Dr. Christoph Ohlig, Parkstr. 32, 46487 Wesel; Tel. 02803-1080

Vorbemerkung

Der von mir am 30.09.2014 beim Rotary Club Emmerich-Rees gehaltene Vortrag beinhaltete eine stark zusammengefasste Darstellung eines Forschungsprojektes zur Wasserleitung der Colonia Ulpia Traiana in .

Dieses von mir in allen Einzelheiten geplante Forschungsprojekt wurde von der Deutschen Wasserhistorischen Gesellschaft (DWhG) finanziert (Flugprospektion, geophysikalische Un- tersuchungen) und wesentlich von Prof. Dr. Ing. Henning Fahlbusch (FH Lübeck) begleitet.

Ich habe über dieses Projekt zwei Aufsätze (s. u. Anmerkung) veröffentlicht, die im Folgen- den angehängt sind. Die erste von 2007 war wesentlich davon geprägt, eine zusammen mit den Archäologen des Archäologischen Parks Xanten (APX) sowie denen der Außenstelle Xanten des Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland vorgesehene Projektplanung dar- zustellen. Die zweite von 2012 war Teil einer größeren Abhandlung über die Schwierigkeiten einer interdisziplinären Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen mit der Archäologie.

Der Bitte des Rotary Clubs Emmerich-Rees folgend stelle ich hiermit diese beiden Publikati- onen für die Vortragsdatenbank von Rotary 1870 zur Verfügung, wobei die für diesen Zweck zu großen Originaldateien auf Kosten der Qualität der Abbildungen verkleinert werden muss- ten.

Ich möchte darauf hinweisen, dass eine weitergehende Verbreitung und/oder Verwendung von Inhalten dieser Publikationen nur mit meiner ausdrücklichen Genehmigung gestattet sind.

Anmerkung: Die erste mit dem Titel: „Die Wasserleitung zur Colonia Ulpia Traiana (Xanten) - Beobachtungen, Thesen, Projektplanung, in: Von der cura aquarum bis zur EU – Wasserrahmenrichtlinie – Fünf Jahre DWhG, 1. Halbband, herausgegeben im Auftrag der DWhG von Christoph Ohlig, Siegburg (Juli) 2007. Die zweite hat den Titel: „Möglichkeiten und Grenzen interdisziplinärer Zusammenarbeit im Überschneidungsbe- reich von Klassischer Archäologie und Ingenieurwissenschaften“, in: DWhG – Zehn Jahre wasserhistorische Forschungen und Berichte, Teil 1, herausgegeben im Auftrag der DWhG von Christoph Ohlig, Siegburg 2012.

Christoph Ohlig, Die Wasserleitung zur Colonia Ulpia Traiana (Xanten 139

Die Wasserleitung zur Colonia Ulpia Traiana (Xanten) – Beobachtungen, Thesen, Projektplanung

Christoph Ohlig

Vorbemerkungen

Die Großen Thermen der Colonia Ulpia Traia- technischen Anlagen (Heizung ebenso wie na (CUT), eine ca. 11.500 m2 große Badeanla- Wassernutzung und -entsorgung) großer Wert ge, wurde 1879 von Mitgliedern des Niederr- gelegt – auf welchem Weg dieser imposante heinischen Altertumsvereins entdeckt und teil- Thermenbau allerdings Wasser bekommen weise freigelegt. Nach dem 2. Weltkrieg wur- hat, ist bis heute ungeklärt. Was immer bis- den die Ruinen mit einer Fabrik für Fertigbe- lang über die Wasserversorgung der CUT und tonteile überbaut. Nachdem diese 1984 wieder Teilstücke der Trasse einer Fernwasserleitung abgerissen worden war, konnte die Badeanla- bekannt wurde, geht an den Großen Thermen ge seit 1985 vollständig ausgegraben, er- buchstäblich vorbei: Ausgerechnet das einzige forscht, publiziert und restauriert werden.1 Monument in der CUT, das ganz sicher auf Diese Arbeiten kamen vor knapp 10 Jahren die Versorgung durch eine Fernwasserleitung mit der Errichtung eines eindrucksvollen angewiesen gewesen sein muss, steht nach Schutzbaus (Abb. 1) zum Abschluss. bisherigem Kenntnisstand versorgungstech- Während der Untersuchungen wurde auch auf nisch völlig isoliert da, „schreit“ also förmlich die Erforschung und Dokumentation der nach weiteren Forschungen.

Abb. 1: Blick auf die Nordecke der Großen Thermen in Xanten. Im Bild unten unter einem Schutzdach die Fun- damente des Wasser-Hochbehälters, dahinter der Schutzbau über den Thermen, links quer davor der Museums- neubau über den Grundmauern der basilica thermarum (Zustand November 2006).

1 Zuletzt zusammenfassend Zieling 1999, dort auch wei- tere Literaturangaben.

Von der cura aquarum bis zur EU-Wasserrahmenrichtlinie – Fünf Jahre DWhG, Schriften der DWhG, Band 11, Siegburg 2007, 1. Halbband ISBN 978-3-8334-8433-9 / 2. Halbband ISBN 978-3-8334-8434-6 140 Christoph Ohlig, Die Wasserleitung zur Colonia Ulpia Traiana (Xanten)

Deren Ausgangspunkt erscheint einfach: In Ein weiteres Problem ist verwaltungstechni- der Nordecke des Thermengeländes (Abb. 1) scher Art: Die Denkmalpflege in Nordrhein- waren die Fundamente eines Hochbehälters Westfalen untersteht der Abteilung Kultur des freigelegt worden, der von einer Fernwasser- Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) und leitung versorgt worden sein muss. Weil die dort wiederum als Unterabteilung dem Rhei- bisher bekannten Quellen der Fernleitung im nischen Amt für Bodendenkmalpflege (RAB) Westen der CUT liegen, müsste die Trasse in Bonn, das in Xanten eine von vier Außen- eigentlich, von dort kommend, nördlich der stellen unterhält. Diese ist für gesamten nörd- Thermen auf den Hochbehälter zu gelaufen lichen Niederrhein mit den Kreisen Kleve, sein. Es erscheint naheliegend, dies durch Wesel und Viersen und den kreisfreien Städ- Grabungen zu verifizieren, aber dieses Vorha- ten Mönchengladbach, Krefeld, Duisburg, ben stieß und stößt an mehrere Grenzen. Oberhausen, Mülheim/Ruhr und Essen zu- ständig. Der eigentlich innerhalb dieses Bereiches liegende Archäologische Park Xanten ist aus dieser Organisationsstruktur ausgegliedert, untersteht nicht dem RAB, sondern ist direkt dem Bereich Kultur des LVR zugeordnet. Für die Wasserversorgung der CUT sind also zwei verschiedene Abteilungen des LVR zuständig.

Es hat bisher aus folgenden Gründen keine systematische Erforschung der Wasserversor- gung der CUT gegeben: Außerhalb der CUT sind alle bisherigen Kenntnisse Ergebnisse von Zufallsfunden, die z. B. bei Baumaßnahmen nach dem 2. Welt- krieg innerhalb des Stadtgebietes von Xanten bzw. beim Straßenbau außerhalb der Stadt zum Vorschein gekommen sind. Innerhalb der CUT konzentrierten sich die bisherigen Un- tersuchungen auf einzelne Insulae bzw. auf einzelne Monumente, und dies, da die bisheri- ge Bundesstraße 57 das antike Siedlungsge- biet fast diagonal quert (vgl. Abb. 4 und 8), stärker auf das nördliche Teilgebiet vom Bur- ginatium-Tor im Nordwesten über den Hafen-

tempel bis zum Amphitheater im Nordosten Abb. 2: Blick nach Norden. Unter dem Schutzdach (vgl. Abb. 8). Dieses Gebiet wird aber mit die Fundamente des Hochbehälters (vgl. Abb. 1). großer Wahrscheinlichkeit nicht von der Was- serleitungstrasse durchquert. Der große Teil- bereich südlich der B 57 war bis vor kurzer Zum einen verläuft schon wenige Meter vom Zeit zum größten Teil in Privatbesitz und ist Hochbehälter entfernt die bisherige Grenze derzeit noch teilweise von Straßen, Wohn- des zum Archäologischen Park Xanten (APX) häusern und Industriebetrieben überbaut. Er gehörenden Geländes, zum anderen steht ge- wurde aber inzwischen von der öffentlichen nau hier ein Mast einer Stromleitung, der Hand erworben. Seit dem vergangenen Jahr nicht ohne großen finanziellen und techni- wird die B 57 auf eine neue Trasse östlich des schen Aufwand verlegt werden kann (Abb. 2). APX verlegt. Auch das bisher in Domnähe an-

Von der cura aquarum bis zur EU-Wasserrahmenrichtlinie – Fünf Jahre DWhG, Schriften der DWhG, Band 11, Siegburg 2007, 1. Halbband ISBN 978-3-8334-8433-9 / 2. Halbband ISBN 978-3-8334-8434-6 Christoph Ohlig, Die Wasserleitung zur Colonia Ulpia Traiana (Xanten) 141 gesiedelte Museum wird zur Zeit neu gebaut und Randbedingungen des Niederrheins vor- (Eröffnung 2008), und zwar auf den Grund- handene Wasserressourcen für bestimmte mauern der „basilica thermarum“, einer gro- Nutzer und ihren Bedarf erschlossen und wie ßen, rechteckigen, den Großen Thermen vor- sie das Wasser von den Quellen zu diesen gelagerten Fläche. Hier entsteht zur Zeit eine Verbrauchern gebracht haben könnten. Ein großartige neue Einheit, die architektonisch solcher Versuch, die Grundlagen und Überle- dem spektakulären Schutzbau über den Gro- gungen des antiken Projektplaners nachzu- ßen Thermen angepasst ist (vgl. Abb. 1). vollziehen, muss sich damit auseinanderset- Nach Abschluss aller dieser Arbeiten, Umbau- zen, wie viel Wasser zu welcher Verwendung ten und Erschließungen wird den Archäologen an welchen Stellen überhaupt benötigt wurde; des APX erstmals die gesamte Fläche der welche Quellen in der Region zur Verfügung antiken Colonia Ulpia Traiana zur Verfügung standen; wie die topographischen, histori- stehen und für systematische Forschungen schen, klimatischen Randbedingungen waren; zugänglich sein. welche technischen Probleme zu berücksich- tigen waren und auf welche Weise römische Eine weitere Problematik erschwert alle Baumeister diese bewältigen konnten, um das archäologischen Forschungen in Xanten: Die Wasser von den Quellen zu den Nutzern zu gesamte CUT ist von der Nachantike bis in transportieren. die beginnende Neuzeit hinein systematisch – Im dritten Schritt muss an dafür geeigneten zerstört worden – eine Art „Steinbruch“ am und erfolgversprechenden Stellen, an denen es rohstoffarmen Niederrhein (in der Literatur entsprechend dem Konzept archäologische zusammengefasst unter dem Begriff „mittel- Befunde geben könnte oder müsste, überprüft alterlicher Steinraub“2). Da die Wasserleitung werden, ob diese dort verifiziert werden kön- sowohl außerhalb der Stadt als auch im Be- nen. reich südlich der colonia (im heutigen Stadt- gebiet Xanten) unebenes Gelände überqueren Dass ein solches Vorhaben nur in interdiszip- musste, verlief sie abschnittsweise auf mehr linärer Zusammenarbeit und in Kooperation oder weniger langen und hohen Brücken. Von mit allen beteiligten Institutionen durchge- diesen ist oberirdisch nichts mehr erhalten und führt werden kann, ist selbstverständlich. die unterirdisch erhaltenen Reste sind meis- tens stark zerstört. Nach Voruntersuchungen durch H. Fahlbusch Will man deshalb nicht auf unbestimmte Zeit und den Verfasser, die im Jahre 2003 begon- auf weitere ergänzende Zufallsbefunde warten nen haben, hat der Vorstand der Deutschen und diese als neue ‚Puzzle-Stücke’ in ein noch Wasserhistorischen Gesellschaft (DWhG) be- sehr unvollkommenes Bild einordnen, muss schlossen, dem Rheinischen Amt für Boden- ein neuer methodischer Ansatz gefunden wer- denkmalpflege (RUB) und dem Archäologi- den, der folgendermaßen aussehen könnte: schen Park Xanten (APX) ein gemeinsames – In einem ersten Schritt werden die bisher Forschungsprojekt vorzuschlagen, dessen bekannten Befunde vor dem Hintergrund von Grundlagen, Arbeitshypothesen und Zielset- Kenntnissen und Erfahrungen, die bei der zungen im Folgenden dargestellt werden. Erforschung anderer antiker Wasserversor- Weil dieser Beitrag also kein Forschungsbe- gungssysteme gewonnen wurden, analysiert. richt ist, sondern bisherige und neue Beob- – Im zweiten Schritt wird versucht, das antike achtungen sowie darauf basierende Überle- Gesamtkonzept der Wasserversorgung der gungen für ein Forschungskonzept beschreibt, CUT gedanklich so zu „rekonstruieren“, wie kann vieles nur angedeutet und können man- römische Baumeister unter den Umständen che Probleme nur aufgezeigt, aber (noch?) nicht gelöst werden.

2 Mehr zum „mittelalterlichen Steinraub“ im folgenden Kapitel.

Von der cura aquarum bis zur EU-Wasserrahmenrichtlinie – Fünf Jahre DWhG, Schriften der DWhG, Band 11, Siegburg 2007, 1. Halbband ISBN 978-3-8334-8433-9 / 2. Halbband ISBN 978-3-8334-8434-6 142 Christoph Ohlig, Die Wasserleitung zur Colonia Ulpia Traiana (Xanten)

Abb. 3: Bedeutende römische Siedlungen entlang der Limesstraße (Rheinschiene) und an der Mosel (Karte nach F.W. Putzger, Historischer Weltatlas).

1 – Ulpia Noviomagus (Nijmegen, NL) 5 – Bonna (Bonn) 2 – Colonia Ulpia Traiana und Castra Vetera (Xanten) dazwischen: Rigomagus (Remagen) und dazwischen: Asciburgium (Moers-Asberg) und Antunnacum (Andernach) Gelduba (Krefeld-Gellep) 6 – Confluentes (Koblenz) 3 – Novaesium (Neuss) 7 – Aquae Mattiacae (Wiesbaden) 4 – Colonia Claudia Ara Agrippinensium (Köln), 8 – Mogontiacum (), (Provinzhauptstadt von Inferior) (Provinzhauptstadt von ) 9 – Augusta Treverorum ()

Die Grenze zwischen den Provinzen und Germania Superior, der „Vinxtbach“ (der Name ist entstanden aus dem lat. finis – Grenze), ist in der Karte nicht verzeichnet. Er mündet zwischen Rigomagus und Antunnacum in den Rhein (genauer: bei der Burg Rheineck zwischen Bad Breisig und Brohl).

Von der cura aquarum bis zur EU-Wasserrahmenrichtlinie – Fünf Jahre DWhG, Schriften der DWhG, Band 11, Siegburg 2007, 1. Halbband ISBN 978-3-8334-8433-9 / 2. Halbband ISBN 978-3-8334-8434-6 Christoph Ohlig, Die Wasserleitung zur Colonia Ulpia Traiana (Xanten) 143

1. Die Colonia Ulpia Traiana (CUT) – Ein kurzer histori- scher und geographischer Ab- riss3

Die Colonia Ulpia Traiana (CUT) liegt am nördlichen Rand der römischen Provinz Germania Inferior4 im Bereich der heutigen Stadt Xanten (Abb. 3, Nr. 2 und rote Einzeichnung in Abb. 4), deren Stadtkern sich in nachrömischer Zeit nur we- nig weiter südöstlich um den Dom gruppierte und im Mitte- lalter von einer Stadtmauer umgeben war (grüne Ein- zeichnung in Abb. 4).

