Kirchenmusik im Bistum Limburg

2/2010

ChorImPuls

Bistum Limburg www.kirchenmusik.bistumlimburg.de 2/2010 Editorial Impressum Kirchenmusik im Bistum Limburg 2/2010 Liebe Leserinnen und Leser, im Jahr 2009 waren insgesamt rund 394.000 Herausgeber Mitglieder in 15.700 Chorgruppen der katholischen Referat Kirchenmusik im Bistum Limburg Kirche aktiv. Im Vergleich zum Jahr 2002 bedeutet dies Bernardusweg 6, 65589 Hadamar einen Rückgang um rund 30.000 Sängerinnen und Sänger, fon: 06433. 88 720 der im Wesentlichen der schwindenden Mitgliederzahl der fax: 06433. 88 730 Kirchenchöre geschuldet ist (seit 2002 um rund 33.000 Mit- mail: [email protected] glieder). Deutlich zugenommen hat die Mitgliederzahl der Kinder- und Jugendchöre (rund 8.400 web: www.kirchenmusik.bistumlimburg.de mehr als 2002); Choralscholen sind im gleichen Zeitraum um rund 2.000 Mitglieder gesunken. Im Bereich des instrumentalen Laienmusizierens ist in der katholischen Kirche ein deutlicher Schriftleitung Anstieg zu erkennen. Waren es im Jahr 2002 noch 1.800 Gruppen mit insgesamt 17.600 Mitglie- DKMD Andreas Großmann dern, so stieg ihre Zahl im Jahr 2009 auf 2.400 Gruppen mit 23.800 Mitgliedern. Zeitgenössi- mail: [email protected] sche geistliche Chormusik bildet daher einen Schwerpunkt, um den sich die Artikel dieses Hefts bewegen. Redaktionsteam Kirchenmusik prägt das kulturelle Leben wesentlich mit: vom gregorianischen Choral bis zum Gabriel Dessauer zeitgenössischen Werk, von der Kantate bis zum Sacro-Pop und von Instrumentalmusik bis zur Johannes von Erdmann Bodypercussion findet sie ihren Ausdruck. Kirchenmusik führt die Verschiedenheit der ausein- Konstanze Henrichs ander strebenden sozialen Gruppen und Generationen zusammen und leistet damit neben der Carsten Igelbrink Verbesserung des gesellschaftlichen Zusammenhalts einen entscheidenden bildungspolitischen Wolfgang Nickel Beitrag. Kirchenmusik versteht sich jedoch nicht nur als Teil des Kulturlebens, denn zugleich ist sie Teil der kirchlichen Verkündung. Sie tritt in Dialog mit allen Menschen und ihren religiösen Erscheinungstermin und ästhetischen Erfahrungen. 1. Mai und 1. November

Die von den beiden großen Kirchen und dem Deutschen Musikrat gemeinsam initiierte bun- Redaktionsschluss desweite Aktion „Einheit durch Vielfalt – Kirche macht Musik“ gipfelte im Kongress, der vom 15. März und 15. September 14.-17. Oktober in Berlin mit Repräsentanten der Politik und der Kirchen sowie Musikerinnen und Musikern stattfand. Nur wenn es weiterhin gelingt, die Bedeutung der Kirchenmusik für den Einzelnen zu vermitteln, wird ihre große gesellschaftspolitische Wirkungskraft erkennbar, deren Rahmenbedingungen nicht gekürzt, sondern ausgebaut werden müssen.

Anregende Lektüre und belebende Impulse für Ihre kirchenmusikalische Praxis wünscht Ihnen

Bistum Limburg DKMD Andreas Großmann, Schriftleiter www.kirchenmusik.bistumlimburg.de Inhaltsverzeichnis

Editorial 2

Entwicklungen der Neuen Musik im Bereich geistlicher Chormusik 4

„Die Schwierigkeiten sind normal!“ – Das gegenwärtige Leben chorisch hörbar machen 11

Chormusik aus dem angelsächsischen Sprachraum 15

Die Kraft des Anfangs – Größere Kompositionen im NGL-Stil 20

Berichte und Informationen

Kongress des DMR „Einheit durch Vielfalt – Kirche macht Musik“ 30

ChorImPuls – Dirigieren und Singen 29. Werkwoche des RKM 31

Vergütungssätze für Organistenvertretungen 32

Neue Orgel für die Musikhochschule Mainz 32

Nachrichten Jubiläen 34 Geburtstage 34 Personalia 35 Termine 36 Freie Stellen 37

Kirchenmusikalische Veranstaltungen Nov. 2010 - April 2011 38

Rezensionen Bücher und Lehrwerke 44 Orgelmusik und Orgel plus 47 Instrumentalmusik 55 Vokalmusik Chormusik 55 Messen 57 Sologesang 59 Erschienen sind 59

Orgel von St. Peter und Paul, Hochheim am Main 61

Bildnachweis 62

Impressum 63

3 Entwicklungen der Neuen Musik im Bereich geistlicher Chormusik Johannes von Erdmann

Lange Zeit hielt man die Tonalität für die einzige von der Natur bestimmte und bestätig- te Möglichkeit des Abendlandes zu musikalischem Ausdruck zu gelangen. Mit der gleichzeitigen Erfüllung und Auflösung der Tonalität in Wagners Tristan schien nun die abendländische Musik am Ende zu sein. Dass gerade der Sprengstoff des Tristan, einmal explodiert, den Weg zu ganz Neuem freimachen würde, trat erst viel später zu Tage, als nämlich um 1920 Arnold Schönberg und ebenso der unbekannte Mathias Hauer die Tonalität durch ihre Negierung ersetz- ten. Entscheidendes Merkmal war die Gleichsetzung von Konsonanz und Dissonanz, Geburtsstunde einer neuen Zeit. Dass Schönberg hier etwas wagte, das nicht das Hirn- gespinst eines Einzelnen war, sondern vielmehr eine allgemeine und geradezu zwangs- läufige Entwicklung bedeutete, die in der Luft zu liegen schien, bewahrheitete sich an- hand der ungeheuren Durchschlagskraft, mit der sich die Neue Musik, teils unabhängig von oder sogar gegen Schönberg gerichtet, in den Ländern mit abendländischer Musik- kultur flutartig durchsetzte. Durchaus aber resultierte keine Einheitlichkeit daraus. Die Grabenkämpfe waren oft entsetzlich, vor allem wurde Strawinsky gegen Schönberg ausgespielt. Zahlreiche Rich- tungen blühten: da gab es das Zwölftonsystem, die freie Atonalität, den linearen Kont- rapunkt, den Neoklassizismus, verschiedene folkloristische Systeme, rhythmisch fun- dierte Systeme, Polytonalität und sogar die Rückkehr zu einer dissonanzangereicherten Tonalität, die noch immer in der aktuellen Kirchenmusik vielfach anzutreffen ist.

Vokalmusik im Rahmen des Neuen

Die Vokalmusik erfuhr nach dem ersten Weltkrieg tiefgreifende Veränderungen. Subjek- tivität galt als Ideal einer vergangenen Epoche. Um einer sozialen Verankerung der Mu- sik willen wurde das Ideal von Gemeinschaft beschworen. So kam es zu einer verständ- lichen Begünstigung für die Chormusik. Im Ausklang des deutschen Expressionismus kam es zu großer, aber bereits gegenüber der Romantik spürbar distanzierter Lyrik, z.B. bei Hindemith in den ensemble- beziehungsweise klavierbegleiteten Zyklen „Des Todes Tod“ (1922 nach Eduard Reinacher) oder „Das Marienleben“ (1922/23 bzw. 1936-48 nach Rilke). Der Rückgriff auf das Volkslied, durch eine starke Volksliedbewegung in zahlreichen Ländern gestützt, befruchtete eher die Instrumentalkomposition, als dass er, wie man denken könnte, für die künstlerische Vokalkomposition zur Perspektive hät- te werden können. In Frankreich waren es surrealistische Dichtungen, die die Vokal- komposition anregten, stets in ästhetisch distanzierter oder parodistischer Weise und damit antiromantisch. Seit Mitte der dreißiger Jahre ist hier vor allem Francis Poulenc zu nennen.

Zwischen 1920 und 1950 wird der Aufstieg der Chormusik zu einem Faktum der Musik- geschichte, ohne dass liturgische Musik im engeren Sinn diesen Anspruch erheben

4 könnte. Denn es war gerade eine Loslösung aus der Sphäre der Weltanschauungsmu- sik, die Chormusik zu einem ästhetisch eigenständigen, in vielen Funktionen wirkungs- vollen Bereich werden ließ. In diesem Zusammenhang entstanden auch große geistlich fundierte Werke, die meist nicht liturgisch motiviert waren. Die Chorkomposition umfass- te sowohl die Gattungen Kantate und Oratorium mit geistlicher oder weltlicher Prägung und manifestierte sich des Weiteren in der Bühnenkomposition, in Schauspiel und Oper, ja, sogar im Ballett.

Ein wegweisendes Werk im Rahmen der Oratorienkomposition wurde Arthur Honeggers „Le Roi David“, ein Werk, in dem funktionale Aspekte die artifizielle Komposition beein- flussten. Es sollte 1921 mit diesem biblischen Drama ein in der Provinz gelegenes Volkstheater wiedereröffnet werden. Siebenundzwanzig Nummern sollten entstehen für siebzehn Instrumentalisten und gemischten Chor. Honegger holte sich von Strawinsky den Rat, so zu komponieren als habe er diese Besetzung gewollt. So ging er sehr pragmatisch vor bei dem Bestreben, Funktionserfüllung und Kunstanspruch miteinander zu versöhnen. Er schreibt: „Niemals das Gegebene als eine uns aufgezwungene Sache ansehen, sondern recht eigentlich als eine persönliche Aufgabe, als eine innere Not- wendigkeit.“ Unabhängig von der deutschen Händel-Renaissance um 1920 dokumen- tiert der Chorstil von oft monumentaler Einfachheit im Oratorium Honeggers eine große Nähe zu Händel. Nach dem ersten Weltkrieg und in den folgenden Jahrzehnten ist in Oratorium und Oper eine erhöhte Bedeutung des Chors nachzuweisen, die gleichzeitig auf eine besondere Anziehung der beiden Gattungen zueinander verweist. Bühnenwer- ke werden zu Konzertwerken umfunktioniert, umgekehrt werden Kantaten und Oratorien inszeniert. Busoni hatte die Idee, Bachs Matthäuspassion szenisch darzustellen. Orff griff die Idee auf, als er 1932 die sicher nicht von Bach stammende Lukaspassion so bearbeitete, dass von einem religiösen Lehrstück in epischer Form die Rede war.

Neben Schönberg war es in Deutschland zweifellos Hindemith, der neue Wege be- schritt. Zunächst sah das Publikum im jungen Hindemith den musikalischen Parallelfall zu Oswald Spengler. Hindemith wurde so in der Volksmeinung zum Beweisstück für den Untergang des Abendlandes im Bereich der Musik. In dieser Phase komponierte er mit dem „Marienleben“ eines seiner bedeutendsten geistlich inspirierten Werke, mit dem er, trotz gelegentlicher impressionistischer Reminiszenzen, zu polyphonem Denken fand. Von hier an begleitete die Musik Bachs seinen Weg, selbstverständlich in grund- legend neuem Gewande. Es bedeutete 1924 eine Kühnheit, einen Text von der Wortin- tensität eines Rilke nicht mehr illustrativ zu komponieren, sondern vielmehr die Ge- sangslinie instrumental zu konzipieren und in die Gesamtpolyphonie einzuordnen. Hin- demith gelangte hier bis an die Grenzen der Abstraktion. Und dennoch drückt sich mit größter Präzision aus, was die Gedichte Rilkes aussagen. Es gehört wohl zum großar- tigsten in Hindemiths Werk, was die Kühnheit der Lösung der tonalen Frage angeht. Mit dieser Komposition war der Sturm und Drang seiner Jugendjahre einem neuen Geist gewichen. Im Vorwort zur Neuausgabe 1948 schrieb er: „Der starke Eindruck, den schon die erste Aufführung auf die Zuhörer machte – erwartet hatte ich gar nichts –,

5 brachte mir zum ersten Male in meinem Musikerdasein die ethischen Notwendigkeiten der Musik und die moralischen Verpflichtungen des Musikers zu Bewusstsein.“

Kirchenmusik

Neue Kirchenmusik, insbesondere jene für Chor, um die es hier geht, ist schwierig in ei- nen Gesamtzusammenhang der Neuen Musik des 20./21. Jahrhunderts einzuordnen. Es stellt sich die Frage nach dem Verhältnis zur künstlerischen Modernität wie sie sich als Richtschnur der Geschichtsschreibung im allgemeinen Sinne zur artifiziellen Musik der Avantgarde darstellt. Möglicherweise ist diese Betrachtungsweise für die funktions- gebundene Kirchenmusik nicht angemessen. Außerdem kommt es beim Bereich der Kirchenmusik zu erheblich unterschiedlichen Einschätzungen wegen der anscheinend endlosen Diskussion zur Bedeutung der Begriffe „sakral“ und „profan“ oder „geistlich“ und „liturgisch“. Diametral entgegenlaufende Positionen finden sich zwischen offizieller Verlautbarung kirchlicher Obrigkeit und Einschätzungen von modernen Komponisten. Wird beispielsweise im „Motu proprio“ von Papst Pius X. moderne Musik nur geduldet „wenn sie weder weltlich noch theatralisch ist“, so sagt der avantgardistische Komponist und protestantische Theologe , es dränge die geistliche Musik zur Sä- kularisierung. Und in der Tat zeigt sich, dass die meisten großen Werke mit geistlichem Hintergrund ihre Aufführung (hier spielen natürlich auch praktische Gründe eine Rolle) im profanen Zusammenhang erleben.

Am Beginn des 20. Jahrhunderts verharrte die Kirchenmusik neben der fortwährenden Erschließung des Chorals, des gregorianischen ebenso wie des protestantischen, noch lange in einem restaurativen A-cappella-Ideal bis es zu einer vom Historismus beein- flussten, aber dennoch zeitgenössischen Musik kam. Hier hat vor allem Max Reger Werke auf höchstem Niveau geschaffen. Trotzdem gab es im Geltungsbereich der Au- tonomieästhetik, wie man es für die absolute Musik der Zeit verbuchen kann, ein stän- diges Dilemma der Kirchenmusik: entweder gab sie um religiöser Abgeschiedenheit und liturgischer Brauchbarkeit willen den Kunstanspruch auf oder lockerte ihn zumindest oder aber es mussten religiöse Gehalte symphonisch säkularisiert werden um einem von der absoluten Musik gesetzten Kunstanspruch gerecht zu werden; so geschehen etwa bei Frederick Delius mit „Eine Messe des Lebens“ (1904/05). Hier wird das Prinzip der Säkularisation zu einer Verklärung von Nietzsches Lebensphilosophie in „Also sprach Zarathustra“ gesteigert.

Die Kritik am Autonomieprinzip gewann für die Kirchenmusik erst nach dem Ersten Weltkrieg an Nachhaltigkeit. Es bildete sich die Überzeugung aus, die alte Musik könne zur Grundlage einer erneuerten Kirchenmusik werden. In der lutherischen Kirche trug jahrzehntelang durch die Kirchenmusikbewegung angeregt die Überzeugung, eine litur- gische Musik sei nach Maßgabe der für Schütz geltenden Einheit von Funktions- und Kunsterfüllung wieder möglich geworden. Wichtig in diesem Zusammenhang wurde der Lehrer Hindemiths und Kurt Thomas´, nämlich Arnold Mendelssohn mit seiner „Deut- schen Messe“ für achtstimmigen Chor (1923) und der „Geistlichen Chormusik“ mit vier- 6 zehn Motetten für das Kirchenjahr (1926). Noch schärfer wurden die Konturen in den Werken der jungen Generation um 1930, nämlich Ernst Pepping, , und Johann Nepomuk David. Vor allem Distler hielt sich an eine vielfältige, aber strikt an die liturgische Ordnung gebundene Kirchenmusik.

Nach 1930 tritt erneut eine Zäsur mit Ernst Peppings theoretischer Abhandlung „Stil- wende der Musik“ ein, in der er den zentralen Begriff der Gemeinschaft von einer musi- zierpraktischen zu einer werkästhetischen Kategorie umzuformulieren sucht. Es geht hier nicht mehr um ein Musizierideal des aktiven, in die Breite der Gesellschaft gehen- den Spiels, wie es die Zwanzigerjahre formulierten und es in der Laienmusikbewegung auch fortdauerte, sondern Pepping geht es um die Rehabilitierung des Werkbegriffs und die Mittlerfunktion des Interpreten gegenüber dem Publikum. Es kommt ihm nicht auf eine „neue Gesinnung der Wiedergabe“ von Musik an, sondern auf „die neue Gesin- nung des Werkes“, aus der die Gemeinschaftsforderung herauswachsen wird. Der Ge- meinschaftsgedanke soll zum Stilsymbol der neuen Periode werden. Peppings poly- phone Kompositionsverfahren suchen die Verbindung von „Atonalität der Harmonie und Tonalität der Melodie“. Ein Musterbeispiel für Peppings Kompositionsstil ist sein Te Deum, das gleichzeitig verbindendes und trennendes zu Hindemith zeigt. Verbindend ist der selbstverständliche melodische Fluss im linearen Gebäude der Stimmführungen und auch die Pracht des Blechbläserklangs, trennend die kühle Objektivität seines Ver- hältnisses zur Materie und die asketische Geistigkeit mit religiösen Wurzeln. Am Rande sei vermerkt, dass der neue Stil im Dritten Reich eine musikpolitische Dimension ein- nahm: die rigoros antiromantische Position half, entgegen dem Geist der „Deutschen Christen“, die Gleichschaltungsversuche im „Reichsverband für evangelische Kirchen- musik“ mit Erfolg abzuwehren und Kirchenmusik durch strikte liturgische Bindung gegen staatliche Eingriffe abzuschirmen. Ein Zeitgenosse von Pepping, der sicher zu Unrecht in Vergessenheit geriet, war Walter Braunfels (1882-1954), der sich als Spätromantiker begriff, jedoch die Grenzen der To- nalität auslotete, teilweise in neoklassizistischem Gewand. Er schrieb bedeutende Chorwerke, bzw. mit Orchester: „Offenbarung (Kapitel VI)” für Tenor-Solo, Doppelchor und großes Orchester op. 17 (1909), „Te Deum“ für Sopran, Tenor, gemischten Chor, großes Orchester und Orgel op. 32 (1920/1921), „Große Messe“ für Sopran, Alt, Tenor, Bass, Knabenchor, gemischten Chor, Orgel und großes Orchester op. 37 (1923-1926); Uraufführung: 22. März 1927, ”Weihnachtskantate” für Sopran, Bariton, Chor und Or- chester op. 52 (1934-1937). Nach dem Krieg galt er als nicht modern genug und geriet so weitgehend in Vergessenheit.

Nach 1950 kam es zunehmend zu einer Kluft zwischen der Kirchenmusikbewegung der dreißiger und vierziger Jahre und der sich rasch entwickelnden Kompositionsgeschich- te. Die Gültigkeit der Bewegung kam an ihr Ende, als Wolfgang Fortner auf dem Düs- seldorfer Schützfest 1956 die Entzweiung von liturgischer Funktion und musikalischem Kunstanspruch erkannte und die Ansicht vertrat, geistliche Musik von Rang lasse sich in der Gegenwart nur mehr außerhalb des Gottesdienstes realisieren. Hier wird ein Di- lemma formuliert, das wohl bis heute insbesondere für die katholische Kirchenmusik- 7 praxis von Bedeutung ist, da hier die liturgische Funktionalität meist kompromisslos ein- gefordert wird, die gegenwärtige innerkirchliche Entwicklung jedenfalls deutet darauf hin.

In Ländern wie England hatte man mit solchen Dilemmata nicht zu kämpfen, das Sys- tem der musikalischen Gattungen war nicht unter dem Druck eines absoluten Kunstbeg- riffs hierarchisch aufgespalten worden; der „common sense“ zog niemals die Notwen- digkeit geistlicher liturgischer Musik in Zweifel, die zudem auf eine sehr gehobene Auf- führungskultur blicken konnte und das heute noch tut. Zwar gab es auch in England kir- chenmusikalische Reformbewegungen, etwa durch die Gründung der „School of English Church Music“ durch Sydney Nicholson 1928, aber sie sind eher im Rahmen einer Be- mühung um die englische Nationalmusik zu sehen, weniger im Sinne einer liturgischen Reform. Kennzeichnend wurde der Rückgriff auf modale Stilwendungen, etwa im Blick auf William Byrd. Gute Beispiele sind von Holst „The Hymn of Jesus“ (1917) oder die „Messe in g-Moll“ von Vaughan Williams. Die Aufführung dieser Messe 1922 zunächst konzertmäßig in der Townhall von Birmingham und 1923 im liturgischen Rahmen in der Londoner Westminster Cathedral belegt die pragmatische Seite der englischen Musik- kultur. Eine wichtige Gestalt für das 20. Jahrhundert ist hier natürlich Benjamin Britten, der z.B. mit seinem „War Requiem“ von 1961 Weltruhm erlangte. Das besondere ist hier die Verknüpfung des lateinischen Requiemtextes mit englischen Kriegsklagedichtungen von Wilfred Owen. Kam es hier zu einer geradezu universellen Verständlichkeit, gilt für einen beträchtlichen Teil der Chormusik nach dem ersten Weltkrieg gerade der Ausschluß universeller Verständlichkeit wegen bestimmter Funktionsbindungen oder zu nationalen Textgrundlagen.

In anderen Ländern abendländischer Kultur gilt eher anderes: die artifiziell bedeutsams- ten Werke des 20. und angebrochenen 21. Jahrhunderts entfalten ihre Wirkungsge- schichte in der Regel außerhalb der Liturgie. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an das große Passionsprojekt zum 21. Jahrhundert mit ganz unterschiedlich konzipierten Passionen von Wolfgang Rihm, Tan Dun, Sofia Gubaidulina und Osvaldo Golijov. Dass Strawinsky 1926 wieder aktives Mitglied der russisch-orthodoxen Kirche wurde und Schönberg im Pariser Exil 1933 seine Rückkehr zum jüdischen Glauben offiziell be- legte, erklärt wohl die Entstehung mehrerer Hauptwerke neuer geistlicher Musik, bleibt hingegen für die Geschichte der Kirchenmusik bzw. der jüdischen Liturgie ohne Belang. Bei Strawinsky ragen neben den drei Chorwerken „Pater noster“, „Credo“ und „Ave Ma- ria“, die „Psalmensymphonie“ und die „Messe“ (1944-48) und das geistliche Spätwerk hervor. Die lateinische Messe fand wohl Eingang in das Konzertrepertoire, zum Bedau- ern des Komponisten aber nicht in den Messbestand der katholischen Liturgie. Schön- berg schrieb „Kol nidre“ für Sprecher, gemischten Chor und Orchester für den Ritus am Vorabend des Jom-Kippur-Fests von 1938 in Los Angeles. Auch hier kam es nur zu ei- ner konzertanten Uraufführung, gegen die liturgische Verwendung gab es musikalische und textliche Einwände.

8 Selbst von Messiaen, der bekanntlich zutiefst in der katholischen Liturgie zu Hause war, wissen wir, dass seine geistlichen Werke eher für den außerliturgischen Rahmen konzi- piert sind.

Auch die zahlreichen geistlichen Werke des estnischen Komponisten Arvo Pärt sind nicht eigentlich liturgisch intendiert, können aber sehr wohl zum Teil sinnvoll in der Li- turgie eingesetzt werden. Pärt folgt einem Ideal der Einfachheit, um zu spirituellem Aus- druck zu finden. Man kann zuweilen von einer Musik der Stille sprechen, so paradox das klingen mag. Einfache Dreiklänge werden von Tonfolgen überlagert und die Rhyth- mik ist klar und einfach gehalten. Hier nun eine Auswahl seiner vokalen Kompositionen: 1968: „Credo“ für Klavier, Chor und Orchester, 1976: „An den Wassern zu Babel saßen wir und weinten“ für Chor und Orgel, 1977/1996: „Cantate Dominum canticum novum“, 1977/1996: „Missa Syllabica“, 1980: „De profundis“, 1982: „Johannespassion“ (Passio Domini nostri Jesu Christi secundum Joannem), 1984: „Te Deum“ (–1986), 1985: „Sta- bat Mater“, 1988/1991: „Sieben Magnificat-Antiphonen“, 1989: „Magnificat“ für gemisch- ten Chor a cappella, 1989-1992: „Miserere (Liturgie)“, 1990/2002: „Berliner Messe“ (1990-1992, revidiert 1997), 1990: „The Beatitudes“, 2001: „Nunc dimittis“, 2002: „Salve Regina“, 2004: „Da pacem Domine“ und weitere Werke.

