Liskor – Erinnern 007 Jahrgang, September 2017, Elul/Tischri 5777/5778 .2 לזכור Liskor –Erinnern Magazin Derhamburger Gesellschaftfürjüdischegenealogiee.V
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לזכור Liskor – Erinnern Magazin der Hamburger Gesellschaft für jüdische Genealogie e.V. Nr. 007 2. Jahrgang, September 2017, Elul/Tischri 5777/5778 September 2017, 2. Jahrgang, לזכור Oswald Lassally (1899–1975) Ein Leben im Dienst der Hamburger Polizei – Seite 3 Liskor – Erinnern Impressum / Editorial Impressum Herausgeber Hamburger Gesellschaft für jüdische Genealogie e.V. Redaktion Leitung: Jürgen Sielemann Korrektorat und Beirat: Liebe Leserinnen und Leser, Dr. Jutta Braden, Dr. Beate-Christine Fiedler eine herausragende Persönlichkeit in der Geschichte der Layout: Christian Wöhrl Hamburger Polizei war der Jurist Oswald Lassally Druck: Frick, Krumbach (1899-1975). Wie durch ein Wunder überlebte er 1931 als Redaktionsadresse Regierungsrat der Polizeibehörde das Attentat eines dem Hamburger Gesellschaft für jüdische Genealogie e.V., Nationalsozialismus huldigenden Psychopathen, konnte sich c/o Jüdische Gemeinde in noch 1940 aus Deutschland retten und trat 1950 wieder in Hamburg, den Dienst der Hamburger Polizei ein. Ihm und seiner Grindelhof 30, 20146 Hamburg E-Mail: Familie ist der erste Beitrag in dieser Ausgabe gewidmet. [email protected] Volker Reißmann, dem Hamburg zahlreiche wichtige Preis 10,00 €. Verkaufspreis durch Beiträge zur Filmgeschichte unserer Stadt verdankt, Mitgliedsbeitrag abgegolten. eröfnet mit seinem Aufsatz über Felix Jackson in dieser Zeitschrift eine biographische Serie über jüdische Vereinskonto Hamburger Gesellschaft für Filmschafende aus Hamburg. jüdische Genealogie e.V. Hamburger Sparkasse Sylvia Steckmest erzählt die Geschichte der zu ihrer Ver- IBAN: DE24 2005 0550 1010 2116 29 wandtschaft gehörenden Familie Lewisohn aus Rendsburg. BIC: HASPDEHHXXX Im Beitrag „Neues aus unserer Bibliothek“ werden drei Eingabe von Artikeln Unsere Leser sind eingeladen, wichtige Neuerscheinungen zur Geschichte der Juden in Artikel zur Veröfentlichung zu Hamburg vorgestellt. senden. Die Beiträge ver pfichten ausschließlich die Verfasser. Abdrucke aus dieser Zeitschrift Mit herzlichem Gruß sind nur mit dem Einverständnis der Redaktion gestattet. Jürgen Sielemann Copyright © Hamburger Gesellschaft für jüdische Genealogie e.V. Liskor – Erinnern. Titelbild Oswald Lassally Staatsarchiv Hamburg, 331-1 II, Polizeibehörde II, 625 ISSN 2509-4491 2 Liskor – Erinnern Jürgen Sielemann Aus der Geschichte der Familie Lassally in Hamburg Von Kaufleuten im Kaffeehandel und einem kreativen Juristen im Dienst der Polizei Die Geschichte der Familie Lassally in der Warthe, der zu den Gründervätern der Hamburg begann im Spätherbst 1873, als Jüdischen Gemeinde in Berlin gezählt hat- der 22-jährige Handlungsgehilfe Martin te. Ein Nachkomme Israel Aarons in vierter Lassally von Berlin nach Hamburg übersie- Generation nahm 1812 den Familiennamen 4 delte. Am 31. Oktober jenes Jahres meldete Lassally an. In Landsberg an der Warthe er sich bei der hiesigen Fremdenpolizei als war die Familie Lassally rund 200 Jahre Untermieter des Opernsängers Cäsar Willi- lang ansässig gewesen, bevor ein Zweig in bald Ernst an, der den ersten