Neue Forschungen Auf Dem Bullenheimer Berg
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Neue Forschungen auf dem Bullenheimer Berg Frank Falkenstein, Thomas Link, Heidi Peter-Röcher und Markus Schußmann Lage und Topographie Süden und im Nordosten von einem hangseiti- gen Graben begleitet wird. Der schmale Mittel- Der etwa 15 km südöstlich des Maindreiecks bereich des Plateaus wird jeweils im Norden gelegene Bullenheimer Berg erhebt sich als ein und im Süden durch Querwälle abgetrennt, exponierter Tafelberg, dessen Hänge nach zwischen denen noch ein weiterer, schlechter allen Seiten steil abfallen, am südwestlichen erhaltener Querwall liegt. Ferner verläuft auf Rand des Steigerwaldmassivs. Sein unregel- dem mittleren Osthang ein Wall in Nord- mäßig geformtes, nahezu ebenes Gipfelplateau Süd-Richtung, der an zwei vom Plateau herab- liegt bei 450 m ü. NN, steigt leicht nach Westen ziehenden, wohl natürlichen Rippen ausläuft. an und überragt das Umland um rund 150 m. Er dürfte zu einer Vorbefestigung gehören, die Im Osten grenzt der Berg an die stark reliefierte zwei Quellmulden einschließt und vermutlich und bewaldete Ostabdachung der Keuper- auch einen alten Zugang schützte. Weitere Sen- stufe, im Norden, Westen und Süden an die ken, in denen ganzjährig Wasser steht, finden ebenen, fruchtbaren Lössgebiete des Ochsen- sich auf dem Plateau selbst2. furter, Gollach- und Uffenheimer Gaus. Der Der Großteil des Gipfelplateaus liegt unter geologische Untergrund der Hochfläche selbst geschlossenem, wenngleich aufgelichtetem besteht aus Blasensandstein, darunter folgen Niederwald, und zwar wohl spätestens seit der die Lehrbergschichten und der Schilfsandstein. Mitte des 15. Jahrhunderts, wie aus der Ab- Im Grenzbereich dieser beiden Formationen schrift einer Urkunde von 1458, in der die Nut- des Mittleren Keupers finden sich größere Ter- zung des Waldes geregelt wurde, hervorgeht3. rassen und Rinnen ausgebildet1. Das nördliche Im Früh- oder Hochmittelalter muss hingegen Drittel des Berges gehört zur Gemeinde Seins- das Plateau trotz der ungünstigen Bodenver- heim, Lkr. Kitzingen, Unterfranken, der süd- hältnisse4 über einen gewissen, wenn auch liche Teil zur Gemeinde Ippesheim, Lkr. Neu- nicht allzu langen Zeitraum ackerbaulich ge- stadt a. d. Aisch-Bad Windsheim, Mittelfranken. nutzt worden sein, da nach Ausweis des 2010 Das Gipfelplateau des Bullenheimer Berges durchgeführten Airborne Laserscans nahezu erstreckt sich ca. 1250 m in Nord-Süd-Rich- die gesamte Fläche von flachen Wölbäckern tung, die Ost-West-Ausdehnung liegt zwi- überzogen ist. schen 180 und maximal 400 m. Das gesamte, ca. Im Westen befindet sich auf einem vorge- 30,5 ha große Plateau ist von einem stellen- schobenen Sporn noch ein mittelalterlicher weise noch bis zu 2 m Höhe erhaltenen Ring- Burgstall, der allerdings beim Bau eines Aus- wall umgeben, der zum Teil als Steinwall aus- sichtsturms 1972 nicht erkannt und daher weit- geprägt erscheint und über längere Strecken im gehend zerstört wurde (Abb. 1). 1 Diemer 1995, 11 f. 2 Abels 1979, 101 f.; Diemer 1995, 15 f. 3 Diemer 1995, 15 Anm. 22. – Ferner zeigt eine Karte aus dem Jahr 1579 als älteste überlieferte Darstellung die Hoch- fläche des Berges bewaldet (vgl. Engel u. a. 1984 Taf. III). 