In demokratischen Staaten wie der Schweiz fällt bei den Komponisten des 20. Jahrhun- derts eher ein ungezwungenes Verhältnis zu funktionaler Chormusik oder solcher, die den Freiraum für eigenständigen Kunstanspruch ausfüllt, auf. Zu nennen wären vor al- lem Frank Martin, Willy Burkhard, Conrad Beck und der schon erwähnte Arthur Honeg- ger. Conrad Becks „Oratorium nach Sprüchen des Angelus Silesius“ (1934) und Willy Burkhards Oratorium „Das Gesicht Jesaias“ (1933-35) scheinen in ihrer neobarocken Konstruktivität eine dem Einfluß französischer Klanglichkeit entzogene deutsch- schweizerische Eigenart auszuprägen. Größer besetzte Oratorien Frank Martins sind „In terra pax“ (1944) oder die nicht liturgische „Passion Golgotha“ (1945-48), in denen er zu seinen stilistischen Eigenheiten findet.

In Italien fand die Chormusik durch den Rückgriff auf die Gregorianik und die Musik der italienischen Renaissance neue Perspektiven, die seit Ildebrando Pizzettis „Messa di requiem“ für Chor a capella (1922/23) und Gian Francesco Malipieros einaktigem Mys- terium „San Francesco d´Assisi“ (1920/21) spürbar wurden. In den dreißiger und vierzi- ger Jahren vollzog sich ein Wandel zum sogenannten „Neomadrigalismo“, für den Kom- ponisten wie Goffredo Petrassi und Luigi Dallapiccola stehen. Einerseits wird hier auf vorbarocke Vokalpolyphonie, andererseits aber auf zeitgenössische Musiksprache un- terschiedlicher Couleur zurückgegriffen um wieder eine Expressivität zu finden, die durch einen all zu objektivierenden Neoklassizismus zurückgedrängt worden war. Zu nennen ist hier Petrassis „Coro di morti“ (1940/41) oder die „Canti di prigionia“ (1938- 41) bzw. die Michelangelo-Chöre von Dallapiccola. Ein anderer Italiener, , steht trotz aller struktureller Künste vor allem für die lyrische Seite der Musik, z.B. in „Nones“, das zwar in seiner Endgestalt als Orchesterwerk konzipiert ist, ursprünglich aber als Oratorium fungierte, in dem es nicht allein um die Passion Christi, sondern 9 noch mehr um die Passion des Menschen im raschen und heftigen Zwang einer ge- schichtlichen, blutigen Stunde geht.

Für Österreich ist unbedingt Ernst Krenek zu nennen, der vor allem mit der „Lamentatio Jeremiae prophetae“ für gemischten Chor a cappella (1941/42) seinen bedeutsamsten Beitrag zur Weiterentwicklung der Zwölftontechnik erbrachte. Das Werk benutzt jene Abschnitte der Klagelieder, die im katholischen Gottesdienst von Gründonnerstag bis Karsamstag gesungen werden und folgt einem strikten Formplan, der die Musik der drei Tagesabschnitte in je drei Lektionen zusammenfasst. Die Stimmzahl geht vom Unisono bis hin zur neunstimmigen Polyphonie am Schluss.

Für die Entwicklungen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts werden Sprach- und Klangkompositionen sowie elektronische Effekte bedeutsam. Phonetik und Akustik wer- den zu eigenen Parametern der Komposition. Karlheinz Stockhausen machte als erster die Perspektive eines Zusammenhangs zwischen elektronischer Klangforschung und der phonetischen Forschung kompositorisch fruchtbar. Dafür steht exemplarisch „Ge- sang der Jünglinge“ von 1956. Genauso zu nennen György Ligetis „Lux aeterna“ von 1966 und Luciano Berios „Sinfonia“ (1967-69). Die Loslösung von konkreter Sprache lässt Vieldeutigkeit zu. So ist es beabsichtigt in Dieter Schnebels „glossolalie“ (1959/60). Angeregt durch den biblisch bezeugten Vorgang des Zungenredens (glossolalie) defi- niert das Projekt für Sprecher und Instrumente neunundzwanzig verschiedene Material- präparationen, die Sprache teils pragmatisch, teils phonetisch kategorisieren und au- ßersprachliche Lautäußerungen umfassen.

In Polen war es seit 1960 vor allem Penderecki, der sich mit Cluster- und Geräusch- kompositionen einen Platz in der vordersten Reihe der Avantgardisten sicherte. Seit 1962 wandte er sich der geistlichen Musik zu, indem er auf gregorianische Traditionen zurückgriff. Das wurde im „Stabat Mater“ für drei Chöre a cappella deutlich, noch mehr aber in der „Passio et mors Domini nostri Jesu Christi secundum Lucam“ (1963-65). Er konnte seinerseits Anregungen seines Landsmannes Karol Szymanowski (1882-1937) aufnehmen, der selbst als polnischer Vertreter des Impressionismus gilt. Er orientierte sich an Strawinsky, Ravel und später vor allem Skrjabin, was die Harmonik betrifft. Von ihm sind in diesem Zusammenhang das „Stabat Mater“ op. 53 (1925/26), das „Veni Creator“ op. 57 (1930) und die „Litanei an die Jungfrau Maria“ op. 59 (1930-33) zu er- wähnen, alle drei Werke als Kantaten konzipiert.

Für Tschechien steht an erster Stelle Petr Eben (1929-2007). Es sei auf einen Artikel in „Kirchenmusik im Bistum Limburg“ von 2004 Heft I, S. 25ff. verwiesen.

10 „Die Schwierigkeiten sind normal!“ Das gegenwärtige Leben chorisch hörbar machen Konstanze Henrichs

„Die Schwierigkeiten sind normal!“ – d as sagt einer, der es wissen muss: Eckhard Manz, Kantor an St. Martin in . Gemeint sind die teils immensen Anforderungen zeitgenössischer Chormusik an Sänger und Dirigenten. Die meisten Kantoren werden dem entgegen halten: Wenn es denn mal so „normal“ wäre… und hätten damit die oben genannte Feststellung schon missverstanden. Aus ihrer Erfahrung heraus wissen sie, was für ihre Chöre „normal“ ist. Normal wären eher Ablehnung als Neugier, Resignation als Entdeckergeist, Kapitulation als Mutprobe.

Tatsächlich hat sich die experimentelle Phase der Chormusik in der Mitte des letzten Jahrhunderts schnell erledigt und man kehrte zu konstruktiveren Modellen zurück. Die Aleatorik delegierte die Fertigstellung der Komposition an die Ausführenden, avantgar- distische Einzelereignisse neigten dazu, zu Ungunsten des Erkenntnischarakters imitiert zu werden, womit sie ihrer Sensation beraubt und zu Events verkommen sind. Dem gegenüber stehen eine Fülle eklektischer Neu-Kompositionen im konservativen, gemä- ßigten Gewand und deren dankbare Annahme durch die Chöre. Beredter Ausdruck eines Dilemmas, mit dem sich auch ambitionierte Chöre – soweit sie sich nicht ausschließlich der sicheren Tradition und den oratorischen Bestsellern ver- schrieben haben – auseinander setzen müssen.

Hier soll einmal nicht von praktikabler, mehr oder weniger allgemein verträglicher, ge- mäßigt schwieriger und quasi moderner Chormusik die Rede sein. Hier geht es um Mu- sik der Gegenwart, die Ausführenden wie Hörern ohne „Rücksicht auf Verluste“ Ge- mütszustand und Lebensgefühl der Moderne zumutet und damit gleichsam „um die Oh- ren haut“ – um Musik, deren „ Schwierigkeiten normal“ sind.

Kompositionen, die das Attribut „neu“ gerechterweise verdienen, haben es schwer, sich in den Chören zu etablieren, treffen sie doch vielfach auch heute noch auf den geistigen Raum des 19. Jahrhunderts. Noch in den fünfziger bis sechziger Jahren galten Chöre mit ausgeprägter Neigung zum Konzertanten als Selbstdarsteller; Komponisten als hof- färtige, selbstgerechte Künstler, die den Ort des Gebets zum Konzertsaal umfunktionier- ten. Ein angemessenes Selbstverständnis für den Kirchenchor musste eindeutig auf das selbstverständliche Dienen hin gerichtet sein, das weder aufreizende Töne noch verstö- rende und aufrüttelnde Klänge zuließ. Demütige Zurückhaltung im Klanglichen, beim Auftreten wie das Verharren in altbewährten Strukturen haben letztlich viele überalterte Chöre zum Aufgeben gezwungen, sie zum reformbedürftigen Pflegefall gemacht. Ver- schärfend wirken sich die aktuellen Sparzwänge und damit die Wandlung des hauptbe- ruflichen Kirchenmusikerstandes hin zu Neben- und Ehrenamt aus. Engagement kann sehr bald durch zu große flächendeckende Strukturen, am Optionalen, zunehmender Fluktuation, der damit einhergehenden Unverbindlichkeit und Beziehungslosigkeit, dem Verlust an Beheimatung verpuffen. Angesichts des Katastrophen-Szenarios der diesjäh- rigen Duisburger Loveparade wurde die Frage gestellt, worin die Faszination solcher Massen-Events eigentlich begründet sei. Die Umfrageergebnisse stellten klar die allge- meine Suche nach Gemeinschaft heraus. Dem gegenüber ist eine definitive Tendenz zu

11 immer mehr ausgeprägtem Individualismus und – nicht allein dadurch – die Auflösung von Gemeinschaft zu beobachten.

Noch so ambitionierte Chorleiter können nicht mehr aus ihrem Chor „herausholen“, als er aus sich heraus leisten kann. Zunächst ist insbesondere ein Kirchenchor von seiner Zusammensetzung her ein Sozial-Modell. Es gilt somit für den Dirigenten, mit dem je- weils vorhandenen „Material“ umzugehen. Und es stellt sich regelmäßig die Frage: Wie weiter machen? Wie muss ein zukunftsfähiges (kirchliches) Chorwesen verfasst sein, um als verlässliches, verfasstes Konstrukt fortbestehen zu können? Auch eine weitere Frage muss erlaubt sein: Wer unserer Chorsänger glaubt alles, was ihm an geistlichen Inhalten innerhalb der Chorliteratur begegnet? Aber auch: Welche Kompositionen sind in ihrer Substanz geeignet, die Gottesfrage wach zu halten? Denn: Dem christlichen Glauben fällt es immer schwerer, sich aus sich heraus zu definieren und damit Einfluss auf eine zunehmend indifferente Gesellschaft zu nehmen. Vielmehr bedarf es nicht selten der Mittlerschaft der Musik, um sich ver- nehmlicher artikulieren zu können. Bei Martin Luther heißt es: „ So sie’s nicht singen, glauben sie’s nicht!“

„Die Schwierigkeiten zeitgenössischer Musik sind normal!“ „ Normal “ steht als Synonym für „natürlich“. Da es sich hier um technische Schwierigkeiten handelt, kann der Um- gang damit jedoch zunächst weder „geistlich“ noch „weltlich“ sein. In den seltensten Fäl- len bringen Chorsänger eigenes Interesse an moderner klassischer Chormusik von sich aus in den Chor ein. Vielmehr muss stetiges leidenschaftliches Werben von Seiten des Leiters erst langsam die Befangenheit lösen und den inneren Widerstand vor den genu- inen Schwierigkeiten emotionaler und technischer Natur aufbrechen.

Vielerorts hat dennoch eine merkliche Hinwendung zur zeitgenössischen Chormusik stattgefunden, wenngleich auch in den allermeisten Fällen als eine der Optionen unter diversen anderen konventionellen, bewährten Programminhalten. An einigen wenigen ausgewählten Kirchenmusikerstellen haben sich die Proportionen jedoch zugunsten der klassischen Moderne verschoben. Deutsche Exponenten dafür sind u. a. Gerd Zacher in Hamburg, Werner Jacob in Nürnberg, Clytus Gottwald in Stuttgart. Das gilt im besonderen Maße für die strukturelle Speerspitze St. Martin in Kassel wie die dort wirkenden Kantoren Klaus-Martin Ziegler, Hans Darmstadt und aktuell Eckhard Manz. Offensichtlich will die evangelische Landeskirche von Kurhessen- Waldeck an St. Martin in Kassel ein Exempel statuieren: Zeitgemäße Pflege der Tradition wie der Mut zum Experiment sind hier auf mehreren Ebenen gleichberechtigte Partner. Dieser Mut zum Experiment darf ausdrücklich als „Zumutung“ verstanden werden, jedoch weniger in der negativen Bedeutung des Wortes als im Sinne von „Mut machen“. Wem Mut „zu- gemutet“ wird, dem wird auch „zu-getraut“, dass er die nötige Neugier und die damit verbundene Leidensfähigkeit wie Robustheit aufbringen kann, um die Herausforderun- gen zu bestehen. Mut-Machen und Zuwendung zum Menschen bedingen sich gegen- seitig. In Kassel manifestiert sich diese explizit gewollte Integration zeitgenössischer Musikströmungen u.a. in den interdisziplinären Tagen neuer Musik. Sie sind inzwischen zum unverzichtbaren, grenzüberschreitenden Markenzeichen des städtischen Kulturle- bens geworden. Integration der Moderne in den Gottesdienst hinein, ist die erklärte Ab- sicht. Nicht nur durch Hören, sondern durch aktives Mittun im für die Gemeinde fassba- ren Bereich. 12

Zwei Jahre bevor Hans Darmstadt in den Ruhestand ging, wurde diese exponierte Kan- torenstelle zur späteren Neubesetzung ausgeschrieben. Die Stellenübergabe sollte möglichst nahtlos, ohne längere Vakanz verlaufen. Das Anforderungsprofil stellte aus- drücklich den intendierten Schwerpunkt auf die besondere Förderung der musikali- schen Moderne heraus. Diese vorausschauende Maßnahme unterstrich die Wichtigkeit dieser Stelle und die Bedeutung, die die Kirchenleitung dieser Stelle mit ihrem besonde- ren Profil beimisst.

Erklärte Ziele dieses besonderen Engagements sind der Abschied vom Musealen: • Kirche und ihre Musik müssen sich einer komplexen, schrillen, weitgehend un- durchsichtigen Gegenwart stellen. • Kirche will Feld der Auseinandersetzung sein, Stachel setzen, zum Aushalten der Fragen befähigen, zum Hinterfragen überkommener Inhalte herausfordern, aufschließen für die Wahrnehmungen anderer im Diskurs mit den eigenen. • Neue Musik kann substantieller Ausdruck zeitgenössischer Frömmigkeit sein. • Musik muss die aktuelle gesellschaftliche Situation wahrnehmen, widerspie- geln und in diese hinein wirken. • Zeitgenössische Musik soll als Brücke und Zuwendung zum Menschen ver- standen werden, als realistischer Ausdruck seiner Wirklichkeit. • Moderne Musik sollte geistiger Freiheit Raum geben können, Türen öffnen und sie für alle Interessenten, bewusst über die verfasste Gemeinde und den „klas- sischen“ Kantoreisänger hinaus offen halten. • Durch innovative Auftragswerke sollen zeitgenössische Komponisten wie Künstler (wieder) unter der Maßgabe der Kreativität und größtmöglicher Frei- heit mit Kirche in Kontakt und Austausch treten.

Kunst kommt von Können: für Eckhard Manz, Kantor in Kassel, bedingen sich Kunst und Können unabdingbar gegenseitig. Für ihn sind die Dissonanzen kompromissloser zeitgenössischer Chormusik „normal“. Um die Schwierigkeiten zu entschärfen bedarf es eines natürlich-unbekümmerten Umgangs mit ihnen sowie einer großen Portion Tole- ranz gegenüber dem – vorübergehende noch bestehenden – Unvermögen. Diese Selbstverständlichkeit gilt es durch geduldige, den Sängern zugewandte Überzeu- gungsarbeit mental ebenso zu vermitteln wie eine allen gemeinsame Haltung Klang und Gehalt gegenüber – auch wenn diese im Konflikt mit der eigenen Individualität liegen sollte. Hier ist auch die Qualität der Komposition gefordert. Substantielles, das, was hin- ter den Tönen steht, muss sich aus der Musik selbst ergeben. Es kann nur im gegensei- tigen Kennenlernen verstanden, jedoch nicht erklärt werden.

Wie müssen Choristen geartet sein, die sich den Zu-Mutungen von vagabundierenden und changierenden Tonhöhen innerhalb bestimmter Determinationen und Zeitraster bewusst aussetzen? Die ihre eigene Leistung in Bezug zu der anderer setzen und diese reflektieren? Die mit Stimmgabel am Ohr ihren Einsatzton mit einer gleichzeitigen (haarsträubenden) Dissonanz im Ohr exakt zu orten und mit kleineren Schlaginstrumen- ten in der Hand fließende Übergänge zwischen Stimme und Instrument, Klang und Ge- räusch zu produzieren in der Lage sind? In der Tat, sind nicht alle – auch noch so ambi- tionierte – Sänger bereit, sich Zumutungen wie Johlen, Kreischen, Fauchen, Flüstern und schallendem Lachen sowie jeglicher stimmlicher Entäußerung zu unterwerfen. Dem 13 gegenüber stehen Gegenwartskomponisten, die nicht bereit sind, Kompromisse hin- sichtlich sauberer Intonation einzugehen. Sie verordnen dem Chor Sprechpartien, Sprachexplosionen, das Durcheinander-Wirbeln von Konsonanten, Wortfetzen, Vokalen und überlassen (noch versierteren) Solisten das Singen.

Stimme ist sinnlich und physisch erfahrbare Körperlichkeit. Während Instrumentalspiel außerhalb des Menschen zum Klingen kommt, entstehen Gesang und sonstige, vom Stimmapparat hergestellten Geräusche unmittelbar im Resonanzraum des eigenen Körpers. Anreiz genug für professionelle, aber auch vor gebildete semiprofessionelle Choristen, die anlässlich herausragender Projekte aus allen Himmelsrichtungen anrei- sen und sich an Wochenenden – Zeit und Geld opfernd – einem bis zu 10-stündigen Probenmarathon unterziehen. In Kassel sind es nicht nur die beiden Kantoreien, son- dern – wie in anderen, ähnlich verfassten Zentren Neuer Musik auch – ein eigenes Vo- kalensemble , ein Pool von Spezialisten, der sich ausschließlich der Moderne widmet. Vibrato in der Stimme wäre als Remineszens an den Bel canto contraindiziert, das ab- solute Gehör in mehrfacher Hinsicht sehr hilfreich, der gelegentliche, sichere Umgang mit der Stimmgabel erforderliche Voraussetzung.

Die meisten zeitgenössischen Komponisten schreiben nicht mehr von sich aus für die Kirche(n). Sie fühlen sich von Dogmen, Liturgie und Institution in ihrer künstlerischen In- tuition behindert und eingeengt. So ist nicht nur für Wolfgang Rihm Komponieren ein Akt der Freiheit. Nicht wenigen Komponisten der Gegenwart muss ausgeprägte Egomanie unterstellt werden. Diese übersteigerte Selbsteinschätzung befähigt sie jedoch, teils auf dem Boden der Tradition, teils im Dunstkreis einer fortschreitenden gesellschaftlichen Individualisierung zu eigener Aussage zu kommen und aus extremer Position heraus nach geeigneten, insbesondere auch außermusikalischen Mitteln dafür zu suchen.

Gut 80 Proben können für die Aufführung sehr komplexer Partituren von ca. 20- minütiger Dauer dringend nötig werden! Immer öfter wird die Besetzung (Streicher, Blä- ser, etc.) beim Komponieren – auch bei Auftragswerken – von den Komponisten nicht mehr widerspruchslos den vorgefundenen Strukturen eines Ensembles angepasst. Vielmehr müssen sie sich ihrerseits der gesteigerten Individualität der Komponisten fle- xibel anpassen und mit niemals da gewesenen wechselnden, ungewöhnlichen wie spektakulären Besetzungen umgehen können. Stücke wie „Momente“ von Karlheinz Stockhausen setzen 1 Sopranistin, 4 Chorgruppen und dreizehn Instrumentalisten vor- aus. Bei Guiseppe Tomasi di Lampedusa heißt es in seinem Roman „Der Leopard“: „Wenn wir wollen, dass alles bleibt, wie es ist, dann ist es nötig, dass alles sich verändert!“

14 Chormusik aus dem angelsächsischen Sprachraum Gabriel Dessauer

Chormusik aus Großbritannien

Noch vor wenigen Zeiten gaben auch gestandene Musiker in Deutschland an, bei Nen- nung des Landes England lediglich den Namen Benjamin Britten zu kennen, vielleicht auch noch Edward Elgar. Doch ansonsten war man allgemein der Meinung, dass aus England keine wegweisend neue Musik komme. Das Interessante ist: Das ist richtig. Denn „neu“ heißt für die primär traditionell gestimm- ten Briten nicht gleich, dass mit allem Alten aufgeräumt werden müsse und nur eine to- tale Kehrtwendung einen neuen Weg aufzeigen könne. Neue Musik entsteht – ganz un- aufgeregt – aus der Tradition und integriert neue Gedanken, Harmonien, Instrumente in bewährte Muster. Interessanterweise ist es im Orgelbau ähnlich: Selten werden in Großbritannien alte Orgeln völlig aus den Kirchen herausgeworfen, sondern meist nur behutsam den neuen Bedürfnissen angepasst. Das Radikale liegt den Briten nicht.

Parallelen sind auch im kirchlichen Denken zu finden: Viele Katholiken haben das zwei- te Vatikanische Konzil als radikale Abkehr von alten Riten aufgefasst. Gregorianik und lateinische Orchestermessen galten eine Zeit lang als Zeichen einer endlich zu über- windenden Epoche. Dass das heftige Ausschlagen von Pendeln einer gesunden Fort- entwicklung brauchbarer und qualitativ hochstehender Kirchenmusik eher geschadet hat, ist inzwischen glücklicherweise allgemeiner Konsens. Zu einer guten Mitte fehlt es allerdings noch.

Die Folgen eines solchen Radikaldenkens haben wir Deutsche schon schmerzhaft er- fahren müssen und haben dadurch viel Schuld auf uns geladen. Und wir haben nach wie vor ein mulmiges Gefühl im Bauch, wenn große Chöre singen: Massensuggestion ist nicht weit entfernt. Den quasi religiösen Charakter von Chören hatten die Nationalso- zialisten sich schnell zu nutze gemacht.

Diese Probleme mussten Engländer nie quälen. Sie blicken auf eine gesunde, nie un- terbrochene, jahrhundertealte Tradition von Chormusik in der Kirche zurück. Immer gab es alte und neue Chormusik nebeneinander, auch heute noch wird im Evensong der 43 englischen Kathedralen gleichberechtigt Altes und Neues gesungen. Und da die even- songs täglich (und das seit Jahrhunderten!) gesungen werden, muss neue Chormusik interessant sein, muss aber insbesondere ein Merkmal erfüllen: Sie muss ohne großen Aufwand, mit maximal einer Probe aufzuführen sein. Dadurch verbieten sich experimen- telle Elemente von selbst, ebenso sind atonale Elemente, die nicht primär die Aufgabe der Gestaltung des Gottesdienstes erfüllen, von vornherein ausgeschlossen.

In der „Low Church“ hat es wohl Versuche gegeben, eine neuere, einfache Musik einzu- führen. Diese Versuche entstanden allerdings später als bei uns und schon meist im Zusammenhang mit charismatischen Bewegungen. 15 Liest man die Biografie englischer Komponisten, so fällt auf, dass die meisten selbst als „chorister“ in einer Kathedrale begonnen haben. Sie wissen, was für Chorsänger mach- bar ist, was in einer Kirche klingt und was nicht zuletzt den Evensong bereichert. Sie wissen, dass eine Orgel das ideale Instrument zum Begleiten des Chorgesangs ist und kämen nie auf die Idee, eine Chormotette mit Gitarre zu begleiten. Rhythmus ist in der Kirche selbstverständlich möglich, solange er nicht zum platten Selbstzweck wird, bei dem der Text der Musik untergeordnet ist.

So ist die Frage nach dem „Neuen Geistlichen Lied“ in England nie wirklich aufgekom- men – sie war einfach nicht nötig. Ebenso sind die Grenzen zwischen E- und U-Musik fließend. Ein Karl Jenkins, der zunächst als Bandleader wirkte, ist nun arrivierter und anerkannter Komponist klassischer Kirchenmusik. Paul McCartney hat ein Oratorium geschrieben. Aber was würden wir Deutsche sagen, wenn Herbert Grönemeyer nun ei- ne Messe komponieren würde, und Udo Jürgens eine Motette? Wir lieben und pflegen unser Schubladendenken. Bei uns verliert ein Politiker schon an Ansehen, wenn er sich in einem Big Brother-Container sehen lässt.