Stock des der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts 5 Hauses Steinstraße 16 bewohnte. Als der nach Berlin übersiedelte. Aus Teodor Las- 6 Sänger einige Tage später in das Haus Pfer- sallys Ehe mit Mathilde Noah stammten demarkt 13 umzog, folgte ihm Martin Las- vier in Landsberg an der Warthe geborene sally dorthin, wechselte jedoch schon An- Kinder, deren Weg nach Hamburg führte: fang März 1874 erneut die Unterkunft und • der schon genannte Martin Lassally, geb. zog als Untermieter des erblindeten Malers 22.08.1851, gest. 04.05.1924 in Hamburg Julius Gordon in das Haus Neuer Wall 40 • Albrecht Lassally, geb. 19.07.1852, gest. 1 7 ein. Für den Beginn einer kaufmännischen 02.01.1925 Karriere in Hamburg erwies sich das Jahr • Eduard Lassally, geb. 25.03.1854, gest. seiner Ankunft als wenig verheißungsvoll. 15.07.1939 in Hamburg Nach dem siegreichen Krieg gegen Frank- • Jenny Lassally, geb. 28.02.1865, gest. reich hatten die französischen Reparations- 18.06.1942 in Hamburg leistungen einen starken Konjunkturauf- Ihnen und ihren Hamburger Nach- schwung mit vielen Geschäftsgründungen kommen gilt dieser Aufsatz. bewirkt, worauf dann 1873 die „Gründer- krise“ mit einem tiefen Sturz der Aktien- Martin Lassally (1851 – 1924) kurse folgte. Vor der Hamburger Börse kam Von Martin Lassallys Zuzug nach Ham- es zu heftigen Tumulten empörter Aktionä- burg wurde eingangs schon berichtet. Ein 2 re; der Wirtschaftsboom war beendet. gutes Jahr danach, am 26. November 1874, Nachdem Martin Lassally noch zwei- meldete sich Martin Lassally nach Berlin mal die Wohnung gewechselt hatte, kehrte ab, kehrte im März 1877 nach Hamburg er Ende 1874 zu seinen Eltern nach Berlin zurück und erwarb hier im selben Monat 8 zurück. Die Herkunft der Familie erforsch- einen Gewerbeschein als Kaufmann. Er te 60 Jahre später Martin Lassallys Enkel kam nicht allein – am 26. März 1877 mel- Oswald. Nach dessen Erkenntnissen dete sich auch sein damals 50-jähriger Vater 3 stammte Martins Vater Teodor Lassally in Teodor bei der Hamburger Fremdenpoli- 9 gerader Linie von Israel Aaron ab, einem zei. Am selben Tag wurde die Firma Las- 1653 bestallten Hofuden aus Landsberg an sally & Sohn in das Gesellschaftsregister 2. Jahrgang, Nr. 007 3 Aus der Geschichte der Familie Lassally in Hamburg des Hamburger Handelsgerichts eingetra- Albrecht in die Firma Lassally & Sohn als 16 gen. Als Gesellschafter zeichneten Teodor Gesellschafter ein. 10 Lassally und sein Sohn Martin. Die Firma Im März 1880 beantragte Martin sollte bis zur NS-Zeit eine Rolle im Ham- Lassally den Erwerb der hamburgischen burger Kafeehandel spielen, einem der Staatsangehörigkeit, zog diesen Antrag 11 wichtigsten Wirtschaftszweige der Stadt. jedoch ohne Begründung nach wenigen Nach Christiane Berths Untersuchung stieg Tagen wieder zurück und blieb einstweilen 17 Hamburg bis Ende des 19. Jahrhunderts preußischer Staatsangehöriger. Der zum wichtigsten europäischen Einfuhrha- Grund, aus dem er den Antrag nach einem fen für Kafee aus Brasilien, Costa Rica, Jahr wiederholte und gleichzeitig den Er- 12 Guatemala und Westindien auf. Die werb des Hamburger Bürgerrechts bean- Struktur des Kafeehandels wies eine Reihe tragte, hieß wahrscheinlich Clara Kronhei- unterschiedlicher Berufsbilder auf. Ursula