönisch, Rosemarie; {Sopran} Hoppe, Heinz {Tenor} Orchester: Staatskapelle Dresden, Dirigent: Schmitz, Paul LC 06203 BERLIN Classics; Bestellnummer: 0120038

Staatskapelle und Chor Dresden unter Paul Schmitz mit Ernst Gutstein, , Hanne-Lore Kuhse, Rosemarie Rönisch, Heinz Hoppe als Solisten in der 8ten Szene des ersten Aktes aus Eugen d´Alberts „Tiefland“, der vielleicht wirkungsvollsten Szene seines gesamten Opernschaffens. Die Prager Uraufführung des Stücks 1903 wird ein Publikumserfolg, trotzdem bleiben die Umstände für d´Albert lange unbefriedigend. Weil sich sein Verlag von dem moralisch anstößige Stück distanziert, muss Eugen die Noten zunächst auf eigene Rechnung drucken. Viele 11

Bühnen scheuen sich jahrelang, dass Werk zu inszenieren, zu gefährlich scheint der mit naturalistischer Mystik aufgeladene erotische Stoff. Wegen anhaltender Erfolglosigkeit gerät d´Albert in eine echte Nervenkrise, Librettist Rudolph Lothar, vom endgültigen Flop überzeugt, tritt gar seine Rechte für ein paar hundert Kronen ab. Ein weiterer Spieler, der seinen Einsatz ein paar Sekunden zu früh zurückzieht… Ein bisschen Geduld noch, bald regnet es Geld aufs Tiefland.

Musik 11, auf Schluss d'Albert, Eugen Werktitel: Aschenputtel, op 33 {Kleine Suite für Orchester} Einzeltitel: Aschenputtel am Herd Täubchen in der Asche Ball im Königsschloss Der Prinz und der Ritt mit den bösen Schwestern Aschenputtels Hochzeitspolonaise und Bauerntanz Orchester: Nordwestdeutsche Philharmonie Dirigent: Köhler, Siegfried (30.07.1923) DEUTSCHLAND Labelcode: Z2323 Labelname: WDR Eigenproduktion Verlag: Forberg