Mit John Rutter fing alles an. Wir fanden bei ihm neue Chormusik, die zu Herzen ging. Natürlich lehnten Puristen der Avantgarde seine Musik als schmeichlerisch bis kitschig ab. Sie wurde dennoch zum Erfolg. Doch leider ist Erfolg auch schon „per se“ verdäch- tig. Was erfolgreich ist, kann nicht gut sein. Zum Glück kann das dem, der den Erfolg hat, nichts anhaben, er kann mit der Kritik meist leben. Und aufgeführt wird Rutter im- mer noch. Ich denke, dass seine Musik ähnlich wie manche Beatles-Songs, ein Klassi- ker werden wird. Ich wage die Prognose, dass zumindest das „Requiem“, das „Magnifi- cat“ sowie viele seiner schönen Weihnachtslieder („Carols“) Bestand haben werden. Und wer weiß, was noch kommt. Da macht es doch richtig Spaß zu leben und sich auf neue Werke zu freuen.

Andrew Carter und Bob Chilcott komponieren leicht differenziert: Während Rutter sehr stimmorientiert und primär sängerfreundlich schreibt, tendiert Chilcott mehr zum Jazz. Carters Musik ist rhythmisch anspruchsvoller, vielleicht etwas verkopfter, aber auch gerade dadurch wieder reizvoll, da besonders gewürzt. Ich schätze besonders sein „Benedicite“: 9 unabhängige Werke, davon 3 für Kinderchor, die Chorsängern eini- ge knifflige, aber reizvolle Aufgaben stellen.

In Deutschland populär wurde in den letzten Jahren Colin Mawby , ehemals Chorleiter der katholischen Westminster Cathedral. In England ist er weniger bekannt als hier. Darauf hat er sich eingestellt: Wir finden bei ihm kaum englischsprachige Werke, dafür viel Latein und sogar deutsche Texte. Er schreibt markt- und praxisorientiert. Zweifellos gute Musik, die auf den harmonischen Traditionen englischer Chormusik beruht, aber längst nicht so innovativ wie die anderen, in diesem Artikel genannten. Beim Butz- Verlag sind alle seine neueren Werke erschienen und ein Ende ist nicht abzusehen.

16 Der Waliser Karl Jenkins ist der Paradiesvogel der Szene. Seine Wendung zur Kir- chenmusik ist mir schon fast suspekt: Hat da jemand realisiert, dass Kirchenmusik ein großer, unerschlossener Markt ist? Mit Werbungsmusik („Adiemus“) bekannt geworden – eine Melodie, die wohl jeder schon mal gehört hat, erhielt er 1999 den Auftrag, ein Werk zur Jahrtausendwende gegen den Krieg zu schreiben. Es entstand die Messe „The armed Man“. Jenkins erfindet nichts Neues, aber er mischt gekonnt, geschickt und durchdacht. Das Werk aufzuführen, ist mehr ein politischer denn ein religiöser Akt. Ich weiß noch von keiner Aufführung in einer katholischen Kirche. Denn: Neben rein liturgi- schen Texten erklingen auch hinduistische Texte, politische Gedichte und vor allem: Der originalgetreue Ruf eines Muezzins. Das ist in unserer Kirche nicht ohne Zündstoff. Ich habe seinerzeit das Problem mit meinem damaligen Pfarrer erörtert, der sehr zöger- te, die dahinterstehende Idee allerdings verstand und begrüßte. Das Werk existiert in zwei Fassungen, eine für großes Orchester und eine für sehr reduziertes Orchester (Klavier, Trompeten, Schlagzeug). Musikalisch hinterlässt „The Armed Man“ einen zwiespältigen Eindruck. Manches ist wunderschöne, romantische Musik, mit Akkord- wendungen bzw -rückungen, die man bald als Jenkinssches Stilmerkmal erkennt. Dann gibt es aber auch etwas platte, routiniert wirkende Passagen. Was aber am ehesten der Schlüssel zum Erfolg sein dürfte: Die Musik besteht aus zahlreichen Wiederholungen und Patterns, ist daher höchst eingängig (das hat schon Carl Orff in seinen „Carmina Burana“ erkannt). Auf ein Stück daraus möchte ich näher eingehen, das „Sanctus“. So- wohl auf youtube (unter Leitung des Komponisten) als auch als Kaufvideo ist ein Mit- schnitt des Konzertes erhältlich, in dem die Intentionen des Komponisten klar zur Gel- tung kommen: Die Musik ist mitreißend, insbesondere durch den Marschrhythmus, der das ganze Werk durchzieht, der originale liturgische Text wird immer wieder durch mili- tärische Bläserfanfaren kontrastiert, was einen interessanten Effekt ergibt. Das Wich- tigste an der Aufführung ist der stumm darüber laufende Film mit Clips berühmter Dikta- toren und Präsidenten: Hitler, Mussolini, Ghaddafi, Arafat, dazu Szenen aus Kriegen: 2. Weltkrieg, Vietnam, Irak, marschierende Soldaten: Das lässt einen Zuschauer nicht kalt, das bleibt haften. Es stellt Kirchenmusik in den direkten Zusammenhang mit dem Leben. Eine Schockwirkung. Wer bis zu diesem Werk den Namen Jenkins noch nicht kannte, da Komponisten von Werbeclips allgemein ungenannt bleiben, der sollte ihn jetzt nicht mehr vergessen.

Als zweites, musikalisch ungleich besseres Werk, ist sein „Requiem“ zu nennen. Wir haben es in St. Bonifatius 2006 aufgeführt. Die meisten Choristen haben es geliebt, manche fanden es dann vielleicht doch zu süßlich. Interessanterweise hat aber danach kein einziges Chormitglied mir gegenüber geäußert, man solle das Werk noch mal auf- führen (die Besetzung ist relativ klein, 11 Instrumentalisten genügen). Wahrscheinlich war es doch zu viel Süßspeise. Ein Erlebnis am Rande: Just in dem Jahr, als wir es auf- führten, konnte man – ausgerechnet – einen Teil des „Dies irae“ aus dem Requiem als Hintergrundsmusik einer Deo-Werbung im Fernsehen bewundern. Manchmal geht selbst mir die Mischung der Welten und Genres zu weit.

17 Später hat Jenkins ein „Stabat Mater“, ein „Te Deum“ und ein „Gloria“ komponiert. Selt- sam bekannt kommt einem die Wahl der sujets vor. Das Gloria hat seine Uraufführung am 11. Juli 2010 erlebt, schon einen Monat später erschien die CD. Wieder mischt Jen- kins einen Cocktail der Kulturen: Zwischen die einzelnen Teile des lateinischen Textes setzt er vier Lesungen anderer alter Religionen, die alle den liebenden und ewigen Gott zum Inhalt haben: Hinduismus, Buddhismus, Taoismus und Islam. Dazu tritt eine Verto- nung des Psalms 150, sowie ein „Song“, zusammengesetzt aus dem Buch Deuteroni- um, einem Psalm und dem Buch der Chronik. Boshaft ausgedrückt könnte man den Stil zwischen Ennio Morricone und „Traumschiff“ ansiedeln, andererseits fällt es schwer, sich dem Reiz der Musik Jenkins zu entziehen, sie hat bisweilen eine drogenartige An- ziehungskraft (im Moment ertappe ich mich bei dem Gedanken, den „Song“ mit meinem Kinderchor aufzuführen). Das Booklet preist Jenkins als den meistaufgeführten leben- den Komponisten der Welt (wohl wegen der Musiken für Werbung zu Recht).

John Tavener (nicht zu verwechseln mit John Taverner, der von 1490 bis 1545 lebte), geb. 1944, wurde einer großen Öffentlichkeit bekannt durch den „Song for Athene“, der bei der Beisetzung von Prinzessin Diana in der Westminster Abbey aufgeführt wurde. Sein Stil ist wesentlich geprägt von seiner langjährigen Zugehörigkeit zur Orthodoxen Kirche. Allerdings verließ er 2004 die Kirche wieder und wird zitiert mit dem Spruch „Mir ist jetzt klar geworden, dass alle Religionen gleich schwachsinnig sind“. Nichtsdestowe- niger studierte er danach auch noch den Hinduismus und den Islam und komponiert sakrale Musik. Sein neuestes Werk ist die 2008 veröffentlichte Sequenz „Ex Maria Vir- gine“ für Orgel und Chor. Die Sequenz ist keine Musik „unterm Tannenbaum“, und ist gleichsam eine intellektuelle, östlich inspirierte Variante von Brittens „Ceremony of Ca- rols“. Ähnlichkeiten mit der Musik von Arvo Pärt sind nicht zu leugnen, wie diese entfal- tet die Musik Taveners eine eigene, introvertierte Sogwirkung,

Chormusik aus den USA

Man möchte es ja kaum glauben: Aber zumindest die drei Komponisten, auf die ich im Folgenden eingehen möchte, sind in ihrer Zielsetzung ernster als die britischen und nicht vornehmlich auf Publikumswirkung bedacht.

Moses Hogan (1957–2003) Er hat sich um Spirituals verdient gemacht. Denn er hat es geschafft, die originale Musik der Afro-Amerikaner mit der westlichen Chormusik so zu verbinden, dass beide Teile eine Bereicherung erfahren. Moses Hogan verstarb viel zu früh, hat aber bis dahin viele Spirituals in einer eigenen Fassung herausgegeben. Ich möchte auf ein Video bei youtube aufmerksam machen, was meine Thesen unter- mauern soll und möchte es Ihrer Aufmerksamkeit empfehlen: Moses Hogan: Joshua fit the battle of Jericho. Im ersten Teil erläutert Moses Hogan selbst, wie er die Komposition sieht, in einer un- glaublich sanften und intellektuellen Form. Später singt ein gemischtfarbiger Chor das Werk. Chor und Leiter sind faszinierend. Es wird auswendig gesungen, jede rhythmi- 18 sche Nuance kommt exakt und die dirigentischen Hinweise sind in Mimik und Gestik ebenso professionell wie inspirierend. Während ich ansonsten immer dachte, dass es für etwas steife Mitteleuropäer vielleicht nicht ratsam ist, ein Spiritual aufzuführen, da uns einfach die Verbindung zwischen Musik und Bewegung nicht so im Blut ist (und sie bei den zahlreichen aus dem Boden schießenden Gospelchören bisweilen peinlich wirkt), konnte ich mich hier wiederfinden. Der Regerchor hat 2009 unter großer Freude zwei der Sätze von Moses Hogan aufgeführt: Sie sind rhythmisch tricky, aber voll Witz. Der Sopran ist manchmal etwas hoch.

Morten Lauridsen (geb. 1943) Seine Eltern stammen aus Dänemark, aber er ist reiner Amerikaner. Er unterrichtet Komposition in Los Angeles und hat zahlreiche Motetten und größere Chorwerke (z.B. „Lux aeterna“) geschrieben. Seine Werke wurden auf mehr als 100 CDs veröffentlicht. „Seine Werke kombinieren musikalische Schönheit, Kraft, spirituelle Tiefe und haben Menschen aller Länder begeistert“, so der Text einer Ehrung durch den amerikanischen Präsidenten. Chorsänger lieben sein „O magnum mysterium“. Das ist auch tatsächlich nicht so schwer, ich würde es etwa wie eine Bruckner-Motette einschätzen. Stimmungs- voll, meditativ, ernst, aber nicht langweilig. Feierlich im besten Sinn. Einfach gute Kir- chenmusik.

Eric Whitacre (geb. 1970) Ich habe Whitacre beim World Choir Congress 2008 in Kopenhagen live erlebt, wie er seine Werke persönlich vorstellte. Der 38-jährige hatte die Ausstrahlung einer Pop- Ikone, das Publikum vornehmlich weiblich, er saß im Schneidersitz auf der Bühne mit wallendem, blonden Haar, ein Star, der sich dessen bewusst ist. Unterwäsche wurde keine geworfen, aber es fehlte nicht viel. Die Los Angeles Times beschreibt seinen Stil mit „überirdische Schönheit und Imagination“. Seine berühmteste CD „Cloudburst“ er- hielt sogar eine Grammy-Nominierung. Nicht nur amerikanische College- und Universi- tätschöre singen Whitacre: Ich halte ihn für den kommenden Mann der Chorszene. Er hat ein kleines Manko: Er ist eigentlich Atheist. Daher ist die Zahl seiner geistlichen Werke eher vernachlässigbar. „Lux aurumque“ gehört zu den wenigen sakralen Wer- ken. Als besonders schönes Werk empfehle ich die Vertonung des Gedichtes „ a boy and a girl“ von Octavio Paz. Selten kann neue Musik so viel Spannung und Ruhe her- vorrufen. Leicht sind seine Stücke nicht zu singen: Dissonante Klänge schweben durch die Luft, ohne dass man sie als dissonant empfindet. Vielstimmige Teilungen seiner a cappella Stücke. Man kann gespannt sein, was er noch produzieren wird. Momentan schreibt er an seinem ersten Oratorium, ein Auftragswerk des Berliner Rundfunkchores.

19 Die Kraft des Anfangs Größere Kompositionen im NGL-Stil Wolfgang Nickel

Der Pastoralverband Köln-Longerich hatte nach erfolgreichen Oratorien-Projekten eine Messe von Dave Brubeck („Take five“) und ein Oratorium von Thomas Gabriel aufge- führt. Neben künstlerischen Zielen spielten dabei auch pastorale Beweggründe eine Rolle. Man wollte mit einer erweiterten Stilistik breitere Kreise für das Chorprojekt an- sprechen. Ist diese Repertoire-Erweiterung ein Gewinn oder geht sie auf Kosten des künstlerischen Niveaus?

Hört man sich einen Ausschnitt der Brubeck-Messe bei youtube an, fällt vor allem das stilistisch krasse Nebeneinander von Chor + Orchester + Dirigent auf der einen Seite und dem Jazz-Quintett auf der anderen Seite auf. Die am Schreibtisch entstandenen, mehrfach reflektierten Abschnitte auf der einen Seite und die freien, den Emotionen Raum bietenden Improvisationen auf der anderen Seite. In dem Artikel „Der Gänsehaut- Effekt“ erläutert Christoph Drösser: Musik, insbesondere ihr rhythmischer Anteil, fährt direkt in den Hirnstamm, den ältesten Teil unseres Denkorgans, oft „Reptiliengehirn“ genannt. Der reagiert auf Töne, ohne das Bewusstsein um Erlaubnis zu fragen, denn dort arbeiten von der Evolution fest verdrah- tete Schaltkreise. Wenn ein Schuss fällt, schaltet der Körper auf Alarmstufe rot. Schnel- le, laute, kreischende Töne treiben den Herzschlag in die Höhe, langsame Rhythmen und tiefe Töne wirken beruhigend. (DIE ZEIT v. 26.08.2010)

Bei der zu behandelnden Materie geht es um Begriffe auf wie Oratorium, Liedoratorium, Weihnachtsoratorium, Pop-Oratorium, Symphonisches Gospel-Oratorium und Sympho- nische Rhapsodie . Um das Sachgebiet einigermaßen überschaubar zu halten, sind hier Kindermusicals, Krippenspiele usw. ausgeklammert.

Die Terminologie zeigt die Versuche der Komponisten, ihre Werke ohne Etiketten- schwindel und möglichst eindeutig zu charakterisieren. Einige Verlage wissen diese Problematik zu umschiffen, indem sie nur nach Besetzungen unterscheiden. Auch das ist es nicht der Weisheit Schluss, denn die Besetzungen sind oft sehr variabel.

Die Bewertung der Texte möchte ich den Theologen überlassen, grundsätzlich gibt es jedoch zwei Ansätze: deutsch oder englisch. Bei Gospel- und Rockmusik muss der eng- lische Text als der authentische angesehen werden. Ein englischer Text besitzt zudem eine vergleichsweise höhere „Toleranz“ beim Hörer: Feinheiten hinsichtlich der Bedeu- tung einzelner Sprachwendungen sind kaum nachvollziehbar, Plattitüden fallen erst gar nicht auf. Es macht noch nicht einmal etwas aus, wenn man Texte nur halb versteht, denn das ist man von der ständigen Berieselung gewöhnt. Bei deutschen Texten dage- gen erwartet man Verständlichkeit. Die Qualität eines Chores wird daran gemessen. Wenn aber deutsche Formulierungen Stirnrunzeln verursachen, Peinlichkeit erzeugen 20 oder gar auf Ablehnung stoßen, kann ein Text über Erfolg oder Misserfolg eines Werks mitentscheiden.

Thomas Gabriel , inzwischen fast weltweit bekannt durch seine Missa Mundi für den Abschlussgottesdienst des Weltjugendtages 2005, charakterisiert darin die fünf Erdteile rein musikalisch: dem gregorianisch inspirierten Kyrie folgt ein südamerikanisches Glo- ria mit Gitarren und Panflöten, das indisch anmutende Credo wird von einer Sitar beglei- tet. Ganz rhythmisch geprägt ist das Afrika vertretende Sanctus, beim Agnus Dei (Aust- ralien) erklingt das traditionelle Didgeridoo.

In dem Skript des Oratoriums Emmaus nutzt der Textautor Eugen Eckert die Em- mausgeschichte als Schlüsselszene, retrospektiv das Leben Jesu Revue passieren zu lassen. Die musikalischen Mittel - Instrumentation, Motivik, Dynamik und Rhythmik - können die Textaussagen gut transformieren und überzeugen in ihrer Auswahl vor al- lem im Hinblick auf die gezielt gegensätzliche Struktur der Texte.

In dem Rock-Oratorium Daniel wurde das klassische Orchester durch eine Rockband ersetzt, die die Singstimmen begleitet, meist unterstützt durch Bläser. Die Struktur der Texte bietet viele Möglichkeiten zur musikalischen Gestaltung. So findet sich strecken- weise lupenreine Rockmusik, was bei Texten wie „Cheeseburger“ auch naheliegend er- scheint. Wenn Gesangspartien mit Glissandi, blue notes usw. eindeutig jazzinspiriert sind, wirken sie mit unterlegter deutscher Sprache allerdings weniger überzeugend. Die Chorpartien verraten den (jazzerfahrenen) Kirchenmusiker. Der Schlusschor Gott hat mir längst einen Engel gesandt hat über Sammelbände einen größeren Bekanntheits- grad erreicht.

Ein hinsichtlich des Orchesters ähnlich aufwendiges Werk stellt das Oratorium Bonifa- tius dar. Es bewegt sich zwischen U- und E-Musik und schlägt unter anderem in seiner vielfältigen Rhythmik eine Brücke zwischen untaktierter mittelalterlicher Klangwelt und moderner Jazz-Rhythmik.

Eine so erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Textautor und Komponist musste seine Fortsetzung finden. Auch das neueste Oratorium Junia mit dem Untertitel „das andere Paulus-Oratorium“ bietet eine große Bandbreite der musikalischen Stile. Ein buntes, ernsthaftes Werk, bei dem auch einmal gelacht werden darf.

Im Hinblick auf die klassische Komposition Haydns könnte man auch Georg Cormanns Oratorium Die Schöpfung als „das andere Oratorium“ bezeichnen. Zum Jazz- Ensemble tritt hier die klassische Bigband-Besetzung (fünf Saxophone, vier Trompeten und vier Posaunen). Das für den evangelischen Kirchentag 2007 komponierte Auf- tragswerk umfasst neun Sätze, eingeleitet durch den Titel Urknall (Das Chaos) und ab- geschlossen durch eine Vertonung von Versen aus Psalm 85.

21 Gregor Linßen ist in jüngster Zeit vor allem bekannt geworden durch seine Vertonun- gen der ökumenischen Jugendkreuzwege. Seit Jahren komponiert er Neue geistliche Lieder, die er selbst verlegt, auch einige größere Werke. Sein Erstlingswerk Die Spur von Morgen , eine Auftragskomposition des Erzbistums Freiburg für die Wallfahrt in das Heilige Land 1998, wurde am See Genezareth einstudiert und in Jerusalem uraufge- führt. Es handelt vom Anfang des christlichen Gemeindelebens. Das im Jahre 2002 entstandene Oratorium Adam , dessen Uraufführung in Assisi statt- fand, bewegt sich weit weg von der konventionellen Kirchenmusik. Modern verpackt in satten Rock und klassische Elemente besticht es vor allem durch feinsinnige neugeistli- che Lieder und einfühlsame aber auch kritische Texte. (Südkurier v. 7.11.09) Das dritte Oratorium schließlich, Petrus und der Hahn , wurde 2007 in der „Mutter aller Kirchen“ der Lateranbasilika in Rom uraufgeführt. Ähnlich weiß sich Oskar Gottlieb Blarr in Szene zu setzen, wenn er zwei Aufführungen seines neuen Oratoriums „Die Himmelfahrt“ in Jerusalem stattfinden lässt.

Kaum jemand wird bezweifeln, dass Dietrich Bonhoeffer zu den Heiligen des 20. Jahrhunderts gezählt werden kann. Darauf nimmt der Eingangschor Sanctorum communio jedoch nicht Bezug, vielmehr auf seine gleichlautende Doktorarbeit. Dass sich Bonhoeffer der Theologie zugewandt hatte, geht auf persönliche Erfahrungen zu- rück. Das gleichnamige Liedoratorium umfasst 22 Sätze, die von Dieter Stork jeweils mit hin- führenden Texten – unter Verwendung von Texten Dietrich Bonhoeffers – ergänzt wor- den sind. Die Diskrepanz zwischen seriösen Texten und Originalzitaten auf der einen Seite und umgangssprachlichen Formulierungen auf der anderen Seite hat den Düssel- dorfer Kirchenmusiker Matthias Nagel zu einer Vertonung gereizt. In der musikalischen Stilistik konnte und sollte keine einheitliche Sprache gewählt werden. Deshalb wurde das Experiment gewagt, einen großen stilistischen Bogen von Gregorianik über Kanons, Choralstrukturen, klassisch-modernen Elementen bis hin zu Protestsongs und populä- ren Balladen zu spannen. (Vorwort des Komponisten) Auch die Gemeinde sollte nicht passiv bleiben, sondern singend mitwirken, dazu eignen sich besonders Kanons. Das Instrumentarium beschränkt sich auf Flöte, Sopran- Saxophon und Trompete, wenn man von der obligatorischen Begleitung durch Gitarre, Bass, Schlagzeug und Klavier einmal absieht. Erst in seiner zweiten Fassung wurde dieses durch Streicher ergänzt, um damit eine wichtige musikalische Ebene abdecken zu können. Die Streichinstrumente sind im Jazz eigentlich ausgeschlossen, aber auch Dave Brubeck hat sie in seiner Messe berücksichtigt.

Das Oratorium Weihnachten 21 von Reimund Hess ist kein modernistisches Krippen- spiel, sondern ein der Zeit entsprechendes, kritisch-nachdenkliches, auch mit ein wenig Humor komponiertes Weihnachtsoratorium. Der musikalische Bogen spannt sich von der Gregorianik über Bach hin zu Gospel, Latin, Blues und Rap. Der Chor ist interpretierend, kommentierend und streckenweise auch handelnd einge- setzt. Hess bietet verschiedene Besetzungsvarianten an: Das Oratorium lässt sich schon mit drei Solisten, Chor, Keyboard und Rhythmusgruppe aufführen, bei Bedarf 22 kann der Chorsatz zudem auf die führende Stimme reduziert werden. Auch die Bläser- sätze können meist unisono ausgeführt werden, bei Ermangelung von Bläsern sogar von einem Keyboard vertreten, entweder ganz oder – bei Unterbesetzung – teilweise, einschließlich der Flöte. Dazu sind diese Stimmen auf zwei Systemen und in C- Notierung zusammengefasst. Die Stimmen für Keyboard I, Gitarre und Bass, Drums und Percussion können notengetreu gespielt werden, können aber auch individuell ges- taltet sein. Dabei muss die Wahl zwischen Klavier und E-Piano, akustischer und elektri- scher Gitarre dem Charakter der musikalischen Sätze entsprechend erfolgen. Sogar ei- ne Applaus-Musik ist komponiert, sie gibt der Aufführung eine professionelle Note. Hier scheint mir die Grenze erreicht zu sein, wie flexibel das Instrumentarium eingesetzt werden kann. Man muss ein hochwertiges Keyboard und gute Boxen besitzen, um Blä- ser teilweise zu ersetzen, sonst klingt es nicht, von der Dynamik ganz abgesehen. Na- turinstrumente und ihre elektronischen Imitationen sind akustisch vollkommen unter- schiedliche Schallquellen. Der textreiche Moderator soll hier mit seiner Jugendsprache Aktualität vermitteln, was immer auch die Gefahr schneller Abnutzung in sich birgt. Die komponierten Texte sind oft recht salopp: Knappe 30 Kilometer über Stock und Stein ... Sprechkanons wie Bin die Frau von Petrus, der ein Fischer war und später dann Papst – doch das wisst ihr ja assoziieren Realschul-Athmosphäre mit eher semiprofessionellen Aufführungen.

