HAWK HOCHSCHULE FÜR ANGEWANDTE WISSENSCHAFT UND KUNST

Fachhochschule Hildesheim/Holzminden/Göttingen

Fachbereich Konservierung/Restaurierung Studienrichtung gefasste Holzobjekte und Gemälde

MASTER THESIS

VON ANTES BIS WURMFELD: Zum konservatorischen Umgang mit der „Straßenkunst“ in Hannover

vorgelegt von: Kristina Herbst

Referent: Prof. Dr. phil. Dipl.-Rest. Ursula Schädler-Saub Koreferent: Dr. phil. Veit Görner

Hildesheim im Sommersemester 2007

VON ANTES BIS WURMFELD KRISTINA HERBST

Zusammenfassung Als im August 1970 das „Experiment Straßenkunstprogramm Hannover“ ins Leben gerufen wur- de, rückte die Kunst im öffentlichen Raum, nicht nur in Hannover, in den Blick der interessierten Öffentlichkeit. Mit aphoristischen Forderungen, wie dem Ruf nach der „Demokratisierung der Kunst“, wurden teilweise kontroverse Diskussionen ausgelöst, die bis heute weitergeführt wer- den. Nur allzu oft wurden aber im Laufe der Jahre die Kunstobjekte als solche, die ursprünglich umfassenden Ansprüchen des sie umgebenden Raumes, aber auch den Ideen der freien Kunst entsprechen sollten, vernachlässigt und verkamen nicht selten zu einem öffentlichen Ärgernis. Diese Arbeit schließt eine Lücke in der Problematik des Umgangs mit Kunst im öffentlichen Raum und thematisiert diesen anhand der Restaurierungsgeschichte einzelner Fallbeispiele aus Hannover. Die teilweise recht unkonventionelle Vorgehensweise bei der Pflege und „Wartung“ der Kunstobjekte gab Anlass, allgemein gültige Empfehlungen für den konservatorischen Um- gang zu formulieren. Dabei wurden neben materialspezifischen, umfeldanalytischen sowie ethisch-ästhetischen Kriterien auch rechtliche und denkmalpflegerische Aspekte näher unter- sucht.

Abstract The founding of the „Experiment Straßenkunstprogramm Hannover“ in August 1970 created wide public attention for public art, far beyond the city of Hanover. Demands for aphorisms such as “Democratisation of Art” launched controversial discussions, which continue until the present day. However, too often these works of art became neglected over the years, turning them into “pub- lic nuisances” – event though they had been created to meet not only the demands of the space surrounding them as well as the idea of art in general. This thesis closes a gap in the reflection of how to deal with public art, using the restoration of several works of art from Hanover as examples. The sometimes unconventional measures taken in the care and maintenance of these works of art gave rise to formulate general recommenda- tions for measures of conservation. In this, close attention has been paid to the existing physical conditions of the site, material-specific, ethical and aesthetical criteria as well as legal aspects and criteria of the preservation of cultural heritage.

VON ANTES BIS WURMFELD KRISTINA HERBST

Dank Für die Betreuung meiner Thesis möchte ich mich herzlich bei meinen beiden Prüfern Prof. Dr. Ursula Schädler-Saub, Professorin für kunstwissenschaftliche Grundlagen an der HAWK in Hildesheim und Dr. Veit Görner, Direktor der Kestnergesellschaft in Hannover für ihr Engage- ment herzlich bedanken. Vor allem verdienen aber auch die Mitarbeiter der Stadt Hannover und des Landesamtes für Denkmalpflege meinen großen Dank, die durch ihre große Kooperationsbereitschaft maßgeblich zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. Des Weiteren möchte ich folgenden Personen für Unterstützung, Hilfe, Informationen, Gesprä- che, Anregungen und Kritik danken:

Dipl. Rest. Dipl. Chem. (äquiv.) Andreas Buder Hochschule der Künste Bern Goldschmiedin Christine Brandl Hannover Prof. Valentin Boissonnas Hochschule der Künste La Chaux-de-Fonds Dipl. Rest. Patrick Decker Stuttgart Dipl. Rest. Tilman Daiber, Stuttgart Restauratorin Vera Fendel Gehrden Bildhauer HAWOLI Springhornhof Neuenkirchen Bildhauer Schang Hutter Genua Dr. Fritz Jacobi Neue Nationalgalerie Dr. Rolf Kirsch, Landesamt für Denkmalpflege Bremen Dr. Dieter Martin Otto-Friedrich-Universität Bamberg Bildhauer Prof. Siegfried Neuenhausen Hannover Bildhauer Achim Pahle Berlin Restauratorin Ursula Reuther Sprengel Museum Hannover Dipl. Rest. Malaika Scheer Hildesheim Dipl. Rest. Floria Segieth-Wuelfert Bern Robert Simon Galerist kö24 Hannover Bildhauer Hartmut Stielow Gehrden Katja Tegler Berlin Bildhauer Andreas von Weizsäcker München Ludwig Zerull Hannover und den Kulturämter der Städte Hamburg, Bremen und Münster sowie der Kunsthalle in Biele- feld.

Ohne die großzügige Unterstützung meiner Eltern wäre diese Arbeit nicht denkbar gewesen.

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Begriffserläuterungen In der Literatur findet man oftmals den Begriff „Restaurierung“ falsch angewendet. Nach der heutigen zeitgemäßen wissenschaftlichen Auffassung versteht man unter einer Restaurierung ein unmittelbares Tätigwerden an beschädigten Kulturgütern.1 In diesem Sinne bedeutet Restau- rierung heute vor allem die Anwendung wissenschaftlicher Methoden mit dem Ziel, die „ästheti- schen und historischen Werte eines Denkmals zu bewahren und zu erschließen. Sie [die Res- taurierung] gründet sich auf die Respektierung des überlieferten Bestandes und auf authenti- sche Dokumente.“2 Daher wird der Begriff der Restaurierung im Folgenden immer dann in An- führungszeichen verwendet, wenn die durchgeführten Maßnahmen der obigen Definition nicht gerecht werden, weil sie oftmals eher als Bearbeitung, Sanierung, Renovierung etc. bezeichnet werden müssen.

Für das Verständnis des Textes sei des Weiteren darauf hingewiesen, dass die beiden Begriffe „Skulptur“ und „Plastik“ hier in einem umfassenden Sinn alle dreidimensionalen Kunstwerke be- zeichnen, also synonym gebraucht werden. Die ursprüngliche Unterscheidung entsprechend dem Herstellungsverfahren – eine Plastik entsteht durch additive, eine Skulptur hingegen durch substraktive Bearbeitung – wird hier nicht getroffen.

In der vorliegenden Arbeit wird sehr häufig von Cor-Ten® Stahl die Rede sein. In der Literatur findet man diverse Schreibweisen für diese spezielle Form des Stahls. Im Folgenden wird durchgängig die Schreibweise des Lizenzgebers und ersten Produzenten dieses Markenpro- dukts verwendet werden.3

1 Vgl. Berufsbild des Restaurators E.C.C.O. – Berufsrichtlinien (I), Brüssel, 11. Juni 1993. 2 Artikel 9 in: Charta von Venedig 1964. 3 Es konnte in dieser Arbeit nicht geklärt werden, ob nur der Patentgeber (U.S. Steel Corporation) das Recht hat, sein Produkt mit einem eingetragenen Warenzeichen zu versehen oder ob alle Cor-Ten® Stähle gleicher Zusammenset- zung, aber unterschiedlicher Schreibweise, mit diesem versehen werden dürfen. Daher wird in dieser Arbeit Cor- ® Ten durchgängig mit einem eingetragenen Warenzeichen (®) versehen.

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Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ...... 1

2 Kunst im öffentlichen Raum...... 3 2.1 Öffentlicher Raum – Kunst im öffentlichen Raum ...... 3 2.1.1 Idee und Körper der Kunst im öffentlichen Raum ...... 5 2.2 Die Kunst im öffentlichen Raum der Stadt Hannover seit Beginn des 20. Jahrhunderts ...... 8

3 Zum Umgang mit der Kunst im öffentlichen Raum in Hannover...... 17 3.1 Typische Schäden an Kunstobjekten im Außenraum ...... 17 3.2 Aufstellung und Pflege von Kunst im öffentlichen Raum in Hannover ...... 24 3.2.1 Die Aufstellung von Kunst im öffentlichen Raum...... 24 3.2.2 Die Pflege von Kunst im öffentlichen Raum ...... 26 3.3 Fallbeispiele ...... 29 3.3.1 Hans Breder, „Außenraumobjekt für Hannover“ (1971)/„In Between“ (2002) ...... 30 3.3.2 Unbekannter Künstler, „Borghesischer Fechter“ (1918) ...... 37 3.3.3 Klaus Dietrich Boehm und Katinka Nicolai, „Yaya Yolcu“ (1975)...... 42 3.3.4 Alexander Calder, „Hellebardier“ (1971) ...... 46 3.3.5 Niki de Saint Phalle, „Nanas“ (1974)...... 53 3.3.6 Volker Gerlach, „Große Begehbare Hannover“ (1976)...... 66 3.3.7 Richard Hamilton, „Wargames“ (1991) ...... 71 3.3.8 Karl Hartung, „Große Kugelform“(1956)...... 74 3.3.9 Schang Hutter, „Figurentanz“ (1989) ...... 78 3.3.10 HAWOLI Hans Wolfgang Lingemann, „Schrauben“ (1971) ...... 82 3.3.11 Hans und Martha Poelzig, „Rese-Brunnen“ (1929) ...... 87 3.3.12 George Rickey, „Two Lines Oblique“ (1971) ...... 90 3.3.13 Kenneth Snelson, „Avenue K“ (1971) ...... 93 3.3.14 Günter Tollmann, „Plastik M II“ (1980) ...... 98 3.3.15 Andreas von Weizsäcker, „Hangover“ (1991) ...... 102 3.3.16 Sanford Wurmfeld, „Diamant II“ (1972) ...... 105 3.4 Resümee ...... 110

4 Ethisch-ästhetische Überlegungen und Empfehlungen zum Umgang mit Kunstwerken im öffentlichen Raum ...... 112 4.1 Ethisch-ästhetische Überlegungen und rechtliche Grundlagen ...... 112 4.1.1 Das Decision-Making-Model ...... 117 4.1.2 Rechtliche Grundlagen: Urheberrecht...... 118 4.1.3 Denkmalschutz und Denkmalpflege...... 122 4.2 Das Entfernen von Skulpturen aus dem Stadtbild ...... 128 4.2.1 Die aktuellen Diskussionen...... 130 4.2.2 Orte zur Aufbewahrung entfernter Kunstwerke aus dem öffentlichen Raum ...... 132 4.3 Empfehlungen zum Umgang mit Kunst im öffentlichen Raum ...... 135

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5 Schlussbetrachtung...... 139

6 Bibliographie ...... 141 6.1 Verwendete Literatur aus Büchern und Zeitschriften ...... 141 6.2 Internet (Stand: 01. Juni 2007) ...... 149 6.3 Ausgewählte bibliographischer Hinweise zu Techniken, Restaurierungsmethoden und - techniken einzelner Materialien...... 151

7 Abbildungsnachweis...... 158

Anhang

A Korrespondenz...... 1 A.1 Auszüge aus dem Interview mit Ludwig Zerull am 26.06.2006 ...... 2 A.2 Auszüge aus dem Interview mit Christine Brandl am 30.06.2006 ...... 6 A.3 Auszüge aus dem Interview mit Siegfried Neuenhausen am 04.07.2006 ...... 11 A.4 Gesprächsnotizen zum Interview mit Robert Simon am 13.07.2006...... 18 A.5 Auszüge aus dem Interview mit Veit Görner am 18.07.2006 ...... 21 A.6 Auszüge aus dem Interview mit HAWOLI Hans Wolfgang Lingemann am 24.07.06...... 26 A.7 Interview mit Anneke Schepke am 25.07.2006...... 34 A.8 Korrespondenz mit Andreas von Weizsäcker ...... 37 A.9 Korrespondenz mit Schang Hutter ...... 39

B Daten zu Skulpturen im öffentlichen Raum in Hannover ...... 1 B.1 Auflistung aller Kunstwerke im öffentlichen Raum Hannovers...... 2 B.2 Konzept einer Datenbank für die Kunst im öffentlichen Raum Hannovers...... 9

C Zusätzliche Informationen ...... 1 C.1 Calder Foundation General Guidelines for Restoration of Monumental Sculpture ...... 2 C.2 Diagramm des “Decision-Making-Model” ...... 3

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1 EINLEITUNG

1 Einleitung Wie kaum eine andere Stadt in Deutschland förderte Hannover bereits kurz nach dem Zwei- ten Weltkrieg in großem Umfang die Kunst im öffentlichen Raum. Besonders das Skulptu- renprojekt „Experiment Straßenkunstprogramm Hannover“ zu Beginn der 1970er Jahre, wel- ches erstmalig nicht aus Mitteln der sogenannten „Kunst am Bau“-Regelung finanziert wurde, bescherte der Kunst im öffentlichen Raum ein breites öffentliches Interesse. Kunstwerke im öffentlichen Raum müssen einem weiten Feld von Interessen genügen, wel- che oftmals kontroverse Diskussionen auslösen. Sie sollen sich einerseits an den umfassen- den Ansprüchen des sie umgebenen Raumes orientieren und andererseits wiederum keine bloße Dekoration der Stadtarchitektur darstellen, da sie den Ideen der freien Kunst ent- sprungen sind. Zugleich wird gefordert, dass Kunstwerke besonders haltbar und „unzerstör- bar“ sein müssen, um die Kosten für Wartung und Pflege möglichst gering zu halten. Die Frage, ob Kunst im öffentlichen Raum tatsächlich all diesen Anforderungen gerecht werden kann, soll einen Schwerpunkt dieser Arbeit darstellen. Es erscheint in diesem Zusammenhang nicht verwunderlich, dass momentan eine Debatte in Fachkreisen und zum Teil auch in der Öffentlichkeit geführt wird, die das Entfernen einiger Skulpturen aus dem Stadtbild Hannovers bzw. die Umsetzung an neue Standorte zum Ziel hat. Es ist aber nicht Sinn und Zweck dieser Arbeit, sich an dieser Debatte zu beteiligen, vielmehr wird der konservatorische Aspekt im Umgang mit der Kunst im öffentlichen Raum anhand der Restaurierungsgeschichte einzelner Fallbeispiele der in Hannover aufgestellten Objekte thematisiert. Die Arbeit schließt somit eine wichtige Lücke in der Problematik des Umgangs mit Kunst im öffentlichen Raum. Den Anstoß zu dieser Arbeit gab die in Fachkreisen umstrittene „Restaurierung“ der weit über Hannover hinaus bekannten „Nanas“ von Niki de Saint Phalle, die in den Jahren 2003– 2005 von einer Spezialfirma für faserverstärkte Kunststoffe durchgeführt wurde. Das 1991 anlässlich der 750-Jahr-Feier der Stadt Hannover erschienene Buch „Kunst ohne Dach“ von Ludwig Zerull4 ist eine der wenigen Bestandsaufnahmen der Kunst im öffentlichen Raum in Hannover. Da die Veröffentlichung des Buches nun mehr als 15 Jahre zurückliegt, wird am Anfang dieser Arbeit exemplarisch die Entwicklung der Kunst im öffentlichen Raum in Hannover bis zum heutigen Tag ergänzt. Auf Vollständigkeit und erschöpfende Behand- lung sämtlicher Skulpturen der Stadt Hannover – das wären insgesamt etwa 140 Objekte – wurde dabei bewusst verzichtet. Walter Grasskamp5 beschäftigt sich bereits seit den 1980er Jahren mit den Ursachen von Kunstvandalismus, welcher auch in Hannover bei der Betrachtung von typischen Schadens- phänomenen eine zentrale Rolle spielt. Seine Feststellungen und Thesen konnten in vielen Punkten anhand der in der Arbeit aufgeführten Fallbeispiele anschaulich gestützt und er- gänzt werden. Neben den materialspezifischen, umfeldanalytischen und ethisch-ästhetischen Fragestellun- gen werden auch rechtliche Grundlagen und denkmalpflegerische Aspekte zur Diskussion gestellt, so dass als ein Ergebnis dieser Arbeit allgemeine Empfehlungen für den konservato- rischen Umgang formuliert werden konnten. Da das „Experiment Straßenkunstprogramm Hannover“ deutschlandweiten Vorbildcharakter besitzt, wird in dieser Arbeit eine denkmalpflegerische Unterschutzstellung der betreffenden

4 Vgl. Zerull 1992. 5 Vgl. Grasskamp 1992.

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1 EINLEITUNG

Kunstobjekte angeregt. Im Einzelfall soll dies aber nicht bedeuten, dass die Objekte einen Ewigkeitsanspruch an ihrem gegenwärtigen Standort im Stadtbild haben, vielmehr kann die Unterschutzstellung eine Art Kontrollinstanz darstellen, die zum Erhalt dieser Kunst- und Kulturobjekte beiträgt. Als logische Konsequenz dieser Arbeit wurde ein Konzept für eine zentrale Datenbank ent- wickelt, mit der die recherchierten Informationen über Künstler, Firmen und Verwaltungen zu den einzelnen Objekten kompakt archiviert und effizient nutzbar gemacht werden können. Mit dem Charakter einer Einführung in die Thematik „Kunst im öffentlichen Raum“ hängt auch die Beschränkung der vorliegenden Arbeit auf die konservatorische Problematik zu- sammen. Die Erörterung ethisch-ästhetischer, denkmalpflegerischer und rechtlicher Aspekte wurde an einigen Stellen nur am Rande behandelt und bietet viel Raum für vertiefende Aus- einandersetzung. Hier sei auf die in den einzelnen Kapiteln genannte weiterführende Litera- tur verwiesen.

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2 KUNST IM ÖFFENTLICHEN RAUM

2 Kunst im öffentlichen Raum Die allgemeine historische Entwicklung der Kunst im öffentlichen Raum in Deutschland kann an dieser Stelle nur am Rande skizziert werden. Zahlreiche Publikationen erläutern anschau- lich die Entwicklung der Skulptur im Außenraum und ihrer jüngsten Geschichte im Zusam- menhang mit staatlicher Förderung, der sogenannten „Kunst am Bau“-Regelung in Deutsch- land.6 Das folgende Kapitel soll vielmehr die Rolle der Kunst im Stadtraum am konkreten Beispiel Hannovers thematisieren. Zunächst wären hierfür der Begriff des „öffentlichen Raums“ und der „Kunst im öffentlichen Raum“ zu definieren.

2.1 Öffentlicher Raum – Kunst im öffentlichen Raum Nach Walter Grasskamp „ist der öffentliche Raum ein Zustand, und zwar einer der Verdich- tung und Verschränkung von Funktionen, der seine größte Intensität traditionell in der Stadtmitte besitzt und zu den Bezirken und Vorstädten hin abfällt.“7 Der öffentliche Raum ist heute weitestgehend städtischer Raum, ein Ort der Anonymität. Städte werden in der Mehrzahl als Durchgangsräume wahrgenommen, weshalb der Stadt- raum der maßgebliche Ort für die Präsentation der „Kunst für alle“8 wurde. Charakteristisch für die Stadt ist die Vielfalt ihrer von den Bewohnern bestimmten Funktio- nen, deren Menge und Qualität die urbane Attraktivität ausmacht. Es stellt sich die Frage, inwieweit die Gegenwart von Kunst zu den elementaren Ansprüchen zählt, die Bewohner an ihre Stadt stellen. Dabei ist nicht auszuschließen, dass die Mehrheit der mit Kunst im öffentli- chen Raum konfrontierten Passanten sich zu dieser Problematik nicht ausdrücken will bzw. kann. Da nach allgemeiner Auffassung die Öffentlichkeit, die schließlich Adressat dieser Kunst ist, der Träger der Meinungsbildung ist, sollte deren Auffassung zur Kunst im öffentli- chen Raum Berücksichtigung finden. Ungesagtes ist nicht einschätzbar und bleibt undefi- nierbar im Hintergrund der Debatte. Die Mehrzahl des potentiellen Publikums bringt der Kunst im öffentlichen Raum jedoch offenbar nicht das von Initiatoren erwartete und eingefor- derte Interesse entgegen. Zur Mobilisierung der öffentlichen Meinung dient allzu oft lediglich eine Zeitungskampagne. Auch eine Meinungsumfrage der Hannoverschen Allgemeinen Zei- tung im Jahr 2005 zum Thema der Entfernung von Kunstwerken aus dem Stadtbild konnte beispielsweise keine tatsächlich weiterführende Diskussion in Gang setzen (→ 4.2.1 Die aktuellen Diskussionen, S. 130). Die Gegenkräfte scheinen es nicht für nötig zu halten, sich eindeutig und polarisierend zu artikulieren. Eine andere Qualität der Auseinandersetzung gab es in den 1970er Jahren, als z.B. die Installation der „Nana“-Skulpturen von Niki de Saint Phalle in Hannover, eine Welle des Protests in der Bevölkerung auslöste (→ 3.3.5 Niki de Saint Phalle, „Nanas“ (1974), S. 53). Die 1970er Jahre werden im Allgemeinen als eine Epo- che des sozialpolitischen Aufbruchs betrachtet. Politiker und Sozialwissenschaftler befürch- teten den zunehmenden Verlust der Urbanität und einen Verfall der Öffentlichkeit. Mit Hilfe der Kunst im öffentlichen Raum, in Form von groß angelegten Projekten9, wurde einerseits

6 Eine Auswahl wären beispielsweise Dühr 1991, Flagge 1991, Lewitzky 2005, Matzner 2001, Plagemann 1989 oder Romain 1990. 7 Walter Grasskamp, Die Stadt als Erzählraum, in: Klaus Bußmann, Kasper König, Florian Matzner (Hrsg.) 1997, S. 11. 8 Uwe Lewitzky diskutiert in seinem Buch mit dem Titel „Kunst für Alle?“ die Funktion der Kunst im öffentlichen Raum anhand der Theorien Pierre Bourdieus und Henri Lefebvres. Des Weiteren werden die aktuellen Kunst- projekte „Park Fiction“ (Hamburg) und „Wochenklausur“ (international, seit 1993) vorgestellt, wobei der Begriff der Ortsspezifik eine besondere Rolle spielt. Vgl. Lewitzky 2005. 9 In dieser Arbeit soll schwerpunktmäßig das „Experiment Straßenkunstprogramm Hannover“ (ab 1970)

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2 KUNST IM ÖFFENTLICHEN RAUM

versucht, der Stadt ein Stück kultureller Identität zurückzugeben und andererseits sollte „die kleinbürgerliche Gewissheit von dem sogenannten Schönen und Guten der Kunst, die ja mit einer besonderen Hartnäckigkeit in historischen Stadtkernen und in den Köp- fen von deren Bewohnern nistete, [...] verunsichert werden – mit dem damals noch von vielen propagierten Ziel, aufklärerisch zu wirken.“10

Wie schon damals äußert sich heute eine Ablehnung durch Einzelne und Gruppen oftmals in Form von Vandalismus. Dessen Ursachen können jedoch vielschichtig sein, wobei die Nicht- achtung einer künstlerischen Leistung vermutlich den größten Anteil hat (→ 3.1 Typische Schäden an Kunstobjekten im Außenraum, S. 17). Eine Pro-und-Kontra-Diskussion über Kunst im öffentlichen Raum ist dann nicht berechtigt, wenn sie das mögliche Ergebnis der Ablehnung nicht zu akzeptieren bereit ist. Dennoch werden Entscheidungen über die Kunst im öffentlichen Raum nach meiner Auffassung nie mehrheitsfähig sein, da persönliche Leitbilder diese Diskussionen beeinträchtigen. Aus die- sem Grunde sollte stets ein Kreis von Fachleuten über die Kunst im öffentlichen Raum ent- scheiden. Die Meinung der Öffentlichkeit sollte dabei Beachtung finden, kann aber bei einer Entscheidungsfindung letztlich nicht maßgebend sein. Wie bereits erwähnt, ist der Grad der Urbanität einer Ansiedlung ein bestimmender Faktor für die Wirksamkeit von Kunst im öffentlichen Raum. Eine große Konzentration von Wohn- und Arbeitsbevölkerung auf begrenztem Gebiet bietet bessere Voraussetzungen als ein dünn besiedeltes ländliches Areal. Dichte und Art der Bebauung, in Abhängigkeit von der Bevölke- rungsentwicklung, sind einem stetigen Wandel unterworfen und z.B. durch infrastrukturelle Maßnahmen, Kriegsschäden oder Modernisierungen beeinflusst. Der öffentliche Raum und die sich darin bewegenden Menschen bestimmen nicht minder die Kunst im öffentlichen Raum. Das gilt insbesondere für geplante, weniger für spontane Objekte. Kommunikations- räume waren, sind und werden auch in Zukunft Interessenssphären aller beteiligten Partner sein. Wie bereits angedeutet, begegnen sich im öffentlichen Raum Kontrahenten mit unterschied- lichsten Interessen. In steigender Kontinuität besetzen kommerziell orientierte Medien den öffentlichen Raum, z.B. mit Werbetafeln etc. Die Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft hat seit Beginn des 19. Jahrhunderts die These von Karl Marx, dass jedes Gut – und damit auch das künstlerische – eine Ware ist, bestätigt. Kunst im öffentlichen Raum „dient damit der ästhetischen Aufwertung der Ware Stadt und hilft als ein Teil des Un- terhaltungs- und Kulturangebotes beim Ansprechen potentieller Touristen, Investoren oder qualifizierter Arbeitskräfte.“11 Diese Tatsache erschwert unter anderem die Durchsetzung künstlerischer Zielstellungen, die das „Mensch sein“ nicht nur auf materielles Dasein reduziert sehen wollen. In Zeiten wirt- schaftlicher Prosperität ist der Spielraum für nicht kommerzielle Aktivitäten größer. Die Auf- stellung von Plastiken oder Skulpturen erreicht dann eine größere öffentliche Aufmerksam- keit, weil der potentiell Kunstinteressierte von existenziellen Nöten befreit ist. Unabhängig davon wird die Kunst im öffentlichen Raum jedoch nie im gleichen Maße alle Gesellschafts- schichten ansprechen können.

behandelt werden (→ 2.2 Die Kunst im öffentlichen Raum der Stadt Hannover seit Beginn des 20. Jahrhunderts, S. 8). 10 Lothar Romain, Die Herausforderung der Moderne im öffentlichen Raum, in: Plagemann 1989, S. 234. 11 Lewitzky 2005, S. 92.

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2 KUNST IM ÖFFENTLICHEN RAUM

Künstler werden in zunehmendem Maße auf staatliche und private Förderung angewiesen sein, wenn ihre Werke für die Allgemeinheit – sowohl inner- als auch außerhalb der Museen – zugänglich sein sollen.12 Der Prozess der Aneignung von Kunst durch die Gesellschaft setzt die Akzeptanz seitens ihrer Mitglieder voraus. Somit ist die Schaffung von Vorausset- zungen für eine lebhafte Auseinandersetzung mit Kunst im öffentlichen Raum in Städten und Gemeinden in der Gegenwart – und noch mehr in der Zukunft – eine wünschenswerte Auf- gabe im Interesse nicht nur von Kunstinteressierten. Daraus ergeben sich Schlussfolgerungen für die Definition sowohl des öffentlichen Raums als auch der dort befindlichen Kunst, die über das Maß der beispielsweise von Walter Grass- kamp enggefassten Begrenzung auf die Stadt weit hinausgeht. Eine derartige weiterführende Untersuchung kann allerdings innerhalb der hier abzuhandelnden Thematik nicht geleistet werden.

2.1.1 Idee und Körper der Kunst im öffentlichen Raum Kunst im öffentlichen Raum ist die bewusste künstlerische Gestaltung desselben im weites- ten Sinne und umfasst heute im Grunde alle der Öffentlichkeit zugänglichen Objekte, zu de- nen man

• Straßenkunst13 mit den Unterkategorien: Skulpturen, Plastiken, Statuen, Stelen, Wandmalereien, Mosaiken Aktionskunst (Happenings, künstlerische Aktionen) Aktionen der darstellenden Künste (Theater, Musik) Street Art (Graffiti, Plakate) • Einzeldenkmale mit den Unterkategorien: Naturdenkmal Mahnmal Kulturdenkmal mit den Unterkategorien: Baudenkmal Bodendenkmal Industriedenkmal • Künstlerische Bauten (bspw. Bauten des Künstlers Hundertwasser oder die „Busstops“ in Hannover) • „Kunst am Bau“ zählt. Ob es zulässig ist, auch die im peripheren, nicht öffentlichen, also privaten Raum vor- handenen bzw. geplanten Kunstobjekte als in der Öffentlichkeit befindliche Kunst einzuord- nen, sollte gesondert hinterfragt werden. Der Grundgedanke der Kunst im öffentlichen Raum hat sich seit Beginn des 20. Jahrhun- derts wesentlich verändert. Zuvor entstandene Objekte sind meist Resultat konzeptioneller Planung und Ausführung oder Einzelentscheidungen ihrer privaten Auftraggeber. Sie stellen im Grunde eine Repräsentation eines geschichtlichen Ereignisses oder die Glorifizierung von Einzelpersonen dar, die oftmals noch frei sind von einem gewissen Autonomieanspruch14,

12 Viele Künstler stellen ihre Objekte bereits heute aufgrund fehlender Alternativen unentgeltlich zur Verfügung. 13 Der Begriff kann sehr unterschiedlich verstanden werden und wird deshalb im Folgenden eingehender erläutert. 14 „Das moderne Kunstwerk spiegelt nicht mehr in erster Linie die übersinnliche Wirklichkeit wider, sondern ist zum charakteristischen Ausdruck der Persönlichkeit des Künstlers geworden. Diese radikale Veränderung in der Auffassung des Künstlers trug den Keim der Entstehung der Avantgarde der Moderne in sich.“ Hans

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wie er sich in der Moderne durchsetzen sollte.15 In vielen Fällen kann diese Form der Kunst im öffentlichen Raum, z.B. die Bauplastik, als Dekoration oder Symbolträger verstanden werden, der ideellen bzw. ideologischen Zwecken dient. Der heute verwendete Begriff der „Kunst im öffentlichen Raum“ beinhaltet dagegen die staatlich oder kommunalpolitisch initiierte Förderung von Kunst im Bereich öffentlicher Stra- ßen und Plätze mit dem Ziel der kulturellen Aufwertung. Durch Versetzung an einen anderen Ort oder durch Veränderung des Umfelds wurden viele dieser Objekte aus ihrem ursprüngli- chen städtebaulichen Zusammenhang herausgelöst, womit oftmals der Verlust ihres gesell- schaftspolitischen Inhalts16 einherging. Die ökonomische Funktion des öffentlichen Raumes scheint nicht nur alle anderen Funkti- onen zu überlagern, sondern beeinflusst auch die Umgestaltung vorhandener oder die Pla- nung neuer öffentlicher Räume. Straßen und Plätze sind in erster Linie zweckgebundene Verkehrswege, deren kommerzielle Nutzungsmöglichkeiten und/oder Repräsentationserfor- dernisse vorrangig sind. Aktuelle Beispiele hierfür sind das Ensemble Potsdamer Platz sowie das Regierungsviertel in Berlin. Auch Freiräume zur Durchführung von größeren Veranstal- tungen sind vorzugsweise kommerziell ausgerichtet. Kunst im öffentlichen Raum muss sich oftmals ökonomischen Erfordernissen unterordnen und wird einem neu entstandenen Stadt- raum erst nachträglich eingefügt. Davon ausgenommen sind z.B. Mahnmale, wie das Mahnmal für die ermordeten jüdischen Mitbürger Hannovers auf dem Opernplatz. Die Aneignung von zeitgenössischer Kunst durch den Betrachter ist ein Prozess, der einer gezielten Förderung bedarf, die von der öffentlichen Hand, z.B. in Form von Museumsarbeit oder durch Kulturvereine, geleistet werden sollte. Deren Ressourcen und Möglichkeiten sind in Zeiten einer wirtschaftlichen Stagnation bzw. relativen Rezession allein schon mit der Er- haltung des Bestands vollauf gebunden. Der Ankauf und die Förderung neuer Objekte wer- den durch solche finanziellen Engpässe verständlicherweise stark eingeschränkt, wenn nicht gar unmöglich gemacht. Ein Ausweg scheint die Selbstlosigkeit einiger Künstler zu sein, die ihre Werke für ein geringes oder gar kein Entgelt zur Verfügung stellen und auf die Bereit- stellung öffentlichen Terrains hoffen müssen. Die Finanzierung durch private Gelder wäre die weitaus bessere Alternative. Diese Art der Selbstlosigkeit äußert sich heutzutage z.B. in Form der Street Art, z.B. Graffiti und Plakatkünstler, welche jedoch oftmals ungebeten ent- steht. Die konzeptionelle Planbarkeit einer künstlerischen Entwicklung des Stadtraums damit allerdings nicht gewährleistet. Gerade dies ist aber für eine Weiterentwicklung notwendig, damit Kunst im öffentlichen Raum nicht nur als reine Dekoration verstanden wird. Straßenkunst ist ein Teil der Kunst im öffentlichen Raum. Die Begriffsdefinition „Straßen- kunst“ hat sich in unterschiedlichen Zeiträumen gewandelt und substanziell verbreitert. Sie lässt sich in folgende vier Unterkategorien einteilen: Die Gruppe der im weitesten Sinne plastischen Arbeiten, zu denen Skulpturen, Statuen und Stelen ebenso gehören wie Wand- malereien und Mosaiken, ist der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit. Zur Straßenkunst zählen darüber hinaus aber sowohl die Aktionskunst, z.B. in Form von Happenings, als auch Aktionen der darstellenden Künste, wie Theater- oder Musikdarbietungen, sowie die Street Art, zu der z.B. Graffiti und Plakatkunst gehören. Die Begriff „Straßenkunst“ soll im Rahmen dieser Arbeit vor allem auf die erstgenannte

Friesen, Zur Einrichtung von Kunst im öffentlichen Raum, in: Kunst im öffentlichen Raum in Hagen, unter: www.keom.de/raum/hagen/kunst_raum.html (Stand: 02.05.2007). 15 Vgl. Lothar Romain, Die Herausforderung der Moderne im öffentlichen Raum, in: Plagemann 1989, S. 233. 16 So wie Niki de Saint Phalle in den 1970er Jahren mit ihren monumentalen „Nanas“ die Rolle der Frau in der Gesellschaft thematisierte, spielen heutzutage v.a. Streetartkünstler mit tagesaktuellen Bezügen.

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Gruppe der plastischen Arbeiten angewendet werden. Mit der vermehrten Einrichtung von sogenannten Skulpturenmeilen in einigen deutschen Städten hat diese Form der Straßen- kunst eine neue Qualität und daraus resultierend auch eine größere öffentliche Akzeptanz erreicht. Sie ist neben dem privaten Mäzenatentum17, in Hannover z.B. dem Engagement Bernhard Sprengels, ebenso der Experimentierfreudigkeit der Städte zu verdanken. Schon die Wahl des Namens „Experiment Straßenkunstprogramm“ verweist auf diesen Versuchs- charakter. Das Programm spielte in den 1970er Jahre ganz bewusst mit der gezielten Provo- kation und setzte dabei auf künstlerisch hochwertige Exponate (→ 2.2 Die Kunst im öffentli- chen Raum der Stadt Hannover seit Beginn des 20. Jahrhunderts, S. 8). Dafür wurden nicht unerhebliche finanzielle Mittel der Kommune eingesetzt. Das Experiment war beispielgebend für ähnliche Programme in anderen Städten, z.B. in Bremen, Münster, Hamburg und Berlin. Ohne Bezugnahme der Straßenkunst auf die sich stetig verändernden Lebensformen der Städte ist diese weder von dauerhafter Wirkung noch berechtigt (→ 4.2 Das Entfernen von Skulpturen aus dem Stadtbild, S. 128). Des Weiteren wird die Überlebensfähigkeit von Stra- ßenkunst in sehr starkem Maße von der Toleranz oder Intoleranz der Öffentlichkeit ihr ge- genüber beeinflusst. Ungeachtet dessen handeln jedoch die Anhänger der Graffitiszene, die sich schon immer auf illegalem Wege Gehör verschafften, indem sie ihre Kunst an öffentli- chen und privaten Gebäuden oder mobilen Gegenständen, wie Fahrzeugen, Baucontainern, Eisenbahnwaggons usw. verbreiten. In deutschen Großstädten mit hoher Anonymität wie Berlin oder Hannover begegnet die Öffentlichkeit Graffiti entweder mit Gleichgültigkeit oder tendenziell steigender Ablehnung, wobei die enorm gewachsenen Kosten für die Beseitigung unerwünschter Kunst eine gewisse Rolle spielen. Die Motivation dieser Szene ist differen- ziert zu betrachten. Während eine relativ kleine Gruppe einen gesteigerten künstlerischen Anspruch verfolgt und damit auch eine positive Wirkung auf den Betrachter einkalkuliert, wie z.B. der britische Künstler Banksy18, legt der überwiegende Teil der Graffitiszene keinen Wert auf breite gesellschaftliche Anerkennung. Deren Aktivitäten beschränken sich hauptsächlich auf die gezielte Provokation. Die individuelle Mitgestaltung der Städte in Form legaler Aktionen, z.B. durch temporäre In- stallationen, steht allerdings im fast aussichtslosen Wettbewerb zur dominierenden kommer- ziellen Werbung. Die Bereitschaft städtischer Verwaltungen, diese Formen der Straßenkunst, der Street Art, anzuerkennen, wird zukünftig entscheidend sein für Kunst und Künstler auf diesem Gebiet. Eine Zuordnung staatlich bzw. kommunal geförderter Maßnahmen zur künstlerisch- designbetonten Ausführung öffentlicher Bauten, wie z.B. das ÜSTRA-Projekt in Hannover zur Gestaltung von Bus- und Tramhaltestellen, zur Kategorie der Straßenkunst wäre zu dis- kutieren.

17 Heute konzentriert sich privates Engagement vorrangig auf andere Gebiete, wie Ankäufe von Kunst für Museen, Galeriearbeit oder die Beteiligung an der Errichtung von Denkmalen unterschiedlichster Art. 18 Banksy (* 1975 in Bristol, Großbritannien) ist ein weltweit bekannter britischer Straßenkünstler. Seine Schablo- nengraffiti, die sogenannten "Pochoir", sind mittlerweile weit über die Grenzen Londons hinaus bekannt. Banksy bedient sich der Taktiken der sogenannten „Kommunikationsguerilla“ und der „Adbusters“, um eine alternative Sichtweise auf politische und wirtschaftliche Themen zu bieten. Er verändert und modifiziert dabei oftmals all- gemein bekannte Motive und Bilder. Allerdings hat er auch schon Auftragsarbeiten für wohltätige Zwecke ange- nommen, z. B. für Greenpeace. Vgl. Banksy, unter: www.banksy.co.uk (Stand: 19.04.2007).

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2.2 Die Kunst im öffentlichen Raum der Stadt Hannover seit Beginn des 20. Jahrhunderts Im Verlauf der letzten siebzig Jahre wurden in der Stadt Hannover etwa 200 Skulpturen und Plastiken aufgestellt. Kaum eine andere deutsche Stadt hat diesbezüglich eine größere Dich- te aufzuweisen. Die in Hannover vorhandene Substanz an Denkmalen, Skulpturen, Plasti- ken, „Kunst am Bau“ und sonstigen Ausdrucksformen der Kunst im öffentlichen Raum spie- gelt den Konsens, aber auch die Dissonanzen in der Auseinandersetzung mit dieser Kunst- form auf vielfältige Weise wider. Mit der Installierung von Kunstwerken im öffentlichen Raum ergeben sich neben den direkten und mittelbaren Wirkungen auch materiell-finanzielle Konsequenzen, da die Folgekosten für Erhalt, Restaurierung oder auch Verlagerung und Aufbewahrung einkalkuliert werden müs- sen (→ 3.2 Aufstellung und Pflege von Kunst im öffentlichen Raum in Hannover, S. 24). Dabei sind unterschiedlichste Maßstäbe anzulegen, die sich aus der langfristigen Wirksam- keit bzw. Wertigkeit der einzelnen Objekte ergeben. Diese Aufgaben können nicht allein dem Kreis der Interessierten vorbehalten sein, sondern sind von der Allgemeinheit zu tragen. Daraus ergeben sich wiederum Probleme, da in einer Demokratie allein mehrheitliche Ent- scheidungen tragfähig und von Bestand sind (→ 4.2 Das Entfernen von Skulpturen aus dem Stadtbild, S. 128). Die folgenden Betrachtungen zur Kunst im öffentlichen Raum der Stadt Hannover sollen die in mehreren Zeitabschnitten erfolgte Entwicklung und ihre dabei jeweils charakteristischen Ausprägungen nachzeichnen. Die betreffenden Kunstwerke – meist im Zusammenspiel mit ihren Aufstellungsorten – reflektieren gesellschaftlich-relevante Zustände oftmals in einer Form, die nicht immer auf Zustimmung der Stadtbevölkerung trifft. Generell kann man den Ausgangspunkt des Engagements für Kunst im öffentlichen Raum in Hannover, wie vielfach auch in anderen Kommunen, bei Privatpersonen bzw. einzelnen Kommunalpolitikern suchen, die sich verpflichtet fühlen bzw. sind, ihre Mitbürger anzuregen, sich mit ihrem Umfeld über den Grad der Nützlichkeit hinaus zu beschäftigen. Dazu zählt der ehemalige Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg genauso wie der Bildhauer Kurt Leh- mann, eine die Kunstszene Hannovers in den 1950er Jahren prägende Persönlichkeit. Während die Kunst im öffentlichen Raum vor 1970 von einzelnen Kunstwerken bestimmt war, wurde in den folgenden Dekaden eine zielgeführte Kampagnen- oder Projektarbeit bestimmenden auf diesem Gebiet. Daraus resultiert ein erheblicher Quantitätszuwachs an Kunst im öffentlichen Raum Hannovers. Eine Wertung der Qualität einzelner Werke sollte hier den Kunstinte- ressierten und den Bürgern Hannovers überlassen bleiben. Sowohl die harmonische Einfügung von Skulpturen in den Charakter dieser Stadt als auch die absichtliche Diskrepanz als deutliche Provokation der sich normalerweise nicht mit Kunst beschäftigenden Bürger sind die beiden gegensätzli- chen Entwicklungslinien seit Beginn des „Experiments Straßenkunst“ im Jahre 1970. Die kalkulierte Provokation ist unter anderem Ausdruck einer teilweisen Repolitisierung Abb. 1. Richard Hamilton, der Kunst seit Beginn der 1990er Jahre, z.B. „Wargames“ (1991), Bertramstraße. Richard Hamilton, „Wargames“ (1991) (→ Abb. 1).

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Ob das jeweilige Umfeld tatsächlich mit der dort befindlichen Kunst harmoniert, ist immer vom Standpunkt des Befragten abhängig. Im Allgemeinen scheinen sich die Hannoveraner jedoch heute – zumindest in Teilen – mit der Kunst im öffentlichen Raum arrangiert zu haben und sie als zu ihrer Stadt gehörig zu betrachten. Das gilt gleichermaßen z.B. für die Objekte des Projekts „Experiment Straßenkunst“ (ab 1970) wie für die „Skulpturenmeile“ (ab den 1980er Jahren). Damit wäre die These von Jean Christoph Ammann, dass „Eingriffe und die Schaffung von Situationen, die der Bevölkerung eine qualitative Verbesserung der Nutzungsmöglichkeiten von Freiräumen bringen“19 – auf Hannover bezogen – als umgesetzt anzusehen. Die soziale, kommunikative und ästhetische Bedeutung der Kunst im öffentlichen Raum in all ihren Ausformungen entwickelte sich in Hannover im Verlauf mehrerer Jahrzehnte. Der Einzug der Moderne in diesem Bereich begann 1929 mit der Abb. 2. Hans und Martha Poelzig, „Rese- Brunnen“ (1929), Emmichplatz. Aufstellung des von Hans Poelzig und seiner Frau Martha entworfenen „Rese-Brunnens“ aus Majolika- Fliesen am Emmich-Platz (→ Abb. 2). Den in den Jahren 1934-36 angelegten Maschsee umsäumen die beiden Plastiken Hermann Scheuernstuhls, „Fackelträger“ (1936) und „Fischreiter“ (1938), Georg Kolbes „Menschenpaar“ (1939), die von Arno Breker geschaffene „Löwen- bastion“ (1938) und der nach dem Krieg hinzugekommene „Schwimmer“ (1948) von Erich Haberland.20 Außer der Skulptur des „Schwimmers“21 werden all diese Plastiken der sogenannten NS-Kunst zugeordnet und deswegen bis heute nicht selbstverständlich als Bestand akzeptiert. Denn der politisch motivierte Gestaltungswille dieser Objekte kann kaum ignoriert werden.22 In den letzten Jahren sahen sich dadurch mehrere Künstler zum Protest in Form einer Gegenkunst veranlasst. Beim Nieder- sächsischen Landesamt für Denkmalpflege hingegen werden die Skulpturen im Bereich des Maschsees als Bestandteil einer Gruppe baulicher Anlagen Abb. 3. Georg Kolbe, „Menschenpaar“ (1939), (Maschsee) mit dem Status eines Kulturdenkmals Maschsee.

19 Jean Christoph Ammann nach: Walter Graskamp, Kunst und Stadt, in: Bußmann/König (Hrsg.) 1997, S. 11. 20 Zur Entstehung und Geschichte des Maschsees in Hannover erschienen zahlreiche Publikationen. Vgl. z.B. Röhrbein (Hrsg.) 1986 und Fabian Fisch 1998. 21 „Vermutlich sollte auch der ‚Schwimmer’ von Erich Haberland (1903-1964) zur Hitler-Zeit aufgestellt werden, was dann der Krieg verhinderte. Formal ist die Figur nicht so heroisch, monumental und bedrohlich wie andere aus jener Zeit.“ Zerull 1992, S. 16. 22 Vgl. Stefanie Endlich/Beate Rossié, Zum Umgang mit den Skulpturen von Breker, Thorak und anderen Bild- hauern auf dem Berliner Olympiagelände, in: Zeitgeschichte-Online, Thema: Wohin mit Breker? Zum Umgang mit NS-Kunst in Museen und im öffentlichen Raum, Jan-Holger Kirsch (Hrsg.), Dezember 2006, unter: www.zeitgeschichte-online.de/portals/_rainbow/documents/pdf/endlich_rossie_breker.pdf (Stand: 02.05.2007).

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geführt (→ 4.1.3 Denkmalschutz und Denkmalpflege, S. 122).23 Während die Skulpturen am Maschsee die Verquickung von Macht und Kunst suggerieren, kann für die nach 1970 entstandenen Werke eine gewisse Beliebigkeit der Deutung nicht ausgeschlossen werden. Dies ist jedoch für ihre Akzeptanz, Ablehnung oder Nichtbeachtung nicht von Bedeutung.

Die Kunst nach 1945 In der Kunst im öffentlichen Raum in Hannover spielt das 1945 aufgestellte Denkmal von Nikolai Muchin-Koloda für die in den letzten Kriegstagen getöteten russischen Kriegsgefangenen, Zwangsarbeiter und andere Opfer des Naziterrors eine Sonderrolle, da es einen konkreten Bezug hat, den jedermann nachempfinden kann. Geschaffen in Zeiten absoluter Not, ist es ein Beispiel dafür, welche Bedeutung Kunst für das Leben der Menschen haben kann. Die Nachkriegs- und Wiederaufbaujahre waren der Anfang einer vermehrten Aufstellung von Kunstobjekten im Stadtbild und in städtischen Anlagen Hannovers. Man könnte sie böswillig zum überwiegenden Teil als Beginn der „Stadtmöblierung“ bezeichnen. Beispiele dafür sind die in der „Tierplastik-Ära“ geschaffenen Skulpturen „Storchreiher“ (1952) von Philipp Harth, „Affengruppe“ und „Wildschweingruppe“ (1951) von Fritz Bernuth – alle im Zuge der Bundesgartenschau 1951 entstanden – außerdem die „Wildschweingruppe“ (1951) von Kurt

Schwerdtfeger, das „Liegende Fohlen“ (1954) von Kurt Lehmann sowie das „Fabeltier“ (1931/1951) in der Abb. 4. Kurt Lehmann, „Umschau- Eilenriede, der „Pelikanbrunnen“ und die „Springenden ende“ (1957), Leibnizufer. Lachse“ von Ludwig Vierthaler. Kurt Lehmann, Professor an der Technischen Universität Hannover, trug mit seinen Skulptu- ren, Plastiken, Reliefs und seiner „Kunst am Bau“ Wesentliches zur künstlerischen Entwick- lung der Stadt zu Zeiten des Wiederaufbaus bei. „Große Stehende“ (1954), „Junge mit der Taube“ (1956), „Umschauende“ (1957) (→ Abb. 4), „Demut“ (1960) und die „Speerträger“ (1964) sind nur einige seiner zahlreichen Arbeiten. Seine dominierende Rolle im Hannover der 1950er Jahre dauerte an bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1969. Sein Werk umfasst hauptsächlich figürliche Plastiken, die nur zum Teil Abstraktionszüge aufweisen und dem Zeitgeschmack der Auftraggeber und Förderer entsprachen, aber auch heute noch ohne Widerspruch in der Stadt akzeptiert werden.24 Ende der 1950er, Anfang der 1960er Jahre war eine gewisse Abkehr von figürlicher, hin zu abstrakter Darstellung auch in der Kunst im öffentlichen Raum zu verzeichnen. Die erste abstrakte Plastik Hannovers war die 1956 am Aegidientorplatz errichtete und heute auf dem

23 Mündliche Auskünfte von Thomas Kellmann, Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege Hannover, Telefonat am 02.05.2007. 24 Vgl. Böhm 1967.

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Friedrichswall befindliche zwei Meter hohe „Große Kugelform“ aus Muschelkalk von Karl Hartung. Der Fabrikant, Kunstsammler und Mäzen Bernhard Sprengel kaufte 1960 die Bronzeplastik „Glenkiln Cross“ von Henry Moore, allgemein „Schottisches Kreuz“ genannt, die bis heute im Maschpark hinter dem Rathaus steht. Korrespondierend dazu befindet sich im Maschteich die Arbeit „Ägäis“ (1964) von Toni Stadler. Abb. 5. Aristide Maillol, „L’air“ (1929), Georgsplatz. Die 1938 von Aristide Maillol geschaffene weibliche Aktfigur „L’air“ wurde 1961 in einem Brunnen auf dem Georgsplatz aufgestellt und ist damit eines der frühesten Kunstwerke eines weltberühmten Künstlers der klassischen Moderne in der Stadt (→ Abb. 5). Die Aufstellung fand in Kooperation mit Hannovers Partnerstadt Perpignan in Südfrankreich statt, in der Maillol lebte und arbeitete. Die Epoche der figürlichen Plastik in Hannover gewissermaßen abschließend, wurden noch zu Beginn der 1960er Jahre eine Reihe entsprechender Arbeiten aufgestellt, z.B. von Max Sauk, Ludwig Gabriel Schrieber und Fritz Koenig. Als Beispiele für die etwa zur selben Zeit als ungegenständliche „Kunst am Bau“ ausgeführten Arbeiten seien Erich Hausers am „KUBUS“ situiertes acht mal drei Meter hohes Stahlrelief von 1965, Hans Uhlmanns „Stahlplastik“ (1965) an der Hochgarage in der

Schmiedestraße sowie Werner Schreibs „Beton-Relief“ Abb. 6. Erich Hauser, „Stahlrelief“ (1964) am Haupteingang des Hotels Interconti am Fried- (1965), am „KUBUS“. richswall genannt.

Das „Experiment Straßenkunstprogramm Hannover“ Das „Straßenkunstprogramm Hannover“ war eines der ersten groß angelegten und bundes- weit diskutierten Projekte im Bereich der bildenden Künste im öffentlichen Raum.25 Maßgeb- liche Initiatoren dieser ab ca. 1969/70 über mehrere Jahre laufenden Aktion waren der da- malige Oberstadtdirektor Martin Neuffer und der ehemalige Direktor des Kunstvereins der Stadt, Manfred de la Motte. Sie verstanden ihr Programm in erster Linie als Beitrag zur Dis- kussion über die Möglichkeiten kultureller Einflussnahme auf eine bis dahin vorzugsweise funktional orientierte Stadtplanung. Im Vorlauf dieses über Hannover hinaus bekannt gewor- denen Experiments fanden diverse Happenings, die „Mobilausstellung“ und weitere künstle- rische Aktionen statt.26 Nach Auffassung der Macher stellte sich Hannover in dieser Zeit als „graue Stadt“ dar, deren Image dringend durch Kunst und Spektakel aufgebessert werden musste. Neuffers Idee war es, zeitgenössische Kunstwerke in die Stadt zu bringen, um diese bunter und damit

25 Ähnliche Versuche, wenn auch in weit geringerem Umfang, gab es 1970 mit den Kunstaktion „Umwelt Akzente“ in der Stadt Monschau und der Aktion „Kunstachse“ im Rahmen der Künstlerbund-Ausstellung „Prisma 70“ in Bonn. 26 Ludwig Zerull beschreibt in seinem Buch „Kunst ohne Dach“ die Aktionen von Reinhard Schamuhn, von der aus stammenden Künstlergruppe PUIK sowie die „Mobilausstellung“ des Braunschweiger Kunst- hochschulprofessors Siegfried Neuenhausen, Martin Neuffers und des Baudirektors Klaus Scheelhaase in der damals im Bau befindlichen U-Bahn Hannovers. Vgl. Zerull 1992, S. 25-27.

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attraktiver zu gestalten. Mit dem Hannoverschen Kunstverein wurde ein Straßenkunstpro- gramm entwickelt, das alle Kunstformen im Straßenraum präsentieren sollten. Damit konnte erprobt werden, ob sich Kunstwerke und Kunstereignisse dauerhaft in den öffentlichen Be- reich der Stadt integrieren lassen, ob sie angenommen oder abgelehnt werden würden. Bür- ger und Besucher der Stadt sollten in Gesprächen Stellung dazu nehmen, ob und inwieweit diese Aktionen die Wahrnehmung des öffentlichen Raumes positiv beeinflussten. Eine Reihe engagierter Künstler, darunter Kenneth Snelson, Yves Klein, Naum Gabo, Niki de Saint Phalle, Bridget Riley, Donald Judd, Piero Manzoni, Richard Lohse und Helen Frankenthaler, brachten das Programm zum Laufen.27 Eine sogenannte Kunstkommission, der Vertreter der Stadtratsfraktionen von SPD, CDU und FDP, Stadtbaurat Rudolf Hillebrecht, Kulturdezernent Kurt Abb. 7. Alexander Calder, „Hellebardier“ (1971), Opernplatz. Lauenroth, der Direktor der Kestnergesellschaft Wieland Schmied, Martin Neuffer, Manfred de la Motte sowie der Kunstmäzen Bernhard Sprengel angehörten, bildete die Leitung als Finanzierungs-28, Aufsichts- und Kontrollorgan. Jedoch bemängelte insbesondere Bernhard Sprengel die fehlende Weltläufigkeit dieses Projekts, so dass er der Stadt in diesen Jahren die Stahlplastik „Hellebardier“ (1971) von Alexander Calder schenkte, die heute vor dem Sprengel Museum steht und nahezu in jedem Stadtführer abgebildet ist (→Abb. 7). Begonnen hatte alles im September 1970 mit einem Altstadtfest, einem Kunstspektakel. Neuffer und de la Motte hatten sich für dieses Projekt drei verschiedene Formen von Kunst vorgestellt: Die erste Gruppe bildete die „Sockelkunst“, d.h. feste, dauerhafte Objekte, wie z.B. Skulpturen, Denkmale, Brunnen, Mosaike, Reliefs und Wandmalereien. Der Ankauf dieser Objekte sollte auf Ausstellungen, in Ateliers oder über die Vergabe von Aufträgen erfolgen. Zum Abb. 8. Hein Sinken, „Anemokinetisches anderen sollten Projekte, in denen die Zeitdimension Objekt 1“ (1971) und die „Rote Linie“ vor dem eine Rolle spielt, also Aktionen, Happenings und Historischen Museum.

27 Im Internet stehen mehrere kurze Dokumentarfilme zum Projekt „Straßenkunstprogramm Hannover“ zur Verfü- gung, welche die Stimmung unter den Machern des Projekts und der Bevölkerung veranschaulichen. Vgl. Graf von Bethusy-Huc GmbH, Filmausschnitte: Die Kunst geht auf die Straße (1970), in: Lernwerkstatt Geschichte, unter: www.hist.uni-hannover.de/~kultarch/h_film/filme/kunst_filmansicht.htm (Stand: 02.05.2007). 28 Dieses Projekt wurde erstmalig nicht, wie ansonsten üblich, aus Mitteln der sogenannten „Kunst am Bau“- Regelung finanziert, sondern durch Haushaltsmittel der Stadt Hannover sowie private Gelder getragen. Insge- samt wurden in den Jahren 1970-73 für den Ankauf von Objekten etwa 1,4 Mio. DM aus dem Haushaltsetat der Stadt aufgewendet; 345.000 DM wurden für Aktionen und temporäre Objekte ausgegeben. Von den 1970 im Rat ursprünglich bewilligten 3 Mio. DM standen nach erheblichen Kürzungen nur noch etwa 1.835.000 DM zu Verfügung. Vgl. Dühr 1991, S. 172.

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spielerische Unternehmen, die nur wenige Tage oder Wochen dauern, die Form der „Aktionskunst“ bedienen. Eine weitere Kategorie waren die „Aktionen der darstellenden Kunst“, d.h. kurze Erlebnisse, die nicht bleiben und außer der Erinnerung bei der Bevölke- rung nichts hinterlassen, wie z.B. Straßentheater, Musikaktionen, Pantomime etc. Später wurden, einer Idee Karl Gerstners folgend, die einzelnen Kunstwerke mittels einer „Roten Linie“ untereinander verbunden (→ Abb. 8, S. 12). Sie soll den Interessierten sozu- sagen als Leitlinie führen und wird bis heute jedes Jahr im Frühjahr, meist kurz vor Beginn der CEBIT, erneuert. Die Zahl der Kunstwerke dieses Projekts, die zum Teil im Laufe der Zeit den Standort wechselten, belief sich Ende 1973 auf etwa dreißig. Eine Reihe von Objek- ten wurde beschädigt, zerstört, einige verschwanden aus verschiedensten Gründen auf Bauhöfen oder Abstellplätzen. Eine Auswahl der im Zuge dieses „Experiments Straßen- kunstprogramm“ entstandenen Kunstwerke soll in dieser Arbeit etwas eingehender beleuch- tet werden (→ 3.3 Fallbeispiele, S. 29). Mit der Aufstellung der „Nanas“ (1974) der französischen Künstlerin Niki de Saint Phalle am Leineufer fand dieses Experiment wohl seinen Höhepunkt. Die gewünschte Beteiligung der Bürger äußerte sich in einer Welle des Protests (→ 3.3.5 Niki de Saint Phalle, „Nanas“ (1974), S. 53). Mehr als 2000 Hannoveraner kamen zu einer Podiumsdiskussion in der Stadthalle zusammen, um gegen die immens hohen Kosten von mehr als 150.000 DM zu protestieren.29 Eine Vielzahl der Bürger kam aber vermutlich vielmehr deshalb zu dieser Dis- kussion, um ihrem Unmut gegenüber den damals als unmoralisch angesehenen Formen der „Nanas“ Ausdruck zu verleihen.

Abb. 9 a/b. Niki de Saint Phalle, „Nanas“ (1974), Leibnizufer. Links, Nana „Sophie“, rechts die Skulpturen „Charlotte“ und „Caroline“ während des Flohmarktes.

Man kann das „Experiment Straßenkunst“ weder als vollen Erfolg noch als Misserfolg beur- teilen, da sich keine klare Mehrheit von Befürwortern oder Ablehnenden feststellen lässt. Eine Umfrage vor Beginn des Straßenkunstprogramms, die ergeben hatte, dass 40% der Befragten dafür und 47% dagegen waren, ist leider nie durch eine erneute Befragung er- gänzt worden.30 Ein offizielles Ende dieses Experiments wurde nie beschlossen. In den dar- auf folgenden Jahren weitete sich die künstlerische Gestaltung des Stadtbildes auch auf die Außenbezirke aus.

29 Vgl. Zerull 1992, S. 34f. 30 Vgl. Dühr 1991, S. 174.

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1980 bis heute Gegen Ende der 1970er Jahre war es der Galerist Dieter Brusberg, der – verständlicher- weise nicht ganz uneigennützig – Kunst in den Straßen Hannovers aufstellen ließ, die anfangs als Leihgabe an die Stadt verstanden wurde, im Laufe der Jahre aber letztlich in städtischen Besitz überging (→ Abb. 10). Zu Beginn der 1980er Jahre übernahmen Robert Simon und Heidi Spiech die Galerie Brusbergs. Neben Robert Simons Engagement entwickelte sich nach und nach das private Mäzenatentum. 1987 veranstaltete Simons Galerie unter dem neuen Namen kö24 die Ausstellung „Stahl 1“ auf einem der verkehrsreichsten Plätze der Stadt, dem Königsworther Platz. Beteiligt waren zehn

Berliner Künstler, darunter die bereits international Abb. 10. Horst Antes, „Kopf in der Hand“ renommierten Künstler Bernhard Heiliger und das (1983), Georgsplatz. Ehepaar Matschinsky-Denninghoff (→ Abb. 11). An diesen Erfolg anknüpfend folgte nur anderthalb Jahre später die Ausstellung „Stahl 2“, an der sich unter anderem Erich Hauser und Alf Lechner beteiligten. Diese Skulpturen wurden im Laufe der Jahre durch das Land und die Stadt, z.B. aus Mitteln der Niedersächsischen Lottostiftung, angekauft.31 Ein großes temporäres Ausstellungsprojekt wurde im Sommer 1990 von dem seit mehreren Jahren in Hannover lebenden Kunsthistoriker und Publizisten Lothar Romain im Georgengarten initiiert. Die Ausstellung „Bis jetzt“ zeigte die Entwicklung der westdeutschen Skulptur im öffentlichen Raum von 1950 bis in die 1990er

32 Jahre. Viele Skulpturen wurden aus anderen deutschen Abb. 11. Martin und Brigitte Matschinsky- Städten nach Hannover gebracht; einige jedoch wurden Denninghoff, „Genesis“ (1987), Königs- worther Platz. erst eigens für diese Ausstellung konzipiert. Dieses Projekt lief bis zum Jahre 1993. 1991 bekamen zehn bis dato weniger bekannte Künstler durch ein weiteres Projekt Lothar Romains namens „Im Lärm der Stadt“ die Chance, ihre Kunst in der Innenstadt zu zeigen.33 Einige wenige Arbeiten verblieben danach als Dauerleihgaben in Hannover, so z.B. Andreas von Weizsäckers „Hangover“ (1991) unter der Hochbrücke am Raschplatz.34

31 Vgl. Robert Simon, Dem Initiator von Hannovers Skulpturenmeile, unter: www.robert-simon.de (Stand: 02.05.2007). 32 Zur Ausstellung „Bis jetzt: von der Vergangenheit zur Gegenwart. Plastik im Außenraum der Bundesrepublik“ im Georgengarten ist ein Katalog erschienen. Vgl. Romain 1990. 33 Vgl. Romain 1991. 34 Das Bushaltestellenprojekt der ÜSTRA im Frühjahr 1993 geht ebenfalls auf das Engagement Romains zurück. Zehn international renommierte Designer bekamen den Auftrag, quasi im Sinne der angewandten Straßen- kunst, jeweils ein Wartehäuschen zu gestalten.

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2 KUNST IM ÖFFENTLICHEN RAUM

Siegfried Neuenhausen, Bildhauer und ehemaliger Professor der Kunstakademie in Braun- schweig, lebt bis heute im Stadtteil Hainholz, wo er in den 1980er Jahren eine alte Korn- brennerei in der Bertramstraße zum Atelier und Künstlerzentrum umbaute. Der Bezirk Hain- holz gilt bis heute als Industriequartier, wo im Gegensatz zu den Innenbezirken, bis dato na- hezu keine Kunst im öffentlichen Raum zu finden war. 1991 lud Neuenhausen fünfzehn Künstler ein,35 die Fabrikmauer in der Bertram- straße als Ausstellungsfläche zu gestalten.36 Besonderes Aufsehen erregte dabei das Objekt von Richard Hamilton, der in seiner Arbeit das damals aktuelle Thema des Golfkriegs thematisierte (→ 3.3.7 Richard Hamilton, „War- games“ (1991), S. 71). Diese Arbeit ist heute im Sprengel Museum Hannover deponiert.

Neuenhausen sah in der materialbedingten Abb. 12. Der damalige Oberbürgermeister Herbert Vergänglichkeit der Kunstwerke im Außenraum Schmalstieg bei seiner Rede zur Eröffnung der Bil- derwand (1991) in der Bertramstraße. eine Chance zur Weiterentwicklung der Bilderwand und ließ daher neue Werke an die Stelle der ursprünglichen nachrücken. Diesem Konzept wurde jedoch in den folgenden Jahren nicht weiter nachgegangen.37 Im Jahr der EXPO 2000 wurde die Kunstmeile zwischen Niedersächsischem Landtag und den Herrenhäuser Gärten offiziell zu Hannovers „Skulpturenmeile“ erklärt. Alle acht dazuge- hörigen Skulpturen38, bis auf John Henrys Arbeit „Symphony in Red“ (2000), die von der nie- dersächsischen Lottostiftung finanziert wurde, sind in städtischem Besitz (→ Abb. 13). Dank der EXPO 2000 wurden weitere Skulpturen in Hannover aufgestellt. Die Niederlande, und Kolumbien schenkten Hannover jeweils ein Kunstwerk als Erinnerung 39 Abb. 13. John Henry, „Symphony in Red“ (2000), an die Weltausstellung. Königsworther Platz.

35 Die Künstler Rüdiger Barharn, Johannes Brus, Tony Cragg, Felix Droese, Jochen Gerz, Richard Hamilton, Astrid Klein, IMI Knoebel, Gerard Merz, C.O. Paeffgen, Rob Scholte, Günther Uecker, Timm Ulrichs, Gerd Win- ner sowie Ulla Lauer beteiligten sich an Neuenhausens Projekt „Bilderwand Bertramstraße“. 36 Finanziell wurde das Projekt durch Gelder der Stadt und des Landes Niedersachsen, der Sparkasse, verschie- dener Stiftungen und durch privates Sponsoring einzelner Firmen getragen. 37 Vgl. Kornbrennerei e.V. (Hrsg.) 1991. 38 Die Skulpturenmeile umfasst folgende Werke: „Avenue K“ (1968-70) von Kenneth Snelson, „Nanas“ (1974) von Niki de Saint Phalle, „Deus ex Machina“ (1985) von Bernhard Heiliger, „Stahlengel“ (1987) von Erich Hauser, „Etude I bis V“ von Eugène Dodeigne, „Symphony in Red“ (2000) von John Henry, „Genesis“ (1983-85) von Bri- gitte Denninghoff und Martin Matschinsky, sowie „Kreisteilung – Quadratanordnung – Kugel“ (1987) von Alf Lechner. 39 Monaco schenkte Hannover im Jahr 2001 die Skulptur „Transformations“ von Emma de Sigaldi, Kolumbien die Skulptur „Mais“ von Egar Negret und Holland die Skulptur „o.T.“ von Auke de Vries.

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2 KUNST IM ÖFFENTLICHEN RAUM

Ebenfalls im Jahr 2000 übereignete die französische Künstlerin Niki de Saint Phalle mehr als 300 ihrer Arbeiten der Stadt. Das Sprengel Museum wurde fortan mit der Pflege dieser Sammlung betraut. Daraufhin erhielt Niki de Saint Phalle im August 2000 die Ehrenbürger- schaft der Stadt Hannover. Bereits im Mai des darauf folgenden Jahres verstarb die Künstlerin im Alter von 71 Jahren in Kalifornien. Kurz vor ihrem Tod entwarf sie die Pläne für die Umgestaltung der Grotte in den Herrenhäuser Gärten. Die drei Räume der im Jahre 1676 im Nordwesten des Großen Gartens erbauten Grotte waren ursprünglich mit Muscheln, Kristal- len, Glas und Mineralien gestaltet. Allerdings wurden die Ausschmückungen schon im 18. Jahrhundert entfernt und die Grotte diente anschließend lange Zeit als Lagerraum. Von 2001 bis 2003 wurde dann nach den Plänen Niki de Saint Phalles die Grotte mit Mosaiken und Abb. 14. Niki de Saint Phalle, „Grotte“ (2003), Herren- häuser Gärten. Detail: Raum „Der Tag“. Plastiken neu gestaltet.40 In den folgenden Jahren gelangten Skulpturen hauptsächlich durch privates Engagement und private finanzielle Mittel in Hannovers Stadt- bild, wie z.B. Stephan Balkenhols „Mann mit Hirsch“ (2002), eine Schenkung der Kaufhaus- kette Karstadt. Kürzlich wurde die Arbeit „Aegidienwald“ (2006) am Aegidientorplatz eingeweiht. Das Projekt stammt von den jungen Landschaftsarchitekten Dominik Geilker und Stefanie Schmoll, die ihre Idee im Rahmen eines Workshops unter Leitung von Professor Udo Weilacher am Insti- tut für Landschaftsarchitektur der Leibniz Universität Hannover entwickelt haben. Die Ge- samtkosten von 185.000 Euro wurden von den vier umliegenden Unternehmen – Nord/LB, Sparkasse Hannover, Sparkassenverband Niedersachsen und VGH – getragen, die auch maßgeblich an der Auswahl des Projekts beteiligt waren.41

Aufgrund der Vielzahl von Objekten, die durch Ankäufe und Schenkungen innerhalb der letz- ten dreißig Jahre nach Hannover gelangten, wird nun diskutiert, einzelne Werke aus dem Stadtbild zu entfernen, wofür eigens eine unabhängige Kommission eingesetzt wurde (→ 4.2 Das Entfernen von Skulpturen aus dem Stadtbild, S. 128). Ob diese Vorschläge letztlich tatsächlich umgesetzt werden, ist zum heutigen Zeitpunkt nicht einschätzbar.

40 Zur dauerhaften Befestigung der Materialien wurden die Wände und Decken der Grotte mit PE- Glasfasergewebe ausgespritzt. Die so entstandene Positivform wurde in kleinere Stücke geschnitten und nach Frankreich transportiert. Assistenten der Künstlerin beklebten das Material mosaikartig mit Spiegeln und Glas. Wieder zurück in Hannover wurden die fertigen Teile an den Wänden und Decken der Grotte befestigt. Die von der Künstlerin in ihrem Atelier in Kalifornien gefertigten Polyesterfiguren wurden anschließend in der Grotte po- sitioniert. Vgl. Stadt Hannover, Aufwändige Arbeiten in Hannover, Frankreich und Kalifornien, unter: www.hannover.de/herrenhausen/gaerten/gro_garten/elemente/grotte_deutsch/realisierung/index.html (Stand: 10.04.2007). 41 Vgl. Ihme Bote vom 26.10.2006, Aegi hat ein neues Gesicht, unter: www.ihmebote.de/2006/10/26/aegi-hat- neues-gesicht/ (Stand: 10.04.2007).

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3 ZUM UMGANG MIT DER KUNST IM ÖFFENTLICHEN IN HANNOVER

3 Zum Umgang mit der Kunst im öffentlichen Raum in Hannover Allgemein stehen Kunstwerke im öffentlichen Raum meist ungeschützt im Außenraum, wo sie im Gegensatz zum Museumsbereich, einer ständigen Wechselwirkung mit ihrem Umfeld ausgesetzt sind. Speziell bei der modernen Kunst stellt neben unkalkulierbaren Umwelt- und Umfeld- einflüssen, die teilweise recht sorglose und unkonventionelle Materialverarbeitung, bzw. die Materialwahl der Künstler in einigen Fällen bereits ein konservatorisches Problem dar. Neben den natürlichen Umweltfaktoren gibt es eine Reihe weiterer Einflüsse. Die Kunstob- jekte stehen nicht wie im Museum unnahbar in einer Vitrine, sondern sind teilweise begehbar oder laden den Betrachter zur Benutzung ein. Offenbar werden diese Kunstwerke vom Betrachter anders wahrgenommen und in gewisser Weise anders bewertet, was eines der vielen Motive für Vandalismus zu sein scheint. Im Folgenden soll ein Überblick über häufig auftretende Schäden an Kunstwerken im öffent- lichen Raum gegeben werden. Anhand einiger ausgesuchter Beispiele werden Probleme im Umgang mit Skulpturen im öffentlichen Raum verdeutlicht. Tatsächlich zeichnet sich dabei eine Diskrepanz im Umgang und in der Erhaltung von Kunst im öffentlichen Raum einerseits und in musealen Sammlungen andererseits ab.

3.1 Typische Schäden an Kunstobjekten im Außenraum Fehlende Pflege ist einer der Hauptfaktoren, die den schlechten Erhaltungszustand einiger Kunstwerke im öffentlichen Raum begründen. Besonders an Arbeiten aus Metall und Kunst- stoff und vor allem an kinetischen Objekten lässt sich leicht feststellen, was fehlende Pflege verursachen kann. So geschah es z.B., dass sich in Bielefeld an dem kinetischen Kunstwerk „Two Lines Oblique“ (1971) von George Rickey (→ Abb. 15) im Jahr 2001 ein Metallarm aus den nicht regelmäßig gefetteten Kugellagern löste und aus acht Metern Höhe auf einen Parkplatz stürzte. Personen kamen dabei glücklicherweise nicht zu Schaden, aber der herabgestürzte Arm war damit stark deformiert. Vor allem an Metallteilen ist eine ständige Wartung und Reinigung notwendig. Durch Schmutzablagerungen verstopfen Abläufe, die das Regenwasser abführen sollen, wodurch verstärkte Korrosion hervorgerufen werden kann.

Die Ablagerung von Schmutz (hydrophile Einwirkung) und Luftschadstoffemissionen kann partiell oder auf der Abb. 15. George Rickey, „Two Lines Oblique“ (1976) auf der Terrasse der gesamten Oberfläche schädigenden (z.B. Tiefenkorrosion) Kunsthalle in Bielefeld. Einfluss auf das Material haben. Fehlende Sockel unterstützen dieses Problem, so dass eine Skulptur auch einmal Wort wörtlich „im Boden“ versinkt und die aufsteigende Feuchtigkeit aus dem Erdreich, das Mate- rial angreift. Ein anschauliches Beispiel ist hier die Cor-Ten® Stahl Plastik „Außenraumskulp- tur für Hannover“ (1971) von Hans Breder, welche ohne einen Sockel auf einer Rasenfläche im Maschpark Hannovers stand und dabei im unteren Bereich so stark korrodierte, dass sie abgebaut werden musste (→ 3.3.1 Hans Breder, „Außenraumobjekt für Hannover“ (1971)/„In Between“ (2002), S. 30).

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3 ZUM UMGANG MIT DER KUNST IM ÖFFENTLICHEN IN HANNOVER

Oftmals kann man auch die Beobachtung machen, dass Flechten, Algen und Moose auf den Oberflächen anhaften, was in einigen Fällen starke Schäden verursacht. Besonders an Skulpturen aus Muschelkalk, wie z.B. Kurt Lehmanns „Demut“ (1960) in Hannover (→ Abb. 16), stellt die Ablagerung von Algen und Moosen neben dem ästhetischen Problem ein Risiko für das Material selbst dar. Durch sie wird weiterer biogener Befall, wie die Ansiedlung von Mikroorganismen (z.B. Pilze) begünstigt, welche längerfristig in der Lage sind, den Stein massiv zu schädigen. Frost ist oftmals der Grund für Rissbildung an Skulpturen.

Das Eindringen von Wasser kann zu Frostsprengungen führen. Das abgelagerte Wasser gefriert und dehnt sich Abb. 16. Detail: Kurt Lehmann, „Demut“ (1960). Biofilme auf dem dabei stark aus, so dass seine Volumenzunahme die Muschelkalk. Rissbildung fördert und in einigen Fällen sogar das Absprengen von Material zur Folge hat. Auch Unwetter können Ursache für Beschädigung von Außenraumobjekten sein. So zerstörte 1972 ein Orkan die von Sanford Wurmfeld am Aegi in Hannover aufgestellte Plexiglas-Skulptur „1205“ (1971) vollständig. Ein weiterer

Sturm beschädigte im Winter 1976 die aus Aluminium bestehende Skulptur „Avenue K“ (1971) von Kenneth Abb. 17. Kenneth Snelson, „Avenue Snelson am Waterlooplatz (→ Abb. 17). Im Gegensatz zu K“ (1970). Die Skulptur wurde im Januar 1976 durch einen Sturm be- Wurmfelds Skulptur, konnte Snelsons Arbeit nach kleineren schädigt. Reparaturen wieder aufgebaut werden. Die Lackierung oder Bemalung an Objekten im Außenraum ist zwangsläufig meist der Sonneneinstrahlung ausgesetzt. Hier kann es zu Verfärbungen, vermeintlichen „Ausbleichen“ oder auch zum Ablösen von Farbschichten kommen. 1991 wurde eine Arbeit von Gerd Winner an der „Bilderwand Bertramstraße“ in Hannover aufgehängt (→ Abb. 18a/b). Der Fotovergleich zeigt, dass die einst gelben und roten Flächen heute weiß erscheinen. Da solche Veränderungen dem Laien oft irreversibel erscheinen, werden die Objekte meist ohne weitere Bedenken neu gestrichen (→ 4.1 Ethisch-ästhetische Überlegungen und rechtliche Grundlagen, S. 112). Angesichts der immer wieder vorkommenden Skandale um Kunstwerke im Außenraum, soll die Problematik des „Unmutes“ auf Kunst im öffentlichen Raum kurz dargestellt werden. Die Beschädigungen reichen dabei vom Anbringen von Graffiti, Aufklebern und Plakaten bis hin zur mecha- nischen Zerstörung. Als eines der wohl prominentesten Beispiele sei die

Empörung über eine Skulptur von Henry Moore erwähnt. Abb. 18a/b. Gerd Winner, „O.T.“ (1991). Oben: Zustand 1991, unten: Zustand 2007.