Auch wenn es keine archäologischen Spuren Abb. 4: Lage der Colonia Ulpia Traiana (CUT) [rot] nordwestlich der heutigen Stadt Xanten mit mittelal- aus dieser Zeit mehr gibt, dürfte der Niederr- terlichem, von Stadtmauer umgebenem Kern, in hein seit den Rheinfeldzügen Caesars (55 und dessen Zentrum der Dom liegt [grün]. (Nach: Topog- 53 v. Chr.) mehr oder weniger vollständig raphische Karte 1:25000, Blatt 4304, Xanten, Lan- desvermessungsamt Nordrhein Westfalen).

3 Zur allgemeinen Einführung hervorragend geeignet ist unter römischer Herrschaft gewesen sein. Wie das Ende 2006 vorgestellte digitale Informationssystem 5 „Der Xantener Raum in der Antike“, das als Ergebnis Tacitus erwähnt, existierte schon während eines mehrjährigen Kooperationsprojekts zwischen dem der Germanenfeldzüge des Drusus im Jahre Landschaftsverband Rheinland, der Hochschule Anhalt 12 v. Chr., also in der Regierungszeit des Kai- (FH) und dem Ministeriums für Bauen und Verkehr sers Augustus (27 v. bis 14 n. Chr.), im Xan- NRW von Frank Dießenbacher und Mark Tewissen (In- formationsmedien Dießenbacher Tewissen) in Wesel tener Raum ein erstes befestigtes Militärlager, programmiert und gestaltet wurde. Es ermöglicht eine Castra Vetera (in der Forschung mit dem beeindruckende Zeitreise durch fünf Jahrhunderte Xan- Zusatz „I“ versehen, weil es später, nicht weit tener Geschichte. Sein Hauptbestandteil ist ein dreidi- davon entfernt, ein weiteres Lager gab, Castra mensionales Computermodell der römischen Stadt und Vetera II, s. u.). Dieses Lager war strategisch ihrer Umgebung in sechs verschiedenen Zeitschichten. Es zeigt die römische Besiedlung von ihren Anfängen günstig auf dem sogenannten Fürstenberg um 12. v. Chr. bis zu ihrem Ende Mitte des 4. Jh. n. Chr. positioniert (Abb. 5). Es wurde in Holz-Erde- Im Internet zu erreichen unter: http://www.apx.de, dort Bauweise errichtet und war mit zwei Legio- weiterer Link; oder http://www.apx.de/virtuell.htm; oder nen belegt. Erst um ca. 60 n. Chr. wurde die- http://www.diessenbacher-tewissen.com/artikel130.html oder http://xanten.afg.hs-anhalt.de/ ses Lager durch ein in Stein errichtetes an Eine ausführlicheren historischen Überblick über die Geschichte der Legionslager und der CUT bis zur Spät- antike und zur Aufgabe der Stadt um das Jahr 400 5 Tacitus Ann. 1,45: ... haud minor moles supererat ob n. Chr. geben Heimberg/Rieche 1998, 27 ff. und ver- ferociam quintae et unetvicesimae legionum, sexagesi- schiedene Beiträgen in Kunow 2006. mum apud lapidem – loco Vetera nomen est – hibernan- 4 Germania wurde schon von Augustus unter militäri- tium. ... blieb ein nicht geringeres Problem wegen der sche Verwaltung gestellt. Unter Domitian wurde das Zuchtlosigkeit der 5. und der 21. Legion, die beim 60. Gebiet um 90 n. Chr. in Germania Inferior (Hauptstadt Meilenstein – der Ort hat den Namen Vetera – überwin- Köln) und Germania Superior (Hauptstadt Mainz) unter- terten [Die Entfernung ist von der Provinzhauptstadt teilt. Köln aus gerechnet: 60 Meilen = ca. 89 km].

Von der cura aquarum bis zur EU-Wasserrahmenrichtlinie – Fünf Jahre DWhG, Schriften der DWhG, Band 11, Siegburg 2007, 1. Halbband ISBN 978-3-8334-8433-9 / 2. Halbband ISBN 978-3-8334-8434-6 144 Christoph Ohlig, Die Wasserleitung zur Colonia Ulpia Traiana (Xanten) gleicher Stelle ersetzt. Die Reste eines kleinen funden bei Auskiesungen in jüngerer Zeit Amphitheaters dieses Lagers sind bis heute im abgesehen, fast vollständig verloren. Ortsteil Birten erhalten. Beim Aufstand der Bataver im Jahre 70 n. Chr. wurden die in Vetera I stationierten beiden Legionen ver- nichtend geschlagen und das Lager selbst vollständig zerstört.

Abb. 6: Legionslager Vetera II und Colonia Ulpia Traiana (nach: Heimberg/Rieche 1998, 32).

Nicht weit vom Fürstenberg entfernt in nord-

Abb. 5: Legionslager Vetera I auf dem Fürstenberg westlicher Richtung erhebt sich eine in der und frühe römische Siedlung zwischen der Pistley Antike von sumpfigem, feuchtem Gelände (alter Rheinarm) und der Limesstraße mit Hafen umgebene Niederterrasse mehrere Meter über (nach: Heimberg/Rieche 1998, 27). das Rheinuferniveau. Auf dem Scheitel dieser Terrasse verlief die strategisch äußerst wichti- ge Limesstraße, die von Südosten über Mainz Wenig später errichtete eine Ersatzlegion et- und Köln kam und nach Nordwesten über was weiter östlich am Fuß des Fürstenberges Kalkar (Burginatium) und Nijmegen ([Muni- ein neues Lager, Castra Vetera II (Abb. 6). cipium] Ulpia Noviomagus) bis Alphen a. d. Die Gründe für diesen Ortswechsel sind nicht Rhijn (Albaniana) in der Nähe der Nordsee- bekannt. Dieses Lager bestand bis zu den küste lief (Abb. 3, 6 und 7). Frankeneinfällen 275/276 n. Chr. Eine weitere wichtige Straße,6 die die Verbin- Da der Rhein im Verlaufe der folgenden Jahr- dung zum belgisch-gallischen Bereich hers- hunderte immer wieder sein Bett verlagerte, tellt, kam von Südwesten aus der Gegend gingen die Reste dieses Lagers, von Zufalls-

6 Schneider 1857, 1-6; Hagen 1931, 217 ff.

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Abb. 7: Ausschnitt aus der Karte von Joseph Hagen 1931, mit Eintragung von Vetera I und CUT, der Limesstraße von Südosten nach Nordwesten und der Verbindungsstraße mit dem belgisch-gallischen Raum.

von (wahrscheinlich Sablones) über an den Rhein hatte und von den Römern als Mediolanum (wahrscheinlich Pont bei Gel- Rheinhafen benutzt wurde (Abb. 5 und 8), dern), Kapellen und Sonsbeck und traf sowohl entstand schon in augusteischer Zeit eine klei- im Bereich von Castra Vetera I als auch, kurz ne Siedlung (vicus), die vom Germanenstamm vorher am Fuß der Hees (Abb. 6 und 7) nach der Cugerner bewohnt wurde. Es dürfte hier Norden abzweigend, im Bereich der späteren später aber auch einen Militärstützpunkt ge- CUT auf die Limesstraße, was die strategische geben haben, der vor allem die Schiffsanle- Bedeutung dieser Region als Knotenpunkt gestelle schützen sollte. Sie wurde, ebenso zweier wichtiger Straßen noch erhöhte. wie Vetera I, im Bataveraufstand 69/70 n. Zwischen der Limesstraße nordwestlich von Chr. völlig zerstört. Castra Vetera I und der sog. Pistley, einem verlandeten früheren Rheinarm, der über eine Die bald darauf an gleicher Stelle errichtete schmale Fahrrinne von Norden her Anschluss Folgesiedlung, deren erste Baustruktur noch

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Abb. 8: CUT mit Insula-Einteilung, Hafen und spätantiker Festung (Quelle: Grote 1995, 268).

nicht restlos erforscht ist, wurde dauerhafter rechtwinkliges Straßensystem (Abb. 8) dürfte und größer angelegt. Ihre günstige Lage am aus dieser Zeit stammen. Rhein und am Kreuzungspunkt zweier wichti- ger Straßen führte zu einem raschen Aufblü- Zahlreiche Großbauten wurden in der Folge- hen. Wahrscheinlich 98 n. Chr.7 erhielt sie zeit errichtet, wobei die Steine (Kalk- und von Kaiser Marcus Ulpius Traianus den Sta- Sandstein, Grauwacke, Schiefer, Tuff, Basalt tus einer colonia und hieß fortan Colonia Ul- und Trachyt) von weit entfernten Steinbrü- pia Traiana. Ihr für römische Städte typisches chen an Rhein (Eifel und Drachenfels) und Mosel bis aus Lothringen herangeschafft wer- den mussten. Marmor kam aus Italien, Grie- 7 Eck 2007, 120. chenland und Nordafrika. Der Bau der Stadt-

Von der cura aquarum bis zur EU-Wasserrahmenrichtlinie – Fünf Jahre DWhG, Schriften der DWhG, Band 11, Siegburg 2007, 1. Halbband ISBN 978-3-8334-8433-9 / 2. Halbband ISBN 978-3-8334-8434-6 Christoph Ohlig, Die Wasserleitung zur Colonia Ulpia Traiana (Xanten) 147 mauer konnte für die Zeit ab 106 n. Chr. waren,12 was dann auch für die Fernwasserlei- nachgewiesen werden. Sie war durch zahl- tung gelten könnte. Unabhängig von dieser reiche Türme und große Toranlagen am Ende Frage ist aber als erster Orientierungspunkt der großen Straßenachsen und durch vorgela- für eine Datierung der Wasserleitung festzu- gerte Gräben gesichert und fasste ein Areal halten, dass es spätestens bei der Inbetrieb- von 73 ha ein, das in 40 insulae eingeteilt ist nahme der Großen Thermen eine Leitung (vgl. Abb. 8). dorthin gegeben haben muss, weil diese sonst nicht hätten betrieben werden können. Das Forum8, das Kapitol (endgültiger Ausbau des dortigen Tempels in der 2. Hälfte des Die Franken bedrängten die CUT ab etwa 275 2. Jh.), die großen Thermen (Datierung s. u.), n. Chr. derart, dass das Stadtgebiet wahr- der Hafentempel (1. Hälfte des 2. Jh.) und das scheinlich zwischen 306 und 311 n. Chr. auf Amphitheater (Beginn 2. Jh. als Holzbau, den zentralen Bereich von 9 Insulae reduziert Ende des 2. Jh. als Steinbau mit Platz für ca. und außerordentlich stark mit Mauern, Gräben 10000 Besucher) beanspruchten ganze Insu- und Türmen befestigt wurde (Abb. 8). Die lae. Weitere Tempel, Handwerkerviertel und Großbauten innerhalb dieser Festung wurden Wohnbebauung, auch kleinere Badeanlagen möglicherweise in anderer Weise genutzt, und waren und sind Gegenstand der Forschung. die 30. Legion, deren Lager Castra Vetera II Eine Herberge mit einer Thermenanlage, die von den Franken ebenfalls schon zerstört in der Nähe des Amphitheaters stand, wurde worden war (s. o.), könnte in diese Festung vollständig rekonstruiert. Die Heizungsanlage verlegt worden sein. Steinmaterial aus den in diesen Herbergsthermen wurden zu um- Großbauten außerhalb der Festung, wie z. B. fangreichen experimentellen Untersuchungen aus dem Amphitheater, dürfte schon damals der Beheizung von Thermen genutzt.9 für die Befestigungsanlagen (wieder)verwen- det worden sein. 352 n. Chr. wurde aber auch Von besonderer Bedeutung sind im Zusam- die Festung von den Franken erobert. Belege menhang mit der Frage nach der Wasserver- für eine anschließend noch andauernde militä- sorgung der CUT die Großen Thermen (Insula rische Präsenz der Römer gibt es nicht, und 10). Dendrochronologische Untersuchungen nach 400 n. Chr. scheint das Gelände der von Hölzern aus dem Fundamentbereich füh- ehemaligen CUT auch von der Zivilbevölke- ren zu einer Datierung der Anlage auf das Jahr rung verlassen worden zu sein. 125 ± 5 n. Chr.10 Sie fällt damit in die Zeit des Kaisers Hadrian, der möglicherweise im Jahre Die systematische Zerstörung der CUT durch 121 oder 122 n. Chr. (auf seiner Reise nach Steinraub dürfte schon bald darauf begonnen Gallien, die Rheinprovinzen und Britannien) haben. Weil nämlich weite Flächen am Nie- selbst in der CUT war.11 Es wird diskutiert, ob derrhein von eiszeitlichen Grund- und Stauch- die Großen Thermen eine kaiserliche Stiftung moränen bedeckt sind, gibt es dort zwar viel Kies und Sand, aber keinerlei Steinmaterial.

12 Einige antike Quellen scheinen solchen Vorstellungen Nahrung zu geben, sind aber mit großer Vorsicht zu 8 Bau wahrscheinlich seit den 40er-Jahren des 2. Jh., s. behandeln: Eck 2007, 120. - Cassius Dio (Epit. 69,5,1): ‚... sowohl die verbündeten 9 Timmer, im Druck; Reichel im Druck; Schiebold 2006, als auch die besiegten Stämme unterstütze er in großar- 91 ff. tigster Weise ... Er brachte fast allen Nutzen: Denn 10 Zieling 1999, 24. diesen gab er Wasser(versorgung), jenen Häfen, Getrei- 11 Dies ist zwar nicht zu belegen, erscheint aber auf- de, Gebäude, Geld, anderen gab er andere Auszeichnun- grund von Cassius Dio (Epit. 69,9) möglich: ‚Als Had- gen.’. rian die Provinzen der Reihe nach musterte, inspizierte - Historia Augusta, Hadrianus 19,2: ‚In fast allen Städten er alle Gegenden und Städte; die Castella und Bollwerke ließ er Spiele veranstalten und etwas erbauen.’ untersuchte er sehr genau.’. Zu dieser Frage s. auch Schalles 1995, 423 f.