Ähnlich flexibel in der Besetzung präsentiert sich das Oratorium The Miracle of Beth- lehem von Michael Benedict Bender und Gustav Berger . Auch dieses Werk erlaubt eine szenische wie auch eine rein konzertante Aufführung, al- lerdings wird angeraten, die Partien der Trompete, des Saxophons und des Klaviers professionellen Musikern zu überlassen. Hier sind die Streicher auf zwei Systemen zu- sammengefasst und können im Bedarfsfall von Keyboard oder Synthesizer ersetzt wer- den. Bei Streichern ist dies viel leichter möglich als bei Bläsern. Der englische Text kann einerseits einer weiteren Verbreitung der Komposition dienlich sein, er kann sich aber auch im Zusammenhang mit der Stilistik der Musik als nahelie- gend erweisen. Liturgische Gründe können kaum zur Zurückweisung führen, wird doch die lateinische Sprache heute viel weniger verstanden als die englische. Leider ist das Druckbild in der Partitur derart verkleinert, dass man Texte und Noten kaum noch lesen kann. Von demselben Musiker-Texter-Duo stammt auch das Pop-Oratorium King Dave . Wenn hier vom Narrator längere Sprechtexte in Englisch vorgetragen werden, stellt man sich allerdings die Frage, ob man nicht im falschen Film sitzt. In dem vierteiligen symphonischen Gospel-Oratorium Prince of peace für 2 Chöre und Orchester von Ralf Grössler ist das symphonische Instrumentarium durch Vibraphon, Saxophon, Klavier und Schlagzeug erweitert. Bereits im zweiten Satz werden beide

23 Chöre mit unterschiedlichen c.f. in verschiedenen Sprachen kunstvoll zusammenge- führt. Der fünfte Satz wartet mit vier klanglichen Ebenen auf: Während Chor 1 den Choral Ich steh an deiner Krippe hier in breiten Notenwerten vorträgt, begleitet von nachschlagen- den Streichern, bringt Chor 2 Einwürfe in englischer Sprache, vom Klavier in rhythmisch variierter Form unterstützt. Dem Choral bleibt Grössler auch im zehnten Satz treu, wo er „Jesu meine Freude“ mit venezianischer Doppelchörigkeit in konsequent historisierender Neuschöpfung große Klangfarbenpracht entfalten kann. Kontrastierend mündet der folgende Satz „Jerusa- lem“ in einen Swing, bei dem nur noch die dem New Orleans-Stil entsprechenden Blas- instrumente beteiligt sind. Zur Darstellung der Dramatik des Passionsgeschehens sind zwei Chöre besonders gut geeignet, Grössler unterstreicht die gegensätzlichen Stimmungen zudem in der Wahl der Instrumentierung und unterschiedlichen Tempi. Auch hier wird der Swing wirkungs- voll eingesetzt, passend dann natürlich auch zur Versinnbildlichung der Auferstehungs- freude. In der Zugabe klingen Reminiszenzen an, ein 10-taktiger Mittelteil wird zur Vor- stellung der Solisten usw. nach Bedarf wiederholt und das Gospeloratorium findet mit dem Einsatz aller Mitwirkenden einen entsprechenden Abschluss.

Gibt es für das NGL eine allgemein anerkannte Geburtsstunde ( Danke für diesen guten Morgen ), so liegt die Sache bei größeren Kompositionen mehr im Dunkeln. Sicher ist die Duisburger Messe ( Kommt, sagt es allen weiter ) mit ihren Spiritual-Entlehnungen, die damals auf heftige Kritik gestoßen war, dazuzurechnen. Im hiesigen Raum komponierte Herbert Heine später die Sankt Georgener Messe (Text: Eugen Eckert), aus der vor allem der Gesang zum Sanctus, Heilig, der da war , bekannt geworden ist. Winfried Heurich komponierte nach Texten von Helmut Schle- gel die Pilgermesse Schalom Jerusalem! für gleiche Stimmen.

Wer eine Messe schreibt, muss sich zwangsläufig der Liturgie unterordnen, der Struktur einer traditionsreichen und historisch gewachsenen Form. Andererseits bietet diese Form für den Komponisten aber auch ein festes Gerüst. Im Verlauf der Musikgeschichte hat es sich gezeigt, dass es eine kaum überschaubare Fülle von Möglichkeiten gibt, diese Liturgie auszudeuten. Auch innerhalb des NGL gibt es viele kreative Ansätze, das liturgische Geschehen in die musikalische Sprache der Gegenwart zu übersetzen.

Die Gospel-Messe body and soul von Lorenz Maierhofer eignet sich gut als Einstieg auch für weniger erfahrene Chöre oder neu gegründete Jugendchöre. Sie enthält zehn Sätze mit Untertiteln, die auf die liturgischen Orte hinweisen. Die Texte basieren auf Psalmen und stammen vom Komponisten selbst. Dem Gospelcharakter entsprechend sind sie ausschließlich in Englisch, können aber von einem Sprecher in deutscher Kurz- fassung zuvor vorgetragen werden. Eine strophenweise unterschiedliche Gestaltung wird empfohlen. Im Anhang werden Patterns für Congas, Schellenkranz, Drumset und Body Percussion vorgeschlagen mit dem Hinweis auf eine kreative Variierung. Einfache Modelle, die die 24 Zielgruppe Schule im Auge haben. An dieser Zielgruppe orientieren sich auch die Chor- sätze, die in volkstümlicher Dreiklangsharmonik allenfalls eine Zwischendominante an- klingen lassen. Diese Messe soll viele Menschen in grooviger und doch besinnlich me- ditativer Weise verbinden. (Vorwort des Komponisten)

Nur wenig anspruchsvoller sind die Konzept Gospelmessen 1 und 2 von Reinhard Pikora . Das „Konzept“ besteht darin, die Gemeinde aktiv am musikalischen Geschehen zu beteiligen. Wertvolle Praktische Hilfen bilden die Kopiervorlagen für Gottesdienste, in denen die musikalischen Beiträge der Gemeinde zusammengefasst sind. Nach den An- gaben im Vorwort der Veröffentlichung gibt es im Hamburger Raum offenbar wenig Vorbehalte gegen die englische Sprache im Gottesdienst.

Dem NGL im erweiterten Sinn können auch Kompositionen des Mannheimer Kirchen- musikers Johannes Matthias Michel zugeordnet werden. Seine Kleine deutsche Messe für vierstimmigen gemischten Chor ist bewusst einfach gehalten und auf die Praxis abgestimmt, ohne jedoch den individuellen Kompositionsstil zu verleugnen. Mi- chels Hang zu einer leicht überladenen Harmonik - in den freien Orgelwerken gelegent- lich festzustellen - wurde hier bewusst vermieden, wenn auch typische Stilmerkmale wie z.B. Moll-Septakkorde häufiger auftreten. Trotz reicher Harmonik ist aber die Singbar- keit der Einzelstimmen vergleichsweise gut. Der Introitus bezieht sich auf das Votum des evangelischen Gottesdienstes, das Gloria zitiert den paraphrasierten Text in der ökumenischen Fassung (GL 464). Es folgen Hal- leluja, Sanctus und Agnus Dei. Der Satz zum Ausgang greift auf den Eingangssatz zu- rück, erleichtert damit die Einstudierung und gibt diesem Zyklus eine musikalische Klammer. Mit Erleichterung nimmt vielleicht mancher Chorleiter zur Kenntnis, dass der Komponist die Klavierbegleitung ausdrücklich legitimiert hat.

Michels Gloria-Messe für einstimmigen Chor und Tasteninstrument bildet eine stilisti- sche Erweiterung dieser Besetzung, die hauptsächlich von Rheinberger ( Kleiner leichter Messgesang op. 62) und Langlais ( missa in simplicitate ) dominiert ist. Der Text des Credo beinhaltet die Kernsätze des Nicaenums in reduzierter Form und kommt mit zwei Druckseiten aus. Rheinberger verzichtet auf eine Vertonung des Credo, Langlais ver- wendet das Mittel der Rezitation. Michel stellt sich ebenfalls der Aufgabe, kann hier aber nicht so überzeugen wie in den anderen Messsätzen. Kompositorisch erreicht Michel vielleicht nicht das Niveau von Langlais, ist aber dafür auch technisch nicht so schwer.

Im Vergleich dazu erscheint die Messe des Friedens von Reimund Hess harmonisch farbloser und rhythmisch etwas einseitig. In ähnlicher Art präsentiert sich die Rock- Messe Spuren der Hoffnung , die weitgehend einfacherer Lied-Harmonik folgt, damit offensichtlich aber sehr erfolgreich ist. Inzwischen liegen beim Carus-Verlag umfangrei- che Notenausgaben für flexibel kombinierbare Besetzungen vor. Auch eine CD mit Playback-Versionen wird angeboten, die in den Gemeinden als Band-Ersatz oder den Chorsängern zum Üben dienen kann.

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Ausgefeilte Call-and-Response-Gesänge bietet die Gospel-Messe „Kyrie“ von Ste- phan Zebe. Hier ist nur das Klavier obligatorisch, Bass und Schlagzeug können ad libi- tum hinzutreten. Die mitreißende Musik verlangt allerdings intuitiv nach einem rhythmi- schen Rückhalt, sei es durch bloßes Händeklatschen. Nur der Gesang zum Lamm Got- tes unterscheidet sich im Charakter und soll a cappella ausgeführt werden. Neben Chorpartitur und Instrumentalstimmen steht dem Chorleiter auch ein Halbplayback (Band ohne Gesang) als CD zur Verfügung.

Die im Verlag des ebengenannten erschienene New York Mass von Christoph Schöpsdau entstand im Zusammenhang mit seinem Studium an der Manhattan School of Music. Vertont sind die fünf Ordinariumsteile, erweitert durch Psalm und Offertorium . Es handelt sich um den Psalm 67 ( Gott sei uns gnädig und segne uns ), der seinen litur- gischen Ort nach der Lesung hat. Liturgisch richtig ist auch der reine Instrumentalsatz zum Offertorium: Ein musikalisch ansprechender Satz, in dessen Mitte ein Doppel- Chorus nach Akkord-Symbolen improvisiert werden soll. Ein lohnendes Stück, auch ganz unabhängig von den übrigen Sätzen. Auch das Et incarnatus est soll durch eine längere Improvisation - mit abschließender Solo-Kadenz - musikalisch ausgestaltet werden, deshalb sollten die Musiker Profis sein. Im Sanctus wird überraschend die Me- lodik von GL 491 eingearbeitet. Mit Saxophon, Gitarre, Bass, Klavier und Schlagzeug ist die klassische Ensemble-Besetzung im Jazz gewählt worden. Für den Chor werden hö- here Ansprüche an die Intonation gestellt, der Schlussakkord im Credo z.B. schichtet einen F-Dur Akkord über einen Es-Dur-Klang. Eine neue Komposition Schöpsdaus, das englischsprachige Magnificat How my soul praises wird im Dezember 2010 in Michel- stadt uraufgeführt.

Die Jazz Messe von Manfred Honetschläger und Peter Reiter-Schaub schließlich ist weitestgehend abhängig von den Qualitäten der ausführenden Musiker. Fast hat man den Eindruck, hier eine ausschließliche CD-Produktion vor sich zu haben, deren alleini- ger Sinn darin besteht, konservierten Hörgenuss nachzuerleben. Reiter-Schaub wollte unterschiedliche Musikrichtungen zusammenbauen und verschiedene musikalische La- ger zusammenführen (Booklet). Ausgefeilte Bläser-Sätze á la Blood, Sweat & Tears und anspruchsvolle Chorsätze ergaben eine Produktion auf hohem Niveau, schon von daher eher weniger für den liturgischen Alltag geeignet. Der Stil-Mix wirkt janusköpfig, doch die eigenwilligen musikalischen Ausdeutungen der liturgischen Texte weiten den Hör- Horizont erheblich. Künstlerisch in jedem Fall eine überzeugende Musik!

Eine Fülle NGL-verwandter Zyklen ist in den letzten Jahren komponiert worden. Das musikalische Spektrum reicht von der einstimmigen Messe über Strophenlieder bis hin zum ausgefeilten Jazz-Arrangement, das nur noch mit Profis realisierbar ist. Abendfül- lende Kompositionen, die – oft als Auftragswerke entstanden – einen größeren Chor und den entsprechenden Orchesterapparat erfordern, sind von den Komponisten ge- nutzt worden, ihren persönlichen Stil erkennen zu lassen, auch wenn gelegentlich auf

26 historische Muster zurückgegriffen wird, bis hin zur Schichtung unterschiedlicher Stile unter Verwendung verschiedensprachiger Texte (Prince of peace). In einer Zeit, in der eine völlig ungestaltete, weiße Leinwand oder eine 4 ½ Minuten dauernde Pause als Kunst angesehen werden, kann eine aus unterschiedlichen Stilen sich collagenartig zusammensetzende Kompositionsweise wohl kaum als künstlerisch minderwertig gelten. ______

Die Werke mit ihren Besetzungen (überwiegend verlegt beim Strube Verlag, München):

Michael Benedict Bender The Miracle of Bethlehem A popular Christmas-Oratorio (T: Gustav Berger)

Leonhard Bernstein Mass : A Theater Piece for Singers, Players and Dancers (1971)

Missa Brevis for singers and percussion

Dave Brubeck To hope! – A Celebration Mass

Georg Cormann Oratorium Die Schöpfung für Solo, Chor und Big Band nach Texten des Alten Testaments

Thomas Gabriel Rock-Oratorium „Daniel“ für Solisten, 3stg. gem. Chor, Band und Bläser

Oratorium „Emmaus“ für Solisten, Chor, Band und Orchester

Oratorium „Bonifatius“

Oratorium „Kreuzweg“

Musical „Der Sonne entgegen“

Südtiroler Messe

Saarbrücker Messe

Missa mundi

Mainzer Messe für 3stg. gem. Chor, Keyboard und Bläser

Misa de Solidaridad für Solo, 4stg. Gem. Chor und Instrumente Wortgottesdienst Der Herr ist mein Hirte

Jazz & Gregorianik für gem. Chor und Band

Ralf Grössler Symphonisches Gospel-Oratorium Prince of peace für 2 Chöre und Orchester

27 Gospelmesse Missa parvulorum Dei für Solo, Chor und großes Orchester

Gospelmesse Mass of Joy für Sopran-Solo, 2 gem. Chöre und Orchester

Our Father in Heaven – Symohonische Rhapsodie über das Spiritual “Sometimes I feel like a motherless child” für Solo, Chor und Orchester (Oboe, 4 Saxophone, 3 Trompeten, 3 Posaunen, …)

Herbert Heine Sankt Georgener Messe für 4stg. Gem. Chor, Melodie-Instrumente (Flöte, Klarinette, Oboe, Trompete), Klavier, Orgel, Gitarre und Bass

Reimund Hess Messe des Friedens für 3-stg. Gem. Chor, Gemeindegesang (ad lib.), Keyboard (Klavier, Orgel), Rhythmus und 4 Bläser (ad lib.)

Spuren der Hoffnung

Weihnachten 21 Oratorium für Solisten, Chor und Band

Winfried Heurich Schalom Jerusalem! - Pilgermesse nach biblischen Texten für gleiche oder gemischte Stimmen und Instrumente

Manfred Honetschläger, Peter Reiter-Schaub Jazz Messe – Messe für unsere Zeit (CD-Produktion des hr)

Gregor Linßen Oratorium Die Spur von Morgen

Oratorium Adam

Oratorium Petrus und der Hahn

Tausend Jahre wie ein Tag – eine Messe an der Schwelle zu einer neuen Zeit für Chor und Band

28 Lorenz Maierhofer Gospel-Messe body and soul für gem. Chor (SATB oder SA1A2B), Sprecher und instrumentale Begleitung ad lib.

Johannes Matthias Michel Kleine deutsche Messe für 4-stg. gem. Chor und Tasteninstrument

Gloria-Messe für 1-stg. Chor , Tasteninstrument

Musical-Messe für Jugendchor, Sprecher, Rockband, Flöte, Klarinette und Klavier

Missa „Domine Deus“ für 3stg. Frauenchor und Orgel

Matthias Nagel Dietrich Bonhoeffer Liedoratorium für Sprecher, Chor (+ kleiner Chor) und Instrumente, Solo- Sopran und Solo-Tenor ad libitum

Reinhard Pikora Konzept Gospelmessen 1 und 2 Swinging Gospel im Gottesdienst

Christoph Schöpsdau New York Mass

Stephan Zebe Gospel-Messe „Kyrie“ für gem. Chor, Solo und Klavier, Bass und Schlagzeug ad libitum

Zum Schmunzeln – nicht ganz ernst gemeint:

Der Verlag XXL Ascendimus hat eine neue Publikation unter dem Titel Die Jakobslei- ter - Steigende Chorsätze für den liturgischen Gebrauch (SATB, mittelschwer) - vorge- legt. Wir alle kennen das Problem: unsere Chöre sinken. Oft verlieren Chöre trotz intensiver Stimmbildung und eindeutiger Dirigierzeichen innerhalb einer einzigen a cappella - Strophe einen Halbton, Ganzton oder noch mehr an Höhe. Unbefriedigend dabei ist, dass die Orgel dann wieder mit der Originaltonart einsetzt, was zu unangenehmen Rü- ckungen führt. Auch mehrere a cappella gesungene Strophen hintereinander sind zu- meist unschön, da oft infolge des Sinkens spätestens nach drei Strophen die untere Stimmgrenze der Sänger und Sängerinnen erreicht ist. Das muss nicht so sein! - Unser Verlag hält die patentierten „steigenden Chorsätze (choral ascendens)“ bereit. Steigende Chorsätze, sinkende Chöre - das ist unsere Antwort auf eines der größten Probleme unseres Chorwesens. Durch die patentierten Modulationspunkte (bis zu 5 pro Strophe) bleibt Ihr Chor (fast) immer „auf der Höhe“! Sollte dennoch Ihr Chor einmal besser als erwartet singen, entscheiden Sie als Chorlei- ter/ Chorleiterin spontan, den einen oder anderen MP (Modulationspunkt) einfach aus- zulassen. In jedem Fall wird Ihr Chor sicher im Hafen der Ausgangstonika landen.

29 BERICHTE und INFORMATIONEN

Kongress des Deutschen Musikrats „Einheit durch Vielfalt – Kirche macht Musik“

Der Deutsche Musikrat (DMR) hat im Jahr 2010 erstmals eine groß angelegte Kampag- ne durchgeführt, die das musikpolitische Augenmerk auf die Kirchenmusik gelegt hat. Dabei hat der Musikrat die Kirchen aufgerufen, ihr kirchenmusikalisches Engagement stärker in den Dienst der Gesellschaft zu stellen. So sollten in den kirchlichen Sozialein- richtungen auch musikalische Bildungsangebote geschaffen werden, heißt es in der am 16. Oktober in Berlin verabschiedeten Resolution des DMR. Darin plädiert der Musik- Dachverband auch für einen Ausbau des Musizierens mit älteren Menschen durch Ko- operationen zwischen Kirchen, öffentlichen Musikschulen und Laienmusikverbänden.

Auf Initiative des DMR wurden 2010 erstmals in enger Zusammenarbeit mit den beiden großen Kirchen bundesweit Aktionstage und ein Kongress in Berlin durchgeführt, an denen sich zahlreiche Kirchenmusikschaffende beteiligten. Mit Veranstaltungen, die vom Kirchenkonzert über Offene Singen, Nachtkonzerte, geistliche Lesungen, Gottes- dienste mit besonderer musikalischer Gestaltung etc. reichten, sollte Kirchenmusik in all ihren Facetten und durch die verschiedensten Akteure in den Focus der Öffentlichkeit gerückt werden. Auch wenn die Resonanz und Mitwirkung regional durchaus unter- schiedlich stark ausfiel, so lässt sich zusammenfassend feststellen, dass es bisher kei- ne derart koordinierte Aktion auf breiter kirchenmusikalischer und musikpolitischer Basis zur Wahrnehmung der Kirchenmusik gegeben hat.

Der Kongress und die Aktionstage „Einheit durch Vielfalt – Kirche macht Musik“ wurden in Kooperation mit und Unterstützung von folgenden Institutionen durchgeführt: Der Be- auftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Kulturbüro der EKD, Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, VG Musikedition, Konferenz der Leiter der Ausbil- dungsstätten für Kirchenmusik (KdL) und der Landeskirchenmusikdirektion der EKD, Arbeitsgemeinschaft der Ämter und Referate für Kirchenmusik der Diözesen Deutsch- lands (AGÄR), Verband evangelischer Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker in Deutschland, Allgemeiner Cäcilien-Verband für Deutschland, Als Auftaktveranstaltung fand am Abend des 14. Oktober ein Eröffnungskonzert mit ei- ner eingeschobenen Podiumsdiskussion im Französischen Dom am Gendarmenmarkt statt. Der eigentliche Kongresstag am Freitag, den 15. Oktober, fand im Berliner Abgeordne- tenhaus in repräsentativem Rahmen statt. Nachdem die eigens für den Kongress in Auf- trag gegebene Eröffnungsfanfare erklungen, begrüßte der Präsident des DMR, Prof. Martin Maria Krüger Teilnehmer und Akteure. Impulsreferate bzw. Grußworte hielten im Folgenden der Berliner Erzbischof Georg Kardinal Sterzinsky für die Deutsche Bi- schofskonferenz und Pröpstin Friederike von Kirchbach für die EKD. Die anschließen- den Arbeitsgruppen wurden geleitet von Bischof Karl-Heinz Wiesemann, Speyer; Dr. Daniel Deckers, Limburg; Dr. Joachim Arnold, Hildesheim und Dr. Reinhard Höppner, Magdeburg. Die Ergebnisse aller Arbeitsgruppen mündeten in eine Resolution, die sich an die Adresse der Politik richtet und die eindringlich auf die Wirksamkeit und die aktu- ellen Probleme der Kirchenmusik und ihrer Rahmenbedingungen hinweist. (ag)

30 ChorImPuls - Dirigieren und Singen 29. Werkwoche des RKM vom 26.-30. April 2011 in Limburg

Wiederum lädt das Referat Kirchenmusik im Bistum Limburg Kirchenmusiker/innen, Chorsänger/innen und Interessenten zur Werkwoche ein! Die Werkwoche beginnt am Dienstag, 26. April in der Osterwoche und endet am folgenden Samstagmittag. Es gibt im Tagesplan Zeiten für Einzelunterricht, Kleingruppenkurse und das Chorplenum. Die Gottesdienste während der Woche in der Kapelle des Priesterseminars in Limburg wer- den gemeinsam gestaltet. Zum Vortragsabend am Freitagabend werden Zuhörer einge- laden. Es werden folgende Kursinhalte angeboten: Chorleitung und Dirigieren, Stimmbildung (einzeln und chorisch), Neues Geistliches Lied, Gehörbildung.

Literatur: Chorliteratur aus dem „Chorbuch Kirchenjahr“ (Carus-Verlag) sowie Werke von Arvo Pärt, Samuel Barber, Charles V. Stanford, Balfour Gardiner, van Nuffel, Moses Hogan u. a. Zielgruppe: Chorleiter/innen, Chorsänger/innen, Kursteilnehmer/innen der D- und C-Ausbildung. Dozententeam: Annemarie Jacob (Stimmbildung und Gehörbildung), Judith Schnell (Stimmbildung, exemplarische Chorarbeit), Joachim Raabe (NGL), Joachim Dreher (Chorleitung), Gabriel Dessauer (Chorleitung), Andreas Großmann (Gehörbildung), Franz Fink (Gehörbildung, exemplarische Chorarbeit).

Grundsätzlich ist für alle Teilnehmer etwas im Kursangebot enthalten, das sie/ihn auf dem persönlichen Stand abholt. So wie es für "schnuppernde" Anfänger und Einsteiger die entsprechenden Kursstufen gibt, können sich auch routinierte Fortgeschrittene an schwierigeren Aufgaben versuchen. Gerade das Zusammentreffen dieser unterschiedli- chen Erfahrungsstufen gibt dem "Erlebnis Werkwoche" die Wirkungskraft. Einsteiger können prägende musikalische Erfahrungen sammeln und damit auch Anregung und Ermutigung mit nach Hause nehmen. Ist es doch in der kirchenmusikalischen Praxis der eigenen Gemeinde eher selten, dass man Zeit dazu hat, Musik unbekannter Stilrichtun- gen kennen zu lernen und damit auch zu experimentieren. Gleichzeitig üben sich die Er- fahrenen im Vermitteln ihrer musikalischen Vorstellungen.