mer, eine am 04.04.1863 in Hamburg gebo- Becker zählt sie wie folgt auf: Produzent, rene Tochter des vermögenden Kaufmanns Exporteur, Importeur, Makler bzw. Kom- Julius Kronheimer und seiner Ehefrau Ade- 13 missionär, Großhändler, Kleinhändler. Die le geb. Bendix. Am 14.06.1881 wurde Mar- Firma Lassally & Co. fndet sich in den tin Lassally standesamtlich mit ihr getraut. Hamburger Adressbüchern als Unterneh- Die religiöse Trauung nahm Oberrabbiner 18 men verzeichnet, das im Kafeehandel mit Anschel Stern zwei Tage später vor. Ein Importen und Kommissionsgeschäften be- Jahr danach folgte Martin Lassallys Mit- fasst war und außerdem „Warenkommissi- gliedschaft in der Deutsch-Israelitischen 19 on“ und Bankgeschäfte betrieb. Gemeinde Hamburg. Seiner Ehe ent- Auch Teodor Lassallys Söhne Alb- stammten drei in Hamburg geborene Kin- recht und Eduard zogen 1877 nach Ham- der: Paula, geb. 13.08.1882, Edgar, geb. burg. Der damals 24-jährige Albrecht 28.07.1891, und Franz James, geb. wohnte hier bei seinem Vater im Haus Nr. 3 28.04.1901. der Straße Bei St. Annen; an diesem Ort Wer im Kafeehandel erfolgreich sein entstand bald danach die Hamburger Spei- wollte, musste über ein gehöriges Fachwis- cherstadt. Im Fremdenmeldeprotokoll fn- sen und ein Gespür für die Marktsituation det sich Albrecht Lassally im April 1877 als verfügen. Mehrere Geschäftsformen wur- 14 Geschäftsreisender verzeichnet. Wenig den unterschieden: Es gab den Efektiv- später verließ er Hamburg und dürfte für handel, bei dem die Ware beim Vertrags- 15 immer nach Berlin zurückgekehrt sein. abschluss bereits angeliefert worden sein Sein Bruder Eduard Lassally er- musste; Lieferungsgeschäfte waren dagegen scheint im Hamburger Fremdenmeldepro- auf eine erst Monate nach dem Vertrags- tokoll von 1877 als „Commis“ (Handlungs- abschluss gerichtete Realisierung gerichtet, gehilfe). Zunächst wohnte er bei seinem wobei eine Begutachtung von Mustern vor- Bruder Martin in der Schmiedestraße 22; angegangen war. Von besonderer Bedeutung wie dieser blieb er zeitlebens in Hamburg. war der 1887 eingeführte Terminhandel. 1882 trat er zusammen mit seinem damals Über die Funktion dieser Geschäftsform ist wieder in Berlin wohnenden Bruder in Ursula Beckers Dissertation über die 4 Liskor – Erinnern Entwicklung des hanseati- schen Kafeehandels Fol- gendes zu lesen: Der Zweck des Terminhan- dels ist die Sicherstellung ei- ner bestimmten Warenmenge zu einer bestimmten Zeit und zu festgesetztem Preis. Wenn der Kafeegroßhändler annehmen kann, dass in den nächsten Monaten [eine] Nachfrage nach Kafee ein- treten wird, so kauft er nicht sofort die efektive Ware, son- dern er geht an der Börse ein Termingeschäft für später ein. Er spart damit nicht nur Zinsen für das für andere Geschäfte freie Kapital, sondern auch Lager- Kaffeelagerung im Speicher D am Melniker Ufer 20 und Transportkosten. Foto: Staatsarchiv Hamburg, 720-1 / 00058342 24 Die Abwicklung der Geschäfte fand in der Vereinsgeschehen schließen lässt. Erheb- seit 1887 bestehenden Kafeebörse am liche Geschäftseinbußen verursachte die Sandtorkai statt. Dort waren nur Mitglieder „Weltkafeekrise“ des Jahres 1902 infolge 25 des 1886 gegründeten „Vereins der am Caf- einer brasilianischen Überproduktion. Ei- feehandel betheiligten Firmen“