Von der cura aquarum bis zur EU-Wasserrahmenrichtlinie – Fünf Jahre DWhG, Schriften der DWhG, Band 11, Siegburg 2007, 1. Halbband ISBN 978-3-8334-8433-9 / 2. Halbband ISBN 978-3-8334-8434-6 148 Christoph Ohlig, Die Wasserleitung zur Colonia Ulpia Traiana (Xanten)

So wurde die aufgegebene antike Stadt zuerst 2. Die Wasserversorgung der CUT – Zum für den Aufbau der neuen Siedlung etwas Stand des Wissens weiter südöstlich, das heutige Xanten13, als „Steinbruch“ ge-/missbraucht. Im Mittelalter 2.1. Zisternen und Brunnen und bis in die Neuzeit wurden die Reste der CUT dann durch das Xantener Viktorstift, das Wie an vielen anderen Orten im römischen die Steine planmäßig ‚abbaute’ und ‚vermark- Reich wurde auch in der CUT Regenwasser tete’, regelrecht ausgebeutet, und dies so gesammelt und in Zisternen gespeichert (Abb. gründlich, dass im Bereich der ehemaligen 9). „Es sind Reste mehrerer kleinerer Zister- CUT oberirdisch kaum noch ein Stein auf nen zutage gekommen, die alle an den Stra- dem anderen blieb. ßenecken lagen und das Regenwasser von den Dächern auffingen. Zur Abdichtung ist der Die erste Beschäftigung mit den damals noch typische römische Wandputz aus Mörtel mit vorhandenen Resten der CUT als einer Ziegelmehl (Opus signinum) benutzt wor- archäologischen Stätte14 begann mit Stepha- den.“16 nus Pighius (1520 – 1603). Der Notar Philipp Houben (1767 – 1855) führte die ersten syste- matischen altertumskundlichen Untersuchun- gen und Grabungen durch, die dann später durch den Niederrheinischen Altertumsverein (ab 1877) weitergeführt wurden. Der Archäologische Park Xanten wurde 1977 eingerichtet. Er umfasste anfangs, wie bereits erwähnt, nur einen Teil der ehemaligen CUT, wird aber in absehbarer Zeit ungefähr mit der gesamten Fläche der römischen CUT iden- tisch sein.15

13 Der Name wird als aus dem lateinischen „ad sanctos“ abgeleitet (‚zu/bei den Heiligen’) und steht im Zu- sammenhang mit der Legende von römischen Offizieren aus dem 4. Jh. nach Chr., einer davon namens Victor, die, Christ geworden, sich geweigert haben sollen, den römischen Göttern zu opfern und deshalb in Castra Vetera hingerichtet worden sein sollen. Ihre Leichname Abb. 9: Rekonstruierte Zisterne in der CUT. sollen in einen nahegelegenen Sumpf geworfen worden sein. Victor wurde in Xanten schon bald darauf als Heiliger verehrt. Durch archäologische Untersuchungen Dies war aber nicht die einzige Versorgungs- unter dem Xantener Sankt-Viktor-Dom, mit dessen Bau 1263 begonnen wurde, konnte nachgewiesen werden, möglichkeit, denn ausweislich des Brunnen- dass sich an dieser Stelle bereits im 4. Jh. eine früh- und Zisternenplans (Abb. 10) wurden fast christliche Gottesdienst-Stätte befand. Ebenfalls aus dem überall, wo in der CUT archäologische Unter- 4. Jahrhundert stammen zwei männliche Skelette, die bei suchungen stattgefunden haben, Brunnen ge- den Ausgrabungen gefunden wurden. Dass es sich dabei funden.17 In den Höfen der Wohnhäuser sind um die Gebeine der Märtyrer handelt, ist äußerst un- wahrscheinlich. diese Brunnen rund oder quadratisch, häufiger 14 Die Entdeckungs- und Forschungsgeschichte der CUT wird hier nur stichwortartig behandelt. Ausführlichere Informationen in der Fachliteratur, z. B. Kunow 2006. 16 Heimberg/Rieche 1998, 57. 15 Zu Entstehungsgeschichte und Konzeption des APX 17 Der Plan zeigt den Stand von 1998. Bis heute wurden s. Precht 1978. zahlreiche weitere Brunnen gefunden.

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Abb. 10: Plan der bisher gefundenen Brunnen und Zisternen (nach Heimberg/Rieche 1998, 56).

aus Holz, seltener aus Stein oder Flechtwerk Dass sich die Bewohner der CUT auch, wenn gefertigt. Sie reichen bis zu einer Tiefe von nicht vorwiegend, mit Wasser aus Brunnen mehr als 7 m hinab.18 Im Gewerbeviertel am versorgt haben, kann nicht verwundern, denn Hafen wurden auch aus Weinfässern gefertig- hydrogeologische Untersuchungen der Xante- te Fassbrunnen gefunden. ner Region belegen hier eine hervorragende Grundwassersituation: 18 Knörzer/Meurers-Balke/Tegtmeier 1995, 111.

Von der cura aquarum bis zur EU-Wasserrahmenrichtlinie – Fünf Jahre DWhG, Schriften der DWhG, Band 11, Siegburg 2007, 1. Halbband ISBN 978-3-8334-8433-9 / 2. Halbband ISBN 978-3-8334-8434-6 150 Christoph Ohlig, Die Wasserleitung zur Colonia Ulpia Traiana (Xanten)

„Das Blattgebiet [4304 Xanten] liegt in der (Buch VIII, 6.1-2) theoretisch entwickelt grundwasserreichsten Landschaft Nordrhein- wurde, hat es aber weder in Pompeji noch in Westfalens. Sein Grundwasserreichtum ist an der CUT noch in anderen Städten gegeben.22 die kiesig-sandig entwickelten quartären Lo- ckergesteine gebunden. Sie bilden gemeinsam Weitere Indizien werfen noch mehr Schlag- mit den darunterliegenden tertiären Sanden lichter auf die innere Struktur der Wasserver- ein Grundwasserstockwerk. ... Die ergiebigs- sorgung der CUT: ten Grundwasserleiter des Blattgebietes sind – Der Plan (Abb. 10) zeigt sogar unmittelbar die Kiese und Sande der holozänen Rheinter- neben den Großen Thermen, die selbst sicher- rassen, der Niederterrassen und der Unteren lich durch die Fernwasserleitung versorgt Mittelterrasse 2. Letztere unterlagert in den wurden, sowohl einen Brunnen (im Nebenge- meisten Bereichen die jüngeren Terrassenkör- bäude an der Westseite der Insula) als auch per des Rheins. Diese Gebiete zählen zu den eine Zisterne (an der Südecke der Insula). wichtigsten für die Grundwassererschlie- – Auch die Thermen im Herbergsgebäude ßung.“ 19 (Insula 38), wo zweifellos eine größere Was- sermenge benötigt wurde, wurden durch einen Wie der Brunnenplan zeigt, wurden die Brun- Brunnen und nicht durch einen Anschluss an nen offensichtlich nicht nach einem über- die Fernwasserleitung versorgt: „Die Wasser- geordneten städtebaulichen Raster, sondern versorgung erfolgte über einen etwa 1,50 m dort angelegt, wo sie für den jeweiligen Be- nördlich des Feuerraumes befindlichen Brun- darf aus Sicht der Hausbesitzer am sinnvoll- nen. sten platziert waren. Nach dem Plan gibt es Die aufwendige Ausgrabung dieser Anlage außerdem weder einen Hinweis auf eine zent- brachte den untersten Steinkranz des Brun- rale, öffentliche Wasserversorgung noch auf nens zutage. Er bestand in der Antike aus einen Anschluss irgendeines der bis heute neun fein gearbeiteten Tuffsteinquadern und untersuchten Gebäude an eine Fernleitung. hatte einen Durchmesser von 1,54 m. Darun- Insofern ist der Darstellung von Heimberg ter befand sich ein unvollständiger Kranz von und Rieche, die für die CUT ein zentrales, 13, etwa 0,55 m langen Eichenbohlen. ... Der dreigeteiltes Wasserverteilungssystem (nach unterste Kranz, der aus 27, ca. 1,8 m langen, Vitruv, auch wenn sie seinen Namen nicht mit Nut und Feder zusammengehaltenen Ei- ausdrücklich nennen) postulieren, zu wider- chenbohlen besteht, war mit einem Durch- sprechen: „Der Aquädukt mündete an einem messer von 1,52 m vollständig erhalten und hohen Punkt in oder an der Stadt in den Ver- lag ca. 6 m unter dem heutigen Laufniveau. Er teiler, das sog. Wasserschloß (Castellum), um war in hellgrauen Schlick eingetieft...“.23 die nötige Energie für die Druckleitung be- reitzustellen. Von dort gingen vermutlich drei Über dem Brunnen wurde eine Schöpfanlage Stränge ab, Druckrohre aus Blei (Abb. 88) [20], mit Eimerkette rekonstruiert (Abb. 11). Die die bis zu 30 cm Durchmesser haben konnten. Herbergsthermen hatten zwei Bauphasen. Sie versorgten die Straßenbrunnen, verschie- C. Bridger, der die Ausgrabung der Anlage dene öffentliche Einrichtungen und ange- geleitet hat, datiert die Betriebszeit der ersten schlossene private Haushalte.“21 Ein derarti- Phase (auf der die Rekonstruktion beruht) in ges, nach Abnehmern getrenntes dreiteiliges die Zeit zwischen 135 (± 10) bis 175 (± 20) Versorgungssystem, wie es von Vitruv in n. Chr. In der 2. Phase stand an derselben seiner Schrift „De architectura libri decem“ Stelle eine verkleinerte Badeanlage mit ver- änderter Raumaufteilung, die aber ebenfalls

19 Klostermann 1989, 118. 20 Die in diesem Zitat genannte Abb. 88 zeigt ein klein- 22 Ohlig 2004. formatiges Bleirohr mit Absperrhahn aus Pompeji. 23 Bridger 1984a, 20. Genauere Angaben, Pläne und 21 Heimberg/Rieche 1998, 57 f. Zeichnungen bei Bridger 1989, 45 ff. und Abb. 16.

Von der cura aquarum bis zur EU-Wasserrahmenrichtlinie – Fünf Jahre DWhG, Schriften der DWhG, Band 11, Siegburg 2007, 1. Halbband ISBN 978-3-8334-8433-9 / 2. Halbband ISBN 978-3-8334-8434-6 Christoph Ohlig, Die Wasserleitung zur Colonia Ulpia Traiana (Xanten) 151 aus einem (anderen) Brunnen versorgt wurde. – Bei der Untersuchung eines Brunnens in Sie war zwischen 175 (± 20 Jahre) und 220 Insula 39 konnte dessen Verfüllung auf die (± 20 Jahre) n. Chr. in Betrieb.24 Zeit um 150 n. Chr. datiert werden.26 Wenn die Bauzeit der Fernwasserleitung im Zu- sammenhang mit den Großen Thermen be- stimmt werden kann, war der Brunnen min- destens noch zwei Jahrzehnte nach deren Bau weiter in Benutzung.

Die CUT scheint also während ihrer gesamten Lebenszeit durch Brunnen und Regenwasser- speicherung gut und ausreichend mit Wasser versorgt worden zu sein. Diese Versorgungs- struktur dürfte sich auch nach dem Bau bzw. durch den Bau der Fernleitung nicht grund- sätzlich verändert haben.27 Wenn die Fernlei- tung also nicht (oder nicht primär) für die Versorgung der städtischen Bevölkerung ge- baut wurde, könnte daraus als erste Arbeits- hypothese abgeleitet werden, dass sie für ei- nen oder wenige Großnutzer gebaut wurde, wofür nach bisheriger Kenntnis vor allem die Großen Thermen in Frage kommen.

2.2. Fernwasserleitung

Die erste Nachricht von einer Fernwasserlei- Abb. 11: Rekonstruktion der Schöpfvorrichtung tung zur CUT stammt vom Dombaumeister über dem Brunnen im Hof der Herbergsthermen im Cuno aus dem Jahre 1867. Sie wird 1911 von APX in Xanten. Das Wasser wird durch eine Eimer- Paul Steiner bestätigt und durch weitere In- kette in eine Rinne und von dort direkt in den nur wenige Meter entfernten, ebenfalls rekonstruierten formationen ergänzt. Wasserbehälter über dem praefurnium der Anlage 1959 wurde bei Ausschachtungsarbeiten für geleitet. Wohnhäuser in Xanten ein größeres Stück der Leitung gefunden und von Hermann Hinz sehr sorgfältig aufgenommen und dokumentiert, Die Bauzeit der Großen Thermen – und damit bevor die Leitung komplett abgetragen wurde. wohl auch die der dorthin führenden Wasser- leitung – ist, wie erwähnt, sehr genau auf 125 26 (± 5 Jahre) n. Chr.25 datiert. Die Herbergs- Knörzer/Meurers-Balke/Tegtmeier 1995, 111. 27 Eine solche Sichtweise hat sich z. B. für Pompeji thermen wurden also über den gesamten Zeit- durch die Untersuchungen von G. Jansen (Jansen 2002) raum ihres Bestehens trotz einer bestehenden ergeben. Jansen hat gezeigt, dass das Wasser in den Fernwasserleitung zur Colonia ausschließlich Häusern, die an die Fernwasserversorgung angeschlos- mit Wasser aus in unmittelbarer Nähe liegen- sen waren, nur in Ausnahmefällen für den Gebrauch in den Brunnen betrieben. Küchen und Bädern, vielmehr primär zur Versorgung der Springbrunnen in den Atria und Peristylia verwendet und anschließend in die Zisternen geleitet wurde. Alle Hauszisternen (ebenso wie die Zisternen in und unter öffentlichen Gebäuden) in Pompeji (und damit die 24 Bridger 1989, 55; 74; 79. Grundstruktur der Versorgung) blieben also auch nach 25 Zieling 1999, 24. der Einrichtung der Fernleitung in Gebrauch.

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Abb. 12: (Genordeter) Kartenausschnitt vom Bereich der Furth (in der Karte: Furth’sche Straße) zwischen Xan- ten und Sonsbeck mit Fundstelle der Leitung (1975) bei Labbeck in der Flur „Sarrenkath“ (Fundstelle) nahe des Quellbereiches am Forsthaus Hasenacker. Durch den Pfeil in der Bildmitte gekennzeichnet ist die von Steiner (1911) erwähnte Sandgrube (nach: Topographische Karte 1:25000, Blatt 4304, Xanten, Landesvermessungsamt Nordrhein Westfalen).

1975 wurde in der Nähe der Ortschaft Lab- unten gezeigt werden wird: einseitig) geprägt; beck (in der Flur „Sarrenkath“) in einem andererseits sind wichtige Details in ihnen leichten Abhang bei der Kiesentnahme für den später nicht mehr ausreichend beachtet wor- Straßenbau ein weiteres Stück der Wasserlei- den. Sie werden deshalb hier im Wortlaut tung gefunden. In dessen Nähe, am Forsthaus wiedergegeben: Hasenacker, befinden sich offensichtlich für diese Leitung gefasste und genutzte Quellen C. Cuno: „Ferner ist auf dem Wege von Xan- (heute Teichanlage, Abb. 12 oben links). ten nach Sonsbeck diesseits am Sonsbecker 2002 wird von Harald Berkel in den Xantener Berge das Ende einer Wasser-Rinne aus Berichten Nr. 12 eine Bestandsaufnahme aller Gussmauerwerk etwa 2' breit und hoch sich- bisherigen Kenntnisse über „Reste römischer tbar geworden. Dieselbe scheint unbedeutend Wasserleitungen bei Xanten“ vorgelegt. Er- gewesen zu sein, denn sie wurde nur 3' unter gänzende Informationen liefert Clive Bridger der Erde gefunden. Das Material war so hart, 2003. dass ein Stück von ungefähr 10' Länge auf 20' herunterfallend nicht zerbrach.“28

2.2.1. Ältere Nachrichten P. Steiner: „An der ‚Furth’, da wo der Weg um den Berg von dem über diesen nach Sons- Die beiden ältesten Beschreibungen haben das beck führenden südöstlich abbiegt, beobachte- Bild von der Xantener Wasserleitung einer- seits bis in jüngste Zeit nachhaltig (und, wie 28 Cuno 1867, 209.