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Die „Sitzende Gewandfigur“ (1957) wurde 1959 in Wuppertal geteert und gefedert und ab- schließend mit dem Spruch „Die Sitzengebliebene! Man hätte auch hundert Bratpfannen daraus machen können“ versehen.42 In Hannover gab es in den 1980er Jahren den stadtbekannten Rentner Otto Schleusner, welcher es sich zu Aufgabe gemacht hatte, seinen Protest gegen die aufgestellte Kunst in Hannovers Straßen mit Hilfe von Aufklebern, Farbe und Plakaten zum Ausdruck zu bringen. Zahlreiche Skulpturen wurden von ihm mit Protestsprüchen beklebt und bemalt. Seine An- schläge wurden zur Anzeige gebracht und gaben nicht nur in Fachkreisen Grund für zahlrei- che Diskussionen (z.B. → 3.3.5 Niki de Saint Phalle, „Nanas“ (1974), S. 53). Walter Grasskamp beschäftigte sich in verschiedenen Publikationen43 mit den Ursachen des Kunstvandalismus44. So bemerkte er, dass die „Zerstörung von Kunst im öffentlichen Raum […] eine eher beiläufige, spontane und anonyme Form der Ablehnung ist, die sich in der Regel auf allgemeine Zustimmung be- rufen kann, sofern sie sich nicht sogar einer vorhergehenden Kampagne von Leserbrie- fen oder ähnlichem verdankt.“45 Oftmals wird die Außenraumplastik als Verordnung einer Kunst „von oben“ gesehen. Wie bereits in Kapitel 2 erläutert, ist die Kunst im öffentlichen Raum - anders als Kunstwerke in Museen oder Galerien – ohne weiteres einer breiten Öffentlichkeit zugänglich. Somit wird auch ein Publikum mit Kunst konfrontiert, welches unfreiwillig, oft uninformiert und manchmal auch mit fehlender Offenheit der Kunst begegnet. Ausgewählte Leute einer Fachjury präsentieren der Öffentlichkeit ein Ergebnis, welches häufig als bevormundender Eingriff in das gewohnte Umfeld gesehen wird. Dieser Fakt schafft eine völlig neue Respekt- und Akzeptanzsituation, was positiv aufgenommen werden kann in einigen Fällen aber Anlass für Vandalismus zu geben scheint. Auch in Hannover gab es einige doch nennenswerte Beispiele fehlender Akzeptanz seitens der Betrachter für die im öffentlichen Raum aufgestellte Kunst. So wurde beispielsweise eine abstrakte Skulptur von Nils Udo anlässlich der Künstlerbundausstellung (1980) aufgestellt (→ Abb. 19a/b). In wochenlanger Arbeit von einem Boot des Grünflächenamtes aus, Abb. 19a/b. Nils Udo, „Birkenstammhaus“ (1980). Oben: im Sommer 1980, unten: nach rammte der Künstler Birkenstämme in den der Zerstörung. morastigen Grund des Maschteiches. In einem der darauf folgenden Winter wurde die Skulptur von Schlittschuhläufern zerstört. Im Lokalteil der

42 Vgl. Christian Sabisch, Lokaltermin in Wuppertal- Arno Breker und Henry Moore, in: Grasskamp [Hrsg.] 1992, S. 92. 43 Eine Reihe von Publikationen zum Thema der Probleme der Rezeption zeitgenössischer Kunstwerke im Au- ßenraum wurden unter anderem von Walter Grasskamp (vgl. Walter Grasskamp: Invasion aus dem Atelier - Kunst als Störfall, in: Grasskamp [Hrsg.] 1992, S. 141-169) oder Jean Christoph Amman (vgl. Jean Christoph Amman: Kunst im öffentlichen Raum - Thesen zu ihrer Brauchbarkeit, in: Grasskamp [Hrsg.] 1992, .S.121-128) oder auch Barbara Straka (vgl. Barbara Straka: Kunst als Provokation, in: Flagge 1991, S. 21-31) herausgege- ben. 44 Unter Vandalismus versteht man in der Regel (blinde) Zerstörungswut oder Zerstörungslust. Vandalismus ist bewusste illegale Beschädigung oder Zerstörung fremden Eigentums als Selbstzweck. 45 Vgl. Walter Grasskamp, Warum wird Kunst im Außenraum zerstört?, in: Neuer Berliner Kunstverein 1987 [I], S. 20.

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hannoverschen Zeitung fand man damals als Bildunterschrift: „Nun habe auch Volkes Stimme einmal Gelegenheit gehabt und genommen, über solch ein Kunstwerk mit zu ent- scheiden.“46 Hinzu kommt oftmals der Aspekt der Empörung über die staatliche Finanzierung von moderner Kunst und die damit einhergehende, vermeintliche Verschwendung von Steuergeldern. „Die alltägliche Kunstfeindlichkeit“ [Lothar Romain] wendet sich meist gegen abstrakte Kunst- werke, bei denen es dem nicht vorgebildeten Betrachter an persönlichem Zugang fehlt. Diese Ablehnung reicht hierbei von schlichter Gleichgültigkeit, über verbalen Protest bis hin zum schon erwähnten Beschmieren, Bekleben und Demolieren von Objekten (→ Abb. 20). Viele Pas- santen kritisieren die modernen Plastiken mit der Bemerkung „das kann mein Kind auch“. Angebliche Banalität der Objekte oder auch das sich nicht Abheben vom Alltag geben Anlass für solche Äußerungen. Bei vielen Betrachtern bestimmt das Material der Skulptur den künstlerischen Wert eines

Kunstwerkes. So genießen beispielsweise Plastiken Abb. 20. Detail: Sanford Wurmfeld, „Diamant aus Bronze einen höheren Stellenwert als Skulpturen II“ (1972). Die Acrylglasscheiben werden oft beklebt, zerkratzt und besprüht. aus Cor-Ten® Stahl. Die Ansichten der Betrachter rühren offensichtlich von den traditionell akademisch geprägten Vorstellungen zur Beurtei- lung von Kunst her, die für die Kunst vergangener Jahrhunderte zutreffen können. Heutige allgemeine Erwartungen der Betrachter, wie „Kunst soll entspannen, unterhalten, den Alltag verschönern“, soll „die Umwelt menschlicher, farbiger, schöner gestalten“47 ent- sprechen meist nicht der Idee der modernen und zeitgenössischen Kunst und im Grunde auch nicht den klassischen akademischen Kriterien. Es wird beanstandet, dass Dinge ana- tomisch falsch seien oder eben nicht so dargestellt werden, dass der Betrachter sie verste- hen könne. Kunst im öffentlichen Raum bedarf oftmals des Kommentars und hat sich damit zu einer „Kunst für Kenner“48 entwickelt. Die Meinungen über das Kommentieren von Kunst, z.B. mit Hilfe von Schildern, um Vanda- lismus vorzubeugen, gehen dabei auseinander. Viele Künstler sehen in ihrer Kunst eine Art Provokation, Irritation des Gewohnten und streben nach Mehrdeutigkeit. Das Anbringen von Titeln oder gar Erläuterungen empfinden viele Künstler eher als eine Einengung der Denk- strukturen.49 Sie möchten die Betrachter zwingen eigene Gedanken zu entwickeln. Ein Schild ist meist nur dem vorgebildeten Publikum nützlich und dient in den meisten Fällen dem Van- dalismus in keiner Weise vorbeugend. Ungewohnte Botschaften wirken auf den unvorberei- teten Betrachter oftmals verunsichernd, da sie auch mit solchen Denkanstössen keinerlei Zugang zu eigenen Erfahrungen haben. Diese Verunsicherung äußert sich dann in Abwehr. Hingegen bemängelt Barbara Straka in einem ihrer Aufsätze50 genau diesen Punkt. Sie stellt fest, dass der Betrachter, wie bereits oben erwähnt, mit einem Objekt konfrontiert wird, über das er keinerlei Informationen hat.

46 Vgl. Zerull 1992, S. 11. 47 Vgl. Steube 1996 (I), S. 21f. 48 Vgl. Ebenda, S.20. 49 z.B. würde es Hans Wolfgang Lingemann ablehnen, ein Schild an einem Kunstwerk anzubringen. Vgl. A.6 Interview mit Hans Wolfgang Lingemann (HAWOLI) am 24.07.2006, S. 33. 50 Vgl. Straka 1986.

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Viele der Plastiken werden damit als Fremdkörper empfunden, „da die Präsentation eines Werkes im Stadtraum nicht einmal das Minimum an Daten enthält, die zu ihrem Verständnis notwendig wären. Gerade hier, wo sich die Präsentati- on von Kunst an eine andere als nur kunstinteressierte Öffentlichkeit richtet und mit ih- ren Reaktionen konfrontiert wird, gerade hier, wo eine besondere Vermittlung zum Ver- ständnis seines immanenten und außerästhetischen Sinnzusammenhanges und seiner Funktion wichtig wäre, hat der Besucher noch weniger als im Museum die Möglichkeit, einen Zugang zum Verständnis der Kunst zu finden.“51 Bei Vorhandensein eines Schildes bliebe es dem Betrachter freigestellt diese Information zu lesen. Er könnte selbst entscheiden, ob er diesen „Denkanstoss“ nutzen möchte oder nicht. Das Fehlen von Informationen hat in einigen Fällen dazu geführt, dass Skulpturen versehentlich abgebaut wurden. Besonders bei den sogenannten „Ready Mades“ besteht im hohen Maße die Gefahr, dass Objekte aus Unwissenheit entsorgt werden, da sie nicht als solche erkannt werden. Nicht unerwähnt soll auch die Rolle des Objektstandortes bleiben: Neben ungünstigen Umwelteinflüssen wie z.B. einem Lindenbaum neben den Objekten, von denen im Sommer der sogenannte Honigtau52 tropft, dient nicht selten eine Skulptur als Fahr- radständer (z.B. Schang Hutters „Figurentanz“ (1989) → Abb. 21) oder Plakatwand. Dabei kann man vermutlich nicht von mutwilligem Vandalismus sprechen, sondern eher von einer Art beiläufiger Beschädigung durch Unachtsamkeit. Viele Beschädigungen an Skulpturen werden auch durch die Salzstreuung der Wege und

Straßen verursacht. Das Salz kann besonders auf Abb. 21. Detail: Schang Hutter, Steinoberflächen starke Verkrustungen bilden, welche „Figurentanz“ (1989) vor dem Amts- gericht in Hannover. das Absprengen von Material begünstigen. Hingegen dienen einige Skulpturen schier als Sündenbock für soziale Probleme. Grasskamp sieht diese Aggressionen gegen Plastiken im Außenraum nicht ausschließlich gegen die Kunst gerichtet, sondern auch gegen die „nutz- und funktionsorientierte Umwelt. In dieser einseitigen Konzentration der Aggression auf die moderne Kunst ließe sich die Herrichtung eines Sündenbockes diagnostizieren, der für alle Zumutungen des modernen Alltages herhalten muss.“53 Der Gedanke, dass dies allein auf ein sozial schwaches Umfeld bezogen werden kann, konnte in Hannover nicht bestätigt werden. Beispielsweise wurden nur sehr wenige Beschä- digungen durch Vandalismus an der Bilderwand in der Bertramstraße (im Bezirk Hainholz)

51 Vgl. Ebenda, S. 29. 52 Blattläuse ernähren sich vom Pflanzensaft der Lindenblätter und scheiden dabei Zucker aus. Der Biologe nennt dieses Ausscheidungsprodukt poetisch "Honigtau". Der "Honigtau" tropft von den Lindenblättern und verteilt sich als dünner Film auf den Oberflächen. Von der Zuckerlösung ernähren sich wiederum Pilze und andere Mik- roorganismen, die sich als schwarzer Belag ausbreiten. Die Stoffwechselprodukte der Mikroorganismen schließlich sind so aggressiv, dass die Oberflächen des Objektes angegriffen werden. 53 Walter Grasskamp, Invasion aus dem Atelier, in: Grasskamp (Hrsg.) 1992, S.145.

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festgestellt.54 Jedoch befinden sich auch nur wenige, bis gar keine Kunstwerke in sogenann- ten sozial schwachen Wohngebieten. Grasskamp betont weiterhin, dass die Wahl des Standortes zu Problemen führen kann, da „ein künstlerisches Exponat […] kulturell völlig beliebig wirken kann, weil es mit der spezi- fischen Nutzung des Platzes, an dem es aufgestellt wurde, mit seinem Sozialgeflecht und dessen Geschichte rein gar nichts zu tun hatte, wenn sich Künstler und Kulturdezernent arrogant darüber hinwegsetzten.“55 Diese angebliche Arroganz seitens der Verantwortlichen bietet den Gegnern der Kunst im öffentlichen Raum scheinbar einen Vorwand für Vandalismus. Diese vermeintlich beliebig aufgestellten Skulpturen werden in der Literatur auch als „drop-sculptures“ oder „parachute- sculptures“56 bezeichnet. Wiederum konnte die These in der Praxis teilweise widerlegt werden. Die Situation einer Außenraumskulptur kann nur wenig verbessert werden, indem sie sich thematisch dem Umfeld anpasst. So wurde im Laufe der Jahre z.B. Wolf Vostells

Skulptur „2 Beton – Cadillacs in der Form Abb. 22a/b. Wolf Vostell, „2 Beton Cadillacs in der Form der der nackten Maja“ (1987) auf dem nackten Maja“ (1987) auf dem Rathenauplatz in Berlin (im November 2006). Rathenauplatz in Berlin wiederholt das Ziel von Zerstörung, obwohl die Skulptur Bezug auf den zunehmenden Straßenverkehr nahm.57 Die Skulptur wurde kürzlich mit Hilfe von privaten Geldern aufwendig saniert (→ Abb. 22a/b). Vielmehr scheint der Zustand der Objekte eine wesentliche Rolle zu spielen. Beispielsweise an einem alten, abgestellten Auto lässt sich feststellen, wie der Zustand eines Objektes An- lass für weitere Beschädigungen geben kann. Rudolf Fisch resümiert in einem Artikel: „Wer Vandalismus vermeiden will, sollte Sorge dafür tragen, dass die kleinen Zerstörun- gen nicht auftreten oder deren Spuren schnell wieder beseitigt werden, um keine Anreize für weitergehende Zerstörung zu bieten. Denn sonst gibt es rasch kein Halt mehr.“58 Diese Entwicklung lässt sich auch an Kunstwerken im Außenraum feststellen. Der hannover- sche Galerist Robert Simon veranlasst des Öfteren die Reinigung seiner Objekte der Skulp- turenmeile zwischen Königsworther Platz und Friedrichswall, da auch er die Erfahrung ge- macht hat, dass ein verschmutztes Kunstwerk Anreiz für weitere Beschädigungen gibt.

54 Das Kunstwerk von Richard Hamilton „Wargames“ wurde aus Angst vor politisch motiviertem Vandalismus (die Problematik des Golfkrieges) an das Sprengel Museum übergeben und sollte in meinen Augen deshalb hier ausgeklammert werden. Zudem wurde dieses Kunstwerk in der Bertramstraße nicht beschädigt. 55 Walter Grasskamp, Warum wird Kunst im Außenraum zerstört, in: Neuer Berliner Kunstverein (Hrsg.) 1987 (I), S. 22. 56 Diese Begriffe wurden von Walter Grasskamp geprägt. Diese Problematik wird im Folgenden etwas näher beleuchtet (vgl. 4.2 Das Entfernen von Skulpturen aus dem Stadtbild, S. 128). 57 Vgl. Jürgen Laschinsky: Das Projekt Skulpturenboulevard. Ein Anfang, in: Neuer Berliner Kunstverein (Hrsg.) 1987 [II], S. 54. Die Skulpturen wurden 2006 vollständig saniert. 58 Vgl. Rudolf Fisch, Vandalismus im öffentlichen Raum, in: Grasskamp 1992, S. 46.

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Vielleicht erscheint im Folgenden die Bezeichnung Vandalismus etwas zu drastisch gewählt: In diesem Fall fehlt es vielmehr an Achtung vor einem Kunstwerk aufgrund mangelnder historischer Distanz und der damit verbundenen fehlenden Wertschätzung im Allgemeinen. Im Zuge der Fußballweltmeisterschaft, ließ ein Restaurantbesitzer in Absprache59 mit der Stadt Hannover den Brunnen von Helmut Otto Schön auf dem Ballhofplatz von seinen Mitarbeitern mit einer farbigen Folie bekleben (→ Abb. 23a/b). Ob diese Behandlung fachgerecht durchgeführt wurde oder gar im Sinne des Künstlers ist, sei dahingestellt. Der Brunnen ist bereits seit Jahren ein ungeliebtes Objekt. Während der Vorstellungen des Stadttheaters am Ballhofplatz wird das Wasser des Brunnens gestoppt, um den laufenden Spielbetrieb nicht zu stören. Dennoch scheint der Brunnen nicht von allen Bürgern ungeliebt zu sein, da Hannovers Brunnen nur mit Hilfe von privaten Patenschaften zum fließen gebracht werden. Als ein weiteres Beispiel ist Janos Nadasdys „Leine- Entrümplung“ zu nennen. Während der Tage des Altstadtfestes hat Nadasdy zwischen 1981 bis 1991 Hannovers Fluss, die Leine entrümpelt. Die Fundstücke hat er zu Würfeln zusammenpressen lassen (→ Abb. 24). Sie stehen nun zur

Mahnung am Hohen Ufer, wo samstags der Flohmarkt statt- Abb. 23a/b. Helmut Otto Schön, findet. Ähnlich den „Nanas“ von Niki de Saint Phalle werden die „Ballhofbrunnen“ (1975). Der Brun- nen wurde 2006 temporär mit Folie Würfel als Kleiderständer oder Bilderwand benutzt. beklebt. Eine weitere Form der Beschädigung ist eine Art ungewollter Beschädigung. Da viele der Skulpturen auf Grünstreifen neben oder zwischen den Fahrbahnen stehen, kommt es leider auch zu Beschädigungen durch Verkehrsunfälle. So wurde beispielsweise die Skulptur „Avenue K“ von Kenneth Snelson am Waterloo Platz (heute am Leibnizufer) oder der „Figurentanz“ von Schang Hutter vor dem hannoverschen Amtsgericht durch Straßenverkehrsteilnehmer beschädigt.60

Diese zusammenfassende Auflistung von möglichen Schäden an Kunstwerken im öffentlichen Raum kann nur einen groben Überblick geben. Im Folgenden werden anhand ausgesuchter Beispiele einige dieser Beschädigungen eingehender erläutert (→ 3.3 Fallbeispiele, S. 29).

Abb. 24. Janos Nadasdy, „Leinent- rümplung“ (1982-91). Die Skulptur wird während des Flohmarktes als Bilderwand genutzt.

59 Herr Picar, Restaurantbesitzer des „Provence“, schilderte der Autorin telefonisch sein Vorhaben und versicher- te, dass die Stadt ihm die Zustimmung gegeben habe. Mündliche Auskünfte von Herrn Picar, Telefonat am 24.06.2006. 60 Die Skulptur „Figurentanz“(1989) von Schang Hutter wurde im März 2007 restauriert (vgl. 3.3.9 Schang Hutter, „Figurentanz“ (1989), S. 78).

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3.2 Aufstellung und Pflege von Kunst im öffentlichen Raum in Hannover Um eine Skulptur im öffentlichen Raum aufstellen zu können, bedarf es im Vorfeld einer in- tensiven Recherche und der Einholung mehrerer Genehmigungen. In der Regel hat das städtische Kulturamt Hannover die Oberaufsicht, da viele Skulpturen im Besitz der Stadt selbst sind. Jedoch müssen auch alle anderen Institutionen oder private Sammler, gewisse Punkte beim Aufstellen einer Skulptur beachten, insofern öffentliche Flächen genutzt werden sollen. Nur selten ist vertraglich festgelegt, wer sich im Anschluss im Einzelnen um die Pflege und Wartung der Skulpturen kümmert. Die Verantwortung obliegt jedoch stets dem Eigentümer.

3.2.1 Die Aufstellung von Kunst im öffentlichen Raum Die Entscheidung, eine Skulptur in einem Stadtbezirk aufzustellen, wird in Hannover in der Regel durch den Bezirksrat getroffen. Geht die Bedeutung der Skulptur über den Stadtbezirk hinaus, bittet der Bezirksrat um Anhörung, so dass der Oberbürgermeister oder der Verwal- tungsausschussrat eine Entscheidung zu treffen haben. Oft sind diese Entscheidungen gekoppelt mit der Annahme von Schenkungen oder zusätzli- chen außerplanlichen Ausgaben. In einem solchen Fall entscheidet die Verwaltung über die Aufstellung an sich und den Standort. Die sachliche Vorbereitung und Koordination erfolgen durch das Kulturamt in Kooperation mit dem Fachbereich Gebäudemanagement (ehemals Hochbauamt). Alle weiteren Entschei- dungen beraten und treffen in der Regel die zuständigen Dezernate (IV Kultur- und Schulde- zernat, V Wirtschafts- und Umweltdezernat und das Baudezernat) unter Berücksichtigung anderer Fachbereiche (wie eben Kulturbüro und Grünflächenamt). In besonderen Fällen hat der Oberbürgermeister als Verwaltungschef Entscheidungen zu treffen. In Zukunft soll die Verwaltung bei ihrer Entscheidung das Votum eines unabhängigen Fachbeirates einholen.61 Um Flächen im öffentlichen Raum für das Aufstellen von Kunstobjekten nutzen zu können, muss zunächst eine Sondernutzungserlaubnis beim städtischen Tiefbauamt eingeholt wer- den. Diese Vereinbarung klärt im Einzelnen die Zuständigkeiten. Es werden Fragen der Ver- kehrssicherheit, das Beachten von eventuellen Rettungswegen und die Standsicherheit (Statik) geklärt. Ein nicht zu unterschätzender Punkt ist die sogenannte Leitungsumfrage. Oftmals beantra- gen verschiedene Leitungswerke (z.B. die Stadtwerke für das Gas-, Wasserleitungsnetz, die Stadtentwässerung für den Kanalbau oder auch die verschiedenen Telekommunikationsan- bieter) einen Aufbruch der Straße, um im Untergrund Kabel, Rohre oder ähnliches zu ver- legen. In einer Leitungsumfrage wird abklärt, ob Leitungsträger häufig in diesen Bereichen arbeiten müssen. Somit ist die Wahl eines Standortes erschwert und eingeschränkt, da die Objekte vor allem aus konservatorischen und finanziellen Gründen nicht mehrmals deinstal- liert werden können.

61 Derzeit berät ein unabhängiges Gremium (die Architekturprofessorin Fr. Dr. Hilde Leon der Universität Hannover; Prof. Peter Rautmann, Direktor der Hochschule der Künste in Bremen und Fr. Dr. Barbara Straka, Präsidentin der Hochschule in Braunschweig) über den Verbleib einzelner Skulpturen. Die Frage des Entfernens von Skulpturen aus dem Stadtbild wird im Folgenden eingehender erläutert (vgl. 4.2 Das Entfernen von Skulpturen aus dem Stadtbild, S. 128). Ähnlich der Form dieses Gremiums wird es dann vermutlich in Zu- kunft einen Kunstbeirat geben, der beim Aufstellen und Ankäufen von Skulpturen die Stadt Hannover berät. Mündliche Auskünfte von Frau Anneke Schepke, Kulturamt Hannover, Telefonat am 12.06. 2006.

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Wie beim Aufstellen von Kulturgütern oder historischen Skulpturen, wird bei denkmalge- schützten Flächen das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege in beratender Funk- tion hinzugezogen.

Antrag für das Aufstellen einer Skulptur im öffentlichen Raum

ANHÖRUNG IM FALL AUßERPLANLICHER FINANZIERUNG Bezirksrat des jeweiligen • • ODER DIE BEDEUTUNG DES KUNSTWERKES Stadtbezirkes in Hannover GEHT ÜBER STADTBEZIRK HINHAUS

BERATUNG

ENTSCHEIDUNG

Oberbürgermeister / Kunst- Verwaltungssausschuss BERATUNG kommission (geplant)

GENEHMIGUNG EINHOLEN ENEHMIGUNG ENTSCHEIDUNG G EINHOLEN

Fachbereich Gebäudemanagement Städtisches Kulturbüro

KOORDINATION ENTSCHEIDUNG BEAUFTRAGUNG VON BERATUNG FIRMEN

Niedersächsisches Dezernate (+ jeweilige Fachbereiche) Landesamt für Denkmalpflege • Kultur und Schule • Wirtschaft und Umwelt

• Bauen

Aufbau der Skulptur

Abb. 25. Organigramm der zuständigen Institutionen für das Aufstellen von Kunst im öffentlichen Raum in Hannover.

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3.2.2 Die Pflege von Kunst im öffentlichen Raum In mehreren Publikationen62 über die Kunst im öffentlichen Raum Hannovers bedauern die Autoren den Zustand einiger Skulpturen im Stadtraum. Martin Neuffer, ehemaliger Ober- stadtdirektor der Stadt, äußerte sich wie folgt: „Es gibt eine zunehmende Gerümpelhaftigkeit unserer Straßen durch Geländer, Schilder, Absperrungen und so weiter. Da kommt ein Eindruck von Schäbigkeit, der es Kunst schwer macht, überhaupt zu wirken. Die Dinge dürfen nicht beschmiert und kaputt sein - das wird oft von der Verwaltung vernachlässigt.“63 Jedoch als die Weltöffentlichkeit durch die Weltausstellung EXPO 2000 und die Fußball- weltmeisterschaft 2006 besonders aufmerksam auf Hannover schaute, konnte man an vielen Skulpturen der Stadt eine Entwicklung beobachten: In kürzester Zeit waren viele der Objekte gereinigt, neu gestrichen oder teilweise saniert. Die Pflege der Skulpturen im öffentlichen Raum muss in der Regel vom Eigentümer selbst getragen werden. Jedoch kann auch im Vorfeld vertraglich festgelegt werden, beispielsweise bei Leihgaben an die Stadt, wer im Fall einer nötigen Bearbeitung bzw. Pflege herangezogen wird. Da es leider aufgrund fehlender finanzieller Mittel niemanden gibt, der in regelmäßigen Ab- ständen den Zustand der Skulpturen der Stadt sichtet, ist die Stadt auf Hinweise durch Bür- ger angewiesen. Denkmäler und Brunnen werden in der Regel vom Fachbereich Stadtteilkulturarbeit (Bildung und Qualifizierung) beaufsichtigt. Grabmäler und Skulpturen auf Friedhöfen obliegen der Pflege des Grünflächenamtes. Hier steht die Denkmalpflege oftmals beratend zur Seite. Eine Ausschreibung für eine Restaurierung von Kunstobjekten im öffentlichen Raum erfolgt letztlich über den Fachbereich Gebäudemanagement und ist öffentlich oder beschränkt öffentlich. In Zusammenarbeit mit Spezialisten verschiedener Fachrichtungen aus dem Handwerk (z.B. Metallbaufirmen, Steinbildhauer) und teilweise auch zusammen mit Restau- ratoren und Denkmalschützern wird eine Ausschreibung formuliert. Bis heute berät gelegent- lich die Restauratorin des Sprengel Museums Frau Ursula Reuther die Stadt bei restauratori- schen Fragen. Leider hat die Stadt stets mit finanziellen Engpässen zu kämpfen und kann deshalb nur we- nig Geld für die Instandsetzung und Pflege ihrer Skulpturen64 aufbringen. Meist gelingt dies nur mit Hilfe von Spenden. Ein bekanntes Beispiel ist die „Restaurierung“ der „Nana“-Skulpturen von Niki de Saint Phal- le: In Zusammenarbeit mit dem Fachbereich für Gebäudemanagement veranlasste das städ- tische Kulturamt eine Ausschreibung für die „Restaurierung“ dieser der Stadt ein Wahrzei- chen gewordenen Skulpturen. Das Konzept für die „Restaurierung“ wurde Gegenstand einer langen Diskussion in Fachkreisen (→ 3.3.5 Niki de Saint Phalle, „Nanas“ (1974), S. 53). Private Gelder sowie der Spendenaufruf der Sparkasse Hannover65 ermöglichten nach und

62 Besonders Ludwig Zerull wertet einige Vorgänge der letzten Jahrzehnte in Hannover und betont dabei oftmals den schlechten Zustand einiger Objekte und den teilweise schlechten Umgang mit der Kunst im öffentlichen Raum. Vgl. Zerull 1992. 63 Martin Neuffer, in: Zerull 1992, S. 31. 64 Die Stadt Hannover hat die Haushaltsstelle „Kunstpflege“ für die Instandhaltung der Kunst im öffentlichen Raum zur Verfügung. 65 Zur Finanzierung der Restaurierung der „Nanas“ führte die Stadt Hannover unterstützt durch die Sparkasse Hannover und die Verlagsgesellschaft Madsack die Spendenaktion „Rettet die Nanas“ durch. Für diese Aktion wurden u. a. 10.000 Pin-Boxen mit je drei Nana-Pins beschafft, die dann zu 10 € pro Set verkauft werden soll-

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nach die „Restaurierung“ der drei Skulpturen „Caroline“, „Charlotte“ und „Sophie“. Auch die Restaurierung des „Hellebardiers“ von Alexander Calder am Nordufer des Masch- see wurde teilweise von privaten Sponsoren getragen. Nach Absprache mit der Calder Foundation in New York wurde das einstige Geschenk des großen hannoverschen Kunst- mäzens Bernhard Sprengel restauriert (→ 3.3.4 Alexander Calder, „Hellebardier“ (1971), S. 46). Die Sparkassenstiftung und auch die niedersächsische Lottostiftung trugen ebenfalls zur Pflege zahlreicher anderer Objekte finanziell bei. Im Laufe der Zeit haben sich Patenschaften für einige wenige Skulpturen in Hannover entwi- ckelt. So hat sich die Universität Hannover verpflichtet, alle Gebäude und Denkmäler im nä- heren Umkreis des Welfenschlosses regelmäßig von Graffiti und anderen Verschmutzungen zu reinigen. Das 1994 vom Verein Memoriam e.V. zum Gedenken an die NS-Verfolgten am Opernplatz errichtete Mahnmal für jüdische Mitbürger wird von der Steinmetzfirma betreut, die dieses Mahnmal angefertigt hat. Bereits mehrmals wurden Anschläge auf das Mahnmal verübt. Da es sich hierbei um politisch motivierte Beschädigungen handelte, wurde das Mahnmal meist unverzüglich instand gesetzt. Auch werden Patenschaften für die Brunnen in der Stadt übernommen. Private Spenden ermöglichen es, dass die Brunnen fließen. Eine hervorzuhebende Initiative ist das Projekt „Kunst Putzen“ von Christine Brandl. Die gelernte Goldschmiede- meisterin ermöglichte durch ihr privates Engagement die Reinigung mehrerer Skulpturen der Stadt, wofür sie eine Ehrung des Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg bekam. Zusammen mit Freiwilligen, Restauratoren, den Künstlern selbst und mit einem ihr vom Fachbereich Gebäude- management an die Seite gestellten Fachmann für Ge- bäudereinigung (Christopher Heine) reinigte sie mehr als 20 Skulpturen. Da dieses Reinigen immer in Form einer Aktion gekleidet war und ist, besteht die Möglichkeit eines erneuten Wieder-Hin-Sehens der Passanten. Jedoch müssen solche Aktionen auch kritisch betrachtet werden, da sie letztlich nicht immer in Zusammenarbeit mit Fachleuten durchgeführt Abb. 26. Christine Brandl (rechts) und die Angestellten des Hannover- werden. schen Amtsgerichts während der Leider gab es auch einige wenige Fälle, bei denen eine Reinigung des „Figurentanzes“ von Schang Hutter. Restaurierung in finanzieller, aber manchmal auch in konservatorischer Hinsicht nahezu undurchführbar erschien. So gingen einige Skulpturen zurück an die Künstler, welche sie in eigener Initiative restaurierten (z.B. → 3.3.3 Klaus Diet- rich Boehm und Katinka Nicolai, „Yaya Yolcu“ (1975), S. 42). Einige Objekte verblieben ganz beim Künstler. Auch gab es Beispiele, wo Skulpturen auf Bauhöfen verschwanden und spä- ter nicht wieder aufgestellt wurden. Über den Verbleib einiger Skulpturen konnte hier leider nichts in Erfahrung gebracht werden (→ 4.2 Das Entfernen von Skulpturen aus dem Stadt- bild, S. 128). Andere Skulpturen wurden nach ihrer Restaurierung im Sprengel Museum untergebracht (z.B. → 3.3.12 George Rickey, „Two Lines Oblique“ (1971), S. 90).

ten. Der Verkaufserlös der Pins und sonstige Spendeneinnahmen wurden durch die Sparkasse verdoppelt, so dass insgesamt 370.000 € Einnahmen erzielt wurden.

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Die hohe Anzahl der Objekte im Stadtbild erschwert vermutlich zusätzlich die ständige Pflege und Wartung. Jedoch dürfen finanzielle Unwägbarkeiten und die Menge an Kunstwerken keinen Grund für eine unsachgemäße Behandlung darstellen. Aus diesem Grund wurde in manch anderem Fall sehr rabiat mit Kunstwerken (z.B. von weniger bekannten Künstlern) umgegangen. Die 1971 aufgestellte „Spirale“ von Christian Weiser in der Altstadt Hannovers besteht aus Sandvik-Federbandstahl, welcher es ermöglicht, dass die einzelnen Segmente schwingen und sich das Licht darin „verfängt“. Als die untere Reihe der Federbänder immer wieder zerstört wurde, schnitt man sie einfach ab. Dadurch und durch die nie erfolgte Wartung hat das Objekt teilweise seinen Sinn verloren.

Hannover ist kein Einzelfall. Viele Städte kalkulierten bei der Anschaffung von Skulpturen die Folgekosten nicht. So „verkam“ die Kunst im Außenraum schnell zum öffentlichen Ärgernis. Fehlende finanzielle Mittel binden in den heutigen Zeiten den Städten die Hände, so dass nichts dagegen getan wird, was jedoch bei allen anderen öffentlichen Sachwerten teilweise selbstverständlich geschieht. Abb. 27. Christian Weiser „Spirale“ (1971). Etwa ein Viertel der Federbänder wurde im unteren Bereich abgeschnitten.

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3.3 Fallbeispiele Im Folgenden werden einzelne ausgesuchte Beispiele zum Umgang mit Kunst im öffentli- chen Raum der Stadt Hannover geschildert.66 Die Wahl der Objekte orientierte sich dabei an Aspekten wie Material, Zustand, Standort oder Restaurierungsgeschichte. So wurden stell- vertretend für die häufig verwendeten Materialien Edelstahl, Cor-Ten® Stahl, Bronze, Kalk- stein und die Kunststoffe Polyester und Acrylglas Beispiele ausgewählt. Bei einigen Objekten sind hierbei die Standortsituation und die Restaurierungsgeschichte interessant. Die meisten hier aufgeführten Kunstwerke sind im Besitz der Stadt Hannover oder als Dauerleihgabe an die Stadt gegeben worden. Auf Skulpturen in Privatbesitz, wie z.B. einzelne Skulpturen der Galerie kö24 von Robert Simon auf der Skulpturenmeile, soll nicht näher eingegangen wer- den, da hier die Vorgehensweise bei Maßnahmen und Veränderungen an den Objekten stark variiert und oft auch nur wenig dokumentiert ist.

66 Die folgenden Informationen stammen, wenn nicht anders gekennzeichnet, aus den Akten „Kunst im öffentli- chen Raum“ des Fachbereiches für Gebäudemanagement der Landeshauptstadt Hannover. Vgl. Landeshaupt- stadt Hannover 2007.

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3.3.1 Hans Breder, „Außenraumobjekt für Hannover“ (1971)/„In Between“ (2002)

IDENTIFIKATION: Künstler: Hans Breder Titel: „Außenraumobjekt für Hannover“ bzw. „In Between“ Jahr: 1971 bzw. 2002 Material: Cor-Ten® Stahl Standort: Maschpark, im Bereich Willy- Brandt-Allee/Ecke Friedrichswall Besitz: Stadt Hannover Aufstellungsjahr: 1973/2002 Inv.Nr.: 86/1971 Maße: „Außenraumobjekt Hannover“: Abb. 28. Hans Breder, „In Between“ (2002), Maschpark, Zustand Juni 2006. drei Quader, Länge: 8,0 m, 10,0 m und 14,5 m „In Between“: keine Angaben

MAßNAHMEN/ VERÄNDERUNGEN: • Oktober 1971: die Skulptur „Außenraumobjekt Hannover“ wird auf dem Platz am Ku- bus zwischen der damaligen Galerie Brusberg und dem damaligen Hotel Interconti- nental aufgestellt • 1973: neuer Standort im Maschpark • 1977: erste Ausbesserungen, da die Skulpturen vom Fundament verschoben worden waren • mehrmalige Reinigung der Skulptur „Außenraumobjekt für Hannover“ durch verschie- dene hannoversche Reinigungsfirmen (keine genauen Angaben) • 1993: Umgestaltung des Parks, temporäre Einlagerung • 1993: Wiederaufstellung auf den Rasenflächen im Maschpark • Dezember 2001: Abbau und temporäre Einlagerung der Skulpturen • 2001/2002: Reinterpretation der Skulptur durch Hans Breder, neuer Titel der Arbeit: „In Between“ • November 2002: Aufbau der Skulptur „In Between“ am Eingang des Maschparks an der Willy-Brandt-Allee/Ecke Friedrichswall Beteiligte an der Maßnahme 2001/2002: • Hans Breder • Heinrich Köstermann, Leiter der Schweißtechnischen Lehr- und Versuchsanstalt Hannover • Friedrich Wilhelm Bach, Direktor des Instituts für Werkstoffkunde der Universität Hannover • Goldschmiedin Christine Brandl (Koordinierung, Künstlerkontakt) • Kulturamt und Fachbereich Gebäudemanagement der Stadt Hannover • Gert Butenhoff, Hellendorf (Spedition beim Abbau) • Technisches Hilfswerk (Installation)

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STANDORTBEDINGUNGEN (JUNI 2006): • frei zugänglich • Maschpark, Friedrichswall auf der Rasenfläche • punktueller Betonsockel vorhanden • Beschriftung: vorhanden, direkt am Objekt montiert

ZUSTAND (JUNI 2006): Skulptur: • Graffiti • Kratzer • partielle Verschmutzung (Vogelkot) Sockel: • keine erkennbaren Schäden

ERSTAUFSTELLUNG: Die Skulptur „In Between“ des Künstlers Hans Breder67 wurde 2002 im Maschpark am Fried- richswall aufgestellt. Sie ist ein für den Umgang mit Skulpturen im öffentlichen Raum in Han- nover bemerkenswertes Beispiel. Die heutige Plastik ist eine Interpretation ihres Vorgängers „Außenraumobjekt Hannover“. Bereits 1971 bekam Breder die Möglichkeit, eine Skulptur im Rahmen des „Experiments Straßenkunst“ in Hannover zu präsentieren. Die damalige Skulp- tur bestand aus drei verschieden großen Einzelplastiken. Diese waren jeweils aus einem langgestreckten Cor-Ten® Stahl-Quader sowie mehreren spiegelblank geschliffenen quadra- tischen Edelstahlplatten zusammengesetzt (→ Abb. 29). Diese Platten wurden allein durch das Gewicht der Quader gehalten. Die mehrfache Reflexion der Umgebung durch die in ver- schiedenen Winkeln aufgestellten Edelstahlplatten verlieh den Skulpturen eine neue Dimension. Im Oktober 1971 wurde die Skulptur „Außenraumobjekt Hannover“ auf dem Platz am Kubus zwischen der damaligen Galerie Brusberg und dem damaligen Hotel Inter- continental aufgestellt. Standort und Ausführung in Hannover waren für Abb. 29. Hans Breder, „Außenraumobjekt für Hannover“ (1970), am zweiten Standort im Maschpark, Zustand 1984. Hans Breder nie vollkommen befriedigend.68

67 Hans Breder, geboren 1935 in Herford, arbeitet seit 1961 in den USA. Zunächst war er Meisterschüler und Assistent bei George Rickey. Heute ist er Professor für Plastik und Multimedia an der Hochschule in Iowa City. 68 Mündliche Auskünfte von Christine Brandl, Telefonat am 19.03.2007.

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VERÄNDERUNGEN/MAßNAHMEN: 1973 wurden die Skulpturen durch das damalige Hochbauamt in den Maschpark umgesetzt. Nach den Akten des Amtes für Gebäudemanagement besaßen die Skulpturen ein Funda- ment und standen auf einem gepflasterten Gehweg. Bereits 1977 wurden erste Ausbesse- rungen an den Skulpturen vorgenommen. Das städtische Gartenbauamt erneuerte Teile der Pflasterung. Eine der Skulpturen war mit Farbe beschmiert und von ihrem Fundament ver- schoben worden. Das Hochbauamt brachte die Skulptur wieder in Position. Außerdem wurde eine Reinigungsfirma beauftragt, die Farbe zu entfernen sowie die von dem bereits erwähn- ten Herrn Otto Schleusener aufgeklebten Plakate abzulösen (→ 3.1 Typische Schäden an Kunstobjekten im Außenraum, S. 17). 1993 waren die Skulpturen erneut in einem derart schlechten Zustand, dass vermehrt Stimmen aus der Bevölkerung und auch aus Fachkreisen laut wurden, die Skulpturen zu ent- fernen. Bei der Standortwahl von 1973 wurde nicht berücksichtigt, dass der Maschpark ein denkmalgeschütztes Ensemble ist. Zu Beginn der 90er Jahre sollten Teile des Parks in ihrer ursprünglichen Form wiederhergestellt werden. Die Konzeption zur historischen Rückführung des Maschparks stellte fest, dass auf der Ostseite des Parks eine durchgehende Rasen- fläche gedacht war, welche durch die Wegeführung und die quer liegenden Stahlplastiken empfindlich unterbrochen wurde. Die Skulpturen wurden deshalb zeitweilig entfernt und nach Wiederherstellung der Rasenfläche in veränderter Anordnung aufgestellt. Da die Skulpturen kein Fundament erhielten, korrodierten die unteren Bereiche im Laufe der Zeit stark und sanken im Erdreich ein. Durch die ständige Feuchtigkeit war ein erheblicher Teil des Materials bereits nach wenigen Jahren beschädigt bzw. verloren gegangen. Ein weiteres Problem stellten die verwendeten Edelstahlplatten dar. Zur Zeit der Entstehung der Skulptur gab es technologisch bedingt keine Möglichkeit, derart breite Bleche herzustellen, wie man sie für diese Skulptur benötigt hätte. Darum verwendete der Künstler mehrere kleinere Bleche, die im oberen Bereich miteinander verbunden wurden (→ Abb. 30). Die kleinen Verbindungsstücke der Bleche gingen im Laufe der Jahre verloren, so dass diese auseinanderklafften, was bspw. für spielende Kinder eine Verletzungsgefahr darstellte. Außerdem wurden die spiegelnden Edelstahlflächen derart be- schmiert und zerkratzt, dass die Skulptur zunehmend unansehnlich wurde. Im Jahr 2000 wurde die Goldschmiedin und Abb. 30. Detail: Hans Breder, „Außenraum- Künstlerin Christine Brandl auf dieses Problem objekt für Hannover“ (1970), Maschpark, Zustand 1991. aufmerksam. Ihrer Einschätzung nach war die Skulptur so stark beschädigt, dass eine Restaurierung nur schwer möglich erschien. Sie nahm Kontakt zu Hans Breder in Amerika auf, woraus sich im Weiteren ein langjähriges Projekt entwickelte. Eine Besichtigung vor Ort und Überlegungen des Künstlers führten schließlich zur völligen Neugestaltung der Skulptur. Der damalige Grünflächenamtsleiter der Stadt Hannover Ronald Clark unterstützte dieses Vorhaben. Hans Breder schlug der Stadt

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vor, eine neue Skulptur zu entwerfen, da für ihn das gesamte Konzept des Kunstwerkes nie vollkommen zufriedenstellend gewesen war. Er wollte die Skulptur ganz neu interpretieren. Spiegelflächen, hier an den Edelstahlplatten umgesetzt, sind ein immer wiederkehrendes Thema in Breders Werk. Anhand mehrerer anderer Arbeiten zeigte sich aber schnell, dass polierte Flächen im Außenraum beliebte Ziele von Vandalismus sind, was Breder dazu ver- anlasste, das Konzept zu ändern. Im Dezember 2001 wurde die alte Skulptur abgebaut. Anfragen beim Kulturamt oder gar Proteste gegen den Abbau gab es dabei nicht. Breder schenkte der Stadt Hannover die Ent- würfe für seine neue Skulptur. Die Schweißtechnische Lehr- und Versuchsanstalt und das Universitätsinstitut für Werkstofftechnik wurden mit der Ausführung beauftragt. Alle Arbeiten wurden unentgeltlich durchgeführt.69 Es war zunächst beabsichtigt, das Material der Vorgän- gerskulptur zu verwenden, letztlich wurde jedoch neuer Cor-Ten® Stahl verwendet.70 Die neue Skulptur ist in den Proportionen an die alte Plastik angelehnt (→ Abb. 31). Allerdings fehlen bei dieser Arbeit die Spiegelflächen. Das einst mehrteilige Objekt besteht heute nur noch aus einem zusammenhängenden Einzelkörper. Mit Unterstützung des Technischen Hilfswerkes konnte die neue Skulptur im November 2002 Abb. 31. Hans Breder, „In Between“ (2002), leicht versetzt vom alten Standort am Eingang Maschpark, Zustand Juni 2006. des Maschparks an der Willy-Brandt-Allee/Ecke Friedrichswall aufgestellt werden. Der neue Standort am Rande des Parks beeinträchtigt die historische Dimension dieser Parkanlage nicht und wird somit den Anforderungen des Grünflächenamtes gerecht. Die historische Wiederherstellung des Gartens galt damit weit- gehend als abgeschlossen. Der damalige Kulturdezernent Harald Böhlmann befürwortete die Neugestaltung der Skulp- tur: „Die Neufassung und Neuaufstellung können wir als einen sehr gelungenen Weg be- zeichnen, mit einem Zeugnis künstlerischer Tradition aus der jüngeren Vergangenheit einfallsreich umzugehen und in enger Zusammenarbeit mit dem Künstler etwas, im wahrsten Sinne des Wortes Zukunftsweisendes zu tun."71 Breder gab bei der Aufstellung der neuen Skulptur den Namen „In Between“. Für Breder war der Standort deshalb interessant, weil die Skulptur so eine Brücke zwischen städtischem Kommerz und der Natur herstellen konnte.72 Die neue Skulptur steht punktuell auf Betonsockeln. Ein Hinweisschild mit Angaben zu Titel und Künstler wurde in Sichthöhe direkt auf die Skulptur montiert, wovon man Breder jedoch nicht unterrichtete. Die Skulptur ist Eigentum der Stadt Hannover.

69 Ermöglicht haben die Aktion unter anderem Friedrich Wilhelm Bach, Direktor des Instituts für Werkstoffkunde der Universität Hannover, Heinrich Köstermann, Leiter der Schweißtechnischen Lehr- und Versuchsanstalt Hannover, Gert Butenhoff, Speditionsunternehmer aus Hellendorf in der Region Hannover sowie die Gold- schmiedin Christine Brandl. 70 Über den tatsächlichen Verbleib der Skulptur „Außenraumobjekt Hannover“ ist nichts Näheres bekannt. 71 Harald Böhlmann, in: Christian Held, Breder Skulptur wieder im Maschpark, Hannover 2002, unter: www.presse-hannover.de (Stand: 05.02.2007). 72 Vgl. Anhang A.2. Interview mit Christine Brandl am 30.06.2006,S. 8-9.

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EMPFEHLUNGEN/PRÄVENTIVE KONSERVATORISCHE MAßNAHMEN: Obwohl das Material Cor-Ten® Stahl schon seit den 1960er Jahren in der Kunst eine wesent- liche Rolle spielt und sich bereits früh konservatorische Probleme mit diesem Material ab- zeichneten, gibt es nur wenige Untersuchungen zum richtigen konservatorischen Umgang mit Cor-Ten® Stahl.73 Dennoch empfehlen sich einige sehr einfach durchzuführende präven- tive Maßnahmen. Da restauratorische Eingriffe bei solchen Skulpturen sehr kostenintensiv sein können, sollte nicht nur aus diesem Grund der Zustand der Skulptur regelmäßig erfasst werden (Monitoring). Präventiv sollte bereits bei der Standortsituation darauf geachtet werden, dass bspw. Äste von Bäumen das Objekt nicht überragen, um so die Ablagerung von Laub etc. zu ver- mindern. Um starke Korrosionsschäden durch Wasser zu verhindern, sollte unbedingt eine funktionierende Drainage vorhanden sein. Irrtümlich wird immer wieder angenommen, dass Cor-Ten® Stahl ein Material ist, das nach einer gewissen Zeit nicht weiter korrodiert. Die Vor- gängerskulptur „Außenraumobjekt für Hannover“ von Hans Breder beweist jedoch sehr an- schaulich das Gegenteil. Die Oberflächen von Cor-Ten® Stahl korrodieren anfänglich sehr stark. Dieser Prozess nimmt zwar mit der Zeit ab (Bildung einer Korrosionsschicht → Abb. 32), kommt jedoch nie vollständig zum Stillstand. Schmutz (hydrophile Einwirkung) und Luft- schadstoffemissionen können partiell oder auf der gesamten Oberfläche eine sogenannte Tiefenkorrosion fördern. Flechten, Algen und Moose, sogenannte Biofilme, stellen ein ähnli- ches Risiko dar. Eine regelmäßige Reinigung kann besonders diese Korrosion eindämmen. Der Restaurator Patrick Decker, der sich intensiv mit den Eigenschaften von Cor-Ten® Stahl beschäftigt hat, empfiehlt hierbei die

Verwendung von Dampfstrahlgeräten unter Einsatz von Wasser und nichtionischen Abb. 32. Detail: „In Between“. Oberfläche der Cor- ® Tensiden74, z.B. Triton X 100. Wahlweise Ten Stahl Skulptur. können auch Lösemittel, wie z.B. Ethanol oder destilliertes Wasser, mit saugfähiger Cellulose als Kompresse aufgelegt werden. Mit Hilfe von Druckluft und einer anschließenden Behandlung mit Heizstrahlern wird das überschüssi- ge Wasser wieder entfernt.75 Jedoch sollte nicht in jedem Fall eine Nassreinigung erfolgen. Auch mittels einer Trocken- reinigung können harte, erhabene Korrosionskrusten, die durch dauerhafte lokale Feuchtig- keitseinwirkung entstehen, entfernt werden. Lassen sich diese nicht, z.B. mit harten Bürsten, abnehmen, wird in seltenen Fällen auch ein Feinstrahlgerät verwendet. Eine geringfügige mechanische Beschädigung der Oberfläche ist dabei jedoch unvermeidbar. Als Strahlgut kommen Hohlglaskügelchen, Korund (Al2O3) sowie verschiedene weiche Granulate in Fra- ge.76 Leichtere Verschmutzungen lassen sich bereits mit weichen Bürsten und Pinseln oder dem Groom-Stick® entfernen.

73 Jüngst beschäftigte sich der Restaurator Patrick Decker an der Staatlichen Hochschule der Bildenden Künste in Stuttgart in seiner Diplomarbeit mit der konservatorischen Problematik von Cor-Ten® Stahl. Vgl. Decker 2006. 74 Dabei ist unbedingt darauf zu achten, die gereinigten Flächen mit destilliertem Wasser nachzureinigen, um das Reinigungsmittel vollständig von der Oberfläche zu entfernen. 75 Vgl. Decker 2006, S. 52f. 76 Vgl. ebd., S. 52.

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Ein weiterer wichtiger Aspekt sind Risse und Fugen. Diese Bereiche sollten einer besonde- ren Beobachtung unterliegen, gereinigt und vorzugsweise geschlossen werden, damit die Feuchtigkeit nicht in das Objekt eindringen kann. Mikrorisse können durch die verstärkte Korrosion, ausgelöst durch zusätzliche Ablagerungen von hydrophilen Verschmutzungen, einen immer größer werdenden Riss hervorrufen. Flexible Abdichtmassen, wie z.B. Silikone, können dem vorbeugen. Jedoch kann das Silikon durch Abspaltung von Silikonölen auch eine Verfärbung der Oberfläche hervorrufen. Diese Maßnahme sollte unbedingt von einem Metallrestaurator vorgenommen und beurteilt werden. Bei Bedarf müsste das Silikon entfernt und erneuert werden, da das Material auf Dauer an Volumen verliert.77 Das Verschweißen von Rissen stellt eine weitere Möglichkeit dar. Auch diese Arbeiten soll- ten unbedingt durch einen Metallrestaurator erfolgen. Schweißarbeiten sollten allerdings nur dann vorgenommen werden, wenn bspw. die Statik der Skulptur gefährdet ist. Das Entfernen von Graffiti ist, wie bei allen anderen Skulpturen im Außenraum, ein viel diskutiertes Problem. Die Meinungen gehen hierbei stark auseinander. Dieser ethische Aspekt soll jedoch an anderer Stelle eingehender diskutiert werden (→ 4.1 Ethisch- ästhetische Überlegungen und rechtliche Grundlagen, S. 112). Die Entfernung von Graffiti von Cor-Ten® Stahl-Oberflächen ist problematisch, da die Haftungskräfte zwischen den beiden Systemkomponenten, Lack und Korrosionsschicht, hauptsächlich auf mechanischer Adhäsion beruhen. Die Gefahr, dass dabei originale Sub- stanz der erwünschten schützenden Korrosionsschicht mit entfernt wird, ist sehr groß. In der Literatur wird empfohlen, Graffiti bei niedrigem Druck mit dem Dampfstrahlgerät unter Ver- wendung von Lösemitteln oder nichtionischen Tensiden zu entfernen.78 Danach sollte die Oberfläche stets mit entmineralisiertem Wasser gut nachgereinigt werden, um Rückstände von Kalk etc. zu vermeiden. Eine Möglichkeit, die Einwirkzeit des Lösemittels zu erhöhen, ist die Verwendung von Kompressen.79 Die Wahl der Reinigungsmethode ist unter anderem von der Standzeit80 des Graffito abhängig. Eine lange Standzeit ermöglicht ein vollständiges Ab- binden der Farbe und die Ausbildung weiterer Bindungskräfte, was die Abnahme erschwert. Bei Kratzern wird empfohlen, diese der natürlichen Korrosion auszusetzen. Von korrosions- beschleunigenden Lösungen, wie z. B. Säuren, wird in jedem Fall abgeraten.81 Die Beschichtung mit Überzügen zum Schutz vor Graffiti sollte unbedingt mit einem Restau- rator abgestimmt werden, da ein solcher Überzug neben der farblichen Veränderung auch unkalkulierbare Risiken birgt. In der Literatur werden mehrere Produkte empfohlen.82 Jedoch sollte jede Anwendung kritisch beurteilt werden, da der Erfahrungswert im Umgang mit Überzügen auf Cor-Ten® Stahl-Oberflächen nur gering ist.

77 Vgl. Decker 2006, S. 55. 78 Vgl. Scott 1993, S. 312. 79 Vgl. Decker 2006, S. 56. 80 Die Standzeit eines Graffito bezeichnet die Zeit zwischen Graffitoauftrag und der Reinigung. 81 Vgl. Decker 2006, S. 56. 82 Empfehlungen zur Verwendung von Überzügen gibt z.B. Patrick Decker. Vgl. Decker 2006, S. 56f.

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AUSGEWÄHLTE BIBLIOGRAPHISCHE HINWEISE ZU TECHNIKEN, RESTAURIERUNGSMETHODEN UND -TECHNIKEN: ® • DECKER, Patrick, Die Erhaltung von Cor-Ten Stahlplastiken, unveröffentlichte Dip- lomarbeit an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, Studiengang Konservierung und Restaurierung von archäologischen, ethnologischen und kunst- handwerklichen Objekten, Stuttgart 2006. • KIESENBERG, Jörg, Ausgewählte Untersuchungen zur Überprüfung der Wirksamkeit von transparenten Beschichtungssystemen – hier besonders Wachse – als Korrosi- onsschutz auf korrodierten Oberflächen von Industriedenkmälern aus Eisen und Stahl, unveröffentlichter Diplomarbeit der Fachhochschule Dortmund, Dortmund 1997. • LANDESHAUPTSTADT HANNOVER, Hans Breder, „Außenraumobjekt für Hannover“ (1971)/„In Between“ (2002), in: Fachbereich Gebäudemanagement der Landeshaupt- stadt Hannover, Akten: Kunst im öffentlichen Raum, Vorgänge Straßenkunstpro- gramm Hannover, Hannover 2007. • NAUDÉ, Virginia/WHARTON, Glenn, Guide to the maintenance of outdoor sculpture, American Institute of Conservation, Washington D.C. 1995. • RIEDERER, Josef, Erhaltung von Metallskulpturen im Freien – Historische Situation – Stand der Forschung heute, in: Restauro 3/1993, Zeitschrift für Kunsttechniken, Res- taurierung und Museumsfragen, München 1993, S. 176-181. • RUIZ DE ARCAUTE, Emanuel, Étude pour la protection d’une sculpture en corten: pos- sibilities et limites de la protection cathodique, in: Metal 98, Proceedings of the inter- national Conference on Metals Conservation, Draguignan-Figanières, 27.-29. May 1998, Draguignan 1998, S. 280-285. • SCOTT, John, Conservation of weathering steel sculpture, in: David Grattan (Hrsg.), Saving the Twentieth Century: The Conservation of Modern Materials, Proceedings of a Conference, Symposium 1991, Ottawa 1993, S. 307-322. • SEIPELT, Brigitte/PILZ, Monika/KIESENBERG, Jörg, Lösungsansätze und erste Ergeb- nisse des Forschungsprojektes – Transparenter Korrosionsschutz für Industriedenk- mäler aus Eisen und Stahl, in: Metalla, Forschungsberichte des Deutschen Bergbau- Museums, Nr. 5.1, Bochum 1998, S. 47-55. • STRATMANN, Martin, Wie rostet Eisen und wie kann man verrostete Eisenoberflächen vor weiterem Korrosionsangriff schützen?, in: AdR-Schriftenreihe zur Restaurierung und Grabungstechnik, Schutz der Metalle gegen atmosphärische Korrosion, Band 1 (1994), Stuttgart 1994, S. 11-15. • ZERULL, Ludwig, Kunst ohne Dach – Skulpturen und Objekte im Stadtbild Hannovers, Hannover 1992.

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3.3.2 Unbekannter Künstler, „Borghesischer Fechter“ (1918)

IDENTIFIKATION: Künstler: Unbekannt (Firma Greyser) Titel: „Borghesischer Fechter“, Kopie Jahr: 1918 Material: Bronze Standort: Schiffgraben/Ecke Prinzenstraße Besitz: Stadt Hannover Aufstellungsjahr: unbekannt (nach 1918) Inv.Nr.: 77/1957 Maße: Skulptur: H: max. 1,54 m; L: max. 1,90 m; (Gewicht: ca.120 kg) Sockel: H: 1,38 m; B: 1,36 m; T: 0,67 m

Abb. 33. „Borghesischer Fechter“ MAßNAHMEN/VERÄNDERUNGEN: (1918), am Schiffgraben/Ecke Prinzenstraße, Zustand im Mai 2007. • 1918: Anfertigung der Skulptur in München (keine genauen Angaben) • bis 1938: im Garten des Erdölfabrikanten Greyser in der Fischerstraße, Nähe Kö- nigsworther Platz • 1938: Ankauf der Skulptur durch die Stadt, Aufstellung auf der Mauer des Enge- sohder Friedhofs • Während des II. Weltkriegs: Abbau und Transport nach Hamburg • 09.02.1950: Wiederaufstellung auf der Mauer des Engesohder Friedhofs • Januar 1950: Angebot der Firma E. & H. Haberland (Hannover); Schließen von Löchern mit Kupfer, Reinigung, Überzug mit Wachs; Fertigstellung im Februar 1950 • Mai 1950: Skulptur wird vom Sockel gestoßen (Vandalismus), daraufhin Abbau und erneute Restaurierung • 01.04.1955: Wiederaufstellung zwischen Prinzenstraße und Schiffgraben • 1963: schlechter Zustand, Standfestigkeit ist nicht mehr gegeben, Maurer führt Reparaturen durch (keine genauen Angaben) • Juli 1975: Restaurierung durch Firma E. & H. Haberland • November 2006: endoskopische Untersuchung der Skulptur durch den TÜV Nord Hannover • Oktober 2006 – März 2007: Restaurierung durch Restauratorin Vera Fendel (Gehrden); eine Genehmigung des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmal- pflege lag vor, der Zeitpunkt der Unterschutzstellung des „Borghesischen Fechters“ ist nicht bekannt • 19.03.2007: Wiederaufstellung in Zusammenarbeit mit der Firma Leichsenring GmbH (Hannover), die zuvor eine Sanierung des Sockels durchgeführt hatte

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STANDORTBEDINGUNGEN (MÄRZ 2007): • frei zugänglich • neben einer verkehrsreichen Straße (zwischen Prinzenstraße und Schiffgraben) • die Skulptur steht auf einem Sandsteinsockel • Beschriftung: vorhanden

ZUSTAND (MÄRZ 2007): • Skulptur wurde kürzlich restauriert (März 2007)

ERSTAUFSTELLUNG: Die Bronze „Borghesischer Fechter“ am heutigen Schiffgraben/Ecke Prinzenstraße ist eine Kopie der Marmorstatue „Borghesischer Fechter“ von Agasias aus Ephesus, die etwa um 90 v. Chr. entstand. Die originale Skulptur kam in die Villa Borghese bei Rom und wurde von dort 1806 unter Napoleon I. zusammen mit anderen Kunstwerken in den Louvre gebracht. Die Bronzeskulptur zeigt einen männlichen Läufer, der in der rechten Hand eine kleine Rolle hält und am rechten Arm eine Binde trägt. Wie das Original weist auch die Kopie keine Attri- bute eines Fechters auf. Daraus ist zu schließen, dass die antike Darstellung viel eher zur Gruppe der Faustkämpfer gehört. Die Bronze soll 1918 in München gegossen worden sein. Genaue Hinweise und Quellen sowie eine Zuordnung des Künstlers fehlen. Auch über das tatsächliche Aufstellungsdatum ist nichts bekannt. Der Fechter besteht aus mehreren Formteilen, die untereinander mit Hart- lot verlötet wurden. Die Bronzeoberfläche weist keinerlei Nachbearbeitungen in Form von Ziselierungen oder Punzierungen auf. Die Materialstärke liegt zwischen zwei und drei Milli- metern und ist damit sehr dünnwandig.

VERÄNDERUNGEN/MAßNAHMEN: Bis 1938 befand sich der „Borghesische Fechter“ im Garten des Erdölfabrikanten Greyser in der Fischerstraße. Nachdem die Stadt diese Bronze gekauft hatte, wurde sie auf einer Mauer des Engesohder Friedhofes aufgestellt. Zusammen mit vielen anderen Bronzen der Stadt wurde die Skulptur Ende des Zweiten Weltkriegs nach Hamburg transportiert, um dort einge- schmolzen zu werden. Die Skulptur entging dem Schicksal der Einschmelzung und konnte im Februar 1950, nach einer Restaurierung durch die Firma E. & H. Haberland, wieder auf- gestellt werden. Mehrere Löcher wurden dabei mit Kupfer geschlossen, die ausgebesserten Stellen künstlich patiniert. Abschließend wurde die Skulptur gereinigt und mit einem Wachs- überzug versehen. Wenige Monate später, im Mai 1950, wurde der „Borghesische Fechter“ von Unbekannten vom Sockel gestoßen. Daraufhin wurde die Skulptur vorläufig nicht wieder aufgestellt und gelangte erst im April 1955 nach wiederholter Restaurierung an ihren neuen Standort am Schiffgraben/Ecke Prinzenstraße, wo sie sich auch heute noch befindet. 1963 war die Skulptur in einem sehr schlechten Zustand. Ein Teil der Bronze am rechten Fuß war gerissen, so dass der Fuß von einem Maurer „unterfugt“ wurde, um die Standfestig- keit wiederherzustellen.

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Im Juli 1975 wurde erneut die Firma E. & H. Haberland beauftragt, den Fechter zu restaurieren, da die Skulptur sich stark nach rechts neigte (→ Abb. 34). Der Fechter erhielt einen neuen rechten Fuß, welcher in Messing gegossen und angelötet wurde. Im darauffolgenden Jahr konnte die Skulptur wieder aufgestellt werden. Im November 2006 wurden Zustand sowie Aufbau der Skulptur durch den TÜV Nord Hannover endoskopisch untersucht, um eventuell erforderliche Restaurierungs- maßnahmen im Einzelnen klären zu können. Beratend Abb. 34. Detail: „Borghesischer Fechter“. Starke Schäden am rechten Fuß im Juli wurde das Niedersächsische Landesamt für 1975. Denkmalpflege (Referat Restaurierung) hinzugezogen, da das Objekt gem. § 3 Absatz 3 des Nieder- sächsischen Denkmalschutzgesetzes den Status eines Einzeldenkmals hat.83 Vera Fendel, Restauratorin für archäologische und kunsthandwerkliche Objekte in Gehrden, wurde schließlich mit der Restaurierung beauftragt. Sie entwickelte ein Konzept, bei dem die Überarbeitung am rechten Fuß von 1975 grundsätzlich erhalten blieb (→ Abb. 35). Lediglich zwei neue Stahlanker wurden montiert, welche mit der Sandsteinplatte des Sockels gekontert wurden. Die linke Fußarmierung wurde an der ursprünglichen Vierkantkonstruktion aufgenommen und ein passgenauer Stahlanker eingesetzt. Zur Stabilisierung wurde die Fußspitze mit Bronze aufgefüllt. Die Verankerungen beider Füße wurden ebenfalls reversibel ausgeführt, so dass Sandstein- platte und Skulptur ohne erneute Substanzschädigung demontiert werden können. Geöffnete Formteilnähte wurden mit Bronze geschlossen. Abb. 35. Die Skulptur „Borghesischer Fech- ter“ vor der Restaurierung im Oktober 2006.

83 Der Zeitpunkt der Unterschutzstellung konnte hier nicht in Erfahrung gebracht werden.

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Im Zuge der Reinigung im Mikro-Dampfstrahlverfahren wurde deutlich, dass die Skulptur nur in Teilbereichen eine natürlich entstandene Patina aufwies. Der Patinaverlust ist schwerpunktmäßig im Kopf-, Oberarm- und Schultergürtelbereich zu erkennen. Eine Vielzahl von Neuverlötungen war mit Farbaufträgen überdeckt oder schwarz patiniert worden. Dünne grüne Farbschichten sowie aufgespritzte schwarze Flecken sollten eine Patina imitieren. Unterhalb der Farbaufträge wird die blanke Kupferoxidschicht sichtbar. Dadurch entstand insgesamt ein sehr uneinheitliches Oberflächenbild. Durch eine Retusche, die mittels Acrylfarben ausgeführt und anschließend mit Cosmoloid H 80 gewachst wurde, konnte dieses uneinheitliche Oberflächenbild beruhigt werden (→ Abb. 36).84 Im Zuge dieser Restaurierung wurde auch der Sockel der Skulptur durch die Firma Leichsenring GmbH Abb. 36. Detail: „Borghesischer Fechter“. (Hannover) saniert. Die Bronze wurde mit Acryl retuschiert und abschließend gewachst. Im März 2007 kehrte die Skulptur an ihren Standort am Schiffgraben zurück.

EMPFEHLUNGEN/PRÄVENTIVE KONSERVATORISCHE MAßNAHMEN: Der Zustand der Skulptur sollte, wie alle anderen Kunstwerke im öffentlichen Raum auch, in regelmäßigen Intervallen (Monitoring) überprüft werden. Bronzen sind sehr anfällig in Kontakt mit Schwefeldioxid85. Trotz der starken Reduzierung des Schwefeldioxidgehaltes der Luft kann sich auch mit geringen Konzentrationen in Kombi- nation mit Wasser auf den Oberflächen Schwefelsäure bilden. Deshalb werden Bronzen in der Regel mit einer Schutzschicht aus mikrokristallinem Wachs versehen. Die heutigen Wachse beinhalten teilweise zusätzliche Inhibitoren, welche die Schwefelsäurebildung redu- zieren sollen. Ein solcher Überzug kann über mehrere Jahre einen guten Schutz bieten. Die Objekte sollten stets überprüft werden, da das Wachs bei starker Wärmeeinstrahlung durch die Sonne leicht erweicht und so im Laufe der Jahre vermehrt Schmutz anzieht. In der Regel sollte ein Oberflächenschutz an stark belasteten Orten (Straßen, Industriestandorte) alle zwei Jahre erneuert werden, anderenorts etwa alle fünf Jahre. Bei einer Reinigung werden Nuss- oder Aprikosenkerne als Strahlgut empfohlen. Hohlglas- kugeln und das in der Restaurierung häufig verwendete Biloxit können die Patina verletzen, wenn sie nicht sachgemäß benutzt werden.86 Der Standort der Skulptur sollte stets so gewählt sein, dass die Oberflächen durch die

84 Vgl. Vera Fendel, Restaurierungs- und Konservierungsmaßnahme an dem Borghesischen Fechter in Hanno- ver, Oktober 2006 – März 2007, in: Landeshauptstadt Hannover 2007, Borghesischer Fechter (1918) (Kopie). 85 Schwefeldioxid (SO2) ist ein farbloses, in hohen Konzentrationen stechend riechendes Gas. Es entsteht bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Kohle und Erdöl. Außerdem fällt es bei der Verhüttung von Erzen an und wird vielfach in industriellen Prozessen verwendet. Vgl. Digitaler Umweltatlas Berlin 03.01 Schwefeldioxid – E- missionen und Immissionen (Ausgabe 1997), Wirkung von Schwefeldioxid, unter: www.stadtentwicklung.berlin.de/cgi-bin/drucken3.cgi?/umwelt/umweltatlas/da30101.htm (Stand: 28.04.2007). 86 Mündliche Auskünfte vom Metallrestaurator Valentin Boissonnas, La Chaux de Fonds (Schweiz), Telefonat am 08.03.2007.

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Sonne rasch trocknen können. Hygroskopische Schmutzschichten, aber auch Algen und Moose, wirken ähnlich wie feuchte Kompressen (Biodegradation) und fördern die Korrosion des Metalls. Des Weiteren sollte darauf geachtet werden, dass Graffiti, Aufkleber, Plakate u.ä. schnell entfernt werden, um auch hier eine Tiefenkorrosion zu vermeiden. Besonders Graffiti müs- sen, da sie Metallpartikel enthalten können, rasch entfernt werden (→ Empfehlun- gen/präventive konservatorische Maßnahmen, bei 3.3.6 Volker Gerlach, „Große Begehbare Hannover“ (1976), S. 66). Entsprechende Reinigungsverfahren können chemisch, mecha- nisch oder physikalisch, z.B. als Laserreinigung, erfolgen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dabei der Wachsüberzug der Bronze beschädigt werden kann und partiell erneuert werden muss. Alle erforderlichen Maßnahmen müssen vom Landesamt für Denkmalpflege initiiert und ko- ordiniert werden.

AUSGEWÄHLTE BIBLIOGRAPHISCHE HINWEISE ZU TECHNIKEN, RESTAURIERUNGSMETHODEN UND -TECHNIKEN: • KIPPER, Patrick V., The Care of Bronze Sculpture, London 1996. • MORISSETTE, Jérôme-René, Sauvegarde des Monuments de Bronze, Edition Mi- nistère des Affaires Culturelles et le Centre de conservation du Québec, Quebec 1988. • NAUDÉ, Virginia/WHARTON, Glenn, Guide to the maintenance of outdoor sculpture, American Institute of Conservation, Washington D.C. 1995. • LANDESHAUPTSTADT HANNOVER, „Borghesischer Fechter“ (1918) (Kopie), in: Fachbe- reich Gebäudemanagement der Landeshauptstadt Hannover, Akten: Kunst im öffent- lichen Raum, Vorgänge Skulpturen, Hannover 2007. • MÖLLER, Hans Herbert (Hrsg.), Restaurierung von Kulturdenkmalen, Beispiele nie- dersächsischer Denkmalpflege, verschiedene Beiträge zu: Metall, Hameln 1989. • PELTZ, Uwe, Der sitzende Hermes aus Herculaneum- eine Kopie von Giorgio Som- mer, in: Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservierung, Jahrgang 19/2005, Heft 1, 2005, S. 75-91.

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3.3.3 Klaus Dietrich Boehm und Katinka Nicolai, „Yaya Yolcu“ (1975)

IDENTIFIKATION: Künstler: Klaus Dietrich Boehm und Katinka Nicolai Titel: „Yaya Yolcu“ Jahr: 1975 Material: Chrom-Nickel-Stahl, partiell gefasst Standort: 1975–85: Ihmezentrum (Ihmeplatz am Brunnen), 1985–2005: Küchengarten, seit 2005: Einlagerung beim Künstler Besitz: Stadt Hannover Aufstellungsjahr: 1975 Abb. 37. Klaus Dietrich Boehm und Katinka Inv.Nr.: 53/1975 Nicolai, „Yaya Yolcu“ (1975), am Küchen- Maße: L: 6,0 m; H: 3,7 m; B: 1,9 m garten, Zustand 1991.

MAßNAHMEN/VERÄNDERUNGEN: • September 1975: Erstaufstellung auf dem Platz im Ihmezentrum durch die Firma Oskar Rehren (Hannover) • September 1985: neuer Standort auf dem Platz am Küchengarten • 2005/06: Umbau des Platzes am Küchengarten • August 2005: Einlagerung beim Künstler in Kleinkneten (Niedersachsen)

STANDORTBEDINGUNGEN: • seit August 2005: Einlagerung bei den Künstlern (keine weiteren Angaben)

ZUSTAND (AUGUST 2005)87: • Farbtöne der partiellen Fassung völlig verändert • Edelstahloberflächen zerkratzt, Korrosion • Deformierungen/Beulen • Fundament instabil

87 Dieses Gutachten wurde vom Fachbereich Gebäudemanagement Hannover am Standort Küchengarten im August 2005 erstellt. Vgl. Landeshauptstadt Hannover 2007, Klaus Dietrich Boehm und Katinka Nicolai, „Yaya Yolcu“ (1975).

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ERSTAUFSTELLUNG: Die Spiegelplastik „Yaya Yolcu“88 von Klaus Dietrich Boehm89 und Katinka Nicolai90 wurde im September 1975 auf dem Platz im Ihmezentrum aufgestellt. Das Ihmezentrum, ein privates Gelände, wurde mit in das „Experiment Straßenkunstprogramm“ der Stadt Hannover einbezogen. Nach zweijähriger Bauzeit einigten sich der Kulturausschuss der Stadt, die Eigentü- mergemeinschaft des Ihmezentrums und die Künstler auf einen Standort an einem Brunnen. Abb. 38. Die Skulptur „Yaya Yolcu“ im Ihmezentrum Die 6 m lange, 3,70 m hohe und 1,90 m breite im Juli 1976. Skulptur besteht aus vierzehn Hohlspiegeln aus poliertem Edelstahl und zehn farblich gefassten Edelstahlflächen. Diese Bildflächen sind senkrecht im rechten Winkel zur Mittelachse angeordnet. Ihnen gegenüber ist jeweils ein Hohlspiegel angebracht, der die Bewegungen des Betrachters ändert oder auflöst. Die vier äußeren Hohlspiegel reflektieren die unmittelbare Umgebung. Die Schlosserei Oskar Rehren aus Hannover wurde damals mit der Aufstellung der Skulptur betraut.

VERÄNDERUNGEN/MAßNAHMEN: Die Eigentümergemeinschaft des Ihmezentrums veranlasste 1985 umfangreiche Umbau- und Sanierungsmaßnahmen im Ihmezentrum, bei denen auch die Plastik „Yaya Yolcu“ ent- fernt werden musste. Im September 1985 setzte man die Skulptur an einen neuen Standort auf dem Vorplatz der früheren städtischen Reinigungs- und Badeanstalt am sogenannten Küchengarten um. Ursprünglich planten die Künstler eine Bepflanzung im Bereich der Plastik. Am Küchengarten wurde jedoch eine Pflasterung um das Kunstwerk angelegt. Die Künstler wurden über den neuen Standort informiert. Die Stadt erreichten mehrere Schreiben mit der Aufforderung, die Skulptur zu entfernen, da sie nach Meinung einiger Passanten ein Risiko der Verkehrssicherheit darstellte. Auch der Künstler wies bereits vor Aufstellung darauf hin, dass einige Kanten eine Verletzungsgefahr darstellen könnten. Die Stadt ließ dies durch einen Sachverständigen prüfen. Nach dessen Einschätzung konnte die Plastik an ihrem Standort verbleiben. Die Plastik wurde vermutlich bis zum Jahr 2005 mehrmals gereinigt. Das Gebäudemanage- ment veranlasste mehrmals die Beseitigung von Graffiti und Plakaten durch eine Reinigungs- firma. Die ursprünglich orangefarbene Lackierung veränderte im Laufe der Jahre ihren Farb- ton. Anfang der 1990er Jahre erschienen die einst orangefarbenen Flächen gelb. Im Jahr 2005 veranlasste die Stadt die Neugestaltung des Küchengartens. Die Skulptur war zu diesem Zeitpunkt in einem schlechten Zustand. Neben zahlreichen Aufklebern und Graffiti waren die Edelstahlflächen zerkratzt und verbeult. Zudem war das Fundament der Skulptur instabil geworden. Man entschloss sich deshalb, die Skulptur zunächst einzulagern und zu restaurieren. Der Künstler Klaus Dietrich Boehm machte der Stadt ein Angebot für die

88 Der türkische Titel der Skulptur „Yaya Yolcu“ steht für das deutsche Wort Wanderer. 89 Klaus Dietrich Boehm wurde 1935 in Johannesburg (heute Russland) geboren. In Bremen studierte er Bildhau- erei an der Kunsthochschule. Boehm lebt heute in Bremen. 90 Katinka Nicolai wurde 1945 in Bremen geboren und besuchte dort die Kunstschule. Sie lebt heute in Bremen.