Die Durchführung der Werkwoche hängt von der Zahl der eingegangenen Anmeldungen bis zum 1. März 2011 (Anmeldeschluss) ab. Also bitte unbedingt rechtzeitig anmel- den! Nähere Informationen und Anmeldung beim Referat Kirchenmusik, Bernardusweg 6, 65589 Hadamar Tel.: 06433 887 20 ; Fax: 06433 887 30 Email [email protected]

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Vergütungssätze Organist/inn/en gültig ab 1. Januar 2010

Faktor 1,25 Gruppe A A-Kirchenmusiker EG 13 / St. 3 21,19 € (26,49 €)

Gruppe B B-Kirchenmusiker, Schulmusiker mit Hauptfach Orgel EG 10 / St. 4 19,29 € (24,11 €)

Gruppe C1 C-Musiker mit Aufbaukurs Orgelspiel EG 9 / St. 4 17,58 € (21,98 €)

Gruppe C2 C-Musiker und Organisten-Prüfung D-plus EG 9 / St. 3 15,56 € (19,45 €)

Gruppe D D-Organisten EG 6 / St. 3 13,35 € (16,69 €)

Gruppe E ohne Prüfung EG 3 / St. 3 11,70 € (14,62 €)

Anmerkung: ein Gottesdienst gilt als 1 Dienst, unabhängig von der Dauer (d.h. von ca. 30 Min. für eine Andacht; 50-60 Min. für eine Eucharistiefeier; 120-150 Min. für Weih- nachtsmette oder Osternachtfeier oder sonstige Großveranstaltungen) Der Faktor 1,25 findet bei allen Diensten an Sonn- und Feiertagen (Eucharistiefeiern, Andachten, Vespern etc.) Anwendung. Bitte beachten: Die mitgeteilten Sätze gelten für Vertretungsdienste!

Neue Orgel für die Musikhochschule Mainz

Im Sommersemester 2010 wurde im Orgelsaal der Hochschule für Musik auf dem Campus der Mainzer Johannes Gutenberg-Universität eine neue Konzertorgel aufgebaut und intoniert. Im Rahmen einer internationalen Ausschreibung nach EU- Richtlinien hatten sich Orgelbaufirmen aus Deutschland und zahlreichen europäischen Ländern beworben. Die renommierte Firma Goll aus Luzern in der Schweiz ging als Sieger aus diesem Auswahlverfahren hervor.

Die Orgel wurde bewusst nicht in den Konzertsaal der Musikhochschule gebaut sondern steht in einem eigenen für dieses Instrument gebauten und akustisch optimalen Saal. Die Nutzung der Orgel ist auf diese Weise uneingeschränkt. Die Orgel wurde im Rah- men des 1. Internationalen Mainzer Orgelwettbewerbs vom 10. bis 16. Oktober 2010 erstmals einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Im November folgt die offizielle Einwei- hung, bei der u. a. Präsident Dr. Volker Jung von der Evangelischen Landeskirche in 32 Hessen und Nassau sowie Kardinal Karl Lehmann für das Bistum Mainz zugegen sein werden.

I Hauptwerk C-a3

1. Bourdon 16‘ C-f1 Holz gedeckt, ab fs1 Metall (96% Blei) 2. Principal 8‘ ab C Prospekt, 82% Zinn 3. Hohlflöte 8‘ C-H Holz gedeckt, ab c° als Rohrf löte, (96% Blei) 4. Spitzgamba 8‘ 70% Zinn 5. Octave 4‘ Metall (96% Blei) 6. Spitzflöte 4’ 36% Zinn 7. Superoctave 2‘ 70% Zinn 8. Mixtur III-IV 1 1/3‘ 70% Zinn 9. Trompete 8‘ 36% Zinn

II Positiv (schwellbar) C-a3

10. Gedackt 8‘ C-H Holz gedeckt, ab c° Metall (9 6% Blei) 11. Salicional 8‘ C-H mit Gedackt 8’, ab c° 70% Z inn 12. Principal 4‘ 70% Zinn 13. Rohrflöte 4‘ Metall (96% Blei) 14. Sesquialtera 2-fach 70% Zinn, C-H 1 1/3’ + 4/5’, ab c° 2 2/3’ + 1 3/5’ 15. Flageolet 2‘ 70% Zinn 16. Larigot 1 1/3’ 70% Zinn 17. Scharf III 1’ 70% Zinn 18. Klarinette 8‘ 36% Zinn (aufschlagend) Tremulant

III Schwellwerk C-a3

19. Bourdon 16’ C-h° Holz gedeckt, ab c 1 Metall (96% Blei) 20. Flöte 8’ C-H Holz gedeckt, ab c° offen, 36% Zinn 21. Gambe 8‘ 70% Zinn 22. Voix céleste 8‘ ab c° 70% Zinn 23. Traversflöte 4‘ 70% Zinn, ab c 1 überblasend 24. Nasard 2 2/3’ 36% Zinn 25. Schweizerpfeife 2‘ 70% Zinn, ab c° überblase nd 26. Terz 1 3/5’ 36% Zinn 27. Plein jeu III-IV 2’ 70% Zinn 28. Trompete 8’ 50% Zinn, franz. Konstruktion 29. Oboe 8‘ 70% Zinn Tremulant

Pedal C-g1

30. Principal 16’ Verlängerung Octavbass 8’, C-G Holz, ab Gs Prospekt, 82% Zinn 1a. Subbass 16‘ Transmission Bourdon 16’ HW 31. Octavbass 8‘ ab Fs Prospekt 82% Zinn 3a. Rohrflöte 8‘ Transmission Hohlflöte 8’ HW 32. Octave 4‘ 36% Zinn 33 33. Fagott 16‘ 50% Zinn, volle Länge, im Bass Posthornkröpfe 9a. Trompete 8‘ Transmission Trompete 8’ HW

Koppeln II-I, III-I, III-II, III16’-III, I-P, II-P, III-P, III 4’-P Spieltraktur rein mechanisch, Doppeltraktur (elektrisch und mechanisch) für die Regis- terzüge

Stimmung a1= 441 Hz bei 20° Celsius, Temperierung „Goll 2“ (le icht ungleichstufig).

Disposition Prof. Gerhard Gnann, Prof. Hans-Jürgen Kaiser, Simon Hebeisen.

JUBILÄEN

Im Dienst der Kirchenmusik unseres Bistums wirken:

50 Jahre Heribert Kissel, Lahnstein St. Martin Willibald Bibo, Kiedrich

40 Jahre Werner Seyfried, Wiesbaden St. Andreas Albert Kleinmann, Herschbach

Herzlichen Glückwunsch und Gottes Segen und herzlichen Dank für die geleistete Tätigkeit!

GEBURTSTAGE

Wir gratulieren:

Herrn Ludwig Eichelbeck, nebenamtlicher Kirchenmusiker in Frankfurt, zum 75. Geburtstag am 2. Oktober 2010.

Herrn Carl Witzel, nebenamtlicher Kirchenmusiker in Wiesbaden, zum 80. Geburtstag am 8. Dezember 2010.

Frau Judith Schnell, Domchordirektorin in Limburg, zum 30. Geburtstag am 7. Februar 2011.

Herrn Florian Brachtendorf, Bezirkskantor Rheingau mit Sitz in Geisenheim, zum 30. Geburtstag am 6. April 2011.

Frau Irmgard Sode, KMD a. D., ehemals Bezirkskantorin und Kirchenmusikerin in Wir- ges, zum 70. Geburtstag am 15. April 2011.

Herrn Wendelin Röckel, KMD a. D., ehemals Kirchenmusiker in Frankfurt-Niederrad und Frankfurt-Nied, zum 75. Geburtstag am 17. April 2011.

Allen herzlichen Glückwunsch und Gottes Segen!

34 PERSONALIA

Im Januar 2010 hat Florian Brachtendorf seine Tätigkeit als Bezirkskantor im Rhein- gau aufgenommen. Brachtendorf, geb. in Koblenz, studierte Kirchenmusik an der Hoch- schule für Musik der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz (Abschluss Diplom als B-Kirchenmusiker) und an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt (Abschluss als Diplom-A-Kirchenmusiker). Seine Lehrer waren u. a. Prof. Gerhard Gnann, Prof. Hans-Jürgen Kaiser, Prof. Martin Lücker, Prof. Gerd Wachowski (Orgel), Prof. Mathias Breitschaft und Prof. Winfried Toll (Chorleitung). Von April 2008 bis Dezember 2009 war Brachtendorf Assistent bei Regionalkantor Gre- gor Knop in Bensheim (Bistum Mainz). Seit 2007 leitet er außerdem die Chorschule des Wiesbadener Knabenchors, die er auch neben seinem Dienst als Bezirkskantor weiter betreut. Die Bezirkskantorenstelle für den Rheingau wurde nach über 3-jähriger Vakanz nun- mehr wieder besetzt. Im Zug der Neustrukturierung der Kirchenmusik im Rheingau wur- de der Dienstsitz des Bezirkskantorats nach Geisenheim verlegt, wo sich auch das Be- zirksbüro befindet. Im RKM arbeitet Brachtendorf in der Fachkommission Organisten- ausbildung mit.

Prof. Markus Eichenlaub ist zum 31. August aus den Diensten des Bistums ausge- schieden, um eine neue Tätigkeit als Diözesankirchenmusikdirektor für das Bistum Speyer und als Domorganist am Mariendom aufzunehmen. Markus Eichenlaub kam zum 1. August 1998 als Domorganist zum Bistum Limburg. Im Jahr 2000 wurde er zum ordentlichen Professor für Orgelspiel an die Folkwang Univer- sität für Musik in Essen berufen. Seit 2009 versah er zudem im RKM die Tätigkeit des Amtlichen Orgelsachverständigen für das Bistum. Wir danken ihm für seinen Dienst im Bistum und wünschen ihm für die Zukunft in der Heimat alles Gute, Erfolg und Gottes Segen!

Carsten Igelbrink wurde zum 1. September vom Limburger Domkapitel zum Domorga- nisten in der Nachfolge von Markus Eichenlaub berufen. Igelbrink wird somit seine be- währte Arbeit, die er 2001 als hauptamtlicher Domorganist in Limburg aufnahm, fortset- zen. Für das RKM wird er weiterhin in der Organistenausbildung und als Mitglied der Redaktion von KIMUBILI mitarbeiten.

Frau Bjanka Ehry wird ab November für ein Jahr befristet als Assistentin des Bezirks- kantors Westerwald die Tätigkeit als Kirchenmusikerin in Montabaur, Pfarrei St. Peter in Ketten, aufnehmen. Bjanka Ehry hat die Ausbildung zur C-Musikerin im Bistum Limburg absolviert, studierte Musikpädagogik für das Lehramt an Gymnasien, Germanistik und A-Kirchenmusik in Frankfurt. Sie übernimmt die gemeindlichen Aufgaben von Bezirks- kantor Andreas Loheide , der wegen Elternzeit seinen Beschäftigungsumfang für ein Jahr reduziert. Andreas Loheide wird die Aufgaben des Bezirkskantors jedoch weiterhin wahrnehmen. 35 TERMINE

Diözesan-Kirchenmusik-Tag 2011

Am Samstag, den 10. September 2011 wird der nächste Diözesan-Kirchenmusik-Tag in Wiesbaden stattfinden. Veranstaltungsorte sind das Roncalli-Haus und die Pfarrei St. Bonifatius im Zentrum Wiesbadens. Angesprochen sind alle Kirchenmusiker/innen, Chorleiter/innen, Organist/inn/en, Chor- sänger/innen, Kinder und Bands sowie an der Kirchenmusik Interessierte.

Das Programm ist derzeit in Planung und wird eine bunte und interessante Mischung aus allen Sparten der Kirchenmusik von Gregorianik bis NGL bieten. Neben Workshops, Kursen und Vorträgen, wird es auch wieder eine Kinder-Musical Aufführung geben. Der Tag endet mit einem Gottesdienst in der St. Bonifatius-Kirche. Nähere Informationen folgen zu gegebener Zeit.

Bitte den Termin bereits vormerken!

Diözesanwallfahrt der Kirchenchöre im Oktober 2012 nach Rom

Auf Anregung von Bischof Dr. Franz-Peter Tebartz-van Elst sind die Chöre des Bistums zu einer Diözesanfahrt nach Rom vom 12. bis 19. Oktober 2012 eingeladen. Die teil- nehmenden Chöre sollen nach Möglichkeit Gelegenheit haben zur musikalischen Mit- gestaltung von Gottesdiensten sowie Konzerten in der Ewigen Stadt.

An die Chorleiterinnen und Chorleiter sowie die Vorstände ergeht der Aufruf, die Chöre auf den Termin hinzuweisen. Nähere Informationen sowie eine vorläufige Anmeldung ergeht schriftlich noch vor Weihnachten, damit die Planungen anlaufen können.

6. Internationaler Orgelwettbewerb um den Hermann-Schroeder-Preis 2011 Vom 21.-24. September 2011 findet in Trier der 6. Internationale Orgelwettbewerb um den Hermann-Schroeder-Preis statt, der für junge Organisten/innen bis zum 35. Le- bensjahr ausgeschrieben wird. Informationen und Ausschreibung unter www.moselmusikfestival.de oder www.trierer- orgelpunkt.de und www.hermann-schroeder.de/ orgelwettbewerb

Anmeldung: Geschäftsstelle des Mosel Musikfestivals, Am Kurpark, D-54470 Bernkastel-Kues, Tel. 06531-500095

36 FREIE STELLEN

Organist/in gesucht Die Pfarrei Frankfurt-Nordweststadt, St. Matthias, (2.700 Katholiken) sucht zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine/n Organist/in. Die Gottesdienste an Sonn- und Feierta- gen um 9:30 Uhr sind gut besucht. Zur Verfügung steht eine Klais-Orgel von 1970 (28 Register, 2 Manuale/Ped.). Vergütung nach den Richtlinien des Bistums Limburg. Kontakt: Gemeindereferentin G. Braun-Hefter; Tel. 069-95 82 15-0 Thomas-Mann-Straße 2-4; 60439 Frankfurt a. M. Fax (069) 95 82 15 – 20; Email: [email protected]

Organist/in und/oder Chorleiter/in gesucht Für die Pfarreien Kronberg, St. Peter und Paul und Schönberg, St. Alban , wird ab 1. Januar 2011 ein/e Kirchenmusiker/in in Teilzeit gesucht.

Organistendienst ist in der Regel Samstags (Vorabendmesse in St. Alban) um 18.00Uhr, Sonntagsgottesdienst in St. Peter und Paul um 11.00Uhr sowie Feiertags- dienste, außerdem nach Möglichkeit weitere Dienste (Kasualien), wie z. B. Taufen, Hochzeiten, Vespern, Andachten und Gottesdienste im Seniorenheim. Folgende Instrumente sind für die Arbeit vorhanden: St. Peter & Paul, Kronberg: Orgel von Bosch, neu intoniert von Hugo Mayer, 29 Regis- ter, 2 Manuale u. Pedal. St. Alban, Schönberg: Orgel von Hugo Mayer, 16 Register, 2 Manuale u. Pedal

Chorleitung Der Kirchenchor St. Peter und Paul Kronberg hat zurzeit 25 engagierte Mitglieder, die sich auf eine motivierte und begeisterungsfähige Leitung freuen. Das Repertoire reicht von altklassischer Vokalpolyphonie bis zu neuer Chormusik. Die Werbung neuer Mit- glieder ist allen Verantwortlichen ein Anliegen. Zurzeit sind die Chorproben dienstags um 20.00Uhr.

Die Vergütung erfolgt nach der Arbeitsvertragsordnung des Bistums Limburg. Die Stelle kann auch gesplittet werden! Bewerbungsschluss: 15.11.2010

Bewerbungen sind zu richten an: Katholische Kirchengemeinde St. Peter und Paul Katharinenstr. 5 61476 Kronberg Tel.: 06173/952498 Email: [email protected]

37 Kirchenmusikalische Veranstaltungen November 2010- April 2011

Sonntag, 31. Oktober 17.00 Uhr Flörsheim a. M., St. Gallus-Kirche Christoph Graupner: Konzert zum 250. Todesjahr Klaus Mertens, Bariton; Academia Daniel (Tel Aviv) Leitung: Shaled Ad-El

17.00 Uhr Lorch, St. Martin Orgelkonzert Bezirkskantor Florian Brachtendorf

Sonntag, 7. November 16.30 Uhr Bad Ems „Vater unser“ Chor- und Orgelkonzert Pater Peter Harr, Texte und Meditation Volker Krebs (Trier), Orgel, St. Martins-Chor, Bad Ems, Bezirkskantorei „Capella Martini“, Leitung: Lutz Brenner

17.00 Uhr Bad Soden, St. Katharina Johannes Brahms: Ein deutsches Requiem Main-Taunus-Kammerchor, Studentisches Kammerorchester Frankfurt Leitung: Tobias Landsiedel

Freitag, 12. November 19.00 Uh Montabaur, St. Peter Benefizkonzert für die Neue Orgel Bläserklassen der Anne-Frank-Realschule

Samstag, 13. November 20.00 Uhr Idstein, St. Martin Verdi: Messa da Requiem Chor St. Martin, Idsteiner Kantorei, Martinis, Nassauische Kammerphilharmonie Leitung: Franz Fink und Carsten Koch

Sonntag, 14. November 17.00 Uhr Frankfurt, Mutter vom Guten Rat Lichte Unterwelten Requiem G. Fauré und Orgelkonzert F. Poulenc, Orgel: J. von Erdmann, Kirchenchor St. Peter und Paul, Kammerchor Hofheim, Sinfo- nietta Hofheim, Leitung: Berthold Mann-Vetter und Matthias Braun

17.00 Uhr Idstein, St. Martin Verdi: Messa da Requiem Chor St. Martin, Idsteiner Kantorei, Martinis, Nassauische Kammerphilharmonie Leitung: Franz Fink und Carsten Koch

17.00 Uhr Limburg, St. Anna-Kirche Englische Orgelmusik Philip Scriven, Lichfield (England)

38 17.00 Uhr Lorch, St. Martin Orgelkonzert Patrick Leidinger

Sonntag, 21. November 17.00Uhr Leuterod, St. Josef Westerwälder Orgelkonzert Junge Organisten präsentieren ihr Können

Samstag, 27. November 11.30 Uhr Bad Ems 30 Minuten Orgelmusik und Texte zum Advent Texte und Besinnung: Pfarrer Klaus Schäfer An der Sandtner-Orgel: Andy von Oppenkowski (Essen)

12.00 Uhr Dillenburg, Herz Jesu Orgelmatinee zum Advent Nicolo Sokoli (Bad Nauheim)

17.00 Uhr Flörsheim a. M., St. Gallus-Kirche Offenes Singen zum Advent mit den Chören der Flörsheimer Kantorei und Band "Tiberias"

Samstag, 27.11. bis Sonntag, 19.12. (täglich) 19.30 Uhr Frankfurt, Liebfrauenkirche Adventsliedersingen zum Frankfurter Weihnachtsmarkt

Sonntag, 28. November 15.00 Uhr Marienstatt, Abtei Salve Regina – Jubiläumskonzert „40 Jahre Orgelweihe“ Domchor und Jugendkathedralchor Fulda

16.00 Uhr Flörsheim a. M., St. Gallus-Kirche Musik zum Advent für Gesang, Flöte und Orgel Birgit Over, Katrin Heubach; Gesang; Barbara Hecker, Flöte; Manuel Braun, Orgel

16.30 Uhr Dreikirchen, St. Antonius Eremit Adventskonzert Kirchenchor „Cäcilia“ Dreikirchen

17.00 Uhr Nauort, St. Johannes der Täufer Musik zum Advent Kirchenchor „Cäcilia“ Nauort

Samstag, 4. Dezember 11.30 Uhr Bad Ems 30 Minuten Orgelmusik und Texte zum Advent Texte und Besinnung: Gemeindereferent Alfred Michel An der Sandtner-Orgel: Norbert Fischer (Lahnstein)

12.00 Uhr Dillenburg, Herz Jesu Orgelmatinée zum Advent Lutz Brenner (Bad Ems) 39 Sonntag, 5. Dezember 16.30 Uhr Bad Ems Johann Sebastian Bach: „Weihnachtsoratorium“ (Kantaten 1-3) Solisten, Neuer Kammerchor Leipzig, UNI-Vokalensemble Koblenz, UNI-Kammerorchester, Leipzig; Leitung: UMD Ron-Dirk Entleutner

17.00 Uhr Frankfurt-Bornheim, St. Josef Offenes Singen im Advent Junge Kantorei St. Josef; Leitung: Notker Bohner

18.00 Uhr Frankfurt-Bonames, St. Bonifatius Adventskonzert Werke von Mozart, J.M Haydn und Wilson u. a Musikalische Gruppen von St. Bonifatius, Bonames; Leitung: Doris Annau

Freitag, 10.Dezember 19.00 Uhr Arzbach, St. Peter und Paul Adventskonzert Mainzer Hofsänger

19.30 Uhr Montabaur, St. Peter Preisgekrönte Mädchenchöre singen zum Advent Mädchenchor Hannover, Mädchenchor laFilia am Landesmusikgymnasium

Samstag, 11. Dezember 11.30 Uhr Bad Ems 30 Minuten Orgelmusik und Texte zum Advent Texte und Besinnung: Diakon Bernhard Müller An der Sandtner-Orgel: Gunther Zimmerling (Bad Ems)

12.00 Uhr Dillenburg, Herz Jesu Orgelmatinée zum Advent: Karl-Peter Chilla (Dillenburg)

16.00 Uhr Limburg, Hoher Dom St. Georg Adventsmusik „Die Nacht ist vorgedrungen“ Limburger Domchor; Leitung: Domchordirektorin Judith Schnell

19.30 Uhr Frankfurt, Liebfrauenkirche Joh. Seb. Bach: „Magnificat“ Vocalensemble Liebfrauen; Leitung: Peter Reulein

19.30 Uhr Wiesbaden-Biebrich, St. Marien Herzogenberg: Die Geburt Christi Chöre von St. Marien und Wiesbaden-Klarenthal

20.00 Uhr Flörsheim a. M., St. Gallus-Kirche Weihnachtskonzert mit Werken von F. Mendelssohn, J. S. Bach, H. W. Zimmermann, J. Brahms und J. Rutter Andrea Reuter, Sopran; Anne Catherine Wagner, Alt; Christoph Kögel, Bariton Russische Kammerphilharmonie St. Petersburg, Flörsheimer Kantorei Leitung: DKMD Andreas Großmann

40 20.00 Uhr Hachenburg, St. Marien Adventskonzert Kammerchor Marienstatt

Sonntag, 12. Dezember 16.00 Uhr Wiesbaden - Schloß Biebrich Weihnachtskonzert Missa "Dona nobis pacem" von Carl Witzel (Erstaufführung) Soli, Chor und Orchester von St. Elisabeth, Leitung: Franz-Josef Oestemer

17.00 Uhr Flörsheim a. M., St. Gallus-Kirche Weihnachtskonzert mit Werken von F. Mendelssohn, J. S. Bach, H. W. Zimmermann, J. Brahms und J. Rutter Andrea Reuter, Sopran; Anne Catherine Wagner, Alt; Christoph Kögel, Bariton Russische Kammerphilharmonie St. Petersburg, Flörsheimer Kantorei Leitung: DKMD Andreas Großmann

17.00 Uhr Frankfurt, Mutter vom Guten Rat A Ceremony of Carols, Werke von Britten, Rutter, Manfredini, Vierdanck u.a., Frauenensemble Mirabilis; Kinderchor der Gemeinde Mutter vom Guten Rat, Johannes von Erdmann, Cembalo; Solisten Christine Strubel, Harfe und Leitung

17.00 Uhr Seck, St. Kilian Adventskonzert Kirchenchöre Seck/Irmtraut, MGV Seck

17.00 Uhr Wiesbaden-Klarenthal, ev. Gemeindezentrum Herzogenberg: Die Geburt Christi Chöre von St. Marien und WI-Klarenthal

Freitag, 17. Dezember 18.00 Uhr Wiesbaden-Biebrich, St. Marien Texte und Töne im Advent Chor von St. Marien mit Instrumentalisten

Samstag, 18. Dezember 11.30 Uhr Bad Ems 30 Minuten Orgelmusik und Texte zum Advent Texte und Besinnung: Pater Peter Egenolf An der Sandtner-Orgel: Lutz Brenner

12.00 Uhr Dillenburg, Herz Jesu Orgelmatinée zum Advent: Joachim Dreher (Dillenburg)

Sonntag, 19. Dezember 16.00 Uhr Eschelbach, St. Blasius Adventskonzert MGV Harmonie-Liederkranz Eschelbach, Kinderchor St. Peter in Ketten Montabaur 41 17.00 Uhr Limburg, St. Annakirche Vorweihnachtliches Adventskonzert bei Kerzenschein

17.00 Uhr Kriftel, St. Vitus Chor- und Orchesterkonzert Werke von Mendelssohn Bartholdy und Rheinberger Solisten, Chor und Orchester des Cäcilienvereins Kriftel, Leitung: Andreas Winckler

Sonntag, 26. Dezember 16.00 Uhr Limburg, Hoher Dom J. S. Bach: Weihnachtsoratorium, Kantaten I – III Ruth Ziesak, Sopran; Alison Browner, Alt; Markus Schäfer, Tenor; Klaus Mertens, Bass; Frankfurter Museumsorchester, Trompetenensemble Reinhold Friedrich Limburger Domsingknaben Leitung: Domkantor Klaus Knubben

18.00 Uhr Limburg, Hoher Dom J. S. Bach: Weihnachtsoratorium, Kantaten IV – VI Ausführende siehe oben

19.15 Uhr Geisenheim, Rheingauer Dom Hl. Kreuz Der Heiland ist geboren Weihnachtliche Instrumentalmusik und Lieder zum Hören und Mitsingen Kirchenchor Hl. Kreuz, Leitung und Orgel: Florian Brachtendorf

Freitag, 31. Dezember 21.30 Uhr Limburg, Hoher Dom Orgelkonzert zum Jahresschluss: Werke von J. S. Bach, C. Franck u. a. Domorganist Carsten Igelbrink

Samstag, 1. Januar 17.00 Uhr Dillenburg, Herz Jesu Festliches Neujahrskonzert für Sopran, Trompete, Streicher und Orgel Leitung und Orgel: Joachim Dreher

Sonntag, 9. Januar 16.30 Uhr Bad Ems Lichterkonzert Weihnachtliche Chor- und Orgelmusik in der kerzenerleuchteten St. Martinskirche St. Martins-Chor, Bad Ems; Johannes Müller, Orgel Leitung: Lutz Brenner

Freitag, 21. Januar, 19.30 Uhr Frankfurt, Mutter vom Guten Rat Al Maraya - Musik aus den grenzüberschreitenden Klangwelten des Alten Spa- niens Ensemble „Estampie“

42 Sonntag, 23. Januar 16.00 Uhr Kriftel, St. Vitus Orgelkonzert für Kinder: Karneval der Tiere Orgel: Andreas Winckler

Sonntag, 6. Februar 19.30 Uhr Frankfurt-Schwanheim, St. Mauritius Gospelkonzert: Glory to the Lord Vitus Gospel Voices und Band, Leitung am Klavier: Andreas Winckler

Sonntag, 20. Februar 17.00 Uhr Frankfurt, Mutter vom Guten Rat Bei Fürsten und Bischöfen Werke von Schaffrath, C. Ph. E. und J. Chr. Bach, Reinecke, Dupré u.a. Christine Strubel, Harfe; Johannes von Erdmann, Cembalo und Orgel

Samstag, 5. März 12.00 Uhr Dillenburg, Herz Jesu Heitere Orgelmusik zur Marktzeit am Faschingssamstag KMD Ulrich Knörr (Rothenburg o. d. T.)