Von der cura aquarum bis zur EU-Wasserrahmenrichtlinie – Fünf Jahre DWhG, Schriften der DWhG, Band 11, Siegburg 2007, 1. Halbband ISBN 978-3-8334-8433-9 / 2. Halbband ISBN 978-3-8334-8434-6 Christoph Ohlig, Die Wasserleitung zur Colonia Ulpia Traiana (Xanten) 153 te ich hoch in der Böschung (die von einer nördlich“) und seine Vermutung, dass diese alten Sandgrube zum Teil abgegraben ist) bis an die Straße gegangen sei, denn in einer etwa 3 m unter der Oberfläche ein Mauerwerk späteren Rekonstruktion der Leitungstrasse in Guss (Ziegelkleinschlag in Kalkmörtel) von biegt diese schon deutlich vor der Straße zwi- beiläufig 1 m, oben nur etwa 60 cm Stärke, schen Xanten und Sonsbeck Richtung Xanten das auf einem Sockel aus rohem Bruchge- ab (vgl. Abb. 27). Wäre diese Vorstellung stein, darunter Tuff, Basalt, Trachyt und an- richtig, könnte die Leitung, die wohl kaum in ders mehr ruht (es ist also in der Konstruktion einem 90°-Knick, sondern eher in einem grö- verwandt mit der unter 54 erwähnten Wasser- ßeren Bogen verschwenkt worden sein dürfte, leitung). Die Mauer läuft süd-nördlich, ist die nahe der Straße gelegene Sandgrube nicht mehr als 2 m aus der Grubenwand herausste- und schon gar nicht in der von Steiner berich- hend sichtbar und bricht dann ab. Sie senkt teten Ausrichtung („süd-nördlich“, vgl. Abb. sich etwas im Verlauf auf die Straße zu. Ich 12) erreicht haben. vermute hier die Reste einer Wasserzuführung für einen Straßenbrunnen.“ 29 4. Ebenfalls untergegangen ist in der späteren Diskussion30 die von Steiner vermutete „Ver- Diese Beschreibungen sind aus mehreren wandtschaft“ zwischen dieser Leitung an der Gründen bedeutsam: Furth und dem Fund Nr. 5431, den er folgen- 1. Wie die Karte (Abb. 12) zeigt, handelt es dermaßen beschreibt: „Bei 54 habe ich Juni sich bei der in Cunos Erwähnung nicht genau 1905 eine Mauerung beobachtet und vermes- lokalisierten Fundstelle („auf dem Wege von sen, die bei Anlage einer Kellergrube zum Xanten nach Sonsbeck diesseits am Sonsbe- Vorschein kam, und die ich nur als den (frei- cker Berge“) vermutlich um denselben Lei- lich äußerst starken) Unterbau einer Wasser- tungsabschnitt, den Steiner ebenfalls be- rohrleitung erklären kann: Auf einem rohen schreibt („An der ‚Furth’, da wo der Weg um Fundamentsockel aus Brocken von Trachyt, den Berg von dem über diesen nach Sonsbeck Tuff und Grauwacke erhob sich ein Guss- führenden südöstlich abbiegt“). mauerwerk von 37 cm Höhe, darauf war aus Ziegelkleinschlag in Kalkmörtel eine flache 2. Beide Autoren sprechen von einer „Wasser- Rinne gelegt, die mir als das Bett für die Roh- Rinne aus Gussmauerwerk“ bzw. „Mauerwerk re gedient zu haben schien. Von letzterer fand in Guss (Ziegelkleinschlag in Kalkmörtel)“, ich keine Spur mehr, Kalksinter wurde jedoch deren Maße Cuno mit ca. 2' x 2' angibt, Stei- allenthalben beobachtet.“32 ner mit „60 cm Breite oben“. Zusätzlich be- An anderer Stelle ergänzt er: „Ist die Stelle schreibt Steiner das Fundament sehr detail- der oben ... für den Rest einer Wasserleitung liert. Sowohl diese Materialbeschreibung angesprochenen Substruktion. Eine Mauer in („Guss“/„Ziegelkleinschlag“), das angegebene Mörtelguss auf rohem Fundament aus Grau- Maß als auch der Aufbau (Gussrinne auf mas- wacke und anderen Bruchsteinen.“33 sivem Fundament) haben das Bild von der Xantener Wasserleitung, wie unten gezeigt wird, so nachhaltig geprägt, dass offensichtli- che Widersprüche zwischen diesem Bild und später zutage gekommenen archäologischen

Befunden nicht wahrgenommen wurden. 30 Anders erstmals wieder Berkel 2002, 136. 31 Ausweislich der Karte und der Beschreibung von Hinz 3. Später zu wenig beachtet wurde die Rich- (Hinz 1959, 134; 141ff.) befindet sich dieser Fundort tungsangabe der Leitung bei Steiner („süd- Nr. 54 in unmittelbarer Nähe der Stelle, an der Hinz 1959 ebenfalls Leitungsreste dokumentiert hat (s. Kap. 2.2.2.). 29 Steiner 1911, 23. Die im Text erwähnte Ziffer 54 32 Steiner 1911, 19. bezieht sich auf eine Markierung in seiner Karte. 33 Steiner 1911, 23.

Von der cura aquarum bis zur EU-Wasserrahmenrichtlinie – Fünf Jahre DWhG, Schriften der DWhG, Band 11, Siegburg 2007, 1. Halbband ISBN 978-3-8334-8433-9 / 2. Halbband ISBN 978-3-8334-8434-6 154 Christoph Ohlig, Die Wasserleitung zur Colonia Ulpia Traiana (Xanten)

2.2.2. Die Leitung am Holzweg in Xanten und an einzelnen Stellen zeichneten sich auch noch die Abdrücke von Brettern ab. Sie war Im Oktober 1959 wurde die römische Wasser- außerordentlich fest und bestand aus einem leitung in mehreren benachbarten Baugruben, Gemisch aus grobem Ziegelkleinschlag, Tra- die damals noch von Hand ausgehoben wur- chytkleinschlag und einzelnen kleinen Stü- den, an der Straße „Holzweg“ in der Nähe des cken Basalt.“34 Xantener Friedhofes gefunden (Abb. 16). Wie der Archäologe Hermann Hinz berichtet, war- en die Leitungsreste in einem schon sehr stark zerstörten Zustand, nach seiner Meinung wohl das Ergebnis des Steinraubs im Mittelalter. Erhalten war wenig mehr als das Fundament und die Sohle der Fließrinne (Abb. 13 bis 15). Da diese Leitungsreste oberhalb des geplanten Niveaus der Kellersohlen lagen, wurden sie nach der Untersuchung durch Hinz von den Grundstückseigentümern vollständig abgetra- gen. Dank der sehr genauen Untersuchungen, Be- schreibungen und Zeichnungen von Hinz lässt sich ein klares Bild von den Befunden gewin- nen. Im Lichte der einige Jahre später aufge- tauchten Befunde in Labbeck und neuer Beob- achtungen lässt sich aber schon jetzt sagen, dass die Hinz’schen Interpretationen teilweise Abb. 13: Wasserleitung in einer Baugrube am Holz- weg in Xanten; Oktober 1959 (Quelle: Hinz 1959, revidiert bzw. dass Fragen, die Hinz offen 17). lassen musste, jetzt beantwortet werden kön- nen. Die Oberfläche dieser sog. Schwelle war nicht Aus den umfangreichen Befundbeschreibun- geglättet, sondern offensichtlich mit Absicht gen von Hinz werden hier nur solche Angaben rau gelassen, um eine bessere Verbindung aufgeführt, aus denen die Baugeschichte der sowohl mit dem später aufgetragenen hy- Wasserleitung erschlossen werden kann, um draulischen Verputz als auch mit den seitlich daraus abgeleitet eine Neuinterpretation zu aufgesetzten „Leisten“ (Abb. 14 und 15, Nr. versuchen: 4) zu bekommen, wie Hinz die Reste der Sei- tenwangen der Fließrinne nennt. Diese waren 1.) Hinz unterscheidet zwischen einer älteren aus demselben Material, hafteten aber so (Abb. 14, Nr. 6 und 10) und einer jüngeren schlecht auf dem Untergrund, dass „ganze (Abb. 14 und 15, Nr. 7) Ausbruchsgrube. Strecken der Leisten im Block abzuheben“35 waren [mit der Spitzhacke]. Eine weitere Be- 2.) In Abb. 14 ist das Fundament nicht einge- obachtung von Hinz hat für seine Interpretati- zeichnet, sondern mit der Nr. 2 („Tuffsockel“) on große Bedeutung: „Sie [die Leisten] stan- nur angedeutet. Darüber beginnt dann der den aber an verschiedenen Stellen soweit Teil, auf dessen Analyse sich Hinz sehr stark über, dass die Hälfte der Leiste nicht auf der konzentriert: „In der Mitte dieses Sockels Schwelle, sondern auf der verfüllten Erde [Fundament] saß eine im Idealquerschnitt gedrungen rechteckige Schwelle aus Guss- mauerwerk [Nr. 3], die in Verschalung gegos- 34 Hinz 1959, 135. sen worden war, denn sie besaß gerade Wände 35 Hinz 1959, 137.

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Abb. 14: Befundzeichnung Parzelle 655/54 (Hinz 1959, 136).

der seitlichen Grube ruhte. ... In dieser Parzelle machte der Kanal einen leicht- en Knick. Die Schwelle und der Ober- bau bogen aber nicht an der gleichen Stelle ein. In der Parzelle 655/54 knick- te nur die Schwelle ganz leicht ein, während die Rinne darüber fast gerade durchgeführt wurde. ... In den Raum zwischen diesen beiden seitlichen Leis- ten ... war das eigentliche Kanalbett aus grob-kleinstückigem Ziegelkleinschlag und mit Rotmörtel gegossen. ... An den besser erhaltenen Stellen waren aber zwei Viertelrundstäbe, die eine knapp 20 cm breite Bodenzone begrenzten,

Abb. 15: Befundzeichnung Parzelle 653 (Hinz 1959, 138).

gut zu erkennen. Auch diese Rotmör- telbettung war mit der Schwelle nicht besonders fest verbunden und konnte leicht davon getrennt werden.“36 Reste von Schieferplatten in der Aus- bruchsgrube wiesen auf eine ursprüng- liche Plattenabdeckung der Leitung hin.37 Hinz glaubt, dass in dieser Leitung zwei Bauphasen unterschieden werden müss- ten: Für ihn gehört der gesamte Unter- bau, also die Stickung38 (Abb. 15, Nr. 1), der „Tuffsockel“ (Abb. 15, Nr. 2 und die „Schwelle“ (Abb. 14/15, Nr. 3) zu einer ersten Bauphase mit einer

36 Hinz 1959, 137. 37 Hinz 1959, 140. 38 Mit dem Begriff „Stickung“ wird (vorwiegend in archäologischer Literatur) die unterste Schicht einer Straße oder eines Bauwerks bezeichnet (etwa gleichbe- deutend mit Grundlage, Packlage, Ausgleichsschicht). Sie besteht aus einer Lage großformatiger, meist hoch- kant in den Untergrund gesteckter Bruchsteine.

Von der cura aquarum bis zur EU-Wasserrahmenrichtlinie – Fünf Jahre DWhG, Schriften der DWhG, Band 11, Siegburg 2007, 1. Halbband ISBN 978-3-8334-8433-9 / 2. Halbband ISBN 978-3-8334-8434-6 156 Christoph Ohlig, Die Wasserleitung zur Colonia Ulpia Traiana (Xanten) deutlich größeren Leitung. Der obere Teil, wozu die „Leisten“ (Abb. 14/15, Nr. 4), die „Rotmörtelbettung“ (Abb. 14/15, Nr. 5) und Flickungen gehören, die er an einigen Stellen erkannt zu haben glaubt, gehören für ihn in eine spätere Phase mit einer deutlich kleineren Leitung, die auf die ältere, zuvor abgeschrote- te Leitung aufgesetzt wurde.

Vor allem solche Stellen wie in Abb. 14 auf der Nordseite (rechts), wo die Leiste auf Ver- füllungsschichten steht, „die sich durch Mör- telbruch und Tuffreste als Ausbruchsschutt ausweisen“39 und nicht auf dem festen Unter- bau, können „wohl nur so gedeutet werden, dass dieser Schutt bei dem Guß der Leisten schon bestanden hat. Der Ausbruch muss also römisch sein.“40

3.) Hinz nennt als weiteren Grund, der seiner Ansicht nach für zwei Bauphasen der Wasser- leitung spricht, das Missverhältnis zwischen der Breite des Fundaments (nach der Zeich- nung ca. 135 cm) und der „ziemlich beschei- denen Rinne“41 („knapp 20 cm breite Boden- zone“). Abb. 16: Verlauf der Leitungstrasse von den Resten Hinz berichtet im Anschluss an die Beschrei- am Holzweg (1) über die von Steiner erwähnte Stelle bung der Wasserleitung von weiteren Funden 54 (hier 2/3) zu einem über eine Senke führenden aus dem Jahr 1960. Dabei handelt es sich um Aquädukt mit zahlreichen Pfeilerfundamenten (4 bis 8). Fundamentreste von Brückenpfeilern, die mit den gefundenen Resten der Wasserleitungs- rinne eindeutig in Zusammenhang stehen und eine Rekonstruktion der Leitungstrasse weiter nach Norden erlauben (Abb. 16). Mehrere dieser Fundamenblöcke wiesen eine Seiten- länge von 1,80 m und waren z. T. noch bis 1,20 m Höhe erhalten (vgl. Abb. 52).42

Dass bei dieser Breite das Missverhältnis zwi- schen Fließrinne und Unterbau noch viel stär- ker wird (Abb. 17), wird von Hinz nicht the- matisiert.

39 Hinz 1959, 138. 40 Hinz 1959, 139. 41 Hinz 1959, 139. Abb. 17: Missverhältnis von Leitungsgröße und 42 Hinz 1959, 145 f. Breite der Aquäduktpfeiler.

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4.) In einer späteren Publikation versucht in der oberen Hälfte in Mörtel. Die noch 50 – Hinz, die Wasserleitung beim Übergang vom 60 cm hoch erhaltenen Rinnenwangen wurden unterirdischen Kanal zum Aquädukt zu re- mittels Verschalung aus opus caementitium konstruieren (Abb. 18). Dabei nimmt er aber (Ziegel-, Granit-, Basaltkleinschlag in Mörtel) auf die auffälligen Differenzen zwischen der gegossen, ihr Boden ist 10-20 cm stark, die Breite der Fließrinne und der Breite des Lei- Seitenwangen 15-20 cm dick, bisweilen auf tungsfundamentes bzw. der der Aquäduktpfei- jeder Seite verschieden. Die Rinne selbst hat ler keine Rücksicht und stellt die Fließrinne eine lichte Breite von 20-30 cm und eine er- außen mit behauenen Quadern verkleidet dar. haltene Höhe von etwa 40 cm. Der wasserfüh- In dieser Form widerspricht die Rekonstrukti- rende Teil war mit wasserdichtem Mörtel on in wichtigen Aspekten den Befunden bzw. verputzt. In den beiden unteren Ecken der lässt sich aus ihnen nicht ableiten. Rinne findet man die charakteristischen Vier- telrundstäbe. Die Leitung war mit Schiefer- platten abgedeckt, ihr Gefälle betrug auf 100 m 0,2 m. ... Die Leitung ist teils bei Aus- kiesungsarbeiten herausgerissen worden, teils ergraben, teils mit Bohrsonden ermittelt.“44 (Abb. 19 bis 22).