4 Der anstehende Boden besteht aus den Verwitterungsprodukten des Blasensandsteins (tonige Schichten des Letten- keupers von hellgrauer, hellgrüner und rotbrauner Farbe). Stellenweise tritt der Blasensandstein auch in bankarti- ger Formation bis dicht unter die Oberfläche (Diemer 1995, 20). Letten ist der gebräuchliche Ausdruck für Lehm, mit Lettenkeuper ist daher nicht die geologische Formation des Unteren Keupers gemeint. 27 deckt und mit einer Ausnahme unfachmän- nisch geborgen (Depots 1–10 und 12). Bis heute sind mindestens sieben weitere Depots bekannt geworden, von denen ebenfalls nur eines 1989 unter kontrollierten Bedingungen geborgen werden konnte (Depot 13), während die meisten anderen nicht einmal genauer lokalisierbar sind (Depots A–F)6. Die Dunkel- ziffer dürfte darüber hinaus hoch sein, was auch auf die zahlreichen, insbesondere die metallischen Einzelfunde zutrifft. Die Depots datieren überwiegend in die späte Urnenfel- derzeit (Ha B3) und umfassen u. a. Wagenbron- zen, Phaleren, Geräte, Waffen und Tracht- schmuck. Besondere Berühmtheit erlangten die punzverzierten Goldblechfragmente aus Depot 5 sowie die aus dem Kunsthandel stam- menden goldenen Bleche, Buckel und Armspi- ralen des sogenannten Goldornatdepots. Her- vorzuheben ist ferner eine bronzene Gussform (Hort C), die zur serienmäßigen Produktion von Lappenbeilen gedient haben dürfte, wie sie auf dem Bullenheimer Berg in Form von acht gussgleichen Homburg-Beilen auch nach- gewiesen ist7. Einige Funde sind älter, so bei- Abb. 1. Der Bullenheimer Berg mit der Lage der spielsweise das Griffzungenschwert vom Typ lokalisierbaren Depotfunde und der Grabungs- Hemigkofen (Depot 8), möglicherweise auch schnitte 1981 und 1983. Die Grabungsfläche von die Achskappen mit den plastischen Vogeldar- 1989 im Bereich der Depotfunde 1–4 ist aus Grün- stellungen auf den Vorstecksplinten (Depot 3), den der Übersichtlichkeit nicht eingezeichnet; vgl. andere Stücke wie etwa zwei Gusskuchen ohne Farbabb. S. 161. Beifunde (Depot 4) lassen sich nicht genauer datieren. Seine prominente Stellung unter den befestigten Höhensiedlungen Mainfrankens und Süddeutschlands insgesamt verdankt der Bisherige Forschungen Bullenheimer Berg nicht zuletzt diesen Depot- funden sowie weiteren herausragenden Lese- Trotz der guten Erhaltung der Wälle wurde der funden – genannt sei nur ein Bronzeblechstück Bullenheimer Berg erst 1973 durch B.-U. Abels mit Punzbuckelverzierung8, welches vor als vor- und frühgeschichtliches Geländedenk- Augen führt, dass die Bronzeamphore aus mal entdeckt, 1974 topographisch aufgenom- Hort F wohl nicht das einzige Stück ihrer Art men und 1975 erstmals publiziert5, womit er gewesen sein dürfte. nicht nur der Fachwelt bekannt gemacht, son- Die Auffindung und Meldung von Depot 11 dern auch zum Ziel für Sondengänger wurde. im Jahr 1981 bot den Anlass, dass archäologi- 1978 bis 1981 wurden zwölf Hortfunde ent- sche Untersuchungen auf dem Bullenheimer 5 Abels 1975. 6 Zu den Depots 1–12: Diemer 1995, 61–73; 151–166; zu Depot 13: Berger/Glaser 1989; zu Depot A? bzw. zum Gold- ornatdepot: Gebhard 1990; Gebhard 2003; zu den Depots B–E: Braun 1998; zu Depot F: Hagl 2008. 7 Steffgen/Wirth 1999. 