Sonntag, 20. März 17.00 Uhr Flörsheim a. M., St. Gallus-Kirche Werke von Arvo Pärt, Nicolaus Bruhns, G. Ligeti, Joh. Seb. Bach u. a. Sonicart-Saxophon-Quartett, Berlin; Domorganist Daniel Beckmann, Mainz

Sonntag, 27. März 17.00 Uhr Frankfurt, Mutter vom Guten Rat Laila Laila. Eine musikalische Reise durch die Klangwelten Israels. Gesang und Rezitation: Esther Lorenz; Gitarre: Thomas Schmidt

18.00 Uhr Frankfurt-Bornheim, St. Josef Karl Jenkins: The armed man – A mass for peace Junge Kantorei St. Josef Leitung: Notker Bohner

Sonntag, 10. April 17.00 Uhr Dillenburg, Herz Jesu Johann Sebastian Bach: Matthäuspassion BWV 244 Leitung: Joachim Dreher

Sonntag, 17. April 17.00 Uhr Dillenburg, Herz Jesu „De lamentatione“ - Orgelvesper zur Fastenzeit: Joachim Dreher, Orgel

Sonntag, 15. Mai 17:00 Uhr Flörsheim a. M., St. Gallus-Kirche Wege zu Mozart: Francois Beck, Gaspard Fritz, Joh. A. Hasse und W. A. Mozart Dimitry Egorov, Altus; La Stagione, Frankfurt Leitung: Prof. Michael Schneider 43 REZENSIONEN

Bücher und Lehrwerke

Dentler, Hans-Eberhard: Johann Sebastian Bachs "Kunst der Fuge". Ein pythagoreisches Werk und seine Verwirklichung, Schott ED 9630; 39,35 € Von allen absoluten Meisterwerken der Musikgeschichte gibt die Kunst der Fuge die al- lergrößten Rätsel bezüglich ihrer Aufführungsbedingungen auf. So ist das Fehlen jegli- cher Besetzungsangabe neben Unklarheiten, in welcher Reihenfolge denn nun die Ein- zelsätze zu erklingen haben, ebenso ein Geheimnis wie auch die Tatsache, dass Bach noch nicht einmal den überlieferten Titel selbst dem Werk gegeben hat. Immer wieder gab es Deutungsversuche, das Werk aus der Aura einer reinen Augenmusik in die prak- tische Ebene zu „retten“. Weder der Instrumentierung durch Wolfgang Gräser in den 1930er Jahren noch anderen Besetzungsvarianten (teilweise mit mehreren parallelen Ensembles von Cembalo solo bis zum Jazz-Trio) ist es gelungen, das Werk in den Kon- zertsälen fest zu etablieren. Dabei ist laut Dentler die „Kunst der Fuge“ nicht nur ein musikalisch-philosophisches Lehrwerk, sondern anerkanntermaßen eines der bedeu- tendsten Kunstwerke europäischer Musik („opus miracolorum plenum“). Der Musiker und promovierte Mediziner Dentler unternimmt einen sehr überzeugenden Deutungsversuch, indem er das Werk als von den Denkgebäuden des antiken Mathe- matikers Pythagoras durchdrungen interpretiert. Er weist detailliert und wissenschaftlich fundiert nach, dass sich eine große Zahl an pythagoreischen Kennzeichen im Auto- graph und im Erstdruck zur Begründung anführen lässt: Rätselprinzip, Dualismus- Prinzip, Spiegelprinzip, das Vorkommen Ordnung stiftender Zahlen, Monadenprinzip u. a. m. Dentler kommt zu der neuen Erkenntnis, dass damit auch belegt wird, dass die Mizler- sche Sozietät, für die Bach die Kunst der Fuge als seinen dritten Beitrag komponierte, ebenfalls von der pythagoreischen Philosophie geprägt war. Dentlers Besetzungsvorschlag, der von einem Instrumentalgerüst, bestehend aus Violi- ne, Viola, Violoncello, Fagott und Kontrabass, ausgeht und im weiteren nur Instrumente einsetzt, die in Bachs Kantaten vorkommen, wurde bei bisherigen Aufführungen begeis- tert aufgenommen. Ein hochinteressantes, aufschlussreiches und an Querverweisen reiches Buch. (ag)

Friedrich, Felix und Kneipel, Eberhard: Orgeln in Thüringen – Ein Reiseführer, Verlag Kamprad, Altenburg, 242. Veröffentlichung der GdO; 14,80 € Thüringen ist als Jahrhunderte alter Nährboden reicher Orgelkultur bekannt. So interes- sieren auch die historischen Orgeln dieser Landschaft in besonderer Weise. Allein am Beispiel der Bach-Orgel in Arnstadt lässt sich eine wechselvolle Geschichte erzählen. Dieser prachtvoll ausgestattete Band dient darüber hinaus auch als Reiseführer, denn für die Orgelstandorte und ihre Umgebung sind weitere Sehenswürdigkeiten genannt, im Plauderton beschrieben und interessant aufbereitet. Informationen über Touristenbü- ros und regionale Museen runden den großzügig ausgestatteten Band ab. Um den Textteil nicht zu überfrachten, wurden die Dispositionen im Anhang abgedruckt. (wn)

Henderson, John: A Directory of Composers for organ, John Henderson Publish- ing, Swindon (UK), Vertrieb: Dr. J. Butz Musikverlag; 78,00 € Drei Jahre nach der Veröffentlichung des ersten Beckmann-Repertoriums erschien „der Henderson“, ein vergleichbares englischsprachiges Nachschlagewerk für Orgelkompo- 44 nisten. Stichproben ergaben, dass beide Lexika unabhängig voneinander entstanden sein müssen. So lassen sich verschiedene bei Beckmann fehlende Daten im Henderson sehr wohl auffinden. Man muss sich fragen, warum Beckmann in den überarbeiteten Auflagen nicht wenigstens die biographischen Daten einiger angelsächsischer Kompo- nisten übernommen hat? Da im Henderson die Komponisten in alphabetischer Reihenfolge erscheinen, erübrigt sich das umständliche Nachschlagen im Personenregister. Allerdings sind hier die Ver- lage nur im Kürzel angegeben, das dann seinerseits (bei Bedarf) nachgeschlagen wer- den muss. Henderson hat jeweils auch die Werke für Orgel und Orchester, Orgel und Soloinstrument usw. mit aufgelistet, Beckmann gliedert praxisnah nach Instrumenten – in einem weiteren Band. Dass dieses Nachschlagewerk hinsichtlich der angelsächsischen Komponisten den ver- gleichbaren deutschen überlegen ist, wird niemanden überraschen. Ich unternahm den Test mit Orgelkomponisten von lokaler Bedeutung: So ist Karl Fink aus Eltville z.B. ver- treten ( Zweites Orgelbuch für das Bistum Limburg ), die Montabaurer Karl und Karl Jo- seph Walter fehlen dagegen. Diese aber sind auch bei Beckmann nicht aufgeführt. Leider erscheinen im Henderson die Vornamen immer nur abgekürzt. Bei Komponisten wie Meister, Hartmann, Kraus, Pfeiffer, Richter, Schmidt und Müller erweist sich dies als hinderlich. Henderson legt auf detaillierte Lebensläufe viel Wert, Beckmann konzentriert sich auf vollständige Werklisten. Beckmann ordnet die Werke der einzelnen Komponisten über- sichtlicher ein. Er gibt die z.T. exotischen Verlage – nach Möglichkeit – mit Verlags- nummer an und liefert alle Daten zur Veröffentlichung, soweit diese bekannt sind. Hendersons Werkauflistungen sind dagegen nur verkürzt. Dass Henderson sein profundes Werk – es führt über 17.000 Komponisten auf! – nicht als trockenes Register versteht, beweist der mehr als 80 Seiten umfassende inte- ressante Anhang, der es wert wäre, als separate Schrift veröffentlicht zu werden. Fazit: Als internationales Standardwerk unverzichtbar für jeden, der sich öfters auch mit unbekannteren Orgelkomponisten zu beschäftigen hat. (wn)

Heinemann, Michael: Der Komponist für Komponisten. Bach-Rezeptionen vom 18. bis zum 20. Jahrhundert, Verlag Dohr ISBN 978-3-936655-71-1; 29,80 € Ein Buch, das versucht, auch nur einigermaßen der komplexen Rezeptionsgeschichte eines J.S. Bach mit einem seinerseits komplexen Oeuvre gerecht zu werden, hat sich viel vorgenommen und verdient allen Respekt. Der Autor verweist auf Arbeiten an einer umfassenden Geschichte der Bach-Rezeption, die zwischen 1997 und 2005 in Zusam- menarbeit mit zahlreichen Kolleg/innen vorgelegt werden konnte. Hier sei man sich noch einiger Lücken bewusst geworden, die man nun mit dem vorliegenden Band zu schließen sucht. Sehr dienlich für die zwanzig Kapitel der Arbeit sind Überschriften in Form von Schlag- wörtern, die das inhaltliche Zentrum des jeweiligen Aufsatzes markieren. Eine ergän- zende Zweitüberschrift erhellt sofort Zeit und Komponist, um dessen spezifischen Um- gang mit Bach es gehen soll. Beispielsweise „Zukunft“ als Schlagwort und dazu „Charles-Valentin Alkans Vision“ oder „Respekt“ und dazu „Max Regers Rücksichten“. Dies ist m. E. eine sehr kluge Weise, sich einem komplizierten Stoff zu nähern. Sie er- laubt dem Leser, bei Bedarf schnell auf Einzelaspekte zu stoßen und das Buch gleich- sam lexikalisch zu nutzen. Die äußerst fachkundig recherchierten Aufsätze, immer wieder mit Notenbeispielen ver- sehen, sind für den musikalischen Liebhaber nicht immer ohne weiteres verständlich. Zeitweise wird er sich sprachlich überfordert fühlen, vom Hintergrundwissen ganz zu schweigen. Der musikwissenschaftlich erfahrene Leser dagegen kann nur profitieren 45 und sein Bachbild in größere Zusammenhänge stellen. Der unterschiedliche Umgang mit Bach wird von Marpurg bis hin zu Messiaen beleuchtet. (jve)

Nohr, Andreas: Vom Umgang mit Orgeln – Eine inszenierte Studie zur Lage der Orgelkunst, MKH Medien Kontor Hamburg ISBN 978-3-934417-19-9, Best. Nr. 100421; 18,80 € Gleich vorweg: Der scheinbar spröde und wenig inspirierte Titel deckt sich in keiner Weise mit dem Inhalt! Die Handlung (ja, das Buch ist eine Erzählung, kein wissenschaftlicher Essay) vollzieht stets unerwartete, bisweilen etwas amerikanisch-schräg und skurril anmutende Wen- dungen. Aber man merkt, dass dahinter ein Autor steckt, der Liebe zur Orgel und Inno- vationsbegeisterung für eine neue Sicht der Orgel miteinander verbindet. Ein so interessant und informativ-unterhaltend aufgemachtes Buch habe ich schon lan- ge nicht mehr gelesen. Sehr empfehlenswert! (ag)

Schellert, Peter und Verena: Die Messe in der Musik. Komponisten – Werke – Literatur. Lexikon. 3 Bände, zu beziehen über Dr. J. Butz Musikverlag; 38,00 € Eigentlich ein schönes Kompendium, wenn man mal nachsehen möchte, welche Mes- sen es von einem Komponisten gibt. Doch, da das Lexikon schon 1999 erschienen ist, bedarf es dringend einer (arbeitsintensiven) Neuauflage. Manche Komponisten sind längst verstorben, viele Messen inzwischen neu erschienen und offensichtlich auch neu entdeckt. Einige Messen fehlen in der Aufzählung (Lloyd-Webber, Ryelandt). Ebenso ist nicht durchweg ersichtlich, ob das Credo mitkomponiert ist. Aber – um Raritäten aufzu- spüren, ist das Lexikon ein willkommenes Nachschlagewerk. (gd)

Schwemmer, Marius: Das Orgelwerk Maurice Duruflés im Orgelunterricht. Ein Bei- trag zu Form, Ästhetik und Technik, Tectum Verlag ISBN 3-8288-8578-0; 25,90 € Duruflé gilt unbestritten als einer der prominentesten Komponisten im Frankreich des 20. Jahrhunderts. Umso wertvoller ist es, wenn in überschaubaren Dimensionen ein rundum informatives Buch zu seiner Person, seinem Denken und Werk vorliegt, das gleichermaßen Fachleute und Musikinteressierte anspricht. Der erste Hauptteil widmet sich biographischen Details und betrachtet Duruflé als Publi- zist zu kirchenmusikalischen Themen bzw. als Organologe. Der zweite Hauptteil widmet sich der Analyse der Orgelwerke des Komponisten und benennt einige methodische Ansätze für den Orgelunterricht. In einem Anhang finden sich erfreulicherweise in Über- setzung Duruflés Erinnerungen an seine Lehrer Tournemire und Vierne. Gerade dieses Kapitel wird musikalische Laien interessieren, wirft es doch atmosphärisch ein lebendi- ges Bild auf eine ganze Epoche. Das handliche Buch enthält Photos, Notenbeispiele und Grafiken: Zudem ist es in sei- ner sprachlichen Ausformung angenehm zu lesen. (jve)

46 Spengler, Christoph: Tasta Groove 1. 113 Pop-Arrangements zur Begleitung Neuer geistlicher Lieder für Keyboard oder Klavier, Bärenreiter-Verlag BA 9278; 29,95 € (mit CD) Tasta Groove 2. 113 Pop-Arrangements zur Begleitung Neuer geistlicher Lieder für Keyboard oder Klavier, Bärenreiter-Verlag BA 9279; 29,95 € (mit CD) Tasta Groove 3. 113 Pop-Arrangements zur Begleitung Neuer geistlicher Lieder für Keyboard oder Klavier, Bärenreiter-Verlag BA 9280; 29,95 € (mit CD)

Klavierbegleitungen zu NGLs sind immer noch Mangelware. Vielmehr gehen Liedkom- ponisten und Notenverlage häufig davon aus, dass die Angabe von Akkordsymbolen ausreiche, um einen den eigenen spieltechnischen Fähigkeiten entsprechenden Satz zu improvisieren. Doch so wenig man davon ausgehen kann, dass jede/r aus bloßen Ak- kordsymbolen auch einen satz- und grifftechnisch einwandfreien Begleitsatz „basteln“ kann, so wenig wird man auch ein ausreichend geschultes Stilempfinden bei allen, die vor solche Aufgaben gestellt werden, voraussetzen können. Der Herausgeber Christoph Spengler legt nun – nach dem ebenfalls bei Bärenreiter er- schienenen Heft „Tasta-Tour“ – ein 3-bändiges Kompendium von Klavierbegleitsätzen vor, die sich im leichten bis mittleren Schwierigkeitsgrad bewegen und damit für viele leicht umzusetzen sind. Der Inhalt aller drei Bände bietet ein großes Spektrum unterschiedlicher Stile und Be- gleittechniken. Allerdings sind die bearbeiteten Melodien alle aus dem zwanzig Jahre al- ten Evangelischen Gesangbuch (wenngleich auch im katholischen Bereich bekannt und häufig gesungen). Melodien werden im Klaviersatz nicht mitgeführt. Es handelt sich also um wirkliche Begleitsätze! Die Sätze können und dürfen durch eigene Ergänzungen improvisatorisch erweitert werden. Ebenso ist natürlich ein werkgetreues Spielen nicht als unabdingbare Verpflich- tung zu sehen. Viele gestalterische Kniffe etwa rhythmischer Natur lassen sich gar nicht exakt genug notieren oder würden andernfalls das optische Bild unnötig erschweren. Die beigefügten CDs leisten bei der Umsetzung gute Dienste. Ärgerlich ist aber der Umstand, dass die CDs 2 und 3 keinen Index haben und deshalb die Titel alle einzeln durchgeklickt werden müssen, um sie aufzurufen. (ag)

Orgelmusik und Orgel plus

Albrechtsberger, Johann Georg: Concerto in B-Dur für Altposaune und Orgel (auch für Horn, Englischhorn, Viola), Bearbeitung, Dr. J. Butz Musikverlag Nr. 2226; 12,00 € Das original für Posaune und Streichorchester geschriebene Konzert ist hier vom Bear- beiter Alexander Därr für Altposaune und Orgel vorgelegt, ausdrücklich aber auch für Horn, Englischhorn oder Viola mit Orgel empfohlen (Notation der Solostimme im Alt- schlüssel). Der Orgelpart erscheint als Triosatz auf drei Systemen notiert. Ohne Frage klingt das Ganze sehr apart und ausgewogen, nur leider werden die meisten nebenamt- lichen Organisten sich restlos überfordert fühlen, was die technische Ausführung an- geht. Damit schränkt sich die Zahl möglicher Aufführungen deutlich ein. Die Partitur enthält die originalen dynamischen Angaben und Vorschläge für eine Manualverteilung bei einer kleineren zweimanualigen Orgel. Organisten, die bereit sind, für eine Begleit- aufgabe ein gehöriges Maß an Übungszeit zu investieren, werden allemal ihre Freude daran haben. (jve) 47 Andrae, Wolfgang (Hrsg.): Klassisches Album für Orgel vierhändig. Werke von J. Haydn, W. A. Mozart und J. Chr. H. Rinck, Butz Musikverlag Nr. 2232; 15,00 € Die Werke von Haydn (Partita in F Hob. XVIIa:2) und Mozart (Andante B-Dur aus KV 497) sind Einrichtungen für Orgel, während das Divertimento Nr. 2 von Rinck mit dem Choral „O Traurigkeit, o Herzeleid“ eher als Bearbeitung anzusehen ist, da aus praktischen Gründen an verschiedenen Stellen in den Text weiter eingegriffen werden musste. (wn)

Borstelmann, Jürgen: Tierliedervariationen für Orgel (Klavier), Dr. J. Butz Musik- verlag Nr. 2229; 10,00 € Die Variationen über vier Tierlieder sind für Orgel manualiter wie Klavier gleichermaßen geeignet. Allerdings lässt sich beispielsweise der Wettstreit zwischen Kuckuck und Esel mit unterschiedlichen Orgelregistern zweifellos überzeugender darstellen. Die den Lie- dern entsprechend bewusst einfach gehaltenen Stücke verraten Spielfreude und Impro- visationstalent mit sprudelnden Ideen. (wn)

Britton, Harold: Variationen über "I got rhythm" von George Gershwin (Reihe: Or- gelmusik aus England und Amerika, Band 25), Dr. J. Butz Musikverlag Nr. 2191; 10,00 € Achtung: Das ist keins der üblichen Werke in der Butz’schen Reihe „für Nebenamtliche“. Das ist ein veritabler Konzertreißer, der als Schlussstück jedem knackigen Orgelkonzert einen würdevollen Rahmen verleihen würde: Da ist alles drin: Virtuose Geläufigkeit, rhythmische Prägnanz, ein sattes Pedalsolo und zum Schluss eine Toccata im französi- schen Stil. Na, das ist doch mal eine Neuerscheinung! (gd)

Faulkes, William: Sonate d-moll (Reihe: Orgelmusik aus England und Amerika, Band 18), Dr. J. Butz Verlag Nr. 1963; 11,00 € Faulkes, William: Zehn Stücke – Orgelwerke Heft 3 – (Reihe: Orgelmusik aus Eng- land und Amerika, Band 26), Dr. J. Butz Verlag Nr. 2215; 16,00 € Gute englische Gebrauchsmusik, nicht mehr und nicht weniger. Die zehn Stücke sind im Gottesdienst gut verwendbar, die Sonate erscheint mir für ein Orgelkonzert doch et- was zu bieder. (gd)

Franck, César: Variations symphoniques pour orgue, Dr. J. Butz Musikverlag Nr. 2189; 14,00 € Jörg Abbing ist ein Kenner der Materie. Er hat Recht, wenn er im Vorwort schreibt, dass es durchaus Ähnlichkeiten zwischen den Orgelwerken und den original für Klavier und Orchester geschriebenen „Variations symphoniques“ von Franck gibt. Wenn man nun die Bearbeitung für Orgel vor sich sieht, glaubt man, einen der „Choräle“ oder die „Grande Pièce symphonique“ vor sich zu haben. Eine hervorragende Bearbeitung. Für Konzertorganisten eine absolut empfehlenswerte Bereicherung des Repertoires! (gd)

48 Frescobaldi, Girolamo: Orgel- und Clavierwerke. Band I.2 – Toccate e Partite d’intavolatura di cimbalo ... libro primo (Rom, Borboni, 1615, 1616), hrsg. von Christopher Stembridge, Bärenreiter-Verlag 8412; 46,95 € Girolamo Frescobaldis Musik hat Komponisten wie Froberger, Buxtehude, Johann Se- bastian Bach und Muffat stark beeinflusst. Der altbewährten Pidoux-Ausgabe stellt Bä- renreiter nun eine neue, Maßstab setzende Urtext-Edition in sechs Bänden an die Seite. Sie bietet sowohl dem interessierten Laien als auch dem professionellen Musiker und Musikwissenschaftler einen einzigartigen Notentext, der praktischen Ansprüchen genügt und zugleich umfassend über sämtliche gegenwärtig bekannten Quellen und ihre Ent- stehungsgeschichte unterrichtet. Die Urtext-Ausgabe der Orgel- und Clavierwerke wird von den wohl renommiertesten Spezialisten Christopher Stembridge und Kenneth Gilbert herausgegeben Band I.2 enthält die Toccaten und Partitensätze der in Rom veröffentlichten Erstausga- be von Nicolò Borboni. Sämtliche Bände der neuen Frescobaldi-Edition werden jeweils von einer differenzierten Einführung in die Entstehungsgeschichte, Quellensituation, Aufführungspraxis und Edi- tionstechnik eingeleitet und mit einem kritischen Bericht beschlossen. (Verlagstext)