Auch hier wird die Leitung also, wie schon bei Cuno, Steiner und Hinz (2. Phase) im we- sentlichen als (breiterer) Sockel mit darauf

Abb. 18: Rekonstruktion der Xantener Wasserlei- sitzender (schmalerer) Rinne beschrieben, tung (nach Hinz 1971, 48). obwohl, anders als bei den von Hinz gefunde- nen Leitungsfragmenten, seitlich der eigentli- chen Fließrinne, also weit über den sog. So- 2.2.3. Die Leitung in Sonsbeck-Labbeck ckel hinaus (teilweise bis an den oberen Rand der Fließrinne), Mauerwerk zu erkennen ist Im Sommer 1975 sollte die Straße nach Lab- (Abb. 19 bis 21). beck (vgl. Abb. 12, oben links), einem zur Gemeinde Sonsbeck gehörenden Dorf, aufge- Im Anschluss an die kurze Baubeschreibung höht werden. Weil auf der Ostseite der Straße setzen sich Wegner/Heimberg mit den älteren in dem sanft ansteigenden Gelände (eiszeitli- Funden von Wasserleitungsfragmenten ausei- che Moräne) genügend Kies zur Verfügung nander und versuchen eine Einordnung des stand, wurde dort der Mutterboden abgescho- Neufundes. Dabei glauben sie, dass die Lei- ben, um den darunterliegenden Kies auf kur- tung von den Quellen am Hasenacker über die zem Weg zur Baustelle bringen zu können. Fundstelle (Abb. 12) bis zur Furth und von Bei diesen Abgrabungsarbeiten kam in der dort oberirdisch bis zum Fuße der Hees führ- Flur „Sarrenkath“ ein längeres Stück einer te45 und sich dort in der von Hinz festgestell- römischen Wasserleitung zum Vorschein. ten Trasse fortsetzte. „Eine zweite Möglich- Der Befund wurde von H.-H. Wegner und U. keit soll wenigstens angedeutet werden: eine Heimberg aufgenommen und in mehreren getrennte Führung beider Leitungen. Jene kleineren Aufsätzen publiziert.43 zweiperiodige, die vom Xantener Holzweg Die Angaben der Bearbeiter zur Leitung selbst zum Südosttor der Colonia verläuft, wäre von sind äußerst knapp: „Der knapp 1 m breite den Quellen der Hees gespeist worden. Die und 40 cm hohe Sockel besteht in der unteren Hälfte aus einer Blaubasaltstickung in Sand, 44 Wegner/Heimberg 1977, 717. 45 Diese Überlegung wurde durch spätere Untersuchun- 43 Wegner und Wegner/Heimberg 1976 – 1978. gen bestätigt, vgl. Kap. 2.2.4.1.

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Leitung vom Sonsbecker Berg, zu der die neuen Aufschlüsse gehören und vermutlich jener älteste in der Sandgrube, hätte dann die Straße bis zum Westausläufer der Hees be- gleitet [vgl. Abb. 7], wäre dann aber wie die moderne – und bereits römische – Straße nach Norden abgebogen, um am Südwesttor in die Stadt einzumünden.“46

Abb. 21: Dieselbe Situation wie in Abb. 20 mit Blick- richtung von der anderen Seite (Böcking 2005, 263).

Abb. 19: Fragment der Leitung an der Saarrenkath. (Wegner/Heimberg 1977, 179 und 1976, 159).

Abb. 22 Schieferplattenfragmente in der Fließrinne in situ (Wegner/Heimberg 1976, 159).

Ein Stück der an der Sarrenkath gefundenen Wasserleitung wurde (teilweise) restauriert und steht heute im APX (Abb. 23). Ein weite- rer Abschnitt aus ursprünglich drei (Längen:

Abb. 20: Die Leitung an der Sarrenkath in situ. 4,65 m; 4,15 m; 3,05 m) jetzt noch zwei Teil- (Wegner/Heimberg 1978, 36). stücken, steht hinter dem Rathaus der Ge- meinde Sonsbeck (Abb. 24). Ein dritter Ab- schnitt steht im Garten des Landgasthofes Abb. 22 zeigt, dass die Hypothese “Die Lei- Stratmann in Labbeck47 (Abb. 25), und ein tung war mit Schieferplatten abgedeckt“, ähn- lich wie am Holzweg, auf dem Fund weniger 47 Bruchstücke beruht. Der Gasthof Stratmann in Labbeck war im Jahre 1975 der einzige Gasthof in der Nähe der Baustelle. Daher verbrachten die Bauleute ebenso wie die Archäologen 46 Wegner/Heimberg 1977, 720. ihre Pausenzeit manchmal hier. Herr Stratmann erhielt

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Teilstück vom Rathaus in Sonsbeck wurde im Anscheinend wurden alle Fragmente bei Ent- Jahr 2006 an das Forsthaus Hasenacker ver- nahme und Transport an andere Orte in der bracht (Länge: 3,05 m) (Abb. 26). Weise beschädigt, dass ursprünglich noch in größerem Umfang vorhandenes, vielleicht nicht mehr fest anhaftendes Mauerwerk an den Seiten abgebrochen und verlorengegan- gen ist.48 Wer deshalb den heutigen Zustand nur oberflächlich und ohne Kenntnis der Fotos von der Originalsituation betrachtet, wird den Eindruck einer schmalen Rinne aus Guss- mauerwerk auf breiterem Sockel bestätigt finden (Abb. 23 bis 26).

Abb. 23: Leitungsfragment im APX von vorne.

nach Abschluss der Arbeiten die Erlaubnis, Stücke der Leitung für eine geplante Teichanlage in seinem Garten Abb. 24 Leitungsfragment an der Gommanschen zu bergen, auf die weder die Archäologen noch der Mühle hinter dem Rathaus in Sonsbeck. Grundbesitzer Wert legten. So fügte er hier drei kleinere Fragmente zu einem längeren Abschnitt zusammen, der Wasser in einer Teich leiten sollte, und ließ über die ganze Anlage ein Schutzdach sowie einen Treppenüber- gang bauen. Eine Informationstafel klärt Besucher über das Bauwerk auf. Auch wenn die stark veränderte Form der Fließrinne kritisiert werden könnte, gebührt Herrn Stratmann großer Dank für seine Initiative, denn das mit Ausnahme der Fließrinne größtenteils im Originalzu- stand belassene Bauwerk gibt Auskunft über Detailfra- gen, die an den anderen Stücken nicht oder nicht mehr 48 Dies wurde dem Verfasser von Herrn Stratmann be- so gut erhalten sind. stätigt.

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Abb. 25: Leitungsfragment am Landgasthof Strat- mann in Labbeck mit einer Treppe zum Übergang auf die andere Kanalseite. 2.2.4. Die Bestandsaufnahme von Berkel und die ergänzende Beschreibung von Bridger

Im Jahre 2002 legte H. Berkel eine umfassen- de und sorgfältig recherchierte Bestandsauf- nahme aller Fundstellen zu den Wasserlei- tungen im Xantener Raum vor. C. Bridger wiederum veröffentlichte in einem 2003 erschienenen Sammelband zur Ge- schichte der Gemeinde Sonsbeck ergänzende Informationen zur Leitung an der Sarrenkath mit einer Profilzeichnung (Grabungsschnitt). Beide Autoren sind Mitarbeiter der Außen- stelle Xanten des Rheinischen Amtes für Bo- dendenkmalpflege (RAB) und haben deshalb auch Zugriff auf unveröffentlichte Unterlagen. Mit ihren Publikationen dokumentieren sie den Stand der Forschung und ermöglichen wichtige weitere Einsichten.

gegenüberliegende Seite:

Abb. 27: Plan der Fundstellen zu den römischen Wasserleitungen (Ziffern 25 bis 44) mit Eintragung Abb. 26: Leitungsfragment am Forsthaus Hasen- von möglicherweise zur Versorgung der CUT er- acker. schlossener Quellen (Q 1 bis Q 11) (nach Berkel 2002, 131).

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2.2.4.1. Der Beitrag von Berkel Schüttung dieser Quelle ist diese Fragestel- lung aber von untergeordneter Bedeutung.50 Die hier farbig markierte Karte von Berkel (Abb. 27) zeigt die von Wegner/Heimberg be- In einem Punkt ist Berkel jedoch nicht zuzus- schriebene Fundstelle in der Nähe des Forst- timmen: Er ordnet die Bemerkung von Steiner hauses Hasenacker (und die Ergebnisse der vom Fund der Leitung in einer Sandgrube weiteren Untersuchungen in diesem Bereich) einer heute weitgehend überwachsenen Sand- sowie die von Hinz beschriebene Fundstelle grube zu (Abb. 28, Nr. 2) und lässt die Lei- im Stadtgebiet in blau. Hellgrün wird zum tung von dort aus, also deutlich vor Erreichen einen die logische Verbindung zwischen die- der heutigen Landstraße 480, mit Richtung sen Fundstellen dargestellt, zum anderen, und auf Xanten nach Nordosten umschwenken damit geht Berkel über die Befunddarstellung (Abb. 27). Folgerichtig hat er dann aber hinaus, die Verbindung zu Quellen (Q 6 bis Schwierigkeiten mit der Richtungsangabe Q 11), die für die Leitung zur CUT gefasst Steiners („Die Mauer läuft süd-nördlich...“51) worden sein könnten. Dunkelgrün wird eine und meint, „dort hätte die Leitung allerdings alternative, zur Zeit noch nicht archäologisch ... einen West-Ost ausgerichteten Verlauf belegte Leitungstrasse zur Colonia (Große zeigen müssen.“52 Thermen) hinzugefügt, die entlang einer Rö- merstraße verläuft (vgl. Karte Hagen, Abb. 7).

Neben der Auflistung der Fundstellen der Leitung von der Sarrenkath (Labbeck) zur Colonia beschäftigt sich Berkel schwer- punktmäßig mit einer in Abb. 27 hellbraun dargestellten Trasse im Bereich des Waldge- bietes „Hees“ zur Versorgung der beiden Le- gionslager Castra Vetera I und II. Die Versor- gung der beiden Lager spielt für das hier vor- gestellte Forschungsprojekt, das sich aus- schließlich mit der Frage der Wasserversor- gung der CUT beschäftigen will, aber keine Rolle. Diskutiert werden müsste lediglich die Einbeziehung der sog. „Drususquelle“ am Abb. 28: Kartenauschnitt mit Lage von zwei Sand- gruben in der Nähe der Furth am „Sonsbecker Berg“ Westhang der Hees in das Versorgungssystem (Quelle: s. o.). (in Abb. 27 Q 3). Die Nutzung dieser Quelle zur Versorgung der CUT haben auch schon Hinz, Wegner/Heimberg und andere vorge- 50 Hinzu kommt, dass im Heesgebiet im 2. Weltkrieg schlagen. Von ihrer Höhenlage her könnte das eine unterirdische Munitionsfabrik existierte und der Wasser dieser Quelle problemlos auf der in Hügel unterirdisch ebenso von einem dichten System von Stollen wie oberirdisch von einem engen Straßen- gelb eingetragenen Trasse in ein Sammel-/ und Wegenetz durchzogen war. Die Stolleneingänge Verteilerbecken im Verlauf der Haupttrasse wurden nach dem Krieg vermauert. Das gesamte Stra- (Abb. 27, roter Punkt) eingespeist worden ßen- und Wegenetz musste auf Anweisung der Besat- sein. Wenn nicht schon immer, so dürfte dies zungsmächte entfernt und renaturiert werden. Dabei spätestens nach Aufgabe der beiden Legions- wurden, wie schon beim Bau der Straßen, erneut so 49 großflächige Erdbewegungen durchgeführt, dass man lager geschehen sein. Aufgrund der geringen bei Funden z. B. von tönernen Leitungsrohren aus römi- scher Zeit nur mit größter Vorsicht auf deren Original- position zurückschließen und daraus Folgerungen be- 49 Ein vom Verfasser festgestellter eindeutiger Hinweis züglich eines Trassenverlaufes ableiten kann. auf eine römische Quellfassung der Drususquelle kann 51 Steiner 1911, 23. hier nicht weiter erläutert werden. 52 Berkel 2002, 142.

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Wenn Steiner aber die in Abb. 28 mit der Ziffer 1 markierte frühere Sandgrube ge- meint hat, die heute als Lagerstätte für Grünabfälle der Gemeinde Sonsbeck53 genutzt wird und kaum noch als Sandgru- be zu erkennen ist, stimmt nicht nur seine Richtungsangabe viel besser, sondern nur dann passen auch die beiden Ortsbe- schreibungen von Cuno („auf dem Wege von Xanten nach Sonsbeck diesseits am Sonsbecker Berge“) und Steiner („An der ‚Furth’, da wo der Weg um den Berg von dem über diesen nach Sonsbeck führenden südöstlich abbiegt“). Dieser Hinweis mag auf den ersten Blick unbedeutend erscheinen, die Ausrichtung der Wasserleitung gerade an dieser Stelle hat aber, wie später gezeigt werden wird, für Überlegungen zu einer erweiterten Trassenführung eine erhebliche Bedeu- tung.

2.2.4.2. Der Beitrag von Bridger Abb. 29: Profilzeichnung der Fundstelle an der Sar- renkath (Bridger 2003, 17).

Nach einer kurzen Beschreibung der Fund- umstände nennt C. Bridger folgende Daten wurde und der er seine z. T. erheblich ab- der Leitung an der Sarrenkath: „... Abschnitte weichenden Maßangaben entnommen haben eines im Querschnitt U-förmigen Kanals, dürfte (Abb. 29). Leider fehlt hier die Legen- dessen wasserführende Rinne auf einem bis de zu den Ziffern in der Profilzeichnung, aber 1,15 Meter breiten Fundament aus in Kalk- die meisten können durch die Symbole zu- mörtel gegossenem Natursteinbruch ruhte.“ ... geordnet werden. „Auf dem Fundament verlief die eigentliche

Leitung, die aus 0,55-0,60 Meter hohen Wan- Aus der Zeichnung lassen sich einige wichtige gen und einem 0,10-0,20 m starken Boden Aspekte erschließen: bestand. Sie wurde aus einem sehr festen 1. Das Fundament ist breiter als von Wegner/ Gussmauerwerk mit Ziegel-, Trachyt- und Heimberg angegeben. Basaltkleinschlag hergestellt. ... Die Rinne 2. Die dank der Schichtungen deutlich zu wies eine lichte Breite von etwa 0,26 Metern erkennende Grube im anstehenden Kies ist und eine Tiefe von 0,27 Metern auf. Abge- wahrscheinlich nicht die Baugrube, sondern deckt wurde der Kanal mit Schieferplatten.“ dürfte diejenige sein, die Steinräuber (im Mit-

telalter?) gegraben haben. Die wahrscheinlich Der Autor veröffentlicht zusätzlich zu diesen nur fundamentbreite antike Baugrube lässt Angaben eine Profilzeichnung, die wahr- sich deshalb wohl nicht mehr erkennen. scheinlich von Wegner/Heimberg angefertigt 3. Wenig oberhalb der in der Tiefe zurückge-

lassenen Steinschichten neben der Fließrinne ebenso wie unmittelbar oberhalb der Fließrin- 53 Frdl. Mitteilung von Herrn Johannes Peters, Bauamts- ne sind Humusschichten und Schlick zwi- leiter der Gemeinde Sonsbeck.