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Restaurierung über 50.000 Euro, was für die Stadt jedoch nicht finanzierbar war. Die Stadt teilte dem Künstler mit, dass sie an einer Wiederaufstellung der Skulptur in der Öffentlichkeit sehr interessiert sei, bei der gegenwärtigen Finanzsituation allerdings keine Möglichkeit für eine vernünftige „Wiederherstellung“ sehe. In die Planung zur Neugestaltung des Küchen- gartens wurde eine erneute Aufstellung der Skulptur nicht einbezogen. Im August 2005 wur- de die Plastik abgebaut und beim Künstler in Kleinkneten bei Wildeshausen eingelagert. Über ein weiteres Vorgehen wurde bis dato nicht entschieden.

EMPFEHLUNGEN/PRÄVENTIVE KONSERVATORISCHE MAßNAHMEN: Edelstahloberflächen sind vermeintlich wartungsfrei, denn sie besitzen, im Gegensatz zu Kohlenstoffstahl, aufgrund einer dünnen Chromoxid-Schutzschicht eine natürliche Korrosi- onsbeständigkeit. Aber aus diesem Grund muss die Bildung dieser sehr dünnen Chromoxid- schicht gewährleistet werden und bleiben. Ablagerungen, Verschmutzungen und Korro- sion stören diesen doch sehr empfindlichen Schutzmechanismus, weil dabei der Luftsauer- stoff mit dem im Stahl enthaltenden Chrom oberflächlich reagiert und zu einer Passivierung führt. Verunreinigungen, z.B. Öl- und Fettflecken, die von der Oberflächenbeschaffenheit, dem Ausmaß der Exposition und dem Neigungswinkel des Objektes abhängen, sind mit warmem Wasser und einem leicht alkalischen Mittel, z.B. Seifenlösung, zu reinigen. Wichtig ist hier- bei, dass der Überschuss an Reinigungsmittel stets, vorzugsweise mit entmineralisiertem Wasser, abgenommen und die Oberfläche trockengerieben wird. Eine Möglichkeit Edelstahloberflächen zu aktivieren, ist das Beizen mit Chrom. Dabei wird durch eine Beizbehandlung die Oberfläche mit Chrom angereichert und so die Korrosions- stabilität des Edelstahls optimiert. Die handelsüblichen Mittel (Sprays oder Pasten) sollten aber in jedem Fall unter Anleitung einer Fachperson, z.B. eines Metallrestaurators, getestet und angewendet werden. Auf das Entfernen von Graffiti oder Aufklebern ist bei Edelstahloberflächen besonders zu achten, da diese Verunreinigungen die Oberfläche direkt angreifen oder die Bildung der Chromoxidschicht verhindern können. Auch hier ist die Wahl der Reinigungsmethode ab- hängig von der Oberflächenbeschaffenheit und der Standzeit der Systemkomponenten (→ Empfehlungen/präventive konservatorische Maßnahmen, bei 3.3.6 Volker Gerlach, „Gro- ße Begehbare Hannover“ (1976), S. 66). Bei Edelstahloberflächen sind die mechanischen Bindungskräfte, die Adhäsion, relativ gering, so dass die Abnahme des Graffito hauptsäch- lich von der Standzeit auf der Objektoberfläche abhängig ist. Einige der heutigen Graffitifar- ben enthalten Metallpartikel. Fremdeisenpartikel, die durch diese Farben, Luftemissionen oder bei Reinigung mit Stahlwatte auf der Oberfläche verbleiben, können innerhalb weniger Tage zu sogenannter Kerb- und/oder Spaltkorrosion führen und sollten deshalb schnell ent- fernt bzw. vermieden werden. An den farbig gefassten Partien muss bei eventuellen mechanischen Beschädigungen, z.B. durch Kratzer, beachtet werden, dass die einsetzen- de Bildung der Chromoxidschicht in diesen Bereichen zu einer Volumenzunahme und damit zum weiteren Verlust der Lackierung führen kann. Da die Sockelkonstruktion im Zuge der Umsetzung verändert und am Standort Küchengarten instabil wurde, sollte bei einer möglichen Wiederaufstellung die Konstruktion sowie das Material überprüft werden. Bei einer erneuten Aufstellung sollte unter anderem darauf geach- tet werden, dass keine Bäume das Objekt überragen, um die zusätzliche Ablagerung von Schmutz zu verhindern.

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AUSGEWÄHLTE BIBLIOGRAPHISCHE HINWEISE ZU TECHNIKEN, RESTAURIERUNGSMETHODEN UND -TECHNIKEN: • BRÜGGERHOFF, Stefan, Was verträgt ein Denkmal? – Möglichkeiten und Grenzen eines transparenten Oberflächenschutzes für Industriedenkmäler aus Eisen und Stahl, in: Metalla, Forschungsberichte des Deutschen Bergbau-Museums, Nr. 4.1, Bochum 1997, S. 15-19. • DERS., Korrosionsschutz für umweltgeschädigte Industriedenkmäler aus Eisen und Stahl (Modellvorhaben), Zusammenfassender Endbericht zum Vorhaben 2001, unter: www.museeninbayern.de/landesstelle/pdf/download/EndberichtDBUProjekt.pdf (Stand: 22.04.2007). • FENDEL, Heinrich, Mechanische Bearbeitung von Korrosionsprodukten, in: Heinrich Peter (Hrsg.), Metallrestaurierung, Beiträge zur Analyse, Konzeption und Technolo- gie, München 1994. • GOEMANN, Edda, Korrosion an geschmiedeten und gefassten Eisen in Außenaufstel- lung, unveröffentlichte Diplomarbeit an der Hochschule für Gestaltung, Kunst und Konservierung Bern, Studiengang Konservierung und Restaurierung, Bern 2002. • GORETZKI, Lothar, Graffitiprobleme! Lösungen aus technisch naturwissenschaftlicher Sicht, in: Workshop Graffitischutz, Solothurn 2000, unter: www.expert- center.ch/pdf/workshop_solothurn_de.pdf (Stand: 26.04.2007). • GÖTZ, Kornelius/SEIPELT, Brigitte, Der Schutz von technischem Kulturgut gegen at- mosphärische Korrosion, in: AdR-Schriftenreihe zur Restaurierung und Grabungs- technik, Heft 2, Kirchzarten-Zarten 1996. • KELLER, Jürg, Denkmalpflegerische Aspekte von Sprayschutz, in: Workshop Graffiti- schutz, Solothurn 2000, unter: www.expert-center.ch/pdf/workshop_solothurn_de.pdf (Stand: 26.04.2007). • LANDESHAUPTSTADT HANNOVER, Klaus Dietrich Boehm und Katinka Nicolai, „Yaya Yolcu“ (1975) in: Fachbereich Gebäudemanagement der Landeshauptstadt Hanno- ver, Akten: Kunst im öffentlichen Raum, Vorgänge Straßenkunstprogramm Hannover, Hannover 2007. • RIEDERER, Josef, Erhaltung von Metallskulpturen im Freien – Historische Situation – Stand der Forschung heute, in: Restauro 3/1993, Zeitschrift für Kunsttechniken, Res- taurierung und Museumsfragen, München 1993, S. 176-181. • SEIPELT, Brigitte/PILZ, Monika/KIESENBERG, Jörg, Lösungsansätze und erste Ergeb- nisse des Forschungsprojektes – Transparenter Korrosionsschutz für Industriedenk- mäler aus Eisen und Stahl, in: Metalla, Forschungsberichte des Deutschen Bergbau- Museums, Nr. 5.1, Bochum 1998, S. 47-55. • NAUDÉ, Virginia/WHARTON, Glenn, Guide to the maintenance of outdoor sculpture, American Institute of Conservation, Washington D.C. 1995. • ZERULL, Ludwig, Kunst ohne Dach – Skulpturen und Objekte im Stadtbild Hannovers, Hannover 1992.

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3.3.4 Alexander Calder, „Hellebardier“ (1971)

IDENTIFIKATION: Künstler: Alexander Calder Titel: „Hellebardier“ Jahr: 1971 Material: Stahl, gefasst Standort: Arthur-Menge-Ufer Besitz: Stadt Hannover Aufstellungsjahr: 1972 auf dem Opernplatz, seit 1978 am Maschsee Inv.Nr.: 47/1972 Maße: H: max. 8,0 m; Grundfläche: L: max. 6,0 m, B: max. 7,0 m

Abb. 39. Alexander Calder, „Hellebardier“ (1971), Maschsee, Zustand 1991. MAßNAHMEN/VERÄNDERUNGEN: • 1972: Anfertigung der Skulptur durch die Firma Ets. Biémont (Tours, Frankreich) • Juli 1972: Aufstellung auf dem Opernplatz in Hannover durch die Firma Ets. Biémont • Juli 1975: Firma Hotho (Hannover) führt Reinigungs- und Lackierarbeiten durch • Oktober 1975: Reinigung der Skulptur durch die Firma Schneider (Hannover) • Oktober 1978: Umsetzen der Skulptur an den Maschsee • 1978: Skulptur wird im Zuge der Umsetzung neu gestrichen • November 1980: Skulptur wird auf Wunsch von Bernhard Sprengel neu gestrichen • April 1992: Skulptur wird neu gestrichen (Farbe „Calder Rot“ der Firma Philocolor), keine weiteren Angaben • 2003: Kartierung des Zustands der Skulptur in Zusammenarbeit mit dem ZMK (Norddeutsches Zentrum für Materialkunde e.V.) und Schmiedemeister Stefan Lasch-Abendroth (Hamburg) • September 2005 – Mai 2006: Demontage, Abnahme der Farbe (chemisch), neue Fassung Beteiligte an der Maßnahme September 2005 – Mai 2006: • Abstimmung mit der Calder Foundation New York (USA) • Firma Metallwerkstatt Arnold (Thüringen) • Ursula Reuther, Restauratorin des Sprengel Museums • Büro für Baukonstruktion GmbH (Karlsruhe) Finanzierung: • Kosten: ca. 80.000 Euro • Teilfinanzierung durch die Spende von Dr. Elke Reimers und Siegfried Neumann • Fond zur Pflege und Erhaltung von Straßenkunst (Lüders Stiftung)

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STANDORTBEDINGUNGEN (JUNI 2006): • frei zugänglich • am Maschsee vor dem Sprengel Museum • loser Rollsplitt (Schotter) im Bereich um die Skulptur • spezielle Witterungsbedingungen am See • Passanten lehnen Gegenstände an der Skulptur an (z.B. alljährliches Maschsee- fest) • Beschriftung: nicht vorhanden

ZUSTAND (JUNI 2006): • Kratzer, vor allem im unteren Bereich • Skulptur wurde kürzlich restauriert (2006)

ERSTAUFSTELLUNG: Der „Hellebardier“91 von Alexander Calder92 ist wohl eines der bekanntesten Beispiele der Kunst im öffentlichen Raum von Hannover. Die Großplastik wurde der Stadt im Rahmen ihres „Experiments Straßenkunst“ von dem hannoverschen Unternehmer Dr. Bernhard Sprengel gestiftet und im Juli 1972 zunächst auf dem Opernplatz aufgestellt (→ Abb. 7, S. 12). Sprengel hatte der Stadt bereits 1969 eine bedeutende Sammlung moderner Kunst übergeben und einen großen Betrag für den Bau des Sprengel Museums gespendet. Das Kunst- werk wurde in Tours (Frankreich) von der Firma Ets. Biémont hergestellt und dann in Einzelteilen nach Hannover gebracht. Die etwa acht Meter hohe Außenraumskulptur besteht aus einzelnen rot gefassten Stahlblechen, die von rund 300 Schrauben zusammengehalten werden. Fünf Teile sind im Boden verankert. Die Skulptur ist durch aufmodelliertes Metall signiert und datiert (→ Abb. 40). Die ursprüngliche Fassung bestand aus einem rot pigmentierten Kunst- harzlack.

Der „Hellebardier“ innerhalb von drei Tagen vor dem Abb. 40. Detail: „Hellebardier“. Die Opernhaus aufgebaut und am 13.07.1972 offiziell der Stadt Signatur Calders wurde auf den Stahl aufmodelliert. übergeben.

91 Der „Hellebardier“ wurde früher auch „Guadeloupe“ genannt. Dieser Titel, nach einer Insel im Karibischen Meer, ist jedoch ohne Bedeutung. Vgl. Presseinformation der Stadt Hannover, „Experiment Straßenkunst“, Hannover 1972, in: Landeshauptstadt Hannover 2007, Alexander Calder, „Hellebardier“ (1971). 92 Alexander Calder, geboren 1889 in Philadelphia, USA, war bereits zu Lebzeiten einer der renommiertesten Künstler der internationalen Kunstszene. Seine „Mobiles“ und „Stabiles“ sind heute in nahezu jedem namhaften Museum der Welt sowie an prominenten öffentlichen Plätzen zu finden. Calder verstarb 1976 in New York (USA).

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VERÄNDERUNGEN/MAßNAHMEN: Ende der 1970er Jahre wurde über einen neuen Standort für die Skulptur in unmittelbarer Nähe des damals im Bau befindlichen Sprengel Museums diskutiert. Ein Jahr vor der Eröffnung des Museums 1979 wurde der „Hellebardier“ unter Anleitung der französischen Herstellerfirma aus Tours an seinen jetzigen Standort am Nordufer des Maschsees umgesetzt und neu gestrichen. Dieser Farbton entsprach jedoch nicht dem originalen Rot, so dass auf Veranlassung Bernhard Sprengels die Skulptur erneut, diesmal mit dem sogenannten „Calder Rot“, Abb. 41. Der „Hellebardier“ am Maschsee im November 1980. einer eigens für Calder in Frankreich produzierten Farbe, gestrichen wurde. Der „Hellebardier“ wurde regelmäßig untersucht, bei Bedarf gereinigt und gestrichen.93 Im Jahr 2003 führte der Schmiedemeister Stefan Lasch-Abendroth aus Hamburg gemeinsam mit dem Norddeutschen Zentrum für Materialkunde von Kulturgut e.V., dem ZMK, die Schadenserfassung in Form einer Kartierung und Dokumentation durch. Der größte Schaden war im unteren Drittel der Skulptur festzustellen. Anders als bei vielen anderen 94 Abb. 42. Detail: „Hellebardier“. Die Skulptur Stahlskulpturen Calders , wurde die Metalloberfläche steht heute am Maschsee auf einem unbe- im unteren Bereich durch die besonderer festigen Schotterboden Standortsituation am Maschsee (Wind und Sand) leicht abgeschliffen, da die Skulptur auf einem Schotterboden steht (→ Abb. 42). Die Be- schädigung der Fassung bewirkt die Korrosion der ungeschützten Metalloberfläche, so dass es an den entsprechenden Partien zu weiterem Verlust der Fassung kommt. Bei den Untersuchungen der Fassung konnten sieben unterschiedliche Farbschichten fest- gestellt werden. Einige der Farbschichten wiesen einen von der originalen Pigmentierung95 abweichenden Farbton auf. Auf diesen Grundlagen aufbauend wurde im Sommer 2003 vom ZMK ein Restaurierungs- und Konservierungskonzept entwickelt. Im Jahr 2005 beschloss die Stadt in Abstimmung mit den Restauratoren des Sprengel Museums und der Calder Foundation in New York, die Skulptur zu restaurieren. Das Büro für Baukonstruktionen GmbH in Karlsruhe übernahm die Planung der erforderlichen Arbeiten. Diese Firma beauftragte die Metallwerkstatt Arnold in Thüringen mit der Restaurierung der Skulptur. Während des Abbaus der Skulptur entstand eine Dokumentation aller Teile.

93 Im Zuge der Neueröffnung des Sprengel Museums im April 1992 wurde der „Hellebardier“ bspw. mit der Farbe „Calder Rot“ der Firma Philocolor (Bestellnummer 25.322) gestrichen. 94 Calders schwarz gefasste Skulptur „Tétes et queue“ (1965), aus dem Besitz der Neuen Nationalgalerie Berlin, steht bereits seit Jahrzehnten auf dem festen Steinboden der Terrasse der Neuen Nationalgalerie. Die Skulptur weist keine derart starke Korrosion im unteren Bereich auf, wie sie beim „Hellebardier“ zu beobachten ist. 95 Die erste Farbschicht basiert auf einer Ausmischung aus Anteilen von Eisenoxiden und Eisenoxidhydroxiden sowie Calcit und Quarz. Vgl. Analysebericht Andreas Buder: Untersuchung zur Polychromie einer Skulptur von Alexander Calder, vom 28.08.2003, in: Landeshauptstadt Hannover 2007, Alexander Calder, „Hellebardier“ (1971).

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Die einzelnen Stahlelemente wurden nach Thüringen gebracht, wo sie die Firma Arnold in einem Laugebad chemisch von allen alten Farbschichten befreite. Korrodierte Bereiche wur- den anschließend nachbearbeitet, stark schadhafte Metallflächen partiell ausgetauscht. Da- bei wurden die beschädigten Stellen geschliffen und ein neues Stück Metall aufgeschweißt. Die Schraubenlöcher wurden einzeln nachbearbeitet und die Oberflächen nach der Reini- gung mit vier Schichten Korrosionsschutz behandelt. Dabei wurde die in Frankreich bei der Firma Philocolor hergestellte Farbe „Rouge Calder“96 verwendet. Ein Großteil der Schrauben und Muttern wurde erneuert. Im Mai 2006 konnte die Skulptur dann am Maschsee wieder aufgebaut werden. Die Restaurierung hatte damit alle Vorgaben der Calder Foundation97 erfüllt. Die Kosten für die Restaurierung beliefen sich auf ca. 80.000 Euro. Eine Teilfinanzierung durch die Spende von Frau Dr. Elke Reimers und Herrn Siegfried Neumann war vorab gesi- chert. Aus Mitteln der Lüders Stiftung, einem Fond zur Pflege und Erhaltung von Straßen- kunst, konnte ein weiterer Teil finanziert werden. Die Skulptur ist heute in einem guten Zustand. Rein optisch sind, bis auf einige wenige Kratzspuren im unteren Bereich, keine Schäden feststellbar.

EMPFEHLUNGEN/PRÄVENTIVE KONSERVATORISCHE MAßNAHMEN: Die Restaurierungsgeschichte des „Hellebardiers“ verdeutlicht die Problematik der Konser- vierung bzw. Restaurierung monochrom bzw. polychrom gefasster Metallskulpturen.98 Die Erhaltung des metallischen Trägers hat dabei Priorität, der Erhalt der originalen Fassung scheint oftmals zweitrangig zu sein. Da sich die Substanzschädigung durch Korrosion im Außenbereich massiver manifestiert, ist die Tendenz zur radikalen Entfernung von Farbfassungen zum Schutz vor erneuter Korrosi- on weit verbreitet. Ethische und technologische Gesichtspunkte stehen offensichtlich zueinander im Widerspruch. Aus heutiger ethischer Sicht hat die Wahrung des Originals höchste Priorität (→ 4.1 Ethisch-ästhetische Überlegungen und rechtliche Grundlagen, S. 112). Aus technologischer Sicht ist eine Neufassung jedoch nur unter Verzicht auf die originale Substanz möglich. Vor allem muss auf eine gewissenhafte Vorbereitung des Trägers, also gründliches Entfernen des korrodierten Materials, Abb. 43. Detail: Alexander Calder, „Crinkly avec disque rouge“ (1973), Stuttgart. Nach geachtet werden, damit eine neue Lackierung haften der chemischen Entfernung der Lackierung wurden die Korrosionsschäden am Träger kann. Empfehlungen der Calder Foundation zufolge ersichtlich. sollen entweder die Fassungsschichten vorsichtig bis zu einer stabilen Schicht oder bis zur Grundierungsschicht abgeschliffen oder, bei einer „kompletten“ Restaurierung, chemisch entfernt werden (→ Abb. 43).99 Bei der Restaurierung verschiedener „Stabiles“ von Alexander Calder in Europa und Nord- amerika zeigte sich oftmals, dass die Stahlskulpturen bereits mehrmals überstrichen wurden. Dabei wurde nicht immer das originale Farbmittel und in einigen Fällen sogar ein anderer

96 Dabei handelt es sich um die Farbe Rouge Calder/3117/mat. Antirouille de Couleurs WS, ein Produkt der Fir- ma Philocolor. 97 Vgl. Anhang C.1 Calder Foundation General Guidelines for Restoration of Monumental Sculpture, S. 2. 98 In der Literatur wird dieses Thema ausführlich behandelt. Vgl. z.B. Goemann 2002 und Amarger 2001. 99 Vgl. Anhang C.1 Calder Foundation General Guidelines for Restoration of Monumental Sculpture, S. 2.

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Farbton verwendet. Calder legte bei seinen „Stabiles“ höchsten Wert auf eine ebene matte und ohne Reflektionen und Fehler erscheinende Oberfläche. Entsprechend seinen Empfeh- lungen stellte ein lokales Unternehmen (Philocolor) die „Calder Farbe“ her. In den späteren Jahren seines Schaffens in Frankreich erkannte der Künstler die Problematik von matten Oberflächen und bevorzugte dann die Verwendung von seidenmatter Farbe, die im Laufe der Jahre allerdings ebenfalls matt wurde.100 Des Weiteren ist festzustellen, dass die originalen Bolzen, trotz ihrer einzigartigen mechani- schen Eigen-schaften, im Zuge einer Restaurierung oftmals durch Standardmodelle ersetzt wurden.101 In einigen anderen Fällen wurde nach der Methode der Calder Foundation vorgegangen. So wurde z.B. im Jahr 2005 die mehrfarbige Skulptur „Crinkly avec disque rouge“ (1973) der Stadt Stuttgart vom Restaurator Tilman Daiber restauriert. Diese Skulptur wies ein ähnliches Schadensbild wie der „Hellebardier“ auf. Die originale Lackierung war bereits in den 1980er Jahren vollständig abgeschliffen worden. Die neue Fassung der 1980er Jahre wurde bei dieser jüngsten Restaurierung vollständig chemisch entfernt und das Metall entrostet, wobei die Skulptur jedoch nicht auseinandergebaut wurde. Einige wenige Bolzen mussten aufgrund des schlechten Erhaltungszustands ersetzt werden und abschließend wurde auch hier Grundierung und Farbe der Firma Philocolor verwendet.102 Abb. 44. Alexander Calder, „Crinkly avec Zu einem ähnlichen Ergebnis führte die Untersuchung disque rouge“ (1973), Stuttgart. Zustand nach der Restaurierung 2005. der Skulptur „La Nageoire“ (1967), einer schwarz gefassten Metallskulptur im Besitz des Musée National d’Art Moderne (Frankreich). Dieses „Stabile“ ist normalerweise auf der Terrasse der vierten Etage des Centre Pompidou in zu sehen. Auch hier entschied man sich für eine totale Überarbeitung des Metalls, wobei auch die originale Fassung entfernt wurde. Diese Skulptur wurde dazu vollständig demontiert. Besonders die Demontage stellt ein konservatorisches Problem dar. Bei unsorgfältiger Montage, wenn z.B. Bolzen nicht vollständig angezogen werden, korrodieren einige Partien der Skulptur besonders stark. Dies scheint auch Abb. 45. Detail: „Hellebardier“. Die ein- eines der konservatorischen Probleme am „Hellebardier“ zelnen Bleche sind durch Bolzen ver- bunden. gewesen zu sein. Besonders aufgrund zu schwach angezogener Bolzen konnte man beobachten, dass sich zwischen den nicht vollständig an- liegenden Stahlblechen eine starke Korrosion entwickelte, die hier durch hydrophile Schmutzablagerungen gefördert wird.

100 Vgl. Amarger 2001, S. 253f. 101 Ebd., S. 254. 102 Mündliche Auskünfte von Tilman Daiber, Restaurator in Stuttgart, Telefonat am 19.03.2007.

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Durch das Abdichten dieser Bereiche und eine regelmäßige Kontrolle könnte dieses Prob- lem reduziert werden. Eine regelmäßige Reinigung, wie sie bei der Skulptur in Stuttgart empfohlen wird, sollte auch hier angestrebt werden. Die wässrige Reinigung könnte mit leicht alkalischen Mitteln, z.B. mit Tensiden, durchgeführt werden. Auch bei dieser Skulptur sollten Graffiti, Aufkleber und Plakate zügig mit den entsprechen- den Reinigungsmethoden entfernt werden (→ Empfehlungen/präventive konservatorische Maßnahmen, bei 3.3.6 Volker Gerlach, „Große Begehbare Hannover“ (1976), S. 66). Die Verwendung eines Anti-Graffiti-Schutzes kann an dieser Stelle nicht empfohlen werden. Die meisten permanenten und semipermanenten Schutzsysteme sind aufgrund ihrer einge- schränkten Reversibilität und der optischen Beeinträchtigung nur bedingt einsetzbar (→ Empfehlungen/präventive konservatorische Maßnahmen bei 3.3.6 Volker Gerlach, „Gro- ße Begehbare Hannover“ (1976), S. 66). Um Korrosion und den damit verbundenen Fassungsverlust zu vermeiden, ist ein regel- mäßiges Monitoring unerlässlich. Die partielle rechtzeitige Behandlung von Korrosions- schäden kann mittels mechanischer oder chemischer Methoden erfolgen. Die mechanische Behandlung beinhaltet die Entfernung von Korrosionsprodukten an Fassungsausbrüchen mittels geeigneter Werkzeuge. Die Passivierung von Korrosionsprodukten kann durch chemische Behandlung, z.B. durch Komplexbildung103 mit den Korrosionsprodukten, erfol- gen. Aufgrund seiner antioxidativen Wirkung ist die Behandlung mit Tannin eine weit verbrei- tete Methode. Die empfohlene Kombination mit Phosphorsäure ist jedoch kritisch zu betrach- ten, da angrenzende Fassungsschichten sowie Schutzüberzüge geschädigt werden können. Ein weiterer bei der Restaurierung oftmals verwendeter Komplexbildner ist das Tri- Ammoniumcitrat, welches zur Reinigung und Komplexierung von Roststellen verwendet werden kann.104 Diese Behandlungen sind bei gefassten Metallskulpturen jedoch problematisch, da sie Farbveränderungen hervorrufen können. Nach der Behandlung von Fehlstellen mit Korrosionsschutz können diese mit geeigneten Materialien retuschiert werden. Die Befestigung des Untergrundes im Bereich um die Skulptur sowie das Absperren des Kunstwerkes bei Festlichkeiten am Maschsee wären aus konservatorischer Sicht zu empfehlen, um Abb. 46. Der „Hellebardier“ während des mechanischen Beschädigungen vorzubeugen. Maschseefestes im Juni 2006.

103 Bei der Komplexbildung werden die Korrosionsprodukte auf chemischem Wege passiviert, also in stabile Verbindungen überführt. Diese Oxidation kommt jedoch nie vollständig zum Stillstand, da die Korrosionsproduk- te nie vollständig umgewandelt werden. 104 Vgl. Goemann 2002, S. 59.

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AUSGEWÄHLTE BIBLIOGRAPHISCHE HINWEISE ZU TECHNIKEN, RESTAURIERUNGSMETHODEN UND -TECHNIKEN: • AMARGER, Antoine, La Nagoire de Calder – Une statue monumentale métallique ex- posée en extérieur, in: Claude Volfowsky (Hrsg.), La conservation des Métaux, Paris 2001, S. 253-260. • GOEMANN, Edda, Korrosion an geschmiedeten und gefassten Eisen in Außenaufstel- lung, unveröffentlichte Diplomarbeit an der Hochschule für Gestaltung, Kunst und Konservierung Bern, Studiengang Konservierung und Restaurierung, Bern 2002. • GORETZKI, Lothar, Graffitiprobleme! Lösungen aus technisch-naturwissenschaftlicher Sicht, in: Workshop Graffitischutz, Solothurn 2000, unter: www.expert- center.ch/pdf/workshop_solothurn_de.pdf (Stand: 26.04.2007). • KOLLER, Manfred/PASCHINGER, Hubert/RICHARD, Helmut, Gefasste Metallobjekte – Aktuelle Befunde und Konservierungsprobleme, in: Restauratorenblätter 11, Österrei- chische Sektion des ILC (International Institute for Conservation of Historic and Ar- tistic Works), Wien 1990, S.155-165. • LANDESHAUPTSTADT HANNOVER, Alexander Calder, „Hellebardier“ (1971), in: Fachbe- reich Gebäudemanagement der Landeshauptstadt Hannover, Akten: Kunst im öffent- lichen Raum, Vorgänge Straßenkunstprogramm Hannover, Hannover 2007. • MARSHALL, Albert/STURMAN, Shelly, Conservation of one Alexander Calder’s largest mobiles, in: David Grattan (Hrsg.), Saving the Twentieth Century: The Conservation of Modern Materials, Proceedings of a Conference, Symposium 1991, Ottawa 1993, S. 301-306. • RIEDERER, Josef, Erhaltung von Metallskulpturen im Freien – Historische Situation – Stand der Forschung heute, in: Restauro 3/1993, Zeitschrift für Kunsttechniken, Res- taurierung und Museumsfragen, München 1993, S. 176-178. • ZERULL, Ludwig, Kunst ohne Dach – Skulpturen und Objekte im Stadtbild Hannovers, Hannover 1992.

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3.3.5 Niki de Saint Phalle, „Nanas“ (1974)

IDENTIFIKATION: Künstler: Niki de Saint Phalle Titel: „Nanas“ („Sophie“, „Charlotte“ und „Caroline“) Jahr: 1974 Material: glasfaserverstärktes Polyester- Harz (UP-Harz), gefasst Standort: Leibnizufer Besitz: Stadt Hannover Aufstellungsjahr: Januar 1974 Inv.Nr.: 223/1974 Maße: „Nana Sophie“: H: ca. 3,75 m (keine weiteren Angaben) Abb. 47. Niki de Saint Phalle „Nanas“ (1974), Leibnizufer. Von links nach rechts: „Nana Sophie“, „Nana Charlotte“: H: ca. 5,0 m „Nana Caroline“, „Nana Charlotte“, Zustand Juni 2006. (keine weiteren Angaben) „Nana Caroline“: H: ca. 5,0 m (keine weiteren Angaben)

MAßNAHMEN/VERÄNDERUNGEN: • 1974: Ankauf der Skulpturen durch die Stadt (die Kosten betragen 150.000 DM sowie zusätzlich 30.000 DM Transportkosten) • 14.01.1974: Aufbau der Skulpturen durch Niki de Saint Phalle und ihren Assistenten Robert Haligon • kurz nach Aufstellung: im unteren Bereich Verfüllung mit Beton zur Erhöhung der Standfestigkeit • 1970er Jahre: mehrmalige Reinigung der Oberflächen durch verschiedene Reinigungsfirmen (keine genauen Angaben) • November 1984: Erstellung eines Zustandsberichtes durch Robert Haligon • September 1988: „Restaurierung“ durch Robert Haligon (Reinigung, Überlaminierung von Rissen, partielle Neufassung und Lackierung) • 1990: erneute Risse im Bereich der Betonverfüllung • Juni 1994: Restaurierung durch den Restaurator Wolfram Kummer (Hannover), Erstellung einer Dokumentation • 1998: Reparatur an den Sockeln durch die Firma Torket GmbH (Hannover) • 1998: Reinigung der Oberflächen im Auftrag der Stadt (keine genauen Angaben) • November 2000: Reinigung durch Christine Brandl, Goldschmiedin • März 2002: erste Zustandsaufnahme der Stadt Hannover in Zusammenarbeit mit Gerald Haligon, dem Sohn von Robert Haligon, und Pierre Lejeune, einem ehemali- gen Assistenten der Künstlerin; Entscheidung für eine Restaurierung • März 2003: Demontage der „Caroline“, Transport nach Wunstorf zur Firma Hahlbrock, Untersuchung der Schadensphänomene und Entfernung des Betons, Entwicklung eines Behandlungskonzeptes

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• Juni 2004: Entscheidung der Stadt für die sogenannte „Komplettmethode“, öffentliche Ausschreibung, Beginn der „Restaurierung“ der Nana „Caroline“ durch Firma Hahlbrock: Entfernung des Betons, Sanierung der Stahlkonstruktion, Abschleifen und Neulaminieren der gesamten Oberfläche, neue Fassung • September 2004: Wiederaufstellung der Nana „Caroline“ durch Firma Hahlbrock • November 2004: Abbau und „Restaurierung“ der Skulpturen „Sophie“ und „Charlotte“ durch Firma Hahlbrock • Mai 2005: Aufbau der Skulpturen „Sophie“ und „Charlotte“ durch Firma Hahlbrock Beteiligte an der Maßnahmen 2003–2005: • Norddeutsches Zentrum für Materialkunde e.V. (Untersuchung) • Dipl. Rest. Anja Kuhlmann (Zustandsdokumentation) • Dipl. Rest. Andreas Buder (Untersuchung) • Thees Winkler, Materialprüfanstalt Universität Hannover (Untersuchung) • Frau Heidrich-Peiers, Fachbereich Gebäudemanagement Hannover (Koordination) • Firma Hahlbrock, Wunstorf (Durchführung) • Büro für Baukonstruktion, Karlsruhe (Koordination) • Tim Balzer, Kulturamt Hannover (Koordination) Finanzierung der Maßnahmen 2003–2005: • Kosten: „Caroline“ (160.000 Euro), „Sophie“ und „Charlotte“ (je 110.000 Euro) • Spendenaktionen der Sparkasse Hannover, der Hannoverschen Allgemeinen Zei- tung und der Neue Presse (Sammelaktionen und Verkauf von Ansteckern), Erlös: ca. 360.000 Euro

STANDORTBEDINGUNGEN (JUNI 2006): • frei zugänglich • direkt an einer viel befahrenen Straße am Leibnizufer • Skulpturen stehen auf Betonsockeln • im Bereich des einmal wöchentlich stattfindenden Flohmarktes • Beschriftung: vorhanden (am Sockel der „Nana Caroline“)

ZUSTAND (JUNI 2006): Sockel: • Risse im Beton Skulptur: • Verschmutzung, Wasserläufer • die Skulpturen wurden kürzlich restauriert

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ERSTAUFSTELLUNG: Nach einer sehr erfolgreichen Ausstellung mit dem Titel „Retrospektive 1962–1968“ im Jahr 1969 im Kunstverein Hannover erhielt die international renommierte Künstlerin Niki de Saint Phalle105 im Rahmen des „Experiments Straßenkunst“ den Auftrag, drei große „Nanas“ zur dauerhaften Aufstellung im Freien für die Stadt Hannover zu schaffen. Die Skulpturen erhielten die Namen dreier bedeutender Hannoveranerinnen: „Sophie“, nach der Kurfürstin Sophie von Hannover (1630–1714), „Charlotte“, nach Sophie Charlotte, der Königin von Preußen (1668- 1705), und „Caroline“, nach Caroline Mathilde, der Königin von Dänemark (1751–1775). Die drei „Nanas“ wurden von der Künstlerin selbst zunächst als „Nana Acrobat“ („Caroline“), „Nana Boule“ („Sophie“) und „Nana Dansant“ („Charlotte“) bezeichnet. Nach ihrer Fertigstellung, in Zusammenarbeit mit ihrem Mann Jean Tinguely und mehreren Assistenten in Paris, konnten die Skulpturen am 14. Januar 1974 am Leineufer, auf der späteren Skulpturenmeile aufgestellt werden. Die Aufstellung der Skulpturen löste eine starke Welle des Protests und der Empörung in der Bevölkerung aus und Abb. 48. Aufbau der Skulptur „Nana Sophie“ am Leibnizufer im Januar 1974. führte deutschlandweit zu Diskussionen in Presse und Fachkreisen. Der „Volkszorn“106 entzündete sich vor allem an den hohen Anschaffungskos- ten von mehr als 150.000 DM. Die Gegner sahen durch die Skulpturen die Würde der Frau in der Gesellschaft verletzt und verurteilten die Aufstellung der Kunstwerke als die Entschei- dung einer Elite, die sich über die Interessen der Hannoveraner Bürger hinwegsetzte. Dies war Anlass für Demonstrationen und Vandalismus an den Skulpturen. Die üppigen Formen und bunten Farben erregten noch über viele Jahre hinweg die Gemüter der Passanten, was jedoch durchaus im Sinne der Künstlerin war, die dazu sagte: „Ich bin es gewohnt, mit Pro- vokation zu arbeiten. Auch Provokation ist Kommunikation.“107 Diese Arbeiten regten die Menschen dazu an, miteinander ins Gespräch zu kommen und brachten sie so einander näher, was ebenfalls erklärtes Ziel des „Experiments Straßenkunst“ war. Für die Anfertigung von derart großen Skulpturen im Außenbereich bot sich das neue, bis dahin nur wenig erprobte und untersuchte Material Polyester (UP-Harz) an. Niki de Saint Phalle hatte zu diesem Zeitpunkt bereits mehrfach mit dem neuartigen Material gearbeitet.108 Die drei Skulpturen – die kleinste weist eine Höhe von 3,75 m auf (→ Abb. 49), die beiden anderen haben eine Höhe von 5 m – sind aus glasfaserverstärktem Polyester und Spachtelmasse aus reinem Polyesterharz, der Abb. 49. „Nana Sophie“ im Juni 1984.

105 Niki de Saint Phalle (mit bürgerlichen Namen Cathérine Marie-Agnès Fal de Saint Phalle), geboren 1930 in Neuilly-sur-Seine (Frankreich), verstorben am 21. Mai 2002 in San Diego, war Malerin und Bildhauerin. 106 Vgl. Rudolf Land, Kunst als Ärgernis, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 26./27.01.1974, S. 25. 107 Vgl. Der große Triumph des weiblichen Übermuts, in: Hannoversche Neue Presse Nr. 27, Oktober 1990. 108 Niki de Saint Phalle verwendete dieses Material ebenso für die Skulpturen „Paradis Fantastique“ und „Nana Dream House“, die sie für die Weltausstellung 1967 in Montreal geschaffen hatte.

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sogenannten Laminat- und Gelcoat-Schicht, gefertigt. Diese ist auf eine Metallkonstruktion aus gebogenen Rundstählen unterschiedlicher Längen und einem feinen Maschendraht auf- getragen. Die Oberflächen sind mit einer Farbe auf Polyurethan-Basis gestaltet. Die Aufstellung wurde durch den Assistenten Robert Haligon in Hannover koordiniert, der auch an der Herstellung der Skulpturen beteiligt gewesen war. Die Skulpturen wurden mit im Sockel eingelassenen Metallwinkeln an der Innenkonstruktion verschraubt. Bereits wenige Monate nach der Aufstellung entschloss man sich, um die Stabilität und Standfestigkeit zu erhöhen, durch eine kleine Öffnung im oberen Bereich bis zu einer Höhe von ca. 1,50 m Beton einzufüllen. Bereits nach kurzer Zeit freundeten sich die Hannoveraner allmählich mit den „Nanas“ an. So schrieb der damalige Stadtimagepfleger Mike Gerke, ein Freund der Künstlerin, der zu den Hauptinitiatoren dieses Projektes gehört hatte, ein Jahr nach der Aufstellung der Skulpturen in einem Brief an Niki de Saint Phalle: „Inzwischen hat sich der ganze Wirbel um die drei Kunstwerke gelegt und im Großen und Ganzen werden sie von den Hannoveranern akzep- tiert. Wahrscheinlich auch ein Vorgang der Gewöhnung.“109 An den anfänglichen Unmut gegenüber den Skulpturen ist heute fast nicht mehr zu denken. Aufgrund ihrer Größe und Farbigkeit weithin sichtbar, sind sie heute das wohl populärste hannoversche Kunstwerk im öffentlichen Raum und mittlerweile zu einem stillen Wahrzeichen der Stadt geworden. Abb. 50. „Nana Charlotte“ im Juni 1984.

VERÄNDERUNGEN/MAßNAHMEN: In den 1970er Jahren gab es eine Reihe von mutwilligen Beschädigungen an den Kunstwer- ken. Man kippte Eimer mit Ölfarbe über die Skulpturen, beschmierte und beklebte sie.110 So wurde bereits 1975 in Erwägung gezogen, die Oberflächen mit einem Schutzüberzug zu ver- sehen, da bei der Entfernung der Farbschmierereien die Bemalung zunehmend beschädigt wurde. Robert Haligon schrieb im Namen der Künstlerin mehrere Briefe an die Stadt, worin er ausdrücklich auf die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Pflege der Skulpturen hinwies. Auch er schlug vor, die Oberflächen mit einem Schutzanstrich zu versehen. Ob dies tatsäch- lich umgesetzt wurde, ist aus den Akten nicht eindeutig feststellbar.

109 Brief von Mike Gerke an Niki de Saint Phalle, am 06.02.1975, in: Landeshauptstadt Hannover 2007, Niki de Saint Phalle, „Nanas“ (1974). 110 Auch vor diesen Kunstwerken machte der damals stadtbekannte Rentner Otto Schleusener nicht halt. In einer Nacht im Juli 1978 wurde er in flagranti dabei ertappt, wie er die Skulpturen mit schwarzer Farbe überstrich. Diesmal kam es zu einer Strafanzeige. Vgl. Landeshauptstadt Hannover 2007, Niki de Saint Phalle, „Nanas“ (1974).

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Robert Haligon erstellte im November 1984 einen Zustandsbericht der Skulpturen. Darin bemerkte er, dass die Oberflächen teilweise mit schwer zu entfernenden Graffiti beschmiert waren und empfahl die Ausbesserung von kleineren Rissen in der Laminierung und Fehlstel- len in der Bemalung (→ Abb. 51). Die Risse waren vor allem im Bereich der „Betonierung“ entstanden. Allgemein bezeichnete er den Zustand der Skulpturen als befriedigend („Sophie“ und „Charlotte“) bis schlecht („Caroline“). Haligon, selbst auf die Herstellung von Plastiken aus Kunststoff spezialisiert, sah es als zwingend notwendig an, die Skulpturen instand zu setzen. Er schlug eine Hochdruckreinigung, das Ausbessern von Fehlstellen und kleineren Rissen durch Abschleifen und Schäftung der Laminatschicht sowie einen Überzug für die gesamte Oberfläche vor. Ursula Reuther, die Restauratorin des Sprengel Museums, wurde daraufhin um eine Stellungnahme zu den erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen gebeten. Sie wies daraufhin, dass durch das Aufbringen eines Abb. 51. Detail: Niki de Saint Phalle, „Nana Caroline“. Zustand der Bemalung im April Überzugs weitere Schäden entstehen könnten. 1984. Haligon empfahl ein Überzugmaterial, das ähnliche Eigenschaften wie das Original haben sollte, womit eine gewisse Reversibilität111 jedoch nicht gegeben gewesen wäre. Deshalb riet Frau Reuther dazu, ein Material zu verwenden, das sich in seinen Eigenschaften von denen der originalen Farbe unterscheidet, um den Schutzanstrich bei Bedarf wieder entfernen zu können, ohne die Originalsubstanz anzugrei- fen. Im darauf folgenden Jahr veranlasste man die Restaurierung durch Robert Haligon, die je- doch letztlich erst im September 1988 von ihm durchgeführt wurde. Er entfernte beschädigte Stellen mit einem Sandstrahlgerät112. Danach erfolgten Ausbesserungen des Korpus mit glasfaserverstärktem Polyesterharz und abschließendem Gelcoat. Darauf wurde eine Schicht Epoxidharz aufgebracht, die mit einem Polyurethanweiß eingetönt wurde. Anschlie- ßend wurden die Fehlstellen entsprechend der vorher aufgenommenen Fotos bemalt und abschließend mit einem Lack auf Basis von Polyurethan gestrichen. Die Kosten für diese Restaurierung in Höhe von ca. 50.000 DM wurden von der Stadt getragen. Haligon bemerkte im Zuge dieser Maßnahmen, dass die Oberflächen stets mit zu „aggressiven“ Reinigungsmitteln behandelt worden waren. Er empfahl, die Oberflächen lediglich mit Wasser und etwas Seife zu reinigen und auf Hochdruckreiniger zu verzichten. Durch die vorangegangenen Reinigungen waren, wie bereits erwähnt, mehrere Partien der Bemalung beschädigt worden. Vermutlich aus diesem Grund markierte Haligon einige Konturen der Abb. 52. Detail: Niki de Saint Phalle, „Nana schwarzen Linien, indem er dort den Gelcoat etwas Caroline“. Einritzungen von Robert Haligon.

111 Reversibilität ist z.B. bei synthetisch-organischen Polymeren nicht zwingend dadurch gegeben, dass sich die chemischen Eigenschaften der Materialien unterscheiden, denn durch Degradation können sich die physikali- schen und chemischen Eigenschaften entscheidend verändern. 112 Haligon verwendete einen Sand mit relativ großer Körnung (0,1-0,12 mm).

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einritzte. Damit wäre es möglich, beschädigte Linien der Bemalung später zu rekonstruieren (→ Abb. 52, S. 57). Nach der abgeschlossenen Restaurierung wurde entschieden, künftige Reinigungen nur noch von Restauratoren durchführen zu lassen. Die Restauratorin Ursula Reuther vom Sprengel Museum wurde kommissarisch mit dieser Aufgabe betreut. Bereits im Oktober desselben Jahres wurden die „Nanas“ erneut beschmiert. 1990 stellte man wiederum kleinere Risse an den Skulpturen fest, so dass es 1994 zu einer weiteren Restaurierung kam. Dabei wurde ein weiteres massives Schadensbild ersichtlich: Die Korrosionsprodukte der Trägerkonstruktion wurden an mehreren Stellen in den Rissen der Oberfläche sichtbar. Der Restaurator Wolfram Kummer wurde mit der Restaurierung der Skulpturen beauftragt. Auch er stellte fest, dass die Risse sich vorwiegend im Sockelbereich und in den Bereichen, wo das Polyester-Coating nur dünn aufgetragen war, befanden. Im Bereich der Risse sammelten sich besonders viele Korrosionsprodukte der darunter- liegenden Drahtkonstruktion ( Abb. 53). Kummer Abb. 53. Detail: „Nana Caroline“. Die Korrosi- → onsprodukte der Innenkonstruktion sammeln stellte darüber hinaus fest, dass es an der „Nana sich im Bereich der Risse an der Oberfläche. Sophie“ besonders viele farbliche Ausbesserungen gab. Auf der Skulptur der „Caroline“ war auf den nach oben weisenden Flächen zwischen- zeitlich ein transparenter Lack aufgebracht worden, der sehr stark degradiert war und sich von der Oberfläche ablöste.113 Die Skulptur „Caroline“ hatte im oberen Bereich größere Ris- se, durch die das Regenwasser in die Skulptur eindringen konnte, was nicht nur starke Kor- rosionsschäden verursachte, sondern auch die Rissbildung im unteren Bereich auslöste.114 An derselben Skulptur stellte Herr Kummer fest, dass die Polyesterschicht im Bereich der linken Hand eine nur ungenügende Stärke aufwies. Es stand zu befürchten, dass sich die bereits vorhandenen Risse durch weitere Belastung, wie z.B. durch das Herumklettern auf der Skulptur, negativ auf die Stabilität auswirken könnten. Über den Zustand der Oberflächen von Nana „Charlotte“ ist in der Dokumentation von Herrn Kummer nur wenig vermerkt. Die Risse wurden bei dieser Restaurierung mit glasfaserverstärktem Polyesterharz und Gel- coat geschlossen. Hochstehende Armierungen, welche sich vermutlich durch den Beton de- formiert hatten, wurden zurückgebogen. Die Kittungen wurden anschließend mit einem Zweikomponenten-Acrylatlack der Firma Lesonal retuschiert, die Graffiti mit Aceton entfernt und die Oberflächen mit Seifenwasser gereinigt. 1998 wurde durch die Firma Torket GmbH eine Reparatur an den Sockeln vorgenommen. Im Jahr 2000 reinigte Christine Brandl die Skulpturen mit Wasser und einem Hochdruckreiniger. Im August 2000 erhielt die Stadt Hannover von Niki de Saint Phalle eine Schenkung von mehr als 300 Werken, die dem Sprengel Museum übereignet wurden. Im Zuge dessen wur- de Niki de Saint Phalle zur Ehrenbürgerin der Stadt ernannt. Im Mai 2001 verstarb die Künst- lerin im Alter von 71 Jahren in Kalifornien (USA).

113 Wahrscheinlich handelt es sich hierbei um den von Robert Haligon 1988 aufgebrachten Lack auf Basis von Polyurethan. 114 Durch Frostsprengung, die durch das in die Hohlräume zwischen Beton und innerer Laminatschicht einge- drungene Wasser ausgelöst wurde, entstanden zahlreiche Risse in der Laminierung.

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Mit der Ernennung zur Ehrenbürgerin der Stadt gewannen die Arbeiten Niki de Saint Phalles zunehmend die Aufmerksamkeit und das Interesse der Bürger Hannovers. Nach einer Zu- standsbesichtigung der „Nanas“ im März 2002 durch Gerald Haligon, den Sohn Robert Hali- gons, und Pierre Lejeune, einen ehemaligen Assistenten der Künstlerin, entschied die Stadt, die bereits seit längerer Zeit vorhandenen Schäden zu beheben. Die Arbeiten dafür began- nen im Frühjahr 2003. Wie Herr Kummer bereits 1994 festgestellt hatte, waren besonders an der „Nana Caroline“ umfangreiche Schäden im Bereich der mit Beton gefüllten Standelemen- te an Händen und Kopf zu beobachten. Darum entschloss man sich, diese Skulptur für eine Untersuchung abzubauen, um sie von Fachleuten beurteilen zu lassen. Die Erben der Künst- lerin gaben ihre grundsätzliche Zustimmung zur Demontage und zur notwendigen Entfer- nung des Betons. Die Skulptur der „Caroline“ wurde in die Werkstätten der Firma Hahlbrock, eine Fachfirma für glasfaserverstärkte Kunststoffe, nach Wunstorf gebracht. Dafür musste die Skulptur etwa in einem Meter Höhe im Bereich der Hände und des Kopfes mit Seilsägen durchtrennt werden (→ Abb. 54). Aufgrund ihrer Verfüllung mit Beton waren die Bedenken zu groß, die Skulptur im Stück vom Sockel abzuheben. Der Beton im unteren Bereich der Skulptur, so die Argu- mentation der Stadt, hätte vermutlich mit seinem Gewicht von 3600 kg weitere Schäden an dem Kunstwerk verursacht. Die Firma Hahlbrock wurde beauftragt, den restlichen Beton aus der Skulptur zu entfernen.

Abb. 54. Detail: „Nana Caroline“. Die Skulptur Abb. 55. Detail: „Nana Caroline“. Die Skulptur wurde mit einer Seilsäge durchtrennt. wird für den Transport nach Wunstorf verladen.

Ein Restauratorenteam und die Hannoversche Materialprüfanstalt (MPA) der Universität Hannover begutachteten und kartierten gemeinsam den Zustand der „Nana Caroline“. Bei der Begutachtung des Inneren der Skulptur stellte man fest, dass die stützende Metallkon- struktion stark korrodiert war (→ Abb. 56, S. 60) und die Polyesterharz-Laminierung an eini- gen Stellen nur wenige Millimeter dick war.

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Im Juni 2003 lag ein erster Zwischenbericht der MPA über den Zustand, die Schadensursachen und eine mögliche Sanierung vor. Darin wurden die Schadensursachen hauptsächlich auf das Einbringen des Betons und die Verwendung von Metall ohne Korrosionsschutz, zurückgeführt. Weiterhin wurde festgehalten, dass die Skulptur durch das Absägen bei der Demontage etwa einen Zentimeter ihrer Höhe eingebüßt hatte. Für eine mögliche Sanierung gab es zwei Vorschläge, die in Fachkreisen und der lokalen Presse diskutiert wurden, da beide Methoden einen starken Eingriff in das Original bedeutet hätten. Deshalb wurde überlegt, die Skulpturen durch Kopien zu ersetzen, um das Original zu schützen. Das Original hätte dann z.B. in einem Museum verbleiben können. Die Erben Niki de Saint Phalles lehnten dies jedoch ab. Abb. 56. Detail: „Nana Caroline“. In den Werk- Die Erhaltung der originalen Substanz stand lediglich stätten der Firma Hahlbrock wurde die Skulp- im Konzept der Restauratoren im Vordergrund. Da die tur untersucht. Stadt jedoch bei beiden Konzepten eine langjährige Gewährleistung der Erhaltung der Skulpturen einforderte und dies für das Konzept der Res- tauratoren paradox erschien, entschied die Stadt als Eigentümer der Skulpturen, eine sogenannte „Komplettlösung“ durchzuführen. Das vorgeschlagene Konzept sah die komplette Sanierung der Skulptur vor, wobei der größte Teil des Originals zerstört wurde. Nach einer öffentlichen Ausschreibung erhielt die

Firma Hahlbrock aus Wunstorf den Auftrag für die Sanierung der Skulpturen. Abb. 57. Die Skulptur „Nana Caroline“ wird in den Werkstätten der Firma Hahlbrock abge- Bei dieser „Komplettlösung“ wurde der Beton schliffen. vollständig aus der Skulptur entfernt und die kor- rodierten Metallteile weitgehend durch eine Edelstahlkonstruktion ersetzt. Für eine dauerhafte Oberflächenstabilisierung wurde die originale äußere Oberfläche, der Gelcoat und Teile der Laminierung, vollständig abgeschliffen und mit einer neuen, gleichmäßigeren Laminierung überzogen (→ Abb. 57). Auch die Innenwände wurden partiell mit glasfaserverstärktem Polyesterharz verstärkt. Die abgesägten Standelemente, Hände und Kopf, wurden im Handlaminierungsverfahren neu angefertigt (→ Abb. 58). Die originalen Teile verblieben bei Firma Abb. 58. Detail: „Nana Caroline“. Von den Hahlbrock. Eine innere Stützkonstruktion aus zwei bis originalen Händen (hier mit der Betonverfül- drei steifen Rohren sollte den Korpus der Skulptur mit lung) wurden Kopien angefertigt.

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den Standelementen verbinden und gleichzeitig zur Befestigung der Skulptur auf dem Sockel dienen. Bei dieser „Komplettlösung“ wurde die originale Farbgebung der Skulptur, auch wenn es sich partiell um Überarbeitungen handelte, rundum erneuert. Mithilfe von zuvor angefertigten Silikon-Schablonen wurde die Skulptur von einem Mitarbeiter der Firma Hahlbrock abschließend neu bemalt (→ Abb. 59).115

Mit dieser Lösung konnte die Firma einen langfristigen Erhalt der Skulptur garantieren, jedoch Abb. 59. „Nana Caroline“ wird in den Werk- stätten der Firma Hahlbrock von einem Mitar- ist das Original quasi nicht mehr vorhanden. Es wurde beiter der Firma neu bemalt. nicht nur die Bemalung zerstört, sondern durch das Abschleifen und Aufbringen einer neuen Laminat- und Gelcoat-Schicht gleichfalls die originale Oberflä- chenstruktur116 sowie die Dimensionen des Objektes verändert. Durch die langjährige Erfahrung der Firma Hahlbrock im Bereich glasfaserverstärkter Kunststoffe konnten die Skulpturen soweit technologisch „optimiert“ werden, dass eine Gewährleistung ihrer Haltbarkeit über mehrere Jahrzehnte gegeben war. Niki de Saint

Phalle beabsichtige jedoch keinesfalls eine technologische Perfektion ihrer Kunstwerke, was besonders bei ihren sogenannten „Schießobjekten“ zum Ausdruck kommt. Aufgrund der nicht gegebenen Langzeitgarantie für die bestmögliche Erhaltung wurde das vor- geschlagene Konzept der Restauratoren nicht umgesetzt. Dieses Konzept sah vor, den Beton ebenfalls zu entfernen und lediglich die schadhaften Abb. 60a/b. Detail: „Nana Sophie“. A: Vorzu- Stellen zu behandeln. Das Original wäre bei dieser stand 2003, B: Nachzustand 2006. Methode weitgehend erhalten geblieben, was dem Ziel einer zeitgemäßen Restaurierung entsprochen hätte: „Ziel der Restaurierung ist es, diese potentielle Einheit künstlerischer und historischer Werte zur bestmöglichen Geltung zu bringen, ohne dabei eine Fälschung zu schaffen.“117 Bei der Umsetzung eines solchen Konzeptes hätte man auf neue technologische Erfahrungen, die im Bereich der Restaurie- rung moderner Materialien in den letzten Jahren entwickelt wurden, zurückgreifen können.

115 Farbmuster (Rückstellmuster) der originalen Bemalung der „Nanas“ werden bei der Firma Hahlbrock unter Lichtausschluss archiviert. 116 Um die originale Oberflächenstruktur zu imitieren, wurde die Oberfläche von der Firma Hahlbrock mit einge- färbtem UP-Harz vier Mal versiegelt, um eine „Apfelsinenhaut“ zu erzeugen. Vgl. Firma Hahlbrock, Dokumenta- tion Instandsetzung „Nana Caroline“, Mai 2005, in: Landeshauptstadt Hannover 2007, Niki de Saint Phalle, „Nanas“ (1974). 117 Schädler-Saub 2006 (I), S. 236.

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Zahlreiche Presseveröffentlichungen informierten die Bürger Hannovers über die Über- legungen zu einer möglichen Restaurierung und den Fortschritt der laufenden Arbeiten. Dies bewirkte eine große Spendenbereitschaft in der Bevölkerung. Zur Finanzierung der Restau- rierung der „Nanas“ führte die Stadt Hannover, unterstützt von der Sparkasse Hannover so- wie der Verlagsgesellschaft Madsack, die Spendenaktion „Rettet die Nanas“ durch. Für diese Aktion wurden unter anderem 10.000 Pin-Boxen mit je drei „Nana“-Pins angeboten, die zum Preis von jeweils 10 Euro verkauft werden sollten. Der Erlös aus dem Verkauf dieser Pins und aus sonstigen Spendenaktionen wurde durch die Sparkasse verdoppelt, so dass insge- samt 370.000 Euro Einnahmen erzielt wurden. Von dieser Spende wurden allein 160.000 Euro für die Sanierung der „Nana Caroline“ verwendet.

Abb. 61a/b. „Nana Caroline“ am Leibnizufer. A: Zustand vor der „Restaurierung“ im April 2003, B: Zustand nach der „Restaurierung“ im Juni 2006.

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Kurz nach der Wiederaufstellung der „Nana Caroline“ im September 2004 wurden im November die beiden anderen Skulpturen „Charlotte“ und „Sophie“ ebenfalls abgebaut und nach demselben Konzept saniert. Mit der Wiederaufstellung im Mai 2005 galt die „Restaurie- rung“ der Skulpturen als abgeschlossen. Die Skulpturen sind heute, wenn auch leicht verschmutzt, in einem guten Zustand. Wieder- um sind größere Risse in den Betonsockeln erkennbar.

Abb. 62a/b. „Nana Sophie“ am Leibnizufer. A: Zustand April 1984, B: Zustand Juni 2006.

EMPFEHLUNGEN/PRÄVENTIVE KONSERVATORISCHE MAßNAHMEN: Objekte im Außenraum aus synthetisch-organischen Polymeren, im Allgemeinen als Kunst- stoffe bezeichnet, sind in der Regel vielfältigen Degradationserscheinungen gegenüber äußeren Umwelteinflüssen ausgesetzt. Hinzu kommt, dass bei gefassten Objekten ein Kong- lomerat aus verschiedensten Materialgruppen vorliegen kann. Nach der Sanierung der Skulpturen liegt nach Angaben der Firma Hahlbrock GmbH nun, die Originalträgersubstanz ergänzend, das Trägermaterial Isophtalsäure/Neopentylglykol- Polyesterharz, gelöst in Styrol118, als mehrschichtige Laminatschicht und darüber ein mehr- schichtiger Reinharz-Gelcoat vor. Die Farbfassung wurde auf Basis eines Zweikomponenten Acrylat- und Polyurethanharzes ebenfalls mehrschichtig ausgeführt. Da die Hauptschäden der „Nanas“, Rissbildung, Eindringen von Wasser, Korrosion etc., auf das Verfüllen der Skulpturen mit Beton zurückzuführen waren, ist diese massive Form der Beschädigung nach der Neuaufstellung nun nicht mehr zu erwarten. Trotzdem muss vor allem hier ein regelmäßiges Intervall gefunden werden, um Schäden durch Graffiti, Aufkleber und sonstige Verschmutzungen rechtzeitig lokalisieren und entspre- chende Maßnahmen einleiten zu können. Schwerpunkt ist die Phasengrenze zur Umgebung, die Objektoberfläche, die sehr unterschiedlichen Einflüssen ausgesetzt ist. Schmutz ist ein

118 Unvernetztes Styrol-Monomer kann allerdings zu Farbveränderungen an der Oberfläche führen. Laut Angaben der Firma Hahlbrock wurden die Skulpturen aus diesem Grund nach Auftrag der Laminatschicht für 11 Stunden bei 55-75 °C getempert. Vgl. Firma Hahlbrock, Dokumentation Instandsetzung „Nana Caroline“, Mai 2005, in: Landeshauptstadt Hannover 2007, Niki de Saint Phalle, „Nanas“ (1974).

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vielfach unterschätztes Problem, dass gerade bei polymeren Materialen zu irreversiblen Schäden führen kann. Die richtige Wahl der Reinigungsmittel bzw. -zusätze, wie z.B. Tenside, ist hier maßgeblich. Die Empfehlungen der Herstellerfirma Sikkens, die Farbfassung betreffend, orientieren sich an der Automobilpflege.119 Bei der Entfernung von Graffiti ist auf eine geringe Standzeit der Farbe zu achten. Die Oberflächenhaftung ist hier nur zu einem geringen Teil auf die mechanische Adhäsion zurückzuführen. Neben den bekannten chemischen und mechanischen Reinigungsverfahren, die bei Kunststoffoberflächen eher problematisch sind, könnten hier neue physikalische Methoden, wie z.B. das Trockeneisstrahlen120, eine thermische Reinigung, zur Anwendung kommen. Bei der Entstehung von sogenannten Biofilmen121, z.B. an den Grenzflächen von Aufklebern und Plakaten, können Mikroorganismen eine Biodegradation auch an Kunststoffen, z.B. in Form von Verfärbungen, hervorrufen. Deshalb gilt es, Abb. 63. Detail: „Nana Charlotte“. Aufkleber und Plakate möglichst rasch wieder zu entfernen. Durch das Regenwasser sammelt sich Da sich im Bereich der Sockelkonstruktion nach kürzester der Schmutz auch an den nach unten zeigenden Flächen. Zeit erneut Risse gebildet haben, besteht auch hier Handlungsbedarf.

119 Vgl. Firma Sikkens Autolacke Service, Pflegeanweisung der „Nanas“, in: Firma Hahlbrock, Dokumentation Instandsetzung „Nana Caroline“, Mai 2005, Anlage 4, in: Landeshauptstadt Hannover 2007, Niki de Saint Phal- le, „Nanas“ (1974). 120 Vgl. Lothar Goretzki, Graffitiprobleme! Lösungen aus technisch naturwissenschaftlicher Sicht, S. 10f. unter: www.expert-center.ch/pdf/workshop_solothurn_de.pdf (Stand: 26.04.2007). 121 Biofilme entstehen, wenn Mikroorganismen wie Bakterien, Algen oder Pilze sich an Grenzflächen ansiedeln. Sie bestehen in der Regel aus einer dünnen Schleimschicht, einem Film. Chemische Stoffe mit hoher Anfällig- keit gegenüber biogener Schädigung sind unter anderem auch aliphatische Ester (Polyester).

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AUSGEWÄHLTE BIBLIOGRAPHISCHE HINWEISE ZU TECHNIKEN, RESTAURIERUNGSMETHODEN UND -TECHNIKEN: • GOERDEN, Leonhard, Glasfaserverstärkte Kunststoffe (GFK) – Vom Handwerk zur Großserie, in: Wolfgang Glenz (Hrsg.), Kunststoffe – Ein Werkstoff macht Karriere, München 1985, S. 97-110. • GORETZKI, Lothar, Graffitiprobleme! Lösungen aus technisch- naturwissenschaftlicher Sicht, in: Workshop Graffitischutz, Solothurn 2000, unter: www.expert-center.ch/pdf/workshop_solothurn_de.pdf (Stand: 26.04.2007). • ENGLISCH, Gabriele/HERM, Christoph, Untersuchung und Restaurierung einer Klein- plastik von Niki de Saint Phalle, in: Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservie- rung, Jahrgang 15/2001, Heft 2, 2001, S. 236-240. • HAFERKAMP, Heinz, Zum Alterungsverhalten glasfaserverstärkter Kunststoffe, Hannover 1962. • KUHLMANN, Anja, Polyesterskulpturen von Niki de Saint Phalle, Wolf Vostell und Gottfried Kappen. Untersuchung von Schadensphänomenen und Möglichkeiten zu ihrer Konservierung und Restaurierung, Unveröffentlichte Diplomarbeit an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst, Fachhochschule Hildes- heim/Holzminden/Göttingen, Fachbereich Konservierung und Restaurierung, Hildesheim 2001. • LANDESHAUPTSTADT HANNOVER, Niki de Saint Phalle, „Nanas“ (1974), in: Fachbe- reich Gebäudemanagement der Landeshauptstadt Hannover, Akten: Kunst im öffentlichen Raum, Vorgänge Straßenkunstprogramm Hannover, Hannover 2007. • SCHEIRS, John, Compositional and Failure Analysis of Polymers. A Practical Approach, Chichester 2000. • WAENTIG, Friederike, Kunststoffe in der Kunst, Petersberg 2004. • ZERULL, Ludwig, Kunst ohne Dach – Skulpturen und Objekte im Stadtbild Hannovers, Hannover 1992.

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3.3.6 Volker Gerlach, „Große Begehbare Hannover“ (1976)

IDENTIFIKATION: Künstler: Volker Gerlach Titel: „Große Begehbare Hannover“ Jahr: 1976 Material: Chrom-Nickel-Stahl Standort: Ihmeufer/Glockseestraße Besitz: Stadt Hannover Aufstellungsjahr: 30.07.1976 Inv.Nr.: 87/1976 Maße: H: max. 4,0 m; Abb. 64. Volker Gerlach, „Große Begehbare Grundfläche: Hannover“ (1976), Ihmeufer/Glockseestraße, Zu- L: max. 14,0 m; stand im März 2007. B: max. 15,0 m

MAßNAHMEN/VERÄNDERUNGEN: • 1976: Herstellung der Arbeit in der Rohrbiegerei der Mannesmann-Röhren-Werke, Betriebsabteilung Lierenfeld • 1976: Aufstellung in Zusammenarbeit mit dem Künstler am Ihmeufer an der Glock- seestraße gegenüber dem Ihmezentrum • 2000: Reinigung und Anti-Graffitischutz der Oberflächen durch die Arbeitsgemein- schaft „Anti-Graffiti“ Schutzbeschichtungen • September 2004: Reinigung und Anti-Graffitischutz der Oberfläche durch die Firma BruDan Hannover, finanziert durch Robert Simon sowie aus Mitteln der Stadt

STANDORTBEDINGUNGEN (MÄRZ 2007): • frei zugänglich • Fußweg (Durchgangsverkehr) • Bäume im Umfeld (Eichen) • Beschriftung: nicht vorhanden

ZUSTAND (MÄRZ 2007): • Kratzer mit Korrosion • polierte Partien entlang der Kanten • Graffiti • Schmutz • Pflanzenwuchs in der Pflasterung um das Objekt • Aufkleber • fleckige Oberfläche (alte Graffiti)

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ERSTAUFSTELLUNG: Die „Große Begehbare Hannover“ von Volker Gerlach122 befindet sich seit Juli 1976 am Ihmeufer an der Glockseestraße gegenüber dem Ihmezentrum. Es war eines der letzten Ob- jekte, die im Zuge des „Experiments Straßenkunst“ von der Stadt Hannover erworben wurden. Das aus sieben bis zu 4 m hohen und 8 mm starken gebogenen Edelstahlflächen be- stehende Objekt steht auf einer Grundfläche von ca. 14 x 15 m. Von den aufgerichteten Plat- ten in der Mitte schwingen niedrigere Platten, die in spitzen Winkeln enden und von denen jeweils zwei parallel zueinander angeordnet sind, zu einem Bogen aus. Die Platten sind so angeordnet, dass der Betrachter sich zwischen ihnen bewegen kann. In der Abteilung Rohrbiegerei der Mannesmann-Röhren-Werke der Betriebs- abteilung Lierenfeld in Düsseldorf entstand diese Edelstahlplastik in Zusammenarbeit mit dem Künstler. Gerlach wählte ganz bewusst Abb. 65. Die Skulptur „Große Begehbare Hannover“ einen Arbeitsplatz im Betrieb: „Ich will im während des Aufbaus im Juli 1976. direkten Kontakt mit arbeitenden Menschen schöpferisch tätig sein, um mit ihnen künstlerisch zu schaffen, ihnen Kunst nahe zu bringen und so vielleicht vorhandene Vorurteile abzubauen.“123 Er bediente sich der gleichen Materialien und Verfahren, wie sie bei der damaligen Herstellung industrieller Nutzobjekte Verwendung fanden. Die Skulptur wurde mit Schwerlastdübeln im Fundament verbolzt. Um die Skulptur herum wurde ein Ziegelpflaster angelegt. VERÄNDERUNGEN/MAßNAHMEN: Über die Restaurierungsgeschichte der Skulptur ist leider nur wenig bekannt. Die Skulptur wurde häufig durch Graffiti und Plakate beschädigt. Die Oberflächen sind dadurch teilweise sehr stark zerkratzt und korrodiert. Die Arbeitsgemeinschaft „Anti-Graffiti“ in Hannover machte der Stadt im Oktober 2000 das Angebot, die Skulptur zu reinigen und mit einer Silikonschicht vor erneuten Beschmierungen zu schützen.124 Die Stadt unterstützte das Vorhaben der Arbeitsgemeinschaft. Es fanden sich Sponsoren, so dass der Stadt dabei keine zusätzlichen Kosten entstanden. In einem Schrei- ben der Firma „Anti-Graffiti“ Schutzbeschichtungen wurden die Maßnahmen an der Skulptur wie folgt beschrieben: „Mit biologisch abbaubaren und unbedenklichen Spezialreinigern entfernen wir die Graffiti und beschichten mit einem Lappen einen hauchdünnen Schutz aus Siliconöl. Jegliche erneute Schmiererei ist dann nicht mehr haftend und kann leicht weggewischt werden.“125

122 Volker Gerlach, 1941 in Luxemburg geboren, studierte an der Kunstakademie in Düsseldorf. Er lebt und arbeitet bis heute als Bildhauer in Düsseldorf. 123 Volker Gerlach, in: Landeshauptstadt Hannover 2007, Volker Gerlach, „Große Begehbare Hannover“ (1976). 124 Vermutlich wurde die Skulptur bereits auch zuvor schon mehrmals gereinigt. 125 Walter Goedicke, in: Schreiben der Arbeitsgemeinschaft „Anti-Graffiti“ Schutzbeschichtungen, vom 04.10.2000, in: Landeshauptstadt Hannover 2007, Volker Gerlach, „Große Begehbare Hannover“ (1976). Die Arbeitsgemeinschaft bestand zu diesem Zeitpunkt seit zwei Jahren und setzte sich für die Säuberung und

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Im September 2004 wurde erneut eine Reinigung und ein Anti-Graffitischutz der Oberflächen durch die Firma BruDan Dienstleistungen126 vorgenommen. Die Firma aus dem Bereich Bau- tenschutz ist auf die Problematik von Graffiti und Verwitterungsschutz spezialisiert. Für die Reinigung verwendet die Firma Produkte des Herstellers Tensid Deutschland127. Aus dem Angebot geht hervor, dass die Firma für den Anti-Graffitischutz mit Produkten von Graffinet® arbeitete.128 Die Produktreihe Graffinet® basiert auf einem Zweikomponenten-Polyurethan-Gemisch. Graffinet® wird vom Hersteller als außergewöhnlich wetter- und UV-beständig beschrieben. Zudem hat es eine sehr hohe Widerstandsfähigkeit gegen chemische Einflüsse. Dieses Produkt sei problemlos mit Systemreinigern von Graffinet® zu entfernen. Auf Veranlassung der Galerie kö24 von Robert Simon wurde die Skulptur gereinigt und die Edelstahlflächen mit diesem Anti-Graffitischutz behandelt. Die Kosten dafür übernahm Simon selbst. Die Firma BruDan bietet im Zuge dieser Maßnahme an, in den folgenden fünf Jahren erneute Graffiti an der Skulptur unentgeltlich zu beseitigen. Der Anti-Graffitischutz hat nach Erfahrungswerten der Firma eine Haltbar- keitsdauer von ca. fünf Jahren. Die Skulptur wurde abermals mit Graffiti besprüht und ist heute, im März 2007, mit Aufklebern und Plakaten Abb. 66. Detail: „Große Begehbare Hannover“. Die Skulptur wurde abermals mit beklebt ( →Abb. 66).129 Entlang starker Kratzspuren Graffiti besprüht. im Metall ist eine verstärkte Korrosion erkennbar. Ebenso auffällig erscheinen einige polierte Stellen im Gegensatz zur ansonsten eher matten Oberfläche des Metalls. Die Bereiche, an denen Graffiti entfernt wurden, sind deutlich er- kennbar, da das Metall hier Verfärbungen aufweist.

EMPFEHLUNGEN/PRÄVENTIVE KONSERVATORISCHE MAßNAHMEN: Gerade an diesem Objekt von Volker Gerlach wird die Problematik der Standortwahl sehr deutlich. Der Bereich um das Gelände der „Glocksee“ wird unter Lokalpolitikern gerne als sozialer Brennpunkt bezeichnet. Dies äußert sich am Objekt durch auffällig viele Graffiti, Auf- kleber und Plakate. Der Aspekt der Graffiti-Entfernung wurde in dieser Arbeit bereits mehr- fach angesprochen. Da die Problematik sich an diesem Objekt besonders gut verdeutlichen lässt, soll im Folgenden auf diese Maßnahmen etwas näher eingegangen werden.

vorbeugende Dauerbeschichtung von Objekten in Hannover ein. Finanziert wurde das Unternehmen durch Sponsoren. 126 Vgl. Firma BruDan, unter: www.brudan.de (Stand: 10.02.2007). 127 Vgl. Tensid Deutschland, unter: www.tensid.org (Stand: 10.02.2007). 128 Vgl. EAG GmbH Gesellschaft für Beschichtungssysteme und Oberflächenschutz Hannover, unter: www.graffinet.de (Stand: 29.04.2007). 129 Laut Angebot der Firma BruDan müsste diese, aufgrund der Gewährleistungsfrist von fünf Jahren, den Schaden entfernen.

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Ziel einer Graffiti-Entfernung ist die rückstandsfreie Reinigung des Objektes unter geringstmöglicher Beeinträchtigung der originalen Oberfläche. Die sogenannte Standzeit des Graffito sollte, wie bereits erwähnt, aus zweierlei Gründen möglichst kurz sein. Einer- seits wird die Ausbildung von weiteren Adhäsionskräften durch das vollständige Abbinden der Farbe verhindert und andererseits wird die Gefahr erneuter Sprayattacken maßgeblich reduziert, da es scheinbar oftmals der schlechte Zustand der Objekte ist, der Anlass zu wei- terem Vandalismus gibt (→ 3.1 Typische Schäden an Kunstobjekten im Außenraum, S. 17). Die Auswahl der Reinigungsmittel bzw. –verfahren ist abhängig von der Materialität des Objektes sowie dem Zustand der Objektoberfläche (Vorhandensein von Passivierungs- schichten). Chemische Reinigungsverfahren sind mittels Abbeizern oder Gelen möglich, wobei hier die Einwirkzeit des Reinigungsmittels an der Oberfläche erhöht wird. Dadurch können selbst tiefer liegende Farbreste angelöst und an die Oberfläche transportiert werden. Diese Maßnahme erfordert in der Regel eine intensive Nachreinigung mit entmineralisiertem Wasser. Bei Reinigungsverfahren, z.B. mit Hochdruckreinigern, wird mit großen Mengen an Wasser und Tensiden gearbeitet. Dieses Verfahren kann neben den hohen Feuchtigkeits- eintrag eine stark abrasive Wirkung auf die Objektoberfläche haben. Mechanische Verfahren werden im Allgemeinen in handwerkliche Methoden, z.B. Bürsten und Schleifen, sowie Strahlverfahren, z.B. Sandstrahlverfahren, unterschieden. Bei einem Partikelstrahlverfahren bspw. bestimmen die Korngröße, die Härte des Strahlgutes und der ausgeübte Druck das Reinigungsergebnis. Prinzipiell gilt, je geringer der Druck und die Par- tikelgröße, desto schonender der Abtrag. Zu den physikalischen Methoden werden thermische Reinigungsverfahren wie die Laser- einigung oder das Trockeneisstrahlen130 gezählt. Da alle diese Methoden abrasive Wirkung auf die Oberfläche haben, die Korrosionsstabilität von Edelstahl aber auf der Bildung einer dünnen Chromoxidschicht, Passivierung, beruht, muss die Neubildung dieser Schicht im Anschluss ermöglicht werden. Dies ist vor allem bei weiteren Maßnahmen, wie z.B. das Aufbringen von Anti-Graffitischutzsystemen zu beachten. Bei Anti-Graffitischutzsystemen werden grundsätzlich drei Systeme unterschieden. Zu den permanenten Systemen zählen Beschichtungen mit Polyadditionspolymeren wie Epoxid- harz oder Polyurethan. Diese werden in der Regel bei der Entfernung von Graffiti nicht mit beseitigt. Semipermanente Systeme sind oftmals Zweischichtsysteme mit einer sogenannten Opfer- schicht aus Silikonen, Acrylaten und Paraffinen, die bei einer Reinigung entfernt wird und anschließend wieder neu aufgetragen werden muss. Temporäre Systeme wirken auf den Untergrund hydrophob und bilden eine reversible Trennschicht zwischen Objektoberfläche und Graffito. Sie müssen im Allgemeinen alle ein bis zwei Jahre erneuert werden.131 Permanente und semipermanente Systeme sind aufgrund der eingeschränkten Reversibilität und der teilweise starken optischen Beeinträchtigung, z.B. durch Veränderung des Glanzes, an Kunstobjekten nur bedingt einsetzbar. Ein in der denkmalpflegerischen Praxis eingesetz- tes temporäres System ist die Behandlung auf der Basis von Polysacchariden.132

130 Beim Trockeneisstrahlverfahren handelt es sich um ein Druckluftstrahlverfahren, welches mit dem Einweg- strahlmittel Trockeneis (CO2) in Form von Kügelchen arbeitet. 131 Vgl. Gütegemeinschaft Anti-Graffiti e.V., Anti-Graffiti-Schutzsysteme (TRB), unter: www.anti-graffiti- verein.de/graffitischutz.html (Stand: 29.04.2007). 132 Norddeutsches Zentrum für Materialkunde von Kulturgut e.V., Tätigkeitsbericht 2000/2001, unter: www.zmk- hannover.de/downloads/ZMK_Taetigkeitsbericht_2000_2001.pdf (Stand: 29.04.2007).