Geffert, Johannes und Bähr, Hans-Peter (Hrsg.): Vesper Melody – Meditative Stü- cke aus der englischen Romantik, Heft 2 (Reihe: Orgelmusik aus England und Amerika, Band 21), Dr. J. Butz Musikverlag Nr. 2020; 18,00 € „Hilfe, ich brauche noch schnell ein schönes Stück zur Kommunion für morgen…!“. Kei- ne Angst! Hier werden Sie fündig. 18 leichte bis höchstens mittelschwere Stücke zum schnellen Lernen. Schöne, ruhige romantische englische Musik, die allenthalben Gefal- len finden wird. Eine große Orgel ist nicht erforderlich. Einige zusammengekoppelte 8’- Register, Tremulant rein und los geht’s! Viel Spaß! (gd)

Göttsche, Gunther Martin und Weyer, Martin: Kleine Choralvorspiele und Begleit- sätze zu den Liedern des Evangelischen Gesangbuches, Ostern bis Ende des Kir- chenjahres, Bärenreiter-Verlag BA 9273; 29,95 € (Einzelpreis); 25,50 € (Fortsetzungspreis) Die insgesamt auf sechs Bände geplante Edition folgt der Nummerierung des EG und richtet sich nach der Abfolge des Kirchenjahres. Der zur Rezension vorgelegte Band enthält Bearbeitungen zu allen Gesangbuchliedern. Lediglich Wiederholungen und Kanons wurden ausgespart. Aus der Praxis heraus ist diese Reihe speziell für nebenamtliche Organisten konzipiert. Gunter Martin Göttsche hat als Leiter der Kirchenmusikschule Schlüchtern direkten Kontakt zu den Schülern und Studierenden. Die fantasiereichen Vorspiele sind leicht bis mittelschwer, die Begleitsätze durchweg noch einfacher und vom Blatt spielbar. Martin Weyer, bekannt als Herausgeber sowie durch seine Publikationen über Reger und Rheinberger, tritt auf dem gewohnten Niveau hier auch als Komponist in Erscheinung. Eine Nummernkonkordanz am Schluss des Bandes klärt über die rein katholische Brauchbarkeit auf: 12 der hier bearbeiteten gut 50 Lieder sind derzeit im katholischen Gesangbuch „Gotteslob“ zu finden. Auch auf biografische Notizen nebst Abbildung wurde nicht verzichtet. Dagegen irritiert mich der auf Vorder- und Rückseite insistierend blickende Christus. Ei- gentlich mag ich den Stil der Nazarener – aber wo wäre da die Verbindung zu zeitge- nössischen Vorspielen? (wn) Günther, Gerhard: Pastorale über den Choral "Wie schön leuchtet der Morgens- tern" für Violine, Viola und Orgel, Dr. J. Butz Musikverlag Nr. 2242; 8,00 € 49 Literatur dieser Art ist für weihnachtliche Gottesdienste und Kirchenkonzerte gleicher- maßen willkommen. Gerhard Günther stand zeitlebens in der kirchenmusikalischen Praxis und hat hier ein Werk geschrieben, das in seiner romantischen Diktion und leichten, klaren Verständ- lichkeit in jedem Fall sehr gut ankommt. Der Herausgeber Franz Holl sang selbst 17 Jahre im Knabenchor der Stadtkirche Mitt- weida unter der Leitung von Gerhard Günther. Es handelt sich bei der Pastorale um eine Erstveröffentlichung. Die beiden Streichinstrumente dialogisieren zwischen einem Pastoralthema im typi- schen 6/8-Takt und dem cantus firmus des Chorals, der seinerseits zwischen Violine und Viola hin und her wandert. Die Orgelbegleitung ist technisch unschwer auszuführen; auf zwei Systemen notiert bleibt es dem Spieler überlassen, ob er das Pedal verwenden möchte oder nicht. Auch eine Harmonium-Begleitung erscheint denkbar. (jve)

Hielscher, Hans Uwe: Variationen über „Frère Jacques“ für Orgel, Dr. J. Butz Musikverlag Nr. 2235; 12,00 € An Hielschers Kompositionen besticht die Auswahl der Mittel. Er versteht es, die Klang- farben der Orgel mit den jeweils adäquaten musikalischen Ideen geschickt einzusetzen und die technischen Ansprüche konsequent zu limitieren, ohne gleichzeitig auf Effekte verzichten zu müssen. In der einfallsreichen Motivik hört man die Klangfarben quasi voraus. Dosiert eingesetzte musikalische Mittel (Tonartenwahl, Alterationen, Rückungen usw.) entsprechen der Schlichtheit der Vorlage, deren französische Provenience in jedem Takt aufzuspüren ist. Die ungleich schwierigere, für eine große französische Orgel eingerichtete Komposition Pierre Cocheraus mag vielleicht den Anstoß dazu gegeben haben, einen Gegenentwurf zu präsentieren. (wn)

Horn, Erwin (Hrsg.): Romantische Orgeltranskriptionen Band 2 (Werke von Men- delssohn Bartholdy, Schumann, Chopin, Weber u.a.), Dr. J. Butz Musikverlag Nr. 2256; 14,00 € Diesen Organisten ist aber auch gar nichts heilig! Zuerst bearbeiten sie schöne Orches- terstücke für die Orgel und nun motzen sie auch noch die berühmtesten Klavierwerke auf. Wie kann man sich nur an Chopins berühmter A-Dur Polonaise vergreifen! Jedem von uns wird angesichts dieses Werkes zunächst ein in die Tasten donnernder Pianist vor- schweben. Aber die Orgelbearbeitung hat zweifellos ihren eigenen Reiz. Im Endeffekt bleibt es Ge- schmackssache. Horn’sche Orgelbearbeitungen sind immer hervorragend, so auch diese Sammlung. U. a. kommt der berühmte erste Satz aus Schumanns Rheinischer Sinfonie (geschickt ge- kürzt) vor, bei der man auch zunächst den satten Orchestersound vermisst, bis man merkt, dass eine Orgel eben auch gut klingen kann. Für Experimentierfreudige! (gd)

50 Jones, Robert: Contrasts. Sechs Orgelstücke (Reihe: Orgelmusik aus England und Amerika, Band 24), Dr. J. Butz Musikverlag Nr. 2187; 13,00 € Dass Butz auch gute neue Werke in Deutschland veröffentlicht, ist höchst erfreulich. Beste englische Orgelmusik des 1945 geborenen Robert Jones vereint der vorliegende Band. Die Titel sind schon viel versprechend: Marche triomphale, Rèverie, Trompette galante, Air sentimental, Pièce Lyrique und Carillon Fanfare. Gute, originelle Musik, auch für Nebenamtliche (pardon: Teilzeitbeschäftigte) gut mach- bar und lohnend. Eine durchaus erfreuliche Abwechslung! Solche Musik einzustudieren fördert auf alle Fälle einen leichten Anschlag auf der Orgel, ganz abgesehen vom musi- kalischen Gewinn. (gd)

Langlais, Jean: Pastorale et Rondo für 2 Trompeten in C und Orgel (oder Klavier), Wolfgang G. Haas-Musikverlag Köln; 24,50 € Literatur für zwei Trompeten und Orgel ist im Gegensatz zur einfachen Besetzung nicht gerade üppig. Insofern sind Stücke wie dieses, zumal von einem geschätzten Kompo- nisten des 20. Jahrhunderts, gefragte Werke. Die Herausgeber hatten es 1981 kurzfris- tig bei Langlais bestellt und 1982 uraufgeführt und eingespielt. Das Thema der Pastorale stammt von einer Sonatine des Komponisten für Trompete und Orgel, erfährt hier aber durch die zweite Trompete eine harmonische und kon- trapunktische Erweiterung. Die Trompeten dialogisieren mit der Orgel, um dann zu- sammen zu gehen. Das Rondo-Thema wird vielen als „Pasticcio“, etwa im Freiburger Orgelbuch, bekannt sein. Wie beim ersten Satz kommt es zu einer Erweiterung, die allen Beteiligten Raum gibt zur Entwicklung von Virtuosität. Das Stück ist auch mit Klavier zugelassen. Dies sollte jedoch eher eine Notlösung sein. Die ganze Diktion ist mittels der Orgel stimmiger und vor allem farbiger darzustellen. Die Trompetenstimmen sind sorgsam mit Stichnoten vor den Einsätzen und Klammern eingerichtet. Insgesamt eine ansprechende Literatur für Konzerte. Der erste Satz passt gut in den liturgischen Rahmen. Das Rondo ist möglicherweise etwas lang. (jve)

Laufer, Norbert: Glockenspiele für Melanchthon für Carillon (oder Klavier oder Orgel), Edition Dohr E.D. 28808; 14,80 € Die Ausführbarkeit mit verschiedenen Instrumenten lässt jedes Mal ein anderes Stück erklingen und alle Varianten haben ihren Reiz. Entstanden ist das aus neun kurzen Sät- zen bestehende Werk für das Glockenspiel im Kirchturm der Melanchthonkirche in Düs- seldorf-Grafenberg. Teilweise spielt die Einstimmigkeit eine wesentliche Rolle. Harmo- nisch in gemäßigter Moderne gehalten, spricht das Werk besonders in seinen rhythmi- schen Strukturen an. Mancher Satz wirkt scheinbar einfach, erfordert aber dann doch den geübten Spieler. Lebendige und unkonventionelle Musik. (jve)

Laufer, Norbert: Song and Dance für Sopran-Saxophon und Orgel, Edition Dohr E.D. 28801; 14,80 € (Partitur und Stimme) Das etwa achtminütige Stück trägt einen ungewöhnlichen Titel für Instrumentalmusik. Er verweist auf die Jazz-Geschichte des Saxophons, ohne dass bei dem Werk der Jazz im Vordergrund steht. Die melodischen Elemente werden häufig wiederholt oder in wei- te Lagen gespreizt. Das Stück ist klar strukturiert und so vom Rezipienten wahrnehm- bar. Es ist schnelle Musik, die im zweiten Satz vom Saxophonisten theatralisches Ein- atmen zwischen atemlos schnellen Passagen sowie Klappengeräusche fordert. (jve) Lemmens, Jacques-Nicolas: Orgelwerke Band VII: Zwei leichte Orgelzyklen, Dr. J. Butz Musikverlag Nr. 2207; 14,00 € 51 Lemmens, der als Begründer einer eigenen Orgeltradition gilt, hat hier für Liebhaber und Organisten im Nebenamt leicht spielbare Charakterstücke für den Gottesdienst ge- schrieben. Etliche davon sind nur eine Seite lang, klingen hübsch und sind vielfach oh- ne oder wahlweise mit nur wenig Pedal ausführbar. Die Improvisationen stellen das ers- te veröffentlichte Orgelwerk des Komponisten dar, vermutlich eine Frucht seines Kom- positionsstudiums bei Fétis. Pedalspiel ist rein optional. Die originalen Pedal-Hinweise sind allerdings empfehlenswert, um dem polyphonen Satz größere Transparenz zu ver- leihen. Die „Zehn Orgelimprovisationen“ können alle auf einem einmanualigen Instru- ment gespielt werden. Hier und da finden sich Angaben wie Jeux doux oder Plein jeu. Ansonsten bleibt die Registrierung dem Interpreten überlassen. Selbstverständlich im Rahmen der dynamischen Angaben und unter Berücksichtigung der Stilistik der Zeit. Die Stücke sind überdies für den Orgelunterricht empfehlenswert. (jve)

Lochner, Michael (Hrsg.): Neue Vorspiele und Intonationen zum Evangelischen Gesangbuch (Bayern/Thüringen) für Tasteninstrumente, Strube Edition 3331; 35,00 € Der umfangreiche Band hat Orgelbuchformat und kann deshalb nur dort bequem zum Einsatz kommen, wo das Notenpult breit genug ist für zwei Orgelbücher – es sei denn, man harmonisiert frei aus dem Gesangbuch. Ein Team von zehn Kirchenmusikern und Komponisten der Jahrgänge zwischen 1948 und 1964 hat sich der Aufgabe gestellt, ei- ne für alle Tasteninstrumente gleichermaßen geeignete Vorspielsammlung zu erarbei- ten. Diese kurzen Stücke sind nicht nur leicht zu spielen, sondern aufgrund ihrer Tonali- tät und Struktur auch für den Hörer unmittelbar nachvollziehbar. Die Tonarten sind weit- gehend übereinstimmend mit den im Gesangbuch „Gotteslob“ enthaltenen Liedern. Lei- der fehlt eine Nummernkonkordanz zum Katholischen Gesangbuch. Wer weiß schon, dass „Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut“ dieselbe Melodie wie GL 226 „Nun freut euch hier und überall“ hat? (wn)

Mendelssohn Bartholdy, Felix: Variations sérieuses op. 54. Bearbeitung für Orgel von Martin Schmeding, Dr. J. Butz Musikverlag Nr. 2224; 12,00 € Die Variations sérieuses gelten nicht von ungefähr als Höhepunkt im Klavierschaffen des Komponisten Mendelssohn. Sie enthalten zahlreiche polyphone Strukturen. Darun- ter eine fugierte Bearbeitung und ein Trio. So eignen sich die Variationen sehr gut für eine Orgelbearbeitung, die Martin Schmeding mit Gespür umsetzt. Zum Teil wird eine Pedalstimme geschickt ergänzt, wenn es darum geht, einen Klavierpedal-Effekt auf der Orgel umzusetzen oder die rhythmische Prägnanz zu erhöhen. Denn das Klavier hat ja bekanntlich einen weitaus percussiveren Effekt als die Orgel. Die dynamischen Anga- ben Mendelssohns bleiben alle erhalten. Gelegentliche Angaben hinsichtlich der Manu- alverteilung wie der Pedal-Registrierung verdeutlichen die gemeinte Struktur. Im Kon- zertbereich stellt das Werk eine wertvolle Bereicherung der originalen Orgelmusik Men- delssohns dar. (jve)

Middelschulte, Wilhelm: Sämtliche Orgelwerke Band III, Bärenreiter-Verlag BA 8493M; 31,95 € Im Rahmen der siebenbändigen ersten Gesamtausgabe der bis dato völlig unterschätz- ten und damit fast gänzlich unbekannten Orgelwerke des deutsch-amerikanischen Komponisten Wilhelm Middelschulte (1863-1943) ist nun der Band III erschienen. Er umfasst vier Werke aus dem Zeitraum von 1907 bis 1923: Eine Toccata über den Cho- ral „Ein feste Burg ist unser Gott“, einen Canon in F-Dur (nach einem Thema von J.S. Bach), eine „Méditation sur le choral Tout passé ici bas“ und eine „Chromatische Fanta- sie und Fuge“. Middelschulte war nach seinem Musikstudium in Berlin seit 1891 als Di- 52 rektor der Orgelabteilung des American Conservatory in Chicago und des Wisconsin Conservatory in Milwaukee tätig. Als Orgelvirtuose machte er Schule, Busoni nannte ihn den „Meister des Kontrapunktes“ und größten Kontrapunktiker seit Johann Sebastian Bach. Das bestätigt sich überzeugend, wenn man die Orgelwerke betrachtet. Dabei sind sie auffallend virtuos gestaltet und kommen selbstredend nur für ausgereifte Orgelvirtu- osen in Frage. Das zweisprachige Vorwort wie die Werkeinführungen sind sehr hilfreich. Außerdem veranschaulichen zwei Dispositionen aus Middelschultes Wirkungsbereich die Klangwelt des Komponisten. (jve)

Rockstroh, Andreas (Hrsg.), Orgelmusik zur Weihnachtszeit II, Bärenreiter-Verlag BA 9258; 25,95 € Einem erfolgreichen Weihnachtsalbum folgt hier die Fortsetzung. Ein kleinerer erster Teil ist dem Advent gewidmet, der größte Teil dann der Weihnachtszeit selbst. Es ver- sammelt überwiegend Literatur des 19. Jahrhunderts, oft von wenig bekannten Kompo- nisten, was die Qualität durchaus nicht schmälert. Neben freien finden sich überwie- gend choralgebundene Stücke, die sich vielfach für den liturgischen Rahmen eignen. Die Komponisten sind Theophil Forchhammer, Carl Piutti, Heinrich von Herzogenberg und zahlreiche andere. Einige biographische Notizen finden sich am Ende des Bandes. Technisch bewegen sich die Stücke zwischen leicht und allenfalls mittelschwer und sind somit eine Fundgrube nicht nur für nebenamtliche Organisten, aber auch für diese. Schulmusiker und hauptamtliche Kirchenmusiker können ihrerseits von dieser Auswahl profitieren, selbstverständlich auch für den Unterricht. (jve)

Sperger, Johann Matthias: Leichte Orgelwerke mit dem "Wegweiser auf die Or- gel", Dr. J. Butz Musikverlag Nr. 2243; 14,00 € Der aus Niederösterreich stammende Sperger ist vor allem als Sinfoniker und Kompo- nist von Instrumentalkonzerten, darunter sieben Kontrabasskonzerte (sein eigentliches Instrument) bekannt. Die Zusammenstellung der vorliegenden Orgelstücke ist allein auf liturgische Zwecke gerichtet und trägt sicher dazu bei, hilflosen Organisten das Praelu- dieren und Intonieren zu erleichtern. Unter den durchweg kurzen Stücken finden sich sogar Ein- und Zweizeiler. Die ersten Stücke in den acht Kirchentönen sind sehr kon- servativ gehalten, man möchte fast an Andrea und Giovanni Gabrieli denken. Ganz an- ders steht es mit den Stücken zur Lesung oder vor und nach der Predigt. Diese offenba- ren viel von der aktuellen Stilistik der Zeit und weisen Sperger als einen Komponisten mit persönlicher Note aus. Die Stücke sind alle auf zwei Systemen notiert. Pedal- gebrauch ist dem Spieler frei gestellt und ohnehin nur bei Bedarf von Stütztönen üblich. (jve)

Tschaikowski, Peter Iljitsch: Nussknacker-Suite op. 71 a für Orgel zu vier Händen, Dr. J. Butz Musikverlag Nr. 2240; 20,00 € Die wunderbare Nussknacker-Suite liegt bereits in einer Bearbeitung für Orgel solo vor. Hier ist nun eine feinsinnig gelungene Transkription für Orgel-Duo angefertigt worden, die in fabelhafter Weise die Finessen des originalen Orchestersatzes aufscheinen lässt. Von einer dreimanualigen Orgel ausgehend (zwei Manuale wären notfalls auch umsetz- bar) werden Registriervorschläge und vor allem Fußtonlagen mitgeteilt, die für die klangliche Umsetzung eine wesentliche Hilfe darstellen. Pedalarbeit ist vor allem vom links sitzenden Spieler verlangt und wenn beide Spieler gleichzeitig am Pedalspiel teil- haben, dann so, dass man sich nicht gegenseitig behindert. Für diese geschickte Arbeit

53 kann man Alexander Därr nur beglückwünschen. Ein Orgelkonzert mit diesem Werk rückt das Instrument in ein ungewohntes Licht. Beste Unterhaltung auf hohem Niveau für ein breites Publikum! Dilettierende Organisten sollten sich nicht an diesem Werk versuchen, es wäre schade darum. (jve)

Umbreit, Carl Gottlieb: Zwölf Orgelstücke verschiedener Art. Herausgegeben von Andreas Rockstroh, Butz Musikverlag Nr. 2115; 11,00 € Die hier vorgelegten Orgelwerke des Enkelschülers von Johann Sebastian Bach sind kleine hübsche Stücke im Stil von Christian Heinrich Rinck. Bis auf das letzte Stück kommt jedes mit zwei Druckseiten aus, so dass das Umblättern entfällt. Ein klares No- tenbild auf drei Systemen, ausschließlich in modernen Schlüsseln notiert, rundet die Publikation ab. (wn)

Vierne, Louis: Sämtliche Orgelwerke Band VI (6ème Symphonie op. 59 - Urtext- Ausgabe), Bärenreiter-Verlag BA 9226; 26,95 € Diese Neuausgabe ist einfach eine Freude: Viernes Musik ist so gut lesbar, die Schrift groß, aber nicht zu groß. Auf Wendestellen wurde nach Möglichkeiten geachtet. Vorwort und kritischer Bericht (jeweils dreisprachig) sind umfangreich, die Faksimiles hoch inte- ressant. Das Werk selbst gehört mit zum Schwersten, was es in der Orgelmusik gibt, vor allem wegen der schier endlosen Pedaltonleitern am Ende des Finals. (gd)

Willscher, Andreas und Bähr, Hans-Peter (Hrsg.): Scherzi in der Orgelmusik. Die besondere Gattung Band 6, Dr. J. Butz Musikverlag Nr. 2200; 24,00 € Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich das Scherzo in der Or- gelmusik als autonomes Charakterstück oder orchestral in Orgelsinfonien eingebettet. In anderen Gattungen der Instrumentalmusik hatte es sich bekanntlich längst vorher etabliert. Die vorliegende Sammlung von Scherzi vereint explizit unbekannte Stücke jenseits der ausgetretenen Pfade. Der Schwierigkeitsgrad bewegt sich von leicht bis mittelschwer. Etliche der Stücke sind manualiter oder mit wenig Pedal ausführbar. Ins- gesamt vereinen sich 19 Stücke aus dem französischen, englischen und amerikani- schen Kulturkreis. Die Gegenwart ist mit dem deutschen Komponisten und Herausgeber Andreas Willscher vertreten. Eine lebendige Abwechslung im konzertanten wie liturgi- schen Bereich. (jve)

Willscher, Andreas und Bähr, Hans-Peter (Hrsg.): Reveries. Träumereien in der Orgelmusik, Die besondere Gattung Band 7, Dr. J. Butz Musikverlag Nr. 2250; 24,00 € In der Reihe „die besonderen Gattung“ kommen immer auch zahlreiche unbekannte, längst vergriffene Kompositionen wieder zum Vorschein. Als echte Rarität darf sicher Regers „Rêverie“, aus der Sammlung „Bunte Blätter“ op. 36 für Klavier, in der authenti- schen Bearbeitung seines Schülers Karl Hoyer gelten. Die Übertragung weicht nur we- nig vom Original ab, stellt aber eigentlich eine Harmonium-Bearbeitung dar. Dasselbe gilt für Hermann Wenzels Wagner-Übertragung aus den Wesendonck-Liedern. Sehr hübsch die Fauré-Komposition „Après un Rève“ in der Bearbeitung von Andreas Will- scher. Schumanns Träumerei als romantisches Klavierstück par excellence ist als Über- tragung durch Rudolf Bibl autorisiert. Mit der „Rêverie Dramatique“ von Ketèlbey liegt

54 die Sammlung im Trend. Weitere weitgehend unbekannte Genre-Stücke von Rickman, van Durme, Steane, Nash, Commette, Galbraith, Lutkin und Pearce vervollständigen die Sammlung. Es ist wohl leider so, dass man nicht auf allen Orgeln die entsprechenden traumhaften Klangfarben finden kann. Bei vielen der Stücke ist vor allem ein schwellba- res Werk Voraussetzung dafür, ins Träumen zu geraten. (wn)

Instrumentalmusik

Reich, Bernhard (Hrsg.): Unterwegs. Pop-Klavierbuch, Strube-Verlag VS 3329; 19,00 € (incl. CD) Zur Klärung vorweg: Dieser ringgeheftete Band hat nichts zu tun mit der Reihe „Unter- wegs“, herausgegeben vom Liturgischen Institut in Trier und veröffentlicht im gleichen Verlag. Insofern ist der Titel nicht besonders glücklich gewählt. Im Zusammenhang mit berufsbegleitenden Lehrgängen an der Bundesakademie Tros- singen entstand diese Sammlung gottesdienstlicher Klavierliteratur. Unter den Kompo- nisten finden sich bekannte Namen wie Peter Hamburger, Matthias Nagel und Stephan Zebe. Neben Kompositionen, denen ein Choral zugrunde liegt – besonders schön klingt Ale- xander Jacobis „Ich steh an deiner Krippen hier“ - gibt es freie Stücke von der schlichten Meditation bis hin zur Rhythmus-Etüde, mit der man zwei sich überlagernde Rhythmen studieren kann. Der Titelsong Unterwegs von Hans-Joachim Eißler stellt eine gut ge- machte Rock-Ballade dar, Dèja Lu von André Engelbrecht bildet dazu den jazzigen Ge- genpart. Die meisten der 24 Stücke wurden auf die beiliegende CD eingespielt, klingen aber ir- gendwie elektronisch. Dennoch eine brauchbare Hilfe hinsichtlich des Rhythmus, vor al- lem bei Notationen, die den gewünschten „Stil“ nicht korrekt wiedergeben können oder aber dann zu unübersichtlich aussehen würden. (wn)

VOKALMUSIK

Chormusik

Gritton, John William: Zeige mir, Herr (Teach me, o Lord) – Psalm 119, 33.34 für SATB und Orgel, Dr. J. Butz Musikverlag Nr. 2193; 1,70 € Schöne, freundliche, völlig homophone Motette, romantisch. (gd)