Von der cura aquarum bis zur EU-Wasserrahmenrichtlinie – Fünf Jahre DWhG, Schriften der DWhG, Band 11, Siegburg 2007, 1. Halbband ISBN 978-3-8334-8433-9 / 2. Halbband ISBN 978-3-8334-8434-6 164 Christoph Ohlig, Die Wasserleitung zur Colonia Ulpia Traiana (Xanten) schen darüber und darunter liegenden Sand- Sie lag auf einem Fundament aus Grau- und Kiesschichten zu erkennen. Dies kann nur wacke-, Basalt- und Tuffsteinbrocken, die aus bedeuten, dass das Bauwerk nach dem Stein- der Eifel mit Schiffen an den steinarmen Nie- raub, dem ein großer Teil des ursprünglichen derrhein gebracht worden sein müssen. Die Mauerwerks zum Opfer gefallen ist, eine Zeit Rinne mit einer lichten Weite von 23 cm war lang offen dagelegen hat, bis sich allmählich innen ganz mit Opus signinum ausgekleidet, eine Humusschicht gebildet und Schlick aus wobei in den unteren Ecken ein deutlicher dem durch Niederschläge eingeschwemmten Viertelrundstab ausgeformt war. ... Bei der Material abgesetzt hatte. Später dürfte nach- Xantener Wasserleitung handelt es sich um rutschender Sand und Kies den Graben immer ein Bauwerk der durchaus üblichen[57] Grö- weiter verfüllt haben. ßenordnung.“58

3.1. Erste Beobachtungen an den ausgegra- 3. Neue Beobachtungen und kritische Ana- benen Leitungsfragmenten lyse der bisherigen Interpretationen Das oben skizzierte Bild von der Xantener Seit der ersten Erwähnung durch Cuno im Wasserleitung (breiterer Sockel, darauf Jahre 1867 bis hin zu der jüngsten Beschrei- schmalere Rinne aus rötlichem Gussmauer- bung von C. Bridger ist ein Bild von der Xan- werk) wird sofort fragwürdig, wenn man z. B. tener Wasserleitung entstanden, das sich im das Leitungsfragment im APX nicht von vor- wesentlichen auf ein Bauwerk verengt, das ne (Abb. 23), sondern von der Seite betrachtet aus einem breiteren Sockel und einer darauf (Abb. 30). aufsitzenden schmaleren Fließrinne aus rötli- chem Gussmauerwerk besteht.

Diese vermeintliche Eindeutigkeit ist viel- leicht auch der Grund dafür, dass es bislang keine systematische Untersuchung und keinen grobem Ziegelsplitt besteht, ist an/in keinem Bauwerk in Vergleich der noch vorhandenen Leitungsstü- der Stadt wiederzufinden. Sie erlaubt deshalb auch keine Datierung. Daneben trifft der Begriff „Gussbeton“ die cke untereinander und mit den Grabungsfotos Sache nicht: Zwar ist die Rinne nach Angaben der Aus- gegeben hat. Entsprechend oberflächlich oder gräber in einer Schalung gebaut worden, vielleicht sogar teilweise fehlerhaft sind Beschreibungen wie tatsächlich „gegossen“. Aber wieso „Beton“? Dieser z. B. folgende: Begriff wird nicht mit grobem Ziegelsplitt assoziiert, „Der Wasserversorgung der Kolonie diente sondern als „römischer Beton“ wird mitunter allenfalls – auch dies aber nicht besonders glücklich – opus caemen- eine 10 km lange, steinerne Leitung, die im ticium bezeichnet (so z. B. Lamprecht 1987, passim). Nordosthang des eiszeitlichen Moränenzuges Römische Caementa-Mauern sind aber, wie schon Ra- der Hees ihren Ursprung hatte.[54] Die Rinne, kob in seinem richtungsweisenden Artikel 1983 festges- nach dem verwendeten Baumaterial mit den tellt hat, „selbst dann, wenn sie zwischen hölzernen Schalungen aufgeführt werden, im eindeutigen Über- Bauten des 2. Jahrhunderts in der Stadt ver- wiegen der groben Beischläge vor der Mörtelmasse gleichbar, war ganz in Gussbeton ausge- horizontal gefügt und geschichtet.“ (Rakob 1983, 365). führt[55] und mit Ziegelplatten[56] abgedeckt. Das alles trifft hier nicht zu. 56 Sowohl Hinz als auch Wegner/Heimberg haben aus- schließlich Fragmente von Schieferplatten gefunden. 54 Wenn die Leitung aus der Hees kam, dann von der 57 Was immer unter einer „durchaus üblichen Größen- „Drususquelle“ an deren Westhang (vgl. Abb. 27, Q 3). ordnung“ zu verstehen ist ... Die Wasserleitung Pompe- Außerdem ist die Entfernung von der Hees zur CUT viel jis z. B., einer wahrscheinlich vergleichbar großen Stadt geringer, als hier angegeben, und der Leitungsabschnitt (± 10000 Einwohner), bestand aus einem begehbaren von Labbeck wird nicht berücksichtigt. Kanal, der außerhalb der Stadt folgende Maße hat: lichte 55 Dieser Satz ist in Gänze zurückzuweisen: Eine Mate- Weite 2', lichte Höhe 4', Wand- und Gewölbestärke 1'. rialverwendung wie bei der Rinne, die weitgehend aus 58 Grewe 1988, 84.

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Abb. 30: Das Leitungsfrag- ment im APX in seitlicher An- sicht, Strukturen mit weißen Linien hervorgehoben (Zu- stand 2003). Mauerwerksreste (Pfeile) und Mörtelflächen (unterhalb der schwarzen Linie) weisen auf eine ursprünglich vorhandene seitliche Ummantelung der Fließrinne hin.

Abb. 31: Das Leitungsfragment Labbeck bei der Ausgrabung 1975 (nach Böcking 2005, 263); Erklärungen zu den Markierungen im Text.

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Dort befindet sich deutlich oberhalb des Ni- als „MR“ gekennzeichnet), die stehen geblie- veaus des Fundamentsockels nicht nur eine ben sind, nachdem hier größere Steine heraus- größere Menge Steinmaterial, sondern auch gebrochen worden waren. eine fast bis zum oberen Rand der Fließrinne Diese Beobachtungen verändern das Bild von reichende Fläche, in Abb. 30 durch eine der Xantener Leitung deutlich: Statt von einer schwarze Linie markiert, die von einer kom- schmalen Rinne aus Gussmörtel ist davon pakten grauen Mörtelschicht bedeckt ist. Bei- auszugehen, dass der Kanalquerschnitt mehr- des weist darauf hin, dass die Fließrinne urs- schalig unter Verwendung von unterschiedli- prünglich beidseitig durch eine Mauer um- chen Materialien gebaut und wesentlich brei- mantelt gewesen sein muss. ter war. Dieser Eindruck wird von den Ausgrabungs- fotos (Abb. 19 bis 21, 31 und 32) bestätigt. In Das von Wegner/Heimberg angegebene Maß Abb. 31 und 32 wurde die Baustruktur der der Breite des Bauwerks (s. o.: Sockel knapp Leitung wie in Abb. 30 durch weiße Linien 1 m breit und 40 cm hoch; lichte Breite der hervorgehoben, wodurch die einzelnen Bau- Rinne 20-30 cm; Dicke der Seitenwangen 15- teile deutlicher werden: Unten das Fundament 20 cm) kann nicht richtig sein: Rechnet man (Nr. 1), darüber der Bauteil aus „Guss“ (Nr. mit Mittelwerten, so ergibt sich eine Außen- 2), der im Inneren durch einen Verputz aus breite der Rinne von 60 cm.59 Ausweislich der opus signinum (Nr. 3) wasserdicht gemacht Fotos (Abb. 31 und 32) ist die Ummantelung wurde. Auf beiden Seiten befindet sich (vgl. aber etwa doppelt so dick wie die Seitenwan- Abb. 20 und 21) eine Ummauerung (Nr. 4), ge der Rinne, also vermutlich ca. 30 cm, und deren Struktur der des Fundamentes ver- dann kann sich keine Gesamtbreite des So- gleichbar erscheint. Dass diese Ummauerung ckels von „knapp 1 m“ ergeben, sondern von nicht überall eine glatte Außenseite hat (vgl. ca. 1,20 m. Eine genauere Betrachtung eines das identische Aussehen der Außenfläche des anderen Fotos (Abb. 32) ergibt dasselbe. Fundamentes in Abb. 30), lässt sich leicht erklären: Wasserleitungen wurden, wo immer dies möglich war, in einer Bau- grube errichtet, deren Breite der geplan- ten Breite des Bauwerks entsprach. So konnten die Wangen der Baugrube gleichsam wie eine ‚verlorene Schalung’ als äußere Begrenzung verwendet und die sonst nötige Bretterschalung gespart werden. Der Mauermantel (Abb. 31, Nr. 4) ist noch wesentlich höher als beim Lei- tungsfragment im APX (Abb. 30) als durchgehendes Mauerwerk erhalten, an manchen Stellen (Nr. 5) sogar bis zur Höhe des oberen Randes der Rinne. Der schlechte Erhaltungszustand der Um- mantelung (in Abb. 30 und 33) ist wohl nur Abb. 32: Das Leitungsfragment von Labbeck in situ dadurch zu erklären, dass bei Bergung und mit markierten Strukturen. Erklärungen zu den Transport der Leitungsfragmente Beschädi- Markierungen (wie in Abb. 30) im Text (nach Weg- gungen aufgetreten sind. ner 1976, 159). Dass der Mauermantel aber ursprünglich selbst bei der Leitung in situ noch viel höher 59 Zwei Wangen von je 15-20 cm = 35 cm zuzüglich war, belegen die „Mörtelrippen“ (in Abb. 31 einer lichte Breite von 25 cm [20-30cm] = 60 cm.

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Abb. 33: Deutlich erkennbare Schichtungen in der Ummantelungsmauer am Leitungsfragment im APX.

Über diese Beobachtungen hinaus sind, auf der Nordseite des Leitungsabschnitts im APX besonders gut zu erkennen, über das gesamte Bauteil hinweg durchgehende Schichtungen zu erkennen, und zwar sowohl im Steinmate- rial als auch in den erhaltenen Mörtelresten. In Abb. 33 sind die Schichten durch zwei Seile verdeutlicht. Diese Schichten korrespondieren exakt mit den Bauwerksteilen: - Schicht 1 ist das Fundament, - Schicht 2 entspricht der Höhe der Boden- schicht aus dem roten Bruchsteinmaterial, - Schicht 3 entspricht der Höhe der erhaltenen Wände aus dem roten Bruchsteinmaterial. Dieser Aufbau wird, wenn auch nicht so deut- lich wie hier, an allen anderen Leitungsfrag- Abb. 34: Prinzipskizze: Kanalbau im offenen Gra- menten bestätigt. ben. Darstellung bei I. Riera 1994, 246. (Dort über- nommen von Botturi G., Pareccini R., Antichi acque- Die Schichtung ist ungewöhnlich, denn nor- dotti del territorio bresciano, Milano 1991, 20). malerweise wurden – in Abb. 34 skizziert – Kanäle so gebaut, dass in der Baugrube nach dem (baugrubenbreiten) Fundament zuerst die Dann wurden Sohle und Wangen innen mit Seitenwangen aus opus caementicium errich- opus signinum wasserdicht verputzt, und tet wurden, nach außen durch die Gruben- schließlich wurde das Gewölbe oder eine an- wand, nach innen durch eine hölzerne Scha- dere Abdeckung aufgesetzt. Der Bauvorgang lung abgestützt. bis dahin lässt sich vereinfachend als ‚von außen nach innen vorgehend’ beschreiben.

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Zum Schluss, wenn der eigentliche Kanal Quaderbau als z. B. bei einer Ziegelwand oder fertig war, wurde die Baugrube oberhalb der beim opus caementicium in Schalung) vor Ort Abdeckung wieder ganz verfüllt. eingehalten wurden (Baufehler, -ungenauig- keiten), ist eine andere Frage, die am jeweili- Bei der Xantener Wasserleitung ist nicht nur gen Objekt diskutiert werden muss. der Baukörper an sich anders (mehrschalig) Da es sich aber außerdem bei beiden Bauwer- aufgebaut, sondern auch der Bauvorgang ken um sehr stark beschädigte, fast zerstörte muss anders abgelaufen sein: Die Ummante- Objekte handelt, trifft man nur an wenigen lung wurde hier nicht in einem Zug errichtet, Stellen auf die originale Situation. In allen weder vor dem Einbau der Bauelemente aus anderen Fällen ist das ursprüngliche Maß zu rotem Ziegelbruch, wenn man – wie üblich – rekonstruieren. von außen nach innen gebaut hätte, noch nach dem Einbau der Bauelemente aus rotem Zie- Die Ausgangssituation ist in Tabelle 1 darges- gelbruch, wenn man – was schon ungewöhn- tellt: lich genug wäre – von innen nach außen ge- baut hätte. Es muss vielmehr eine noch ge- Wegn./ Brid- Römische Fuß nauer zu klärenden Korrelation zwischen Heimb. ger [Sollmaß in cm] Fun- Breite knapp bis 3' oder 4' dem Einbau der Ziegelbruchbauteile und da- 100 115 [88,8 oder 118,4] dem Bau der Ummantelung geben, was al- ment Höhe 40 --- 1½' (44,4) leine schon zeigt, dass es mit diesen eine lichte 20-30 etwa ½' - 1' besondere Bewandtnis haben muss. Rinne Weite 26 [14,8 - 29,6] Höhe 40 27 unter 1½' oder unter 1' Wangen [44,4 oder 29,6] innen 3.2. Rekonstruktion der Baumaße Höhe 50-60 55-60 zw. 1½' und 2' Wangen [44,4 und 59,2] Sowohl Hinz als auch Wegner/Heimberg außen und Bridger geben alle am Bauwerk ermit- Wangen- 15-20 --- etwa ½' stärke [14,8] telten Maße im metrischen System an, also Sohlen- 10-20 10-20 unter ½' oder über ½' in Zentimetern/Metern. Die römischen Bau- stärke [14,8] meister haben aber in antiken Maßen, und zwar (so kann man es zuerst einmal anneh- Tabelle 1: Baumaße der Leitung an der Sarrenkath men) in Römischen Fuß60 gemessen, geplant nach Wegner/Heimberg und Bridger (dort alle An- 61 gaben in cm). und den Bau auch so anfertigen lassen. Alle metrisch ausgedrückten Maße müssen deshalb in antike Maße konvertiert werden (können), Wie man sieht, weichen die Maßangaben bei um die antiken Bauvorgaben nachvollziehen Bridger nicht nur von denen bei Wegner/ zu können. Es darf im Regelfall erwartet wer- Heimberg ab, sondern sie sind in beiden Fäl- den, dass sich dabei „glatte“ Maße ergeben, len nicht zufriedenstellend in Römische Fuß also z. B. ganze oder halbe Fuß. Wie genau zu konvertieren. solche Planmaße bei der konkreten Bauaus- Dies könnte möglicherweise daran liegen, führung (es gibt andere Bedingungen beim dass beim Bau der Wasserleitung nicht mit dem Römischen Fuß, sondern mit einer ande- 60 Da das Grundmaß in Rom im Tempel der Juno Mone- ren Einheit gemessen wurde. C. Bridger zeigt ta auf dem Kapitol aufbewahrt wurde, wird er auch nämlich, dass beim Bau der Herbergsthermen „Monetalischer Fuß“ oder „Kapitolinischer Fuß“ ge- der in Nordgallien und offensichtlich auch in nannt. Niedergermanien übliche sog. „Drusianische 61 Vg. Hecht 1975, 22: „Vielmehr ist gewiss, dass den Bauten der Antike genauso wie den Bauten anderer Fuß“ verwendet wurde, der ein Achtel des Epochen ihr Maß als Vielfaches der am Ort üblichen Römischen Fußes länger ist als dieser, also Maßeinheit zugedacht war.“