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Ein wirksamer temporärer Überzug zum Schutz vor Graffiti sollte vor allem folgende Eigenschaften erfüllen: • große Hydrophobizität, • möglichst große Reversibilität, • gute Haftung, • schnelle Trocknung, • gute und einfache Verarbeitbarkeit, • geringe Toxizität, • Stabilität gegen Witterungseinflüsse und Luftschadstoffemissionen, • ähnliche Ausdehnungskoeffizienten von Überzug und zu schützender Oberfläche, z.B. im Falle von Temperaturschwankungen, • Beständigkeit gegen UV-Einstrahlung, • möglichst geringe Schichtdicke, um Authentizität des Oberflächenbildes zu gewährleisten, • möglichst keine farbliche Beeinträchtigung der Oberflächen (Transparenz, Glanz).133

Edelstahloberflächen sollten in regelmäßigen Intervallen gereinigt werden. Hygroskopische Ablagerungen (Biofilme), die z.B. durch überragende Äste der nebenstehenden Bäume entstehen, können die Korrosion der Metalloberfläche auslösen. Die Reinigung kann mit einem warmen, leicht alkalischen Reinigungsmittel durchgeführt werden. Dabei ist zu beachten, dass danach ein temporärer Anti- Graffitischutz im Anschluss erneuert werden muss. Bei der Reinigung sollten keine Stahlbürsten oder

Stahlwatten verwendet werden, da Fremdeisen- partikel innerhalb weniger Tage zu sogenannter Kerb- Abb. 67. Detail: „Große Begehbare und/oder Spaltkorrosion führen können. Hannover“. Durch tiefe Kratzer verursachte Korrosion sollte unverzüglich entfernt wer- Die durch tiefe Kratzer verursachte Korrosion im den. unteren Bereich sollten unverzüglich abgenommen werden, um eine Tiefenkorrosion zu verhindern (→ Abb. 67). Dies könnte ähnlich der emp- fohlenen Maßnahme zur Behandlung von korrodierten Partien bei der Skulptur von Alexan- der Calder geschehen (→ Empfehlungen/präventive konservatorische Maßnahmen bei 3.3.4 Alexander Calder, „Hellebardier“ (1971), S. 46).

AUSGEWÄHLTE BIBLIOGRAPHISCHE HINWEISE ZU TECHNIKEN, RESTAURIERUNGSMETHODEN UND -TECHNIKEN: • LANDESHAUPTSTADT HANNOVER, Volker Gerlach, „Große Begehbare Hannover“ (1976), in: Fachbereich Gebäudemanagement der Landeshauptstadt Hannover, Ak- ten: Kunst im öffentlichen Raum, Vorgänge Straßenkunstprogramm Hannover, Han- nover 2007. Vgl. Literaturangaben bei Klaus Dietrich Boehm und Katinka Nicolai (→ Ausgewählte bibliographische Hinweise zu Techniken, Restaurierungsmethoden und -techniken bei 3.3.3 Klaus Dietrich Boehm und Katinka Nicolai, „Yaya Yolcu“ (1975), S. 42).

133 Vgl. Decker 2006, S. 57.

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3.3.7 Richard Hamilton, „Wargames“ (1991)

IDENTIFIKATION: Künstler: Richard Hamilton Titel: „Wargames“ Jahr: 1991 Material: Scanachrombild auf PVC-Weichfolie, Untergrund: Holzplatten (imprägniert) auf Stahlgerüst Standort: Bertramstraße, seit 1992 Sprengel Museum Hannover Besitz: Land Niedersachen Aufstellungsjahr: 1991 Inv.Nr.: keine Angaben Maße: L: 5,0 m; B: 5,0 m

Abb. 68. Richard Hamilton „Wargames“ (1991), Bertramstraße, Zustand 1991. VERÄNDERUNGEN/MAßNAHMEN: • 1991: Installation an der Industriemauer in der Bertramstraße • 1991: Schutz des Bildes durch ein Rolltor, das zwischen 21 und 9 Uhr geschlossen wurde, und Überwachung durch Videokamera • 1991: Abbau der Arbeit, Übergabe an das Sprengel Museum Hannover • ab 1992: Präsentation im Sprengel Museum Hannover • seit 1994: Einlagerung im Depot des Museums • 1997: der Künstler Thomas Firnich schneidet eine Figur in das Rolltor in der Bertram- straße

STANDORTBEDINGUNGEN (MÄRZ 2007): • Depot des Sprengel Museum

ZUSTAND (MÄRZ 2007): • demontiert: gerollt • keine weiteren Angaben

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ERSTAUFSTELLUNG: Der Künstler Siegfried Neuenhausen lud im Sommer 1991 den international renommierten Maler und Grafiker Richard Hamilton134 ein, sich am Projekt „Bilderwand Bertramstraße“ im Stadtteil Hainholz zu beteiligen. Hamilton plante für den ihm zugeteilten Abschnitt an der Industriemauer das fünf mal fünf Meter große Scanachrombild mit dem Titel „Wargames“. Das Bild wurde nach der Vorlage eines Farbdias vom Künstler von einer Spezialfirma135 in England, dem bis dato einzigen Hersteller für derart große Formate in Europa, gefertigt. Es zeigt Hamiltons auf einem Regalschrank stehendes Fernsehgerät mit einem Bild vom Kuwait-Irak-Konflikt. Das Dia ist mittels eines computergesteuerten Spritzverfahrens auf eine starke PVC-Folie übertragen worden. Hamilton und der Assistent Rüdiger Barharn bemalten den Druck daraufhin in den Künstlerateliers der Kornbrennerei in der Bertramstraße. Der Untergrund des Bildes Abb. 69. Von links: Richard Hamilton, Sieg- besteht aus imprägnierten Holzfaserplatten, die auf fried Neuenhausen und Rüdiger Barharn bei der Arbeit an dem Scanachrombild „Warga- einem Stahlgerüst befestigt wurden. mes“, im Atelier Neuenhausens 1991.

VERÄNDERUNGEN/MAßNAHMEN: Bereits kurz nach Fertigstellung der Bilderwand entschloss man sich, das Bild mit einer Videokamera zu überwachen und zusätzlich mit einem Rolltor zu schützen, da diese Arbeit neben anderen Objekten mit am leichtesten zu beschädigen war. Das Tor öffnete sich automatisch um 9 Uhr und schloss sich wieder um 21 Uhr. Das Land Niedersachsen erwarb bereits 1991 diese Arbeit von Hamilton. Trotz dieser Schutzmaßnahmen entschloss man sich aus Angst vor Vandalismus bereits nach wenigen Monaten, die Arbeit dennoch an das Sprengel Museum Hannover zu geben. Dort wurde die Arbeit für einige wenige Jahre vorübergehend präsentiert. 1994 wurde das Bild schließlich abgehängt, im gerollten Zustand deponiert und bis heute nicht wieder gezeigt. Die Restauratorin des Museums, Frau Abb. 70. In das in der Bertramstraße verblie- Ursula Reuther, überprüft regelmäßig in größeren bene Rolltor schnitt der Künstler Thomas Firnich 1997 eine Figur. Abständen den Zustand der Arbeit. Das Rolltor verblieb in der Bertramstraße. 1997 schnitt der Künstler Thomas Firnich eine Figur in das Blech (→ Abb. 70).

134 Richard Hamilton (geboren am 24. Februar 1922 in London), britischer Maler und Grafiker, gilt als einer der Mitbegründer der Pop-Art. Eine bedeutsame Sammlung seiner Werke ist z.B. in der Tate Gallery London zu sehen. 135 Der Name der Firma konnte nicht in Erfahrung gebracht werden. Das sogenannte Scanachromverfahren wur- de zu Beginn der 1990er Jahre von mehreren Künstlern für das Übertragen von Fotos auf großformatige Träger verwendet.

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EMPFEHLUNGEN/PRÄVENTIVE KONSERVATORISCHE MAßNAHMEN: Da das Kunstobjekt seit 1991 im musealen Bereich aufbewahrt wird, können andere Anfor- derungen an die Aufbewahrung gestellt werden als im öffentlichen Raum. Die äußeren Um- welteinflüsse sind im Idealfall minimiert, was aber nicht gleichbedeutend mit einem bestmög- lichen Erhalt des Kunstwerkes ist. Regelmäßiges Monitoring ist hier ebenfalls eine wichtige Komponente zur Prävention, al- lerdings können die Intervalle in größeren Abständen gewählt werden. Aufgrund der relativ großen Abmessungen des Objektes von über fünf mal fünf Metern wird es im gerollten Zustand aufbewahrt.136 Der Druck sollte mit möglichst großem Rollendurch- messer mit der Bildseite nach außen und einer geeignete Zwischenlage aufgerollt werden. Das Bild sollte auch im gerollten Zustand überprüft werden, da gerade PVC (Polyvinylchlorid) für Degradationsprozesse (Autooxidation) sehr prädestiniert ist. Die Erkenntnisse über die Reaktionskinetik in diesem Bereich sind mittlerweile sehr profund und so weiß man heute, dass Prozesse, die zu Farbveränderungen, wie z.B. die Dehydrochlorierung, oder zur Chlor- wasserstoffabspaltung (Säureabspaltung) führen, selbst unter „Idealbedingungen“ ablaufen können.137 PVC kann neben Salzsäure aber auch Weichmacher und Phenole freisetzen, die bei einem direkten Kontakt, wie bei der Lagerung im gerollten Zustand, mit anderen Medien reagieren können. Aus diesen Gründen sind bei einem regelmäßigen Monitoring folgende Punkte zu beachten:138 • Kontrolle der Temperatur und relativen Luftfeuchtigkeit (Biodegradation), • Lichtschutz, • Vermeidung von mechanischem Stress, • Staubschutz, • Verhinderung eines Kontaktes mit katalytisch wirkenden Metallen (z.B. Kup- fer, Zink, Eisen).

AUSGEWÄHLTE BIBLIOGRAPHISCHE HINWEISE ZU TECHNIKEN, RESTAURIERUNGSMETHODEN UND -TECHNIKEN: • KORNBRENNEREI E.V. (HRSG.), Bilderwand Bertramstraße – Kornbrennerei, Hannover 1992. • RYF, Sandra, Weichmacherverlust bei PVC-Objekten von Joseph Beuys – Versuche zu kurativen und konservatorischen Maßnahmen, Diplomarbeit an der Hochschule der Künste Bern, Fachbereich Konservierung und Restaurierung, Bern 2006. • SCHEIRS, John, Compositional and Failure Analysis of Polymers, Chichester 2000. • SCHIEWECK, Alexandra/SALTHAMMER, Tunga, Schadstoffe in Museen, Bibliotheken und Archiven – Raumluft, Baustoffe, Exponate, Fraunhofer-Institut Braunschweig 2006. • WAENTIG, Friederike Waentig, Kunststoffe in der Kunst, Petersberg 2004. • ZERULL, Ludwig, Kunst ohne Dach – Skulpturen und Objekte im Stadtbild Hannovers, Hannover 1992.

136 Mündliche Auskünfte von Ursula Reuther, Restauratorin im Sprengel Museum Hannover, Gespräch am 20.03.2007. 137 Vgl. Scheirs 2000, S. 187. 138 Vgl. Ryf 2006, S. 102.

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3.3.8 Karl Hartung, „Große Kugelform“(1956)

IDENTIFIKATION: Künstler: Karl Hartung Titel: „Große Kugelform“ Jahr: 1956 Material: Muschelkalk Standort: 1956: Werner-von-Siemens-Schule im Stadtteil List seit 1959: Aegidientorplatz, seit 1976: Friedrichswall Besitz: Stadt Hannover Aufstellungsjahr: 1956 Inv.Nr.: 82/1959 Maße: H: max. 1,89 m (keine weiteren Angaben)

Abb. 71. Karl Hartung, „Große Kugelform“ (1956), Friedrichswall, Zustand Juni 2006. MAßNAMEN/VERÄNDERUNGEN: • 1956: die Skulptur wird während der Hannover Messe vor dem Berlin-Pavillon gezeigt, daraufhin Ankauf durch die Stadt Hannover, erster Standort: Werner-von- Siemens-Schule im Stadtteil List • mit Billigung des Künstler wird die Skulptur 1959 zum politischen Symbol der deut- schen Einheit ernannt, neuer Standort: Aegidientorplatz, Hinzufügung eines Gedenk- steins mit der Inschrift „Einigkeit und Recht und Freiheit“ • 1976: erneute Umsetzung an den Friedrichswall an der Treppe zur Breite Straße • 2000: Reinigung durch Christine Brandl (Entfernung von Graffiti)

STANDORTBEDINGUNGEN (JUNI 2006): • frei zugänglich • an einer stark befahrenen Hauptverkehrsstraße • unter einem Lindenbaum • Sockel und Pflasterung im Bereich der Skulptur vorhanden • Beschriftung: vorhanden

ZUSTAND (JUNI 2006): Skulptur: • Verschmutzung durch Vogelkot und Mikroorganismen • gekittete Risse • tiefe Kratzer (helle Spuren) • Rückstände alter Graffiti Sockel: • Ausbrüche

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ERSTAUFSTELLUNG: Die Skulptur „Große Kugelform“ des Bildhauers Karl Hartung139 war erstmalig 1956 auf der Hannover-Messe vor dem Berlin-Pavillon zu sehen und wurde daraufhin von der Stadt ange- kauft. Sie gelangte auf den Hof der damals gerade erbauten Werner-von-Siemens-Schule im Stadtteil List. Diese fast zwei Meter hohe Skulptur aus Muschelkalk in der Form einer Kugel mit einer gro- ßen Einwölbung ist eine der ersten abstrakten Skulpturen Hannovers.

VERÄNDERUNGEN/MAßNAHMEN: Die Umwidmung zum Symbol der deutschen Einheit erfolgte 1959 mit dem Einverständnis des Künstlers. Wie auch in anderen Städten Deutschlands entstand damit ein Mahnmal ge- gen die Teilung Deutschlands. Im Zuge dessen wurde die „Große Kugelform“ auf einer Ver- kehrsinsel am Aegidientorplatz aufgestellt. Ein Stein, der die Inschrift „Einigkeit und Recht und Freiheit“ trägt, wurde vor der Skulptur platziert. 1976 wurde die Skulptur erneut versetzt und steht bis heute oberhalb des Georgswalls auf dem Friedrichswall. Die Skulptur wurde vermutlich mehrfach 140 Abb. 72. Die „Große Kugelform“ wurde 1976 an den gereinigt. Im Jahr 2000 entfernte Christine Friedrichswall umgesetzt. Brandl Graffiti von der Skulptur. Zuvor nahm sie Kontakt mit der Tochter Hartungs sowie mit der Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst in Hildesheim auf. Prof. Jan Schubert vom Fachbereich für Konservierung und Restaurierung beriet Frau Brandl bei ihrem Vorhaben. In Absprache mit dem Fachbereich Gebäudemanagement wurde die Skulptur letztlich mit einem Diamantfräser gereinigt. Heute ist die Oberfläche des Steins abermals verschmutzt. Im oberen Bereich sind tiefe, wohl mutwillig entstandene Kratzspuren sichtbar. Des Weiteren sind einige strukturelle Schäden, wie Risse und alte Kittungen141, erkennbar.

EMPFEHLUNGEN/PRÄVENTIVE KONSERVATORISCHE MAßNAHMEN: Der heutige Zustand der Skulptur sollte regelmäßig kontrolliert werden, da besonders im Bereich der Kittungen und Risse weitere Ausbrüche, z.B. durch Frostsprengung, entstehen können. Die notwendige partielle Festigung dieser Bereiche sollte von einem Stein- restaurator beurteilt und durchgeführt werden.

139 Karl Hartung (geboren am 02.05.1908 in Hamburg, verstorben am 19. Juli 1967 in Berlin) wurde 1951 als Professor für Bildhauerei an die Hochschule für Bildende Künste in Berlin berufen. Er nahm 1955 an der documenta I, 1959 an der documenta II und 1964 an der documenta III in Kassel teil. 140 Den Akten des Gebäudemanagements Hannover konnten keine weiteren Angaben dazu entnommen werden. 141 Aus den Akten des Gebäudemanagements Hannover konnte nicht entnommen werden, von wann diese Kit- tungen stammen.

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3 ZUM UMGANG MIT DER KUNST IM ÖFFENTLICHEN IN HANNOVER

Hygroskopische Schmutzablagerungen (Biofilme) fördern in diesen Partien ebenfalls die Schädigung des Steins. Dabei spielt bei dieser Skulptur der Standort eine besondere Rolle. Neben der Skulptur befindet sich ein Lindenbaum, der vor allem im Sommer den Kalkstein stark verschmutzt. Der sogenannte „Honigtau“, ein Stoffwechselprodukt der Blattläuse, verbindet sich stark mit der Oberfläche und stellt so einen Nährboden für Mikroorganismen dar. Aber auch Flechten und Moose können den Stein stark beschädigen. Neben der substantiellen Gefahr, Abb. 73. Die Schmutzablagerungen auf dem stellt die Verschmutzung bei diesem hellen Stein auch hellen Stein stellen neben der ästhetischen eine ästhetische Beeinträchtigung dar (→ Abb. 73). Beeinträchtigung vor allem ein konservatori- sches Problem dar. Kalkstein (CaCO3) sollte nicht mit sauren Reinigungsmitteln (pH-Wert < 4) behandelt werden, da er sehr säureempfindlich ist. Auf der Oberfläche verbleibende Rückstände können dazu führen, dass der Steins weiter reagiert und damit zerstört wird. Eine regelmäßige Reinigung mit einem Wasserdampfstrahlgerät oder Kompressen zum Anlösen von Verkrustungen wäre denkbar, um den langfristigen Erhalt dieser Skulptur zu gewährleisten. Ein neues und deshalb erst durch wenige Erfahrungswerte belegtes präventives Konservie- rungsverfahren ist die künstliche Oxalatbildung an Natursteinen. Das Verfahren beruht auf der Erkenntnis, dass Calciumoxalatschichten als Schutzschicht gegenüber umweltbedingten Schadensmechanismen fungieren können. Hierbei wird bspw. durch eine wässrige Lösung von Ammoniumoxalat eine wenige Mikrometer dicke Schicht Calciumoxalat erzeugt, die das calcitische Substrat vor äußeren Einflüssen schützt. Gerade für Objekte, die durch regelmä- ßige Reinigungsmaßnahmen beeinträchtigt werden, scheint dieses Verfahren sehr vielversprechend zu sein.142 Die Beseitigung von Graffiti auf porösen Steinoberflächen ist aufgrund der mechanischen Adhäsion sehr problematisch. Hierbei ist es wichtig, dass die Standzeit der Farbe auf der Oberfläche so kurz wie nur möglich bleibt. Eine lange Standzeit ermöglicht ein vollständiges Abbinden, die Ausbildung von weiterer mechanischer Adhäsion und die Penetration (Kapil- larwirkung) der Farbe in das Materialgefüge der Objekte. Bei Entscheidung für ein chemisches, mechanisches oder physikalisches Reinigungsverfah- ren, sollten die Art der verwendeten Graffiti-Sprayfarbe, die Standzeit, das Trägermaterial (dessen Porosität), sowie mögliche Folgeschäden durch Feuchtigkeit, Salze etc. berücksich- tigt werden. Die Standortsituation der „Großen Kugelform“ sollte unbedingt verbessert werden, da die Verschmutzungen durch den nebenstehenden Lindenbaum jedes Jahr erneut Anlass zu ei- ner Reinigung der Oberflächen geben werden. Ein Standortwechsel des Objekts ließe sich vermeiden, wenn die Linde stattdessen beschnitten bzw. gänzlich entfernt werden würde. Eine Überdachung des Objekts wäre aus konservatorischer Sicht wünschenswert, würde jedoch, meiner Auffassung nach, eine zu starke ästhetische Beeinträchtigung darstellen.

142 Vgl. Kilchhofer 2005.

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AUSGEWÄHLTE BIBLIOGRAPHISCHE HINWEISE ZU TECHNIKEN, RESTAURIERUNGSMETHODEN UND -TECHNIKEN: • BAYRISCHES LANDESAMT FÜR DENKMALPFLEGE (HRSG.), Historische Architekturoberflä- chen Kalk – Putz – Farbe, Internationale Fachtagung des Deutschen Nationalkomi- tees von ICOMOS und des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege München, 20.-22. November 2002, München 2003. • GRIMM, Wolf Dieter, Bildatlas wichtiger Denkmalgesteine der Bundesrepublik Deutschland, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, München 1990. • KELLER, Jürg, Denkmalpflegerische Aspekte von Sprayschutz, in: Workshop Graffiti- schutz, Solothurn 2000, unter: www.expert-center.ch/pdf/workshop_solothurn_de.pdf (Stand: 26.04.2007). • KILCHHOFER, Matthias, Calciumoxalate auf Oberflächen von Natursteinen und Putzen, Diplomarbeit an der Hochschule der Künste, Fachbereich Konservierung und Restaurierung, Bern 2005. • LANDESHAUPTSTADT HANNOVER, Karl Hartung, „Große Kugelform“ (1956), in: Fachbe- reich Gebäudemanagement der Landeshauptstadt Hannover, Akten: Kunst im öffent- lichen Raum, Vorgänge Skulpturen, Hannover 2007. • MÖLLER (HRSG.), Hans Herbert, Restaurierung von Kulturdenkmälern, Hameln 1989. • SIEGESMUND, Siegfried/AURAS, Michael/SNETHLAGE, Rolf, Stein – Zerfall und Konser- vierung, Leipzig 2005. • SIEDEL, Heiner/WIEDEMANN, Günther (HRSG.), Laserstrahlreinigung von Naturstein, Stuttgart 2002. • SNETHLAGE, Rolf, Leitfaden Steinkonservierung, Stuttgart 1997. • WEBER ET AL, Helmut Weber, Fassadenschutz und Bausanierung – Der Leitfaden für die Sanierung, Konservierung und Restaurierung von Gebäuden, Renningen 1994. • ZEIS, Christian, Nachweislich gut sein: Wachsende Anforderungen zur Ausführung von Graffiti Entfernung, in: Bautenschutz und Bausanierung, Jg. 23, Nr. 5, Köln 2000. • ZERULL, Ludwig, Kunst ohne Dach – Skulpturen und Objekte im Stadtbild Hannovers, Hannover 1992.

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3 ZUM UMGANG MIT DER KUNST IM ÖFFENTLICHEN IN HANNOVER

3.3.9 Schang Hutter, „Figurentanz“ (1989)

IDENTIFIKATION: Künstler: Schang Hutter Titel: „Figurentanz“ Jahr: 1989 Material: Stahl, rot gefasst Standort: Ecke Volgersweg, Augustenstraße, Fernroder Straße (Platz vor dem Amtsgericht Hannover) Besitz: Land Niedersachsen Aufstellungsjahr: 1990 Inv.Nr.: H: 14 m bzw. 4 m Maße: 8 Objekte mit unterschiedlichen Maßen, keine genauen Angaben

Abb. 74. Detail: Schang Hutter „Figuren- tanz“ (1989), Platz vor dem Amtgericht MAßNAHMEN/VERÄNDERUNGEN: Hannover, Zustand im März 2007. • August 1990: Aufstellung durch die Firma Geßler Metallbau (Hannover) • 2004: Reinigung durch die Goldschmiedin Christine Brandl (Hannover) • Mai 2005: Deformierung durch einen LKW-Unfall an der Skulptur Ecke Augusten- straße • Sommer 2005: Demontage der beschädigten Teile durch die Firma Geßler Metallbau, erste Reparaturen (Rückformung), Rücktransport zum Standort Augustenstraße • Februar 2007: Reparatur und Montage der beschädigten Teile durch Metallbaufirma Dietrich (Gehrden) vor Ort

STANDORTBEDINGUNGEN (MÄRZ 2007): • frei zugänglich • auf dem Bürgersteig, ohne Sockel • Seile der Skulptur überragen die Verkehrsbereiche der umliegenden Straßen • teilweise unter Bäumen • Beschriftung: nicht vorhanden

ZUSTAND (MÄRZ 2007): • 8 Objekte • im Bereich des Bodens ist die rote Lackierung stark beschädigt, Kratzer, Fehlstellen • Farbveränderung • Schäden an der Skulptur Ecke Augustenstraße (neben der Tiefgaragenausfahrt): Reparaturspuren nach LKW-Unfall aufgrund anderer Farbigkeit noch eindeutig sicht- bar • die Farbe auf den Seilen ist in großen Teilen nicht mehr vorhanden

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ERSTAUFSTELLUNG: Der schweizer Künstler Schang Hutter143 wurde 1986 vom Land Niedersachsen zu einem künstlerischen Wettbewerb für die Gestaltung des Platzes vor dem Amtsgericht eingeladen. Mit seinem Entwurf des „Figurentanzes“ gewann er den ersten Preis. Der „Figurentanz“ be- steht aus sieben rot gestrichenen Metallskulpturen144, welche kreisförmig um eine in der Mitte stehende, etwa 14 m hohe Säule mit einer weiteren Skulptur auf dem Platz angeordnet sind (→ Abb. 75). Die Figur auf der Mittelsäule ist mit den übrigen sieben, nur 4 m hohen, auf den Fußwegen montierten Skulpturen jeweils durch Metallseile verbunden, so dass sich eine zeltartige Situation ergibt. Die Position der Skulpturen orientiert sich dabei an den Straßenachsen von Volgersweg, Augustenstraße und Fernroder Straße. Ein Holzmodell im Maßstab 1:1 von einer Vierergruppe der insgesamt acht Skulpturen wurde 1989 vor Ort in Hannover aufgestellt und von den zuständigen Behörden genehmigt. Im Januar 1990 begann die Herstellung des „Figurentanzes“ in Stahl in Hutters Atelier in Derendingen (Schweiz) unter Mitarbeit von Marcel Burri und Christian

Köhli. Die Firma von Roll (Bern, Schweiz) stellte die Abb. 75. Mittelsäule der Skulptur „Fi- Mittelsäule her. Sämtliche Teile wurden anschließend in gurentanz“ auf dem Platz vor dem Amtsgericht. Däniken (Schweiz) von der Firma EPOS AG verzinkt und lackiert. Im August 1990 wurden die Skulpturen nach Hannover gebracht und innerhalb von zehn Tagen zusammen mit der hannoverschen Metallbau- und Schlosserfirma Geßler montiert. Wegen angeblicher Sicherheitsmängel verfügte der städtische Tiefbauamtsleiter Hubert Gö- ner die Absperrung aller Teile des Kunstwerkes mit rot-weißen Barrieren. Die Auseinander- setzung um diese Maßnahme zog sich noch über Monate hin, bis man sich schließlich darauf einigte, die Skulpturen zu beleuchten, um der angeblichen Stolpergefahr vorzubeugen. Im Oktober 1990 konnte die Arbeit an die Staatsanwaltschaft Hannover des Landes Niedersachsen übergeben werden.145

143 Schang Hutter wurde 1934 in Solothurn (Schweiz) geboren. Zwischen 1950–54 besuchte er die Kunstgewer- beschule in Bern. 1954 ging er nach München, wo er bis 1961 an der Akademie der Bildenden Künste studierte. Von 1982–85 lebte und arbeitete er in Hamburg, von 1985–87 in Berlin. Seit 1999 lebt und arbeitet Schang Hutter in Genua. Vgl. Schang Hutter, unter: www.schang-hutter.ch/biografie/index.htm (Stand: 01.05.2007). 144 Schang Hutter ist der Meinung, dass es sich bei diesem Rot-Ton um ein Erdbeerrot (RAL 3018) handelt. Vgl. Anhang, A.9 Korrespondenz mit Schang Hutter, S. 40-41. 145 Vgl. Skulptur „Figurentanz“ (1989) von Schang Hutter, Übergabeprotokoll vom 19.10.1990, in: Amtsgericht Hannover 2007, S. 106.

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VERÄNDERUNGEN/MAßNAHMEN: Im Jahr 2002 reinigte die Goldschmiedin Christine Brandl in einer gemeinsamen Aktion mit den Angestellten des Amtsgerichts die Skulpturen. Die Oberflächen wurden dabei mit weichen Bürsten und Wasser gesäubert. Die die Skulpturen verbindenden Stahlseile verhindern, dass hohe Lastfahrzeuge in den Volgersweg bzw. die Augustenstraße einfahren können. Ein Straßenschild weist auf die maximale Durchfahrtshöhe hin, was ein LKW-Fahrer im Mai 2005 wohl übersah und dabei die Skulptur an der Ecke des Volgersweges stark deformierte. Einer der senkrecht nach oben zeigenden Arme wurde durch das Stahlseil heruntergezogen (→ Abb. 77). Das Seil blieb dabei relativ unbeschädigt, da es aus seiner Verankerung gerissen wurde. Lediglich die Lackie- rung des Seils nahm Schaden. Daraufhin wurde durch die Staatsanwaltschaft bei der Firma Geßler ein Kostenvoranschlag für die Reparatur eingeholt. Diese Metallbaufirma wurde vom Künstler empfohlen, da sie 1990 bereits den Aufbau in Hannover durchgeführt Abb. 77. Detail: „Figurentanz“. Mai 2005: Die hatte. Die Firma Geßler übernahm den Auftrag und Skulptur am Volgersweg wurde durch einen baute den beschädigten Teil der Skulptur im Sommer LKW beschädigt. 2005 ab, formte die Teile thermisch zurück und grundierte die beschädigten Bereiche vollständig. Die eigentliche Reparatur des Schadens wurde jedoch letztlich im Januar 2007 durch die Firma Dietrich Metallbau (Gehrden) durchgeführt, da die Firma Geßler nicht in der Lage war, die Reparatur abzuschließen. Bei der Montage vor Ort stellte die Firma Dietrich fest, dass auch Halterung und Aufhängung der Stahlseile stark deformiert waren. Vor Ort wurden Schweißarbeiten an der Halterung des beschädigten Arms durchgeführt. Die Flacheisen an der Halterung des Stahlseils wurden erneuert. Abschließend wurden die Teile mit einer oxidroten Rostschutzfarbe grundiert.146 Diese Grundierung weicht im Farbton von der übrigen Lackierung ab. Eine Lackierung der Skulptur im entsprechenden RAL-Ton wurde bis heute nicht durchgeführt. Da die Skulpturen häufig als Fahrradständer u.ä. genutzt werden, ist die Lackierung im unteren Bereich bei nahezu allen Skulpturen beschädigt ist. Oftmals Abb. 76. Detail: „Figurentanz“. Mai 2007: findet man Müll, z.B. aufgespießte Dosen, an den Skulptur am Volgersweg. A = originale La- ckierung, B = Farbton des kürzlich aufge- Objekten, was Schang Hutter jedoch als nicht brachten Korrosionsschutzes. „schlimm“147 empfindet.

146 Mündliche Auskünfte der Firma Dietrich, Metallbaufirma in Gehrden, Telefonat am 17.04.2007. 147 Schang Hutter, in: Anhang, A.9 Korrespondenz mit Schang Hutter, S. 41.

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Der Rot-Ton der Skulpturen ist heute teilweise stark verblichen. Insbesondere die Mittelsäule erscheint nahezu rosafarbend. Die rote Farbe der einst ebenfalls lackierten Seile ist zu gro- ßen Teilen nicht mehr vorhanden.

EMPFEHLUNGEN/PRÄVENTIVE KONSERVATORISCHE MAßNAHMEN: Durch die Metallbeschichtung (Verzinkung) der Skulptur sind Korrosionsschäden nur verein- zelt festzustellen. Dennoch stellen hygroskopische Schmutzablagerungen und Abfall für die Lackierung und den Träger eine Beeinträchtigung dar. Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten wäre eine regelmäßige Reinigung wünschenswert, vermutlich jedoch durch die Größe des Objektes und die Standortsituation erschwert. Um die Korrosion zu verhindern, sollten Fehlstellen in der Lackierung und Verzinkung mit den gängigen mechanischen oder chemischen Methoden behandelt werden (→ Empfehlun- gen/präventive konservatorische Maßnahmen bei 3.3.4 Alexander Calder, „Hellebardier“ (1971), S. 46). Da viele der Fehlstellen durch das Anstellen von Fahrrädern an die Skulptu- ren entstanden sind, wäre es vermutlich sinnvoll, Fahrradständer im geeigneten Abstand zu den Skulpturen aufzustellen. Schang Hutter wünscht die Erhaltung einer gewissen Authentizität seines Kunstwerkes.148 Damit bezieht sich der Künstler vermutlich nicht nur auf die Verwendung der ursprünglichen Farbe (Erdbeerrot) im Falle eines neuen Anstrichs. Aus diesem Grund sollte die 2007 durch- geführte Reparatur der deformierten Teile der Skulptur am Volgersweg unbedingt überarbei- tet werden, da die heute verwendete Farbe in keinerlei Hinsicht dem ursprünglichen Farbton entspricht. Bei einer Entfernung von Graffiti kämen die gleichen Methoden wie bei der Skulptur von Alexander Calder zum Einsatz (→ Empfehlungen/präventive konservatorische Maßnahmen bei 3.3.4 Alexander Calder, „Hellebardier“ (1971), S. 46).

AUSGEWÄHLTE BIBLIOGRAPHISCHE HINWEISE ZU TECHNIKEN, RESTAURIERUNGSMETHODEN UND -TECHNIKEN: • AMTSGERICHT HANNOVER, Schang Hutter „Figurentanz“ (1989), in: Akten: Vorgänge zur Skulptur „Figurentanz“ (1989) von Schang Hutter, Amtsgericht Hannover Abtei- lung Öffentlichkeitsarbeit, Hannover 2007.

Vgl. Literaturangaben bei Alexander Calder (→ Ausgewählte bibliographische Hinweise zu Techniken, Restaurierungsmethoden und -techniken bei 3.3.4 Alexander Calder, „Hellebar- dier“ (1971), S. 46).

148 Vgl. Anhang, A.9 Korrespondenz mit Schang Hutter, S. 40-41.

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3.3.10 HAWOLI Hans Wolfgang Lingemann, „Schrauben“ (1971)

IDENTIFIKATION: Künstler: HAWOLI Hans Wolfgang Lingemann Titel: „Schrauben“ Jahr: 1971 Material: glasfaserverstärktes Polyester- Harz (UP-Harz), Fassung: Lack auf Polyur- ethan-Basis (Desmodur-Lack, RAL-Ton 3000), Kugellager und diverse Metallteile Abb. 78. HAWOLI, „Schrauben“ (1971), Georgsplatz, Standort: Georgsplatz Zustand im Mai 2007. Besitz: Stadt Hannover Aufstellungsjahr: 1971 Inv.Nr.: 21/1971 Maße: H: 1,75 m; Ø 0,8 m

MAßNAHMEN/VERÄNDERUNGEN: • 1971: Aufstellung auf dem Georgsplatz durch den Künstler und die Firma Maaß (Hannover) • 1977: Umbau des Platzes, dabei Abbau der Skulptur und Lagerung auf dem städti- schen Bauhof Hannovers in der Burgstraße • 1980: Restaurierung durch HAWOLI zusammen mit der Schmiedefirma Friedo Böhling (Neuenkirchen) • Mai 1981: Wiederaufstellung, neuer leicht versetzter Standort auf dem Georgsplatz • Oktober 1993–1997: erneuter Umbau des Georgsplatzes • 1993: Abbau und Restaurierung der Skulpturen durch die Firma Haindl Kunststoff- verarbeitung GmbH (Bremen) und HAWOLI • 1997: Wiederaufstellung auf dem Georgsplatz, abermals gegenüber dem vorherigen Standort leicht versetzt • 2000: Reinigung durch Christine Brandl Finanzierung der Maßnahme 2000: • Stadt Hannover • Sparkasse

STANDORTBEDINGUNGEN (MAI 2007): • frei zugänglich • Benutzung möglich • unter Bäumen • Beschriftung: nicht vorhanden

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ZUSTAND (MAI 2007): • zahlreiche Ausbrüche in der Laminierung, besonders entlang der Kanten • Kratzer, Aufkleber, Schmutz • Oberflächen erscheinen matt (Crazing) • einige Teile schleifen, Beweglichkeit eingeschränkt • Ablagerung von Korrosionsprodukten auf der Lackierung im Bereich der Fugen zwi- schen den einzelnen Elementen

ERSTAUFSTELLUNG: Die drei „Schrauben“ vom Künstler HAWOLI149 auf dem Georgsplatz wurden 1971 im Rah- men des „Straßenkunstprogramms“ aufgestellt. Der damalige Leiter des Kunstvereins, Manfred de la Motte, hatte HAWOLIs „Schrauben“ zuvor auf der Herbstausstellung im Kunstverein gesehen. Dem Künstler wurden 10.000 DM für Herstellung, Material und Aufbau zur Verfügung gestellt. Die „Schrauben“ bestehen aus jeweils sieben drehbaren, zylindrisch übereinander angeordneten Elementen mit schräg angesetztem „tellerrandförmigen“ Ring. Die einzelnen 75 cm hohen Elemente aus rot gefassten, glasfaserverstärktem Polyesterharz sind durch eine Eisenstange verbunden. Durch Rillenkugellager zwischen den einzelnen Elementen lassen sich diese unabhängig voneinander drehen. Die Deck- und Bodenplatten bestehen ebenfalls aus Polyesterharz. Die Objekte sind mit je vier Schrauben im Beton- fundament verankert. Die Aufstellung auf dem Georgsplatz erfolgte gemeinsam durch die Firma Maaß (Hannover) und den Künstler selbst. Die einzelnen Elemente der „Schrauben“ können und sollen von Passanten in Drehbewegungen versetzt werden (→ Abb. 79). Der Künstler war mit diesem Standort nicht gänzlich einverstanden. Er hätte die Aufstellung in einer engeren Fußgängerzone bevorzugt, wo Passanten das Objekt streifen und es damit in Drehung versetzen. Die Stadt lehnte dies jedoch ab. HAWOLI erschienen die drei „Schrauben“ auf dem Standort Georgsplatz „etwas verloren […], so dass niemand auf die Idee kommt, dass man die Skulpturen drehen soll.“150 Er wollte die „Schrauben“ jedoch nicht höher und größer gestalten, da sie dann für den Betrachter nicht mehr zu erreichen gewesen Abb. 79. Passanten beim Bespielen der „Schrauben“ wären. am Georgsplatz (ca. 1971).

149 Der Künstler HAWOLI (geboren 1935 in Bleckede), mit bürgerlichem Namen Hans Wolfgang Lingemann, studierte an der Folkwangschule in Essen. Er arbeitet heute auf dem „Springhornhof“ in Neuenkirchen (Nieder- sachsen) als Bildhauer. 150 Vgl. HAWOLI, in: Anhang, A.6 Interview mit HAWOLI Hans Wolfgang Lingemann am 24.07.2006, S. 28.

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VERÄNDERUNGEN/MAßNAHMEN: Im April 1975 wurde durch das städtische Tiefbauamt festgestellt, dass die Drehbarkeit der einzelnen Elemente beeinträchtigt sei. Konstruktionsbedingt konnte Regenwasser von oben ins Innere der Skulpturen eindringen und aus den Fugen im Bereich der Kugellager wieder austreten, was zu einem massiven Schadensbild führte. Die Lackschicht löste sich und platzte partiell ab. Damit konnte zunehmend Wasser zwischen Laminat und Lackierung der Skulptur gelangen. Man verständigte sich mit dem Künstler, der daraufhin 1975 der Stadt das Angebot unterbreitete, die „Schrauben“ zu repa- rieren, wenn die Materialkosten durch die Stadt gedeckt würden. Die Deck- und Bodenplatten sollten erneuert und modifiziert werden, ebenso die Metallteile der Innenkonstruktion. Die einzelnen Elemente sollten in diesem Zuge neu Abb. 80. Zustand der „Schrauben“ auf dem Georgsplatz im Sommer 1974. gespritzt werden. In einem Gespräch bemerkte HAWOLI dazu, dass die ursprüngliche Wahl des Materials in Relation mit dem gezahlten Honorar stand. Hätte anfangs mehr Geld zur Verfügung gestanden, hätte der Künstler hoch- wertigere Materialien verwenden können.151 Im Zuge der Neugestaltung des Georgsplatzes – aufgrund der Bauarbeiten für eine U-Bahn – wurden die Skulpturen zunächst auf den Bauhof in der Burgstraße gebracht. Im Februar 1978 bat man HAWOLI, sein Angebot zu erneuern, da beim Abbau ersichtlich geworden war, dass die Innenkonstruktion stark korrodiert war. HAWOLI bemerkt 1981 in einem Schreiben an das Hochbauamt, dass die „Schrauben“ nach dem Abbau noch weiteren Schaden ge- nommen hätten, was die Kalkulation der Reparaturkosten ständig veränderte.152 Er bearbei- tete die Skulpturen zusammen mit der in Neuenkirchen ansässigen Schmiedefirma Friedo Böhling auf dem Bauhof der Stadt. Die „Schrauben“ konnten im Mai 1981 in Absprache mit dem Künstler leicht versetzt im Bereich der Baringsstraße wieder auf dem Georgsplatz auf- gestellt werden. Die Landeszentralbank am Georgsplatz initiierte 1991 eine Umgestaltung des Platzes, so dass die „Schrauben“ abermals abgebaut werden mussten. Die Restauratorin des Sprengel Museums, Frau Ursula Reuther, begutachtete damals gemeinsam mit HAWOLI den Zustand der Skulpturen. Daraufhin wurden die „Schrauben“ im Jahr 1993 erneut überarbeitet. Sieben Kunststoffelemente wurden neu angefertigt und 14 Elemente gespachtelt, geschliffen sowie neu laminiert. Die Metallteile der Innenkonstruktion, wie Kugellager etc., mussten ebenfalls bearbeitet werden. Letztlich sollten alle Kunststoffteile erneut gespritzt werden. HAWOLI arbeitet bereits seit Mitte der 1970er Jahre nicht mehr mit Kunststoffen, weshalb er die Arbei- ten bei der Firma Haindl Kunststoffverarbeitung GmbH in Bremen in Auftrag gab.

151 Vgl. Anhang, A.6 Interview mit HAWOLI Hans Wolfgang Lingemann am 24.07.2006, S. 28. 152 Vgl. Schreiben vom 08.01.1981 von HAWOLI an das Städtische Hochbauamt, Aktenzeichen 65.33Gr/Ju, in: Landeshauptstadt Hannover 2007.

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3 ZUM UMGANG MIT DER KUNST IM ÖFFENTLICHEN IN HANNOVER

Im September 1995 wurde im Einvernehmen mit dem Künstler erneut ein leicht versetzter Standort auf dem Georgsplatz, nun einige Meter weiter in Richtung Aegidientorplatz, gefunden, wo die Skulpturen seit 1997 stehen. Die Goldschmiedin Christine Brandl reinigte im Jahr 2000 die Skulpturen mit Wasser. Sie schlug dabei vor, die Oberflächen zu polieren, um den einheitlichen Glanz der Lackierung wieder- herzustellen. Diese Maßnahme wurde jedoch nicht ausgeführt. Abb. 81. Detail: HAWOLI, „Schrauben“. Mai 2007: Die Oberflächen erscheinen matt. Die Korrosions- Im Mai 2007 wurden abermals Schäden an den produkte der Innenkonstruktion lagern sich auf der Lackierung ab. Skulpturen festgestellt. Die Lackierung hat sich im Laufe der Jahre durch sogenanntes Crazing153 stark verändert, so dass sie nun ausgeblichen und abgegriffen wirkt (→ Abb. 81). Einige der Kanten einzelner Elemente sind stark beschädigt, was wohl auf mutwillige Zerstörung zurückzuführen ist (→ Abb. 82). Die Laminierung ist dort aus- gebrochen. Aufkleber, Kratzer und einige Graffiti gehören ebenfalls zum Schadensbild. Bei einigen Teilen ist die Drehung nur noch eingeschränkt möglich. Abb. 82. Detail: HAWOLI, „Schrauben“. Mai 2007: Konstruktionsbedingt kann Wasser in das Innere Einige Kanten wurden mutwillig beschädigt. der Skulptur gelangen, wodurch die Korrosion der Metallteile (Kugellager) begünstigt wird. Die Korrosionsprodukte treten zwischen den Fugen der einzelnen drehbaren Elemente aus und lagern sich auf der Lackierung ab (→ Abb. 81).

EMPFEHLUNGEN/PRÄVENTIVE KONSERVATORISCHE MAßNAHMEN: Während eines Gespräches im Sommer 2006 äußerte sich HAWOLI konkret zu seinen Vor- stellungen einer möglichen Restaurierung. Er würde unter Umständen sogar eine vollständi- ge Erneuerung der Skulpturen befürworten. Die alten Elemente könnten danach entsorgt werden. Seiner Ansicht nach haben diese Skulpturen „keine Handschrift“ im eigentlichen Sinne, sondern „die Handschrift ist die Idee“. In der Werkstatt von HAWOLI befinden sich auch heute noch die originalen Negativformen der Skulptur, die dabei noch verwendet wer- den könnten. Über die Art der Lackierung äußerte er sich wie folgt: „Die Farbveränderung ist für mich weniger problematisch, eher die Abnutzungsspuren durch das Angreifen. […] Auf den Skulpturen wurde rumgeschlagen, Graffiti, Aufkleber und Werbeplakate, das ist viel schlimmer als die Farbveränderung.“154 Eine Überarbeitung der Oberflächen würde er begrüßen. Im Falle einer Neulackierung würde er gern erneut den ursprünglichen Farbton RAL 3000 (Feuerrot) verwenden.

153 Durch die Ausbildung eines feinen Craqueles trennt sich die Polyurethanlackierung vom Trägermaterial. Da- durch kommt es zu einer Veränderung der Brechungsindices, was sich durch ein vermeintliches Ausbleichen der Farbe zeigt. Dieses Phänomen wird als Crazing bezeichnet. 154 HAWOLI, in: Anhang, A.6 Interview mit HAWOLI Hans Wolfgang Lingemann am 24.07.2006, S. 28.

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3 ZUM UMGANG MIT DER KUNST IM ÖFFENTLICHEN IN HANNOVER

Für den Fall, dass die Skulpturen einmal in einem derart schlechten Zustand wären, dass eine Restaurierung unumgänglich wird, es jedoch an den nötigen finanziellen Mitteln fehlte, würde der Künstler die Objekte zurücknehmen. Auch die Unterbringung der Objekte in einem Museum würde er nicht ablehnen. Dort könnte man die Skulpturen seiner Ansicht nach auch mit einem Motor ausstatten oder mit einem Schild darauf hinweisen, dass die Objekte vom Betrachter gedreht werden sollen. Diese Angaben des Künstlers sollten in zukünftigen Kon- zepten für eine Restaurierung Berücksichtung finden (→ 4.1 Ethisch-ästhetische Überlegun- gen und rechtliche Grundlagen, S. 112). Da die Intention der kinetischen Objekte von HAWOLI deren Benutzung ist, muss ihre Funktionalität durch entsprechende Pflegeintervalle, bei denen vor allem die Mechanik überprüft und gepflegt werden sollte, gewährleistet sein. Die Objekte von HAWOLI sind im sogenannten Handlaminierungsverfahren hergestellt. Ähn- lich wie bei den „Nanas“ von Niki de Saint Phalle besteht der Aufbau aus einer Laminat- schicht aus Harz und Glasfasermaterial sowie einer Gelcoat-Schicht aus reinem Harz. Im Unterschied zu Niki de Saint Phalle verwendete HAWOLI eine Negativform zur Formgebung (→ 3.3.5 Niki de Saint Phalle, „Nanas“ (1974), S. 53). Problematisch bei HAWOLIs Skulpturen ist die Grenzfläche zwischen dem Polyester des Trägers und dem Desmodur-Lack der Fassung. Fehlstellen, Risse und Ausbrüche, die durch die Trennung der Schichten entstehen, begünstigen hier, z.B. durch Eintritt von Wasser, die Degradation der Objekte. Die mechanischen Beschädigungen entlang der Kanten, die einzelne Glasfaserverstärkun- gen freilegen, müssen unverzüglich ausgebessert werden, da durch Kapillarwirkung an die- sen Stellen Wasser in die Laminatschicht eindringen und diese irreversibel schädigen kann. Bei diesen Objekten ist die Verschmutzung durch nebenstehende Lindenbäume besonders stark. Gerade die hygroskopischen Verunreinigungen während der alljährlichen Lindenblüte sollten unverzüglich entfernt werden. Bei der Wahl der Reinigungsmethode ist darauf zu achten, dass kein Wasser zusätzlich unkontrolliert in die Skulptur eindringen kann, da so entstehende Korrosionsschäden die Mechanik und damit die Kinetik weiter einschränken. Problematisch sind auch Aufkleber und Graffiti, wenn diese über längere Zeit auf den Ober- flächen verbleiben (→ Empfehlungen/präventive konservatorische Maßnahmen bei 3.3.5 Niki de Saint Phalle, „Nanas“ (1974), S. 53).

AUSGEWÄHLTE BIBLIOGRAPHISCHE HINWEISE ZU TECHNIKEN, RESTAURIERUNGSMETHODEN UND -TECHNIKEN: • LANDESHAUPTSTADT HANNOVER, Hans Wolfgang Lingemann, „Schrauben“ (1971), in: Fachbereich Gebäudemanagement der Landeshauptstadt Hannover, Akten: Kunst im öffentlichen Raum, Straßenkunstprogramm Hannover, Hannover 2007.

Vgl. Literaturangaben bei Niki de Saint Phalle (→ Ausgewählte bibliographische Hinweise zu Techniken, Restaurierungsmethoden und -techniken bei 3.3.5 Niki de Saint Phalle, „Nanas“ (1974), S. 53).

86 VON ANTES BIS WURMFELD KRISTINA HERBST

3 ZUM UMGANG MIT DER KUNST IM ÖFFENTLICHEN IN HANNOVER

3.3.11 Hans und Martha Poelzig, „Rese-Brunnen“ (1929)

IDENTIFIKATION: Künstler: Hans und Martha Poelzig Titel: „Rese-Brunnen“ Jahr 1929 Material: Terrakotta lasiert (Majolika- Fliesen) Standort: Emmichplatz, am Anfang der Fritz Behrens Allee Besitz: Stadt Hannover

Aufstellungsjahr: 1929 Abb. 83. Hans und Martha Poelzig, „Rese-Brunnen“ Inv.Nr.: keine Angaben (1929), Emmichplatz, Zustand Mai 2007. Maße: keine Angaben

MAßNAHMEN/VERÄNDERUNGEN: • 1977–79: Restaurierung, Ersetzen mehrerer Kacheln (ca. 550 Stück), schließen der Fugen und Risse, die blau-grüne Zinkglasur wurde mit farblich abgestimmten Epo- xidharz versiegelt155 • 25.01.1987 wurde der Brunnen unter Denkmalschutz gestellt und gilt damit als Bau- denkmal nach § 3, Absatz 3 DschG Niedersachsen • seit Januar 1987: Bewitterungsschutz (hölzerne Einhausung) des Brunnens im Winter • Januar 1988: Restaurierung unter Aufsicht des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege: Reinigung und Festigungsmaßnahmen, Fehlstellenergänzung, Hydrophobierung der Oberflächen, Verbesserung an der Konstruktion des Bewitte- rungsschutzes (Lüftung), keine genauen Angaben zu ausführenden Firmen • Inbetriebnahme während der Sommermonate, finanziert durch private Sponsoren • Einhausung in der Winterzeit

STANDORTBEDINGUNGEN (MAI 2007): • frei zugänglich (Abgrenzung mit kleinem Geländer) • an der viel befahrenen Fritz-Behrens-Allee • Pflasterung im Bereich des Brunnens • Beschriftung: vorhanden

ZUSTAND (MAI 2007): • in Betrieb (das Wasser im Brunnen fließt) • Oberflächen partiell stark beschädigt (Fehlstellen in der Lasur, Ausbrüche) • Kalkablagerungen • Risse (gekittet) • leichter Algenwuchs im Becken • Verschmutzung der Oberfläche

155 Vgl. Zerull 1992, S. 13.

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3 ZUM UMGANG MIT DER KUNST IM ÖFFENTLICHEN IN HANNOVER

ERSTAUFSTELLUNG: In der Nähe der Hochschule für Musik und Theater am „Neuen Haus" (Emmichplatz) befindet sich der sogenannte „Rese-Brunnen“, welcher wohl als eines der wenigen Zeugnisse der Zwanziger Jahre in Hannover erhalten geblieben ist. Der damalige Stadtbaurat Dresdens, Hans Poelzig156 und seine Frau die Bildhauerin Martha (Marlene) Poelzig entwarfen den Brunnen für die Gartenbauausstellung 1925 in Dresden. Der Brunnen ist in der Form einer Blüte gestaltet. Er besteht aus grün-bläulich lasierten Terrakotta (Majolika- Fliesen), welche in Karlsruhe in der „Staatlichen Majolika- Manufaktur“157 hergestellt wurden. Der damals ausgestellte Brunnen wurde von der Stadt Dresden erworben. Aus diesem Grund erwarb der Goslarer Kaufmann Hermann Rese ein gleichzeitig von der Manufaktur hergestelltes zweites Exemplar, das zuvor auf der Gewerbeausstellung in München gezeigt wurde. Rese schenkte den Brunnen der Stadt Hannover, welcher 1929 an seinem heutigen Standort, am Beginn der Eilenriede zwischen Fritz-Behrens-Allee und Hindenburgstraße Abb. 84. Detail: „Rese-Brunnen“. Zustand im Mai 2007. eingeweiht wurde.

MAßNAHMEN/VERÄNDERUNGEN158: Der Brunnen wurde in den Jahren 1977-79 aufwendig restauriert. Die Oberflächen der Flie- sen waren partiell so stark beschädigt, dass etwa 550 Fliesen ersetzt werden mussten. Mit farblich abgestimmten Epoxidharz wurde die blau-grüne Zinnglasur der erhaltenen Fliesen retuschiert und versiegelt. Nach Auskunft des Landesamtes für Denkmalpflege der Stadt Hannover hat der Brunnen seit dem 25.01.1987 den Denkmalstatus eines Einzeldenkmals gem. § 3 Absatz 3 Nieder- sächsischen Denkmalschutzgesetz.159 Seit dieser Zeit bekommt der Brunnen während der Wintermonate (Frostperiode) einen Bewitterungsschutz aus Holz. Durch die stetige Inbetriebnahme des Brunnens während der Sommermonate wird die Lasur der Fliesen stark beansprucht. So wurde 1988 erneut eine Instandsetzung des Brunnens durch die Denkmalpflege initiiert. Durch die technologische bedingte Ausbildung eines feinen Craqueles in der Lasur der Majolika-Fliesen, wird das poröse Trägermaterial (Terracotta) nur unzureichend vor Feuchtigkeit geschützt. Die Restaurierungsgeschichte des Brunnens ver- deutlicht diese Problematik sehr anschaulich. Bei der Maßnahme 1988 wurden vor allem Festigungsmaßnahmen, das Schließen von Rissen und Fugen und eine Reinigung der Ober- flächen vorgenommen. Bei der Wahl der Festigungsmittel orientierte man sich an der Maß- nahme von 1977. Die Retusche von Fehlstellen in der Lasur wurde mit Acrylfarben durchge- führt. Abschließend wurde der Brunnen mit Siloxan hydrophobiert.

156 Hans Poelzig (1869-1936 in Berlin) arbeitete als Architekt und Architekturlehrer in Breslau, Dresden und Berlin. 157 Staatliche Majolika Manufaktur Karlsruhe, unter: www.majolika-karlsruhe.com (Stand: 29.04.2007). 158 Folgende Informationen zum „Rese-Brunnen“ stammen wenn nicht weiter gekennzeichnet aus dem Archiv des niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege. Vgl. Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, Archiv: Referat F/Restaurierung, Objektkennzahl 032-4880-021-03. 159 Der Brunnen gilt danach als Baudenkmal. Vgl. Schmaltz/Wiechert 1998, S. 41.

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3 ZUM UMGANG MIT DER KUNST IM ÖFFENTLICHEN IN HANNOVER

Im Zuge dieser Maßnahme wurde auch der Bewitterungsschutz verbessert, da durch aufgestau- te Feuchtigkeit im Inneren der Einhausung Schäden durch Frostsprengung entstanden sind. Dank der Finanzierung privater Sponsoren konnte der Brunnen derzeit (Mai 2007) in Betrieb genommen werden. Im Bereich des Beckens sind einige wenige Kalkablagerungen, Algenwuchs und kleinere Fehlstellen in der Lasur sowie an den Abb. 85. Detail: „Rese-Brunnen“. Zustand im Fugen erkennbar. Mai 2007.

EMPFEHLUNGEN/PRÄVENTIVE KONSERVATORISCHE MAßNAHMEN: Da dem „Rese-Brunnen“ ein gewisser Gebrauchswert zukommt, müssen bei der Pflege und vor allem bei der technischen Wartung besondere Punkte beachtet werden. Vor und nach der Inbetriebnahme muss eine Begutachtung der Oberfläche (vor allem der Fugenbereiche) sowie der technischen Komponenten (Rohre, Ablauf etc.) vorgenommen werden. Risse die während der Sommermonate oder während der Einhausung entstanden sind, können durch das Eindringen von Feuchtigkeit neben Schäden an der Keramik auch zu Fundamentschäden führen. Deshalb sollte bspw. die Einhausung bei Feststellung von Schäden entsprechend modifiziert werden. Erforderliche Maßnahmen zur Festigung müs- sen vom Landesamt für Denkmalpflege initiiert und koordiniert werden. Die Reinigung der Oberfläche sollte jährlich vor der Einhausung erfolgen. Hier ist vor allem auf die biogenen Ablagerungen und Verkrustungen zu achten. Auch sollten Graffiti und Aufkleber unverzüg- lich entfernt werden. Entsprechende Reinigungsmittel und –verfahren müssen insbesondere auf die Verträglichkeit mit den vorhandenen Konsolidierungsmitteln und dem Fugenmaterial am Objekt abgestimmt werden. Die Hydrophobierung mit Siloxan ist in regelmäßigen Abständen von einem Restaurator zu prüfen und gegebenenfalls zu erneuern.

AUSGEWÄHLTE BIBLIOGRAPHISCHE HINWEISE ZU TECHNIKEN, RESTAURIERUNGSMETHODEN UND -TECHNIKEN: • BACHMAYER, Monika/ SCHMITT, Peter, Karlsruher Majolika 1901 bis 2001, Karlsruhe 2001. • BLUM, Reiner, Projekt Winterzelt: Beispielhafte Tests von Denkmaleinhausungen in Weikersheim und Clemenswerth (DBU-Modellprojekt Az; 12559), Fraunhofer Institut, Informationszentrum Raum und Bau, Stuttgart 2002. • PETERSON, Susan, Handwerk und Kunst der Keramik, Hagen 1999. • WÖLBERT, Otto, Winterschutzverkleidungen für witterungsgefährdete Objekte. Anforderungsprofile an den präventiven Schutz, in: Matthias Exner, Dörthe Jakobs (Hrsg.), Klimastabilisierung und bauphysikalische Konzepte. Wege zur Nachhaltigkeit bei der Pflege des Weltkulturerbes. Tagung des deutschen Nationalkomitees von ICOMOS, Insel Reichenau 2004, ICOMOS, Hefte des deutschen Nationalkomitees Bd. 42, München 2005. • ZERULL, Ludwig, Kunst ohne Dach – Skulpturen und Objekte im Stadtbild Hannovers, Hannover 1992.

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3 ZUM UMGANG MIT DER KUNST IM ÖFFENTLICHEN IN HANNOVER

3.3.12 George Rickey, „Two Lines Oblique“ (1971)

IDENTIFIKATION: Künstler: George Rickey Titel: „Two Lines Oblique“ Jahr: 1971 Material: Chrom-Nickel-Stahl, Kugellager Standort: 1971–89 an der Bastion am Hohen Ufer seit 1991 Sprengel Museum Hannover (Skulpturenhof) Besitz: Stadt Hannover Aufstellungsjahr: 1971 Inv.Nr.: 45/1971 Maße: H: max. 11,5 m (keine weiteren Angaben)

MAßNAHMEN/VERÄNDERUNGEN: • 1971: Installation der Skulptur an der Bastion am Hohen Ufer • 1973: starke Beschädigung, Abbau und Transport nach Düsseldorf zur Firma Huiskens, Reparatur Abb. 86. George Rickey, „Two Lines Oblique“ (1971), Bastion • 1974: Wiederaufstellung am Hohen Ufer, Zustand 1981. • Januar 1975: erneuter Schaden (eine der Spitzen verbogen), Behebung des Schadens ungeklärt • April 1985: Bewegung (Mechanik) eingeschränkt, Reparatur • September 1989: Beschädigung durch ein Reinigungsfahrzeug der Stadt Hannover, Abbau und Transport zum Hof der Firma Schlossermeister Eickhoff (Hannover) • Sommer 1990: Transport ins Sprengel Museum Hannover • 1990–92: Restaurierung in den Ateliers von George Rickey, New York (USA) • 1992: Rückkehr nach Hannover, Übergabe an das Sprengel Museum, Aufstellung im Skulpturenhof • 2005: Abbau aufgrund eines geplanten Umbaus des Skulpturenhofes, Teile der Skulptur werden im Depot des Sprengel Museums eingelagert

STANDORTBEDINGUNGEN (MÄRZ 2007): • Hauptstele befindet sich weiterhin im Außenbereich des Skulpturenhofes des Muse- ums • übrige Teile werden im Depot des Sprengel Museums aufbewahrt

ZUSTAND (MÄRZ 2007): • das Objekt ist momentan demontiert (siehe Standortbedingungen) • keine weiteren Angaben

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3 ZUM UMGANG MIT DER KUNST IM ÖFFENTLICHEN IN HANNOVER

ERSTAUFSTELLUNG: Der Amerikaner George Rickey160 beteiligte sich am „Experiment Straßenkunst“ mit der kine- tischen Plastik „Two Lines Oblique“. Nachdem das niedersächsische Landesmuseum Han- nover das Projekt vorgestellt hatte, beschloss die Kunstkommission, das Objekt zum Preis von mehr als 71.500 DM anzukaufen. Die kinetische Skulptur besteht aus einer kantigen schlanken Edelstahlstele, die sich im obe- ren Bereich in zwei Arme verzweigt, an denen je ein weiterer spitz zulaufender Metallarm („Nadeln“) befestigt ist. Diese Teile sind mit Kugellagern verbunden, die eine Drehung der Arme um 360 Grad ermöglichen. Die beweglichen Metallarme sind in den Spitzen hohl und im unteren Teil mit Metall beschwert, so dass sie sich im Wind langsam bewegen. Bei Wind- stille kehren sie in ihre Ausgangsstellung zurück. Die Skulptur wurde 1971 an der Bastion am Hohen Ufer aufgestellt. Die Kunstschmiede- und Metallbaufirma Huiskens hatte die Skulptur nach den Vorgaben George Rickeys in Düssel- dorf hergestellt. Das Objekt hat eine Höhe von 11,5 m, die beiden beweglichen Teile sind jeweils 5 m lang. Das Objekt wird von einer quadratischen Grundplatte getragen und ist mit Stahlbolzen im Betonfundament auf justierbaren Schrauben verankert und überpflastert. Die Aufstellung wurde vorab von einem Statiker geprüft.

VERÄNDERUNGEN/MAßNAHMEN: Im Juli 1973 wurde die Skulptur stark beschädigt.161 In den Werkstätten der Firma Huiskens musste einer der Arme gerichtet und geschweißt sowie dessen beweglicher Teil geschliffen und neu justiert werden. Im Juni 1974 konnte die Skulptur wieder aufgestellt werden. Im Januar 1975 war eines der beweglichen Teile erneut leicht beschädigt – die Spitze war verbogen. Ob dieser Schaden behoben wurde, ist schriftlich nicht festgehalten. Im April 1985 wurde festgestellt, dass sich die beiden Spitzen nicht mehr bewegten. Eine Reparatur wurde veranlasst. Näheres über die Durchführung ist jedoch nicht bekannt. Im September 1989 fuhr ein Reinigungsfahrzeug der Stadt gegen die Skulptur und beschä- digte dabei das Objekt massiv: Die Stele wurde aus ihrer Bodenplatte gerissen, einer der beweglichen Arme war sehr stark verbogen, der andere Arm wurde leicht deformiert. Nach diesem Unfall wurde die Skulptur zunächst auf den Hof des Schlossermeisters Eickhoff in Hannover gebracht, wo sie bis zum Sommer 1990 zerlegt liegenblieb. Das Hochbauamt be- gutachtete die Skulptur und stellte dabei weitere massive Schäden fest: Einige der Schweiß- nähte waren durch eingetretenes Wasser von innen stark korrodiert. Durch Frost hatten sich die bereits vorhandenen Risse vergrößert. Darüber hinaus wurden frühere Reparaturen be- mängelt. Einer der beweglichen Arme war an seiner Spitze mit einer Metallmanschette repa- riert worden. Die Restauratorin des Sprengel Museums, Frau Ursula Reuther, begutachtete zusammen mit dem Bildhauer Achim Pahle, einem Assistenten Rickeys, den Schaden erneut. Pahle restauriert bis heute Skulpturen des Künstlers. Er lehnte es damals ab, die Skulptur zu res- taurieren, da es sich seiner Meinung nach um einen Totalschaden handelte. Die einzige Möglichkeit für den Erhalt der Skulptur, sei es, diese von Rickey selbst überarbeiten zu

160 Der Bildhauer George Rickey (geboren 1907 South Bend, Indiana (USA), gilt als einer der wichtigsten Vertre- ter der kinetischen Kunst. Er studierte zwischen 1928-29 an der Ruskin School of Drawing in Oxford (GB), da- nach bis 1930 an der Akademie André Lhote in Paris. 1930-69 unterrichtete er an verschiedenen amerikani- schen Universitäten, zuletzt auch an der Hochschule der Künste in West-Berlin. 2002 verstarb Rickey in Saint Paul, Minnesota (USA). 161 Die Schadensursache war den Akten des Gebäudemanagements nicht zu entnehmen.

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3 ZUM UMGANG MIT DER KUNST IM ÖFFENTLICHEN IN HANNOVER

lassen.162 Daraufhin wurde die Skulptur 1990-92 in den Ateliers von George Rickey in New York restauriert. Nach Aussage von Herrn Pahle verwendete Rickey dabei die alte Haupt- säule und deren zwei Arme. Die beweglichen Teile wurden vollständig ersetzt und neue Kugellager eingebaut. Als die Skulptur 1992 nach Hannover zurückkehrte, entschied man sich, das Objekt dem Sprengel Museum zu übergeben. Es kam zu einer raschen Einigung zwischen dem Stadt- baurat und dem Museum und auch Rickey befürwortete diese Entscheidung.163 Die Skulptur wurde mit der Aufstellung im Hof des Sprengel Museums ihrem ursprünglichen Zweck als „Straßenkunst“ leider entfremdet. Im Jahr 2005 wurde die Skulptur wegen des geplanten Umbaus des Innenhofes teilweise abgebaut. Die beweglichen Teile („Nadeln“) befinden sich heute im Depot, die Hauptstele mit den Verzweigungen steht weiterhin im Hof des Museums.

EMPFEHLUNGEN/PRÄVENTIVE KONSERVATORISCHE MAßNAHMEN: Achim Pahle restaurierte 2001 eine in Form und Größe dem hannoverschen Objekt entspre- chende Skulptur gleichen Namens aus dem Besitz der Kunsthalle Bielefeld. Diese war infol- ge unachtsamer Wartung im Jahr 2001 beschädigt worden. Da es sich bei den Skulpturen um kinetische Objekte handelt, muss die Mechanik in kleinstmöglichen Intervallen gewartet werden. Im Bielefelder Fall führte die unregelmäßige Wartung dazu, dass sich einer der be- weglichen Arme aus dem Kugellager löste und aus acht Meter Höhe zu Boden fiel. Dabei wurde der Arm mehrfach deformiert. Achim Pahle richtete den Arm und stellte die Funktions- tüchtigkeit wieder her. Er empfiehlt die Kugellager so oft wie möglich zu kontrollieren und zu fetten. Für die Reinigung der Edelstahloberflächen gelten die gleichen Empfehlungen wie bei der Skulptur „Yaya Yolcu“ von Boehm und Nicolai (→ 3.3.3 Klaus Dietrich Boehm und Katinka Nicolai, „Yaya Yolcu“ (1975), S. 42). Da sich das Objekt heute im Museumsbereich befindet, ist mit Vandalismus wie im öffentlichen Raum, z.B. durch Graffiti und Aufkleber, nicht zu rechnen. Die Problematik einer Anti-Graffitimaßnahme steht damit also nicht zur Diskussion. Es wäre wünschenswert, wenn die Arbeit „Two Lines Oblique“ so bald wie möglich wieder funktionsfähig präsentiert werden könnte. Die momentane entstellende Präsentation der ein- zelnen Stele im Skulpturenhof des Museums entspricht keinesfalls der Intention des Künst- lers. Wie für alle Objekte des Skulpturenhofes gilt es auch hier, eine regelmäßige Wartung und Pflege durchzuführen.

AUSGEWÄHLTE BIBLIOGRAPHISCHE HINWEISE ZU TECHNIKEN, RESTAURIERUNGSMETHODEN UND -TECHNIKEN: • LANDESHAUPTSTADT HANNOVER, George Rickey, „Two Lines Oblique“ (1971), in: Fachbereich Gebäudemanagement der Landeshauptstadt Hannover, Akten: Kunst im öffentlichen Raum, Straßenkunstprogramm Hannover, Hannover 2007.

Vgl. Literaturangaben bei Klaus Dietrich Boehm und Katinka Nicolai (→ Ausgewählte biblio- graphische Hinweise zu Techniken, Restaurierungsmethoden und -techniken unter 3.3.3 Klaus Dietrich Boehm und Katinka Nicolai, „Yaya Yolcu“ (1975), S. 42)

162 Mündliche Auskünfte von Achim Pahle, Telefonat am 20.02.2007. 163 Mündliche Auskünfte von Herrn Achim Pahle, Telefonat am 20.02.2007.

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3 ZUM UMGANG MIT DER KUNST IM ÖFFENTLICHEN IN HANNOVER

3.3.13 Kenneth Snelson, „Avenue K“ (1971)

IDENTIFIKATION: Künstler: Kenneth Snelson Titel: „Avenue K“ Jahr 1971 Material: Aluminium, Stahlseile Standort: 1971: Rasenfläche hinter dem Leineschloss, ab 1971: Waterlooplatz, seit Oktober 1997:

Leibnizufer (Friederikenplatz) Besitz: Stadt Hannover Abb. 87. Kenneth Snelson, „Avenue K“ (1971), Leibniz- Aufstellungsjahr: 1971 ufer, Zustand März 2006. Inv.Nr.: 48/1971 Maße: H: 5,5 m; Grundfläche: L: 18,0 m, B: 6,0 m

MAßNAHMEN/VERÄNDERUNGEN: • Standort 1971: Rasenfläche hinter dem Leineschloss • 2. Standort 1971: Waterlooplatz (Umsetzung mit Hilfe der Feuerwehr Hannover) • 1976: Beschädigung durch Sturm, Wiederaufbau durch die Firma Oskar Rehren (Hannover) • 3. Standort Oktober 1997: Skulpturenmeile am Leibnizufer (Transport mit Hilfe des Technischen Hilfswerks) • 2001: Reinigung durch den Werkbund e.V. (Hannover) • Februar 2003: Beschädigung der Skulptur durch einen Verkehrsunfall mit PKW (zerkratzte Oberflächen, einzelne Rohre beschädigt, Stahlseite teilweise durch- trennt, Standfestigkeit gefährdet) • 2003: Restaurierung durch den Bildhauer Hartmut Stielow (Benthe)

STANDORTBEDINGUNGEN (MÄRZ 2007): • frei zugänglich, Mittelstreifen der Hauptverkehrstraße Leibnizufer • Rasenfläche wird regelmäßig gepflegt • Anpflanzung von Ranken im Bereich der Sockel • Bäume neben der Skulptur • punktuelle Sockel vorhanden • Beschriftung: vorhanden

ZUSTAND (MÄRZ 2007): • starke Verschmutzung • zahlreiche Ergänzungen (Maßnahme 2003) • Kratzer

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ERSTAUFSTELLUNG: Im Zuge des „Experiments Straßenkunst“ wurde 1971 Kenneth Snelsons164 Skulptur „Avenue K“ auf der Rasenfläche hinter dem Leineschloss aufgestellt. Der Standort wurde nach einstimmigem Beschluss des Kunstvereins und der Stadt Hannover bereits einige Monate später wieder geändert. „Avenue K“ wurde mit Hilfe der Feuerwehr auf den Grünstreifen an der Nordseite des Waterlooplatzes umgesetzt (→ Abb. 88). Die Skulptur aus Aluminium und Edelstahl besteht aus einzelnen Rohrelementen, die durch die

Spannung von Stahlseilen so stabilisiert werden, dass sie sich an keiner Stelle berühren. Sie ist Abb. 88. Kenneth Snelsons „Avenue K“ 1974 am etwa 18 m lang, 6 m breit und 5,50 m hoch.165 Waterlooplatz.

VERÄNDERUNGEN/MAßNAHMEN: Aus den Aufzeichnungen des Amtes für Gebäudemanagement geht hervor, dass es in den ersten Jahren nach Aufstellung vereinzelt kleinere Reparaturen gegeben haben muss. Zur Art der Beschädigung und der Restau- rierungsmaßnahmen sind jedoch keine weiteren Hinweise zu finden. Ein Foto dokumentiert, dass ein Sturm die Skulptur im Januar 1976 beschädigte (→ Abb. 89). Die Firma Oskar Rehren aus Hannover wurde daraufhin mit der Wiederaufstel- lung betraut. Im Mai 1995 beschlossen die Stadt und der renommierte Galerist Robert Simon (Galerie kö24), die Skulptur in die sogenannte Skulpturenmeile zwischen Königsworther Platz und Friederikenplatz Abb. 89. Die Skulptur wurde durch einen Sturm im Januar 1976 stark beschädigt. einzubinden. Die Kosten für die Umsetzung übernahm Robert Simon selbst. Mit Hilfe des Technischen Hilfswerkes wurde die Skulptur unzerlegt auf Rollwagen an ihren neuen Standort auf dem Mittelstreifen des Leibnizufers, nahe dem Friederikenplatz, gebracht. Wie schon am Standort Waterlooplatz wurde die Skulptur auf kleine Betonsockel gesetzt. Der Werkbund Hannover, angeregt durch die Aktionen Christine Brandls, reinigte die Skulp- tur im März 2001.

164 Kenneth Snelson, geboren 1917 in Pendelton, Oregon (USA), studierte 1948 Malerei im Black Mountain College von North Carolina (USA) in der Klasse von Josef Albers. 1951 arbeitet er im Atelier von Fernand Leger in Paris. Heute lebt er in New York. 165 Im Internet kann man sich einen kurzen Film von 1970 über den „Nadelturm“ von Kenneth Snelson ansehen. Vgl. Lernwerkstatt Geschichte, Der "Nadelturm" von Kenneth Snelson; Meinungen von Besuchern des Altstadt- festes 1970 zum Fest und zum Straßenkunstprogramm, unter: www.hist.uni-hannover.de/~kultarch/h_film/filme/kunst_filmansicht.htm (Stand: 01.05.2007).

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3 ZUM UMGANG MIT DER KUNST IM ÖFFENTLICHEN IN HANNOVER

Die Hannoversche Allgemeine Zeitung berichtete im Februar 2003, dass ein Auto gegen das Kunstwerk gefahren war und es dabei massiv beschädigt hatte. Einzelne Rohre wurden verbeult und einige Stahlseile zertrennt. Die gesamte Konstruktion war damit gefährdet. Hartmut Stielow, selbst Bildhauer und Meisterschüler des Künstlers Bernhard Heiliger, demontierte und restaurierte die Skulptur in seiner Werkstatt in Benthe bei Hannover. Stielow restauriert heute vornehmlich die Metallskulpturen Bernhard Heiligers und gilt in Künstlerkreisen allgemein als Fachmann im Bereich Metall. Die Rasenfläche um die Skulptur wird regelmäßig durch das Grünflächenamt Hannovers gepflegt. Im März 2007 sind Kletterpflanzen im Bereich der Skulptur angepflanzt worden.

Abb. 90. Detail: „Avenue K“. Zustand der Skulptur im März 2007.