Kiel, Friedrich: Der 130. Psalm op. 29 für Frauenchor und Solo mit Orchesterbe- gleitung, Edition Dohr 29964; 19,80 € (Partitur), 12,80 € (Staffelpreise, Klavier- auszug zugleich Chorpartitur) Zusätzlich zu der von mir in Heft 2/2009 aufgeführten Werk-Liste Friedrich Kiels ist nun auch der Psalm 130 „Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir“ wieder aufgelegt worden und zwar in einer Fassung mit Klavier wie auch in einer Orchesterfassung (Oboe, 2 Bassett- hörner, 2 Fagotte, 2 Hörner, Pauken und Streicher). Beide Varianten stammen vom Komponisten. Das Orchestermaterial kann käuflich erworben werden. Aus praktischen Gründen bietet der Verlag auch eine Orgelfassung an. (wn)

55 Linkenbach, Klaus: Es kommt ein Schiff geladen. Partita für vierstimmigen ge- mischten Chor a cappella, Edition Dohr 10250; 5,80 € (Staffelpreise) Linkenbach, Klaus: Weihnachts-Kyrie auf einen Text von Jochen Klepper. Motette für vier- bis fünfstimmigen gemischten Chor a cappella, Edition Dohr 10251; 5,80 € (Staffelpreise)

Einen ganz anderen Interpretationszugang eröffnet Klaus Linkenbach mit seinem Weih- nachts-Kyrie. Der düstere Stimmungsgehalt der vierstrophigen Leise, die Gegenüber- stellung von Krippe und Kreuz wird durch Quint- und Quart-Parallelen sowie strecken- weise Einstimmigkeit adäquat in Musik umgesetzt. Der Satz ist weitestgehend vierstim- mig. Erst nach hundert Takten tritt eine hohe Sopranstimme hinzu, um den Hosianna- Schluss der fünften Strophe entsprechend ausgestalten zu können. In dem kirchentonalen Adventslied „Es kommt ein Schiff geladen“ gelangt Linkenbachs Personalstil besser zur Geltung. In der 52 Takte umfassenden Partita sind die ersten sechs Strophen von GL 114 vertont. In den Eckstrophen ist der Satz homophon, dazwi- schen wandert der c.f. durch die einzelnen Stimmen. (wn)

Pachelbel, Johann: Magnificat in F – PWV 1511 für SATB (Soli SATB ad lib.), 2 Violinen, Violoncello (Fagott ad lib.) und Orgel, Dr. J. Butz Musikverlag Nr. 2188; 16,00 € (Partitur) Pachelbel ist in erster Linie als Komponist für Tastenmusik bekannt. Das Vokalwerk führt zu Unrecht ein zu beklagendes Schattendasein. Deshalb sind Erstdrucke wie bei dem vorliegenden Magnificat sehr zu begrüßen. Die Besetzung ist nicht aufwendig und damit finanziell gut erschwinglich. Der überwiegend polyphon geführte Chor bedarf eini- ger Erfahrung mit kontrapunktischen Strukturen. Die gesangstechnischen Anforderun- gen (viele Sechzehntelketten) sind nicht zu unterschätzen. Das Werk ist durch pulsie- renden Schwung und zunehmende Dichte gekennzeichnet und wird Interpreten und Zu- hörern große Freude bereiten. Das Continuo ist in der Partitur bereits ausgesetzt. Eine Aufführung ist zu allen Marienfesten oder am Ende eines Gottesdienstes denkbar. Au- ßerdem ist es ein sinnvoller Beitrag zu Konzerten der Advents- und Weihnachtszeit. (jve)

Stanford, Charles Villiers: Auf, auf, erstrahle (Arise, shine), Motette für die Weih- nachtszeit für SATB und Orgel, Dr. J. Butz Musikverlag Nr. 2236; 2,00 € Der Text nach Jesaia 60, 1-3 und Lukas 2, 14 inspirierte Stanford zu einer emphati- schen Motette in freudiger Dreiklangmelodik. Die Motette im Mendelssohn-Stil verlangt eine obligate Orgelbegleitung mit Pedal sowie einen entsprechenden romantischen Re- gisterfundus nebst Zungen. (wn)

Wermann, Oskar: Weihnachtslied „Welch übergroße Freud“, Dr. J. Butz Musikverlag Nr. 2237; 1,80 € Der originale Text von Caspar Fuger (16. Jahrhundert) schien nicht mehr zeitgemäß und wurde durch eine Neudichtung von Gerhard Weisgerber ersetzt. Der neue Text wirkt auf mich nicht wesentlich zeitgemäßer: „Welch übergroße Freude wird geschenkt uns heute! Der höchste Herr erscheint bei uns auf Erden!“ Aus praktischen Gründen wurde der Satz um einen Ganzton tiefer gesetzt. (wn)

56 Messen

Boëly, Alexandre Pierre François: Messe brève Nr. 1 für SABar und Orgel (Bear- beitung), Dr. J. Butz Musikverlag Nr. 2275; 14,00 € Der arme Boëly wurde hier ganz gehörig zurecht geschnitten: Von 5 Stimmen (3 Frau- en-, 2 Männerstimmen) wurde die Besetzung auf 3 Stimmen zusammengestutzt oder, wie der Herausgeber es freundlicher nennt: „...heutigen aufführungspraktischen Krite- rien entsprechend bearbeitet“, das klingt schon viel wissenschaftlicher. Die Tonarten der Stücke mal einen Halbton, mal einen Ganzton nach unten gesetzt und schließlich ein Benedictus „in Anlehnung an Boëly vom Bearbeiter ergänzt“. Das Ergebnis ist allerdings tatsächlich sehr nette frühromantische, französisch freundliche Gebrauchsmusik. Wa- rum nicht? (gd)

Führer, Robert: Festmesse op. 295 für SATB, 2 Klarinetten, Streicher (Trompeten, Hörner, Pauken ad lib.) und Orgel oder mit Orgel allein, Dr. J. Butz Musikverlag Nr. 2205; 25,00 € (Partitur) Der Prager Komponist Robert Führer (in späteren Jahren führte er ein Wanderleben und endete 1861 in einem Wiener Armenhaus) schrieb die vorliegende Festmesse „zur Feier der Kircheneinweihung in Marktl …“. Es ist ein klangschönes, überwiegend homo- phon gestaltetes Werk, das für Kirchenchöre eine dankbare Aufgabe darstellt, die gut zu bewältigen ist. Selbst die Solo-Partien können von sicheren Chorsängern dargestellt werden. Eine Aufführung nur mit Streichern und Klarinetten (oder Oboen) ist eine Opti- on, auch wenn die volle Besetzung natürlich am überzeugendsten wirkt. Es ist eine sehr gute Idee des Herausgebers, die Orgelstimme in zweifacher Version untereinander zu setzen, einmal in zwei Systemen beim Spiel mit Orchester und ein Die Partitur gibt sich handlich mit angenehmem Druckbild. (jve)

Haydn, Joseph: Missa brevis in F – Missa Nr. 1, Carus-Verlag 40.601; 11,00 € Eine echte Überraschung. Von der ersten Messe Haydns hatte ich ein unbedeutendes Frühwerk erwartet. Dabei hat diese Messe insbesondere durch die originelle Besetzung einen großen Seltenheitswert. Die wichtigsten Akteure sind die beiden Sopransolisten (sonst gibt es keine Soli). Sie singen durchweg und den ganzen Text. Oft gemeinsam und wenn, dann nur unisono mit dem Chor, der dadurch bestärkende Wirkung erhält. Dann wieder in virtuosen und schnellen Koloraturen, teilweise terzelnd, teilweise in ver- schiedener Bewegung sich die Bälle zuwerfend. Das macht Spaß! Wenn Sie also zwei gute Sopranistinnen haben, die gut miteinander harmonieren und Freude am Duett ha- ben: Führen Sie diese Messe auf! (gd)

Mawby, Colin: Missa brevis in D für SATB und Orgel oder Bläser (oder Orgel und Bläser), Dr. J. Butz Musikverlag Nr. 2295; 12,00 € (Partitur) Mawby, Colin: Pastoralmesse in D für SABar und Orgel (oder Streicher und Orgel, C-Instrument ad lib.), Dr. J. Butz Musikverlag Nr. 2225; 20,00 € (Partitur) Wie weit sollte sich Chormusik den heutigen Möglichkeiten eines durchschnittlichen Kir- chenchores anpassen? Sollen wir aufgrund des notorischen Männerstimmen-Mangels in unseren Chören die Dreistimmigkeit als das Maximum des Machbaren akzeptieren? Oder lieber doch versuchen, Männerstimmen zu rekrutieren, um die unvergleichlich größere Klangfülle eines vierstimmigen Chores zu erzielen? Die Antwort muss ein „so- wohl als auch“ sein, daher liegt Colin Mawby mit seiner Version sicher richtig. Selbst einzelne solistisch herausgehobene Stimmen sind eine Seltenheit. Aber es sind zweifel- los tadellose Messen, die weniger großen Chören nun als Alternative zur Verfügung stehen. Musikalische Schwierigkeiten bieten beide Messen definitiv nicht. Die Orgel ist 57 immer so eingesetzt, dass der Chor auch in rhythmischer Hinsicht nie Hürden zu meis- tern hat. (gd)

Mozart, Wolfgang Amadeus: Requiem KV 626 für Soli, Chor und Orchester (Süß- mayr) - Neuausgabe nach den Quellen von David I. Black, C. F. Peters EP 11036; 7,80 € Jetzt gibt es also auch bei Peters die viel geschmähte, aber wohl bekannteste Süß- mayr-Fassung, nachdem es dort bisher nur die Beyer-Fassung gab. Zu Grunde liegt ihr die sogenannte „Ablieferungspartitur“. Der Klavierauszug beruht nicht auf dem von Gün- ter Raphael sondern auf einem älteren von Ferdinand Brissler. Die Angabe der beteilig- ten Orchesterinstrumente wurde präzisiert. Wozu? „Alle Studierbuchstaben sind praxis- bezogen neu gesetzt“ – damit niemand auf die Idee kommt, einen anderen Klavieraus- zug zu verwenden. Der Preis von € 7,80 ist allerdings unschlagbar! Da lohnt es sich tat- sächlich, einen Klavierauszug zu kaufen. (gd)

Reissiger, Carl Gottlieb: Missa solemnis für Soli, gemischten Chor und Orchester. Erstdruck, Verlag Dohr E.D. 23025; 79,80 € Eine echte Missa solemnis! Die Aufführungsdauer dürfte 45 Minuten gut erreichen. Mit Flöten, Oboen, Fagotti, Hörnern, Trompeten, Pauken sowie Streichern auch nicht allzu üppig besetzt. Klug im alten Stil komponiert erinnert die Messe, die Reissiger zum Dienstantritt als Sächsischer Hofkapellmeister 1827 komponiert hat, bisweilen an die großen Haydn-Messen mit frühromantischem Einschlag. Der Beginn kopiert schon fast Haydns Nelson-Messe. Ob Reissiger, der u.a. bei Salieri studiert hatte, diese Messe etwa nicht gekannt hat? Insgesamt eine richtig schöne Festmesse! (gd)

Tambling, Christopher: Missa Festiva für SABar und Orgel, Dr. J. Butz Musikverlag Nr. 2300; 12,00 € Schwungvolle, freudig, optimistische Messe, gut für dreistimmigen Chor gesetzt. Kraft- volle Melodieführung, auch die Orgelbegleitung klug gesetzt. Kurz, aber nicht an- spruchslos. Das ist wirklich eine Bereicherung des Repertoires! Jedenfalls dann, wenn man nur eine Männerstimme zur Verfügung hat. (gd)

Vanhal, Johann Baptist: Missa in C für Solo (SATB), SATB, 2 Oboen, 2 Violinen, Violoncello u. Orgel (2 Trompeten und Pauken ad lib.), Dr. J. Butz Musikverlag Nr. 2316; 20,00 € (Partitur) Die Messe des Böhmen Vanhal (der noch 50 weitere Messen geschrieben hat...) mag nett, freundlich und klassisch klingen. Darüber hinaus dürfte sie tatsächlich richtig leicht zu studieren sein. Andererseits würden sich meine Altistinnen bald bitter beklagen. Sie haben praktisch nur den Ton „g“ zu singen! Aber das bitte im richtigen Rhythmus! Ein ausweichen nach „f“ und „a“ findet bisweilen je nach Kadenzharmonie statt, die Auswei- tung nach e’ und b’ wird da schon als Sensation empfunden. Höchste Kompositions- schule ist dies wohl nicht. (gd)

Widor, Charles-Marie: Messe op. 36 für SATB, ein- bis zweistimmigen Baritonchor und eine Orgel (Bearbeitung), Dr. J. Butz Musikverlag Nr. 2277; 18,00 € (Partitur) Das ist, wie bei Widor nicht anders zu erwarten, schöne, festliche, würde- wie wertvolle, nicht allzu schwere Musik. Der antiphonale Effekt geht natürlich verloren, wenn nur eine Orgel verwendet werden kann (der Chor sang sonst bei der Chororgel). Das größere Problem bei einer heutigen Aufführung dürfte der Chor der Baritone sein, der nicht weg- gekürzt werden konnte. Wer hat heute schon ein Priesterseminar mit circa 200 Priester- 58 amtskandidaten zur Verfügung, die noch dazu des Notenlesens mächtig sein sollten? Leider wird es dazu wenig Gelegenheit geben. (gd)

Sologesang

Wagner, Peter (Hrsg.): Marianische Gesänge I "Salve Regina“. Vertonungen für Singstimme und Orgel, Bärenreiter-Verlag BA 9257; 26,95 € Unzählige Vertonungen des „Salve Regina“ kennt die Musikliteratur durch die Jahrhun- derte. Es zeigt, welch hoher Stellenwert der Marienverehrung zukam und zukommt. Die neue, auf zwei Bände angelegte Edition enthält ausschließlich lateinische Vertonungen marianischer Gesänge des 18. bis 20. Jahrhunderts für Singstimme und Orgel. Band I beschränkt sich auf die Antiphon „Salve Regina“. Der Text aus dem 10. oder 11. Jahr- hundert drückt in vollendeter Weise die Haltung des mittelalterlichen Menschen gegen- über Maria aus: Sein vollkommenes Vertrauen zu ihr als Fürsprecherin und Mittlerin vor Gott. In diesem Band finden sich zwölf Werke, original oder arrangiert von Berkeley, Crudeli, Doppelbauer, Fauré, Mendelssohn, Rheinberger, Schubert, von Suppé, Terzia- ni und Zingarelli versammelt. Die Begleitaufgaben reichen von leicht bis anspruchsvoll. (jve)

Erschienen sind:

Orgelmusik und Orgel plus

Arresti, Giulio Cesare: Sonate da organo di varii Autori , Edition Walhall EW 650; 19,80 € (Partitur )

Guericke, Klaus (Hrsg.): Leichte freie Orgelstücke alter Meister, Strube Verlag VS 3324; 18,00 €

Sweelinck, Jan Pieterszoon: Sämtliche Orgel- und Clavierwerke. Polyphone Werke II.2, Bärenreiter-Verlag BA 8476; 34,95 €

Chormusik

Bischof, Michael: Der Besuch Marias bei Elisabeth für Sopran- und Alt-Solo, Spre- cher, Chor SATB und Orgel, Dr. J. Butz Musikverlag Nr. 2264; 8,00 € (Partitur)

Bredenbach, Ingo: Tübinger Kanonheft. 88 Kanons und 3 Zugaben, Strube Verlag VS 6567; 3,00 €

Graap, Lothar: Singet dem Herrn und lobet seinen Namen. Zehn Psalmen für vierstimmig gemischten Chor a cappella, Heft 1, Verlag Dohr E.D. 10241; 12,80 €

Graap, Lothar: Singet dem Herrn und lobet seinen Namen. Zehn Psalmen für vierstimmig gemischten Chor a cappella, Heft 2; 59 Verlag Dohr E.D. 10242, 12,80 €

Kunze, Joachim J. K.: Ihr Völker alle für drei Oberstimmen (2009), Verlag Dohr E.D. 10249; 4,80 €

Mawby, Colin: Ave Maria für SABar und Orgel, Dr. J. Butz Musikverlag Nr. 2239; 1,20 €

Mawby, Colin: Jubilate Deo für SABar und Orgel, Dr. J. Butz Musikverlag Nr. 2227; € 1,30 €

Schnitzler, Heinz: Magnus Dominus , Verlag Dohr E.D. 98598; 3,80 €

Schreiber, Joachim: Der Herr ist mein Hirte. Psalm 23 für 4-stimmigen gemischten Chor und Klavier, Strube Verlag VS 6515; 2,00 €

Wasmuth, Jan: Singen, um nicht zu verstummen . 33+33 Kanons, Strube Verlag VS 6454; 4,00 €

Messen

Surges, Franz: Missa brevis do-re-ma (2009) für Chor, Gemeinde und Instrumente, Verlag Dohr E.D. 10221; 12,80 €

Sologesang

Staden, Johann: Die sieben Bußpsalmen Davids (Nürnberg 1631) für hohe Singstimme und B.c. (Theorbe, Laute), Edition Walhall EW 740 (Faksimile, Neuausgabe); 17,50 €

60 Orgel der Pfarrkirche St. Peter und Paul, Hochheim am Main (Abbildung auf der Umschlagrückseite)

Die Pfarrkirche St. Peter und Paul, Hochheim, beherbergt eine Besonderheit von der lange Zeit nur Barockfachleute etwas wussten. Sie ist nicht nur das weithin sichtbare Wahrzeichen der Stadt Hochheim, sondern sie ist die einzige hessische, spätbarocke Fresko-Kirche. In den Jahren 1730-1732 wurde sie auf den Fundamenten der Vorgän- gerkirche von Johann Farolsky erbaut. 1775 schuf der aus Ulm/Söflingen stammende Johann Baptist Enderle (1725-1798) die spätbarocken Fresken im Kirchenschiff und Hochchor sowie an den beiden Emporenbrüstungen. Risse im Gewölbe, Verschmut- zungen durch Staub und Kerzenruß und sicher auch gut gemeinte Anpassungen an den jeweiligen Zeitgeschmack veranlassten vielfache Ausbesserungen und Übermalungen in den Jahren 1852, 1896, 1930 bis 1932 und 1970 bis 1972. Fachleute erklärten vor Jahren die kostbaren Fresken für unrettbar verloren: In den 50er Jahren des vergange- nen Jahrhunderts hatte man das Dachgebälk mit Holzschutzmitteln imprägniert, wobei die verwendeten ölhaltigen Chemikalien auf den Boden tropften und so durch die Decke in das Fresko eindrangen. Mit einer eigens entwickelten Methode gelang es, das Fresko in seiner ursprünglichen Farbigkeit und Lebendigkeit in jahrelanger, aufwändiger Arbeit (1998-2005) wieder herzustellen. Was wir heute bewundern können, war den Blicken der Menschen spätestens seit der ersten Übermalung im Jahr 1852 bis 2005 verborgen.

Im Jahr 2006 baute die Firma Oberlinger Orgelbau eine neue Orgel (II / Ped., 34 Reg.) in einem historisch nachempfundenen Gehäuse (Eiche lackiert), da mit der Freilegung des Deckenfreskos die vorherige Orgel nicht mehr Aufstellung finden konnte.

Hauptwerk C – g 3 Schwellwerk C – g 3 Pedal C – f Bourdon 16’ Geigenprinzipal 8’ Subbass 16’ Prinzipal 8’ Gamba 8’ Violonbass 16’ Bourdon 8’ Koppelflöte 8’ Quinte 10 2/3’ Flute harm. 8’ Voix celeste (c°) 8’ Prinzipalbass 8’ Viola 8’ Fugara 4’ Gemshorn 8’ Cornett 5f. (g°) 8’ Flute oktav. 4’ Oktavbass 4’ Oktave 4’ Nasard 2 2/3’ Posaune 16’ Spitzflöte 4’ Plein jeu 4f. 2’ Trompete 8’ Quinte 2 2/3’ Quarte des Nasard 2’ Superoktav 2’ Tierce 1 3/5’ Mixtur 4-5f. 1 1/3’ Piccolo 1’ Trompete 8’ Basson 16’ Tremulant Trompete harm. 8’ Hautbois 8’ Tremulant

Schleifladen, Spieltraktur mechanisch, elektrische Registertraktur

61 Spielhilfen: Koppeln I-Ped., II-Ped., II-I (auch als Pistons) 640-fache Setzeranlage, 10 Plenokombinationen, Sequenzschaltung auf- und abwärts, Löschen und Einschieben von Funktionen, Tutti

Gleichstufige Temperatur

Bildnachweis Heft 2-2010

Titelumschlag vorn:

Chorsänger/innen beim Diözesankirchenmusiktag 2009: Foto Pressestelle BO Limburg, (Rechte: Referat Kirchenmusik) Stimmgabel: Foto A. Großmann, Referat Kirchenmusik Klaviertasten: Foto A. Großmann, Referat Kirchenmusik

Umschlagseite hinten außen:

Orgel der Pfarrkirche St. Peter und Paul, Hochheim am Main (Foto A. Großmann 2010, Referat Kirchenmusik)

Layout: Cornelia Vogt, Bischöfliches Ordinariat Limburg

62 2/2010 Editorial Impressum Kirchenmusik im Bistum Limburg 2/2010 Liebe Leserinnen und Leser, im Jahr 2009 waren insgesamt rund 394.000 Herausgeber Mitglieder in 15.700 Chorgruppen der katholischen Referat Kirchenmusik im Bistum Limburg Kirche aktiv. Im Vergleich zum Jahr 2002 bedeutet dies Bernardusweg 6, 65589 Hadamar einen Rückgang um rund 30.000 Sängerinnen und Sänger, fon: 06433. 88 720 der im Wesentlichen der schwindenden Mitgliederzahl der fax: 06433. 88 730 Kirchenchöre geschuldet ist (seit 2002 um rund 33.000 Mit- mail: [email protected] glieder). Deutlich zugenommen hat die Mitgliederzahl der Kinder- und Jugendchöre (rund 8.400 web: www.kirchenmusik.bistumlimburg.de mehr als 2002); Choralscholen sind im gleichen Zeitraum um rund 2.000 Mitglieder gesunken. Im Bereich des instrumentalen Laienmusizierens ist in der katholischen Kirche ein deutlicher Schriftleitung Anstieg zu erkennen. Waren es im Jahr 2002 noch 1.800 Gruppen mit insgesamt 17.600 Mitglie- DKMD Andreas Großmann dern, so stieg ihre Zahl im Jahr 2009 auf 2.400 Gruppen mit 23.800 Mitgliedern. Zeitgenössi- mail: [email protected] sche geistliche Chormusik bildet daher einen Schwerpunkt, um den sich die Artikel dieses Hefts bewegen. Redaktionsteam Kirchenmusik prägt das kulturelle Leben wesentlich mit: vom gregorianischen Choral bis zum Gabriel Dessauer zeitgenössischen Werk, von der Kantate bis zum Sacro-Pop und von Instrumentalmusik bis zur Johannes von Erdmann Bodypercussion findet sie ihren Ausdruck. Kirchenmusik führt die Verschiedenheit der ausein- Konstanze Henrichs ander strebenden sozialen Gruppen und Generationen zusammen und leistet damit neben der Carsten Igelbrink Verbesserung des gesellschaftlichen Zusammenhalts einen entscheidenden bildungspolitischen Wolfgang Nickel Beitrag. Kirchenmusik versteht sich jedoch nicht nur als Teil des Kulturlebens, denn zugleich ist sie Teil der kirchlichen Verkündung. Sie tritt in Dialog mit allen Menschen und ihren religiösen Erscheinungstermin und ästhetischen Erfahrungen. 1. Mai und 1. November

Die von den beiden großen Kirchen und dem Deutschen Musikrat gemeinsam initiierte bun- Redaktionsschluss desweite Aktion „Einheit durch Vielfalt – Kirche macht Musik“ gipfelte im Kongress, der vom 15. März und 15. September 14.-17. Oktober in Berlin mit Repräsentanten der Politik und der Kirchen sowie Musikerinnen und Musikern stattfand. Nur wenn es weiterhin gelingt, die Bedeutung der Kirchenmusik für den Einzelnen zu vermitteln, wird ihre große gesellschaftspolitische Wirkungskraft erkennbar, deren Rahmenbedingungen nicht gekürzt, sondern ausgebaut werden müssen.

Anregende Lektüre und belebende Impulse für Ihre kirchenmusikalische Praxis wünscht Ihnen

Bistum Limburg DKMD Andreas Großmann, Schriftleiter www.kirchenmusik.bistumlimburg.de Kirchenmusik im Bistum Limburg

2/2010

ChorImPuls

Bistum Limburg www.kirchenmusik.bistumlimburg.de