8 Diemer 1995 Taf. 112,1132. 28 Berg als ein gemeinsames Projekt des Bayeri- materials aber vor allem in der fortgeschritte- schen Landesamtes für Denkmalpflege, nen Urnenfelderzeit (Ha B)13. Gut vertreten und Außenstelle Würzburg (L. Wamser), und des dabei auf den Nordteil konzentriert ist zudem Instituts für Vor- und Frühgeschichte der Uni- das Jungneolithikum, insbesondere die versität Würzburg (W. Janssen) begonnen wur- Michelsberger Kultur. Ferner kommen Funde den. Die Arbeiten fanden in den Jahren 1981 der Latène- und der frühen Römischen Kaiser- und 1983 unter der örtlichen Grabungsleitung zeit (Großromstedter Horizont) relativ zahl- von G. Diemer sowie 1989 unter A. Berger statt. reich vor14. Vereinzelte Funde belegen Bege- Im Dezember 1987 wurde auf einer dem Wall hungen im Mesolithikum, im frühen Neolithi- vorgelagerten Kuppe im sogenannten Kuni- kum, in der späten Römischen Kaiserzeit und gundenwald ein späturnenfelderzeitliches in der Völkerwanderungszeit. Brandschüttungsgrab mit reicher Ringausstat- Der frühen Urnenfelderzeit (Ha A) lassen tung entdeckt, gemeldet und archäologisch sich hingegen kaum Funde zurechnen, so dass 9 untersucht . Als Lesefunde von der Kuppe von einer Besiedlungslücke in dieser Zeit aus- werden zudem eine Tüllenpfeilspitze, ein Lan- zugehen ist15. Gleiches gilt für die Hallstatt- 16 zenspitzenfragment, zwei mittelurnenfelder- zeit . Auffallend ist auch, dass dem frühen zeitliche Bronzenadeln, eine spätlatènezeit- Mittelalter lediglich zwei Fundstücke sicher liche Silbermünze und eine geschweifte Eisen- zugewiesen werden können, obgleich nach fibel genannt10. Ferner befinden sich an den Diemers Ansicht die letzte Phase der Befesti- Hängen und auf den Terrassen des Bullenhei- gung des südlichen und mittleren Teils der mer Berges mindestens sieben Grabhügel, über Anlage in diesen Zeitraum zu datieren ist17. deren Zeitstellung bisher nichts bekannt ist – Archäologisch gibt es für eine frühmittelalter- jeweils zwei im Nord- und im Südosten sowie liche Datierung keine zwingenden Hinweise. drei im Westen, von denen einer getrichtert Die Befestigung soll aus einer 2 m breiten Tro- 11 ist . Da hallstattzeitliche Funde vom Bullenhei- ckensteinmauer, einer befestigten Berme und mer Berg selten sind, erscheint die Möglichkeit dem Hanggraben bestanden haben. Die Gra- einer bronze- oder späturnenfelderzeitlichen benfüllung enthielt ausschließlich urnenfelder- Datierung naheliegend, wie bereits Diemer zeitliches Material, u. a. eine kleinköpfige meinte12. Vasenkopfnadel. Dasselbe gilt für die als Die Schwerpunkte der Nutzung des Bergpla- Unterbau für die Steinmauer gedeutete Pla- teaus liegen nach den von G. Diemer ausge- nierschicht B. Zwei frühlatènezeitliche Scher- werteten Lese- und Grabungsfunden in der ben, angeblich aus Stratum 4 des Wallschnitts I, mittleren und späten Bronzezeit (Bz B1 bis ließen sich zwar weder hinsichtlich der Fund- Bz D), mit etwa 90 % des bestimmbaren Fund- lage noch der Schichtzugehörigkeit einordnen, 9 Janssen 1989/90; Diemer 1995, 17; 85 f. – Dabei handelte es sich nicht um einen von mehreren Grabhügeln, wie es in der letzten zusammenfassenden Darstellung der Forschungsergebnisse zum Bullenheimer Berg heißt (Janssen 1993,