EMPFEHLUNGEN/PRÄVENTIVE KONSERVATORISCHE MAßNAHMEN: Aluminium ist ein außerordentlich korrosionsbeständiges Metall. Der Grund dafür ist die sich, ähnlich wie bei Edelstahloberflächen, unter atmosphärischen Bedingungen ausbildende Aluminiumoxidschicht (Passivierung). Anders als bei Edelstahl bildet sich diese Schicht bei mechanischer Beschädigung der Oberfläche sehr spontan, schon innerhalb von Sekunden. Ein verbesserter Korrosionsschutz kann durch verschiedene Oberflächenbehandlungsverfahren erreicht werden. Dazu gehören das Chromatieren und das Anodisieren (Eloxieren)166, womit Schichtstärken von 30–100 µm erreicht werden können.167 Bei dieser Skulptur sollte unbedingt auf einen ungehinderten Abfluss des Regenwassers ge- achtet werden, da es sonst partiell zu einer sogenannten Lochkorrosion kommen kann. Bei der Abb. 91. Detail: „Avenue K“. März 2007: Lochkorrosion wird das Aluminium durch gelöste starke Schmutzablagerungen begünstigen die Korrosion des Aluminiums. Luftschadstoffe zu dem irreversiblen weißlichen Korrosionsprodukt Aluminiumoxidhydroxid umgewandelt. Auch hygroskopische Schmutzab- lagerungen (Biofilme) können die Korrosion an der Oberfläche begünstigen (→ Abb. 91). Da die gebildeten Oxidschichten nur bei einem neutralen pH-Wert von 4,5–8,5 weitgehend un- löslich sind, muss bei der Verwendung von Reinigungsmitteln unbedingt auf deren pH-Wert geachtet werden.

166 Unter Chromatieren wird das Aufbringen einer Schutzschicht zum Schutz von Aluminium, Magnesium und Zinkoberflächen verstanden. Dafür werden bereits galvanisch verzinkte oder cadmierte Teile in eine Lösung ge- taucht, die Chromverbindungen enthält. Eloxieren meint das elektrolytische Oxidieren von Aluminium, um eine dünne Schicht zu erzeugen, die das unedle Metall vor Korrosion schützt. 167 Vgl. Dornheim 1999, S. 40-44.

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3 ZUM UMGANG MIT DER KUNST IM ÖFFENTLICHEN IN HANNOVER

Die Untersuchung von Jens Dornheim zur Reinigung von Aluminiumoberflächen an Kunst- werken ergab, dass keine der angebotenen industriellen Reinigungssubstanzen sich für einen konservatorischen Einsatz eignet.168 Bei korrodierten Oberflächen empfiehlt sich die Verwendung von Substanzen, welche die passivierende Schicht verstärken. Bei Verwendung von Wasser und Tensiden ist unbedingt darauf zu achten, dass die Einwirkzeit des Lösemit- tels so gering wie möglich gehalten wird. In jedem Fall sollte vor Arbeitsbeginn eine entspre- chende Probefläche angelegt werden. Je nach Verschmutzungsart und -grad können auch Alkohole und Ketone für die Reinigung verwendet werden. Bei der Entfernung von Graffiti und Aufklebern sollte von mechanischen und physikali- schen Reinigungsmethoden abgesehen werden, da diese die Aluminiumoxidschicht beschä- digen würden (→ Empfehlungen/präventive konservatorische Maßnahmen bei 3.3.6 Volker Gerlach, „Große Begehbare Hannover“ (1976), S. 66) Die neben der Skulptur stehenden Bäume sollten das Kunstwerk in keinem Fall überragen, um eine zusätzliche Verschmutzung durch Laub etc. zu vermeiden. Die Rasenfläche um die Skulptur muss weiterhin regelmäßig gepflegt werden. Die Entfernung der angepflanzten Kletterpflanzen sollte unbedingt erfolgen, da sie einerseits das Kunstwerk in seiner künstleri- schen Wirkung beeinträchtigen und andererseits eine zusätzliche konservatorische Gefahr für das Metall darstellen. Durch die Pflanzen würde Feuchtigkeit und Schmutz auf den Ober- flächen verbleiben und so die Ansiedlung von Mikroorganismen (Biofilmen) begünstigen.

168 Vgl. Dornheim 1999.

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3 ZUM UMGANG MIT DER KUNST IM ÖFFENTLICHEN IN HANNOVER

AUSGEWÄHLTE BIBLIOGRAPHISCHE HINWEISE ZU TECHNIKEN, RESTAURIERUNGSMETHODEN UND -TECHNIKEN: • ADAMS, Chris/HALLAM, Davis, Finishes on Aluminium – A conservation perspective, in: David Grattan (Hrsg.), Saving the Twentieth Century: The Conservation of Modern Materials, Proceedings of a Conference, Symposium 1991, Ottawa 1993, S. 273-286. • DORNHEIM, Jens, Behandlung korrodierter Oberflächen von Objekten aus Aluminium- und Magnesiumlegierungen, unveröffentlichte Diplomarbeit an der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, Studiengang Restaurierung/Grabungstechnik, Berlin 1999. • GORETZKI, Lothar, Graffitiprobleme! Lösungen aus technisch-naturwissenschaftlicher Sicht, in: Workshop Graffitischutz, Solothurn 2000, unter: www.expert cen- ter.ch/pdf/workshop_solothurn_de.pdf (Stand: 26.04.2007). • FALK, Susanne/SCHWARZ, Roland, Aluminium – Metalle der Moderne, in: Schäfke et al (Hrsg.), Aluminium: Das Metall der Moderne, Gestalt, Gebrauch, Geschichte, Köln 1991, S. 27-70. • KAISER, Wolf Dieter, Beschichtungsstoffe für und Beschichtungen auf Zink, Alumini- um, Kupfer und nichtrostendem Stahl, in: Institut für Korrosionsschutz Dresden GmbH, Einfluss der Oberflächenvorbereitung von Aluminium, Zink und anderen Werkstoffen auf die Beschichtung, Tagungsband zum Korrosionsschutz – Seminar am 16. September 1998, Dresden 1998, S. 1-11. • LANDESHAUPTSTADT HANNOVER, Kenneth Snelson, „Avenue K“ (1971), in: Fachbe- reich Gebäudemanagement der Landeshauptstadt Hannover, Akten: Kunst im öffent- lichen Raum, Straßenkunstprogramm Hannover, Hannover 2007. • LARSON, John H., Eros: The Laser Cleaning of an Aluminium Sculpture, in: Jackie Heuman (Hrsg.), From Marble to Chocolate, The conservation of modern sculpture, Tate Gallery Conference 18.–20. September 1995, London, S. 144-151. • SCHMIDT, Joachim, Die Korrosion von Aluminium, Hinweise zur Restaurierung und Konservierung, in: Arbeitsgemeinschaft der Restauratoren (Hrsg.), AdR- Schriftenreihe zur Restaurierung und Grabungstechnik 1, Schutz der Metalle gegen atmosphärische Korrosion, Kirchzarten-Zarten 1994, S. 35-39. • ZERULL, Ludwig, Kunst ohne Dach – Skulpturen und Objekte im Stadtbild Hannovers, Hannover 1992.

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3 ZUM UMGANG MIT DER KUNST IM ÖFFENTLICHEN IN HANNOVER

3.3.14 Günter Tollmann, „Plastik M II“ (1980)

IDENTIFIKATION: Künstler: Günter Tollmann Titel: „Plastik M II“ Jahr: 1980 Material: Stahlblech, Kugellager und diverse Metallteile Standort: 1980: am nördlichen Ufer des Maschsees seit 1991: Vahrenwalder Straße (Mittelstreifen, auf Höhe Wasserturm) Besitz: Stadt Hannover Aufstellungsjahr: 1980 Inv.Nr.: 10/1984 Maße: Skulptur: H: 2,45 m; B: 0,9 m Sockel: L: 2,5 m; B: 2,5 m

Abb. 92. Günter Tollmann, „Plastik M II“ (1980), Vahrenwalder Straße, Zustand 1991. MAßNAHMEN/VERÄNDERUNGEN: • 1980: Aufstellung am nördlichen Ufer des Maschsees im Zuge des Bildhauersympo- siums 1980 • 1987: Unfall eines Kindes an der Skulptur, Gutachter lässt die kinetische Skulptur befestigen • 1988: Abbau und Transport zum städtischen Bauhof in der Burgstraße (Hannover) • 1991: Sanierung der Skulptur durch die Firma Dietrich (Fachfirma für Korrosions- schutz, Bautenschutz und Industrieanstriche, Hannover), Abschleifen (Sandstrahlen) und Neulackierung in einem anderen Farbton (RAL 3003, Rubinrot) • März 1991: Wiederaufstellung auf dem Mittelstreifen der Vahrenwalder Straße, in Höhe des Wasserturms • 1994: Reinigung durch Firma Krause (Hannover) • September 1999: auf Initiative des Fördervereins „PRO Hannover“ Reinigung und Lackierung durch die Maler- und Lackiererinnung in Hannover, Reinigung des Sockels

STANDORTBEDINGUNGEN (JUNI 2006): • frei zugänglich • Bäume überragen zum Teil das Objekt • auf dem Mittelstreifen einer Hauptverkehrsstraße, neben Straßenbahnschienen • Sockel vorhanden (Metall, gefasst) • Beschriftung: nicht vorhanden

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ZUSTAND (JUNI 2006): Skulptur: • uneingeschränkte Bewegung möglich • Farbabplatzungen • partielle Korrosion • Verschmutzung Sockel: • Farbabplatzungen

ERSTAUFSTELLUNG: Günter Tollmann169 beteiligte sich 1980 am Bildhauersymposium in Hannover, wobei neben der ebenfalls in Hannover befindlichen Skulptur „Bewegliche Winkelelemente“ (1981) die tonnenartige „Plastik M II“ aus schwarz gespritztem Stahlblech entstand. Diese etwa 3,75 m hohe Skulptur setzt sich aus zwei kugelgelagerten, übereinander stehenden Hohlkörpern zusammen, die bereits durch geringe äußere Kräfte in Rotation um ihre vertikale Achse ver- setzt werden können. Die Hohlkörper (Tonnen) stehen auf einer ca. 2,50 m x 2,50 m großen Stahlplatte. Die Stadt entschied sich für einen Aufstellungsort am nördlichen Ufer des Maschsees, wo Passanten die Skulptur in Bewegung versetzen konnten.

HISTORISCHE MAßNAHMEN/VERÄNDERUNGEN: Im Sommer 1987 ereignete sich ein Unfall an der beweglichen Skulptur Günter Tollmanns. Ein Kind geriet beim Spielen mit einem Bein unter die untere sich drehende Tonne, so dass die Feuerwehr das Kind aus dieser unglücklichen Situation befreien musste. Daraufhin wur- de ein Ermittlungsverfahren gegen den Eigentümer eingeleitet, jedoch mangels eines be- sonderen öffentlichen Interesses wieder eingestellt. Ein Gutachter der Stadt veranlasste le- diglich eine provisorische Befestigung der Skulptur. Da damit der Sinn der Arbeit verlorenge- gangen war, entschloss man sich im Sommer 1988, die Skulptur abzubauen und auf einem der städtischen Bauhöfe einzulagern. Da die Bauhöfe jedoch nur über begrenzte Platzkapa- zitäten verfügen, wurde entschieden, die Plastik auf dem begrünten Mittelstreifen der mehr- spurigen Vahrenwalder Straße, einer der größten Zubringerstraßen Hannovers, aufzustellen. Die Skulptur befand sich allerdings im Herbst 1990 in einem derart schlechten Zustand, dass vor der erneuten Aufstellung eine Restaurierung in Erwägung gezogen werden musste. Die Restauratorin des Sprengel Museums, Ursula Reuther, wurde zur Begutachtung des Zustandes und möglicher Maßnahmen zu Rate gezogen. Frau Reuther sah es als sinnvoll an, die Oberflächen der Stahlbleche zu sandstrahlen, um sie dann anschließend neu grun- dieren und lackieren zu können. Die ursprünglich schwarz lackierte Skulptur sollte nach Auf- fassung der Stadt und der Witwe des Künstlers einen freundlicheren Farbton erhalten. Letzt- lich entschied man sich für ein dunkles Rot (RAL 3003, Rubinrot). Die Firma Dietrich, eine Fachfirma für Korrosionsschutz, Bautenschutz und Industrieanstriche aus Hannover, wurde mit den Arbeiten betraut. Entgegen dem Rat von Frau Reuther wurde die „Restaurierung“ nicht in einer Halle, sondern auf dem Bauhof in der Burgstraße durchgeführt. In einer Halle

169 Der Maler und Bildhauer Günter Tollmann (1926 Gelsenkirchen – 1990 Hannover) studierte 1956–59 an der Kunstakademie in Düsseldorf. 1982 hatte er einen Lehrauftrag an der Hochschule für Künste in Bremen. Seine Arbeiten sind in zahlreichen nationalen und internationalen Ausstellungen und Sammlungen vertreten. Seit 1966 beschäftigte sich Tollmann mit stabilen und beweglichen Plastiken und Objekten, die vom Wind oder Akteur bewegt werden.

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wäre es möglich gewesen, den Stahl vor dem Lackieren trocknen zu lassen und zu verzinken, um die Korrosion des Metalls weitestgehend einzudämmen. Der Lackierer der Firma Dietrich erachtete eine Grundierung auf Zinkstaubbasis als ausreichend, wohingegen Frau Reuther nach der Sandstrahlung eine Spritzverzinkung des Eisenbleches empfohlen hatte. Sie wies außerdem darauf hin, dass im Falle einer Restaurierung auch die Kugellager gewartet werden müssten. Ob dies geschehen ist, konnte aus den Akten des Amtes für Ge- bäudemanagement Hannover jedoch nicht entnommen werden. Die Firma OBRA Software GmbH finanzierte die Anfertigung eines Sockels, so dass die Arbeit im März 1991 auf dem Mittelstreifen der Vahrenwalder Straße in Höhe des Wasser- turms aufgestellt werden konnte. An diesem Standort werden die beiden Elemente der Skulptur lediglich vom Wind bewegt, da es hier kaum Passanten gibt. Die Straßenbahn- schienen verlaufen direkt neben der Skulptur und die stark befahrene Straße lässt es fast nicht zu, dass man sich dem Objekt ohne Weiteres nähert. Da die Firma OBRA Software ein äußerlich ansprechendes und intaktes Kunstobjekt gegen- über ihrer Niederlassung wünschte, wies sie in den folgenden Jahren die Stadt daraufhin, dass das Kunstwerk regelmäßig von Graffiti und anderen Verschmutzungen befreit werden müsse. Eine Reinigung der Skulptur erfolgte 1994 durch die Firma Krause (Hannover). Auf Initiative des Fördervereins „PRO Hannover“ wurde die Skulptur 1999 folgendermaßen „restauriert“: Gebäudereiniger sanierten den Sockel und die Maler- und Lackiererinnung Hannover strich das Kunstwerk neu an. Bereits nach wenigen Jahren zeigen sich heute Roststellen und Farbabplatzungen an der „Plastik M II“. Die Kugellager scheinen in einem guten Zustand, da das Objekt sich leicht bewegen lässt.

EMPFEHLUNGEN/PRÄVENTIVE KONSERVATORISCHE MAßNAHMEN: Wie bei den anderen kinetischen Objekten muss die Funktion des Objektes gewährleistet werden. Besonders die beweglichen Teile, wie Kugellager, unterliegen aber einem funktionsbedingten Verschleiß. Dem kann durch regelmäßige Überprüfung, durch Reini- gung und Fettung der Einzelteile vorgebeugt werden. Bei den Oberflächen des Objektes ist vor allem darauf zu achten, dass sich kleinere Korrosi- onsstellen nicht großflächig ausbreiten. Hier sollten ebenfalls in regelmäßigen Intervallen Reinigungsmaßnahmen sowie das Entfernen von Graffiti und Aufklebern durchgeführt werden (→ Empfehlungen/präventive konservatorische Maßnahmen bei 3.3.4 Alexander Calder, „Hellebardier“ (1971), S. 46). Auch hier sollten die Bäume regelmäßig zurückgeschnitten und die Rasenfläche um das Kunstwerk gemäht werden, um zusätzliche Ablagerungen von Laub etc. zu vermeiden. Bei diesem Objekt ergibt sich im Falle einer Reinigung zusätzlich die Problematik, dass das Gelände, auf dem die „Plastik M II“ steht, dem Verkehrsbetrieb ÜSTRA gehört. Dadurch ist bspw. das Aufstellen von Leitern oder Gerüsten wegen der Oberleitungen der Straßenbahn genehmigungspflichtig.

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AUSGEWÄHLTE BIBLIOGRAPHISCHE HINWEISE ZU TECHNIKEN, RESTAURIERUNGSMETHODEN UND -TECHNIKEN: • LANDESHAUPTSTADT HANNOVER, Günter Tollmann, „Plastik MII“ (1980), in: Fachbe- reich Gebäudemanagement der Landeshauptstadt Hannover, Akten: Kunst im öffent- lichen Raum, Skulpturen, Hannover 2007.

Vgl. Literaturangaben bei Alexander Calder (→ Ausgewählte bibliographische Hinweise zu Techniken, Restaurierungsmethoden und -techniken bei 3.3.4 Alexander Calder, „Hellebar- dier“ (1971), S. 46).

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3.3.15 Andreas von Weizsäcker, „Hangover“ (1991)

IDENTIFIKATION: Künstler: Andreas von Weizsäcker Titel: „Hangover“ Jahr: 1991 Material: glasfaserverstärktes UP-Harz, Aluminium, Büttenpapier, Solvermol® (Henkel), Gaze Standort: Raschplatzhochstraße Besitz: Dauerleihgabe des Künstlers

Aufstellungsjahr: 1993 Inv.Nr.: keine Angaben Abb. 93. Andreas von Weizsäcker, „Hangover“ (1991), Maße: keine Angaben Raschplatzhochstraße, Zustand März 2007.

MAßNAHMEN/VERÄNDERUNGEN: • 1991: im Rahmen des Skulpturenprogramms „Im Lärm der Stadt“ installiert, zunächst temporär (keine genauen Angaben) • 1993: aufgrund des öffentlichen Interesses als Dauerleihgabe wieder aufgestellt • November 2004: die Maler- und Lackiererinnung Hannover übernimmt kostenlose Reinigung, schadhafte Stellen werden mit Epoxidharz ausgebessert, der Malerbetrieb Ralf Sensig (Hannover) ist zuständig für die Anleitung der Maler- und Lackiererinnung

STANDORTBEDINGUNGEN (MÄRZ 2007): • nicht frei zugänglich (unter der Hochstraße montiert) • Luftemission durch sehr starkes Verkehrsaufkommen • Beschriftung: vorhanden

ZUSTAND (MÄRZ 2007): • sehr stark verschmutzte Oberflächen • der linke Außenspiegel des mittleren Fahrzeugs ist nur unzureichend befestigt

ERSTAUFSTELLUNG: Andreas von Weizsäcker170 beteiligte sich zu Beginn der 1990er Jahre mit seiner Skulptur „Hangover“ am Skulpturenprogramm „Im Lärm der Stadt“ von Lothar Romain. Die Skulptur wurde 1991 unter der Hochstraße am Raschplatz montiert. Die Arbeit besteht aus drei verschiedenen Volkswagen-Modellen, welche aus glasfaserver- stärktem Polyester, Aluminium und handgeschöpften Büttenpapier hergestellt wurden. Die Oberflächen sind weiß gefasst. Das Kunstwerk entstand in Zusammenarbeit mit der soge- nannten „Ralley-Abteilung“ der Volkswagenwerke in Wolfsburg. Die Arbeit wurde nach Ab- lauf des Ausstellungsprojektes wieder demontiert, jedoch aufgrund des erheblichen öffentli- chen Interesses 1993 als Dauerleihgabe des Künstlers erneut installiert.

170 Andreas von Weiszäcker, geboren 1969 in Essen, absolvierte 1979 das Studium der Bildhauerei bei Robert Jacobsen, Hubertus v.Pilgrim und Sir Eduardo Paolozzi. Heute ist er Professor an der Akademie der Bildenden Künste in München.

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VERÄNDERUNGEN/MAßNAHMEN: Die Emissionen an der exponierten Stelle unter der Hochstraße führen innerhalb kürzester Zeit zu einem hohen Verschmutzungsgrad. Deshalb wurden die Objekte bereits mehrmals gereinigt und neu gestrichen. Angeregt durch eine Bürgerinitiative wurde 2004 in Absprache mit dem Künstler eine größe- re „Restaurierung“ an den Objekten durch- geführt. Im Laufe der Zeit hatten sich an einigen Stellen kleine Teile der Oberfläche gelöst. Die Maler- und Lackiererinnung Hannover über- nahm unter Anleitung der Firma Ralf Sensig (Hannover) im November 2004 die kostenlose Reinigung und festigte schadhafte Stellen mit Epoxidharz. Alle drei Skulpturen wurden neu gestrichen. Zwei am mittleren Objekt verloren gegangene Außenspiegel stellte das Unter- nehmen Gessner & Jacobi zur Verfügung.171 Abb. 94. Detail: „Hangover“. März 2007: der linke Außenspiegel des mittleren Fahrzeugs ist unzurei- Die Oberflächen erscheinen heute erneut stark chend befestigt. verschmutzt. Eine Betrachtung aus der Nähe war leider nicht möglich, da die Objekte in großer Höhe montiert sind. Dennoch ist erkenn- bar, dass der linke Außenspiegel am mittleren Fahrzeug nur unzureichend befestigt ist (→ Abb. 94).

EMPFEHLUNGEN/PRÄVENTIVE KONSERVATORISCHE MAßNAHMEN: Aufgrund der Standortsituation werden diese Objekte nach einer Reinigung stets zügig wie- der verschmutzen. Andreas von Weizsäcker äußerte sich dazu wie folgt: „Die mit den Luftverschmutzungsverhältnissen einhergehende Patinierung der ursprünglich weißen Skulpturen habe ich selber nie mit besorgten Augen gesehen, weil dadurch die Reliefierung der Oberflächen eher besser zu sehen waren als im rein- weißen Zustand.“172 Jedoch sieht der Künstler eine Reinigung der Oberflächen in einem zeitlichen Abstand von etwa zehn Jahren als sinnvoll an. Die Reinigung der Oberflächen sollte zunächst trocken erfolgen, indem der Staub abgesaugt wird. Eine Nassreinigung der Oberflächen mit Wasser und Tensiden könnte sich anschlie- ßen. Dabei sollte unbedingt beachtet werden, dass die Verwendung eines Hochdruckreini- gers ein unkontrolliertes Eindringen von Wasser in das Objektinnere zur Folge hat. Dies soll- te unbedingt vermieden werden, um eine Korrosion der Metallteile zu verhindern. Eine Sicherung des linken Außenspiegels am mittleren Objekt sollt unbedingt erfolgen, da der Spiegel bei einem möglichen Herabstürzen aus großer Höhe eine Gefährdung für Pas- santen darstellt. Weitere Empfehlungen können an dieser Stelle nicht gegeben werden, da das Objekt nicht aus der Nähe begutachtet werden konnte.

171 Vgl. Anja Menge, Sanierung der Plastik „Hangover“ unter der Hochstraße am Raschplatz abgeschlossen, in: Pressemitteilungen der Landeshauptstadt Hannover vom 03.11.2004, unter: www.presse- hannover.de/217.6.173.52/ (Stand: 29.04.2007). 172 Andreas von Weizsäcker, in: Anhang, A.8 Korrespondenz mit Andreas von Weizsäcker, S. 39.

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AUSGEWÄHLTE BIBLIOGRAPHISCHE HINWEISE ZU TECHNIKEN, RESTAURIERUNGSMETHODEN UND -TECHNIKEN:

Vgl. Literaturangaben bei Niki de Saint Phalle (→ Ausgewählte bibliographische Hinweise zu Techniken, Restaurierungsmethoden und -techniken bei 3.3.5 Niki de Saint Phalle, „Nanas“ (1974), S. 53)

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3.3.16 Sanford Wurmfeld, „Diamant II“ (1972)

IDENTIFIKATION: Künstler: Sanford Wurmfeld Titel: „Diamant II“ Jahr: 1972 Material: Acrylglas, Chrom-Nickel-Stahl Standort: Karmarschstraße Besitz: Stadt Hannover Aufstellungsjahr: 1976 Inv.Nr.: 68/1976 Maße: H: 1,8 m; L: 1,8 m; B: 1,8 m

Abb. 95. Sanford Wurmfeld, „Diamant II“ (1972), Karmarschstraße, Zustand im Juni 2006. MAßNAHMEN/VERÄNDERUNGEN: • eine andere 1971 aufgestellte Skulptur des Künstlers namens „1205“ stand zunächst am Aegidientorplatz, dann auf dem Georgsplatz und wurde 1972 durch einen Sturm völlig zerstört • 1976: Aufstellung des Objektes „Diamant II“ • mehrmalige Reinigung der Oberflächen (keine weiteren Angaben) • September 2000: Reinigung und Polieren der Acrylglasflächen durch die Künstlerin und Goldschmiedin Christine Brandl in Zusammenarbeit mit Schlosserei Oskar Rehren (Hannover)

STANDORTBEDINGUNGEN (MAI 2007): • frei zugänglich • Sockel vorhanden (Stein) • direkt an einer Hauptverkehrsstraße • Bepflanzung im Pflanzkübel direkt neben der Skulptur • Beschriftung: nicht vorhanden

ZUSTAND (MAI 2007): Skulptur: • Verschmutzung • Aufkleber • Kratzer • Spannungsrisse im Bereich der Schrauben, Ausbrüche (teilweise sehr groß) Sockel: • starke Kratzer in der Edelstahloberfläche • Ausbrüche im Steinsockel

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ERSTAUFSTELLUNG: Die Skulptur „Diamant II“ des amerikanischen Künstlers Sanford Wurmfeld173 wurde im Juni 1976 von der Stadt aufgestellt. Die Skulptur hat die Form eines auf der Spitze balancieren- den Würfels und besteht aus verschiedenfarbigen Acrylglasflächen, die durch eine Edelstahl- rahmenkonstruktion miteinander verbunden sind. Von verschiedenen Perspektiven aus be- trachtet, scheint der Würfel seine Farbe zu verändern, da sich durch Überlagerung der ver- schiedenfarbigen Acrylglasflächen eine subtraktive Farbmischung ergibt. Das heute vor der Sparkasse in der Karmarschstraße stehende Objekt ist der Nachfolger einer ähnlichen Skulptur mit dem Titel „1205“, die Wurmfeld 1971 auf dem Georgsplatz auf- gestellt hatte.174 Ein Sturm zerstörte diese Skulptur im Herbst 1972 vollständig.175 Der unge- wöhnlich heftige Sturm riss das Acrylglas aus der Metallkonstruktion, so dass die Scheiben erheblichen Sachschaden an Autos und Gebäuden verursachten. Nach der Zerstörung des Objekts „1205“ stellte Wurmfeld der Stadt die heutige Skulptur „Diamant II“ zur Verfügung. Der „Diamant II“ hatte zuvor in New York (USA) gestanden und wurde dann im Juni 1976 in Hannover aufgestellt. Die Kunst- und Bauschlosserei Oskar Rehren in Hannover wurde beauftragt, die von Wurmfeld gelieferten Einzelteile zusammen- zubauen. Diese Firma war bereits für den Aufbau der ersten Skulptur „1205“ verantwortlich gewesen. Die Firma Rehren baute eine Halterung und eine Bodenplatte für die Skulptur und wurde zudem mit der Herstellung eines Sockels beauftragt.176 Die schweizerische Firma Dupont™ fertigte für Wurmfeld die farbigen Acrylglasscheiben an.177 Die Wahl des Standorts fand in Abstimmung zwischen Kulturamt, Gartenbauamt, Stadtspar- kasse und Tiefbauamt statt. Man entschied sich für eine Aufstellung auf einem Sockel dicht an der Straße neben einem Pflanzkübel.

VERÄNDERUNGEN/MAßNAHMEN: Über Restaurierungen an der Skulptur „Diamant II“ existieren leider keine weiterführenden Aufzeichnungen. Allein eine Maßnahme der Goldschmiedin Christine Brandl vom September 2000 ist von ihr selbst dokumentiert. Die Scheiben des Würfels sind bereits nach wenigen Jahren stark verschmutzt. Somit ist anzunehmen, dass es auch zuvor schon mehrere Reini- gungen gegeben hatte. Der damalige Restaurator des Niedersächsischen Landesmuseums Peter Waldais verwahrte eine von Wurmfeld eigens mitgelieferte Reinigungsflüssigkeit. Ob diese tatsächlich Verwendung fand und um welche Art von Reinigungsmittel es sich dabei genau handelte, ist nicht bekannt.

173 Sanford Wurmfeld, geboren 1942, absolvierte ein Studium am B.A. Dartmouth College in Hanover (USA). Wurmfeld lebt heute in New York. 174 Der erste Aufstellungsort des Objektes „1205“ im Rahmen des „Experiments Straßenkunst“ war der Aegidien- torplatz in Höhe der damaligen Buchhandlung Feesche und des Durchgangs von der Georg- zur Prinzenstraße. Bereits nach wenigen Wochen musste ein neuer Standort auf dem Georgsplatz gefunden werden, was in den Akten des Amtes für Gebäudemanagement nicht eingehender dokumentiert ist. 175 Die zerstörten Teile gelangten in die Kunst- und Bauschlosserei der Firma Oskar Rehren in Hannover. Die von Wurmfeld mitgelieferten Schrauben, Bügel, Gummistücke sowie eine Reinigungsflüssigkeit hatte bis dato der Restaurator Peter Waldais im Niedersächsischen Landesmuseum in Verwahrung. Über den weiteren Verbleib dieser Teile ist nichts bekannt. 176 Ob die Firma ebenfalls die Metallkonstruktion für die Scheiben baute, konnte nicht eindeutig geklärt werden. 177 Wurmfeld bewahrt bis heute in seinen Ateliers in New York originale Acrylglasscheiben auf. Vgl. Anhang A.2 Interview mit Christine Brandl am 30.06. 2006, S. 10.

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Christine Brandl berichtet, dass die Scheiben stark verschmutzt und mit Graffiti und Aufklebern versehen waren. Sie entschloss sich die Scheiben zu reinigen. Die Problematik einer solchen Reinigung war ihr dabei durchaus bewusst. Die Scheiben mit einer Seitenlänge von 1,80 m werden durch Schrauben in dem Metallgestell gehalten. Diese Aufhängungen der Scheiben im Metallgestell sind sehr gefährdet, da das Material hier leicht ausbrechen kann. Um auch das Abb. 96. Installation der Skulptur „Diamant II“ Innere des Würfels reinigen zu können, wurden die nach der Reinigung im September 2000. Scheiben demontiert. Vorab setzte Frau Brandl sich mit Wurmfeld in Verbindung, der ihr im Schadensfall seine Unterstützung zusicherte. Die Stadt stellte Frau Brandl den Gebäudereinigermeister Christopher Heine zur Seite und die Sparkasse finanzierte die Reinigung. Zusammen mit der Firma Oskar Rehren wurde der „Di- amant II“ demontiert, anschließend mit Wasser gereinigt und poliert. Die Edelstahlkonstrukti- on und der Betonsockel wurden vor Ort mit einem Hochdruckreiniger gesäubert. Am Sockel der Skulptur waren eine Bank und ein Papierkorb befestigt, die Frau Brandl entfernen ließ. Wurmfeld äußerte sich sehr positiv zu dieser Maßnahme und reiste eigens zur Besichtigung an. Im Mai 2007 waren die Oberflächen der Scheiben bereits erneut beklebt und verschmutzt. Im Bereich der Verschraubungen zeichnen sich Spannungsrisse im Acrylglas ab. Im unteren Bereich der Halterung sind Teile aus dem Acrylglas Abb. 97. Detail: „Diamant II“. Mai 2007: ein herausgebrochen (→ Abb. 97). Teil der Halterung aus Acrylglas ist heraus- gebrochen (weißer Pfeil).

EMPFEHLUNGEN/PRÄVENTIVE KONSERVATORISCHE MAßNAHMEN: Unter der Bezeichnung Acrylglas versteht man thermoplastische Polymere auf Grundlage von Acrylsäure und Methacrylsäure. Das Material zeichnet sich zwar durch Härte, Festigkeit und Steifigkeit aus, ist allerdings als Material für Kunstobjekte, besonders im Außenraum, sehr problematisch. Durch sogenannten „Medienangriff“ kann es z.B. zur Spannungsrissbildung (Crazing) kommen. Crazing kann bspw. durch Lösemittel wie Alkohole oder Ketone ausgelöst werden. Aus diesem Grund sind die richtige Wahl der Reinigungsmittel bzw. -zusätze besonders wichtig. Untersuchungen haben zudem gezeigt, dass die Anfälligkeit gegenüber dieser Rissbildung mit steigendem Wassergehalt im Polymer zunimmt.178 Abb. 98. Detail: „Diamant II“. Die Oberflächen sind erneut verschmutzt (Mai 2007).

178 Vgl. Scheirs 2000, S. 311.

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Ein gut funktionierender Regenwasserablauf, der stehendes Wasser auf den Oberflächen und im Bereich der Halterungen verhindert, ist deshalb zu gewährleisten. Spannungsrissbildung kann aber auch in sensiblen Bereichen, z.B. an Verschraubungen (→ Abb. 99), auftreten. Am Objekt zeigt sich dies vor allem an kleineren bis größeren Ausbrüchen und Rissen im Bereich der Halterungen. Ein weiterer Grund für diese Rissbildung kann der unterschiedliche Ausdehnungs- koeffizient des Acrylglases und der Edelstahlkon- struktion sein. Diese Stellen sollten unbedingt beobachtet und zur Herabsetzung der Span- nungskräfte gegebenenfalls Veränderungen an der

Halterung vorgenommen werden, um weiterem Verlust vorzubeugen. Abb. 99. Detail: „Diamant II“. Im Bereich der Besonders die Löse- und Pflegemittel zur Reinigung Halterung wird besonders starke Spannung auf das Acrylglas ausgeübt. und Entfernung von Graffiti und Aufklebern, welche . unverzüglich entfernt werden müssen, sind vorab an einer Probefläche zu testen. Bei einer wässrigen Reinigung muss darauf geachtet werden, die Einwirkzeit des Lösemittels so kurz wie möglich zu halten. Die Reinigung sollte, um Kratzer auf der Oberfläche zu vermeiden, grundsätzlich nicht trocken durchgeführt werden. Für die Reinigung kommen (Kunst-)Leder oder Viskoseschwämme in Frage. Handelsübliche Glasreiniger sollten keinesfalls verwendet werden, da sie Auslöser für Crazing sein können und die Acrylglasscheiben nach einer sol- chen Behandlung matt erscheinen. Da Acrylglas besonders anfällig für sogenannte Biofilme ist, sollten die Intervalle für ein Monitoring und die Durchführung kleinerer Pflegemaßnahmen entsprechend gewählt werden. Für die Reinigung der Edelstahlkonstruktion der Skulptur gelten die gleichen Empfehlungen wie bei der Skulptur „Yaya Yolcu“ von Boehm und Nicolai (→ Empfehlungen/präventive kon- servatorische Maßnahmen bei 3.3.3 Klaus Dietrich Boehm und Katinka Nicolai, „Yaya Yolcu“ (1975), S. 42).

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AUSGEWÄHLTE BIBLIOGRAPHISCHE HINWEISE ZU TECHNIKEN, RESTAURIERUNGSMETHODEN UND -TECHNIKEN: • ARGHIR, Anca, Transparenz als Werkstoff. Acrylglas in der Kunst, Köln 1988. • KWASNY-ECHTERSHAGEN, Rüdiger, Dauerhaftigkeit und Langzeitverhalten von Kunststoffen im Bauwesen, Ein Beitrag zur experimentellen Ermittlung von Kennwer- ten zur Dauerhaftigkeit und zum Langzeitverhalten, beispielsweise dargestellt an PMMA und PVC sowie GF-PHA und GF-UP, Aachen 1993. • LANDESHAUPTSTADT HANNOVER, Sanford Wurmfeld, „Diamant II“ (1972), in: Fachbe- reich Gebäudemanagement der Landeshauptstadt Hannover, Akten: Kunst im öffent- lichen Raum, Straßenkunstprogramm Hannover, Hannover 2007. • LORNE, Aleth, The poly(methyl methacrylate) objects in the collection of The Nether- lands Institute for Cultural Heritage, (Preprints Vol. II) in: ICOM Committee for Conservation, 12th Triennial Meeting Lyon 29. August - 3. September, London 1999, S. 871-875. • NISSE, Corinna, Acrylglas als künstlerisches Medium, unveröffentlichte Diplomarbeit an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, Studiengang Konservierung und Restaurierung, Stuttgart 1993. • RÖHM GMBH (HRSG.), Acrylharze in organischen Lösemitteln, Darmstadt 1988. • SALE, Don, An Evaluation of Eleven Adhesives for Repairing Polymethylmethacrylate Objects and Sculptures in: David Grattan (Hrsg.), Saving the Twentieth Century: The Conservation of Modern Materials, Proceedings of a Conference, Symposium 1991, Ottawa 1993, S. 325-339. • DERS., Evaluating adhesives for repairing Polymethylmethacrylate Objects and Sculp- ture: changes in tensile strength an colour after accelerated ageing, in: Wright (Hrsg.), Scottish Society for Conservation and Restoration: Resins: Ancient and Mod- ern, Edinburgh 1995, S.17-32. • SCHEIRS, John, Compositional and Failure Analysis of Polymers. A Practical Appro- ach, Chichester 2000. • ZERULL, Ludwig, Kunst ohne Dach – Skulpturen und Objekte im Stadtbild Hannovers, Hannover 1992.

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3.4 Resümee Während der Beschäftigung mit den vorgestellten Fallbeispielen und deren Restaurierungs- geschichte bzw. der Chronologie von Wartungs- und Pflegemaßnahmen wurde sehr schnell deutlich, dass das Vorgehen bei der Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen von vielen äußeren Faktoren abhängig ist und dadurch oftmals sehr unkonventionell erscheint. In der Tat zeigen einige Beispiele sehr anschaulich den teilweise etwas hilflosen Umgang mit die- sen Kunstobjekten. Welchen Anteil diese Maßnahmen tatsächlich am Erhalt der Objekte gehabt haben, muss an dieser Stelle jedoch kritisch hinterfragt werden. Ein weiterer wichtiger Aspekt – und hier spielt der öffentliche Raum als Ausstellungsort eine große Rolle – ist die Tatsache, dass die Durchführung einer Restaurierung im Außenraum sich grundlegend von dem unterscheidet, was heute unter einer zeitgemäßen Restaurierung, die unter anderem einer gewissen Ethik verpflichtet ist, verstanden wird (→ 4.1 Ethisch- ästhetische Überlegungen und rechtliche Grundlagen, S. 112). Dies hat verschiedene Ursa- chen. Die Infrastruktur städtischer Verwaltungen sieht Erhaltungsmaßnahmen an Kunstwer- ken im öffentlichen Raum in den meisten Fällen nicht vor, so dass die Entscheidungsträger hier häufig überfordert sind. Auslöser der meisten Restaurierungen ist oftmals der unübersehbar schlechte Zustand eines Objektes, der unter Umständen auch zum Ärgernis in der Bevölkerung werden kann. Der Fachbereich Gebäudemanagement und das Kulturbüro – mit der Pflege und Wartung der Objekte in Hannover betraut – sind stets auf Hinweise von Passanten angewiesen. Eine Zu- ständigkeit für ein regelmäßiges Monitoring der Objekte durch Fachleute gibt es in Hannover leider nicht. In einigen Fällen ist es eine Umgestaltung von Straßen, Plätzen und Parkanlagen, welche Anlass für Restaurierungen oder das Umsetzen der dort befindlichen Objekte an neue Standorte gibt. Nicht zu vergessen sind auch in Hannover stattfindende Großereignisse, wie jährliche Messen, die Weltausstellung EXPO im Jahr 2000 oder die Fußballweltmeisterschaft 2006, die Auslöser von zum Teil großzügigen Sanierungen waren – wie z.B. das Neulackie- ren oder Reinigen der Objekte. Art und Ausmaß der jeweiligen Bearbeitung richten sich da- bei meist nach dem ideellen und materiellen Wert der Objekte. Vor allem genießen diejeni- gen Kunstwerke eine höhere Wertschätzung und Akzeptanz, die aufgrund ihrer künstleri- schen Qualität und Popularität einen hohen Sachwert aufweisen. Solche Objekte werden aufwändig „restauriert“, da es hier scheinbar ein öffentliches Interesse am Erhalt gibt. Die Spendenbereitschaft von Firmen und privaten Geldgebern ist meist gekoppelt mit dem Grad der Popularität eines Kunstwerks. Darüber hinaus spielt natürlich auch der Aufstellungsort eine entscheidende Rolle. So werden Kunstobjekte an repräsentativen Orten oder z.B. an Schauseiten von Firmenniederlassungen im Allgemeinen pfleglicher behandelt als Arbeiten von weniger bekannten Künstlern oder an weniger exponierter Stelle. Des Weiteren orientieren sich Art und Weise der Behandlung eines Kunstwerkes scheinbar auch an der Materialwahl des Künstlers. Moderne Materialien wie Edelstahl oder Polyester werden einer ähnlichen Behandlung unterzogen wie die Objekte unseres Alltags. Dagegen werden Materialien, welche den traditionellen, akademisch geprägten Vorstellungen von Kunst entsprechen, wie z.B. Bronze, geschätzt und der Umgang mit ihnen entsprechend angepasst. In diesem Zusammenhang ist die Tatsache interessant, dass Restaurierungen oftmals ent- sprechend der Materialität des Objektes von Fachfirmen aus dem Handwerk ausgeführt wer-

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den. So werden bspw. bei Schäden an Kunststoffobjekten Firmen konsultiert, die sich auf die Herstellung bestimmter Materialkombinationen spezialisiert haben. Dies mag damit zusam- menhängen, dass Künstler bei der Herstellung ihrer Werke häufig erfolgreich mit solchen Firmen zusammenarbeiten und diese dann auch weiterempfehlen. Es gibt Beispiele, bei de- nen eine solche Kooperation geeignet war, aber nicht weniger Beispiele, bei denen dies zu keinem befriedigenden Ergebnis geführt hat. Neben diesen Auftragsarbeiten werden aber auch immer öfter Privatpersonen, Vereine oder ortsansässige Firmen auf das zum Teil vor der eigenen Haustür befindliche Problem aufmerksam und engagieren sich beispielsweise für entsprechende „Putzaktionen“. Die Künstler betrachten ihre älteren Objekte oftmals distanzierend als einer vergangenen, abgeschlossenen Phase ihres Schaffens zugehörig und daher befürworten sie vielfach grö- ßere Eingriffe oder Umgestaltungen. So wurden in mehreren Fällen die Künstler mit einer Restaurierung ihrer Arbeiten betraut, wodurch einige Objekte vollständig überarbeitet bzw. neu interpretiert wurden. Die Konzeptfindung und Ausführung einer Erhaltungsmaßnahme in Zusammenarbeit mit Fachleuten, wie z.B. Restauratoren, ist jedoch weitaus seltener. Die jüngste Vergangenheit hat aber auch gezeigt, dass das Bewusstsein in diesem Bereich geschärft wurde. Nachfra- gen und Absprachen mit der Denkmalpflege – unabhängig davon, ob die Objekte geschützt sind oder nicht – oder die Einbeziehung von Restauratoren und Kunstwissenschaftlern bei aktuellen Vorhaben belegen dies. Leider bietet auch das, wie das Beispiel der „Nanas“ ge- zeigt hat, nicht immer eine Garantie für die Erhaltung von Kunst- und Kulturgut. Ebenso lässt sich feststellen, dass es einen Unterschied im Umgang mit Werken der Vor- kriegszeit und Kunstwerken, die nach 1945 entstanden sind, gibt. Werke der Vorkriegszeit sind oftmals denkmalgeschützt und unterliegen damit der Pflege durch die Denkmalschutz- behörde. Das Landesamt für Denkmalpflege dient dabei lediglich als Kontrollinstanz, so dass die Ausführenden oftmals Restauratoren sind. Der Erhalt der Authentizität bzw. Originalität der Objekte rückt hierbei mehr in den Vordergrund, als es beispielsweise bei zeitgenössi- schen Objekten der Fall ist. Diese Kunstwerke werden im Allgemeinen mit einer gewissen historischen Distanz gesehen, wodurch sie scheinbar an Wertschätzung und Respekt ge- winnen. Bei der Vielzahl der durchgeführten Maßnahmen, die sich vom übereilten „Anstreichen“ bis hin zur „Deponierung“ im Museum erstrecken, wird die Unsicherheit der Verantwortlichen sehr deutlich. Angesichts der fehlenden finanziellen Mittel konnte die Stadt Hannover im Lau- fe der Jahre immer weniger Geld für die Pflege der Kunst im öffentlichen Raum zur Verfü- gung stellen. Land und Kommunen sind damit stets von der Spendenbereitschaft von Firmen und Privatleuten abhängig, um eine Konservierung oder Restaurierung zu ermöglichen. So kam es auch in einigen Fällen dazu, dass die Objekte an die Künstler zurückgegeben wur- den oder auf einem der städtischen Bauhöfe eingelagert werden mussten, da keine Gelder für eine Restaurierung zur Verfügung standen. Ziel von Erhaltungsmaßnahmen sollte es sein, mit vergleichsweise geringem Aufwand, wie z.B. einem regelmäßigen Monitoring, ein Bewusstsein für das kulturelle Erbe und dessen Erhaltung zu schaffen. Die in der Ausbildung von Restauratorinnen und Restauratoren in den letzten Jahren geprägten Begriffe der Prävention und Umfeldanalyse erhalten gerade in die- sem Zusammenhang einen großen Stellenwert (→ 4.3 Empfehlungen zum Umgang mit Kunst im öffentlichen Raum, S. 135).

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4 Ethisch-ästhetische Überlegungen und Empfehlungen zum Umgang mit Kunstwer- ken im öffentlichen Raum Die hier vorgestellten Beispiele für Sanierungen, Reparaturen und Restaurierungen moder- ner und zeitgenössischer Kunstobjekte im Außenraum (→ 3.3 Fallbeispiele, S. 29) zeigten, dass die klassischen Herangehensweisen an eine Konservierung/Restaurierung179 nicht mehr vollständig anwendbar sind. Neue Vorgehensweisen sind oftmals erforderlich. Die in- terdisziplinäre Zusammenarbeit von Fachleuten erweist sich in der Praxis als unerlässlich. Die gezeigten Beispiele verdeutlichen weiterhin, dass es bereits eine Diskrepanz im Umgang mit Werken der Vorkriegszeit und Kunstwerken nach 1945 gibt (→ 3.4 Resümee, S. 110). Die folgenden theoretischen Überlegungen beziehen sich hauptsächlich auf die Kunst nach 1945. Um eine qualifizierte Konservierung und Restaurierung durchführen zu können, erfordert es neben Fachwissen eine intensive Recherche über den historischen und ideellen Hintergrund eines Kunstwerkes. Der Künstler selbst oder seine Angehörigen sowie seine Mitarbeiter können dabei eine große Hilfestellung sein. Das Erarbeiten neuer Strategien im Bereich der modernen und zeitgenössischen Kunst, wird heute vorrangig mit der Hochschulausbildung von Restauratoren für moderne Materialien forciert. Dennoch werden diese ausgebildeten Fachkräfte meist lediglich im musealen Bereich eingesetzt. Die Etablierung dieser Restaura- toren im Bereich der Denkmalpflege für moderne Kunst wird leider nur all zu selten ange- strebt. Die folgenden ethischen und ästhetischen Überlegungen sollen einen Denkanstoss im Um- gang mit der Kunst im öffentlichen Raum darstellen. Abschließend wird eine kurze Übersicht einiger möglicher praktischer Empfehlungen zum Umgang mit den Objekten gegeben.

4.1 Ethisch-ästhetische Überlegungen und rechtliche Grundlagen Die Notwendigkeit der Entwicklung von Kriterien für die Restaurierung moderner und zeitge- nössischer Kunst ist bereits seit Jahrzehnten offensichtlich und bekannt. Die 1963 erschie- nene „Teoria del restauro“ des Kunsthistorikers und Restaurierungstheoretikers Cesare Brandi und die aus ihr resultierende Entwicklung zeigen eindeutig die Notwendigkeit von Grundsatzüberlegungen, „welche zu einem kritischen Verständnis der restauratorischen Tätigkeit im historischen, kulturellen und allgemeinen gesellschaftlichen Kontext führen.“180 Seit den 1980er Jahren gab es immer wieder groß angelegte Projekte181, welche gezielt auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Restauratoren, Kunsthistorikern, Philosophen, Naturwissenschaftlern und Spezialisten verschiedener technischer Fachrichtungen hinarbei- teten. Vor allem wurden dabei ethische, ästhetische und konservatorische Aspekte berück- sichtigt.

179 Hier ist vor allem auf die Methodik der Konservierung und Restaurierung gemeint, da die unkonventionelle Verwendung von Materialien in der zeitgenössischen Kunst neue Lösungswege für deren Konservierung und Restaurierung erfordert. 180 Vgl. Schädler-Saub 2006 (I), S. 235. An dieser Stelle soll auch auf die Übersetzung der „Teoria del restauro“ hingewiesen werden, eine Sammlung von Vorlesungsskripten und Aufsätzen über Grundsatzfragen der Restau- rierung, ins Deutsche übersetzt von Ursula Schädler-Saub und Dörthe Jakobs. Vgl. Schädler-Saub/Jakobs 2006. 181 z.B. 1980: „5 Punkte Programm zur Erhaltung der Moderne“ von Heinz Althöfer, 1993: das Projekt „Conserva- tion of Modern Art“ in den Niederlanden, 1999: „INCCA-Projekt“ International Network for the Conservation of Contemporay Art.

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4 ETHISCH-ÄSTHETISCHE ÜBERLEGUNGEN UND EMPFEHLUNGEN ZUM UMGANG MIT KUNSTWERKEN IM ÖFFENTLICHEN RAUM

Zugegebenermaßen ergeben sich schwierige Anforderungen für die Restaurierung moderner Kunst im Außenraum, da die Objekte im Gegensatz zum geschützten Museumsbereich, ei- ner ständigen Wechselwirkung mit ihrem Umfeld ausgesetzt sind. Dennoch muss es die Auf- gabe sein, das Kunstwerk so zu bewahren, wie es in der Intention vom Künstler geschaffen wurde und heute erhalten ist. Dabei gilt es, das Original möglichst unversehrt zu erhalten. Unter einem Original versteht man nicht nur eine sichtbare Oberfläche, der Begriff beinhaltet vielmehr das gesamte, vom Künstler zusammengeführte Materialgefüge.182 Nach meiner Auffassung gilt es zu betonen, dass unabhängig vom prozentualen Grad der Mitarbeit ver- schiedener Assistenten des Künstlers, auch hier der Originalitätsbegriff zu verwenden ist. Besonders im Bereich der modernen und zeitgenössischen Kunst gibt es zahlreiche Beispie- le, wo fraglos Zuschreibungen an den jeweiligen Künstler gemacht werden, obwohl bekannt ist, dass die Ausführung durch Assistenten erfolgt ist.183 Das Materialgefüge unterliegt einem Alterungsprozess, der mehr oder weniger sichtbare Alterungsspuren hinterlässt. Diese Spuren sowie auch die historischen Bearbeitungen an einem Kunstwerk sollten grundsätzlich als Teil des Originals betrachtet werden, denn „das Hier und Jetzt des Originals macht den Begriff seiner Echtheit aus.“184 Jeder Eingriff in die originale Substanz eines Kunstwerkes, und sei es noch so geringfügig, bedeutet damit einen Verlust an Originalität.185 Sichtbare Alterungsspuren oder die entstandene Patina186 an einem modernen Kunstwerk scheinen jedoch wesentlich weniger respektiert zu werden, als an historischen Objekten (wie z.B. des 19. Jahrhunderts). Bei einer Patina „unterscheidet [man grundsätzlich] die natürlich entstandene Patina von der künstlichen Patinierung, die Teil der ursprünglichen künstlerischen Gestaltung [wie z.B. bei Skulptu- ren aus Bronze] oder eine spätere (oft restauratorische) Zutat sein kann.“187 Beispielsweise wird bei Objekten aus Cor-Ten® Stahl die Korrosion als künstlerisches Mittel eingesetzt. Dennoch divergiert gerade bei diesen Objekten die notwendige Wertschätzung zu der Materialität der Objekte. Die Akzeptanz einer natürlichen Alterung dieser Kunstwerke scheint damit in Abhängigkeit von der Materialität zu stehen. Dabei kann die Erhaltung von Patina und allgemein von Alters- und Nutzungsspuren, also der Zuwachs an Geschichtlichkeit des Objektes, entscheidend dazu beitragen, ein Kunst- werk als ein historisches Zeugnis erfahrbar zu machen.188 Dennoch besteht bei der Erhaltung einer Patina die Gefahr, dass diese Materialveränderungen die eigentliche künstlerische Aussage (z.B. Transparenz, Glanz, Farbigkeit etc.) verändern. Da zu einer natürlich entstan- denen Patina neben Farbveränderungen oder Oberflächenveränderungen auch Verschmut- zungen, Verwitterungsprodukte und mikroorganischer Befall (z.B. auf Steinoberflächen),

182 Vgl. Heimberg 1991, S. 92. 183 Der Originalitätsanspruch ist nach Ableben des Künstlers auf die Assistenten nicht übertragbar. 184 Benjamin 1936, S. 4. 185„Seit den Grundsatzüberlegungen zur Denkmalpflege, die ab 1900 in Deutschland insbesondere von Georg Dehio formuliert wurden, schätzen und respektieren wir nicht nur die ursprüngliche Idee und Gestaltung eines Denkmals, sondern respektieren seinen ganzen Lebensweg als materielles Zeugnis seiner und unserer Ge- schichte.“ Schädler-Saub 2006 (I), S. 230. 186 Thomas Brachert bezeichnet den Begriff Patina ursprünglich als ein Synonym für auf Bronzen (Plastiken etc.) haftenden Grünspan. Der Begriff wurde später auf andere Metalle, Steine, Verputze und im Laufe der Zeit auf komplexe Materialgefüge wie Gemälde, Textilien und Möbel übertragen. Bei der Patina handelt es sich um die Oberflächenveränderung eines Materials durch seine Alterung. Vgl. Brachert 1985, S. 10. 187 Schädler-Saub 2006 (I), S. 236. 188 Vgl. Schädler-Saub 2006 (I), S. 236.

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welche unter Umständen sogar schützende Funktion haben, gezählt werden, müssen im Falle einer Konser-vierung sowohl ethische und ästhetische als auch konservatorische Be- lange berücksichtigt werden.189 Die Patina kann jedoch ab einem bestimmten Grad der Mate- rialveränderung (gefährliche Schmutzablagerung, Verkrustungen etc.) für das Kunstwerk schädigend sein. Fallweise werden heute auch historische Kritzeleien auf Wandgemälden oder Steinfassaden differenzierter gewertet und nicht ohne weiteres entfernt. So wurde beispielsweise vor weni- gen Jahren durchgesetzt, dass Kritzeleien und Graffiti190 aus Zeiten des Zweiten Weltkrieges im Reichstaggebäude in Berlin ein Zeitdokument darstellen und deshalb schützenswert sind. Graffiti der heutigen Zeit stellen in den meisten Fällen ebenfalls eine Form der Kommunikati- on dar und werden eventuell in wenigen Jahrzehnten an Wertschätzung gewinnen. Die zeit- genössischen Graffiti sind zwar ein Ausdrucksmittel unserer Zeit geworden und haben zwei- felsohne einen gewissen gesellschaftspolitischen Wert, doch haben besonders im Beriech der Kunst im öffentlichen Raum die Schäden durch Graffiti überhand genommen. Nach mei- ner Auffassung muss hier deutlich zwischen historische wertvollen Kritzeleien und solchen, welche klarer Vandalismus sind, unterschieden werden. Manche Künstler machen es einem hierin nicht leicht, eine klare Handhabe festzulegen, wenn sie es sogar ablehnen, dass Graffiti von ihren Kunstwerken entfernt werden. Mehrheitlich jedoch sehen die Künstler darin eine Beeinträchtigung ihres Werkes, ihrer Idee und wünschen die rasche Entfernung von Graffiti. Dies gilt auch für die Vielzahl an Aufklebern, Plakaten oder ähnlichem, welche neben dem ästhetischen schließlich auch ein konservatorisches Problem191 darstellen. Die Kunst im öffentlichen Raum soll bewusst zugänglich sein und verzichtet daher teilweise auf Sockel oder andere Abgrenzungen. Sicher sind Eingriffe in die Oberfläche aufgrund kon- servatorischer Aspekte zu rechtfertigen, jedoch sollte auch hier das Verständnis über den Begriff der Originalität und Authentizität192 eines jeden Kunstwerkes genauestens geprüft werden. Zudem sollte bewusst sein, dass diese Überlegungen zusätzlich durch den jeweili- gen Zeitgeschmack und das subjektive ästhetische Empfinden der Verantwortlichen beein- trächtigt werden.193

189 Vgl. Schädler-Saub 2006 (I), S. 236. 190 "Graffiti ist ein Oberbegriff für viele thematisch und gestalterisch unterschiedliche Erscheinungsformen. Die Gemeinsamkeit besteht darin, dass es sich um visuell wahrnehmbare Elemente handelt, welche "ungefragt" und meist anonym, von Einzelpersonen oder Gruppen auf fremden oder in öffentlicher Verwaltung befindlichen Oberflächen angebracht werden. Besonders in der Variante des graffiti-writings der Sprayer bezieht der Begriff auch offiziell ausgeführte Auftragsarbeiten und künstlerische Produktionen mit ein." Norbert Siegl, Definition des Begriffs Graffiti, unter: www.graffitieuropa.org/definition.htm (Stand: 21.02.2007). 191 Graffiti, Aufkleber und Plakate, welche nicht rechtzeitig entfernt werden, können sehr stark mit den Oberflä- chen reagieren, so dass sie teilweise nur noch schwer entfernt werden können. Dabei kann die Patina einer Oberfläche unter Umständen stark beschädigt werden. 192 Authentizität als zentrales Kriterium in einem letztlich noch Alois Riegl verpflichtetem wechselseitigem System der Denkmalwerte wurde zuletzt 1994 auf einer UNESCO- und ICOMOS- Konferenz im japanischen Nara in einem „Dokument of Authenticity“ niedergelegt. Vgl. Petzet 1997, S. 141. 193 Vgl. Schädler-Saub 2006 (I), S. 231.

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Eine Restaurierung ist nie neutral oder tatsächlich objektiv. Auch wird die totale Authentizität durch eine gekonnte Konservierung nie erreicht werden.194 Die oftmals gewünschte vollstän- dige Reversibilität einer restauratorischen Maßnahme, also das vollständige Entfernen nach- träglich eingebrachter Materialien, ist oftmals fern jeder Realität. Vielmehr sollte eine durch- geführte Maßnahme wiederholbar bleiben, bzw. nachfolgende Konservierungen und Restau- rierungen nicht behindern.195 Diese subjektiv gefällten Entscheidungen könnten durch eine Ausweitung der Verantwortung bei der Konzeptfindung auf alle betroffenen Nutzer (Eigentümer, Öffentlichkeit, Restaurato- ren, Historiker, Denkmalpfleger) objektiver gestaltet werden, denn all diese „Entscheidungs- träger sind Treuhänder der Objekte. Das hieße jedoch nicht, dass Experten ihre Fachkompe- tenz bloßem Populismus opfern sollen“196 (→ 4.1.1 Das Decision-Making-Model, S. 117).

Diese obigen Überlegungen sollten für öffentliche Sammlungen, wie z.B. die der Stadt, dem Land oder dem Bund, gelten. Wie im musealen Bereich, handelt es sich auch hier um ge- schichtlich, künstlerisch, wissenschaftlich und städtebaulich wertvolle Objekte, die besonde- rer Pflege bedürfen. Kunst im öffentlichen Raum sollte der Kunst im Museum an Pflege und Wertschätzung gleichgesetzt werden, da besonders diese Kunstobjekte einen erhöhten Be- darf an Pflege aufweisen. Das heißt aber nicht, dass Kunst im öffentlichen Raum ideell mit der in Museen befindlichen Kunst gleichgesetzt werden kann. Mit der Kunst im öffentlichen Raum wurde bewusst versucht, Schwellen abzubauen, was auch zu erwartende Folgen für den konservatorischen Umgang hat. Da die Betrachter die Objekte berühren, teilweise sogar begehen können, werden sie offen- sichtlich von ihnen auch anders bewertet, die Hemmschwelle ist herabgesetzt, die Objekte werde benutzt- wenn auch oft auf negative Art.197 Unnahbare Objekte im musealen Bereich erfahren einen vollständig anderen Umgang, als Objekte im öffentlichen Raum. Des Weiteren scheint die mangelnde historische Distanz von zeitgenössischen Objekten bei Betrachtern wie bei Eigentümern ausschlaggebend für den Umgang mit den Objekten zu sein. Wie die Geschichte des „Borghesischen Fechters“ (1918) in Hannover zeigte, erfahren „altehrwürdige“ Objekte eine weitaus sensiblere Behandlung198 als Kunstwerke der Nach- kriegszeit. Dies äußert sich ferner bei der Diskussion einer Unterschutzstellung moderner und zeitgenössischer Objekte durch die jeweiligen Denkmalschutzbehörden (→ 4.1.3 Denk- malschutz und Denkmalpflege, S. 122).

194 Vgl. Muñoz Viñas 2005, S. 95. 195 Vgl. Muñoz Viñas 2005, S. 187f. 196 Kornelius Götz, Die Bedeutung eines Objektes - Der Restaurator als Spurenleser, unter: www.museeninbayern.de/pdf/literatur/2004_Spurenleser.pdf, S. 9 (Stand: 20.03.2007). 197 Bei den hier aufgeführten Schadensbildern wurde ersichtlich, dass eine Reihe von Schäden durch Vandalis- mus entsteht. Vgl. 3.1 Typische Schäden an Kunstobjekten im Außenraum, S. 17. 198 Bei dieser Restaurierung wurde, im Gegensatz zu Maßnahmen an anderen Objekten der Stadt, die Denkmal- pflege Hannovers hinzugezogen. Die Arbeiten wurden von einer Metallrestauratorin durchgeführt.

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Letztlich liegt - wie bereits erwähnt - die Entscheidung über den Erhalt eines Kunstwerkes bei den Eigentümern selbst. Erschwerend kommt dabei der Druck fehlender Finanzierungs- möglichkeiten hinzu, welcher erfahrungsgemäß eine der größten Gefährdungen für eine fachgerechte Restaurierung darstellt (→ 3.3 Fallbeispiele, S. 29). Die zuständigen Stellen für Kunst im öffentlichen Raum arbeiten häufig zwar mit Fachleuten aus dem Handwerk und Ingenieuren zusammen, jedoch ohne einen entsprechend ausgebil- deten Restaurator hinzuzuziehen. Aus dieser Konstellation resultierten bisher mehrfach Ein- griffe, die nicht im Sinne der Erhaltung des Originals und seiner Authentizität verstanden werden können, da häufig versucht wird, ein Kunstwerk in seiner Materialität und Technolo- gie zu verbessern. So hat beispielsweise die Firma Hahlbrock, welche mit der „Restaurierung“ der Polyester- skulpturen von Niki de Saint Phalle betreut wurde, „auf diesem Gebiet sein Know How bei der Restaurierung verschiedener Objekte unter Beweis gestellt. […] Die damals verwendeten Kunstharze hatten nicht die optimierte chemische Natur der heute verwendeten Hochleistungsmaterialien. Oftmals war auch die Kenntnis über die fachgerechte Auswahl, Verarbeitung und Applikation der Harze […] nicht gegeben.“199 Nach dieser korrekter mit „Sanierung“ zu bezeichnenden Bearbeitung der Skulpturen „erstrahlen die drei prallen Damen wieder in neuem Glanz“200 und die Firma wirbt seither in ihrem Leistungsangebot mit GFK-Restaurierungen (→ 3.3.5 Niki de Saint Phalle, „Nanas“ (1974), S. 53). Ein Eingriff in das Original kann also durchaus die Intention des Künstlers verfälschen.201 Für einige, extreme Fälle wurde angeregt, das Original durch eine Kopie zu ersetzten; so diskutierte man auch im Fall der „Nanas“ von Niki de Saint Phalle aus Kostengründen über die Anfertigung von Kopien. Die Foundation Saint Phalles entschied sich gegen die Präsen- tation einer Kopie.202 Bei dieser Entscheidung wäre die folgende These Schinzels interessant gewesen: „In einer Zeit, in der immer die Frage steht, ob die Idee absolut höher ist, dass sie gar nicht mehr realisiert werden braucht, oder ob das Material eben doch unabdingbar ist, um ein bildendes Kunstwerk zu schaffen […] besteht die große Frage und der große Anspruch an den Restaurator, zu entscheiden, was bedeutsamer ist für die Restaurie- rung: die Idee oder das Material?“203 Niki de Saint Phalle äußerte sich zu dieser Frage bereits zu Lebzeiten angeblich sehr klar: Sie betonte, dass es ihr mit den „Nana“-Skulpturen allein um die Provokation ginge. Damit wäre die Idee völlig losgelöst vom Material. Diese von ihrem Assistenten Rico Weber zur Verfügung gestellte unbestätigte mündliche Information von Niki de Saint Phalle, war einer der Beweggründe der Stadt die Skulpturen letztlich - entgegen dem Rat der hinzugezogenen Restauratoren - vollständig sanieren zu lassen.

199 Firma Hahlbrock, GFK Restaurierung, unter: www.hahlbrock.de/fvk/de/projekte/gfk-restaurierung/index.php (Stand: 10.03.2007). 200 Firma Hahlbrock, GFK Restaurierung, unter: www.hahlbrock.de/fvk/de/projekte/gfk-restaurierung/index.php (Stand: 10.03.2007). 201 Dies gilt auch für Restauratoren. 202 Die Erben von Niki de Saint Phalle befürchten mit dem Anfertigen von Kopien die sogenannte, ungewollte „Vermehrung des Werkes“. 203 Schinzel 1985, S. 19. Diese These wird bereits seit der Renaissance diskutiert: „Der Wert des Kunstwerks geht nach Giorgio Vasari über seine Materie hinaus, jedoch erfordert die Anfälligkeit der Materie in der Malerei ein restauratorisches Eingreifen oder die Inkaufnahme des Verlustes.“ Schädler-Saub 2006 (II), S. 6.

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Wie diese theoretischen Überlegungen zeigen, gilt es bei einer Restaurierung nicht allein, Alter und Material eines Kunstwerkes und seiner Herstellungstechniken zu erkennen, son- dern vielmehr auch darum, ethische Fragestellungen zu analysieren, um einem Kunstwerk in seiner historischen und künstlerischen Dimension tatsächlich gerecht werden zu können. Dabei sollte diese potentielle Einheit künstlerischer Werte zur bestmöglichen Geltung ge- bracht werden, ohne dabei eine Verfälschung zu schaffen.204 Der Respekt vor dem Original und die Wertschätzung der historischen Dimension eines Kunstwerkes stehen unumstritten im Mittelpunkt dieser Diskussion. Eine Restaurierung kann jedoch unmöglich eine objektive Entscheidung darstellen, sondern sollte vielmehr als eine zeitgebundene Interpretation verstanden werden, welche sich best- möglich an den gegebenen historischen und künstlerischen Angaben orientiert.

Ebenso sollten die Urheberrechte des Künstlers auf sein Kunstwerk bei Maßnahmen an einer künstlerischen Arbeit immer Berücksichtigung finden (→ 4.1.2 Rechtliche Grundlagen: Urheberrecht, S. 118). Die Entscheidung über eine mögliche Methodik der Konservierung und Restaurierung muss bei jedem Kunstwerk unter Beachtung seiner spezifischen individu- ellen Fragestellungen205 getroffen werden. Eine theoretische Hilfestellung könnte dabei das „Decision-Making-Model“ sein.

4.1.1 Das Decision-Making-Model Wie bereits beschrieben, sind die Rezeptionsmechanismen der klassischen Kunst auf die Moderne - und in diesem Fall besonders auf die Kunst im öffentlichen Raum - nicht mehr voll anwendbar. Eine neue Methodik der Entscheidungsfindung zum Umgang mit diesen Kunst- werken muss überlegt werden. Die Inhalte des „Decision-Making-Model“206 könnten bei der Entscheidungsfindung unterstüt- zend angewendet werden. Die „Foundation for the Conservation of Modern Art“207 Amster- dam hat, aufbauend auf das Modell von Ernst van de Wetering208, das „Decision-Making- Model“ für die Konservierung und Restaurierung moderner und zeitgenössischer Kunst ent- wickelt. Dieses Model ist eine Sammlung von Kriterien zur Entscheidungsfindung bei der Konservierung und Restaurierung moderner und zeitgenössischer Kunst aus dem Jahre 1999, das bis heute stetig weiterentwickelt wird.209 Die Beziehung zwischen Material und Idee ist in der modernen Kunst sehr häufig vieldeutig und stark vom Künstler und den jeweiligen Objekten abhängig und nicht immer leicht zu er- kennen.210

204 Vgl. Schädler-Saub 2006 (I), S. 236. 205 Als wichtige Aspekte erscheinen neben Materialfragen und Technologie z.B. der historische Kontext, städtebauliche Aspekte und nicht zuletzt die künstlerische Intention des Kunstwerkes. 206 Die konkreten Inhalte des „Decision-Making-Model“ können im Internet eingesehen werden. Vgl. INCCA, The Decision Making Model, unter: www.incca.org/dir003/INCCA/CMT/Text.nsf/0/3bd096d3c248026bc1256af0004a6e8a/$FILE/Decision- making%20Model.pdf (Stand: 14.03.2007). 207 Vgl. Foundation of the Conservation of Modern Art (Hrsg.) 1999. 208 Vgl. Wetering 1987. 209 Vgl. Hummelen/Sille 1999, S. 164ff. 210 Foundation of the Conservation of Modern Art (Hrsg.) 1999, S. 164.

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Der Nutzer des „Decision-Making-Model“ folgt vorgegebenen Stufen eines Diagramms211, um zu Antworten zu gelangen. Das Model ermöglicht, eine Diskussion über die Fragen der jeweiligen Konservierung bzw. Restaurierung zu führen. Es soll die Entscheidungsfindung organisieren und gefällte Entscheidungen in ihrer Konsequenz prüfen und diese auch im Nachhinein als nachvollziehbar darstellen.212 Dennoch stellt dieses Modell lediglich eine Hilfestellung und eine Art Kontrollinstanz bei der Entscheidungsfindung dar. Es sollten die Zielvorstellungen aller Beteiligten berücksichtigt werden. Letztlich wird damit auch hier ein Kompromiss zu suchen sein, da besonders im öffentlichen Raum eine Vielzahl an externen Einflüssen die Entscheidungsfindung stark be- einflussen wird.

4.1.2 Rechtliche Grundlagen: Urheberrecht Die Fragen des Urherberrechtes stellen sich auch im Umgang mit der Kunst im öffentlichen Raum. Diese Objekte befinden sich außerhalb der geschützten Räume eines Museums und sind für jedermann zugänglich, womit diese Kunstwerke auch gewissen Sicherheitsstan- dards, wie z.B. hinsichtlich der Statik etc. unterliegen. Im Laufe der Jahre können Änderun- gen an einem Werk notwenig werden, die der Künstler so nicht vorgesehen hatte. Dies scheint jedoch ein relativ untergeordneter Aspekt, betrachtet man den allgemeinen „konservatorischen“ Umgang mit den Werken. So werden einige Kunstwerke regelmäßig nicht nur gereinigt, sondern abgeschliffen, gestrichen oder gar erneuert. Einige Beispiele wurden bereits in Kapitel 3 vorgestellt (→ 3.3 Fallbeispiele, S. 29). Beim Kauf eines Kunstwerkes hat der Käufer nur das Eigentum an dem Kunstwerk erlangt. Meist werden dem Käufer vertraglich damit Nutzungsrechte eingeräumt. Das Urheberrecht als solches jedoch verbleibt stets beim Künstler, womit garantiert wird, dass ein Künstler zu Lebzeiten über sein Werk mit entscheiden kann. Das Urheberrecht erlischt in Deutschland siebzig Jahre nach dem Tode des Urhebers.213 Nach seinem Tode stehen seinen Erben (z.B. auch Nachlassverwaltungen) diese Rechte zu.214 Damit kann ein Künstler über Veränderun- gen an seinen Objekten mitbestimmen, was zu einem hohen Konfliktpotential mit dem Eigen- tümer führen kann.215 In Europa gibt es eine grundlegende Vereinheitlichung der Urheber- rechte. Der „Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst“216 aus dem Jahr 1967 schlossen sich nahezu alle Nationen an.

211 Vgl. Anhang C.2 Diagramm des „Decision-Making-Model“, S. 2. 212 Foundation of the Conservation of Modern Art (Hrsg.) 1999, S. 165 f. 213 Vgl. UrhG Abschnitt 7, Dauer des Urheberrechts, Artikel II. § 64 Allgemeines (Stand: November 2006). 214 Vgl. UrhG Abschnitt 5, Rechtsverkehr im Urheberrecht, Unterabschnitt 1, Rechtsnachfolge in das Urheber- recht, Artikel I. §28 Vererbung des Urheberrechts (Stand: November 2006). 215 Der Urheber hat das Recht, eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung seines Werkes zu verbieten, die geeignet ist, seine berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen am Werk zu gefährden. Vgl. UrhG, Abschnitt 4, Inhalt des Urheberrechts, Unterabschnitt 1 Allgemeines, Artikel III. § 14 Entstellung des Werkes (Stand: November 2006). 216 „Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst“, revidiert in Stockholm am 14. Juli 1967, unter: www.admin.ch/ch//d/sr/i2/0.231.14.de.pdf (Stand: 27.02.2007).

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Demgegenüber zeigt die Realität, dass die „letzte Entscheidung“ über das Kunstwerk der Eigentümer trifft, was oftmals sehr willkürlich oder nicht im Sinne der Urheberrechte ge- schieht. Für Hannover gibt es mehrere Beispiele, wo Kunstwerke aus dem Stadtbild entfernt wurden (→ 4.2 Das Entfernen von Skulpturen aus dem Stadtbild, S. 128), was von der Öffentlichkeit meist nur beiläufig wahrgenommen wurde. Hingegen ereignete sich in Kassel ein in Presse und Fachkreisen kontrovers stark diskutiertes Ereignis. Ein Streit um die aus Holz und Stahl gebaute "Treppe ins Nichts" (→ Abb. 100), die auf Kassels zentralem Königsplatz auf einer Plattform endete, war seit der documenta VIX (1992) immer wieder in die Schlagzeilen gera- ten. Der künstlerische Leiter der documenta VIX, Jan Hoet, hatte die Gestaltung des gesam- ten Königsplatzes in den Katalog der weltweit bedeutendsten Schau moderner Kunst aufge- Abb. 100. Die „Treppe ins Nichts“ (1992) nach ei- nem Entwurf von Gustav Lange am Königsplatz in nommen. Bei weiten Teilen der Bevölkerung Kassel. blieb der Bau jedoch unbeliebt.217 In einer Nachtaktion wurde letztlich im August 2000 das umstrittene Kunstwerk abgerissen. Damit setzte sich die Stadtverwaltung über eine einstweilige Verfügung hinweg, die der Erbauer des monumentalen Holzkunstwerks, Gustav Lange, erwirkt hatte. Der ehemalige Kasseler Oberbürgermeister Georg Lewandowski verteidigte die Maßnahme als einen „Beitrag zum Erhalt des Stadtfriedens."218 Gegen den geplanten Abriss hatte sich der Künstler stets mit juristischen Mitteln zur Wehr gesetzt und sich auf sein Urheberrecht berufen. Der damalige Rechtsdezernent der Stadt betonte, dass dieser Abriss im Interesse aller und im Ermessen des Eigentümers liege und berief sich auf ein bis dato nicht rechtskräftiges Urteil des Land- gerichts Kassel, das den Abriss gebilligt hatte. Der Oberbürgermeister musste sich darauf vor Gericht „wegen des Verdachts der gemeinschaftlich begangenen Untreue in besonders schwerem Fall, hier eine konkrete Gefährdung für das städtische Vermögen,“219 verantwor- ten. Bei einem Kaufvertrag sollte unbedingt formuliert werden, inwieweit der Künstler eine Pflege und Wartung seines Kunstwerkes wünscht. Auch können hier Beleuchtungs- oder Darstel- lungspositionen vertraglich festgehalten werden. Ohne diese Grundlagen, ist es für den Künstler nur schwer, einen Anspruch auf die Restaurierung seiner Kunst durch den Eigen- tümer zu erwirken. Hingegen muss der Künstler seine Beweggründe auflisten, wenn er eine Restaurierung für ein bestimmtes Objekt ablehnt. Bleiben jedoch Beeinträchtigungen an ei- nem Kunstwerk, die „sich ohne Zutun des Eigentümers durch Einwirkung Dritter ergeben haben, würden damit die Persönlichkeitsrechte des Künstlers (§ 14UrhG) verletzt werden.“220 In einem Vertrag sollte weiterhin festgehalten werden, inwieweit der Standort (damit das

217 Vgl. Berliner Tagesspiegel Online am 28.08.2000, Elefantenklo - Kassel reißt Documenta - Treppe ab, unter: www.tagesspiegel.de/kultur/archiv/28.08.2000/ak-ku-ku-7629.html (Stand: 22.02.2007). 218 Vgl. Berliner Tagesspiegel Online am 28.08.2000, Elefantenklo - Kassel reißt Documenta - Treppe ab, unter: www.tagesspiegel.de/kultur/archiv/28.08.2000/ak-ku-ku-7629.html (Stand: 22.02.2007). 219 Vgl. Berliner Tagesspiegel Online am 28.08.2000, Elefantenklo - Kassel reißt Documenta - Treppe ab, unter: www.tagesspiegel.de/kultur/archiv/28.08.2000/ak-ku-ku-7629.html (Stand: 22.02.2007). 220 Pfennig (II) 2006, S. 155.