Von der cura aquarum bis zur EU-Wasserrahmenrichtlinie – Fünf Jahre DWhG, Schriften der DWhG, Band 11, Siegburg 2007, 1. Halbband ISBN 978-3-8334-8433-9 / 2. Halbband ISBN 978-3-8334-8434-6 Christoph Ohlig, Die Wasserleitung zur Colonia Ulpia Traiana (Xanten) 169 mit 33,27 cm gerechnet wird.62 Eine Konver- Kern-Wände geschlossen werden (vgl. tierung der in Tabelle 1 aufgelisteten Maße in Abb. 30). dieses Fußmaß führt aber ebenfalls zu keinem überzeugenden Ergebnis. Tabelle 2 zeigt folgendes Ergebnis: Zum ei- nen weichen die Maße des Kerns des Lei- Vor diesem Hintergrund wurden die erhalte- tungsabschnitts im APX deutlich von denen nen Leitungsfragmente an möglichst vielen der anderen Teilstücke ab: Die Wände sind Stellen, die noch im originalen Zustand und höher und stärker, die Fließrinne ist schmaler, nicht restauriert sind, erneut vermessen. Die was beides wohl auf die an diesem Fragment Ergebnisse sind in Tabelle 2 aufgelistet. Dazu durchgeführte Restaurierung zurückzuführen sind folgende Anmerkungen zu machen: ist. Zum anderen sind die Maße auch immer 1. Zur Terminologie: Kanäle haben norma- etwas größer als die des entsprechenden näch- lerweise rechts und links Wangen, die in- sten halben oder ganzen Fußmaßes. Bezüglich nen verputzt sind. Sie begrenzen den der Maßführung ist also ausgerechnet das durchflossenen Querschnitt. Die Xantener Fragment im APX aufgrund seiner Restaurie- Leitung ist aber, wie schon gesagt, drei- rung am wenigsten „römisch“. schichtig aufgebaut: Außen wurde eine Ummantelung aus Bruchsteinmauerwerk Bei allen anderen Leitungsfragmenten ist zu errichtet, die einen Kern (im Wesentlichen erkennen, dass bei ihrem Bau tatsächlich und aus Ziegelbruch in Kalkmörtel) umgibt, eindeutig mit dem Pes Romanus gerechnet auf den innen eine wasserdichte Putz- wurde. Außerdem haben sie alle denselben, schicht aufgetragen wurde. Diese Diffe- ganz klaren Aufbau: renzierung wurde bei der Vermessung Über einer Stickung, die im Prinzip einen (Tabelle 2) berücksichtigt. halben Römischen Fuß hoch ist (Abweichun- 2. Zur Vermessung des Kerns: Die in Abb. gen können sich durch die Unregelmäßigkeit 33 erkennbaren Schichten weisen darauf der Steine ergeben), wurde mit groben Bruch- hin, dass der Kern in zwei Etappen erstellt steinen ein Fundament aus opus caementicium wurde, bestehend aus einem Boden63 und errichtet (nicht gegossen), das einen Römi- darauf mehr oder weniger randbündig auf- schen Fuß (1') stark geplant und in der Regel gesetzten Wänden64. Deshalb wurde bei auch ausgeführt wurde. Geringe Abweichun- der Vermessung außen zwischen dem Bo- gen von der geplanten Fundamentbreite von 4' den und den darauf aufgesetzten Wänden (1,184 m /± 1,20 m) scheinen darauf zu beru- des Kerns differenziert (Wegner/Heimberg hen, dass das Fundament die volle Breite der und Bridger verstehen diese Fläche als ausgehobenen Grube ausgefüllt hat, die ihrer- Einheit und nennen deshalb für die Wan- seits natürlich nicht an jeder Stelle eine voll- gen außen nur ein Maß, vgl. Tab. 1). kommen schnurgerade Seitenbegrenzung hat- 3. Zur Vermessung der Ummantelung: Da te. Stickung und Fundament, also der Unter- die Ummantelung an keiner Stelle mehr bau für den Kern, ergeben zusammen eine vollständig erhalten ist, kann auf deren Stärke von 1½' (0,444 m / 0,45 m). Maße nur aus den erhaltenen Resten des Auf dem Unterbau liegt der Boden des Kerns, Fundamentes, wo dieses vollständig zu der mit 24 cm auf den ersten Blick nicht glatt sein scheint, bzw. aus der maximalen Aus- zu konvertieren ist. Wie aber bei genauer dehnung der noch vorhandenen Überhänge Analyse an allen Fragmenten zu erkennen ist, von Mauerwerk an den Außenseiten der liegt oberhalb des Kerns aus grobem Ziegel- splitt eine weitere Schicht aus feinerem Zie- gelsplitt, die eine Stärke von 4 bis 6 cm hat 62 Bridger 1984a, 64 ff; Bridger 1984b, 85. (Abb. 35). Ob diese Schicht schon aus hy- 63 Von Hinz bei dem am Holzweg in Xanten gefundenen draulischem Mörtel (opus signinum) besteht, Leitungsabschnitt (s. o.) „Schwelle“ genannt. 64 Bei Hinz die „Leisten“. dann also zum wasserdichten Verputz, oder

Von der cura aquarum bis zur EU-Wasserrahmenrichtlinie – Fünf Jahre DWhG, Schriften der DWhG, Band 11, Siegburg 2007, 1. Halbband ISBN 978-3-8334-8433-9 / 2. Halbband ISBN 978-3-8334-8434-6 170 Christoph Ohlig, Die Wasserleitung zur Colonia Ulpia Traiana (Xanten)

APX Stratmann1 Sonsbeck Hasenacker Stickung Höhe nicht zu unter- von der Seite nicht 15 nicht zu unter- scheiden, zu erkennen (im scheiden, Fundament Höhe in Summe Waldboden versun- 30 in Summe 40 – 45 ken) 45 Breite2 max. 35, an einer Stelle auf der einen an keiner Stelle häufig 30 vollständig erhalten, Seite bis max. 39, original erhal- dort rechts und links auf der anderen ten in Summe: 123 gleich breit, zu- Seite max. 24, sammen exakt 118 in Summe 123 Kern Boden Breite 63 - 66 ? 60 oben exakt 60, unten bis 63 Höhe 24 ? 24 24 Wände Höhe max. 33 ? max. 27 max. 22

Breite3 17 bis häufig 20 , 14,8 / 15 / 16 oben ± 15, oben exakt 15, Verputz nicht zu unten z. T. 18 unten z. T. 18 differenzieren durch- lichte 25 – 26, restauriert 29,6 / 29,7 / 30 exakt 30 flossener Weite zwischen Viertel- Querschnitt stäben 14-15 Sohle 4 ? 6 5,5 - 6 (feines Ziegel- material) Viertelstab ca. 6 x 6 restauriert 5 x 5 zerstört Gesamthöhe ca. 95 max. 85 max. 102 max. 95

1 Bei diesem Leitungsfragment sind a) wegen der Restaurierung der Fließrinne keine Aussagen über diese selbst, b) keine Aussagen über solche Maße möglich, die man nur vor Kopf ermitteln kann (die Rückseite ist unter einer Böschung verborgen, die Vorderseite reicht unmittelbar bis an einen Teich).

2 Die Fundamentbreite ist wegen des schlechten Erhaltungszustandes nicht genau zu ermitteln (Ausnahme: Stratmann auf knapp 1 m Länge unter dem Treppenübergang). Deshalb wurden mit dem Lot die maximalen oder häufigeren Überstände über den Kern hinaus ermittelt. Dasselbe gilt für die Breite der Ummantelung, die nur noch in Resten erhalten ist.

3 Mit Ausnahme APX ohne Verputz, der meistens zerstört ist (nur in Sonsbeck noch z. T. im Original zu erkennen).

Tabelle 2: Maße einzelner Bauteile der an der Sarrenkath geborgenen Leitungsfragmente.

zum Kernboden gerechnet werden muss, kann Bei der Untersuchung der Leitungsfragmente nur durch eine Materialprobe analysiert wer- fällt weiterhin auf, dass die Kernwände an den. Zusammen haben diese beiden Schichten manchen Stellen nicht exakt vertikal stehen. eine Stärke von 1'. Die lichte Kanalweite vergrößert sich nach Wie hoch die Wände des Kerns ausgeführt unten hin ganz leicht zu einem trapezförmigen waren, lässt sich nirgendwo ermitteln. Ein Querschnitt mit bis zu 18 cm Breite. Dies war Maß von 1', höchstens 1½' dürfte realistisch sicherlich nicht so geplant, sondern an diesen sein. Interessant ist aber die Genauigkeit, mit Stellen muss die Schalung, in der der Kern der die Stärke der Kernwände und ihr Abstand gefertigt wurde, an der Basis leicht verrutscht voneinander (= Fließrinne im Rohbau) zu gewesen sein. ermitteln ist: Die geplante Wandstärke ist ½', und der Wandabstand voneinander sollte im Dasselbe ist auch bei dem Boden des Kerns zu Rohbau eindeutig 1' betragen. Beim Leitungs- erkennen: Auch er ist, obwohl sicher rechte- fragment in Sonsbeck kann man an mehreren ckig (1' zu 2') geplant, an manchen Stellen Stellen sogar das exakte Maß von 1' = 29,6 leicht trapezförmig ausgeführt, und zwar so- cm bestimmen. wohl mitunter oben geringfügig schmaler als

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Abb. 35: Leitungsfragment Sonsbeck: Übergang zwischen Kern und Fließrinne; eine Art Einsatz aus feinerem Ziegelsplittmaterial.

auch geringfügig breiter als unten. Dies hat Er sollte (im Idealfall bündig mit seiner Au- zur Folge, dass die Seitenfläche des Bodens ßenseite) zwei aufstrebende, je ½' breite Wän- und die aufgesetzten Wände nicht immer bün- de aus demselben Material tragen, so dass in dig zueinander ausgerichtet sind, ein Phäno- der Mitte eine im Rohbau 1' breite Rinne frei men, das auch schon Hinz bei der Leitung am bleiben sollte. Holzweg festgestellt hat und das für ihn ein Das Verhältnis der Stärken zwischen Boden wesentliches Argument für zwei verschiedene und Wänden von 2:1 setzt sich im Verputz Bauphasen war (s. o.). Diese Interpretation interessanterweise fort: An den Wänden, wie trifft aber nicht zu. Der geschilderte Sachver- man wiederum am Fragment in Sonsbeck in halt ist vielmehr der Beweis dafür, dass Boden Resten erkennen kann (Abb. 36 und 37), bet- und Wände des Kerns zwar in derselben Bau- rug die Putzstärke ca. 3 bis 4 cm, auf dem phase, aber nicht in einem einzigen Bauvor- Boden etwa doppelt soviel. In diesen Maßen gang und nicht in einer gemeinsamen Scha- könnte sich eine Planung von 2 bzw. 4 Digiti lung gefertigt worden sein können. wiederfinden, wobei die stärkere Schicht auf dem Boden sich mit dem eigentlichen Kern- Als Ergebnis der Vermessung kann Folgendes boden zu einer Gesamtstärke von rund 1' er- festgestellt werden (Abb. 36): Der Kanal soll- gänzt. te einen Unterbau aus Stickung (geplant mit ca. ½') und Fundament (geplant mit 1'), zu- Dies genau zu definieren, stößt aber insofern sammen 1½' Höhe haben. Darauf sollte ein an eine praktische Grenze, weil die Rinne Kern (mit noch zu bestimmender Funktion) nach dem Verputzen nur noch eine lichte gesetzt werden, bestehend aus einem Boden- Weite von ca. 24 cm hatte, also so schmal block aus grobem Splittmaterial in Mörtel, war, dass die Handwerker bei diesem Arbeits- (fast) 1' hoch und 2' breit. gang (dem gleichzeitigen Aufbringen des

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Abb. 36: Soll-Baumaße, dargestellt am Leitungsfragment in Sonsbeck.

Abb. 37: Gereinigtes Leitungsfragment in Sonsbeck, Fließrinne mit Viertelrundstäben und Resten des Wandverputzes aus opus signinum.

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Mörtels auf Wände und Boden) wahrschein- Auch dieses Phänomen entspricht den Beob- lich nicht mehr auf allzu große Maßgenauig- achtungen von Hinz am Leitungsabschnitt keit achten konnten. Wenn man sich vorstellt, Holzweg (s. o.) und lässt wichtige Rück- dass die für das Verputzen nötige Werkzeuge, schlüsse auf den Herstellungsprozess zu Kelle und Glätter, selbst 10 bis 15 cm breit (s. u.). waren, kann der Mörtel nur in drehenden Be- wegungen aufgebracht worden sein. Aus dem durch die Schalung bedingten Rechteckprofil 3.3. Vergleich der aufgefundenen Leitungs- des Kerns (Abb. 35) musste deshalb fast fragmente in der Sandgrube an der Straße zwangsläufig ein U-Profil werden (Abb. 35 nach Sonsbeck (Cuno 1867, Steiner 1911), und 37). Dass dieses zusätzlich durch Viertel- am Holzweg (Hinz 1959) und an der Sar- rundstäbe verstärkt wurde, erscheint bei der renkath (1975) Stärke und der Form der Putzschicht im aus- geführten Bauwerk unnötig. Wenn die Fließ- Beim Vergleich sowohl der Maße der drei rinne aber als Rechteckquerschnitt geplant genannten Leitungsfragmente als auch ihrer war, waren Viertelrundstäbe nötig (und Stan- Bauweise als auch der jeweiligen Material- dard römischer Technik) und vom Baumeister verwendung drängt sich der Eindruck auf, angeordnet. Und dann wurden sie von den dass es sich um Abschnitte aus ein und dem- Handwerkern auch ausgeführt, selbst wenn sie selben Leitungssystem handeln muss. wegen der Enge der Rinne ohnehin schon Verstärkt wird dies durch die Beobachtung stark abgerundete Übergänge zwischen Wän- sowohl von Hinz als auch von Wegner/ den und Boden hergestellt hatten. Heimberg, dass das von ihnen als Fließrinne angesehene Bauteil (Kern aus Ziegelsplitt) in Die genaue Breite der Ummantelung lässt Schalung gefertigt worden sein muss (ein sich (ähnlich wie die Breite des Fundaments) Sachverhalt, den man heute an mehreren Stel- nicht mehr genau belegen. Aus den als Über- len noch erahnen, aber nicht sicher erkennen hänge noch erhaltenen Resten lässt sich aber und belegen kann). begründet auf eine geplante Gesamtbreite von Dagegen steht die These von Hinz, der bei der 4' schließen. Auch diese wurde möglicherwei- Leitung am Holzweg glaubte, aus mehreren se wegen der Unregelmäßigkeit der Graben- Beobachtungen auf zwei Bauphasen schließen wände nicht überall genau eingehalten. Die zu müssen: Das waren im Wesentlichen Höhe der Ummantelung dürfte der Höhe von – die Tatsache, dass die „Leisten“ nicht bün- Kern und Fließrinne entsprochen haben, und dig mit der „Schwelle“ abschlossen, sondern das Bauwerk müsste eigentlich in gesamter über diese seitlich hinausragten, vor allem in Breite überdeckt gewesen sein. „Kurvenbereichen“ der Leitung; – die Beobachtung, dass die überkragenden In diesem Zusammenhang ist ein weiteres „Leisten“ auf einer Schutt- und Erdeschicht interessantes Phänomen am Leitungsfragment gegründet zu sein schienen; in Sonsbeck zu erwähnen: Während ansonsten – die Beobachtung, dass die „Leisten“ nicht die Überstände der Ummantelung und des fest mit der „Schwelle“ verbunden waren, Fundamentes rechts und links des Kerns unge- sondern sich von diesen relativ leicht ablösen fähr gleich breit sind, sind sie hier auf einer ließen, z. T. sogar durch eine dünne Erde-/ Seite regelmäßig breiter als auf der anderen, Sandschicht voneinander getrennt waren; liegen zusammen aber im Sollmaß. Das kann – das eklatante Missverhältnis zwischen den nur bedeuten, dass hier der Kern nicht mittig Breiten von Fundament und Fließrinne. auf dem Fundament liegt, sondern insgesamt seitlich verschoben ist. Diese Unterschiede Ein Teil dieser Beobachtungen trifft nun aber wurden durch korrespondierende, unter- auch auf den später gefundenen Abschnitt von schiedlich breite Umwandungen ausgeglichen. der Sarrenkath zu, ohne dass man hier zu der-

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65 Alle im Folgenden genannten Nummern beziehen sich auf Abb. 38.

