Deutsche Schriften Teil 1

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Deutsche Schriften Teil 1 Deutsche Schriften Fraktur, Sütterlin etc. Teil 1 Die ersten bekannten Schriftstücke (documents) auf Deutsch kommen aus dem 8. Jahrhundert n. Chr., zum Beispiel der „Abrogans“, aus etwa dem Jahr 750 – das ist ein lateinisch-althochdeutsches Synonymwörterbuch - oder das Hildebrandslied aus der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts - einer der frühesten poetischen Texte in deutscher Sprache, in Althochdeutsch. Abrogans Hildebrandslied Nicht nur die Sprache war anders, sondern, wie du sehen kannst, auch die Schrift. Im Laufe der Jahrhunderte gab es im deutschen Sprachraum viele verschiedene Schriftarten, von denen ich dir hier einige genauer vorstellen möchte. Die Textura Die erste ist die Textura. Sie wurde ab dem 12. Jahrhundert sehr oft benutzt. Man nannte sie wegen ihres Aussehens auch „Gitterschrift“. Sie ist eine nichtkursive, kalligrafische Buchschrift. Die „Kalligrafie“ ist die Kunst des Schönschreibens mit der Hand und „Buchschrift“ bedeutet, dass man sie in Büchern benutzt hat. Die Bastarda Im Laufe (in the course of) des 14. Jahrhunderts, im Spätmittelalter (Late Middle-Ages), wurde die „Bastarda“ entwickelt. Zuerst wurde sie in Kanzleien (chancelleries) benutzt. Das heißt, sie wurde für amtliche (official) Schriftstücke und Dokumente gebraucht. Etwas später wurde sie auch in normalen Handschriften benutzt. Im 15. Jahrhundert dominierte sie das gesamte Schriftwesen und war die häufigste aller mittelalterlichen Schriften. 1 / 15 Deutsche Schriften Fraktur, Sütterlin etc. Eine Bastarda von 1478 in einer deutschen Handschrift (Pseudo-Hieronymus, Regula monachorum in deutscher Übersetzung). München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 7264, fol. 28v Die vorherige Schrift, die „Textura“, war, wie schon gesagt, eine Buchschrift. Die Buchstaben waren bei der Textura sauber getrennt. Die Schrift war schön, regelmäßig und gut lesbar. Die Bastarda hatte aber auch Elemente der Geschäftsschrift. Die „Geschäftsschrift“ ist eine kursive Schrift, in der Buchstaben auch verknüpft (linked, combined) werden, ähnlich wie die heutige Schreibschrift. Heute haben wir auch die „Schreibschrift“ und die „Druckschrift“. Durch diese Verknüfungen konnte man sie schneller mit der Hand schreiben. Aus diesem Grund wurde die Bastarda auch als „unechte“ Buchschrift angesehen. Das gab ihr den Namen: „Bastarda“. Schwabacher Gegen Ende des 15. Jahrhunderts war die Bastarda sehr beliebt, aber auch eine neue Schrift, die „Schwabacher“, wurde sehr gerne benutzt. Im frühen 16. Jahrhundert wurde dann diese Schwabacher für deutsche Texte immer beliebter und bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts war es die deutsche Schrift, die am meisten benutzt wurde. 2 / 15 Deutsche Schriften Fraktur, Sütterlin etc. Man kann sie auch heute noch ganz gut lesen. Beispiel: 1. Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (Universal Declaration of Human Rights) (All human beings are born free and equal in dignity and rights. They are endowed with reason and conscience and should act towards one another in a spirit of brotherhood.) Du weißt viellelicht schon, dass der Theologe Martin Luther die Bibel ins Deutsche übersetzt hat. Das war um das Jahr 1534. Damit leistete er einen wichtigen Beitrag (contribution) dazu, dass sich das Hochdeutsch im 16. Jahrhundert als Standardsprache entwickelte. Für viele Ausgaben (editions) der Lutherbibel und auch deren Nachdrucke (reprints) wurde diese Schwabacher Schrift verwendet. Dadurch waren viele Menschen im deutschsprachigen Raum mit ihr vertraut. Fraktur Bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts war also die Schwabacher die am meisten benutzte Schrift und auch die Bastarda gab es noch relativ häufig. Danach änderte sich das und deutschsprachige Texte wurden hauptsächlich (mainly) in „Fraktur“ gedruckt. Die Fraktur verdrängte (to drive out) die Schwabacher nach und nach (little by little), bis sie um 1600 dominierte. Die Fraktur ist ähnlich wie die Schwabacher, aber ein bisschen „eckiger“ (more angular). Hier ist noch einmal der gleiche Text aus der Erklärung der Menschenrechte zum Vergleich: Charakteristisch ist, dass das „s“ ein bisschen wie ein „f“ aussieht. Hier sind die einzelnen Buchstaben: Laufe der Zeit, im Laufe der Jahrhunderte, hat sich die Fraktur auch immer wieder etwas verändert. Es gab zum Beispiel die Renaissance-Fraktur, die Barock-Fraktur und die Klassizistische Fraktur: 3 / 15 Deutsche Schriften Fraktur, Sütterlin etc. - Renaissance-Fraktur: Kaiser Maximilian und die Medien seiner Zeit. Der Theuerdank von 1517. - Barock-Fraktur Von Gorlingor - Eigenes Werk, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=46256254 4 / 15 Deutsche Schriften Fraktur, Sütterlin etc. - Klassizistische Fraktur CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=21575 Vom Ende