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direkte Umfeld) des Kunstwerkes Teil der künstlerischen Intention und damit ebenfalls urhe- berrechtlich geschützt ist. Diese Frage wird im Fall des Umsetzens einer Skulptur an einen neuen Standort relevant (→ 4.2 Das Entfernen von Skulpturen aus dem Stadtbild, S. 128), da dies „eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung […] des geistigen oder persönli- chen Interesse am Werk“221 bedeuten kann. So äußern sich einige wenige Künstler bereits zu Lebzeiten, wie im Fall einer Restaurierung oder von Veränderungen mit ihrem Werk verfahren werden soll. Beispielsweise veröffentlicht die Alexander Calder Foundation genaue Angaben zum Umgang mit den Metallskulpturen Calders auf ihrer Homepage222. Die Foundation befürwortete die Entscheidung der Stadt Hannover, die Metallskulptur „Hellebardier“ (1969) abzuschleifen und neu zu streichen. Aus konservatorischer Sicht ist dies jedoch teilweise fragwürdig, da hier der Originalitätsanspruch nicht berücksichtigt wird (→ 3.3.4 Alexander Calder, „Hellebardier“ (1971), S. 46). Die Anga- ben des Künstlers oder einer Foundation erleichtern zwar die Entscheidungsfindung hinsicht- lich einer Bearbeitung eines Kunstwerkes, sollten und dürfen aber dennoch nicht unkritisch betrachtet werden. 223 Aufgrund des umfassenden Sacheigentums hat der Käufer das Recht zu bestimmen, was mit dem Kunstwerk geschehen soll. Er kann es z.B. vernichten, verschenken oder öffentlich ausstellen. Was die Vernichtung des Kunstwerks angeht, so stützt sich die Rechtsprechung unter anderem auf eine in den 1980er Jahren ergangene Entscheidung, welche unbefriedi- gend ist, da die bloße Entstellung eines Kunstwerkes vom Inhaber des Urheberrechts nicht hingenommen werden muss.224 Er kann Veränderungen unter bestimmten Bedingungen wi- dersprechen. Wenn die Vernichtung aber als höchste Stufe der Entstellung bzw. Änderung eines Kunstwerks angesehen wird, müsste als Konsequenz auch diese als eine Verletzung des Urheberrechts angesehen werden. Tatsächlich hat sich in der Schweiz und in den USA diese Schlussfolgerung in entsprechenden Gesetzesvorschriften durchgesetzt. Dort muss der Eigentümer dem Urheber vor der Zerstörung das Kunstwerk zur Rücknahme gegen Erstattung des Materialwertes angeboten haben. Selbstverständlich gilt dies nicht für alle Kunstwerke, an denen Urheberrechte bestehen, da dies für den Eigentümer eine unzumut- bare Situation bedeuten würde. Kunstwerke in einer großen Auflage oder hohem Wert wer- den daher in der Regel zu einem symbolischen Wert angeboten.

221 Vgl. UrhG, Abschnitt 4, Inhalt des Urheberrechts, Unterabschnitt 1 Allgemeines, Artikel III. § 14 Entstellung des Werkes (Stand: November 2006). 222 Vgl. Calder Foundation, General Guidelines for Restoration of Monumental Sculpture, unter: www.calder.org/SETS/foundation/foundation.html (Stand: 22.02.2007). 223 Detaillierte Angaben des Künstlers zu verwendeten Materialien und Techniken, könnten auch in der hier vor- geschlagenen Datenbank festgehalten werden. Vgl. Anhang B.2 Konzept einer Datenbank für die Kunst im öf- fentlichen Raum Hannovers, S. 9. 224 Vgl. Carsten M. Herrle, Urheberrecht und Eigentum 16.06.2006, unter: www.ra-herrle.de/index.php?option=com_content&task=view&id=26&Itemid=28 (Stand: 07.03.2007).

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In der juristischen Literatur wird hinsichtlich der Totalzerstörung eines Kunstwerkes differen- zierter argumentiert: „Bei transportablen Kunstwerken soll der Eigentümer, der sich von einem Kunstwerk trennen möchte, gehalten sein, dem Künstler die (kostenlose) Rücknahme anzubieten, bevor er es zerstört.“225 Urteile, die diese Auffassung stützen, liegen jedoch nicht vor. Bei Kunstwerken, welche unter Denkmalschutz gestellt wurden, ist eine totale Zerstörung des Objektes erschwert226 (→ 4.1.3 Denkmalschutz und Denkmalpflege, S. 122). Bei Kunst im öffentlichen Raum handelt es sich oftmals um bedeutende und wertvolle Kunstwerke, die Teil einer öffentlichen Sammlung sind und damit von der Stadt verwaltet werden. Somit sollte es ein allgemeines öffentliches Interesse an der Erhaltung des kulturel- len Erbes geben. Jedoch sollte es möglich sein z.B. im Zuge städtebaulicher Veränderungen Kunstwerke neu zu positionieren oder auch zu entfernen (→ 4.2 Das Entfernen von Skulptu- ren aus dem Stadtbild, S. 128).

Das Gebiet der rechtlichen Fragen konnte hier nur am Rande behandelt werden. Dennoch sollte verdeutlicht werden, dass die Kenntnis über die Rechte von Eigentümer und Künstler bei Entscheidungen über das Kunstwerk unbedingt mit betrachtet werden müssen. Gerhard Pfennig stellte jüngst in seinen Artikeln „Rechtsfragen“ und „Urheberrecht“ eine Rei- he rechtlicher Kriterien im Umgang mit Kunst (in Deutschland) zusammen, erschienen im der Publikation „Pro Kunst 4“ des Berliner Kunstvereins 2006.227 Des Weiteren wären zu nennen:

• BULLINGER, Winfried, Kunstwerkfälschung und Urheberrechtpersönlichkeitsrecht, Berlin 1997, • EBLING, Klaus/SCHULZE, Marcel, Zivilrecht Steuerrecht, München 2007. • FISCHER, Manfred, Das Reptil ist weitergezogen: Rollenkonflikte zwischen Denkmal- schutz und Stadtplanung, in: taz (Die Tageszeitung), Hamburger Ausgabe, Bd.17 (1995), Nr. 4652 vom 24./25.6.1995, S. 36. • FISCHER, Manfred, Wie lange dauern die Werke? Ein Lesebuch für Denkmalpfleger, ihrer Freunde und Kritiker, München 1990, • PICKER, Günther, Kunstgegenstände und Antiquitäten, München 2000, • SCHMIDT, Thomas Peter, Urheberrechtliche Probleme moderner Kunst und Computer- kunst in der rechtsvergleichenden Darstellung, München 1995, • WEBER, Marc, Unveräußerliches Kulturgut im nationalen und internationalen Rechts- verkehr, Berlin 2002, • ZENTEK, Sabine, Ein Handbuch für Recht in Kunst und Design, Stuttgart 1998.

225 Pfennig (II) 2006, S. 157. 226 „Wer ohne die nach § 10 erforderliche Genehmigung und ohne Vorliegen der Vorraussetzungen des §7 ein Kulturdenkmal oder einen wesentlichen Teil eines Kulturdenkmals zerstört, wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“, in: Straftaten und Ordnungswidrigkeiten § 34, Absatz 1 DschG. Niedersachsen. 227 Vgl. Pfennig 2006.

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4.1.3 Denkmalschutz und Denkmalpflege Denkmalschutz und Urheberschutz verfolgen zwar nicht identische Ziele, aber sie teilen wohl in der Regel sehr wohl das gemeinsame Interesse an einer dauerhaften ungeschmälerten Überlieferung und Wirkungsmöglichkeit von denkmalgeschützten Werken der bildenden Kunst.

KURZE ÜBERSICHT DER ORGANISATION DER DENKMALSCHUTZBEHÖRDEN IN NIEDERSACHSEN Zunächst soll zum besseren Verständnis des folgenden Textes kurz eine Übersicht der Organisation und Zuständigkeiten der Denkmalschutzbehörden in Niedersachsen gegeben werden.228

Oberste Denkmalschutzbehörde (Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur)

FACHAUFSICHT FACHAUFSICHT

Denkmalfachbehörde BERATUNG Untere Denkmalschutzbehörden (Niedersächsisches Landesamt für (Gemeinden mit eigener Bauauf-

Denkmalpflege mit Stützpunkten) BESTELLUNG IM sicht und Landkreise) EINVERNEHMEN

BERATUNG Ehrenamtlich BERATUNG Beauftragte für BENEHMEN ANZEIGE GENEHMIGUNG die Denkmal- ANTRAG BERATUNG BERATUNG BERATUNG pflege

Kirchen Bund und Land Private

Abb. 101. Organigramm der Niedersächsischen Denkmalpflege (2005).

228 Vgl. Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, Neuorganisation der Denkmalpflege in Niedersachsen ab 01.01.2005, unter: www.denkmalpflege.niedersachsen.de/master/C26123944_N26123312_L20_D0_I10768338.html (Stand: 26.04.2007).

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Die Zuständigkeiten in der Denkmalpflege229 werden in Niedersachsen im Allgemeinen in oberste Denkmalschutzbehörde, Denkmalfachbehörde und untere Denkmalschutzbehörde unterteilt. Betrachtet man die Organisation der Pflege von Kunstwerken im städtischen (z.B. Hannover) oder Landesbesitz (Niedersachsen), liegt die Aufsicht im Bereich der Denkmalfachbehörde in Hannover (in diesem Fall das Landesamt für Denkmalpflege). Diese Denkmalfachbehörde unterteilt sich in folgende Arbeitsbereiche: • Referat Archäologie, • Referat Bau- und Kunstdenkmalpflege, • Referat Fachdienste, • Referat zentrale Aufgaben. Im Referat Fachdienste sind verschiedene Dienstleistungen im Umfeld der Denkmalpflege zusammengefasst, unter anderem die Beratung bei Fragen der Restaurierung von Kultur- denkmalen, die archäologische Bauforschung, die Öffentlichkeitsarbeit, die Bibliothek sowie die Fort- und Weiterbildung. Das Niedersächsische Denkmalschutzgesetz von 1978 wird stets aktualisiert230 und ist bei allen Entscheidungen maßgebend.

DENKMALPFLEGE IN HANNOVER Einige Skulpturen im Stadtraum Hannovers stehen bereits heute unter Denkmalschutz. Da- bei handelt es sich vorwiegend um Skulpturen, welche aus der Zeit bis etwa 1960 stammen, wie z.B. die Skulpturen, welche zum Ensemble am Maschsee gehören. Diese Kulturdenkma- le wurden nach den rechtlichen Vorgaben von § 3 Abs. 2 des Niedersächsischen Denkmal- schutzgesetzes von 1978 aufgrund ihrer geschichtlichen, künstlerischen, wissenschaftlichen oder städtebaulichen Bedeutung in das so genannte Denkmalverzeichnis oder konstitutive Denkmalbuch der Kulturdenkmale des niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege aufgenommen.231 Bei all diesen Objekten bestand das vom Gesetz geforderte allgemeine öffentliche Interesse für deren Erhalt.232 Kulturdenkmale dürfen nicht ohne weiteres instand gesetzt, verändert, zerstört oder wiederhergestellt werden; diese Maßnahmen bedürfen einer Genehmigung der Denkmalschutzbehörde.233 Diese Genehmigung entfällt nur, wenn die Kulturdenkmale im Eigentum oder Besitz des Bundes oder des Landes sind, oder Maßnah- men durch den Bund oder durch das Land ausgeführt werden sollen. Diese Maßnahmen sind jedoch dem Landesamt für Denkmalpflege mit Planungsbeginn anzuzeigen.234 In den niedersächsischen Denkmalschutzgesetzen werden - wie in ähnlicher Form in den Denkmalschutzgesetzen anderer Bundesländer - Vorgaben für die „Pflicht zur Erhaltung“235 und auch für die „Grenzen der Pflicht der Erhaltung“236 gemacht. Die untere Denkmalschutz-

229 Unter dem Begriff Denkmalschutz ist die rechtlich-hoheitliche Funktion, also die Entscheidungsbefugnis bei Handhabung des Gesetzes gemeint. Der Begriff Denkmalpflege umfasst die fachlich beratende Funktion, also die Lieferung wissenschaftliche Grundlagen. 230 Vgl. DSchG Niedersachsen vom 30. Mai 1978 (GVBl. S. 517), zuletzt geändert 5.11.2004 (GVBl. S. 415). 231 Diese Begrifflichkeiten werden im Handbuch Denkmalschutz und Denkmalpflege ausführlich beschrieben. Vgl. Martin/Krautzberger 2006, S. 157. 232 Vgl. Schmaltz/Wiechert 1998, S.41f. 233 Vgl. Genehmigungspflichtige Maßnahmen § 10 Absatz 1 DSchG Niedersachsen. 234 Vgl. Genehmigungspflichtige Maßnahmen § 10 Absatz 5 DSchG Niedersachsen. 235 Vgl. Pflicht zur Erhaltung § 6 DSchG Niedersachsen. 236 Vgl. Grenzen der Erhaltungspflicht § 7 DSchG Niedersachsen.

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behörde hat dabei die Aufgabe, die Kulturdenkmale zu erfassen, zu erforschen und zu do- kumentieren.237 Der Eigentümer wird von der Denkmalpflegebehörde bei der Durchführung von Arbeiten fachlich beraten. Eine Förderung aus Landesmitteln für eine Restaurierung ist abhängig von der Maßgabe der im Haushaltsplan bereitgestellten Mittel. In Niedersachsen stehen für das Jahr 2007 rund 3,5 Millionen Euro für die Denkmalförderung zur Verfügung. Hinzu kommen rund 0,75 Millionen Euro Bundesmittel für national wertvolle Kulturdenkmale. Die Mittel werden vor allem für be- sonders gefährdete Baudenkmale eingesetzt.238

ALLGEMEINE KRITERIEN EINER UNTERSCHUTZSTELLUNG VON KUNSTWERKEN Die Auswahl von Kunstwerken für eine Unterschutzstellung ist durch die Vielzahl potentieller Denkmale erschwert. Die Denkmalwürdigkeit wird von einem Kreis von Sachverständigen des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege nachgewiesen.239 Als berücksichti- gungsfähige Gründe für eine Unterschutzstellung in Niedersachsen240 gelten geschichtliche, wissenschaftliche, künstlerische oder städtebauliche Aspekte. Diese Kriterien werden im Einzelnen stets weiterentwickelt.241 Dabei müssen sich die Objekte vom durchschnittlichen Bestand abheben, bzw. nicht Alltägliches repräsentieren. Dies gilt auch für Objektgruppen, wie z.B. das „Experiment Straßenkunst Hannover“, welches „möglicherweise als ein Zeugnis für ein weit verbreitetes Auftreten oder für den historischen Alltag und sozialen Durchschnitt besonders signifikant“242 ist. Dem gegenüber sehen die gegenwärtigen Denkmalschutzgesetze der deutschen Bundes- länder keine klar vorgegebene differenzierte Zeitgrenze eines Kunstwerkes für die Ernen- nung zum Kulturdenkmal vor. Es besteht vielmehr eine unausgesprochene Übereinkunft, „dass „rezente“ Schöpfungen nur im Besonderen begründeten Ausnahmefall einen Erhal- tungsauftrag der Denkmalpflege unterliegen können.“243 In vielen Denkmalinventaren gilt nach wie vor ein Abstand von 25-30 Jahren, also etwas ein Zeitraum einer Generation, wie es Georg Dehio schon 1905 im inzwischen schon historischen „Handbuch der deutschen Kulturdenkmäler“ gehandhabt hat. Auch heute scheint dieser Abstand als angemessen, um vorschnelle Entscheidungen aufgrund fehlender historischer Distanz oder persönlicher Be- fangenheit der Beteiligten vorzubeugen.244

237 Vgl. Landesamt für Denkmalpflege § 21DSchG Niedersachsen. 238 Vgl. Landesamt für Denkmalpflege Hannover, Denkmalförderung, unter: www.denkmalpflege.niedersachsen.de/master/C396213_L20_D0_I731_h1.html (Stand: 15.03.2007). Vgl. Schmaltz/Wiechert 1998, S. 241-244. 239 Vgl. Schmaltz/Wiechert 1998, S. 76f. 240 Diese Kriterien unterscheiden sich in jedem Bundesland. Vgl. Martin/Krautzberger 2006, S. 142. 241 Vgl. Martin/Krautzberger 2006, S. 130-142. 242 Haspel 2006, S.169. 243 Haspel 2006, S.171. 244 Vgl. Haspel 2006, S.171f.

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Tilmann Breuer meinte dazu: „Kritischer Abstand zur Gegenwart, zur gegenwärtigen Gesellschaft und zum eigenen Urteil, kurz, Geschichtsbewusstsein, wird nur einen Gegenstand Denkmal nennen kön- nen, der aus einer vergangenen Epoche stammt.“245 Zeitgenossen scheinen nach dieser Meinung nicht berufen, über Bauwerke oder Kunstwerke ihrer eigenen Epoche Urteile hinsichtlich der dauerhaften Erhaltungswürdigkeit abzugeben. Es stellt sich allerdings die Frage – angesichts der Schnelllebigkeit unserer Zeit – ob diese Maßnahmen so noch anwendbar ist; ob sie nicht von der Praxis eingeholt worden ist.

DAS EXPERIMENT STRAßENKUNSTPROGRAMM HANNOVER Das Projekt „Experiment Straßenkunstprogramm Hannover“ der 1970er Jahre ist meines Erachtens nach ein Zeugnis einer geschichtlich abgeschlossenen Kulturepoche, da es nun mehr als dreißig Jahre zurückliegt und auch nicht in dieser Form weitergeführt worden ist. Die Landesdenkmalpflege erarbeitet derzeit ein Denkmalverzeichnis der Kunst- und Bau- denkmale der 1960er und 1970er Jahre in Niedersachsen. In diesem Zuge wäre es sinnvoll, das „Experiment Straßenkunstprogramm Hannover“ mit in das Denkmalverzeichnis aufzu- nehmen, da die Skulpturen offensichtlich sowohl geschichtliche, als auch künstlerische und im Einzelfall sogar städtebauliche Kriterien für die Aufnahme in die Liste der Kulturdenkmale Hannovers erfüllen. Besonders sei hier auf den kulturhistorischen Wert dieses Projektes hin- gewiesen. Das „Experiment Straßenkunst“ initiiert durch Martin Neuffer, damaliger Ober- stadtdirektor und durch den Direktor des Kunstvereins Manfred de la Motte, stellte ohne Zweifel ein Vorbild und ein Impuls für die kulturelle Entwicklung zur damaligen Zeit in Deutschland dar. Das Projekt setzte gezielt auf die Förderung von Kunst im öffentlichen Raum als eine Art Imagewerbung für die Stadt.246 Grundlage war eine Image-Studie eines Marktforschungsinstitutes, die zu dem Schluss gekommen war, dass „Hannover vorwiegend grau sei.“247 Ende der 1960er Anfang der 1970er Jahren zeichnete sich eine zunehmende Stadtflucht ab. Gerade Kommunen, die ihre Grenzen nicht mehr durch Eingemeinden erwei- tern konnten, waren gezwungen, sich ein neues Image aufzubauen, mit dem zumindest par- tiell die einsetzende Abwanderungsbewegung aufgehalten werden konnte.248 Die Wiederent- deckung des öffentlichen Raumes als Kommunikationsterrain und Bereich sozialer Nutzung setzte in erster Linie das „Verweilen“ als planerische Aufgabe voraus. Die Kunst wurde dabei zum Instrument, wenngleich mit der Gefahr „im Einklang mit Kommerz und Konsum affirma- tiven Charakter“249 zu stehen.

245 Tilmann Breuer, in: Haspel 2006, S. 172. 246 Die Anfänge dieses Projektes gaben zusätzlich den Auftakt für Hannovers berühmten Flohmarkt, welcher bis heute in jedem Stadtführer aufgeführt wird. 247 Zerull 1992, S. 27. 248 So sank die Einwohnerzahl Hannovers zwischen 1961 und 1970 um 8,6%. Vgl. Dühr 1991, S. 178. 249 Seide 1973, S. 16.

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1970 hieß es in einem Artikel der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung: „Es soll versucht werden, das Lebensgefühl in einem zunächst begrenzten Stadtraum durch intensive Einbeziehung von Kunstwerken und Kunstaktionen in den öffentlichen Straßenraum zu verändern und zu steigern. Es soll ferner festgestellt werden, ob die in ihrer Mehrheit im Umgang mit moderner Kunst ungewohnten Bürger und Besucher der Stadt nach Ablauf des Programms die dauernde Einbeziehung von Kunstwerken und Kunstereignissen in den öffentlichen Stadtbereich als zusätzliche Erlebnisdimension befürworten oder ablehnen.“250

Die zunehmende Akzeptanz der Kunst im öffentlichen Raum durch die Bevölkerung zeigt sich zweifelsohne z.B. an den anfänglich stark abgelehnten Skulpturen von Niki de Saint Phalle, welche heute als eines der Wahrzeichen der Stadt gelten. Das „Experiment Straßen- kunst“ in Hannover ist ein gelungener Anfang der Akzeptanz von moderner Kunst im öffentli- chen Raum, gemessen an der zunehmenden Popularisierung. Diese kulturhistorische Ent- wicklung ist damit meines Erachtens ein weiteres wichtiges Kriterium für die Unterschutzstel- lung dieser Idee. Auch nach Alois Riegl kann der Denkmalwert eines Objektes nicht aus sei- ner Bedeutung in der Vergangenheit bestimmt werden, sondern ausschließlich aus seiner Bedeutung für die Gegenwart.251 Es sei an dieser Stelle nicht verschwiegen, dass einige Kritiker das Projekt im Sinne der „Demokratisierung der Kunst“ als gescheitert sehen: „Gerade weil die Demokratisierung der Kunst eine soziale Dimension besaß und besitzt und sie sich in den 70er Jahren mit radikaldemokratischen oder sozialistischen Gesell- schaftsvorstellungen verband, mischt sich in die heutige Kritik immer auch die Enttäuschung über die ausgebliebenen gesellschaftlichen Veränderungen.“252 Objektiv erscheint es nahezu unmöglich, nach Einbeziehung aller Sachzwänge und techni- schen Probleme tatsächlich „demokratisch“ über Kunst so entscheiden zu können, dass die Interessen aller Beteiligter und vor allem die des Künstlers in solch einer Diskussion voll- ständig bedient werden. Betrachtet man die aufgrund der wirtschaftlichen Situation der Städte stagnierende Entwick- lung der Kunst im öffentlichen Raum, kann man das Projekt „Experiment Straßenkunst- programm Hannover“ lediglich als einen Anfang bezeichnen. Auch wenn einige Skulpturen von Kritikern künstlerisch als minderwertig bezeichnet werden, gehören sie ebenso wie die Arbeiten prominenter Künstler wie Alexander Calder, Niki de Saint Phalle, George Rickey und anderer zu dieser damaligen Auswahl. Vielmehr sollten die Auswahlkriterien der damaligen Kunstkommission des „Experiments Straßenkunstprogramm Hannover“ berücksichtigt werden.

Die Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege beim Vollzug der Erhaltungs- und Genehmigungspflichten wird von der Stadt Hannover als Eigentümer bereits teilweise praktiziert. Der hier vorgestellte Vorschlag zur Aufnahme in die Liste der Kulturdenkmale soll nicht bedeuten, dass Kunstwerke ungeachtet der Veränderungen ihres Umfelds einen Ewigkeitsanspruch auf ihren Standort genießen (→ 4.2 Das Entfernen von Skulpturen aus dem Stadtbild, S. 128). Die Denkmalschutzbehörde könnte vielmehr als eine Art Kontroll-

250 Zerull 1992, S. 28. 251 Vgl. Huse (Hrsg.) 1996, S. 126 und Riegl 1903. 252 Manske 1991, S. 76.

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instanz bei der Pflege aller Kunstwerke im öffentlichen Raum beratend hinzugezogen wer- den, um einen fachgerechten Umgang gewährleisten zu können. Wie auch bei anderen Kul- turdenkmalen, könnte in Zusammenarbeit mir der Denkmalschutzbehörde die restauratori- sche Befundsicherung, die Konzeptentwicklung zur Konservierung, Restaurierung und weite- ren Pflege, das Monitoring der Objekte im Allgemeinen sowie eine mögliche, objekt- und aufgabenbezogene Forschung zu restauratorischen, kunst- und naturwissenschaftlichen Fragestellungen erfolgen. Zudem wäre eine Diskussion über das vielleicht voreilige Entfernen der Skulpturen aus dem Stadtbild durch Beiträge von Fachleuten der Denkmalpflege bereichert.

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4.2 Das Entfernen von Skulpturen aus dem Stadtbild Anlässlich einer Podiumsdiskussion zu Beginn der 1990er Jahre zog der damalige Direktor des hannoverschen Kunstvereins, Eckhard Schneider, aus dem Straßenkunstprogramm der 1970er Jahre eine negative Bilanz. Er bezeichnet das „Experiment Straßenkunst“ als ge- scheitert. Viele Skulpturen seien seines Erachtens künstlerisch nicht wertvoll, falsch dimen- sioniert und deplaziert. Die ästhetische, soziale und urbane Absicht dieser Art „Stadtmöblie- rung“ sei dubios geworden. Er sprach sich für die Entsorgung einiger Skulpturen aus.253 Was im Museum normaler Alltag kunsthistorischer Neubewertung ist, wurde für den öffentli- chen Raum bis dato nicht in Betracht gezogen. Weshalb kann eine einstige Kunstkommissi- on den Stadtraum über Jahrzehnte mit einer auf Ortsbezug angelegten künstlerischen Arbeit besetzen? In Anbetracht fehlender Gelder im Kulturbereich, ist es vermutlich in nächster Zukunft unwahrscheinlich, dass neue Skulpturen jüngerer Künstler im Stadtbild Hannovers installiert werden. Ludwig Zerull bemerkte zu Beginn der 1990er Jahre, dass es keinesfalls so sein kann, „dass junge Künstler heute kaum merkliche Veränderungen im Stadtbild vornehmen und gleichzeitig zum Abbruch früherer künstlerischer Positionen auffordern.“254 Nach 30 Jahren laufender Ankäufe von zeitgenössischer Kunst durch die Stadt, steht eine erste Revision unter kunstwissenschaftlichem, konservatorischem und zweifelsohne auch urheberrechtlichem Aspekt zur Diskussion. Eine Diskussion, die selbst einen Abbau einzel- ner Werke nicht ausschließt. Diese wird in Hannover bereits über Jahre geführt (→ 4.2.1 Die aktuellen Diskussionen, S. 130); und nach und nach sind einzelne Kunstwerke aus dem Stadtbild verschwunden. Jedoch schien stets der Zustand der Objekte Anlass zu geben, die Kunst zu entfernen, ohne dass es tatsächlich eine direkte Stimme gab, die es durchsetzen konnte, ein Kunstwerk abzubauen. Indirekt hingegen wurde bereits in den 1970er Jahren der Abbau einzelner Skulpturen erwirkt. So konnte beispielsweise der „Glasturm“ (1970) von Walter Kuhns aufgrund der immer erneuten Zerstörung nicht weiter gezeigt werden. Der Turm bestand aus einer meterhohen Konstruktion aus Stahl und rotem Glas (→ Abb. 102). Die Scheiben wurden mehrmals repariert, um anschließend erneut zerstört zu werden. Auch ein Standortwechsel, vom Friederikenplatz auf den Goetheplatz, konnte daran nichts ändern. Das Objekt wurde schließlich im Zuge des Abbaus 1976 Abb. 102. Walter Kuhns „Glasturm“ (1970) am Friedrickenplatz wurde vollständig zerstört. vollständig zerstört.

253 Vgl. Zerull 1992, S. 12. 254 Zerull 1992, S. 7. Dazu wäre zu bemerken, dass es zu Beginn der 1990er Jahre weitaus mehr Haushaltsmittel im Kulturbereich gab als heutzutage.

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Es gibt eine Vielzahl an Beispielen, wo Skulpturen aufgrund des immer wiederkehrenden Vandalismus abgebaut wurden. Sie verschwanden meist auf städtischen Bauhöfen oder wurden entsorgt. Mit der Forderung nach „Kunst im öffentlichen Raum“ veränderte sich auch das künstlerische Konzept vieler Arbeiten, denn der Stadtraum stellt im Gegensatz zum Museumsraum keinen neutralen „White Cube“ dar. Vielmehr ist er ein der ständigen Veränderung unterworfener Mitspieler der künstlerischen Aussage. Es kann sicher nicht erwartet werden, dass eine ur- bane Situation über Jahre unverändert bleibt, die Gesellschaft und mit ihr der gesamte urba- ne Kontext verändern sich mit großer Geschwindigkeit und damit der Rahmen, auf den sich die Kunst im öffentlichen Raum im Grunde bezieht. In diesem Zusammenhang erscheint es angemessen darüber nachzudenken, die „Kunst im öffentlichen Raum“ von vorneherein als temporäre Installation zu konzipieren, wie es bereits seit nun mehr als drei Jahrzehnten in Münster praktiziert wird.255 Aufgrund der Umgestaltung einiger Standorte mussten zwangsläufig auch Skulpturen wei- chen. So wurden, wie bereits im beschriebenen Fall von Katinka Nikolai und Klaus Dietrich Boehms Skulptur „Yaya Yolcu“ am Küchengarten, einige Kunstwerke vor der völligen Zerstö- rung oder der Einlagerung auf einem Bauhof bewahrt, indem die Künstler die Objekte zu- rücknahmen und versuchten einen neuen Standort zu finden.256 In diesem konkreten Fall, wurde die Skulptur gar nicht eigens für diesen Ort geschaffen, sie kann ohne weiteres an einem anderen Standort funktionieren. Anders verhält sich dies mit Kunstwerken, welche für einen spezifischen Platz angefertigt wurden. Bei Veränderung des Ortes würde auch der ursprüngliche Kontext einer solchen Arbeit verändert. Sie kann damit unter Umständen nicht weiter bestehen, da das gesamte künstlerische Konzept verändert wäre.257 Ein sehr bekanntes Beispiel ist beispielsweise die 1981 im Auftrag der General Ser- vices Administration aufgestellte Skulptur „Titled Arc“ von Richard Serra auf dem Federal Plaza in New York. Es handelt es sich um eine ca. 36 Meter lange und 3,60 Meter hohe Me- tallplatte (Cor-Ten® Stahl), leicht konkav und mit einer geringen Neigung zur Seite der Ge- bäude, auf deren Vorplatz sie installiert war. 1989 wurde die Arbeit entfernt, da sie von An- wohner und Passanten als unästhetische Blockade der täglichen Arbeitsroute empfunden wurde. Für den Künstler, Richard Serra, kommt die Entfernung der Arbeit ihrer Zerstörung gleich, da er sie für diesen spezifischen Ort konstruiert hatte.258 Dies dürfte besonders für Kunstwerke welche im Sinne der Minimal-, Land- und Concept-Art oder für die im Zuge der „Kunst am Bau“-Regelung entstandenen Arbeiten gelten.

255 Zu den seit 1977, alle zehn Jahre stattfindenden „Skulpturenprojekten“ in Münster werden internationale Künstler für eine temporäre Ausstellung ihrer Skulpturen im Stadtbild eingeladen. Vgl. Skulpturenprojekte Müns- ter 07, unter: www.lwl.org/skulptur-projekte-download/muenster/77/index.htm (Stand: 24.04.2007). 256 Hinzu kam mehrmals das Finanzierungsproblem einer Restaurierung, so dass Künstler sich bereit erklärten, die Arbeiten selbst zu restaurieren. 257 Der Künstler könnte sich dann auf sein Urheberrecht stützen, insofern eine vertragliche Regelung getroffen wurde, in der die Wahl des Standortes ausdrücklich begründet und als Teil des künstlerischen Konzeptes fest- gehalten wurde (vgl. 4.1.2 Rechtliche Grundlagen: Urheberrecht, S. 118). 258 Vgl. Richard Serra, Skulptur und öffentlicher Raum, Podiumsgespräch vom 12.05.1988, in: Febel/Schröder (Hrsg.) 1992, S. 110-125.

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In einigen Fällen ist die Suche nach einem neuen Standort durchaus überlegenswert. Denn z.B. Skulpturen, welche standortunabhängig im öffentlichen Raum entstanden sind, stehen heute oftmals ebenfalls in einem Umfeld, das nicht mehr der damaligen Situation des Stand- ortes entspricht und sie werden nicht mehr wahrgenommen. Offensichtlich gibt es auch bei der Kunst Abnutzungs- und Gewöhnungseffekte. Eine Ortsveränderung also könnte dem Betrachter die Skulpturen erneut ins Bewusstsein rufen. Nicht gelungen ist dies bei Günter Tollmanns Skulptur „Plastik M II“ (1980): Tollmanns kineti- sche Arbeiten sollen in der Regel von Betrachter bespielt werden. Aus Sicherheitsgründen wurde die Plastik am Maschsee abgebaut. Sie steht heute auf dem Mittelstreifen neben den Straßenbahnschienen auf Hannovers dicht befahrener Vahrenwalder Straße – für den Bet- rachter unerreichbar (→ 3.3.14 Günter Tollmann, „Plastik M II“ (1980), S. 98). Demgegenüber diskutierte das Bremer Pilotprojekt „Moving the city“ diese provozierenden Fragestellungen im Jahr 2003 und entschloss sich nach einer kritischen Rückschau auf die Ankäufe von Kunst im öffentlichen Raum dazu, mehrere Werke abzubauen oder neu zu posi- tionieren.259

In anderen Fällen wird aus konservatorischen Beweggründen entschieden, die Kunstwerke in Museen aufzubewahren (→3.3.12 George Rickey, „Two Lines Oblique“ (1971), S. 90 oder 3.3.7 Richard Hamilton, „Wargames“ (1991), S. 71). Wenn auch seit jeher praktiziert und aus konservatorischer Sicht zu begrüßen, stellt dieses Vorgehen dennoch einen Verlust für die Kunst im öffentlichen Raum dar. Diese Entscheidung betrifft vor allem Arbeiten renommierter Künstler, da hier neben dem künstlerischen Wert offensichtlich auch der Sachwert der Ob- jekte erkannt wurde.

4.2.1 Die aktuellen Diskussionen Mit dem Einzug der Weltausstellung EXPO 2000 in Hannover ging eine Welle der Sanierun- gen, Reparaturen und „Restaurierungen“ durch die Stadt, was die Kunst im öffentlichen Raum erneut etwas mehr in das öffentliche Interesse rücken ließ. Im Jahr 2005 initiierten der Kunstverein Hildesheim e.V., die Universität Hannover und die Hochschule für Bildende Künste Braunschweig den offenen, künstlerisch-konzeptionellen Ideenwettbewerb „Entsorgungspark für funktionslose Kunst“. Da es sich um einen Ideen- wettbewerb handelte, wurde den Teilnehmern ein großer Interpretationsspielraum gelassen, wobei die Vorschläge dennoch technisch umsetzbar sein mussten. Eine tatsächliche Reali- sierung der eingereichten Beiträge war aber von Anfang an nicht vorgesehen. Die Hannoversche Allgemeine Zeitung präsentierte sich als Diskussionsplattform, indem sie die Wettbewerbsergebnisse, wie auch eine Reihe von Interviews mit Passanten publizierte. Die Privatpersonen äußerten sich oft unvoreingenommen und es gab sowohl positive als auch negative Stimmen zur Kunst im öffentlichen Raum. Damit thematisierte die Presse zwar die über die Jahre festgefahrene Diskussion, ihr repetierender Charakter des „Für“ und „Widers“ konnte jedoch keine neue ernst zu nehmenden Denkansätze generieren. Nach meiner Auffassung sollte, genau wie beim Aufstellen von Kunstwerken im öffentlichen

259 Die Städtische Galerie Bremen und das Referat für Kunst im öffentlichen Raum, das seit 30 Jahren in Bremen besteht, initiierte im Sommer 2003 das Projekt „Moving the city“. Im Anschluss daran veranstaltete die Städti- sche Galerie in Bremen das Symposium mit dem Thema „Kunst im öffentlichen Raum: was bleibt - was kommt?“ Zeitgleich wurde die Ausstellung „No Art - No City!“ in der Städtischen Galerie gezeigt, zu der auch ein Katalog erschien. Vgl. Manske/Pfister/Matzner 2003.

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Raum, die Diskussion allein in Fachkreisen erläutert werden, da diese Entscheidungen nie- mals mehrheitsfähig sein werden, vor allem dann nicht, wenn persönliche Leitbilder bei die- ser Diskussion als Basis dienen. Zerull sieht „solche populistischen Seitenhiebe auf die „Moderne“ […] in erster Linie dazu geeignet, den Lesern den falschen Eindruck zu vermitteln, Kunst sei eine Sache demokratischer Mehrheitsentscheide, eine Sache, bei der ein jeder Fachmann sei mit seinem gesunden Menschenverstand.“260

Wie in anderen Städten, wehrte man sich anfänglich auch in Hannover gegen die Aufstellung moderner und zeitgenössischer Kunstwerke im Stadtbild, doch letztlich ist die Kunst für viele nicht mehr aus dem Stadtbild wegzudenken. Die hier angesprochenen Fragen versucht derzeit ein unabhängiges Gremium261 für die Stadt Hannover zu klären. Während bisher die Kulturverwaltung mit Beratung durch Museumsdi- rektoren oder Kunstkritikern im Einzelfall über das Aufstellen oder das Umsetzen einer Skulptur entschied, soll nun dieses Gremium konkrete Vorschläge erarbeiten. Ziel ist es die Ergebnisse zu diskutieren und daraus mögliche Veränderungen für das Erscheinungsbild der Straßenkunst abzuleiten. Letztlich wird eine enge Zusammenarbeit mit dem Kulturbüro und der Bauverwaltung der Stadt angestrebt.

260 Vgl. Zerull 1992, S. 11. 261 Das Gremium setzt sich wie folgt zusammen: die Architekturprofessorin Hilde Leon (Universität Hannover); Prof. Peter Rautmann (Direktor der Hochschule der Künste in Bremen) und Barbara Straka (Präsidentin der Hochschule in Braunschweig).

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4.2.2 Orte zur Aufbewahrung entfernter Kunstwerke aus dem öffentlichen Raum Nachdem entschieden wurde, eine Skulptur tatsächlich aus dem Stadtbild zu entfernen, stellt sich die Frage, was mit diesem Kunstwerk passieren soll. Insofern eine Skulptur lediglich nicht mehr den Bedingungen des Standortes oder dem Zeit- geschmack entspricht und aus konservatorischer Sicht nichts dagegen spricht, ist eine Präsentation an einem anderen Ort möglich. Bei einer Skulptur, welche aus technologischen Gründen nicht mehr restaurierbar ist, sollte dagegen von einer weiteren Präsentation abgesehen werden, da der derart degradierte Zustand vermutlich nicht mehr der ursprünglichen künstlerischen Idee entspricht.262 Es bestünde dann die Möglichkeit, Abb. 103. Eine Polyesterskulptur Siegfried Neuen- dass der Künstler seine Arbeit neu interpretiert, hausens auf dem Hof des Bundessortenamtes in wie es bspw. der Bildhauer Siegfried Hannover. Neuenhausen mit einer seiner Polyesterarbeiten aus den 1970er Jahren getan hat: Diese Polyesterskulptur erwarb das Bundessortenamt in Hannover bereits vor mehreren Jahren (→ Abb. 103). Der Zustand der Außenraumplastik verschlimmerte sich zunehmend, so dass auch nach mehrmaliger Reparatur durch den Künstler selbst, eine andere Lösung gefunden werden musste. Neuenhausen entschloss sich, das Kunstwerk zu begrünen. So wachsen heute Kletterpflanzen an der Kunststoffskulp- tur hoch und bedecken nach und nach die gesamte Skulptur. Oftmals sind es finanzielle Unwägbarkeiten, die eine Konservierung/Restaurierung verhin- dern. Hier erscheint es als eine Variante, die Skulpturen an den Künstler zurückzugeben. Damit läge es erneut im Ermessen des Künstlers, was mit der Skulptur passieren soll. Eine weitere Möglichkeit wäre die Präsentation in sogenannten „Parks für unerwünschte Kunstwerke“. Der Kunstverein Springhornhof in Neuenkirchen (Niedersachsen) gründete einen „Park für unerwünschte Skulpturen“ (→ Abb. 104). In diesem kleinen eingezäunten Grundstück stehen mehrere ausgesonderte Kunstwerke, welche jederzeit zugänglich sind. Diese Form eines Schaulagers ist zwar weniger eine thematische Präsentation oder eine Abb. 104. „Park für unerwünschte Skulpturen“ von standortentsprechende Aufstellung, doch Elmgreen und Dragset in Neuenkirchen. scheint sie als akzeptabler Kompromiss, die Kunstwerke weiterhin der Öffentlichkeit zu präsentieren. Mit der Idee eines Skulpturenparks für ausgesonderte Kunstwerke, stellt sich neben finan- ziellen Aspekten ein weiteres Problem: Eine solche Präsentation könnte als Ausstellung der „Negativ-Auswahl“ einer Stadt missverstanden werden. Nach Meinung der Autorin wäre dies

262 Eine solche Entscheidung sollte unbedingt in Absprache mit dem Künstler geschehen.

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vermutlich eine vernünftige Variante die Kunst zu bewahren, würde aber dennoch unter Um- ständen eine Art Diskriminierung darstellen. Welcher Künstler würde es begrüßen sein Werk dort zu sehen? Diese Problematik umging der Kunstverein Springhornhof sehr gekonnt: Die Werke in diesem Park, werden erneut aufgewertet, da sie von den Künstlern in einem Park gezeigt werden, welcher selbst ein Kunstprojekt „Park für unerwünschte Skulpturen“ (2003) von Elmgreen und Dragset ist. Der auffällige weiße Bretterzaun und das demonstrativ ange- brachte Schild über dem Eingang lassen nicht übersehen, dass es sich hier um eine bewusst gewählte Installation handelt. Ein kleines Messingschild am Eingang lädt auch weitere Künst- ler ein, ihre Werke dort zu zeigen. Idealerweise müsste ein „Park für unerwünschte Skulpturen“ im näheren Umkreis der jenigen Stadt liegen, aus der die Kunstwerke kommen. Der Park sollte öffentlich sein und eine ge- wisse Anordnung der Skulpturen anstreben. Ähnlich dem Park in Neuenkirchen, könnten Hinweisschilder den ehemaligen Standort in der Stadt dokumentieren. Die Idee eines Skulpturenparkes war auch Gegenstand eines öffentlichen Symposiums, das im September 2005 in der Stadt Bergkamen stattfand.263 Ohne falsche, an kulturpolitischer Praxis vorbeischauende Rücksichtnahme wurde in Bergkamen gefragt, ob Werke aus dem öffentlichen Raum an einen neuen Platz gesetzt werden dürften, oder ob hierfür ein öffentli- ches Schaulager einzurichten sei. Als prägnantes Beispiel für eine Umsetzung wurde über den Umgang mit Olaf Metzels „13.4.1981“ in Berlin264 berichtet und ein Ausblick auf den künstlerischen Wettbewerb des Hildesheimer Kunstvereins für einen „Entsorgungspark für funktionslose Kunst im öffentlichen Raum“ gegeben (→ 4.2 Das Entfernen von Skulpturen aus dem Stadtbild, S. 128). Konkrete Ergebnisse oder tatsächliche Umsetzungen waren aus dieser Diskussion nicht hervorgegangen. Dennoch wurde auch hier festgestellt, dass die Bedingungen für die Überführung von Kunstwerken aus dem öffentlichen Raum in ein solches Magazin, gemeint ist ein überdachtes, oder sogar geschlossenes, genau ausformu- liert sein müssen. Die Kriterien lauten wie folgt: 1. der konservatorische Zustand genügt nicht mehr dem künstlerischen Anspruch, oder 2. es hat eine einschneidende Veränderungen bzw. der Wegfall des für die künstlerische Aussage unabdingbaren räumlichen oder sozialen Umfelds stattgefunden, oder 3. eine überregionale Fachkommission empfiehlt nach eingehender qualitativer Beratung und unter Wahrung der Urheberrechte den Abbau und Abtransport in das Magazin, oder 4. das Werk war von vornherein für einen lediglich temporären Präsentationsrahmen ge- schaffen und soll nun auf Wunsch des Künstlers öffentlich zugängig eingelagert und do- kumentiert werden.265 So würde nahezu beiläufig eine Sammlung über die Rezeptionsgeschichte von Kunst im öffentlichen Raum entstehen, welche zugleich der konservatorischen Erhaltung und der wissenschaftlichen Aufarbeitung ihres ursprünglichen Kontextes dient.

263 Das Symposium fand unter der Leitung von Martin Henatsch, Büro für Kunst und Öffentlichkeit in Münster und Tanja Muschwitz, Mitarbeiterin des Kulturreferats in Bergkamen, statt. 264 Die Skulptur des Künstlers löste eine Welle von Protesten in der Bevölkerung aus, welche bis hin zu Morddrohungen an die Jury des Berliner „Skulpturenboulevards 1987“ führte. Vgl. Grasskamp 1992, S. 154. 265 Vgl. Henatsch 2005, S. 38.

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Weiterhin würde es diese Art der Aufbewahrung ermöglichen, dass Skulpturen, welche heute aus technologischer Sicht nicht restaurierbar erscheinen, in wenigen Jahren mit Hilfe neu entwickelter Konservierungs- und Restaurierungstechnologien erhalten werden könnten. Die generelle Aufbewahrung in einem Museum ist aus konservatorischer Sicht eine der bes- ten Varianten. Jedoch wäre es - wie auch bei der Installation in einem Magazin oder einem Skulpturenpark - bedauerlich, einem Kunstwerk seine ursprüngliche Funktion als Kunstwerk im öffentlichen Raum zu entziehen. Das Objekt würde losgelöst von seinem ursprünglichen Kontext lediglich ein Zeitzeugnis einer Epoche in einem neutralen Raum darstellen.266 Hannover nutzt heutzutage die städtischen Bauhöfe für die Deponierung abgebauter Kunst- werke. Die Bauhöfe sind nicht geeignet eine Skulptur dauerhaft aufzubewahren. Sie sind nicht öffentlich zugänglich und es zeigte sich, dass sich der Zustand bei unsachgemäßer Aufbewahrung weiterhin verschlechterte und versehentlich auch Kunstwerke entsorgt wurden.267 Bei einer verbesserten konservatorischen Aufbe- wahrung wären die Bauhöfe hingegen eine Auswegvariante. Sicher wäre es wünschenswert, wenn die Objekte öffentlich zugänglich blieben. Abb. 105. Günter Tollmanns „Plastik MII“ (1980) und Wiederum kann mit der sichtbaren Lagerung Georg Hertings 1914 geschaffene Figur vom eines Kunstwerkes auf einem Bauhof eine „Duvebrunnen“ auf dem städtischen Bauhof in der Burgstraße. Urheberpersönlichkeitsverletzung in Form einer Entstellung vorliegen.268 Nach meiner Auffassung sollte bei einer Entfernung eines Kunstwerkes aus seinem ur- sprünglichen Kontext immer berücksichtigt werden, dass Werke der bildenden Künste zeugnishaft an Ereignisse erinnern, vergangene Kunstauffassungen dokumentieren und das gedankliche Umfeld ihrer Entstehung widerspiegeln. Die vollständige Zerstörung eines Kunstwerkes ist daher in meinen Augen nicht vertretbar, insofern der Künstler es nicht als eine der besten Varianten sieht, über den Verbleib des Kunstwerks zu entscheiden - nämlich sie dem Schrott zu übergeben. Mit dem Ableben des Künstlers verbieten sich jedoch der- artige Überlegungen.

266 „Das moderne Museum der Gegenwart ist ein universeller Raum des historischen Vergleichs, der uns erlaubt, unsere wertvolle Vergangenheit, unsere problematische Gegenwart und unsere mögliche Zukunft in Verbindung zu setzen - denn durch dieses moderne Museum bekommen wir den Raum des Vergleiches zwischen allen möglichen Dingen.“ Groys 1994, S. 19. 267 Damit wäre Hannover kein Einzelfall. Eine riesige Stahlskulptur des Madrider Reina-Sofía-Museums ist auf mysteriöse Weise verschwunden. Das 38 Tonnen schwere Werk von Richard Serra war im Jahr 1990 demon- tiert und in der Lagerhalle einer Spezialfirma untergebracht worden, weil das Museum keinen geeigneten Saal für die mehrere Meter hohe Skulptur hatte. Die Museumsleitung forderte das Werk zurück, um es in den neuen Anbauten aufzustellen. Dabei stellte sich heraus, dass von der Skulptur jede Spur fehlte. Das Museum hatte die aus vier Stahlblöcken bestehende Skulptur 1986 für 225.000 Euro dem amerikanischen Künstler abgekauft. Vgl. Welt Online vom 21. Januar 2006, Eine riesige Skulptur von Richard Serra ist in Madrid verschwunden, un- ter: www.welt.de/print-welt/article192524/html (Stand: 28.02.2007). 268 Vgl. Pfennig 2006 (II), S. 158.

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4.3 Empfehlungen zum Umgang mit Kunst im öffentlichen Raum Nachdem im Vorrangegangenen einige theoretische Überlegungen zum Umgang mit Kunst- werken im öffentlichen Raum dargestellt wurden, sollen hier nun einige allgemeingültige Empfehlungen formuliert werden. Die vorgestellten Fallbeispiele von Kunstobjekten im öffentlichen Raum in Hannover (→ 3.3 Fallbeispiele, S. 29) zeigten, womit auch viele andere deutsche Städte konfrontiert sind: Die Materialvielfalt der Objekte bringt stets neue objekt- spezifische Problematiken mit sich und erfordert damit stets individuelle Entscheidungen (→ 4.1.1 Das Decision-Making-Model, S. 117); daraus resultierend können auch angesichts der Vielzahl an Objekten nur sehr allgemeingültige Empfehlungen - im Sinne einer anzustre- benden, generell gültigen Ausgangsbasis - gegeben werden. Zudem kann die folgende Auf- listung keine sinnvolle Reihung von Arbeitsschritten darstellen, da sie sich zu sehr einander bedingen.

PRÄVENTIVE MAßNAHMEN: Dass präventive Maßnahmen, also auch die daraus bedingte Umfeldanalyse, beim Erhalt der Kunstwerke an erster Stelle stehen, entspricht vor allem dem heute gültigen konservatori- schen und restauratorischen Ansatz. Gemessen an den meist doch hohen finanziellen Auf- wand einer Restaurierung, sind Präventivmaßnahmen langfristig gesehen ökonomischer und vertretbarer, handelt es sich dabei doch um Sachwerte der öffentlichen Hand.269 Die Frage muss gestellt werden, weshalb es also hier nicht selbstverständlich ist, wie bei anderen öf- fentlichen Einrichtungen und Objekten auch, geringe Wartungs- und Pflegeintervalle grund- sätzlich vorzusehen und schon beim Ankauf zu berücksichtigen.

INVENTARISIERUNG: Allein die Vielzahl an Objekten lässt die Pflege der Kunstwerke im öffentlichen Raum Hanno- vers unübersichtlich erscheinen (es sind mehr als 140 Objekte in Besitz der Stadt). Zu- nächst sollten alle diese Objekte katalogisiert und mit Abbildungen in einer Datenbank zu- sammengeführt werden. Diese Datenbank sollte so aufgebaut sein, dass anhand einer ein- fachen Struktur ersichtlich wird, welche Kunstwerke zu einem bestimmten Zeitpunkt über- prüft und gegebenenfalls bearbeitet werden müssen. Dies würde helfen, gezielt den momen- tanen Zustand der Kunstwerke zu kontrollieren. In einem Daten- bzw. Befundblatt270 erfasst, lässt sich ein einfaches Gutachten zum jeweiligen Objekt jederzeit erstellen. Dazu könnte beispielsweise ein Befundblatt genutzt werden, wie es im Anhang vorgestellt wird.271 Des Weiteren sollten darin sämtliche Informationen des Künstlers festgehalten werden, um spätere Fragen, beispielsweise zu Intention der Arbeit, Material oder Standort, klären zu können. Das Erfassen gewisser Ansprechpartner, wie Künstlerassistenten, Hersteller oder weiterer Beteiligter, die z.B. beim Aufstellen der Objekte oder bei Restaurierungen mitgewirkt haben, wäre für Rückfragen bei nachfolgenden Maßnahmen sehr hilfreich. Die Datenbank könnte auch für Anfragen aus der Bevölkerung an das Kulturamt zu einzel- nen Werken zu Rate gezogen werden, was die Akzeptanz der Skulpturen in der Bevölkerung fördern mag. Im Anhang der vorliegenden Arbeit wird der Aufbau einer solchen Datenbank

269 Man bedenke allein den Anschaffungswert einiger Skulpturen. 270 Die in der 1980er Jahren von den Denkmalämtern verbreiteten Befundblätter haben wesentlich dazu beigetra- gen, die restauratorische Befundsicherung zu etablieren. Vgl. Schädler-Saub 2006 (I), S. 247. 271 Vgl. Anhang, B.2 Konzept einer Datenbank für die Kunst im öffentlichen Raum Hannovers, S. 10.

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präsentiert. Die Stadt Hannover arbeitet momentan an einer Datenbank272 zur Erfassung aller Kunstwer- ke im städtischen Besitz. Diese berücksichtigt jedoch keinerlei weiterführende konservatori- sche Aspekte. Es wurden stichpunktartig grundlegende Informationen (Künstler, Jahr, Inven- tarnummer etc.) festgehalten, die aber für den Fall einer Restaurierung und nötiger Pflege- maßnahmen nicht ausreichend erscheinen.

AUSFÜHRENDE/INTERDISZIPLINÄRE ZUSAMMENARBEIT: Die gemeinsamen (Forschungs-)Möglichkeiten hinsichtlich kultur- und kunsthistorischer Recherche, Materialverhalten, Konservierung/Restaurierung etc., die zwischen Museen, Denkmalbehörden, (kunst-)historischen Institutionen, Kunsthochschulen oder auch tech- nisch/ naturwissenschaftlich ausgerichteten Institutionen praktiziert werden, scheinen bei Weitem nicht ausgeschöpft und sollten – je nach Fragestellung – in die jeweilige Richtung intensiviert werden. Solch interdisziplinär erarbeiteten Konzepte fördern die fachgerechte Umsetzung von Konservierungs- bzw. Restaurierungsmaßnahmen deutlich. Das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege in Hannover berät die Stadt bei Maß- nahmen an denkmalgeschützten Objekten. Bei anderen Objekten (→ 3.3.4 Alexander Calder, „Hellebardier“ (1971), S. 46) hat die Stadt bei der Konzeptfindung mit dem Norddeutschen Zentrum für Materialkunde von Kulturgut e.V. (kurz ZMK) zusammengearbeitet. Restauratoren wurden meist erst zu einem späteren Zeitpunkt hinzugezogen. Neben diesen Ausnahmen wurden im Allgemeinen zur Beurteilung, Konzeptfindung und für die Durchführung Firmen angesprochen, die durch ihre vermeintliche Qualifikation ausge- hend von der Materialität der Objekte kompetent erschienen. Die Problematik solch eines Vorgehens wurde hier schon beschrieben. Generell sollte der Zustand einer Skulptur zunächst durch einen Restaurator aus der jeweili- gen Fachrichtung (z.B. Metall oder Stein) beurteilt werden, um in Anschluss eine Ausschrei- bung für eine Konservierung bzw. Restaurierung formulieren zu können. Die Ausführung sollte dann unter Aufsicht eines Restaurators stehen, bzw. idealer Weise durch einen Res- taurator selbst oder in Zusammenarbeit mit Spezialisten aus dem Handwerk erfolgen.

FINANZIERUNG: Fast immer stellt sich bei der Durchführung von Maßnahmen jeglicher Art das Problem der Finanzierung. Mit Hilfe von Patenschaften für einzelne Objekte, wie es sie z.B. auch für die Brunnen273 Hannovers gibt, könnten die relativ geringfügigen Kosten für die Pflege gedeckt werden. In einigen Fällen übernehmen ortsansässige Firmen sogar die Pflege der Objekte, was jedoch stets nur in Absprache mit Fachleuten geschehen sollte (→ 3.3.6 Volker Gerlach, „Große Begehbare Hannover“ (1976), S. 66). Am Beispiel der „Restaurierung“ der „Nana Skulpturen“ von Niki de Saint Phalle, zeigte sich wie mittels einer guten Vermarktung die Spendenbereitschaft in der Bevölkerung wächst. Patenschaften mit Sponsoren sollten bereits beim Ankauf der Objekte angestrebt werden, um eventuelle Folgekosten (Pflege) decken zu können. Dieses Modell wird auch in anderen Städten, wie z.B. in Hamburg angewandt.

272 Die Datenbank „First Rumos“ ist eine vom Freilichtmuseum Kiekeberg entwickelte Dateiversion. Vgl. Museum am Kiekeberg, First Rumos, unter: www.museumsmanagement.de/firstrum.htm (Stand: 08.03.2007). 273 Das Wasser für die städtischen Brunnen wird durch Patenschaften finanziert.

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SICHERUNGSMAßNAHMEN UND REINIGUNG: Wie bereits festgehalten, muss die Prävention Priorität haben, da durch weniger aufwendige Maßnahmen größere Schäden an den Objekten vermieden werden können. Diese Maßnahmen müssen speziell das rasche Entfernen von Verschmutzungen, wie Müll, Aufkleber, Graffiti, Plakate, Unkraut etc. oder die Kontrolle der Abflüsse zum Abführen von Regenwasser beinhalten. Im Allgemeinen ist das Ziel der Entfernung von Verschmutzungen die rückstandsfreie Reinigung des Objektes mit einer „minimalen“ möglichen Beschädigung der originalen Oberfläche. Das Reinigungsergebnis wird hauptsächlich von den Eigenschaf- ten der Oberflächen, der Reinigungsmethode bzw. -mittel selbst und dem Zeitpunkt der Rei- nigung bestimmt. In einigen wenigen Fällen können nachträglich aufgebrachte Schutzsyste- me auf den Oberflächen eine erneute Reinigung erleichtern (z.B. Anti-Graffiti-Schutz- systeme auf Metallen, bzw. die Hydrophobierung von Steinen). Alle Anwendungen sollten unbedingt zunächst z.B. von einem Restaurator an kleinen Testflächen erprobt und kritisch beurteilt werden. Auch sollte beispielsweise anlässlich von Straßenfesten kontrolliert werden, dass Skulpturen nicht zum Befestigen von Absperrungen, Plakaten etc. dienen (wie z.B. Alexander Calders „Hellebardier“ beim alljährlichen Maschseefest, → Abb. 106). Temporäre Absperrungen und permanente physische Barrieren, wie z.B. Hecken, Wasserläufe oder Podeste könnten in einigen Fällen eventuell dazu dienen, Beschädigungen dieser Art zu mini- mieren. Das sogenannte Monitoring gehört ebenso zu den präventiven konservatorischen Maßnahmen: Eine regelmäßige Erfassung des Erhaltungszustandes unter gleichen technischen Bedingungen und geregelten Zeitabständen ermöglicht das rechtzei- tige Erkennen von Veränderungen an den Abb. 106. Alexander Calders „Hellebardier“ Objekten und kann eine Verschlechterung des während des alljährlich stattfindenden Masch- Erhaltungszustandes objektiv und fundiert bele- seefestes im Juni. gen.274

274 Vgl. Schädler-Saub 2006 (I), S. 232.

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BEWITTERUNGSSCHUTZ: Besonders für die Kunst im Außenraum sollte eine fachgerecht ausgeführte Einhausung vor extremen Witterungseinflüssen (z.B. Frost) in Betracht gezogen werden. Diese Maßnahme ist mit relativ wenig Aufwand zu realisieren und stellt seit jeher eine sehr effiziente Variante der Prävention dar. Diese Einhausung muss so konstruiert werden, dass eine Belüftung und eine gute Luftzirkulation innerhalb der Konstruktion möglich ist. Des Weiteren darf kein Was- ser in das Innere gelangen. Die Konstruktion muss selbst tragend gebaut sein, so dass das Kunstwerk völlig frei steht. Diese Maßnahme wird beispielsweise an dem denkmalgeschützten „Rese Brunnen“ von Martha und Hans Poelzig am Emmichplatz in Hannover praktiziert. Im Winter erhält der Brunnen eine hölzerne Einhausung, welche die empfindlichen Majolika-Fliesen vor Frost- schäden schützt (→ 3.3.11 Hans und Martha Poelzig, „Rese-Brunnen“ (1929), S. 87).

DOKUMENTATION: Jede Maßnahme an einem Kunstwerk bedingt ihre begleitende Dokumentation in Text und Bild, um Veränderungen beurteilen zu können und nachfolgende Bearbeitungen zu erleich- tern. Diese Dokumentation sollte vor allem photographisch (vorzugsweise analog und digital) sehr ausführlich ausgeführt werden. Die Erfassung (z.B. in Form einer Kartierung275), schlüssige Analyse und Interpretation des Erhaltungszustandes muss zu Beginn einer jeden Maßnahme stehen, um das Konservie- rungs- bzw. Restaurierungskonzept nachvollziehbar zu machen. Bei der Beschreibung der Maßnahmen am Objekt müssen die verwendeten Materialien (z.B. deren Technische Daten- blätter), die ausführenden Firmen sowie eventuelle Untersuchungsberichte (naturwissen- schaftliche Angaben, Fragen der Technologie des Objektes) aufgeführt werden. Abschließend sollten Empfehlungen für eventuell notwendige weiterführende Maßnahmen und die Wartung und Pflege des Objektes gegeben werden.

Einige dieser genannten Empfehlungen zum Umgang mit der Kunst im öffentlichen Raum werden bereits in Hannover praktiziert. Aus den genannten ethischen Beweggründen sollte dabei besonders die interdisziplinäre Zusammenarbeit – vor allem mit Restauratoren ange- strebt – werden, wie es in anderen Städten als selbstverständlich gilt (→ 4.1 Ethisch- ästhetische Überlegungen und rechtliche Grundlagen, S. 112).276

275 Das Landesamt für Denkmalpflege in Hannover hat ein sehr bewährtes Kartierungssystem entwickelt. Vgl. Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, Restaurierung/Graphische Dokumentation, unter: www.denkmalpflege.niedersachsen.de/master/C17181628_N13498753_L20_D0_I10768338.html (Stand: 26.04.2007). 276 In der Hansestadt Hamburg übernimmt federführend das Kulturbüro die Pflege der Skulpturen im öffentlichen Raum. Kunstwerke aus der Vorkriegszeit werden von der Landesdenkmalpflege verwaltet. Beide Behörden be- schäftigen Restauratoren für die Pflege und Erhaltung der Kunstwerke. Mündliche Auskünfte der Kulturbehör- de/Denkmalschutzamt Hamburg, Gespräch mit Ruth Hauer am 01.03.2007.

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5 SCHLUSSBETRACHTUNG

5 Schlussbetrachtung Wie umgehen mit der Kunst im öffentlichen Raum? - Ob in Hannover oder andernorts - es wurde bei der Auseinandersetzung mit dieser Problematik schnell deutlich, dass standardi- sierte Arbeitsweisen für die Erhaltung der Kunst im öffentlichen Raum bisher fehlten und es solche verallgemeinernd auch nicht geben kann. Materialwahl, Standort und die jeweils an- dere Intention des Künstlers lassen keine Verallgemeinerung zu. Um den teilweise seit Jahr- zehnten festgefahrenen Diskussionen eine differenzierte Auseinandersetzung entgegen zu setzen, wurde der Schwerpunkt dieser Arbeit auf den konservatorisch/restauratorischen Aspekt hinsichtlich Praktikabilität und ethischer Bedingungen gelegt. Zugleich dokumentiert die Arbeit die Maßnahmen der Stadt Hannover beim Umgang mit der Kunst im öffentlichen Raum.

Kurz wurde die geschichtliche Entwicklung der Kunst im öffentlichen Raum in Hannover beschrieben. Dabei konnten grundlegende Sachverhalte, wie z.B. das bisherige Vorgehen bei Aufbau und Pflege sowie die Darstellung typischer Schäden an Kunstwerken im Außen- raum und deren Ursachen besprochen werden. Erwartungsgemäß wurde deutlich, dass Kunst im öffentlichen Raum einer Reihe von unterschiedlichen Umfeld- und Umwelteinflüs- sen genügen muss, die in keiner Weise vergleichbar sind mit musealen Bedingungen. Somit sind auch anders geartete Ansprüche an konservatorische Maßnahmen (Wartungsarbeiten, Pflegemaßnahmen) oder gar an eine Restaurierung zu stellen.

Ausgewählte Fallbeispiele zeigen die Planung und Ausführung von Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen in der bisherigen Praxis und können, am Objekt orientiert, kri- tisch beurteilt werden. Die teilweise sehr unpragmatischen Maßnahmen erscheinen hinsicht- lich Wirksamkeit auf den Erhalt des Originals und dessen Authentizität hinterfragbar. Die Bandbreite der Zielsetzungen der jeweiligen Konzepte reicht dabei von der Priorität der Sub- stanzsicherung über einen Kompromiss bis hin zum Vorrang des künstlerischen Konzeptes zu Lasten der Substanz. Ethisch-ästhetische Überlegungen standen dabei im Hintergrund der Debatte oder wurden meist aufgrund der technologischen Gegebenheiten eines Objektes vernachlässigt. Die Erhaltung der künstlerischen Idee steht oftmals über der Erhaltung der originalen Substanz, womit zwar eine uneingeschränkte Rezeption durch den Betrachter ermöglicht wird, jedoch meist das Original stark beeinträchtigt bzw. in einigen Fällen sogar zerstört wird.

In den Verwaltungsstrukturen der Stadt Hannover obliegen Pflege und Wartung der Kunst- objekte der Verantwortung des Amtes für Gebäudemanagement sowie des Kulturbüros. Die bisherige Praxis bei der Beurteilung von Veränderungen und Schäden sowie bei der Konzeptfindung, bzw. die Formulierung von Ausschreibungstexten für auszuführende Res- taurierungsmaßnahmen erscheint vor allem aus ethischen Beweggründen unzureichend. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit, die teilweise bereits ausgeübt wird, muss vor allem mit Fachleuten aus der konservatorisch/restauratorischen Praxis intensiviert werden. Dabei wäre eine permanente Zusammenarbeit mit Restauratoren und Denkmalpflegern anzustreben. Mit der fachgerechten Beurteilung des Erhaltungszustandes eines Kunstwerkes und seines Um- felds durch Restauratoren und andere Spezialisten (Ingeneure, Historiker, Kunstwissen- schaftler, Naturwissenschaftler, Juristen, Fachfirmen etc.), wäre die Basis für die Erhaltung

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5 SCHLUSSBETRACHTUNG

des Originals auch unter ethischen Gesichtspunkten gegeben. Diese Zusammenarbeit kann jedoch nur durch die Kompromissbereitschaft aller Beteiligter zu einem akzeptablen Ergebnis führen.

Das hier beschriebene „Experiment Straßenkunstprogramm Hannover“ der 1970er Jahre stellt bereits seit Beginn des Projektes eine deutschlandweite Vorbildfunktion im Sinne der Förderung der Kunst im öffentlichen Raum dar. Warum sollte Hannover nicht auch bei der Erhaltung seiner Kunstobjekte Vorbildcharakter erwerben? Die initiierte fachliche Diskussion über den Umgang mit der Kunst im öffentlichen Raum, ist in diesem Zusammenhang nur zu begrüßen. Eine vorbildliche Verfahrensweise im Sinne der Konservierung und Restaurierung praktiziert die Hansestadt Hamburg: Hier wird ebenfalls die Konservierung/Restaurierung durch die Kulturbehörde veranlasst.277 Die Ausschreibung für eine entsprechende Maßnahme wird jedoch durch Restauratoren formuliert und koordiniert.

Die vorliegende Analyse hat gezeigt, dass die Verantwortung innerhalb der städtischen Ver- waltung zentralisiert werden und die Zuständigkeit der Denkmalpflege auf Kunstwerke im Außenraum aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg ausgedehnt werden sollte. Für die Kunstobjekte des Projektes „Experiment Straßenkunstprogramm Hannover“ sei in diesem Zusammenhang vorrangig die denkmalpflegerische Unterschutzstellung und die zeitgemäße Bearbeitung durch entsprechend ausgebildete Fachpersonen angeregt. Durch die entstehende verbindliche Kooperation zwischen Stadt und dem als Kontrollinstanz tätigen Landesamt für Denkmalpflege könnte ein Kompetenzaufbau im Umgang mit Kunst- objekten im öffentlichen Raum erfolgen, der Entscheidungen über Ankäufe, Wahl des Auf- stellungsortes und Finanzierung sowie über erhaltende Maßnahmen und Umgestaltungen strukturiert und nachvollziehbar werden lässt. Die im Rahmen der vorliegenden Arbeit ange- legte zentrale Datenbank soll hierzu einen Beitrag leisten. Die stets heikle Frage der Finanzierung beginnt auch bei der Kunst im Außenraum mit dem Ankauf der Arbeiten. Selten wurden von Anfang an die Folgekosten bedacht. Ein regel- mäßiges Monitoring der Objekte zur Früherkennung von Veränderungen und Schäden und weitere kostengünstige Präventivmaßnahmen durch Konservatoren/Restauratoren könnten Folgekosten im angemessenen Rahmen belassen. Eine (Mit-)Finanzierung von Pflege und Wartung durch die (befristete) Übernahme von Patenschaften ist vorstellbar und würde, ent- sprechend publiziert, das öffentliche Interesse wach halten – ganz im Sinne der Kunst im öffentlichen Raum.

277 Wie auch in Hannover, ist die Denkmalschutzbehörde für die Restaurierungen, Ausschreibungen und deren Beauftragung vor allem bei Denkmälern und künstlerischen Arbeiten aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg verantwortlich.

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DIE BUNDESBEHÖRDEN DER SCHWEIZER EIDGENOSSENSCHAFT www.admin.ch

EXPERT CENTER www.expert-center.ch

FREILICHTMUSEUM AM KIEKEBERG www.kiekeberg-museum.de

HAHLBROCK FIRMA FÜR GLASFASERVERSTÄRKTE KUNSTSTOFFE www.hahlbrock.de

HOCHSCHULE DER KÜNSTE BERN Www.hkb.bfh.ch

HOCHSCHULE FÜR ANGEWANDTE WISSEN- SCHAFT UND KUNST HILDESHEIM/HOLZMINDEN/GÖTTINGEN www.hawk-hhg.de

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LANDESHAUPTSTADT HANNOVER www.hannover.de

MUSEEN IN BAYERN www.museeninbayern.de

NIEDERSÄCHSISCHES LANDESAMT FÜR DENKMALPFLEGE www.denkmalpflege.niedersachsen.de

ROBERT SIMON GALERIE KÖ24 www.robert-simon.de

SCHANG HUTTER www.schang-hutter.ch

SKULPTURENPROJEKTE IN MÜNSTER www.lwl.org/skulptur-projekte- download/muenster/77/index.htm

SPRINGHORNHOF NEUENKIRCHEN www.springhornhof.de

STADTENTWICKLUNG BERLIN www.stadtentwicklung.berlin.de

STAUB FORMTECH AG www.staub-ag.ch

TAGESSPIEGEL BERLIN ONLINE www.tagesspiegel.de

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ZMK NORDDEUTSCHES ZENTRUM FÜR MATERIALKUNDE VON KULTURGUT E.V. www.zmk-hannover.de

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157 VON ANTES BIS WURMFELD KRISTINA HERBST

7 ABBILDUNGSNACHWEIS

7 Abbildungsnachweis

Abb. 1, in: Korbrennerei e.V. (Hrsg.), S. 43.

Abb. 7, in: Landeshauptstadt Hannover, Alexander Calder, Hellebardier (1971), in: Fachbe- reich Gebäudemanagement der Landeshauptstadt Hannover, Akten: Kunst im öffentlichen Raum, Vorgänge Straßenkunstprogramm Hannover, Hannover 2007.

Abb. 9a/b, in: Zerull 1992, S. 96-97, Abb. 138, 141.

Abb. 12, in: Kornbrennerei e.V. (Hrsg.) 1991, S. 22.

Abb. 15, in: Bielfeld Info, Skulpturen, Two Lines Oblique, unter: www.bi-info.de/bielefeld/freizeit/skulptur/twolines.htm (Stand: 12.05.2007).

Abb. 18a, in: Korbrennerei e.V. (Hrsg.) 1991, S. 59.

Abb. 19a/b, in: Zerull 1992, S. 115, Abb. 179,180.

Abb. 22a/b, in: Kurfürstendamm.de, Fertigstellung der Sanierung des Kunstwerkes von Wolf Vostell auf dem Rathenauplatz, unter: www.kurfuerstendamm.de/cms/cms/tablestruktur.php?a_k=10&a_uk=0&lang=&news_id=107 4 (Stand: 12.05.2007).

Abb. 23a, in: Zerull 1992, S. 62, Abb. 79.

Abb. 26, in: Christine Brandl, privat.

Abb. 29, in: Landeshauptstadt Hannover, Hans Breder, „Außenraumobjekte für Hannover“ (1970), in: Fachbereich Gebäudemanagement der Landeshauptstadt Hannover, Akten: Kunst im öffentlichen Raum, Vorgänge Straßenkunstprogramm Hannover, Hannover 2007.

Abb. 32, in: Zerull 1992, S. 75, Abb. 102.

Abb. 34, in: Landeshauptstadt Hannover, Unbekannt, „Borghesischer Fechter“ (1918) (Ko- pie), in: Fachbereich Gebäudemanagement der Landeshauptstadt Hannover, Akten: Kunst im öffentlichen Raum, Vorgänge Straßenkunstprogramm Hannover, Hannover 2007.

Abb. 35, in: Vera Fendel, privat.

Abb. 37, in: Zerull 1992, S. 89, Abb. 125.

158 VON ANTES BIS WURMFELD KRISTINA HERBST

7 ABBILDUNGSNACHWEIS

Abb. 38, in: Landeshauptstadt Hannover, Klaus Dietrich Boehm und Katinka Nikolai, „Yaya Yolcu“ (1975), in: Fachbereich Gebäudemanagement der Landeshauptstadt Hannover, Ak- ten: Kunst im öffentlichen Raum, Vorgänge Straßenkunstprogramm Hannover, Hannover 2007.

Abb. 39, in: Zerull 1992, S. 65, Abb. 85.

Abb. 41, in: Landeshauptstadt Hannover, Alexander Calder, „Hellebardier“ (1971), in: Fach- bereich Gebäudemanagement der Landeshauptstadt Hannover, Akten: Kunst im öffentlichen Raum, Vorgänge Straßenkunstprogramm Hannover, Hannover 2007.

Abb. 43, in: Tilman Daiber, privat.

Abb. 44, in: Tilman Daiber, privat.

Abb. 48, in: Quelle unbekannt.

Abb. 49, in: Landeshauptstadt Hannover, Niki de Saint Phalle, „Nanas“ (1974), in: Fachbe- reich Gebäudemanagement der Landeshauptstadt Hannover, Akten: Kunst im öffentlichen Raum, Vorgänge Straßenkunstprogramm Hannover, Hannover 2007.

Abb. 50, in: Landeshauptstadt Hannover, Niki de Saint Phalle, „Nanas“ (1974), in: Fachbe- reich Gebäudemanagement der Landeshauptstadt Hannover, Akten: Kunst im öffentlichen Raum, Vorgänge Straßenkunstprogramm Hannover, Hannover 2007.

Abb. 51, in: Landeshauptstadt Hannover, Niki de Saint Phalle, „Nanas“ (1974), in: Fachbe- reich Gebäudemanagement der Landeshauptstadt Hannover, Akten: Kunst im öffentlichen Raum, Vorgänge Straßenkunstprogramm Hannover, Hannover 2007.

Abb. 53, in: Landeshauptstadt Hannover, Niki de Saint Phalle, „Nanas“ (1974), in: Fachbe- reich Gebäudemanagement der Landeshauptstadt Hannover, Akten: Kunst im öffentlichen Raum, Vorgänge Straßenkunstprogramm Hannover, Hannover 2007.

Abb. 57, in: Firma Hahlbrock Faserverstärkte Kunststoffe, Restaurierung der Nana Skulptu- ren von Niki de Saint Phalle, unter: www.hahlbrock.de/fvk/de/projekte/gfk- restaurierung/nanas.php (Stand: 12.05.2007).

Abb. 59, in: Firma Hahlbrock Faserverstärkte Kunststoffe, Restaurierung der Nana Skulptu- ren von Niki de Saint Phalle, unter: www.hahlbrock.de/fvk/de/projekte/gfk- restaurierung/nanas.php (Stand: 12.05.2007).

159 VON ANTES BIS WURMFELD KRISTINA HERBST

7 ABBILDUNGSNACHWEIS

Abb. 61a, in: Landeshauptstadt Hannover, Niki de Saint Phalle, „Nanas“ (1974), in: Fachbe- reich Gebäudemanagement der Landeshauptstadt Hannover, Akten: Kunst im öffentlichen Raum, Vorgänge Straßenkunstprogramm Hannover, Hannover 2007.

Abb. 65, in: Landeshauptstadt Hannover, Volker Gerlach, „Große Begehbare Hannover“ (1976), in: Fachbereich Gebäudemanagement der Landeshauptstadt Hannover, Akten: Kunst im öffentlichen Raum, Vorgänge Straßenkunstprogramm Hannover, Hannover 2007.

Abb. 68, in: Kornbrennerei e.V. (Hrsg.) 1991, S. 43.

Abb. 69, in: Kornbrennerei e.V. (Hrsg.) 1991, S. 18.

Abb. 72, in: Landeshauptstadt Hannover, Karl Hartung, „Große Kugelform“ (1956), in: Fach- bereich Gebäudemanagement der Landeshauptstadt Hannover, Akten: Kunst im öffentlichen Raum, Vorgänge Straßenkunstprogramm Hannover, Hannover 2007.

Abb. 73, in: Christine Brandl, privat.

Abb. 79, in: Zerull 1992, S. 81, Abb. 113.

Abb. 80, in: Landeshauptstadt Hannover, Hans Wolf Lingemann, „Schrauben“ (1971), in: Fachbereich Gebäudemanagement der Landeshauptstadt Hannover, Akten: Kunst im öffent- lichen Raum, Vorgänge Straßenkunstprogramm Hannover, Hannover 2007.

Abb. 86, in: Landeshauptstadt Hannover, George Rickey, „Two Lines Oblique“ (1971), in: Fachbereich Gebäudemanagement der Landeshauptstadt Hannover, Akten: Kunst im öffent- lichen Raum, Vorgänge Straßenkunstprogramm Hannover, Hannover 2007.

Abb. 88, in: Landeshauptstadt Hannover, Kenneth Snelson, „Avenue K“ (1971), in: Fachbe- reich Gebäudemanagement der Landeshauptstadt Hannover, Akten: Kunst im öffentlichen Raum, Vorgänge Straßenkunstprogramm Hannover, Hannover 2007.

Abb. 89, in: Landeshauptstadt Hannover, Kenneth Snelson, „Avenue K“ (1971), in: Fachbe- reich Gebäudemanagement der Landeshauptstadt Hannover, Akten: Kunst im öffentlichen Raum, Vorgänge Straßenkunstprogramm Hannover, Hannover 2007.

Abb. 92, in: Zerull 1992, S. 118, Abb. 185.

Abb. 96, in: Christine Brandl, privat.

Abb. 100, in: Achwirs Homepage Kassel, Ab nach Kassel.de, unter: www.achwir.net/geschichtl/chronologisch2.php (Stand: 12.05.2007).

Abb. 102, in: Zerull 1992, S. 77, Abb. 107.

Abb. 105, in: Zerull 1992, S. 31, Abb. 30.

160 VON ANTES BIS WURMFELD KRISTINA HERBST

7 ABBILDUNGSNACHWEIS

Alle weiteren Abbildungen und Zeichnungen wurden von der Autorin selbst angefertigt. Die Qualität der Fotos ist teilweise beeinträchtigt, da mit den vor Ort gegebenen Lichtverhältnis- sen gearbeitet werden musste.

161 VON ANTES BIS WURMFELD KRISTINA HERBST

ANHANG

Anhang

Inhaltsverzeichnis

A Korrespondenz...... 1 A.1 Auszüge aus dem Interview mit Ludwig Zerull am 26.06.2006 ...... 2 A.2 Auszüge aus dem Interview mit Christine Brandl am 30.06.2006 ...... 6 A.3 Auszüge aus dem Interview mit Siegfried Neuenhausen am 04.07.2006 ...... 11 A.4 Gesprächsnotizen zum Interview mit Robert Simon am 13.07.2006...... 18 A.5 Auszüge aus dem Interview mit Veit Görner am 18.07.2006 ...... 21 A.6 Auszüge aus dem Interview mit HAWOLI Hans Wolfgang Lingemann am 24.07.06...... 26 A.7 Interview mit Anneke Schepke am 25.07.2006...... 34 A.8 Korrespondenz mit Andreas von Weizsäcker ...... 37 A.9 Korrespondenz mit Schang Hutter ...... 39

B Daten zu Skulpturen im öffentlichen Raum in Hannover ...... 1 B.1 Auflistung aller Kunstwerke im öffentlichen Raum Hannovers...... 2 B.2 Konzept einer Datenbank für die Kunst im öffentlichen Raum Hannovers...... 9

C Zusätzliche Informationen ...... 1 C.1 Calder Foundation General Guidelines for Restoration of Monumental Sculpture ...... 2 C.2 Diagramm des “Decision-Making-Model” ...... 3

VON ANTES BIS WURMFELD KRISTINA HERBST

ANHANG A KORRESPONDENZ

A Korrespondenz

1 VON ANTES BIS WURMFELD KRISTINA HERBST

ANHANG A KORRESPONDENZ

A.1 Auszüge aus dem Interview mit Ludwig Zerull am 26.06.2006

Ludwig Zerull, geboren 1924 in Hannover, schloss 1968 an der Kunsthochschule in Braun- schweig ab. Nach dem Studium der Malerei und Kunstpädagogik redigierte er acht Jahre lang die Zeitschrift „Kunst + Unterricht“. 1978/79 war er Dramaturg am Schauspielhaus in Nürnberg. Er arbeitete als Kunst-, Literatur- und Theaterkritiker für verschiedene Zeitungen, Zeitschriften und Rundfunkanstalten, außerdem war er als Ausstellungsmacher und an ver- schiedenen Theatern, vornehmlich als Bühnenbildner, tätig. 1988/89 wurde Zerull zum lei- tenden Bühnenbildner an den Städtischen Bühnen in Münster ernannt. 1992 verfasste er das Buch „Kunst ohne Dach – Skulpturen und Objekte im Stadtbild Hannovers“278. Heute enga- giert er sich als Berater der Lottostiftung im Bereich Theater und ist Kurator in der Galerie der Lottostiftung in Hannover.

[…]

Gibt es eine Art Katalog zum Bestand derjenigen Kunst im öffentlichen Raum, die sich im Besitz der Stadt befindet?

Die Skulpturen gehören unterschiedlichen Institutionen. Die Stadt hat bestimmt einen Be- standskatalog, welcher möglicherweise aber unvollständig ist. Nach meinem Buch von 1992 „Kunst ohne Dach“ gab es noch weitere Bücher, in denen versucht wurde, alle Skulpturen aufzunehmen. Diese Bücher sind jedoch meist sehr knapp gehalten. Die Skulpturen werden dort nicht qualitativ gewertet, womit solch ein Bestandskatalog in meinen Augen keinen Wert hat.

Wem gehören die meisten Skulpturen?

Dem Land Niedersachsen, einzelnen Unternehmern, der Niedersächsischen Sparkassenstif- tung, der Lottostiftung, der Sparkasse Hannover, der Kirche und Galerien. Vor zwanzig Jah- ren etwa war es durchaus üblich, dass in Absprache mit dem Grundbesitzer, der Stadt, Gale- rien Skulpturen im öffentlichen Raum platzierten, so dass nach mehreren Jahren meist ein Ankauf der Stadt zustande kam.

Wie sehen sie die Aufgabe bzw. die Beziehung der Skulptur zum Aufstellungsort? Welche Rolle spielt die Materialwahl?

Die Skulpturen stehen im Dialog mit der sie umgebenden Architektur und sollten auch nicht davon losgelöst aufgestellt werden.

278 Vgl. Zerull 1992.

2 VON ANTES BIS WURMFELD KRISTINA HERBST

ANHANG A KORRESPONDENZ

Wer entscheidet bzw. entschied über Ankäufe von Kunst?

Nach meiner Ansicht gibt es da kein allgemeines Vorgehen. Basierend auf der Diskussion aus Hildesheim „Entsorgungspark für funktionslose Kunst“ hat man kürzlich beschlossen, eine Art Kommission einzurichten, welche nicht aus Fachleuten der Stadt Hannover besteht, wie zum Beispiel Herrn Krempel, dem Direktor vom Sprengel Museum oder Herrn Simon, dem Galeristen, welche in gewisser Weise befangen sind, sondern aus Leuten von außer- halb. Das wären zum Beispiel Frau Leon, welche hier einen Lehrstuhl an der Universität hat, Frau Straka, Präsidentin der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig und ein Herr aus Bremen, den ich nicht kenne. Diese Kommission soll dann den Bestand sichten und ent- scheiden, welche Skulpturen umgesetzt werden sollen. Jedoch ist die fehlende Ortskenntnis dieser Fachleute, meines Erachtens nach, keine gute Vorraussetzung für die Beurteilung des historischen Hintergrunds, warum etwas seinen heutigen Standort hat, warum es dort stehen muss und dort auch nicht weg darf. Solche Sachen kann man natürlich nur dann gut beurtei- len, wenn man nah am Geschehen ist. Jedoch einer Zusammenarbeit möchte ich nicht im Weg stehen.

Werden Denkmäler anders behandelt als zeitgenössische und moderne Skulpturen? Wenn ja, warum?

Diese Unterscheidung möchte ich nicht machen. Im Gegensatz zu den früheren Skulpturen, welche meist Auftragsarbeiten waren, sind die moderneren Skulpturen „inhaltsfrei“. Diese Diskussion über das Entfernen der Skulpturen, zum Beispeil am Maschsee, halte ich für un- sinnig. Die Skulpturen sollten in ihrem zeitlichen Kontext gesehen werden. Sie sind Teil des Konzeptes des Maschsees und dürfen nicht aus ihrem Umfeld entfernt werden. So stellen auch moderne Skulpturen ein Zeitdokument an dem für sie ausgewählten Standort dar.

Kann das Projekt „Entsorgungspark für funktionslose Kunst im öffentlichen Raum“ als ein realistischer Ansatz für das Entfernen von Skulpturen aus dem öffentlichen Raum gesehen werden?

Nein. Ich sehe diesen Wettbewerb lediglich als eine Art Profilierung der Beteiligten.

Wie stehen Sie zu der von der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ durchgeführten Befra- gung in der Bevölkerung, ob ausgewählte Skulpturen aus dem Stadtbild entfernt werden soll- ten?

Auf solch eine Weise kann man eine derartige Diskussion nicht führen. Keine der Skulpturen darf entfernt, gar verschrottet werden. In einigen Fällen wäre es sinnvoll, Skulpturen umzu- setzen, da sich ihr Standort im Laufe der Zeit verändert hat. So zum Beispiel die in der Fuß- gängerzone befindlichen Skulpturen von Frau Enders279, welche heute vom Abfall von Mc- Donald’s gesäumt werden, ebenso eine Skulptur von Fritz Wotruba280, welche sicher einen viel ruhigeren Standort als den jetzigen in der Nordmannpassage benötigt.

279 Vgl. Ulrike Enders „Leute im Regen“ (1983), in: Zerull 1992, S. 102, Abb. 148, 149. 280 Vgl. Fritz Wotruba, „Stehende Figur“ (1970), in: Zerull 1992, S. 84, Abb. 117.

3 VON ANTES BIS WURMFELD KRISTINA HERBST

ANHANG A KORRESPONDENZ

Wo sind die aus dem Stadtbild entfernten Skulpturen hingekommen? Gibt es eine Art Skulpturenfriedhof?

Nein, das weiß ich nicht. Der „Glasturm“ (1970) von Walter Kuhns281 wurde 1976 nach ständigem Vandalismus abge- baut. Das dazugehörige Gestell wurde vermutlich deponiert. Die Lichtmaschine von Hans Martin Ihme282 am Georgsplatz wurde aufgrund der ständigen Störung des dazugehörigen Computers abgebaut. Die Skulptur gehörte der Stadt. Die Richard-Hamilton-Skulptur283 an der Neuenhausenwand in der Bertramstraße wurde ab- gebaut und in das Sprengel Museum gebracht. Das Thema der Skulptur, die Golfkriegsbe- richterstattung, erschien wohl zu provokant, so dass es immer wieder zu Vandalismus kam. Die Skulptur wurde durch eine Jalousie des Nachts geschützt. Jedoch brachte dies wenig Erfolg und die Skulptur wurde abgebaut. Herr Krempel, der Direktor des Sprengel Museums, hat einige Skulpturen aus dem Stadtbild entfernt, mit dem Argument, dass der Standort ein Sicherheitsrisiko für die Skulptur bedeutet. Letztendlich stehen die Skulpturen nun im Museum, wie zum Beispiel der George Rickey „Two lines oblique“ (1979)284, welcher zunächst am Leineufer stand, wo dann Passanten versuchten, den beweglichen Arm der Skulptur zu verbiegen.

Hätten Sie einen Vorschlag für das Deponieren der Skulpturen?

Es sollte ein Gelände gefunden werden, idealerweise in oder bei Hannover, wo die Skulptu- ren in einer sinnvollen Aufstellung, zum Beispiel in historischer Beziehung zueinander, prä- sentiert werden und für jedermann zugänglich sind.

Wer initiiert Restaurierungen? Gibt es jemanden, der den Zustand der Skulpturen sichtet?

Es gibt bestimmt niemanden. Es gibt ein paar rührige Leute, welche sich etwas darum küm- mern. Es gab mal die Idee der Galerie Otto in Hannover, eine ideelle Partnerschaft der Geschäfts- leute mit den Skulpturen einzurichten, welche zum Beispiel vor ihren Gebäuden stehen, was jedoch leider nicht geklappt hat. In den einzelnen Geschäften etc. fand sich niemand, der sich freiwillig bereit erklärte, beispielsweise den Müll von den Skulpturen zu entfernen. Frau und Herr Simon von der Galerie Simon haben stets darauf geachtet, dass ihre im Stadtbild aufgestellten Skulpturen gepflegt werden und haben den Müll entfernen lassen und sind auch schnell gegen Graffiti und Aufkleber vorgegangen. Sie haben mir erzählt, dass diese Methode Erfolg hat und man sieht auch, dass diese Skulpturen in einem besseren Zu- stand sind als andere. Die ÜSTRA hat im Zuge des „Straßenkunstprogramms“ einige der Haltestationen gestalten lassen, so zum Beispiel die U-Bahn-Station am Hauptbahnhof durch eine Wandskulptur des Franzosen Devan. Die ÜSTRA kümmert sich um die Reinigung und Pflege etc. Die Restaurierung der „Nanas“ von Niki de Saint Phalle am Leineufer wurde durch Stimmen

281 Vgl. Walter Kuhn, „Glasturm“ (1970), in: Zerull 1992, S. 77, Abb. 106,107. 282 Vgl. Hans-Martin Ihme, „Lichtmaschine“ (1970), in: Zerull 1992, S. 85, Abb. 118, 119, 120. 283 Vgl. Richard Hamilton, “Wargames” (1991), in: Zerull 1992, S. 136, Abb. 210. 284 Vgl. George Rickey, „Two lines oblique“ (1979), in: Zerull 1992, S. 75, Abb. 103.

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in der Bevölkerung angeregt. Sicher aber haben auch Fachleute den Zustand der Skulpturen festgestellt. Mit Hilfe der Zeitungen wurden Spenden gesammelt und schließlich damit eine Restaurierung ermöglicht.

Sollten Künstler selbst eine Restaurierung vornehmen?

Ich glaube, dass das funktioniert. Der Künstler müsste es ja eigentlich wissen. In einigen Fällen haben auch Assistenten Skulpturen restauriert. So hat zum Bespiel Herr Stielow, wel- cher ein Schüler von Bernhard Heiliger war, einmal die Heiliger-Skulptur hier in Hannover restauriert, was dazu führte, dass Herr Stielow weiterhin für Skulpturen aus Edelstahl konsul- tiert wurde. Herr Simon beschäftigt Herrn Stielow oftmals. Stielow arbeitet jedoch nur an Skulpturen aus Edelstahl. So hat Herr Stielow auch die Skulptur von Erich Hauser285, welche an der Fassade des „Ku- bus“ hängt, restauriert. Das war circa vor zwei, drei Jahren, nachdem die Lottostiftung die Galerie übernommen hatte. Es kann jedoch auch anders kommen. Es gab eine Skulptur von Hans Breder, „Außenobjekt Hannover“ (1971)286, welche allerdings sehr störanfällig war. Die Skulptur steht heute nicht mehr an ihrem ursprünglichen Ort. Die Spiegelflächen wurden ständig zerkratzt und besprayt, so dass Hans Breder den Auftrag bekam, die Skulptur umzu- setzen. Es galt, einen Standort zu finden, welcher weniger abgeschieden war, um weiteren Vandalismus zu vermeiden. Jedoch überarbeitete Breder die Skulptur sehr stark. Die ur- sprüngliche Idee mit den Spiegeln ist nicht mehr vorhanden. Die Spiegel wurden entfernt und die Dimensionen der Skulptur wurden verändert.

Hätten Restauratoren an bereits durchgeführten Arbeiten mitwirken sollen?

Vom restauratorischen Standpunkt kann ich das nicht beurteilen.

Sind Ihnen Städte bekannt, wo ähnlich wie in Hannover mit der Kunst im öffentlichen Raum umgegangen wird? Kennen Sie weitere Orte mit Kunst im öffentlichen Raum?

In der Nähe des Museums Schloss Salder in Salzgitter gibt es sehr viele Skulpturen um ei- nen See. Die Skulpturen sind dem Museum angeschlossen. Der Direktor des Museums war dort sehr engagiert. In Neuenkirchen, dem Springhornhof, gibt es circa vierzig Skulpturen, die in der Landschaft stehen. Dort kann man sehr schön verfolgen, wie Skulpturen über Jahrzehnte in die Land- schaft gekommen sind, wie sie über die Jahrzehnte verfallen oder auch nicht. Auch dort gibt es Beispiele für Restaurierungen. Die Finanzierung trägt vermutlich das Land oder Stiftun- gen. Der Bildhauer HAWOLI lebt dort. Seine Schwester hat das gegründet. Des Weiteren wären Marl in der Nähe von Essen, Bremen und Münster zu nennen, wobei die Stadt Münster im Rahmen der „Skulpturenprojekte“ alle zehn Jahre nur wenige Skulptu- ren nach Ausstellungsende im öffentlichen Raum belässt. Münster ist eine recht traditionelle Stadt, wo, wie es mir scheint, Kontinuität unerwünscht ist.

[…] Vielen Dank für das Gespräch.

285 Vgl. Erich Hauser, „Stahlrelief“ (1965), in: Zerull 1992, S. 67, Abb. 87. 286 Vgl. Hans Breder, „Außenobjekt Hannover“ (1971), in: Zerull 1992, S. 74, Abb. 100, 102, 103.

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A.2 Auszüge aus dem Interview mit Christine Brandl am 30.06.2006

Christine Brandl, geboren 1959 in Frankfurt/Main, ist gelernte Goldschmiedin. Nach lang- jähriger Berufstätigkeit absolvierte sie ein Studium an der FH Hildesheim und schloss als Diplom-Designerin im Bereich Metall ab. Gleichzeitig legte sie die Meisterprüfung als Gold- schmiedin ab. Im Jahr 2000 rief sie in Hannover die Aktion „Saubere Kunst 2000“ ins Leben. Mit Hilfe von Spenden und der freiwilligen Hilfe von Firmen und Privatleuten sowie Restaura- toren konnten mehrere Skulpturen im öffentlichen Raum gereinigt und teilweise ausgebes- sert werden. Diese Aktionen laufen bis zum heutigen Tag. Christine Brandl arbeitet derzeit als freie Künstlerin und Goldschmiedin in Hannover.

[…]

Gibt es eine Art Katalog zum Bestand derjenigen Kunst im öffentlichen Raum, die sich im Besitz der Stadt befindet?

Ja, beim Kulturamt – Frau Anneke Schepke. Es gibt eine Liste. Die Liste nimmt auch private Objekte mit auf. Durch Schenkungen an die Stadt entziehen sich die eigentlichen Käufer den Pflichten der Objekte, der Pflege etc.

Wie sehen sie die Aufgabe bzw. die Beziehung der Skulptur zum Aufstellungsort? Welche Rolle spielt die Materialwahl?

Zum Beispiel Karl Hartungs Muschelkalkskulptur „Große Kugelform“287: Die hatte zuerst ei- nen anderen Standort. Die hatte ein großes blaues Graffiti. Nach einer Korrespondenz mit der Tochter von Hartung und der Foundation habe ich das Graffiti mit einem Diamantfräser entfernt. Zuvor hatte ich auch Kontakt zur Hochschule aufgenommen, mit Herrn Professor Schubert, der mir dringend davon abriet, mit Chemikalien vorzugehen, da der Kalkstein sehr stark reagieren könnte und verbleibende Reste des Lösungsmittels vermutlich auch später weiterhin reagieren könnten. Hochbau- und Tiefbauamt waren ebenfalls informiert. Nach der Restaurierung blieb das Graffiti durch die weißen Schatten noch sichtbar, was sich dann aber mit der Zeit angeglichen hat. Bei dieser Arbeit bemerkte ich, dass die Skulptur nicht mehr an ihrem ursprünglichen Aufstellungsort steht. Die Skulptur steht heute am stark befah- renen Aegi und der daneben stehende Baum verschmutzt das Objekt sehr stark. Vermutlich wäre es sinnvoll, die Skulptur mit einem Anstrich zu schützen oder gar einen anderen Stand- ort zu finden. Meist sind solche Skulpturen auch stark mit Moos bewachsen. Das Moos ver- bindet sich stark mit dem Kalkstein. Es müsste also viel mehr darauf geachtet werden, wo etwas aufgestellt wird. Da wäre es auch interessant, mit Herrn Krempel [Direktor des Sprengel Museums in Hanno- ver] zu sprechen, der das schöne Wort der „Stadtmöblierung“ erfunden hat. Diese Meinung kann ich in gewisser Weise auch mit ihm teilen. Der Werkbund hat erneut einen Brief an den Oberbürgermeister formuliert, in dem er eine Kommission fordert, die sich genau mit diesen Dingen beschäftigt.

287 Vgl. Karl Hartung, „Große Kugelform“ (1956), in: Zerull 1992, S. 59, Abb. 75.

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Wer entscheidet bzw. entschied über Ankäufe von Kunst?

Das weiß ich nicht. Ich weiß nur von der Skulptur von Hans Breder [“Außenraumobjekt für Hannover“ (1971)]288. Die wurde von der Galerie Brusberg zwischen der Galerie und dem Hotel Interconti für eine Ausstellung aufgestellt. Da die Skulptur sehr schwer und groß war, entschloss man sich, sie zunächst dort zu belassen. Der Standort und die Ausführung waren für Hans Breder nie wirklich befriedigend. Die Ausführung wurde hier in Hannover gemacht und man hätte reklamieren müssen, was alles nie gemacht wurde. Nachdem die Skulptur dort auf einem Betonplatz lag, wurde sie anschließend 1973 in den Maschpark verlegt. Auf dem Betonplatz spiegelt die Skulptur Architektur wider. Die Skulptur ist aus Cor-Ten® Stahl, welcher im Maschpark ungeschützt auf den Boden gestellt war. Der Maschpark ist denkmal- geschützt, vermutlich auch schon zum damaligen Zeitpunkt. Eine solche Skulptur gehört nach meiner Auffassung nicht in einen denkmalgeschützten Park, zudem nicht in einer sol- chen Art. Als ich diese Skulptur reinigen wollte, befand sie sich schon in einem sehr schlechten Zu- stand. Zur Zeit der Herstellung der Skulptur gab es noch nicht diese breiten Walzen, um die- se breiten Bleche herzustellen, wie sie für diese Skulptur benötigt wurden. So verwendete man mehrere kleinere Bleche, welche oben miteinander verbunden wurden. Diese kleinen Verbundstücke gingen im Laufe der Jahre verloren, so dass die Bleche auseinanderklafften, was beispielsweise für spielende Kinder ein Sicherheitsrisiko gewesen ist. Leicht hätte man sich die Hand einklemmen, gar abquetschen können. So trafen sich zwei Interessen, die des damaligen Grünflächenamtsleiters Ronald Clark und mein Interesse, die Pflege. Die Skulptur sollte raus aus dem Maschpark und restauriert wer- den. So entwickelte sich ein langjähriges Projekt. Ich nahm Kontakt zu Hans Breder auf, dem ich den Zustand der Skulptur schilderte. Er war stark daran interessiert, dass etwas mit der Skulptur passiert, da sie für ihn nie zufriedenstellend war. Er bot an, eine neue Skulptur kos- tenlos zu entwerfen. Breder wollte die Skulptur neu interpretieren, da er bemerkte, dass die Ausführung der Skulptur, so wie sie war, für den öffentlichen Raum nicht funktionierte. Die Spiegel waren ständig stark zerkratzt und beschmiert. Der Spiegel war Lebensthema von Breder. Er bemerkt, dass er die Erfahrung gemacht hat, dass sich ein Spiegel im öffentlichen Raum nicht bewährt und somit die Skulptur verändert werden sollte. Als man dann die Skulp- tur abbauen wollte, bemerkte man, dass ein großer Teil der Standflächen so stark korrodiert war, dass er nicht mehr vorhanden war. Die neue Skulptur hat einen Sockel bekommen. Sie liegt punktuell auf Betonpfeilern auf. Breder schenkte die Entwürfe und die Ausführung machte letztendlich das Schweißtechni- sche Institut in Hannover. Herr Bach [der Leiter des Instituts] setzte sich dafür ein, dass das Material gespendet wurde, so dass die Stadt eine ganze Skulptur kostenlos bekommen hat. Mit Hilfe des Technischen Hilfswerks konnte die Skulptur dann aufgestellt werden. Für Bre- der war der Standort insofern interessant, als dass er mit der Skulptur eine Brücke zwischen städtischem Kommerz und der Natur herstellte. Doch dann passieren solche Dinge, dass direkt auf die Skulptur eine Beschriftung montiert wird. Wie kann man eine solche Plakette direkt auf das Kunstwerk montieren? Das ist ein Unding. Es wurde niemand gefragt. Das ist der Umgang mit Kunst, die Achtung vor dem Werk.

288 Vgl. Hans Breder, “Außenraumobjekt für Hannover“ (1971), in: Zerull 1992, S. 74, Abb. 100, 101, 102.

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Hinter dem Bahnhof steht eine Skulptur des Schweizers Schang Hutter [„Figurentanz“ (1989)]. Da wurde mitten in die Skulptur eine Streusandkiste gestellt. Schang Hutter selbst findet es in Ordnung, dass die Leute ihren Müll dort aufstechen, zum Beispiel Becher oder Dosen, oder ihre Fahrräder anschließen. Das ist Leben für ihn. Problematisch ist auch hier die rote Farbe. Das Rot verblasst meist sehr stark, so dass sich diese Farbe für den Außenraum förmlich verbietet. Den John Henry [(„Symphony in Red“ (2000)] haben sie kürzlich gestrichen und ich befürchte, in dem Zug wurde auch die Toll- mann-Skulptur [„Winkelelemente“ (1983)]289 gestrichen. Den Günter Tollmann hatte ich ein- mal mit Wasser gereinigt. Durch den Sohn von Tollmann habe ich erfahren, dass Tollmann ein sehr spezielles Rot für seine Skulpturen vorgesehen hatte. Dieser Ton geht in das Men- nigefarbene. So habe ich der Sparkassenstiftung vorgeschlagen, die Skulptur zu restaurie- ren. So wäre es möglich gewesen, die Skulptur dort abzubauen – sie ist wie ein Schuh über- gestülpt und steht auf diesen beweglichen Kugellagern –, sie zu streichen und die Kugellager zu fetten. Die Sparkassenstiftung lehnte das ab, da sie kein Geld für solche Projekte hatte. Nun wurde die Skulptur vermutlich mit derselben Farbe gestrichen, die sie auch für den Hen- ry verwendet haben. Es gibt zu dieser Skulptur auch ein Modell mit der originalen Farbe. Bei der Reinigung habe ich bemerkt, wie viele Leute tagtäglich daran vorbeigehen, zum Beispiel wenn sie dort aus der U-Bahn kommen. Der Tollmann, welcher heute auf dem Mittelstreifen der Vahrenwalder Straße neben den Straßenbahnschienen steht [„Plastik M II“ (1990)]290, hatte ursprünglich einen anderen Platz und wurde umgesetzt, weil sich ein Kind den Arm darin eingeklemmt hatte. Ich wollte die Skulptur nun reinigen. Sie steht aber heute auf dem Gelände der ÜSTRA und unterliegt so- mit den Betriebsbestimmungen. Das heißt, es ist aus Sicherheitsgründen nicht möglich, dort eine Leiter aufzustellen und gar mit Wasser zu arbeiten, da die Leitungen direkt daneben liegen. An so etwas wird bei der Aufstellung natürlich wieder nicht gedacht. Die „Tanzende“ von Schang Hutter291 wurde leider durch einen zu hohen LKW stark verbo- gen. Da haben Anwälte, Amtsgerichtverwalter etc. mir geholfen, die Skulpturen zu reinigen. Alle haben dagestanden und mit der Zahnbürste Fugen gereinigt. Das war toll. Demnächst wird eine große Schlosserei die kaputte Skulptur demontieren, was unproblema- tisch ist, da alle Teile nur miteinander verschraubt sind, und sie vermutlich mit Wärme wieder zurückbiegen. Schang Hutter ist es egal, was mit der Farbe passiert. Ihm ist wichtig, dass die Skulptur wieder gerade ist. Die Seile sollen auch wieder verbunden werden. Sicher müsste man diesmal ein Schild mit der Höhenbegrenzung am Straßeneingang hinstellen, damit so etwas nicht noch einmal passiert. Da kümmert sich aber im Moment der Vertreter des Amts- gerichtsleiters drum. Die vor dem Sprengel befindliche Skulptur von Erich Hauser [„Stahlkugelblätter“ (1981)]292 habe ich auch einmal angeboten zu reinigen. Die Restauratorin des Sprengels hat es dann aber übernommen. Den Sanford Wurmfeld [“Diamant II“ (1972)]293 habe ich auch gereinigt. Da habe ich viele Erkundigungen einziehen müssen. Der damals von der Stadt gekaufte „Diamant“ stand auf dem Georgsplatz, wurde jedoch bei einem Sturm durch Hagel zerstört. Der heutige Würfel

289 Vgl. Zerull 1992, S. 119, Abb. 186. 290 Vgl. Zerull 1992, S. 118, Abb. 185. 291 Vgl. Zerull 1992, S. 131, Abb. 201, 202, 203. 292 Vgl. Zerull 1992, S. 68, Abb. 88, 89, 90. 293 Vgl. Zerull 1992, S. 79, Abb. 110, 111.

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von 1972 stand bereits einmal in New York, wie mir Sanford mitteilte. Heute erscheint der Würfel bereits wieder sehr verschmutzt. Dieses Material, das Plexiglas, ist einfach schwer zu erhalten. Das Problematische daran sind die Befestigungen der Scheiben, das Plexi bricht sehr schnell aus. Die Skulptur war zudem mit Graffiti und Aufklebern verschmutzt. Für die Reinigung mussten die Scheiben demontiert werden, wobei das Risiko bestand, dass Schei- ben kaputtgehen. Deshalb kontaktierte ich den ursprünglichen Schweizer Hersteller Dupont, der mir zusicherte, dass man eine Sonderanfertigung machen könnte. Jedoch hätte ich dann eine Tonne bestellen müssen. So schilderte ich Wurmfeld die Problematik. Er hat noch origi- nale getönte Plexiglasscheiben von damals. Das Problem daran ist, dass die Scheiben da- mals mit einem Papier geschützt waren, welches auf die Scheibe geklebt wurde. Heute wer- den die Scheiben mit einer dünnen Folie geschützt. Das Papier hat sich nun sehr stark mit dem Plexiglas verbunden. Wurmfeld sicherte mir seine Unterstützung zu im Falle eines Schadens. Die Stadtsparkasse beteiligte sich finanziell an diesem Projekt, da die Skulptur direkt vor deren Gebäude steht. Zusammen mit der Firma, die damals die Aufstellung der Skulptur durchgeführt hatte, und dem Gebäudereinigermeister Christopher Heine – ich wur- de immer verpflichtet, mit einem Gebäudereiniger zusammenzuarbeiten, welcher darauf ach- tete, dass ich die Umweltbedingungen einhalte – habe ich dann die Reinigung mit Wasser vorgenommen. Die Bohrung am Sockel stammt nicht von einem Schild. Am Sockel hatte man einst eine Bank und einen Mülleimer befestigt, welche wir entfernten. Die Skulptur von HAWOLI [„Schrauben“ (1971)]294 habe ich gereinigt. Die Skulpturen haben mindestens für ein paar Jahre auf dem Bauhof gestanden. Die waren weg, HAWOLI wusste nicht wo. Aber so etwas soll schon öfter vorgekommen sein. Ich habe an allen Skulpturen lediglich gereinigt. Ich habe keine Ergänzungen, Retuschen etc. vorgenommen. Dazu habe ich überhaupt nicht die Kompetenz. „Kindergruppe“ [Kurt Lehmann (1955)]295 war eins der ersten Objekte, das ich gemacht habe. Kurt Lehmann und ich waren befreundet. Da habe ich die Kaugummis entfernt. Einmal habe ich zusammen mit den Leuten vom Werkbund eine Skulptur geputzt. Danach können sich die Leute besser mit der Skulptur identifizieren. Hein Sinken [„Anemokinetisches Objekt III – Schöpfkellen“ (1974)]296 habe ich mit Wasser gereinigt und die Aufkleber mit Aceton abgenommen. Als Goldschmiedin hat man ja eine gewisse Erfahrung mit Metall und bei Edelstahl passiert da gar nichts. Graffitis bekommt man meist mit Druck herunter. Den „Makrokern“ [von Karl Ludwig Schmaltz]297 habe ich ebenfalls gereinigt, es fehlt lediglich die Beleuchtung von innen. Da werde ich mich demnächst drum bemühen, dass das Licht wieder funktioniert. Erich Hauser ist vor zwei Jahren gestorben. Der hat auch einen großen Skulpturenpark mit seinen eigenen Objekten. Da wurde eine Stiftung gegründet. Die Skulptur vor der Handwerkskammer habe ich gereinigt [Jorge La Guarida, „Penetracion“ (1979)]298. Die ist leider auch stark von Bäumen zugewachsen. Die raue Oberfläche bietet natürlich eine gute Haftung für Schmutz. Zudem verläuft dort die Hamburger Allee.

294 Vgl. Zerull 1992, S. 81, Abb. 113. 295 Vgl. Zerull 1992, S. 47, Abb. 53. 296 Vgl. Zerull 1992, S. 82, Abb. 114. 297 Vgl. Zerull 1992, S. 76, Abb. 104, 105. 298 Vgl. Zerull 1992, S. 112, Abb. 172, 173.

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Bei dem Hans Uhlmann [„Stahlplastik 1965“]299 haben wir nur den Sockel gereinigt. Die Prä- sentation auf einem sauberen Sockel macht das Objekt einfach hochwertiger. Den „Rese-Brunnen“300 haben wir einmal von Unkraut befreit. Dabei ist mir Folgendes aufge- fallen: Zwei identische Formen liegen dort auf dem Boden, genau entlang des Windschattens der Skulptur, welche von der Glasur der Kacheln stammen. Das feine Pigment haftet dort an den Pflastersteinen.

Wie stehen Sie zu der von der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ durchgeführten Befra- gung in der Bevölkerung, ob ausgewählte Skulpturen aus dem Stadtbild entfernt werden soll- ten?

„Kann das hier weg?“ – das können die Leute nicht wirklich beurteilen. Da gab es auch ein- mal eine Aktion im „Schädelspalter“. Die haben dann einzelne Skulpturen vorgestellt. Skulpturen wegzunehmen, bedeutet, sie in das öffentliche Bewusstsein zu holen. Die Leute bemerken, dass an diesem Ort doch etwas stand. Das hat so etwas von der japanischen Kultur, wo man alle Dinge in Schränken unterbringt und hin und wieder hervorholt und hin- stellt und so die Dinge immer wieder in Erinnerung ruft. Und es gibt genau so eine ähnliche Aktion in Großburgwedel, „Kunst in Bewegung“.

Kann das Projekt „Entsorgungspark für funktionslose Kunst im öffentlichen Raum“ als ein realistischer Ansatz für das Entfernen von Skulpturen aus dem öffentlichen Raum gesehen werden?

Nein, das war kein ernstzunehmendes Projekt.

Hätten Sie einen Vorschlag für das Deponieren der Skulpturen?

Eine Art Skulpturenfriedhof, der für jedermann zugänglich ist.

Wer initiiert Restaurierungen, gibt es jemanden der den Zustand der Skulpturen sichtet?

Nein. Den gibt es, denke ich, nicht.

[…] Vielen Dank für das Gespräch.

299 Vgl. Zerull 1992, S. 61, Abb. 78. 300 Vgl. Zerull 1992, S. 43, Abb. 44.

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A.3 Auszüge aus dem Interview mit Siegfried Neuenhausen am 04.07.2006

Siegfried Neuenhausen, geboren 1931 in Dormagen, studierte an der Kunstakademie in Düsseldorf und betrieb in Köln philosophische Studien. 1964 wurde er Professor an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig. Seit 1983 lebt und arbeitet er in der ehe- maligen Kornbrennerei in Hannover-Hainholz. 1991 gab er den Anstoß für das Projekt „Bilderwand“ in der Bertramstraße, an dem sich eine Gruppe namhafter Künstler301 beteiligte. An einer achtzig Meter langen Industriewand entstanden Arbeiten aus Kunststoff, Stein und Metall. Die Stiftung Niedersachsen beteiligte sich mit 100.000 DM an diesem Projekt.

[…]

Wem gehören die Skulpturen?

Die haben unterschiedliche Besitzer. Es sind sechzehn Arbeiten. Einige gehören der Stadt und einige dem Land, eine der Sparkassenstiftung – die von Jochen Gerz – und bei einigen ist es offen. Dem Künstler gehören diese Skulpturen dann nicht. Der Künstler ist bezahlt worden.

Wer hat die Arbeiten angekauft, bezahlt?

Wir hatten damals 1991 einen Verein „Kornbrennerei“, dessen Vorsitzender ich war. Das meiste Geld kam von der Stiftung Niedersachsen im Zusammenhang mit dem Skulpturen- projekt, was damals hier lief. Dank Lothar Romain haben wir es geschafft, von der Stiftung Niedersachsen 100.000 DM zu bekommen. Im Übrigen waren die Sparkassenstiftung und die Lottostiftung dabei. Insgesamt waren es dann etwa 300.000 DM. Die Künstler haben alle dann etwa 10.000 DM Honorar bekommen. Die Herstellung der Skulpturen wurde meist ge- sponsert. Die Blechfabrik Sorst, die haben den Uecker-Nagel302 gemacht. Oder weiter hinten, da steht so ein VW-Chassis, das wurde dann von VW gebaut.

An wen wurden die Sachen dann direkt verkauft? Gab es eine Art Vereinbarung für eine mögliche Nachpflege der Skulpturen?

Die Sachen gingen an die Stadt. Das wurde alles sehr locker gehandhabt. Es gab meist kei- ne Kaufverträge. Es wurde keine Nachpflege etc. vereinbart. Einmal habe ich die Stadt gebe- ten, etwas Geld zu geben. Da gab es einfach ein paar Sachen, die optisch so nicht mehr gingen. Die Skulptur von Ulla Lauer303 steht auf dem Grundstück von VSM. Wem die gehört, ist rechtlich wieder ganz offen. Eigentlich würde sie auch dem Verein gehören, aber den gibt es

301 Rüdiger Barharn, Tony Cragg, Felix Droese, Jochen Gerz, Richard Hamilton, Astrid Klein, Imi Knoebel, C.O. Paeffgen, Rob Scholte, Günther Uecker, Gerd Winner, Ulla Lauer sowie Siegfried Neuenhausen selbst realisier- ten je einen Beitrag für die „Bilderwand“. 302 Vgl. Kornbrennerei e.V. (Hrsg.) 1991, S. 47. 303 Vgl. Kornbrennerei e.V. (Hrsg.) 1991, S. 73.

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ja nicht mehr. Die Hüte von mir habe ich einmal selbst gereinigt. Die gehören eigentlich keinem. Im Zwei- felsfall gehören sie dem Künstler, also mir, oder besser dem Verein, den es nun aber nicht mehr gibt. Das ist juristisch eine komplizierte Angelegenheit. Wenn nun einmal etwas mit dem Jochen Gerz sein sollte, dann denke ich schon, würde die Sparkassenstiftung auch etwas für die Restaurierung geben. Bei der Stadt ist es anders. Die haben natürlich gar kein Geld. Da im Kulturamt kümmert sich keiner darum. Die werden allenfalls aktiv, wenn sie darauf aufmerksam gemacht werden. Den Timm Ullrichs304 habe ich einmal repariert. Da ist einmal ein LKW gegengefahren und hat oben so eine Spitze abgebrochen. Das haben wir dann wieder gemacht. Die zwei Kame- ras laufen auch nicht mehr. Die sollten in dem schwarz lackierten Feld einen immateriellen Lichtkegel machen. Und da gab es so einen Spot, der diesen Lichtkegel erzeugen sollte. Der verbraucht nur recht viel Strom, den die VSM-Fabrik die ersten zwei Jahre bezahlt hat. Dann wollten die das auch nicht mehr zahlen. Nun steht es da und funktioniert nicht mehr, wie es eigentlich ursprünglich gedacht war. Eine Arbeit ist nicht mehr da. Der Richard Hamilton305 steht heute im Sprengel Museum. Da bestand ständig die Gefahr, dass jemand die Arbeit zerstört. Dafür hatten wir extra ein auto- matisches Rolltor machen lassen, was morgens automatisch aufging und abends wieder zuging. Aber trotzdem hatte ich ständig Angst, jemand würde die Arbeit kaputt machen, so dass wir sie an das Sprengel abgegeben haben. Thomas Firnich hat dann da diese Figur eingeschnitten. Das war etwa 1997.

Die Künstler selbst erkundigen sich auch nicht nach dem Zustand der Skulpturen, zum Bei- spiel Herr Uecker?

Nein. Warum sollte er? Die Skulptur ist aus Edelstahl. Was kann da groß passieren? Alle Künstler haben – das ist sicher – keine Urheberrechte mehr an den Arbeiten, denn alle Arbeiten wurden angekauft. Herr Uecker hat einen Entwurf gemacht, der angekauft wurde und nach dem die Skulptur dann gefertigt wurde. Außer der Fall, dass eine Skulptur aus dem öffentlichen Raum weggenommen werden soll – da ist es dann wohl nicht selbstverständlich, dass man das ohne das Einverständnis des Künstlers macht.

Darf Ihres Erachtens eine Skulptur von Ihrem vorgesehenen Platz entfernt werden?

Diese Arbeiten in der Bertramstraße sind nicht direkt im Zusammenhang mit einem Bauwerk entstanden. Andere Skulpturen sind direkt auf ein Bauwerk, einen Ort zugeschnitten. Die von ihrem Platz wegzunehmen, ist ein Eingriff in das künstlerische Konzept. So etwas müsste also dringend im Einvernehmen mit dem Künstler passieren. Wenn man die Arbeit zerstört, dann muss man den Künstler nicht fragen. Diese Fragen waren bisher hier noch nicht rele- vant.

304 Vgl. Kornbrennerei e.V. (Hrsg.) 1991, S. 67-69. 305 Vgl. Kornbrennerei e.V. (Hrsg.) 1991, S. 43-45.

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Wer initiiert Restaurierungen? Gibt es jemanden, der den Zustand der Skulpturen sichtet?

Nein. Sie sehen ja, die Sachen müssten alle wenigstens gereinigt werden. Ich muss die Stadt anrufen, wenn sie hier wenigstens mal den Rasen mähen soll. Das macht die Stadt nicht von sich aus. In den ersten zwei Jahren hatten wir auf der gegenüberliegenden Stra- ßenseite von den Laternen Strahler auf die Arbeiten gerichtet. Ab 21 Uhr etwa waren die dann an, aber aus Kostengründen haben sie die dann gestrichen. Wenn ich mich um die Objekte nicht kümmere, dann tut es niemand. Das rote Quadrat von Gerhard Merz306, das haben wir auch einmal neu gestrichen, was eigentlich jetzt auch schon wieder nötig wäre.

Das ist das Problem mit dem Rot?

Das mit dem Rot ist immer ein Problem. Sie haben das sicher gesehen, die rote Skulptur am Königsworther Platz. Die wurde in einem fürchterlichen Rot neu gestrichen. Das ist ganz weit weg vom ursprünglichen Farbton. Das Rot, was dort hinmuss, muss so ein Mennige oder Zinnoberrot sein. Das Karminrot dort ist völlig verkehrt. Das ursprüngliche Rot ist total verbli- chen. Das hätte nicht passieren dürfen. Vermutlich haben sie die falsche Farbe verwendet, aber mit dem Rot ist es immer nicht ganz einfach. Ich weiß nicht, wie das hier technisch ge- macht wurde, aber ich glaube, dass die darunterliegende Farbe angeschliffen wurde und dann neu angestrichen wurde. So kommt es dann, dass die darunterliegende originale Farbe den gesamten Farbton verdunkelt. Mit einer weißen Grundierung hätte das sicher anders ausgesehen.

Sie bewerten die bisher gelaufenen Restaurierungen in der Stadt auch eher negativ?

Ich kenne eigentlich nur diese eine. Herr Simon hat das wohl initiiert und die Lottostiftung hat es bezahlt. Von mir gibt es noch eine Skulptur, die ich für das Bundessortenamt gemacht habe: eine Arbeit aus Polyester über Eisenrohren, circa zwölf Meter lang. Die ist leider stark beschädigt. Die habe ich bereits zwei, drei Mal selbst restauriert, aber bereits nach einem Jahr sieht die wieder genauso aus. Das kann man gar nicht so schnell restaurieren, wie das wieder kaputt- geht. Ich mache nie mehr eine Polyester-Plastik für den Außenraum. Ich hab’ mit denen nun die Vereinbarung, dass ich da nichts mehr dran machen kann. Nun soll der Efeu die Plastik überwachsen, so dass das eine grüne Plastik wird. Das wird auch ganz schön. Das wird dann allerdings eine andere Form, die aus der Not entstanden ist, die aber dort Sinn macht.

306 Vgl. Kornbrennerei e.V. (Hrsg.) 1991, S. 65.

13 VON ANTES BIS WURMFELD KRISTINA HERBST

ANHANG A KORRESPONDENZ

Hier an der Wand in der Bertramstraße hängt eine Arbeit von Tony Cragg307. Meines Erach- tens nach ist die Plastik stark beschädigt.

Ein Teil ist beschädigt. Das ist ein sehr harter Gips, der aber doch gegen Wasser sehr emp- findlich ist. Obendrüber ist eine Dachrinne undicht gewesen, so dass das Wasser immer auf die Plastik tropfte. Mit dem stetigen Tropfen wurde der Stein etwas ausgewaschen.

Kann das Projekt „Entsorgungspark für funktionslose Kunst im öffentlichen Raum“ als ein realistischer Ansatz für das Entfernen von Skulpturen aus dem öffentlichen Raum gesehen werden?

Das stand in der Zeitung. Ja, das ist für mich eine ganz lustige Idee, eine Art Konzeptkunst. Aber das ist natürlich auch nur lustig, solange es Konzept bleibt. Ich wünsche mir auch ein paar Plastiken entfernt, die ich nicht mehr sehen kann. Aber nun sind sie da, ich weiß auch nicht, was man damit tun soll.

Hätten Sie einen Vorschlag für das Deponieren der Skulpturen? Was halten Sie von einer Art Skulpturenpark, einem Skulpturenfriedhof?

Skulpturenfriedhof – ich glaube, das ist falsch. Eigentlich dürfte nichts entfernt oder gar ver- schrottet werden. Ich bin nicht grundsätzlich dagegen, dass Sachen umgesetzt werden sol- len, aber das sollte auf jeden Fall in Absprache mit dem Künstler oder den Erben geschehen. Die urheberrechtlichen Regeln sollten nicht verletzt werden. Aber die hängen im Wesentli- chen damit zusammen, ob eine Plastik für einen ganz bestimmten architektonischen Zu- sammenhang gemacht wurde oder lediglich auf einem Platz steht. Da ist es dann relativ e- gal, ob die Skulptur versetzt wird. Ich halte es auch nicht für möglich, dass jemand die Sa- chen kauft. Vielleicht mal einen Antes. Das sind ja die man noch am meisten vertragen kann.

Sollten Künstler selbst eine Restaurierung vornehmen?

Für mich ist das keine Prinzipienfrage. Wenn Restauratoren das können, dann sollen sie das machen. Andererseits gibt es beispielsweise Eisenskulpturen, die ein Eisenplastiker gemacht hat. Da spricht nichts dagegen, wenn der Künstler das selbst repariert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Restaurator besser mit den Sachen umgehen kann als der Bildhauer bzw. Plastiker selbst. Aber das Beispiel mit den „Nanas“ – da bin ich mir sicher, dass dort Restauratoren hätten mit einbezogen werden müssen. Wenn ein Museum eine Arbeit kauft, dann ist es sehr viel zwingender als bei einer Skulptur im öffentlichen Raum, dass das Mu- seum sich auch um den Erhalt kümmert.

307 Vgl. Kornbrennerei e.V. (Hrsg.) 1991, S. 41.

14 VON ANTES BIS WURMFELD KRISTINA HERBST

ANHANG A KORRESPONDENZ

Sollte das nicht auch mit Skulpturen im öffentlichen Raum so sein?

Skulpturen im öffentlichen Raum sind auf eine andere Art und Weise gefährdet als Skulptu- ren im Museum. Sicher ist der Eigentümer der Plastik im öffentlichen Raum nicht von seiner Pflege entbunden. Wenn an den Skulpturen des Sprengels was ist, dann schickt Herr Krem- pel seine Restauratoren, die das dann machen. Das ist dann vom Etat her bei denen kein Problem. Wenn im öffentlichen Raum etwas passieren soll, dann gibt es ewig lange bürokra- tische Wege, bis etwas passieren kann.

Wenn man von den finanziellen Unwägbarkeiten einmal absieht, sollte man mit Skulpturen im öffentlichen Raum aus ethischer Sicht nicht genauso umgehen wie mit museal aufbe- wahrten Skulpturen?

Nein. Da meinte ich wirklich nur den rein praktischen Aspekt, dass es für ein Museum einfa- cher ist. Die Skulptur im öffentlichen Raum stellt ebenso ein zeitgeschichtliches Dokument dar wie eine Skulptur im Museum. Nun sind die Skulpturen, die in Hannover stehen, von sehr unterschiedlicher Qualität. Den qualitativ hochwertigen Plastiken gilt halt doch immer das Augenmerk; für Arbeiten von weniger bekannten Künstlern ist meist kein Geld da.

Wie sehen sie die Aufgabe bzw. die Beziehung der Skulptur zum Aufstellungsort? Welche Rolle spielt die Materialwahl?

Es gab früher diese „Kunst am Bau“-Reglung, also dass zwei bis drei Prozent der Bausum- me für „Kunst am Bau“ verwendet wurden, was heute weniger der Fall ist. Diese Arbeiten waren dann natürlich im Zusammenhang mit der Architektur konzipiert. Andere Skulpturen, wie der „Hellebardier“ [von Alexander Calder] am Maschsee, sind nicht zwingend an einen Ort gebunden. Die Haltbarkeit sollte vom Künstler mitbedacht werden. Der Künstler, beispielsweise im Rahmen einer Ausschreibung für ein bestimmtes Projekt, sollte den Ort mitberücksichtigen. Solch eine Skulptur sollte auch vom Material durchdacht sein. Ich mache mir auch Vorwürfe, dass ich nicht auch damals bei der Polyester-Skulptur daran gedacht habe. Ich dachte, sie hält. Ich kann von Glück reden, dass ich nicht regresspflichtig gemacht wurde. Die Gewähr- leitung ist ja meist vier oder fünf Jahre.

Würden Sie beispielsweise für Ihre Polyester-Skulptur eine Bootslackierfirma wie für die „Nanas“ engagieren?

Nein. Die können das auch nicht. Es gibt vermutlich niemanden, der das könnte. Ich habe einfach zu grundlegende Fehler gemacht.

Hätten Sie die Skulptur in ein Museum gegeben, nachdem sie dort aufgestellt war?

Diese Frage ist reine Illusion. Die Skulptur ist heute bereits zu stark zerstört. Früher hätte man über solch eine Lösung reden können. Das hätte ich dann aber nicht allein entscheiden können, da das Hochbauamt die Skulptur mit ausgeführt hat und natürlich das Bundessorte- namt hätte als Eigentümer mitentscheiden müssen. Wäre ein Museum dagewesen, wäre der

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ANHANG A KORRESPONDENZ

Erhalt der Skulptur gesichert gewesen.

Wer entscheidet bzw. entschied über Ankäufe von Kunst?

Das weiß ich nicht ganz genau, vielleicht der Kulturausschuss. Die meisten Arbeiten wurden bereits in den siebziger Jahren durch Herrn Neuffert gekauft. Ich war in der Kunstkommissi- on vom Land Niedersachsen, aber da war ich nicht für Skulpturen im öffentlichen Raum zu- ständig. Meist gab es eine beschränkte Ausschreibung.

Wie stehen Sie zu der von der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ durchgeführten Befra- gung in der Bevölkerung, ob ausgewählte Skulpturen aus dem Stadtbild entfernt werden soll- ten?

Diese Aktion fand ich nicht gut. So etwas kann politisch sehr schädlich sein. Die Leute kön- nen es nicht beurteilen. Sicher sollte man Bürger bei solchen Fragen mit einbeziehen, jedoch sind solch plebiszitäre Dinge meist sehr gefährlich. Beispielsweise die „Nanas“ [von Niki de Saint Phalle] wären damals nie aufgestellt worden, wäre man den Stimmen in der Bevölke- rung nachgegangen. Jeder weiß natürlich, dass Kunst – mit Kunst umgehen, Kunst sehen, betrachten, damit leben – bei Leuten die sich sonst nicht mit Kunst beschäftigen einen ge- wissen Gewöhnungsprozess braucht, bei dem sie auch Vorurteile abschleifen. So wie eben bei den „Nanas“.

Sollte an Skulpturen eine Beschriftung, gar eine kleine Erläuterung stehen?

Das halte ich für möglich, aber nicht für zwingend notwendig. Ich selbst habe es ganz gern, wenn immer ein gewisser Kommentar dazu ist. Bei dieser Frage gibt es aber auch zwei Frak- tionen: Es gibt Künstler, die sagen, das Kunstwerk muss sich selbst erklären. Eine Erklärung, die dabeisteht, empfinden sie als Einengung, weil sie natürlich die Betrachtungsweise in eine gewisse Richtung lenkt. Aber man muss die Plastik nicht gleich erklären, aber es wäre gut, kurz etwas über den Zusammenhang zu erfahren, ein Denkanstoß, ohne dass man eine In- terpretation gleich zu sehr einengt. Da wäre ich vorsichtig.

Sind Ihnen Städte bekannt, wo ähnlich wie in Hannover mit der Kunst im öffentlichen Raum umgegangen wird? Kennen Sie weitere Orte mit Kunst im öffentlichen Raum?

Otto Herbert Haieck, ein Bildhauer, der hat viel „Kunst am Bau“ gemacht, zum Beispiel Farb- stelen. Dem wurde einmal eine Plastik zerstört. Es gab furchtbaren Ärger. Das war, glaube ich, in Stuttgart. Vielleicht kann ich Ihnen noch ganz kurz etwas zu einigen Arbeiten sagen. [Zeigt Abbildun- gen im Katalog „Bilderwand Bertramstraße – Kornbrennerei“, 1991] Dies hier [Johannes Brus]308 ist aus Lastwagenplanen, mit Computer im Tintenstrahlverfah- ren bedruckt. Ich hatte Befürchtungen, dass das nicht lange hält, aber eigentlich sieht es noch sehr gut aus.

308 Vgl. Kornbrennerei e.V. (Hrsg.) 1991, S. 49.

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Bei der Arbeit [Gerd Winner]309 ist das Rot und Gelb ausgeblichen, die Farben waren absolut nicht farbecht. Das ist Siebdruck. Aber der Künstler hat auch kein Interesse daran, die Arbeit neu zu bemalen. Das wäre technisch auch sehr schwierig, eben weil es ein Siebdruck ist. Diese Arbeit [Imi Knoebel]310 gibt es nicht mehr, da die Fabrik – die stellen Sandpapier her –, der diese Anschlüsse gehören, das System entfernt hat, da es nicht mehr benutzt wird.

[…] Vielen Dank für das Gespräch.

309 Vgl. Kornbrennerei e.V. (Hrsg.) 1991, S. 59. 310 Vgl. Kornbrennerei e.V. (Hrsg.) 1991, S. 63.

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A.4 Gesprächsnotizen zum Interview mit Robert Simon am 13.07.2006

Robert Simon, Diplom-Betriebswirt, geboren 1946, arbeitete seit seinem 26. Lebensjahr in Führungspositionen in der freien Wirtschaft. 1981 gründete er in Hannover die Galerie kö24, mit dem Ziel, junge Künstler zu entdecken und zu fördern. 1985 gab Simon seine Positionen in der Wirtschaft auf, um sich ganz der Kunst zu widmen. Neben der Beteiligung an mehre- ren Skulpturenausstellungen im öffentlichen Raum in verschiedenen Städten, u.a. in Hanno- ver, Celle, Jena, Hildesheim, Lüneburg, Osnabrück, Sindelfingen, Stuttgart und in ländlichen Regionen, war er der Initiator der Skulpturenmeile311 zwischen Königsworther Platz und Friederikenplatz in Hannover. Die private Kunstsammlung von Robert Simon befindet sich seit 1995 im Bomann-Museum in Celle312.

[…]

Welche Maßnahmen müssen ergriffen werden, um eine Skulptur aufstellen zu können? Wie sehen sie die Aufgabe bzw. die Beziehung der Skulptur zum Aufstellungsort? Welche Rolle spielt die Materialwahl?

• die Kunst wurde an ein Konzept gebunden ausgewählt und aufgestellt • die Verkehrsinsel wurde bewusst gewählt • diese Dimensionen, das Verhältnis Raum – Architektur – Mensch, sind nur dort mög- lich • z.B. der Stahlengel [Erich Hauser, „Stahl 17/87“ (1987)]313 hat genau die Maße der Insel, das Material Stahl wurde hier bewusst gewählt, da es recht unempfindlich ist und Schmutz etc. einfach zu entfernen ist • Kunstwerke der Skulpturenmeile wurden teilweise auch aufgrund ihrer verwendeten Materialien ausgewählt • 1989 wurde der Begriff „Skulpturenmeile“ das erste Mal bewusst verwendet, und zwar bei einer Aktion, wo sechzig Künstler Fahnen auf der Meile aufstellten

311 „Den Auftakt für die Skulpturenmeile lieferten von 1986 bis 1988 die Ausstellungen des Galeristen Robert Simon ‚Stahl 1’ und ‚Stahl 2’ (Stahlskulptur aus Berlin sowie Deutsche Stahlbildhauer im Stadtraum von Hanno- ver). Durch diese Privatinitiative gelang es, mehrere Skulpturen für immer in Hannover zu halten und schon vorhandenen städtischen Kunstbesitz sinnvoll zu ergänzen. Unterstützt wurde Robert Simon durch das Enga- gement von Stadt, Land und Sponsoren. Heute sind bis auf die Skulptur ‚Symphony in Red’ von John Henry, die eine Dauer-Leihgabe der Niedersächsischen Lottostiftung ist, alle Arbeiten Eigentum der Landeshauptstadt Hannover.“ Vgl. Robert Simon, Skulpturenmeile, unter: www.robert-simon.de (Stand: 01.02.2007). 312 Seit dem 01.01.2001 unter dem neuen Namen „Kunstmuseum Celle mit Sammlung Robert Simon“. 313 Vgl. Zerull 1992, S. 69, Abb. 91.

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ANHANG A KORRESPONDENZ

Welche Kriterien müssen erfüllt sein? (Hochbauamt, Tiefbauamt)

• z.B. die Skulptur von John Henry „Symphony in Red“ (2002) am Königsworther Platz: im Untergrund ist die U-Bahn, bereits 53 cm unter der Oberfläche, darum Veranke- rung unmöglich • drei Sondergutachten von Statikern wurden angefertigt • Standort wurde unter Fachleuten heftig diskutiert • Skulptur wurde auf zwei Schwertransportern aus Warnemünde (Meier Werft) ge- bracht, wo sie gebaut und gestrichen worden war, der Stahl wurde von einer Firma in Salzgitter gestiftet, die Lottostiftung finanzierte den Rest • Skulptur besteht aus einem Stecksystem in zwei Teilen (eine Stange ist 17 m lang) • Modell 1:10 und Modell 1:31 existieren (mit originaler Farbe) in der Galerie kö24

Wird bei Aufstellung bzw. Ankauf eine mögliche Nachpflege der Skulpturen berücksichtigt?

• ja, die Skulpturen müssen gewartet werden, die Objekte werden sofort gereinigt etc., sobald es nötig ist, um Folgeschäden zu verhindern • demnächst soll eine Reinigung der Matschinsky-Denninghoff-Skulptur „Genesis“ (1983)314 am Königsworther Platz erfolgen und der Sockel der Skulptur soll erneuert werden

Kann das Projekt „Entsorgungspark für funktionslose Kunst im öffentlichen Raum“ als ein realistischer Ansatz für das Entfernen von Skulpturen aus dem öffentlichen Raum gesehen werden? Wie stehen Sie zu der von der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ durchgeführ- ten Befragung in der Bevölkerung, ob ausgewählte Skulpturen aus dem Stadtbild entfernt werden sollten?

• nein, hier handelt es sich um reine Profilierung; Kunst kann dadurch zwar wieder ins Bewusstsein gerückt werden, das Projekt darf aber in dieser Form keine Grundlage für Diskussionen geben

Kennen Sie das Vorhaben der Stadt, eine Kommission315 einzusetzen?

• einer solchen Kommission fehlt der historische Hintergrund und Zusammenhang, die Leute wüssten nicht, welche Objekte an bestimmten Orten „nicht funktionieren“ • der spezielle Blickwinkel fehlt • diese Kommission stellt eine Art Alibi für die Stadt dar • der Zeitgeschmack darf nicht ausschlaggebend sein

314 Vgl. Zerull 1992, S. 124, Abb. 191, 192, 193. 315 Die Kommission setzt sich wie folgt zusammen: Architekturprofessorin Hilde Leon (Universität Hannover), Prof. Peter Rautmann (Direktor der Hochschule der Künste in Bremen), Barbara Straka (Präsidentin der Hoch- schule der bildenden Künste in Braunschweig).

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ANHANG A KORRESPONDENZ

Wo sind die aus dem Stadtbild entfernten Skulpturen hingekommen?

• auf Bauhöfe

Hätten Sie einen Vorschlag für das Deponieren der Skulpturen?

• einige Skulpturen sollten eventuell aus dem Stadtbild entfernt werden oder einen neuen Standort bekommen • diese Sachen dürften aber nicht in einem Skulpturenpark (Friedhof) landen, da es unmöglich wäre, einen Park mit der „Negativauswahl“ zu gestalten; stattdessen sollte man die Skulpturen lieber auf Bauhöfe bringen • die Objekte sind an ihrem derzeitigen Standort nicht gut, somit sollten sie auch an keinem anderen Ort der Öffentlichkeit zugemutet werden • abhängig von den jeweiligen Eigentumsverhältnissen • Vorsicht: Zweckentfremdung durch falschen Standort, z.B. Tollmanns „Plastik M II“ (1980)316 stand zuvor am Maschsee und wurde entfernt, da sich Kind eingeklemmt hatte; die Skulptur soll vom Menschen bewegt werden (unten ist ein Stahlsockel mit einem Kugellager, damit die Skulptur wirklich waagerecht steht); heute steht sie in der Vahrenwalder Straße auf dem Mittelstreifen, wo sie niemand bewegt; die Skulptur kam 1980 im Zuge einer Künstlerbundausstellung an den Maschsee

Wer initiiert Restaurierungen? Gibt es jemanden, der den Zustand der Skulpturen sichtet?

• den Zustand beurteilt Robert Simon selbst • eine feste Gruppe von Leuten arbeitet für Herrn Simon, z.B. der Bildhauer Hartmut Stielow

Welche Arbeiten wurden an Ihren Skulpturen durchgeführt?

• John Henry, „Symphony in Red“ (2002): Reinigung und Neuanstrich (2006) • Bernhard Heiliger, „Deus ex Machina“ (1985) am Leibnizufer317: Wasserabläufe etc. erneuert, Reinigung, Lackierung erneuert (Ausführung durch Hartmut Stielow) • Erich Hauser, „Stahl 17/84“ (1987)318: Reinigung • Kenneth Snelson, „Avenue K“ (1970)319: mit Hilfe des Technischen Hilfswerkes Transport auf Rollen vom Waterlooplatz zur Skulpturenmeile, Skulptur besteht aus zwei Teilen und wurde im zusammengebauten Zustand transportiert, die Skulptur wurde dort dann auf mehrere kleine Sockel gestellt (hatte am alten Standort im Gras gestanden) […]

316 Vgl. Zerull 1992, S. 118, Abb. 185. 317 Vgl. Zerull 1992, S. 123, Abb. 189, 190. 318 Vgl. Zerull 1992, S. 69, Abb. 91. 319 Vgl. Zerull 1992, S. 92f., Abb. 129, 130.

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A.5 Auszüge aus dem Interview mit Veit Görner am 18.07.2006

Veit Görner, geboren 1953 in München, in Stuttgart aufgewachsen, hat in Tübingen Sozial- wissenschaften und in Stuttgart Kunstgeschichte studiert. Er leitete das Künstlerhaus Stutt- gart und war acht Jahre lang Kurator am Kunstmuseum Wolfsburg. Seit Januar 2003 ist er Direktor der Kestnergesellschaft Hannover.

[…]

Welche Maßnahmen müssen ergriffen werden, um eine Skulptur aufstellen zu können? Wel- che Kriterien müssen erfüllt sein? (Hochbauamt, Tiefbauamt)

Es gibt ein Baurecht. Die Sachen werden im Grunde wie Bauwerke gehandhabt. Außer es geht um temporäre Ausstellungen, dann kann man vom Baurecht abweichen. Wenn eine Skulptur im öffentlichen Raum aufgestellt werden soll, dann muss ein Bauantrag gestellt werden. Wenn eine Baugenehmigung erteilt wird, können letztlich die Frage hinsichtlich Fundament, Sicherheit etc. geklärt werden.

Wie sehen sie die Aufgabe bzw. die Beziehung der Skulptur zum Aufstellungsort? Welche Rolle spielt die Materialwahl?

Das ist das Entscheidende schlechthin. Letztendlich geht es um den visuellen Kontext. Es geht nicht so sehr um das Kunstwerk an sich. In einem „White Cube“ kann es sein wie es will, da es diesen Schutzraum um sich herum hat. In einem Ausstellungsraum mit weißen Wänden steht es völlig für sich selbst, sobald es aber im öffentlichen Raum steht, nimmt es sofort Beziehung mit allem, was drum herum ist, auf. Es kann sich „verstecken“, indem es genauso aussieht wie der Granitboden, auf dem es steht. Oder es kann sich hervortun, in- dem es beispielsweise auf einer Eisenplatte steht und sich so vom Boden abhebt. Damit steht es dann im direkten Kontrast zu seiner Umwelt. Das Zweite ist dann das weitere Sicht- umfeld, wenn man also hundert Meter entfernt steht, dann sieht man plötzlich auch alles, was die Skulptur umgibt, Ampeln, Straßenlaternen etc. Gegen all das muss die Skulptur konkurrieren. Da ist dann die Frage, wie kann sie sich überhaupt behaupten. Örtlicher Kon- text, die Materialwahl und der visuelle Kontext gehören immer zusammen.

Die Haltbarkeit des Materials wird dabei auch berücksichtigt? Oder inwieweit ist bei der Aus- wahl der Skulptur das Material ausschlaggebend? Steht das künstlerische Konzept im Vor- dergrund?

Nothing is permanent. Es gibt einen guten Grund, warum in früheren Jahrhunderten Skulptu- ren aus Bronze gefertigt wurden: die Haltbarkeit. Marmor wurde auch viel verwendet, aber durch den sauren Regen verwittert Stein auch sehr schnell. Das Material darf nicht aus- schlaggebend sein. Das ist eine Sache, die muss man ignorieren. Das bleibt eine künstleri- sche Entscheidung. Wenn der Künstler entscheidet, er arbeitet in Holz, dann ist die Skulptur in fünfzig Jahren weg.

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ANHANG A KORRESPONDENZ

Ist es dann nicht unverantwortlich, eine solche Skulptur anzukaufen?

Nein, das kann man schon machen. Es handelt sich schließlich um eine Bewertung des Kunstwerkes an sich und nicht um die Bewertung seiner technischen Möglichkeiten. Martin Kippenberger hatte einen Sammler in München, der ihn über lange Zeit bat, eine Skulptur von ihm zu bekommen. Kippenberger ließ sich damit Zeit, bis er in einem verschneiten Win- ter dem Sammler einen Schneemann gebaut hat, den er dann für 10.000 DM an ihn verkauf- te. Das wurde dann schön dokumentiert, aber als es warm wurde, war der Schneemann na- türlich wieder weg. Das noch so haltbare Material leidet im Laufe der Zeit. Deshalb würde ich das völlig außer Acht lassen. Ich würde immer wieder neu anstreichen lassen oder reparieren. Wenn eine Farbe verbleicht, dann muss eben neu gestrichen werden. Wenn da Graffiti drauf ist, dann sollte das entfernt werden. Das liegt in der Verantwortung des Eigentümers.

Wird bei Aufstellung bzw. Ankauf eine mögliche Nachpflege der Skulpturen berücksichtigt?

Nein, leider überhaupt nicht. Das ist der kurzsichtige Blick der Politiker, der nur von Wahlpe- riode zu Wahlperiode reicht. Was da an Folgekosten entsteht, interessiert meist keinen Men- schen.

Werden Denkmäler anders behandelt als zeitgenössische und moderne Skulpturen? Wenn ja, warum?

Das hat einfach etwas mit unserem Blick auf die Geschichte zu tun. Sieht man sich den Wie- deraufbau von Schlössern zum Beispiel an, glaubt man, dass die alte Zeit einfach die besse- re war und deshalb hat man zu den Denkmälern ein historisches Verhältnis und kein künstle- risches Verhältnis. Man behandelt sie deshalb nicht besser oder schlechter. Der Ernst Au- gust vor dem Bahnhof steht optimal auf diesem Platz, proportional zu den Gebäuden.

Können Skulpturen aus dem Stadtbild entfernt werden?

Na logisch, klar. Es gibt drei Momente, die man überlegen muss. Das eine ist die künstleri- sche Bedeutung des Werkes an sich und die veränderte Betrachtung der Wertschätzung. Und das zweite ist der visuelle Verschleiß. Und das dritte ist die Veränderung des Kontextes im öffentlichen Raum. Bei einem Museum ist es selbstverständlich, dass die Bilder mal ins Depot gehen oder in verschiedenen Ausstellungen gezeigt werden. Das heißt sie verändern ihren Kontext, ihren Standort oder sind gar einmal gar nicht zu sehen. Und warum soll man das nicht auch mit Skulpturen im öffentlichen Raum so handhaben?

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ANHANG A KORRESPONDENZ

Kunst im öffentlichen Raum wird doch aber meist für einen bestimmten Ort konzipiert?

Schon, aber der Kontext drum herum verändert sich. Wenn sich der Kontext verändert, dann hat auch das Konzept der Skulptur keinen Bestand mehr oder es muss zumindest geprüft werden, ob es dort noch hinpasst.

Kann eine Skulptur nur dann entfernt werden, wenn der Standort nicht mehr dem ursprüngli- chen Konzept entspricht oder auch dann, wenn sie dem Zeitgeschmack nicht mehr ent- spricht?

Das war der zweite Punkt. Wir bewerten Kunst ständig neu. Und wenn man dann einmal zu dem Schluss gelangt, dass eine Skulptur nicht mehr ihre ursprüngliche Bedeutung hat – zum Beispiel der Künstler ist nicht mehr so bedeutend –, dann sollte sie entfernt werden. Es gibt dann neue Skulpturen, die diese Aufgabe an diesem Ort besser erfüllen können. Der Platz ist dann ein Skulpturenplatz, also kann man den auch wieder neu besetzen. „Wechselaus- stellung im Stadtgebiet“ nennt man das dann.

Wie stehen Sie zu der Idee eines Skulpturenfriedhofes?

Nach der Bundesgartenschau in Stuttgart sollten alle Skulpturen in einem Park gesammelt werden. Das sollte dann eine Art Lehrpfad werden, wo die Skulpturen nach Materialien sor- tiert sind. Dann hätte man eine Art Gegenüberstellung machen können, wo dann die Abs- trakten den Figurativen gegenüberstehen.

Wäre dieser Skulpturenfriedhof nicht eine Art Präsentation der Negativauswahl geworden?

Nein, in diesem Fall nicht, da alle Skulpturen entfernt wurden. Man könnte diesen Park auch als Depot nutzen, welches eine Art Schaulager ist. Die Skulpturen könnten dann auch zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgestellt werden, wenn sich ein geeigneter Platz findet.

Einige der Skulpturen wurden hier auf Bauhöfen untergebracht. Wie stehen Sie dazu?

Das würde ich eher als einen Kollateralschaden bezeichnen, die Unsensibilität dieses Ge- werbes, das nicht bemerkt, dass es sich hierbei um Kunst handelt. So wurde zum Beispiel im Zuge einer Baumaßnahme ein Serra in Barcelona entfernt und nach Fertigstellung der Arbei- ten wusste niemand mehr, wo der Serra hingekommen ist.

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ANHANG A KORRESPONDENZ

Sind Ihnen andere Städte bekannt, wo ähnlich wie in Hannover mit der Kunst im öffentlichen Raum umgegangen wird?

Im Umgang, möchte ich sagen, ist es in allen anderen Städten ähnlich wie hier. Hannover ist mir die einzig bekannte Stadt, die solch eine ausgeprägte Skulpturenmeile hat. Letztendlich wird, nachdem eine Skulptur aufgestellt wurde, nie wieder künstlerisch entschieden, sondern rein pragmatisch. Kunst im öffentlichen Raum verliert eigentlich die Aura, dass es sich um ein Kunstwerk handelt. Der Bewusstseinswandel geht insofern vonstatten, dass die Skulptur in der Öffentlichkeit steht und damit allen gehört – anders mit der Mona Lisa im Museum. Damit ist sie den öffentlichen Geflogenheiten unterworfen und weniger den konservatori- schen wie in einem Museum. Es wird als Ding behandelt und nicht als Kunstwerk – ähnlich wie Architektur.

Warum werden dann die Skulpturen am Maschsee nicht entfernt?

Da der Denkmalschutz hier einschreiten würde, da es sich um ein historisches Ensemble handelt.

Skulpturen aus den 1960er Jahren sind in meinen Augen auch historisch und dürften somit auch nicht aufgrund eines veränderten Zeitgeschmacks entfernt werden.

Das hängt mit den Bestimmungen der Schutzwürdigkeit zusammen. Von der Sache her gibt es keinen Grund, diese Skulpturen unterschiedlich zu behandeln.

Wie stehen Sie zu der von der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ durchgeführten Befra- gung in der Bevölkerung, ob ausgewählte Skulpturen aus dem Stadtbild entfernt werden soll- ten? Sollte die Bevölkerung mitbestimmen?

Nein, nie! Kunst ist nicht mehrheitsfähig.

Kann das Projekt „Entsorgungspark für funktionslose Kunst im öffentlichen Raum“ als ein realistischer Ansatz für das Entfernen von Skulpturen aus dem öffentlichen Raum gesehen werden?

Nette Idee, jedoch traut sich niemand ran. Allein die Diskussion, die wir hier in der Kestner- gesellschaft mit Herrn Schmalstieg, Herrn Simon und Herrn Kästle geführt haben, zeigte, dass es sich hierbei um ein hochbrisantes Thema handelt. Dazu kommen noch die ganzen urheberrechtlichen Fragen, die solch ein Projekt erschweren würden.

Ihnen ist die Restaurierung der „Nanas“ bekannt? Wie stehen Sie dazu?

Als naiver Betrachter, ohne Fachkenntnis zu den Materialien, kann ich nur sagen, dass die Skulpturen aussehen wie vorher. Ich denke nicht, dass man in hundert Jahren wirklich beur- teilen kann, ob ein Rot zu hell oder zu dunkel ist. Im Moment erscheinen sie einem wie frisch lackiert. Maximalanforderungen, wie sie die Restaurierung entwickelt hat, sind dort sträflich vernachlässigt worden. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, ob sie an dieser Stelle

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ANHANG A KORRESPONDENZ

nötig gewesen wären. Es genügt dort eine Idee, wie die Skulpturen dort aussehen, und die Originale schaut man sich im Museum an.

Warum hat man sich dann nicht für eine Kopie entschieden? Letztlich sind die Skulpturen nur noch eine Kopie, da das Original zerstört wurde.

Ich finde es nicht so tragisch, da ich mir das als naiver Betrachter anschaue. Die Grundidee bleibt doch erhalten; siehe die Arbeiten von Dan Flavin. Die Neonröhren sind auch nicht mehr die originalen. Die Abweichungen vom Original sollte man einfach in Kauf nehmen. Oder bei Video – genau das Gleiche. Was ist da noch original, wenn diese auf CDs kopiert werden? Nach kunstwissenschaftlichem Standard erschließt sich die Skulptur nicht durch ihre origina- le Farbigkeit, den exakten RAL-Ton. Restauratorisch betrachtet sieht es halt anders aus. Auch wenn man den originalen RAL-Ton wiederverwendet, wird dieser sich in kürzester Zeit wieder minimal verändern. Die Farbwahrnehmung ist auch fraglich; beispielsweise die Arbei- ten von Bruce Naumann. Wie will man dort eine restauratorische Vorgabe machen, wenn jeder Bildschirm eine andere Farbigkeit hat? Was ist Rot? Die ganze Diskussion ist viel leidenschaftlicher geführt. In den siebziger Jahren hat man ge- sagt, wir wollen die Demokratisierung der Kunst, wir wollen sie aus den Museen rausholen, zurück ins Leben. Da fing man an, die Stadt zu möblieren, so wie Bazon Brock – „Action Teaching“. Das ist die Möglichkeit, Kunst an die Menschen heranzubringen. Ich bin da eher skeptisch, da wir uns da in einem sehr schmalen, elitäreren Feld bewegen. Die Sachen ha- ben nach der Enthüllung kein Interesse mehr. Die Sachen sind nie mehrheitsfähig.

[…] Vielen Dank für das Gespräch.

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A.6 Auszüge aus dem Interview mit HAWOLI Hans Wolfgang Lingemann am 24.07.06

HAWOLI, geboren 1935 in Bleckede, heißt mit bürgerlichem Namen Hans Wolfgang Linge- mann. Der auf dem Springhornhof320 ansässige Bildhauer hat das Neuenkirchener Projekt „Kunst-Landschaft" in der Lüneburger Heide seit seinen Anfängen in den sechziger Jahren mitgeprägt und künstlerisch begleitet. Auf dem Georgsplatz der Stadt Hannover stehen seit 1971 seine roten Polyesterskulpturen „Schrauben“.

[…]

Wem gehören Ihre Skulpturen in Hannover am Georgsplatz?

Die gehören der Stadt. Von Anfang an.

Wer gab Ihnen den Auftrag?