des 16. Jahrhunderts bis Anfang des 20. Jahrhunderts war also die Fraktur-Schrift die meistbenutzte Druckschrift im deutschsprachigen Raum. Man findet sie immer noch in vielen alten Büchern in Bibliotheken und auch im Bücherschrank meiner Oma. Antiqua Zu der Zeit, als in Deutschland größtenteils die verschiedenen Varianten der Fraktur-Schrift benutzt wurden, gab es jedoch auch Varianten der sogenannten „Antiqua“-Schrift. Die Antiqua entstand (entstehen – to come into being) schon im 15. Jahrhundert, in der Epoche des Humanismus, in Italien, aus der handgeschriebenen Buchschrift. Aus Italien verbreitete sie sich (to spread) nach Frankreich, Spanien und England, nach Schweden und in die Niederlande. In Deutschland gab es schon 1480 zehn Antiqua-Schrifttypen. Auch die Antiqua hat sich im Laufe der Zeit öfter angepasst (adapted) und verändert.´ Hier ist ein Beispiel für die venezianische Renaissance-Antiqua: Genutzte Druckschrift für den Druck der 'Epistulae familiares' des römischen Philosophen Cicero (Venedig 1547) Ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wuchs (wachsen – to grow) in Deutschland durch die Aufklärung (the Enlightenment), die Französische Revolution und den Klassizismus das Interesse an Literatur aus Frankreich und an der griechischen und römischen Antike. Das förderte die Verbreitung der Antiqua weiter. 5 / 15 Deutsche Schriften Fraktur, Sütterlin etc. Bei einigen war diese Schrift jedoch unbeliebt. Sie fanden sie „undeutsch“, weil das Schriftbild zu leicht und unernsthaft (unserious) war. Die Fraktur hatte ein viel dunkleres und dichteres Schriftbild und repräsentierte die angeblich (supposedly) deutschen Eigenschaften wie Tiefe (deepness) und Ernsthaftigkeit (seriousness) besser. Durch diese Entwicklungen wurden schon Anfang des 16. Jahrhunderts häufig zwei Schriften genutzt. Deutsche Texte wurden überwiegend in Fraktur gedruckt, lateinische Texte in Antiqua. Bei gemischten Texten wurden auch einfach die Schriften gemischt: Die Fraktur benutzte man für deutschsprachige Wörter und die Antiqua für fremdsprachige Wörter. Der Stadt Sraßburg Regimentsverfassung in Anno 1785. gedruckt bei Johann Franz Leroux, Straßburg In einem langen, 200-jährigen Prozess des Übergangs (transition), auch im Zuge der Internationalisierung, löste die Antiqua die Fraktur und andere Schriften langsam als Alltagsschrift ab (ablösen – to replace). Also, die Fraktur ging immer mehr zurück und man benutzte immer mehr die Antiqua. Aber bevor ich euch mehr über diesen Prozess und besonders über die Schriften zur Zeit des Nationalsozialismus (National Socialism) und danach erzähle, kommen im nächsten Teil erst einmal ein paar Worte zu den handgeschriebenen Schriften. 6 / 15 Deutsche Schriften Fraktur, Sütterlin etc. Teil 2: Handgeschriebene Schriften Die deutsche Kurrentschrift Aus der Bastarda aus dem 15. Jahrhundert, mit ihren Elementen aus der klaren Buchschrift und der kursiven Geschäftsschrift, entwickelte sich im frühen 16. Jahrhundert auch die deutsche Kurrentschrift. Bastarda: Deutsche Kurrentschrift, Anfang des 18. Jahrhunderts: Eine Bastarda von 1478 in einer deutschen Handschrift. München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 7264, fol. 28v Schriftbeispiel von Hilmar Curas, 1714 Die deutsche Kurrentschrift war bis Mitte des 20. Jahrhunderts die allgemeine Verkehrsschrift im gesamten deutschen Sprachraum. „Verkehrsschrift“ bedeutet „handgeschriebene Schrift“, die Schreibschrift für den Schriftverkehr, also zum Briefwechsel, zur einfachen Kommunikation zwischen Personen. Man nennt sie auch „deutsche Schreibschrift“ oder „deutsche Schrift“. Die lateinische Schreibschrift Und es gab auch die „lateinische Schreibschrift“. Ich hatte schon gesagt, dass schon ab dem 16. Jahrhundert in gedruckten Texten die Fraktur und die Antiqua parallel genutzt wurden. In handgeschriebenen Texten gab es auch nicht nur die deutsche Kurrentschrift, sondern auch die sogenannte „lateinische Schreibschrift“. Man verwendete sie in Deutschland zum Beispiel für Überschriften (titles), Eigennamen (proper names), für Fremdsprachen oder die Briefkorrespondenz mit Ausländern. Die lateinische Schreibschrift war vom 17. bis zum 20. Jahrhundert die wichtigste Korrespondenzschrift in allen westlichen Sprachen außerhalb des deutschen Sprachraumes. Und in Deutschland war ja damals Französisch für den Adel (nobility) und das Bürgertum (bourgeoisie) die wichtigste Verkehrssprache. Und auch Englisch wurde immer wichtiger. Da die lateinische Schreibschrift eine von Hand geschriebene Schrift war, gab es hier natürlich auch viele verschiedene Formen, die sich regional und zeitlich entwickelt haben. Die Urform (original form), die ursprüngliche Form, der lateinischen Schreibschriften war die sogenannte „Humanistische Kursive“. 7 / 15 Deutsche Schriften Fraktur, Sütterlin etc. Beispiel: Humanistische Kursive Erasmus
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