Das war der Leiter des Kunstvereins, Herr de la Motte. Das war 1971 und ich hatte eine von diesen drehbaren Schrauben, wie ich sie nenne, – eine andere als die, die am Georgsplatz stehen – im Kunstverein in der sogenannten Herbstausstellung ausgestellt. Da hat de la Mot- te mich angesprochen, ob die Skulpturen nicht auch etwas für die Stadt wären. Ich erklärte mich bereit, das zu einem relativ niedrigen Preis zu machen und weil Sie das Restaurieren ansprechen, es standen 10.000 DM zur Verfügung. Ich musste irgendwo sparen und das war dann eben am Material. Ich war sehr zufrieden, dass ich dabei war. Das war die Ausgangs- basis.

Gab es eine Art Vereinbarung für eine mögliche Nachpflege der Skulpturen?

Nein, gar nicht. Es gab da überhaupt nur wenige Gespräche. Meinen Vorschlag reichte ich im Kunstverein ein und der leitete ihn weiter an die Stadt. Dann hatte ich mit der Stadtverwal- tung zu tun. Mein erster Vorschlag zu einem Standort wurde nicht akzeptiert. Ich wollte gern, dass die Skulpturen in einer Fußgängerzone stehen, so dass die Leute beim Vorbeigehen drehen, spielen können. Von Seiten der Stadtverwaltung war dies nicht möglich, da die Fuß- gängerzone dann zu eng werden würde. Sie schlugen deshalb einen Platz oder eine größere

320 „Seit Anfang der siebziger Jahre lädt der Kunstverein Springhornhof regelmäßig internationale KünstlerInnen ein, an selbst gewählten Plätzen in der Umgebung des Dorfes landschaftsbezogene Werke zu realisieren. Die rund 30 Außeninstallationen bieten einen beispielhaften Querschnitt orts- und landschaftsbezogener Kunst, der laufend weiterentwickelt wird. Jede Arbeit, die neu hinzukommt, bringt neue künstlerische Sichtweisen ein. In den siebziger Jahren waren Materialien aus der Natur ein zentrales Thema, mittlerweile spannt sich der Bogen über architektonische Skulpturen bis zu elektronischen Klanginstallationen. Einige KünstlerInnen haben nur be- hutsam in die natürliche Umgebung eingegriffen, andere schufen mit ihren Skulpturen spannungsreiche Räume oder veränderte Landschaftsformen durch Erd- und Steinbewegungen. Gemeinsam ist den Arbeiten die Ausei- nandersetzung mit ihrem Entstehungsort. Sie reflektieren natürliche Prozesse und menschliche Eingriffe, neh- men Bezug auf Mythen und historische Entwicklungen oder analysieren ökologische Zusammenhänge sowie gewandelte Vorstellungen von Kunst und Natur. So erschließen sie dem aktiven Betrachter neue Perspektiven auf Kunst, Natur und die Landschaft der Lüneburger Heide.“ Vgl. Springhornhof, unter: www.springhornhof.de/Landschaft/Land_text.html (Stand: 01.02.2007).

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ANHANG A KORRESPONDENZ

Fläche vor. Dabei würden die Skulpturen in einem engeren Raum viel besser wirken. So kommt niemand auf die Idee, dass man die Skulpturen drehen soll. Die „Schrauben“ standen vorher nicht an dieser Stelle, zwar auch auf dem Georgsplatz, aber mehr in Richtung der Oper. Die Bank baute im Untergrund des Georgsplatzes, so dass die Skulpturen für zwei oder drei Jahre wegmussten und gar nicht zu sehen waren. Solange standen sie auf einem Bauhof.

Wie sehen sie die Aufgabe bzw. die Beziehung der Skulptur zum Aufstellungsort? Welche Rolle spielt die Materialwahl?

Wenn ich mehr Geld zur Verfügung gehabt hätte, hätte ich stabileres Material verwendet. Das heißt, hier handelt es sich um Polyester, ich hätte die Schicht einfach dicker machen können. Der Farbauftrag hätte anders gemacht werden können, jetzt sind sie gespritzt. Kunststoffverarbeitung war damals quasi Neuland, aber ich hätte da sicher noch etwas mehr machen können. Die [Skulpturen] habe mehr oder weniger gut gehalten, auch die Technik innen drin. Aber auch die Technik, die Kugellager, hätten besseres Material sein können. Das sind aber schon Lager, welche isoliert sind, also geschützt gegen Witterung. Aber es gibt halt immer Steigerungsformen, aber irgendwo musste ich einsparen. In den 10.000 DM waren auch mein Gehalt und der Aufbau enthalten.

Meine Frage zielte auch mehr auf die ideelle Materialwahl, wie zum Beispiel bei Niki de Saint Phalle. Ihr kam es mit ihren Skulpturen allein auf die Provokation an, das Material war mehr Mittel zum Zweck. Unter diesem Aspekt wurden die Objekte auch restauriert oder besser saniert. Im Grunde ist von den originalen Skulpturen nichts mehr erhalten, außer einer heute präsentierten Kopie. Wie würden Sie das bei Ihren Skulpturen sehen, wenn beispielsweise Teile fast zerstört sind?

Die Skulpturen wurden bereits restauriert. Ich glaube, zwei oder drei Elemente wurden aus- getauscht. Von meiner Seite können die Skulpturen vollständig erneuert werden und die al- ten kommen auf den Schrottplatz. Da hätte ich überhaupt kein Problem mit. Da ist ja keine Handschrift mehr drin. Die Handschrift ist die Idee. Das ist nicht wie bei der Malerei, hier sind es mehr technische Abläufe. Da spielt die Art der Restaurierung überhaupt keine Rolle. Das sieht man nicht. Man sieht nur, die Skulptur ist da. Ich hab sogar noch die Negativformen da. Die könnte man oder die hat man auch schon erneut benutzt.

Die Problematik bei der Erhaltung des richtigen Rottons ist ihnen bekannt?

Das ist nicht so problematisch. Es handelt sich um einen RAL-Ton 3000, der gilt schon als relativ lichtbeständig. Aber nach zwanzig Jahren ist das schon etwas anderes. Die Farbver- änderung ist für mich weniger problematisch, eher die Abnutzungsspuren durch das Angrei- fen. Aber das ist das Harmloseste. Auf den Skulpturen wurde rumgeschlagen, Graffiti, Auf- kleber und Werbeplakate, das ist viel schlimmer als die Farbveränderung.

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ANHANG A KORRESPONDENZ

Somit wäre es gut, wenn die Skulpturen gereinigt und gepflegt würden?

Ja, sicher. Dabei bliebe dann sicher nicht aus, dass die Oberflächen auch einmal überarbei- tet werden müssten.

Die Skulpturen von Tollmann „Bewegliche Winkelelemente“ (1981)321 wurden im Zuge der Restaurierung der „Symphony-in-Red“-Skulptur von John Henry mit demselben Rotton über- strichen. Man beachtete dabei aber nicht, dass Tollmann einen bestimmten Rotton vorgege- ben hatte. Wie sehen Sie das bei Ihren Skulpturen?

Wenn man so will, habe ich dazu auch eine Vorgabe gemacht. Bei der Restaurierung haben wir auch diesen Ton wieder verwendet. Aber das ist natürlich nirgends vertragsmäßig fest- gehalten. Bei einer erneuten Überarbeitung der Skulpturen würde ich aber darauf bestehen, dass eben genau dieses Signalrot wieder verwendet wird.

Darf Ihrem Erachten nach die Skulptur von ihrem vorgesehenen Platz entfernt werden?

Ich hatte die Skulpturen für mich sowieso an einem besseren Ort vorgesehen. Nicht auf ei- nem Platz, dafür sind sie zu klein, da gehen sie verloren. Größer sollten sie aber auch nicht sein, da man sonst die obersten Teile nicht mehr erreichen kann. Das sollten schließlich Spielelemente werden, wie eben zum Beispiel in einer Fußgängerzone, wo man die Skulptu- ren mit der Hand bewegen kann. Nun stehen so viele Objekte in den Fußgängerzonen. Einige meiner Skulpturen könnte man jedoch nicht ohne weiteres an einen anderen als den vorgesehenen Platz stellen, zum Beispiel in Bremen. Dort wurden von der Stadt innerhalb eines Programms einige Skulpturen umgesetzt. Bei meinen Skulpturen war das nicht der Fall, ich habe dort drei Stück zu stehen, das wäre auch sehr aufwändig geworden oder auch unmöglich, da sie genau für diesen Platz gedacht waren. Aber in einigen anderen Fällen wurden Skulpturen für einen bestimmten Platz geschaffen, hatten aber keinen eigentlichen Bezug zum Ort. Meine Skulpturen hatten späterhin eigentlich immer einen Bezug zum Ort, diese Schrauben jedoch nicht. Diese Skulpturen könnten von mir aus auch umgesetzt wer- den.

Wie würden Sie darüber denken, wenn die Stadt Ihre Skulpturen ganz aus dem Stadtbild entfernen möchte? Was sollte dann mit den Objekten passieren?

Wenn die Skulpturen so beschädigt wären, dass sie nicht mehr präsentierfähig wären und es auch kein Geld für eine Überarbeitung gäbe, dann würde ich es wünschen, dass man mir die Skulpturen zurückgibt. Ich würde dafür einen Ort finden. In anderen Städten wurden auch ohne mein Wissen Skulpturen entfernt. Da habe ich dann nie etwas von gehört. Eine Skulptur stand in einer Schule, wo sie sicher heftig bespielt wur- de. Mit der Zeit war sie sicher auch unansehnlich, so dass sie ohne mein Wissen entfernt wurde.

321 Vgl. Zerull 1992, S. 119, Abb. 186.

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ANHANG A KORRESPONDENZ

Kann das Projekt „Entsorgungspark für funktionslose Kunst im öffentlichen Raum“ von 2004/2005 als ein realistischer Ansatz für das Entfernen von Skulpturen aus dem öffentli- chen Raum gesehen werden?

Dieses Projekt kenne ich nicht. Bei uns hier haben wir einen kleinen Park für unerwünschte Skulpturen, vielmehr ein eingezäuntes Grundstück. Den haben wir seit etwa drei Jahren. Die Idee ist also schon vor diesem Projekt entstanden. Dort stehen etwa fünf unerwünschte Arbeiten. Die Künstler waren in diesen Fällen damit einverstanden oder haben besser selbst angefragt, ob sie ihre ungewollten Skulpturen dort hinstellen können. Die betrachten das als Ausstellungsort, wenn auch unter diesem Namen.

Besteht dabei nicht die Gefahr einer Ausstellung von Negativbeispielen?

Ja, die Gefahr ist da. Ich habe auch selbst diese Situation, zum Beispiel mit einer sehr gro- ßen Arbeit. Die ist in meinem Besitz. Dafür brauche ich 55 Meter Platz, da gehen Steine und Stahl kaputt. Die habe ich 1987 gemacht. Die hat in fünf, sechs Stücken gestanden, manch- mal ein paar Jahre. Die Skulptur war immer unterwegs. Nun steht sie in Lüneburg, wo ich letzten Herbst eine Ausstellung hatte. Ich habe dafür ja überhaupt keinen Platz, vorher stand sie in Hannover. Da gab es 1999 eine Ausstellung und wir hatten vertragsmäßig abgemacht, dass die Skulptur dort stehen bleiben kann; sie stand da auch sehr gut. Wir legten fest, dass die Stadt den anstehenden Transport bezahlen müsste und ich bekam auch eine Art Lea- sing-Gebühr. Die Skulptur besteht in einer Ecke aus einem Funorit, einem Stein vom Kaiser- stuhl. Eigentlich werden aus diesem Stein Stäube gemacht. Davon habe ich eben Steine für die Skulptur in Freiburg verwendet, also zunächst für Freiburg. Von der Art des Schießens der Steine aus dem Bruch sind mikrofeine Sprünge im Stein entstanden. Nun haben sich im Laufe der Jahre – die Skulptur ist von 1987 – durch Frostsprünge mehrere Teile abgelöst. Die Frage ist nun, wer die Skulptur übernimmt. Mir gehört sie im Prinzip nicht mehr. Ich wür- de gegebenenfalls einzelne Teile restaurieren. Ein Stein wiegt 1,5 bis 3 Tonnen. Den Trans- port und Aufbau müsste auch wieder jemand finanzieren. So ist es halt, dass ich auch einmal etwas aufgeben muss. Die ganze Skulptur wiegt bestimmt 22 Tonnen.

Wo kommen die Skulpturen in dem „Park für unerwünschte Monumente“ her?

Die eine stammt aus Schneewerdingen. Dort ist so ein Jugendzentrum, wo sie auch ein bisschen Kunst machen. Eine andere stand hier auf dem Hof. Ich hole eben einen Prospekt. […] Das ist die „Kunst-Landschaft“. [Zeigt einen Prospekt.] Zurzeit stehen etwa 34 Objekte.

Sie sagen, „zurzeit“? Ist das zeitlich begrenzt? Werden die Objekte auch umgestellt?

Nein, die werden nicht umgestellt. Wir haben vor fünf, sechs Jahren unser Jubiläum des Be- stehens der Außenskulpturen hier gefeiert. Das hat hier als Privatgalerie angefangen und 1982 waren wir dann Kunstverein. Da war viel privates Geld zur Verfügung. Da gab es auch Pflanzungen und Holzskulpturen aus dem Holz aus dem Wald hier. Bis dahin waren es circa 144 Skulpturen. Es war aber nie die Idee, die Skulpturen hier zu sammeln, sondern dass die Natur auch die Skulpturen wieder zurücknimmt. Das sollte ein offener Prozess sein. Es wäre

29 VON ANTES BIS WURMFELD KRISTINA HERBST

ANHANG A KORRESPONDENZ

wohl fürchterlich, wenn soviel rumstehen würde. Die Steinskulpturen haben sich natürlich gehalten. Die Holzskulptur von Gunter Wachte wurde wieder erneuert, die Arbeit von Peter Köniz aus Holz wurde auch wieder erneuert. Eine Skulptur, die war eigentlich nicht hierfür bestimmt, sondern für Heidelberg, die steht nun auch da.

Gibt es jemanden, der die Skulpturen sichtet und pflegt?

Ja. Mit Hilfe der Stadt Soltau kommen hin und wieder ABM-Kräfte, die uns helfen, die Skulp- turen zu pflegen, solche einfachen Sachen wie Rasenmähen, dass das nicht zuwächst. In dieser Form müssen sie mindestens gepflegt werden.

Sind die Objekte jederzeit zugänglich?

Ja sicher, das ist Tag und Nacht zugänglich. Hier gibt es auch diesen Plan. Die Plätze haben sich die Künstler selbst ausgesucht, es gibt keine verordneten Plätze. Das ist der Hinter- grund. Die Angabe hier für einen Weg zu den Objekten ist lediglich eine Empfehlung. Mit dem Wagen kommt man so und so nicht überall ran. Man kann mit dem Fahrrad fahren, man soll ja auch die Landschaft dabei genießen.

Wem gehören die Skulpturen?

Das ist mehr oder weniger eine offene Frage. Meist gab es Symposien mit fünfzehn bis drei- ßig Künstlern. Davon sind dann aber nicht alle Arbeiten hier geblieben. Die Künstler haben keine Honorare bekommen, das Material wurde hier gestellt. Selbst Reise- und Verpfle- gungskosten fielen für die Künstler nicht an, das haben sie alles bekommen. Dank der Bun- deskulturstiftung konnten auch bis heute ein bis fünf Künstler eingeladen werden, je nach- dem, wie viel Geld da ist. Die Gemeinde hier plädierte dafür, dass die Objekte länger haltbar sein sollten. Ab 1985/86 bekamen die Künstler auch Honorare und damit ist ein Ankauf ver- bunden. Das wurde allerdings nie in einem Kaufvertrag festgehalten. Die Künstler sind meist stolz, hier vertreten zu sein. Dieses Projekt „Kunst-Landschaft“ ist das älteste und kontinuier- lichste in Deutschland. Noch nie hat ein Künstler seine Arbeit mitnehmen wollen. Wir haben einen sehr guten Ruf.

Wer würde im Falle eines Schadens an einer Skulptur die Kosten für eine Restaurierung übernehmen?

Der Kunstverein. Sollte es so sein, dass eine Skulptur derartig beschädigt ist, dass eine Re- paratur nicht sinnvoll erscheint, dann wird der Künstler informiert. Dann werden die Arbeiten in Abstimmung mit dem Künstler nicht mehr aufgestellt. Sie dann in den „Park für uner- wünschte Skulpturen“ zu stellen, entspricht auch nicht der Idee. Dass wir die Objekte dann aus der Landschaft nehmen, hat auch Sicherheitsgründe. Die Arbeiten sind alle nicht versi- chert, das macht keine Versicherung, auch nicht in Hannover. Aber der Kunstverein steht in der Haftpflicht. Wenn einem Kind etwas passiert, müsste der Verein haften. Deshalb werden diese Skulpturen abgeräumt und verschrottet. Die Sachen können ruhig altern, sie dürfen aber keine Gefahr darstellen.

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ANHANG A KORRESPONDENZ

Wenn man von den finanziellen Unwägbarkeiten einmal absieht, sollte man mit Skulpturen im öffentlichen Raum aus ethischer Sicht nicht genauso umgehen wie mit museal aufbe- wahrten Skulpturen?

Sicher, das wäre schön. Auf der anderen Seite weiß ich, wie problematisch das in den Städ- ten ist. Das Land Niedersachsen macht im Prinzip seit über zehn Jahren keinen Wettbewerb mehr. Der Künstlerbund bemüht sich schon seit bestimmt dreißig Jahren, dass Künstler Aus- stellungshonorare bekommen. Also an so etwas ist momentan nicht zu denken – leider.

Sollte an Skulpturen eine Beschriftung oder gar eine kleine Erläuterung stehen?

Da wird ja sehr stark gestritten. Ich kenne Äußerungen wie „Das muss beschildert werden, damit man weiß, was das ist“, aber eben auch Ausstellungsräume wie in Homburg, da ist nichts beschildert. Das wird dort bewusst nicht so gemacht, drinnen und draußen nicht. Es wurde beobachtet, dass, wenn kein Name am Bild steht, die Leute sich intensiver mit dem Bild auseinandersetzen. Jedoch am Eingang steht ein Schild, wo man auch nachlesen kann, welche Künstler in diesem Raum sind. Unterdes haben wir auch unsere Objekte wieder ausgeschildert. Es gab eine Zeit, da waren die Metallschilder die beliebtesten Beschädigungsobjekte. Die Objekte blieben unbeschadet, aber die Schilder wurden rausgerissen und beschädigt. Das scheint auch in den Städten so zu sein.

Es gab auch Fälle, wo Kunst, nicht wissend, dass es sich um Kunst handelt, weggeräumt wurde. Könnten Schilder dies nicht verhindern?

Ich denke, das hilft nur den Wenigsten, genau auch wieder nur einem kleinen Kreis, der sich bestätigen möchte, dass es sich genau um diesen Künstler handelt. Die Städte sind voll mit Schildern. Dem Kunstuninteressierten helfen sie nicht. Meine Objekte sind teilweise beschil- dert, aber das hängt immer von dem Ort ab, weniger von mir.

Aber denken Sie nicht, dass ein Schild mit dem Titel der Arbeit für viele als Denkanstoß die- nen könnte?

Sicher, wenn der Titel wirklich Aufschluss geben kann. Ich habe früher viele Arbeiten ohne Titel gemacht. Bei vielen Künstlern, wenn man deren Arbeiten kennt, was bedeutet, dass das auch wieder nur dem Interessierten nutzt, gibt der Titel einen Aufschluss. […] Bei einigen ist eine Hilfe möglich. Weitere Informationen, beispielsweise wo der Künstler lebt etc., dienen eher als Entschuldigung für den Betrachter. Was hat das mit der Arbeit zu tun? Meine Beo- bachtung ist, dass eine Beschilderung den Leuten zur Beruhigung dient, aber nicht zur Erklä- rung. Der Betrachter fühlt sich dann meist nicht so allein gelassen, kann im Grunde aber mit der Arbeit dann auch nicht mehr anfangen.

Denken Sie nicht, dass eine Beschilderung eventuell den Vandalismus eindämmen könnte?

Nein, das glaube ich nicht. Die suchen sich halt eine ruhige Ecke, beispielsweise die Züge der Bahn. Die sind oftmals zerkratzt und beschmiert, aber hier gibt es doch keine Definiti-

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ANHANG A KORRESPONDENZ

onsprobleme. Die brauchen einfach eine Fläche, um Aggressionen loszuwerden. Zum Bei- spiel haben wir eine Arbeit – ein großer Spiegel, der auf dem Boden liegt –, dort ist man mit einem Auto drübergefahren, hat mutwillig mit einem Hammer zerstört, weil keine Steine mehr dort lagen. […] Wenn die Leute es darauf anlegen, Krawall zu machen, dann nützt auch kein Schild.

Hätten Sie die Skulptur, welche Sie eigentlich für den Außenraum konzipiert hatten, in ein Museum gegeben?

Ja, wenn da Platz ist.

Auch in den Innenraum?

Ja, auch. Meist ist das nur technisch gar nicht möglich. Zum Beispiel hier diese Skulpturen, die bei mir auf dem Hof stehen, die könnten im öffentlichen Raum überhaupt nicht stehen. Die kann ich hier jetzt mit der Hand umstoßen. [Zeigt auf eine große Steinskulptur aus meh- reren aneinanderlehnenden Blöcken.] Die müssten dann erst im Boden richtig verankert werden. Aber das sind alles Arbeiten, die habe ich für fiktive Räume gemacht. Ich finde, dass viele meiner Arbeiten im Innenraum besser stehen als in der Landschaft, ein Stein zum Bei- spiel wirkt dann wie eine Reliquie aus der Natur. Dann wird diese Spannung noch größer. […]

Und wie sehen Sie das mit den „Schrauben“? Die sind schließlich aus Polyester.

Die sind von 1971. 1973 habe ich mit dem Kunststoff aufgehört. Da wohnte ich noch im Ruhrgebiet, 1973 bin ich dann hierher gezogen, hab’ zunächst ein Jahr lang den Schwein- stall ausgebaut und dann habe ich mit dem Kunststoff aufgehört. Also fragen Sie mich nicht nach Kunststoff.

Die „Schrauben“ würden in einem Museum sicher nicht so bewegt werden, wie man sie im Außenraum bespielen würde.

Da könnte man ja mit einem Schild hinweisen, dass man die Schrauben drehen kann. Ande- rerseits habe ich solche Objekte auch mit Motoren versehen.

Wie stehen Sie zu der von der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ durchgeführten Befra- gung in der Bevölkerung, ob ausgewählte Skulpturen aus dem Stadtbild entfernt werden soll- ten?

Ich denke nicht, dass es sinnvoll ist, die Bevölkerung da mit einzubeziehen. Ich kenne jetzt diese Befragung nicht. Meine Beobachtung hier, und das ist, seit es den Kunstverein hier gibt, seit 1965, „Kunst in der Landschaft“ dann ab 1973, da haben die Zeitungen und das Fernsehen ständig berichtet. Heute lesen die Leute in den Zeitungen gerade einmal die Ü- berschriften von Ausstellungen und blättern weiter. Das wird gar nicht mehr gelesen. Selbst Leute aus dem Kunstverein in Rothenburg, hier ganz in der Nähe, wissen gar nicht, dass es diese „Kunst-Landschaft“ gibt, obwohl gerade diese Leute sich mit Kunst beschäftigen. Man

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ANHANG A KORRESPONDENZ

sucht sich halt seine Interessen und wenn es der neue Schützenkönig ist. Und so ist das auch mit der Kunst. Man liest eben nur das, was man kennt und versteht. So auch mit den „Nanas“. Eine Hand voll Leute war gegen diese Skulpturen. Da schlossen sich dann immer mehr Leute an, die Stimulanz zog sich dank der Leserbriefe so durch. Eine Zeit waren die Skulpturen nun weg. Wer hat sie vermisst? Und wer vermisst dann schon Skulpturen, die nicht so farbenfroh sind? Aktuelle Kunst ist einfach nicht mehrheitsfähig. Sol- che Skulpturen wie sie jede Gemeinde hat, wie zum Beispiel ein Mann auf einer Bank, da regt sich niemand auf. Da schickt niemand einen Leserbrief, da ist dann kein Punkt, über den man sich ärgern kann.

[…] Vielen Dank für das Gespräch.

33 VON ANTES BIS WURMFELD KRISTINA HERBST

ANHANG A KORRESPONDENZ

A.7 Interview mit Anneke Schepke am 25.07.2006

Anneke Schepke arbeitet im Kulturbüro der Landeshauptstadt Hannover.

[…]

Gibt es eine Art Katalog zum Bestand derjenigen Kunst im öffentlichen Raum, die sich im Besitz der Stadt befindet?

Es gibt eine Liste, aber nicht in dem Sinne einen Katalog. In der Liste steht der Eigentümer und wann die Arbeiten angekauft wurden, wo sie stehen etc. Die Liste umfasst vorwiegend den Besitz der Stadt, aber eben auch nach und nach Skulpturen, die Privatleuten gehören. Die privaten Skulpturen wurden natürlich nur in Absprache mit der Stadt aufgestellt. Einiges gehört auch dem Land oder großen Firmen. Das sind alles Skulpturen, die öffentlich zugäng- lich sind. Allgemein gibt es einen Katalog für den Kunstbesitz Hannover, wo eben auch Bilder von Skulpturen aufgeführt sind. Die Kunst im öffentlichen Raum wurde dabei aber etwas ver- nachlässigt. Da arbeitet man dran, das Ganze auch zu digitalisieren. Man versucht dann eben, alles zu fotografieren. Das ist der Kunstbesitz am Hohen Ufer 3, Ansprechpartner wä- ren Stefan Mingers und Nicole Göttner. Mit gezielten Fragen können Sie auch sicher an sie herantreten. Das bezieht sich dann aber wirklich allein auf den städtischen Besitz.

Wenn Skulpturen Privatleuten gehören, müssen diese sich dann auch selbst darum küm- mern?

Ja, eigentlich schon. Je nachdem, wie der Vertrag, also zum Beispiel ein Leihvertrag, ausge- handelt ist. Vorweg klären ja Feuerwehr, Tiefbauamt etc., ob die Skulptur dort stehen kann. Dann kann es Sondernutzungsverträge geben, die Arbeit bleibt dennoch in Privatbesitz.

Wer kümmert sich um die Objekte, die dem Land Niedersachsen gehören?

Das macht das Land selbst, also das Ministerium. Das läuft dann auf jeden Fall nicht von städtischer Seite aus, zum Beispiel gehören auch die „Göttinger Sieben“ dem Land.

Friedhöfe und Denkmäler gehören aber der Stadt?

Ja, die gehören der Stadt. Bei Denkmälern ist es allerdings so, das sind ja meist ältere Arbei- ten, da kümmert sich der Fachbereich Bildung und Qualifizierung, Abteilung Stadtteilkultur- arbeit. Früher war das ein Teil des Kulturamtes, das wurde nun aber vor drei Jahren geteilt. Die Denkmäler macht Frau Monika Steinkühler.

Wer betreibt dann die Pflege der Friedhöfe?

Das macht dann das Grünflächenamt. Frau Cordula Wächtler sitzt da in der Bereichsleitung. […]

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ANHANG A KORRESPONDENZ

Wird bei Aufstellung bzw. beim Ankauf eine mögliche Nachpflege der Skulpturen berücksich- tigt?

An sich schon, aber nicht ausreichend. Meist scheitert es eben an den fehlenden finanziellen Mitteln. In den letzten Jahren wurde aber auch wenig bis gar nichts von der Stadt angekauft. Es waren eben dann Privatleute, die Skulpturen finanziert haben, zum Beispiel hat Karstadt eine Skulptur von Balkenhol aufgestellt. Karstadt hat die Skulptur der Stadt übergeben.

Gibt es eine Art Dokumentation über die Maßnahmen an Objekten?

Nein, gibt es nicht, in Einzelfällen aber schon, wie zum Beispiel bei den „Nanas“, die ja mit einem großen Aufwand restauriert wurden.

Wo sind die aus dem Stadtbild entfernten Skulpturen hingekommen?

Skulpturen wurden aus dem Stadtbild entfernt, wenn beispielsweise ein Platz umgestaltet wurde oder Objekte nicht mehr zu restaurieren waren. Meist kommen die Sachen dann auf Bauhöfe. Da gibt es verschiedene in der Stadt. Da lagern dann auch Baustoffe, aber auch eben andere Bauteile anderer Institutionen. Es gibt in diesem Sinne kein explizites Kunstla- ger. Das wäre natürlich schön. Was wir auch manchmal machen, ist, natürlich immer in Ab- sprache mit dem Künstler, dass Sachen an die Künstler zurückgehen, bis Mittel gefunden werden, die Sachen zu restaurieren. Die Skulptur „Spiegelfreiplastik“ von Klaus Dietrich Boehm und Katinka Nicolai am Küchenplatz ist beispielsweise so ein Fall. Die Skulptur ist in einem sehr schlechten Zustand. Da gab es einen Kostenvoranschlag, der leider finanziell momentan nicht tragbar ist. Da gab es nun die Möglichkeit, dass die Skulptur zunächst wie- der bei den Künstlern steht. Wenn das Geld dann für eine Restaurierung vorhanden sein sollte, wird sicher wieder auch ein geeigneter Platz dafür gefunden.

Hätten Sie einen Vorschlag für das Deponieren der Skulpturen?

In einigen Fällen kann man eine Skulptur auch versuchen umzusetzen. Das klappt natürlich nicht immer, zum Beispiel wenn sie an einem anderen Ort gar nicht stehen kann, da sie nur an diesem Ort funktioniert. Oder eben auch wieder der finanzielle Aspekt, das Umsetzen kostet auch wieder viel Geld. Einige Arbeiten – je nach Wert und Aussage der Arbeit – gehen auch auf den Sprengelhof des Sprengel Museums, zum Beispiel der Rickey, in den ist ein LKW reingefahren. Daraufhin wurde sie entfernt und restauriert, seitdem steht sie im Spren- gel. Ideen, wie, einen Skulpturenfriedhof zu schaffen, gab es auch hin und wieder, aber die sind, denke ich, doch eher unrealistisch. Das wären wieder enorme Kosten.

35 VON ANTES BIS WURMFELD KRISTINA HERBST

ANHANG A KORRESPONDENZ

Werden die Entscheidungen dieser erst kürzlich eingesetzten Kunstkommission lediglich als Empfehlung behandelt oder sind sie maßgebend?

Da bin ich, ehrlich gesagt, noch nicht weiter eingeweiht, da müssten Sie Herrn Balzer fragen. Ich glaube, das ist ein recht offenes Verfahren, wo zunächst einmal eruiert werden soll, was an Skulpturen vorhanden ist.

Wer initiiert Restaurierungen? Gibt es jemanden, der den Zustand der Skulpturen sichtet?

Darauf aufmerksam gemacht wird man meist nur durch Bürgerinformationen oder wir sehen das selbst. Auf solche Leute sind wir einfach angewiesen. Dann wird eine Fachfirma hinzu- gezogen. Bei Bronzearbeiten zum Beispiel, da hat das Tiefbauamt eine Firma, die mit ihnen oftmals zusammenarbeitet. Kürzlich war das Paar von Kolbe am Maschsee mit roter Farbe besprüht. Der Fachfirma ist es auch bei der Reinigung gelungen, die Patina der Bronze zu erhalten. Das machen dann Bildhauerfirmen, Schmieden etc, die da nun schon viel Erfah- rung und Fachpersonal haben. In Einzelfällen gibt es auch Patenschaften von Reinigungsfirmen für einige Skulpturen, bei- spielsweise bei den „Nanas“. Von städtischer Seite kann eine ständige Pflege kaum geleistet werden. Solche Leute, die das ehrenamtlich machen, wie Frau Brandl, sind natürlich wun- derbar. Diese Firma kümmert sich nun auch um die Reinigung des kürzlich restaurierten Calders. Das ist eine Firma hier aus der Stadt. Für die ist das dann natürlich auch Werbung.

Sollten Künstler selbst eine Restaurierung vornehmen?

Die Künstler werden auf jeden Fall mit einbezogen. Wenn sie es nicht selbst machen, betreuen sie auch Restaurierungen, insofern sie natürlich noch leben.

Werden auch Metallrestauratoren in Erwägung gezogen oder sind diese prinzipiell zu teuer?

Da gibt es eben auch Schlossereien, die das kompetent restaurieren. Beispielsweise haben die sich auch einer der Skulpturen auf der Brücke nach Linden [Bezirk von Hannover] ange- nommen. Da hatte jemand die Hand abgeschlagen.

[…] Vielen Dank für das Gespräch.

36 VON ANTES BIS WURMFELD KRISTINA HERBST

ANHANG A KORRESPONDENZ

A.8 Korrespondenz mit Andreas von Weizsäcker

Von: Kristina Herbst An: Andreas von Weizsäcker E-Mail am: 27.03.2007 Betreff: „Hangover” (1991), Hannover

Sehr geehrter Herr Prof. von Weizsäcker, mein Name ist Kristina Herbst. Ich arbeite freiberuflich als Restauratorin und schreibe derzeit meine Masterthesis über den „Konservatorischen Umgang mit der Kunst im öffentlichen Raum in Hannover“ an der Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst in Hildes- heim. In meiner Arbeit thematisiere ich neben ethisch-ästhetischen Aspekten die Restaurie- rungsgeschichte einzelner Skulpturen. Ihre Skulptur „Hangover" (1991) weckte dabei mein Interesse. Wie mir die Stadt sagte, ist diese Arbeit eine Dauerleihgabe an die Stadt Hanno- ver. Mich würde nun hierbei interessieren, wie Sie über restauratorische Maßnahmen an Ihrem Kunstwerk denken. • Die Skulptur befindet sich nun mehr als 14 Jahre an diesem Ort. Was würde mit der Arbeit geschehen, wenn die Schnellstraße abgerissen werden würde, da diese Arbeit doch vermutlich eigens für diesen Standort geschaffen wurde? • Wurden bereits vor der Restaurierung im Jahr 2004 andere Restaurierungen oder Reinigungen vorgenommen? Wer initiierte und führte diese Maßnahmen durch? • Wie stehen Sie zur Frage der Erhaltung des Originals? Inwiefern ist es für Sie wichtig, dass das Werk seine Authentizität behält? • Sollten die Oberflächen regelmäßig gereinigt oder gar gestrichen werden? Falls Sie mir dazu einige Informationen geben könnten, würde ich mich sehr freuen. Die Stadt hätte ebenfalls Interesse an der Erfassung dieser Daten. Hier eine kurze Zusammen- fassung meiner bisherigen Informationen: Standortbedingungen: • 1991 im Rahmen des Skulpturenprogramms „Im Lärm der Stadt“ installiert, zunächst temporär, • Plastik ist eine Dauerleihgabe des Künstlers an die Stadt, • aufgrund des öffentlichen Interesses 1993 als Dauerleihgabe wieder aufgestellt, • unter der Hochstraße: starke Verschmutzung durch Abgase Maßnahmen/Veränderungen: • November 2004: Maler und Lackiererinnung Hannover übernimmt kostenlose Reini- gung, schadhafte Stellen werden mit Epoxydharz nachgeklebt, • ausführender Malerbetrieb: Firma Ralf Sensig (Anleitung der Maler und Lackierer der Innung)

Vielen Dank im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen aus Bern Kristina Herbst

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ANHANG A KORRESPONDENZ

Von: Andreas von Weizsäcker An: Kristina Herbst E-Mail am: 30.03.2007 Betreff: Re: „Hangover” (1991), Hannover

Sehr geehrte Frau Herbst, gerne versuche ich Ihre Fragen zu beantworten. Es ist richtig, daß die Arbeit im Jahre 2004 durch die Stadt Hannover und einer Bürger- Initiative "restauriert". Leider finde ich im Atelier nicht den Namen des Mannes aus dem Kul- turreferat der Stadt Hannover, der sich sehr kompetent um die "Restaurierung" gekümmert hat. Hierbei ist ein Außenspiegel angebracht worden und die Skulpturen wurden gestrichen. Die mit den Luftverschmutzungsverhältnissen einhergehende Patinierung der ursprünglich weißen Skulpturen habe ich selber nie mit besorgten Augen gesehen, weil dadurch die Re- liefierung der Oberflächen eher besser zu sehen waren als im reinweißen Zustand. Mit dem Restaurierungsergebnis bin ich sehr zufrieden und wünschte mir, dass man eine Reinigungs- Maßnahme vielleicht etwa alle 10 Jahre durchführen würde. Über den grundsätzlichen Entschluss der Stadt Hannover die Arbeit unter der Raschplatzhochstrasse zu belassen war ich seinerzeit sehr glücklich, denn -offen gesprochen- mein Atelier hätte für drei Parkplätze keinen Platz gehabt. Natürlich wünschte ich mir, dass die Stadt Hannover die Arbeit eines Tages erwirbt. Und wann kommt es schon vor, dass Bürger der Stadt Hannover oder irgendeiner Stadt eine zeitgenössische Skulptur so sehr ins Herz schließen, dass sie sich für den Wiederauf- bau einsetzen und Jahre später für eine Instandsetzung? Ich fühlte mich jedenfalls gebauch- pinselt. Falls die Hochstrasse eines Tages abgerissen werden würde, müsste man entweder einen neuen Standort finden oder sie einer Entsorgung zuführen. Was natürlich aus meiner Sicht zu schade wäre. In der Hoffnung, Ihnen mit diesen Auskünften Ihrer Anfrage gerecht geworden zu sein, verbleibe ich mit freundlichen Grüßen, Andreas v. Weizsäcker

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ANHANG A KORRESPONDENZ

A.9 Korrespondenz mit Schang Hutter Von: Kristina Herbst An: Schang Hutter Brief am: 01.04.2007 Betreff: „Figurentanz“ von Schang Hutter Bern, den 01.April 2007 Sehr geehrter Schang Hutter, mein Name ist Kristina Herbst. Ich arbeite freiberuflich als Restauratorin in Bern und Berlin und schreibe derzeit meine Masterthesis über den „Konservatorischen Umgang mit der Kunst im öffentlichen Raum in Hannover“ an der Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst in Hildesheim (Deutschland). In meiner Arbeit thematisiere ich neben ethisch- ästhetischen Aspekten die Restaurierungsgeschichte einzelner Skulpturen. Ihre Skulptur „Figurentanz" (1991) vor dem Amtsgericht in Hannover weckte dabei mein Interesse. Mich würde nun hierbei interessieren, wie Sie über restauratorische Maßnahmen an Ihrem Kunst- werk denken. Christine Brandl hat mir freundlicherweise empfohlen, mich an Sie zu wenden und gab mir Ihre Anschrift. • Wurden bereits vor den beiden Restaurierungen in den Jahren 2002 und 2007 ande- re Restaurierungen oder Reinigungen vorgenommen? Wer initiierte und führte diese Maßnahmen durch? • Wie stehen Sie zur Frage der Erhaltung des Originals? Inwiefern ist es für Sie wich- tig, dass das Werk, z.B. hinsichtlich der Farbe, seine Authentizität behält? • Sollten die Oberflächen regelmäßig gereinigt oder gar gestrichen werden? • Das Objekt wird stark durch Passanten und deren Fahrräder beschädigt. Wie stehen Sie zu diesen Beschädigungen? • Was sollte mit der Arbeit geschehen, wenn es bspw. zu einer Umgestaltung des Plat- zes kommt? Die Arbeit wurde vermutlich eigens für diesen Ort geschaffen. Könnte das Kunstwerk auch an einem anderen Ort stehen? • Das Amtsgericht hat wohl die Restaurierung der verbogenen Skulptur am Volgersweg veranlasst. In meinen Augen ist diese Restaurierung vermutlich technisch gut gelöst worden, jedoch wurde abschließend eine Farbe verwendet, welche sich stark von der originalen Farbigkeit unterscheidet. Wie denken Sie darüber? Falls Sie mir dazu einige Informationen geben könnten, würde ich mich sehr freuen. Die Stadt hätte ebenfalls Interesse an der Erfassung dieser Daten. Christine Brandl meinte weiterhin, dass die Skulptur fälschlicherweise mit dem Titel „Veits- tanz“ bezeichnet ist. Sie hätten jedoch eigentlich den Namen „Tanzende“ vorgesehen.

Vielen Dank im Voraus für Ihre Hilfe, Herzliche Grüße aus Bern Kristina Herbst

39 VON ANTES BIS WURMFELD KRISTINA HERBST

ANHANG A KORRESPONDENZ

Von: Schang Hutter An: Kristina Herbst Brief am: 02.04.2007 Betreff: Antwortschreiben auf den Brief von Kristina Herbst vom 01.04.2007

Genova, am 2.04.07

Liebe Kristina Herbst,

ich danke Ihnen für den Brief vom ersten April 07. Ich bin sehr froh, wenn sich jemand der Figur, sie heisst Figurentanz - nicht Veitstanz, in retauratorischer Hinsicht annimmt. Christine Brandl hat die Figur mal gereinigt, dafür bin ich ihr sehr dankbar.

Die Figur sollte als Original erhalten bleiben. Sie ist beschichtet mit Original RAL-Farbe. Die Bezeichnung weiss ich nicht mehr.

Die Beschädigungen sind nicht schlimm. Die Figur sollte am Platz stehen bleiben. Die Umgestaltung des P1atz es sollte den Standort der Figur nicht berühren. Die Originalfarbe ist mir sehr wichtig.

Titel: Figurentanz Material: Stahl, Farbbeschichtet, RAL 3027 glaube ich, Erdbeerrot, da bin ich sicher.

Standort: Vor dem Gericht

Aufstelljahr: 1989

Ich danke Ihnen und grüsse Sie freundlich

40 VON ANTES BIS WURMFELD KRISTINA HERBST

ANHANG B DATEN ZU SKULPTUREN IM ÖFFENTLICHEN RAUM HANNOVERS IN STADTBESITZ

B Daten zu Skulpturen im öffentlichen Raum in Hannover

1 VON ANTES BIS WURMFELD KRISTINA HERBST

ANHANG B DATEN ZU SKULPTUREN IM ÖFFENTLICHEN RAUM HANNOVERS IN STADTBESITZ

B.1 Auflistung aller Kunstwerke im öffentlichen Raum Hannovers

BESTANDSLISTE DER KUNST IM ÖFFENTLICHEN RAUM DER LANDESHAUPTSTADT HANNOVER322

Stand: Februar 2007 kursiv - Kunst am Bau Jahr d. Aufstel lung Nr. KünstlerIn Objekt Material Aktueller Standort Besitz 68. Almstadt, Otto Kontakte Sandstein vor dem Kubus Stadt 1971 77. Almstadt, Otto Einschnürung Sandstein vor dem Zoo, Eingang Stadt 1972 78. Almstadt, Otto Belastung Sandstein Garbsen/Berenbostel Stadt 1973 101. Altenstein, Bernd Mensch im Aufbruch Bronze Waterloostr. Oberfinanzdir. Stadt 1982 Denkmal für den unbe- Anonym kannten Deserteur Trammplatz Stadt 1991 102. Antes, Horst Kopf in der Hand Stahl Georgsplatz Stadt 1982 103. Antes, Horst Kopf mit 12 Augen Stahl Georgsplatz Stadt 1982 104. Antes, Horst Kopffüßler Stahl Sprengel Mus. v. Innenhof Stadt 1983 Balkenhol, Stephan Mann mit Hirsch Bronze Andreaeplatz, Ecke Schillerstr. Stadt 2002 21. Becke-Rausch, Maria Pan Bronze Meterstr. Grundschule Stadt 1954 41. Becke-Rausch, Maria Das Gespräch Bronze Innenhof FZH Linden Stadt 1961 59. Becke-Rausch, Maria Daphne Bronze Tiergarten Eingang Stadt 1967 Behre, Wilfried Derstein Sandstein Grasdachsiedlung Künstl. ca1995 Behre, Wilfried Wünschestein Sandstein Neustädter Marktplatz Künstl. 1996 Behre, Wilfried globales Steinband 7 rote Granite am Maschsee Künstl. ab1989 Behre, Wilfried Meditation norw. Granit Vahrenwalder Park Stadt 1997 Behre, Wilfried Außenraumgestaltung 8 Granite Neubau Informatik Uni H. Land 2000 12 Steine am Aus- Behre, Wilfried sichtshügel Kalkstein Kronsberg Künstl. 2000 113. Bentele, Fidelis Klönschnack Bronze Tiergartenstr./Gr. Hillen Stadt 1984 14. Bernuth, Fritz Affengruppe Zementguß Stadtpark Eingangsbereich Stadt 1951 15. Bernuth, Fritz Wildschweingruppe Zementguß Stadtpark Eingangsbereich Stadt 1951

322 Diese Liste wurde freundlicherweise vom Kulturbüro Hannovers zur Verfügung gestellt.

2 VON ANTES BIS WURMFELD KRISTINA HERBST

ANHANG B DATEN ZU SKULPTUREN IM ÖFFENTLICHEN RAUM HANNOVERS IN STADTBESITZ

130. Bildhauer-Innung Han. Stele Thüster Kalk Am Marstall/Schmiedestr. Stadt 1989 147. Bodini, Floriano Göttinger Sieben Bronze Platz der Göttinger Sieben Land 1998 115. Boehm, K.-D./ Nicolai, K. Yaya Yolcu Edelstahl eingelagert bei Künstlern Stadt 1975 34. Brandt, Ewald Wippe Bronze Bothfelder Kirchweg Stadt 1958 36. Brandt, Ewald Bockspringen Bronze Am Welfenplatz Stadt 1959 56. Brandt, Ewald Steh` im Weg Bronze Auf der Horst/ Schule Stadt 1966 Künst/L 148. Brandts, Fokko O.T. (2 Steinblöcke) blauer Syenit Hildesheimerstr/Vierthalerw. . 1998 Breder, Hans Aussenobjekt Han. Cortenstahl Maschpark Stadt 1973 79. Breder, Hans in between Cortenstahl Maschpark, Friedrichswall Stadt 2002 10. Breker Arno Zwei Löwen Bronze Bastion am Maschsee Stadt 1938 83. Breuste, Hans-Jürgen Gotland Holz, Stahl vor dem Stadionbad Stadt 1974 95. Breuste, Hans-Jürgen Bella Vista Stahl Nds. Landesbibliothek Land 1979 98. Breuste, Hans-Jürgen Bogside `69 Eisen, Granit Osterstr./ Fußgängerzone 1981 105. Breuste, Hans-Jürgen Friedensstein Granit FZH Mühlenberg Stadt 1983 106. Breuste, Hans-Jürgen Knotenkreuz Eichenholz Egestorf Gemeindezentr. Stadt 2001 114. Breuste, Hans-Jürgen Objekt "Derry" Sprengel Mus. hinter Parkpl. Stadt 1984 Breuste, Hans-Jürgen Mahnmal Gerichtsgef. Stahl am Raschplatzpavillon 1986/89 Hellebar- 93. Calder, Alexander dier(Guadeloupe) Stahl Arthur-Menge Ufer Stadt 1978 84. De Saint. Phalle, Niki Nanas Polyester Leibnizufer Stadt 1974 de Vries, Auke O.T. 20 m Stahl "Ast" am Niedersachsenstadion Stadt 2000 69. Dodeigne, Eugene die große Familie Granit schwarz hinter Kestnermuseum Stadt 1971 116. Dodeigne, Eugene Etude 1-5 Granit Königsworther Platz Stadt 1985 149. Eggers, W. B. Eberhard Dicker Mann frißt Maus Hartschaum Poly. Braunschweiger Platz Stadt 1998 150. Eggers, W. B. Eberhard "Guardiens" 2 Köpfe Bronze auf Marmor vor Kröpcke Passage privat 1998 Enders Ulrike Lindener Butjer Bronze Minister-Stüwe Str. privat 1989 117. Enders, Ulrike Gegenseitigkeit Bronze Berckhusenstr. vor Versicher. privat 1985 Enders, Ulrike 2 Leute im Regen Bronze Georgstr./Packhoffstr., Gisy Stadt 1983 125. Enders, Ulrike Drei Stühle Bronze Galerie Luise privat 1987 52. Förster (Hanke-), Ursula Tanzende Aluminiumguß eingelagert(Burgstr.) Stadt 1965 Friede, Jürgen Stahl Vahrenwalderstr.Mitte,Henry-Lüdersstr. Stadt 2005 Froelich, Dieter "(4x) 28 Worte" Beton mit Metall Kronsberg, Quartierpark Mitte Stadt 2000 Fujiwara, Makoto Gartenskulptur Granit, Schotter Stilleweg 2 1987 135. Gehl, Gerolf 4 Windharfen Baumgabeln Döhren Rodelberg Stadt 1990 152. Geipel, Hanns kinetisches Objekt ? bis 1977 Rasen Rathenaustr.

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ANHANG B DATEN ZU SKULPTUREN IM ÖFFENTLICHEN RAUM HANNOVERS IN STADTBESITZ

86. Gerlach, Volker Große Begehbare H. Edelstahl Ihme-Ufer/Glockseestr. Stadt 1976 60. Geyger, Ernst Moritz Bogenschütze Bronze Trammplatz Stadt 1967 136. Gloßner, Wolf Tor Stahl Goetheplatz Stadt 1982 Gloßner, Wolf Cross Tower Edelstahl Karmarschstr. Stadt 1995 7. Gorsemann, Ernst Steinbock Bronze Eilenriede am Teich Stadt 1936 153. Gräsel, Friedrich Hannover-Tor Stahlrohr Karl-Wiechert-Allee/Vers. privat 1979 42. Gressieker, Helmut Stele Granit Eichsfelderstr. Stadt 1962 27. Greve, Peter Elefant Findling Pyrmonterstr. Stadt 1956 126. Gundelach, Karl 4 Medaillons Granit Galerie Luise privat 1987 91. Haase, Volkmar Säulenplastik Stahl Bundesleistungszentrum Stadt 1977 127. Haase, Volkmar Ikarus Edelstahl Königsworther Platz privat 1987 29. Haberland, Erich Der Schwimmer Bronze Strandbad Maschsee Stadt 1957 17. Harth, Philipp Storchenreiher Kupfer getrieb. Schule Entenfangweg Stadt 1952 87. Hartung, Karl Große Kugelform Kalkstein Friedrichs-/Georgswall Stadt 1976 53. Hauser, Erich Stahlrelief Stahl Kubus Stadt 1965 66. Hauser, Erich Stahl 68 Nirosta Spinnereistr. Heizkraftwerk 1970 99. Hauser, Erich Stahlkugelblätter Edelstahl vor d. Sprengel Museum Stadt 1981 128. Hauser, Erich Stahlengel Edelstahl Brühlstr. Stadt 1987 154. Heiliger, Bernhard Deus ex machina Eisen Brühlstr./Goethestr. Stadt 1985 Henry, John symphonie in red 17m Stahl Königsworther Platz privat 2000 Herting, Georg Metallarbeiterstandbild Kalkstein Göttinger Straße 1941 118. Hischer, Michael Mobile Metall/Tuch Stadtpark Fontänengarten Stadt 1985 80. Hoflehner, Rudolf Figur 103 Stahl 45 massiv Sprengel Museum Stadt 1973/74 Huber, Stephan Das große Leuchten Kronleuchter, Glas Sophienstr. vor Künstlerhaus Stadt 2006 131. Hutter, Schang Veitstanz, 1989 Stahl, rot bemalt Volgersweg, Amtsgericht Stadt 1989 Ihle, Jochen stehender Fischotter Anderter Marktplatz Stadt 1999 70. Ihme, Hans Martin Lichtmaschine Acrylglas ´93 abgebaut, verschrottet Stadt 1971 94. Jovic, Dusanca o.T. Kalkstein Stadtpark Stadt 1978 143. Kaiser, Rudolf Das Abendmahl Anröcht. Dolomit am Landeskirchenamt privat 1997 71. Kämpfe, Günther Emailtafeln Emailwandbild Th.-Lessing-Platz Stadt 1971 155. Kedl, Rudolf Impressionen v. Han. Kupferrelief Passerelle Bahnhofstr. 1978 156. Kerstan, Heinz Kinetisches Objekt Edelstahl Berliner Allee privat 43. Klein, Jürgen Lesender Jüngling Muschelkalkst. Peinerstr./Bücherei Stadt 1962 24. Kniehl, Reinhold Hockendes Kind Muschelkalkst. Prinzengarten(i. Welfengarten) Stadt 1955 107. Knorr, Susanne Hockender Bronze Stadtpark/Congresszentr. Stadt 1983 49. Koenig, Fritz Große gerahmte Figur Bronze FZH Ricklingen Stadt 1963

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81. Koenig, Fritz großes Rufzeichen Bronze Schiffgraben 4, VGH privat 1973 3. Kolbe, Georg Knieende Bronze Stadtpark/Staudengarten Stadt 1933 12. Kolbe, Georg Menschenpaar Bronze Rudolf-von-Bennigsen-Ufer Stadt 1939 Leibniz Locates (Exte- Klostergang,Zeughaus, Rücks. Histor. Mu- Kosuth, Joseph rior) Neonbuchstaben seum privat 2000 108. Kowalski, Jan Flötenspieler Ahornstamm Zoo/Eingang Stadt 1983 132. Kriester, Rainer Großer verletzter Kopf Bronze Trammplatz/Kestner Mus. Stadt 1989 Kroke, Pit O.T. Stahl Hans-Böckler-Allee 16 privat 1993 157. Kruse, Oliver O.T. Beton, Edelstahl Moocksgang Stadt 1998 96. La Guardia, Jorge Penetracion V4A-Stahl Berliner Allee, Handwerksk. Stadt 1979 61. Ladera, Berto Ile de France Stahl Culemannstr/Friederikenplatz Stadt 1969 57. Läpple, Dieter Die Freude Bronze Isernhagener Str. Stadt 1966 141. Lechner, Alf Kreisstellung Cortenstahl Königsworther Platz privat 1992 19. Lehmann, Kurt Vogeltränke Muschelkalk Bonnerstr. Stadt 1953 22. Lehmann, Kurt Die große Stehende Muschelkalk Seelhorststr. Stadt 1954 23. Lehmann, Kurt Liegendes Fohlen Muschelkalk Röntgenstr. Stadt 1954 25. Lehmann, Kurt Wächter Bronze Waterloostr. privat 1955 28. Lehmann, Kurt Junge mit Taube Bronze Altenbekener Damm Stadt 1956 30. Lehmann, Kurt Umschauende Bronze Leibnizufer Stadt 1957 39. Lehmann, Kurt Demut Muschelkalk Aegidienkirche i. Mahnmal Stadt 1960 51. Lehmann, Kurt Speerträgergruppe Bronze Niedersachsenstadion Eing. Stadt 1964 Lehmann, Kurt Relief digitalisiert wg.Neubau NORD/LB entf. privat 1954 158. Lingemann, Hans Wolf Schrauben roter Polyester Georgsplatz Stadt 1971 Maganizo/Der Den- Lundu, Sydney Lyson ker/the thinker Sandstein Bruchmeisteral. Intern.Schule Stadt 2000 159. Madlowski, Klaus Gartengerät Stahl, bemahlt Landwehrgrab./Güntherstr. privat/L. Maillol, Aristide "L´air" Bronze Georgsplatz, in Brunnenbecken 1961 16. Marcks, Gerhard Maja Bronze Hans-Böckler-Allee Stadt 1951 37. Marcks, Gerhard Staffelläufer Bronze Wettkampfsporthalle Stadt 1959 44. Marcks, Gerhard Tür der Marktkirche Bronze-Bozetto Marktkirche Stadt 1962 Matschinsky- 129. Denninghoff Genesis Stahl Königsworther Platz privat 1987 109. Meinhard, Hannes Erdbeweger Hanomag Eisen Deister Platz privat 1983 4. Meisner, Ruth Fischreiher Bronze Stadtpark/Fontänegarten Stadt 1935 40. Moore, Henry Schottisches Kreuz Bronze Maschpark Stadt 1960 100. Nadasdy, Janos Schrottplastik Schrott Hohe Ufer/Ecke Pferdestr. Stadt 1981

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ANHANG B DATEN ZU SKULPTUREN IM ÖFFENTLICHEN RAUM HANNOVERS IN STADTBESITZ

Nadasdy, Janos Waldfrieden 2000 Nr.3 Cort.stahl,Schrott Hannover Kolleg,Thurnitstr. 6 Land 2001 Negret, Egar Mais Vahrenwalder.Nähe Wasserturm Stadt 2001 110. Neuenhausen, Siegfried umkehr zum Leben gebr. Ton Geibelstr./Altenzentrum Stadt 1983 Den H. zu Füßen ge- 120. Neuenhausen, Siegfried legt Bronze Knochenhauerstr. Stadt 1986 133. Niebuhr, Louis Steinskulptur schwed. Granit Limmer Brunnen Stadt 1989 Nierhoff, Ansgar Eisen Land Nierhoff, Ansgar Gartenskulptur Stahl, Sandwege Vahrenwalderstr. 206-208 privat 1983/84 138. Otto, Michael F. Wanderer Stahl Georgsplatz/Nord LB Künst.L. 1991 119. Otto, Waldemar Begegnung Bronze Hildesheimerstr. Landkr. 1985 142. Otto, Waldemar Hephästos Bronze Hamburger Allee/Welfenstr. Stadt 1992 144. Otto, Waldemar Großer Torso XX Bronze Groß-Buchholzerkirchweg Stadt 1997 139. Pietrusky, Siegfried Zwischen den Säulen Holz U-BahnStation Aegi Stadt 1991 121. Radermacher, Norbert Schild Kupfer Kaulbachstr./Kantstr. Künst. 1986 Reineking, James Connection Stahl Offizierschule d. Heeres 1979 Reusch, Erich Stahl, bemalt Stilleweg 2 1989 Reusch, Erich O.T. Stahl, Steine Georgengarten, Nähe Infopavillon 1990 72. Rickey, George Two Lines Oblique Nirosta Sprengel Mus. Innenhof Stadt 1971 one 151. Rust, Christoph world:monum.f.Tatlin Lichtsolarskulptur Hamburger Allee/Hauptzoll Künst. 1998 Rust, Christoph Orchid Lichtskulptur Raschplatz.,weiße Kreuz Pl. Stadt 1999 122. Sander, Ernemann F. Zwei Zwergesel Bronze Krausenstr./Schlägerstr. privat 1986 45. Sauk, Max Großer Vogel Granit Krankenh. Siloah, nähe Ihme Stadt 1962 54. Sauk, Max Karyatide Muschelkalk/Gra Stadtpark/Fontänengarten Stadt 1965 62. Sauk, Max Stein d. Augenscheins Muschelkalk Leuschnerstr. Stadt 1969 18. Scekessy, Zoltan von Knabe mit Taube Friesenstr Stadt 1952 Schad, Robert In Vent mass. Vierkantstahl Friedrichswall privat 1996 8. Scheuernstuhl, Hermann Fackelträger Bronze Maschsee/Nordufer Stadt 1936 11. Scheuernstuhl, Hermann Fisch m.reitender Putte Bronze Maschsee/Nordufer Stadt 1938 26. Scheuernstuhl, Hermann Schauspiel u. Musik Bronze Röntgenstr. Stadt 1955 31. Scheuernstuhl, Hermann Arzt u. Kranker Bronze Hautklinik Linden Stadt 1957 32. Scheuernstuhl, Hermann Mann mit Pferd Bronze Am Hohen Ufer Stadt 1957 63. Scheuernstuhl, Hermann Wasserträgerin Kalkstein Laatzen, Krankenhaus privat 1969 Scheuernstuhl, Hermann Samariter Bronze Schmiedestr. geg. Marktkir. privat 1952 73. Schmaltz, Karl-Ludwig Makrokern 1290 Stahl/Aluminium Karmarschstr/Schmiedest Stadt 1971 Schmoll, Stefa- Aegidienwald Masten m. Windsä- Aegidienplatz Stadt 2006

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nie+Geilker,Dominik cken 145. Schöpfer, Jo Steinskulptur afrik. Granit Friedhof Lahe, seit 7/97 Stadt 1997 Monument für Reisen- Schreib, Werner de Betonguß Friedrichswall privat 1964 Schrieber,Ludwig Gab- 46. riel Paseo Basalt-Lava Elkartallee Stadt 1962 97. Schütz, Peter Farbplastik Stahlblech Postscheckamt/Innenhof privat 1979 Schwerdtfeger, Ste- 88. fan+Heisig,Diether Nessi Bronze Passerelle 1976 20. Schwerdtfeger, Kurt Tanzende Kinder Kalkstein Grimsehlweg Stadt 1953 35. Schwerdtfeger, Kurt Entschwebender Kalkstein An der Bismarkschule Stadt 1958 160. Schwerdtfeger, Kurt Wildschweingruppe Kalkstein Tiergarten, Wildschweinge.,seit´96 Stadt 1959 47. Schwerdtfeger, Kurt Gespräch Bronze Ricklingerstr. Stadt 1962 48. Schwerdtfeger, Kurt Vogelnest Kalkstein Leipziger Straße Stadt 1962 50. Schwerdtfeger, Kurt Wolkenflug Stahl Nackenberger Str. Stadt 1963 Sigaldi, Emma de Transformations Hohenzollernstr./Bödekerstr. Stadt 2001 161. Sinken, Hein Anemokinetisch. Obj.1 Edelstahl vor Historischem Museum Stadt 1971 162. Sinken, Hein Anemokinetisch. Obj.2 Edelstahl Eingelagert Rosenbuschweg Stadt 1971 Anem.Obj.3 Schöpfkel- 85. Sinken, Hein len Edelstahl Karmaschstr. Grupenstr. Stadt 1974 146. Snelson, Kenneth Avenue K Aluminium Leibnizufer, seit 10/97 Stadt 1997 33. Sötebier, Friedrich-Adolf Sinnende Bronze Stadtpark/Rosengarten Stadt 1957 64. Stadler, Toni Ägäis Bronze im Maschteich, Freitreppe Stadt 1969 1. Starck, Karl Constantin Tennisspielerin Bronze DTV am Theodor-Heuss-Platz Stadt 1930 5. Starck, Karl Constantin Golfspielerin Bronze Stadtpark/Pavillon-Ost Stadt 1935 38. Steinorth, Inge Junge mit Drachen Bronze Meldaustr. Stadt 1959 74. Szymanski, Rolf Die öffentliche Rose Eisen Waterlooplatz Land 1971 92. Szymanski, Rolf Die Frauen v. Messina Bronze Raschplatz, Ausg.Nord Pas. Stadt 1977 Kompass/Keppler trifft 134. Tappeser, Rainer Kopernikus Stahlrohr Braunschweiger Platz privat 1989 111. Tollmann, Günter Winkelelemente 1981 Edelstahl Breite Str./Aegi Stadt 1983 137. Tollmann, Günter Plastik M II Stahlblech Vahrenwalder Str. Stadt 1990 58. Uhlmann, Hans Stahlplastik 1965 Stahl Schmiedestr./Parkhaus Stadt 1966 Ulrichs, Timm Kopfsteinpflaster Betonguß Schiffgraben, neben Tiefgarage 13. Unbekannt Borghesischer Fechter Bronze Prinzenstr./Schiffgraben Stadt 1950 2. Vierthaler, Ludwig Fabeltier Bronze Bernadotteallee Stadt 1930 89. Vierthaler, Ludwig Rosenjunge Bronze Stadtpark/Rosengarten Stadt 1976

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65. Vohlwahsen, Herbert Tanzende Bronze Altersheim Kirchrode Stadt 1969 112. Vohlwahsen, Herbert Sinnender Bronze Stadtpark/Terrasse Stadt 1983 Volwahsen, Herbert Senden u. Empfangen Sandstein Rosenstr. Ecke Schillerstr. privat 1957 6. Waterbeck, August Wisent Bronze am Zoo, Bernadotte-Allee Stadt 1935 9. Waterbeck, August Hirsch Bronze Bernadotte-Allee, Lister Turm Stadt 1936 Weber, Jürgen Windgötter Bronze Leinstr. am Landtag Land 1962 55. Weidl, Seff Die Freunde Bronze Vahrenheide/Einkaufszentr. Stadt 1965 75. Weiser, Christian Lichtspirale Edelstahl Goldener Winkel Stadt 1971 163. Weizäcker, Andreas von Hangover Poly,Büttenp,Alu Raschplatzhochbrücke Künst/L. 82. Werthmann, Friedrich Kugelplastik Stahl, gekupfert Cellerstr. Postscheckamt privat 1973 Marmorsteine a. von Windheim, Dorothee Schattenlinie Boden Aegidienkirche i. Mahnmal 164. Wolff, Albert Sachsenroß Bronze Universität Land 1878 67. Wolff, Joachim Stahlplastik Stahl Herrenhausen, Bücherei Stadt 1970 76. Wotruba, Fritz Stehende Figur Bronze Nordmannspas./Georgstr. Stadt 1971 90. Wurmfeld, Sanford Diamant II Plexiglas Karmarschstr.Sparkasse Stadt 1972 Zimmermann,Hans- "Wenn d.Wind Jürgen südl.weht" Edelstahl Karl-Wiechert-Allee privat 2000 Zwingmann, Micha- el+Fujiwara, M. Stein-Klang-Stele Basalt Aegidien-Kirchhof Stadt 2004 140. Bilderwand Bertramstr. 12/16 Künstler Bertramstraße, Neuenhausen privat 1991 Denkm. 50 J. A-Bombe Plexiglas Trammplatz Stadt

8 VON ANTES BIS WURMFELD KRISTINA HERBST

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B.2 Konzept einer Datenbank für die Kunst im öffentlichen Raum Hannovers Bei den Recherchen zu der vorliegenden Arbeit war eine besondere Schwierigkeit die Daten- fülle an Informationen der verschiedenen Quellen (Behörden und Ämter, Museen, Künstler, private Personen, etc.) geeignet aufzuarbeiten und wenn möglich zu archivieren. Eine organisierte Datensammlung, welche die Speicherung, Formatierung, Verwaltung, den Zugriff, Manipulation und Darstellung in konsistenter Form berücksichtigt, wurde dabei schnell in Betracht gezogen. Da die Stadt Hannover (Fachbereich Gebäudemanagement) derzeit aber lediglich um eine Inventarisierung ihrer Kunstobjekte im Außenraum bemüht ist, wurde hier versucht ein Da- tenbankmanagementsystem zu entwickeln, welches eine ausführlichere Form der Be- standsaufnahme und Verwaltung der Objekte ermöglicht. Drei Systeme (Microsoft® Access, Microsoft® InfoPath™ und FileMaker®) standen im Vorfeld zur Verfügung. Bei der Evaluierung war ausschlaggebend, das dieses System Daten effizient verwalten kann, objektorientiert arbeitet, vielfältige Schnittstellen (u.a. auch das Internet) aufweist, intuitives Arbeiten ermöglicht und zudem Formblätter generieren kann. Kein System konnte allen Erwartungen entsprechen, so dass der folgende Entwurf nur ein Vorschlag mit unvollständigen Datenangaben ist. Das hier verwendete System Office InfoPath™ von Microsoft® basiert auf der Architektur von dynamischen Formularen mit entsprechender Datenerfassungsmöglichkeit. Allerdings ist eine logische Datenstruktur, die sich aus der Beziehung zwischen zusammengehörigen Da- ten ergibt, nur begrenzt möglich. Ausschlaggebend für die Wahl war die Kombination von Datenbereich und Formularbereich. Durch die Verknüpfung dieser beiden Bereiche ist eine effiziente Nutzung durch die Übernahme von Daten möglich. Das Datenbanksystem der Stadt Hannover, welches derzeit zur Archivierung der Kunstob- jekte Verwendung findet, ist eine Softwarelösung die speziell für den Museumsbereich ent- wickelt wurde. FirstRumos basiert ebenfalls auf das Datenbankmanagementsystem Micro- soft® Office Access und bietet aus diesem Grund Schnittstellen zu anderen Programmen dieser Produktfamilie. Da es aber keine Daten selbstständig zusammenfügen und zu einem geeigneten Datenblatt generieren kann, kam es für die folgende Anwendung nicht in Frage.

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DATENBANK: Der Datenbankbereich von InfoPath™ umfasst die Identifikation, die Umfeldanalyse, Auf- zeichnungen zu Maßnahmen und Veränderungen an den Objekten, die Katalogisierung von Photos und eine Auflistung mit weiterführender Literatur und wichtigen Dokumenten zu den jeweiligen Skulpturen. Die Identifikation enthält im Einzelnen kurze Informationen zu Titel, Künstler, Maßen, Standort und Aufstellungsjahr sowie Eigentümer, Inventarnummer, Aufstellungsjahr und ein Photo zur Identifikation. In einem weiteren Feld wird gegebenenfalls auf den Denkmalstatus des Objek- tes hingewiesen.

Abb. 1. Desktopansicht Datenbankbereich: Maßnahmen/Veränderungen.

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ANHANG B DATEN ZU SKULPTUREN IM ÖFFENTLICHEN RAUM HANNOVERS IN STADTBESITZ

Darunter befindet sich ein Feld, wo Angaben für die Verwaltung des Objektes gemacht werden. In einem „drop-down“ Menü kann ein Vermerk über Zuständigkeiten bzw. An- sprechpartner eingetragen werden. Der gewünschte Datenbereich kann von hier aus ge- druckt und als E-Mail versendet bzw. die Daten für ein Befundblatt übernommen werden. Zunächst muss eingetragen werden, welche Person die letzte Änderung an diesem Daten- satz vorgenommen hat. Farblich hervorgehoben ist ein Bereich, welcher den Zeitraum für das regelmäßige Monitoring des Objektes und das Datum der letzten Begutachtung enthält. In einem weiteren Feld kann ein kurzer Vermerk über aufgenommene Photos zum momen- tanen Zustand des Objektes gemacht werden. Da sich in der Praxis stets umfangreiche An- gaben ergeben, besteht die Möglichkeit in einem weiteren zu aktivierenden Feld Anmerkun- gen einzutragen.

Nach diesem Abschnitt folgen vier virtuelle Karteikarten. In die oberst aufliegende Karteikarte können jeweils Eintragungen gemacht werden. Die Abbildung (→ Abb. 1, S. 10) zeigt exem- plarisch den Datensatz zur Erstaufstellung bzw. den erfolgten Maßnahmen und Verände- rungen am Objekt. Hier werden chronologisch Angaben zu durchgeführten Maßnahmen festgehalten. Des Weiteren werden auch Ansprechpartner und deren Kontaktdaten vermerkt, um Rückfragen zu ermöglichen. Auch können Angaben über die Finanzierung einer durchge- führten Maßnahme in dieser Karteikarte eingetragen werden. Die Karteikarte Umfeldanalyse umfasst genaue Angaben zum Standort. Mit Hilfe von „drop- down“ Menüs werden bestimmte Aspekte der Standortsituation abgefragt. Besonders her- vorzuheben sind hier die Daten der sogenannten Leitungsumfrage. Auch sollte zusätzlich vermerkt werden, welche Firmen an der letzten Installation des Objektes beteiligt waren. Die Karteikarte Photos enthält eine detaillierte Photodokumentation. Für die korrekte Archivierung sollte jedes Photo Angaben zum Aufnahmedatum, dem Abbildungsnachweis und gegebenenfalls eine kurze Beschreibung enthalten. Eine weitere Karteikarte verweist auf weiterführende Literatur bzw. auf analog vorliegende Aktenvermerke und andere wichtige objektbezogene Dokumente, welche die Recherche hinsichtlich der Technologie und möglichen Konservierungs- und Restaurierungsmaßnah- men erleichtern können.

Mehrere Felder erfordern die Eingabe von Daten, bevor ein Datenblatt gespeichert werden kann, was die gezielte Eingabe von Informationen steuert und analogisiert.

Von diesem Datenbankblatt ist eine Verknüpfung zu einem Befundblatt möglich. Das Be- fundblatt (→ Abb. 2, S. 12) kann für eine kurze Dokumentation des Zustands eines Objektes vor Ort genutzt werden.

11 VON ANTES BIS WURMFELD KRISTINA HERBST

ANHANG B DATEN ZU SKULPTUREN IM ÖFFENTLICHEN RAUM HANNOVERS IN STADTBESITZ

BEFUNDBLATT: Das obere Feld – Identifikation – eines Befundblattes wird automatisch durch den Datensatz der Datenbank generiert. Auch hier enthält der darauf folgende Bereich Angaben zum Anlass der Zustandsaufnahme, vorhandenen Photos und der Person, welche den Befund erstellt hat.

Abb. 2. Desktopansicht Befundblatt.

Farblich hervorgehoben sind in diesem Bereich vor allem Angaben zu erforderlichen weite- ren Maßnahmen, Kontaktaufnahme und Dringlichkeit einer Maßnahme. Ein weiterer Ab- schnitt kann für das Eintragen zusätzlicher Informationen geöffnet werden.

12 VON ANTES BIS WURMFELD KRISTINA HERBST

ANHANG B DATEN ZU SKULPTUREN IM ÖFFENTLICHEN RAUM HANNOVERS IN STADTBESITZ

Im Weiteren werden zunächst Angaben zur momentanen Standortsituation eingetragen. Hierbei wird die Eingabe durch mehrere „drop-down“ Menüs gelenkt. Ein Feld ermöglicht jedoch auch hier die manuelle Eingabe weiterer Kommentare zum Standort. Im Weiteren werden genaue Angaben zum Zustand des Objektes eingetragen. Dabei be- steht die Möglichkeit gezielt auf Zustandsprotokolle einzelner Materialgruppen, wie z.B. Me- tall, Stein, Holz und Kunststoff sowie speziell die Objektgruppe kinetischer Kunstwerke, zu- rückzugreifen. Diese spezifischen Protokolle ermöglichen einerseits die präzise Beschrei- bung des Zustands und andererseits eine Kartierung des Ist-Zustands eines Objektes durch eine eingefügte Abbildung.

Ein extra Feld für abschließende Bemerkungen und der Bereich Kommunikation erleich- tern die Weitergabe der Informationen.

13 VON ANTES BIS WURMFELD KRISTINA HERBST

ANHANG C ZUSÄTZLICHE INFORMATIONEN

C Zusätzliche Informationen

1 VON ANTES BIS WURMFELD KRISTINA HERBST

ANHANG C ZUSÄTZLICHE INFORMATIONEN

C.1 Calder Foundation General Guidelines for Restoration of Monumental Sculp- ture323

The following procedures are the current guidelines recommended by the Calder Foundation for the restoration of painted surfaces on monumental sculptures by Alexander Calder. These suggestions do not apply to smaller sculptures made of sheet metal or wire, only for monumental works fabricated from steel plate.

For restoration the entire sculpture should be completely disassembled by hand, taking care to mate the nuts and bolts. (A 3/4" plywood board, with a hole for each bolt, is a good way to keep the nuts and bolts mated, and a way to protect them from getting abraded or damaging their threads). In the case of a large sculpture that necessitates a crane for lifting an element or section, clean nylon straps or slings should be used. Clamps or "dogs" used by steel fabricators bite into the metal causing per- manent marks and are not acceptable.

Carefully sand the surface paint down to smooth stable paint substrate or to the primer layer. For a complete restoration, paint can be removed with the use of a chemical stripper down to the base metal. Never remove paint by an abrasive method such as sand blasting or grinding, which removes and damages the metal. Please contact us regarding the treatment of degraded metal.

Spray-apply the sub-primer paint to each separate element of the sculpture including the nuts and bolts. (Mask the threads of the bolts, or paint them on the bolt boards described previously, so that the threads don't get gummed-up with paint). A brush application may be acceptable if the paint can be put on uniformly, although this method usually gives a wide variation in film thickness. Take care that all under-cuts and holes get completely covered. Spray-apply the primer paint and topcoat. Follow the manufacturer's guidelines for application and cure time.

Chase and tap the bolts so that they mate smoothly. Completely re-assemble the sculpture. At each point of connection there are steel plates being bolted in contact. These areas need to be sealed against the infiltration of moisture. Apply a small amount of clear paintable silicon caulk to the top and side edges of the contact plate, leaving the bottom open for drainage and circulation. Make sure that the caulk is invisible. Use the least amount possible so that the caulk does not squeeze out and fill the seams, altering the geometry of the joint's profile. Caulk should also be applied to each bolt hole spar- ingly.

Spray-apply the finish paint in one final top-coat. The goal is to achieve a flat neutral surface without streaks or mars. Generally, finish paint applied with brushes or rollers does not achieve a proper sur- face.

For works that are often disassembled for traveling, we recommend the use of thin nylon or Teflon washers (see supply below) under each nut and bolt head which keeps the painted surface around the bolt holes from becoming scraped. These washers should be thin enough, about 3 mils., so that they do not noticeably set the nut and bolt heads away from the surface of the steel plate. The diameter of the washers should be slightly smaller than the dimension of the nut and bolt heads so that they are not visible when assembled.

The placement of a sculpture can drastically affect its condition. Tree droppings, excessive moisture or dampness, salt air, wind, etc. are some of the issues to be considered. Improper foundation, or none at all, can cause great damage to the sculpture. Additionally, some works were not intended or con- structed to be exhibited outside. Consult with us regarding these questions when siting a sculpture.

323 Vgl. Calder Foundation, General Guidelines for Restoration of Monumental Sculpture, unter: www.calder.org/SETS/foundation/foundation.html (Stand: 12.02.2007).

2 VON ANTES BIS WURMFELD KRISTINA HERBST

ANHANG C ZUSÄTZLICHE INFORMATIONEN

C.2 Diagramm des “Decision-Making-Model”

1 DATA REGISTRATION

2 CONDITION 3 MEANING

4 DISCREPANCY ?

5 CONSERVATION OPTIONS

6 CONSIDERATION

7 PROPOSED TREATMENT

© Foundation for the Conservation of Modern Art

3

Hiermit erkläre ich, dass ich die Arbeit - Von Antes bis Wurmfeld: Zum konservatorischen Umgang mit der „Straßenkunst“ in Hannover - selbstständig verfasst habe und keine ande- ren als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel verwendet wurden. Sie wurde mit gleichem Inhalt bzw. in wesentlichen Teilen bei keiner anderen Prüfungskommission vorgelegt.

Hildesheim 06. Juni 2007

………………………………………………………………. Kristina Herbst