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Abb. 38: Prinzipskizze: Rekonstruktion des Bauablaufes und des späteren Zerstörungsvorgangs.

Anschließend wurde der Kanal im Inneren Bodenblock und Wänden) erhielt die Fließ- verputzt (Nr. 8) und erhielt einen Viertelrund- rinne möglicherweise eine so dicke Putz- stab (Nr. 9). Bauphysikalische Untersuchun- schicht, auf dem Boden und im Übergangsbe- gen könnten größere Klarheit bringen, aber es reich noch einmal gegenüber den Wänden hat den Anschein, dass der Splittkern mit sei- verstärkt (vgl. Abb. 35). nem porösem Material nicht auf Dichtigkeit angelegt ist, also keine hydraulische Funktion Der Kanal wurde schließlich abgedeckt hatte. Deshalb (und auch wegen der naturge- (Nr. 10). Ob es sich bei dieser Abdeckung mäß nicht wasserdichten Verbindung von lediglich um eine Schieferplatte gehandelt hat,

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Vom (mittelalterlichen?) Steinraub ist auch die Wasserleitung nicht verschont geblieben, weder in ihren oberirdischen noch in ihren unterirdischen Abschnit- ten. Dies ergibt sich zwingend aus den stratigrafischen Befunden, die die Aus- gräber dokumentiert haben: Auf die Humus- und Schlickschichten oberhalb des Leitungsabschnitts an der Sarrenkath (Abb. 29) und ihre Erklärung wurde oben schon hingewiesen. Dieselben Schlussfolgerungen lassen sich aber auch aufgrund der Feststellungen von Hinz für den Leitungsabschnitt am Holzweg ziehen (Abb. 39). Die ältere Ausbruchsgrube, Ziffern 6 und 10, ent- spricht der Erwartung: fundamentbreit, nach oben abgeböscht. Die jüngere Aus- bruchsgrube (Ziffer 7) ist vermutlich deshalb hier viel schmaler, weil die Räu- ber sich darauf beschränken konnten, von oben das Steinmaterial herauszubre- chen, und um unnötige Arbeit zu ver- meiden, blieb der Raubgraben oberhalb der Leitung schmal.

So wertvoll Steine waren – mit dem Splitt-Mauerwerk konnten die Steinräuber Abb. 39: Westprofil in der Ecke der Baugrube Par- nichts anfangen, denn dieses dürfte aufgrund zelle 644. Ziffer 7: jüngere Ausbruchsgrube, Ziffer 6: ältere Ausbruchsgrube, Ziffer 9: anstehende Kiese seiner Materialstruktur beim Herausbrechen Ziffer 10: ältere Ausbruchsgrube (Hinz 1959, 139). weitgehend zu unbrauchbarem Steinschutt zerschlagen worden sein. Deshalb beschränkte sich die Zerstörung auf die Umwandungs- Es bleibt die Notwendigkeit, die Befunde, die mauern und (teilweise) auf das seitlich über Hinz nur als durch zwei Bauphasen verursacht den Splittkern herausragende Fundament. Der interpretieren zu können glaubte, auch bei Rest und auch häufig zu tiefe Steinlagen, die einem einphasigen Bau des Leitungssystems zu erreichen besonders schwierig war, blieben plausibel zu erklären. erhalten (Abb. 38, Nr. 11), in gewisser Weise Hinz begründete seine Interpretation vor al- von dem darauf aufsitzenden, für die Räuber lem mit dem überhängenden und auf Schutt/ wertlosen Splitt-Mauerwerk „geschützt“ (vgl. Erde gegründeten (so erschien es ihm jeden- Abb. 15 und 29). Ob der Raubgraben bewusst falls) „Leisten“.

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Abb. 40: Prinzipskizze: Erklärungsmöglichkeiten für von der Norm abweichende Baubefunde.

Wie oben schon gezeigt wurde, sind solche gen, und da außerdem das wertvolle Schalholz Abweichungen von der Idealausführung leicht nicht willkürlich eingekürzt werden sollte, aus dem Bauvorgang und den dabei entste- ragte die Außenschalung (und damit später die henden praktischen Problemen zu erklären. Wand) wahrscheinlich häufig geringfügig Wenn also die Schalung verrutscht war und über die „Kurve“ hinaus, was ebenfalls uner- die Seitenwände unten etwas breiter als ge- heblich war, weil die Ummantelung dies alles plant gerieten (Abb. 40, Nr. 6'), war das uner- überdeckte und dem Bau dadurch keinerlei heblich, weil die Ummantelung dies alles Nachteil entstand. überdeckte (Abb. 40, Nr. 7'). Da es den Stein- räubern aber gar nicht auf dieses Material Auch der Einwand von Hinz, die aufgefunde- ankam, sondern auf Steine, auch die unterhalb ne Größe der Fließrinne stehe in einem so der Splittwand, blieb nach dem Steinraub der eklatanten Missverhältnis zur Dimension der Überhang erhalten (Abb. 40, Nr. 11'). Und fast gleichzeitig gefundenen Pfeilerfundamen- wenn dann der Graben verfüllt war (Abb. 40, te (vgl. Abb. 17), löst sich auf, wenn die tat- Nr. 12'), musste bei Hinz bei der schichtwei- sächliche Breite des Wasserleitungskanals in sen Entfernung dieser Verfüllung (Abb. 40, Relation zur Breite der Fundamente gesetzt Nr. 12'') der Eindruck entstehen, dass dieser wird. Wie Abb. 40, P zeigt, passt ein 6 Fuß Überhang auf Schutt und Erde gegründet breiter Fundamentpfeiler sehr gut zu einem 4 worden sei, zumal der heute zur Verfügung Fuß breiten Kanalbauwerk. stehende Vergleichsabschnitt der Leitung an der Sarrenkath, bei dem man Ähnliches beo- Abb. 41 zeigt, dass die Xantener Wasserlei- bachten kann, erst 16 Jahre später ans Licht tung in eindeutig zu erschließenden Sollma- kam. ßen gebaut worden ist, die sich glatt in Römi- Dass solche Phänomene vor allem in Kurven- sche Fuß konvertieren lassen. Sie wurde aber bereichen zu beobachten waren, lässt sich nicht nur in einem ungewöhnlichen „Material- ebenfalls plausibel aus dem Bauvorgang er- mix“, sondern auch in einer ganz ungewöhnli- klären. Da man ja nicht „rund“ einschalen chen Bauweise errichtet. Nicht nur bildlich, konnte, sondern nur in polygonalen Übergän-

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Abb. 41: Prinzipskizze der Xantener Wasserleitung mit Soll-Maßen.

sondern buchstäblich steht im Mittelpunkt der schen Wasserleitungsbau gibt noch dieses un- Leitung der nach dem Fundament zuerst, mit gewöhnliche Bauteil bauphysikalisch unter- großer Sorgfalt und ungewöhnlichem Auf- sucht wurde. wand gebaute Kern aus Ziegelsplitt, für des- Die oben dargestellte Analyse des Bauwerks sen Funktion eine Erklärung gefunden werden und der Baureihenfolge führt deshalb zuerst muss. nur zu einer negative Aussage: Es erscheint sehr unwahrscheinlich, dass der Kern aus dem vermörtelten groben Ziegelsplitt eine hydrau- lische Funktion hatte. Dazu dürfte er zu porös 4. Erster Interpretationsversuch der unge- und wahrscheinlich auch zu wasserdurchlässig wöhnlichen Bauweise der Xantener Leitung sein, und die Erbauer haben ihn wasserseitig sicher aus gutem Grund mit einer ungewöhn- Es liegt in der Natur der Sache, dass am Be- lich dicken Schicht aus hydraulischem Mörtel ginn eines Forschungsprojektes für viele Fra- überzogen. gen noch keine Antworten gegeben, sondern nur Hypothesen formuliert werden können, Gerade diese (gewollte) Porosität könnte aber die im Verlauf weiterer Untersuchungen veri- der Schlüssel zum richtigen Verständnis des fiziert oder verworfen werden müssen. Dies Ziegelsplittkerns sein: In dem mehrschichti- gilt auch für den Ziegelsplittkern der Xantener gen Maueraufbau könnte er, genauer die in Wasserleitung, zumal es für eine solche Bau- dieser Schicht in vielen kleinen Speichern ein- weise bislang weder eine Parallele im römi- geschlossene Luft, vergleichbar einer heutigen

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Isolierung mit einer Styropor-Schicht, die trostlosen Lebensweise wie schrecklichem Funktion einer Isolierung gehabt und – nach Erscheinungsbild reisen wollen, wenn er dort dem Prinzip der Thermoskanne – temperatur- nicht zu Hause ist?“68 An anderer Stelle führt ausgleichend oder -bewahrend gewirkt ha- er aus, dass die Germanen im Winter gewöhn- ben.66 lich in Erdhöhlen wohnen, die sie mit einer zusätzlichen Isolierschicht (!) aus viel Mist/ Wenn diese Bauweise (bislang?) aber nur in Dung überdecken, weil sie so den strengen Xanten gefunden wurde und wenn man vor- Frost besser aushalten können,69 wie aus sei- aussetzen kann, dass eine thermische Isolie- ner Sicht in Germanien „überhaupt fast immer rung wohl nur im Winter von Bedeutung war, Winter ist.“70 muss zuerst gefragt werden, ob die klimati- Abgesehen davon, dass die „Germania“ (von schen Bedingungen am Niederrhein zur Rö- Tacitus in demselben Jahr 98 n. Chr. verfasst, merzeit im Winter so anders als an anderen in dem die Siedlung am Niederrhein von Kai- Orten im römischen Reich waren, dass den ser Traian den Status einer colonia erhielt) Baumeistern diese Bauweise angeraten er- tendenzielle Züge hat,71 dürften seine Be- schien. schreibungen des Klimas – aus der Perspekti- Es muss dann aber auch nach hydrotechni- ve eines Römers – zutreffen. schen Besonderheiten bei der Xantener Lei- tung gefragt werden, die im Zusammenhang Sie werden auch durch die Untersuchungen mit den klimatischen Verhältnissen eine Be- der Klimaverhältnisse zur Römerzeit am Nie- gründung für die Isolierschicht geben könn- derrhein von Josef Klostermann gestützt. Er ten. zeigt, wie aus den Flusssedimenten des Rheins, aus Pollenanalysen von tonigen und Bezüglich der Frage nach dem Klima am torfigen Ablagerungen und vor allem aus der Niederrhein zur Römerzeit muss man sich Auswertung der Konzentrationen von Sauers- klarmachen, dass es sich bei der Xantener toffisotopen in Eisbohrkernen aus der Antark- Leitung mit großer Wahrscheinlichkeit um die tis und Grönland Rückschlüsse auf das Klima am weitesten im Norden des römischen früherer Zeiten gezogen werden können. Machtgebietes liegende, aus Stein gebaute „Die genauere Betrachtung der Sauerstoffiso- Fernwasserversorgungsanlage handelt.67 Aus topenkurve für die römische Zeit zeigt deutli- der subjektiven Sicht eines hierher abkom- che Hinweise auf einen Temperatureinbruch mandierten Baumeisters aus dem Mittelmeer- zwischen 145 und 285 n. Chr. auf der gesam- raum ist das der unwirtliche „hohe Norden“ ten Nordhalbkugel. ... Dies dürfte einer durch- mit für ihn ganz ungewöhnlichen Klima- und schnittlichen Temperaturabnahme um 0,75°C Lebensverhältnissen. Tacitus lässt an dieser entsprechen. Diese Werte entsprechen der Sichtweise jedenfalls keinen Zweifel: „Wer würde denn, von den Gefahren dieses grausi- 68 Tacitus, Germania, 2,2: Quis porro, praeter periculum gen und unbekannten Meeres [gemeint ist die horridi et ignoti maris, aut aut Italia relicta Nordsee] einmal ganz abgesehen, Asien, Afri- Germaniam peteret, informem terris, asperam caelo, tristem cultu adspectuque, nisi si patria sit? ca oder gar Italien verlassen und nach Germa- 69 Tacitus, Germania, 16,4: solent et subterraneos specus nien mit seinen hässlichen Landschaften, sei- aperire eosque multo insuper fimo onerant, suffugium nem rauen, unwirtlichen Klima, seiner ebenso hiemis ..., quia rigorem frigorum eius modi loci mol- liunt. 70 Tacitus, Germania, 22,1: ...ut apud quos plurimum 66 Diese Wirkung ist leicht festzustellen: Wenn man eine hiems occupat. Hand eine Zeit lang auf diese Schicht legt, die andere 71 Tacitus stellt dem von ihm so empfundenen geistigen auf das umgebende Steinmaterial, merkt man, dass der und sittlichen Verfall der römischen Welt als Gegenmo- Splittkern sich wärmer anfühlt als die Ummauerung. dell Germanien gegenüber, wo er alle die Tugenden (wie 67 Die Provinz Britannia Inferior reicht zwar noch weiter Tapferkeit, Einfachheit, Freiheitswille, Härte) wiederzu- nach Norden, hier sind aber bislang keine steinernen finden glaubt, die Rom einst an die Macht gebracht Wasserleitungen bekannt. hätten, dort inzwischen aber verloren gegangen seien.

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Temperaturkonstruktion, die man für die sog. oder aufgrund von Plausibilitätsbetrachtungen ‚Kleine Eiszeit’ (Maximum zwischen 1450 nur angenommen werden können, lassen sich und 1710) annimmt. Während der kleinen die zu erwartenden Abflussbedingungen grö- Eiszeit wurde ein deutliches Wachstum der ßenordnungsmäßig berechnen (s. Kap. 6.6.). Alpengletscher beobachtet. ... Es wird vermu- Dabei zeigt sich, dass in den langen Aquä- tet, dass der Klimaeinbruch zwischen 145 und duktstrecken zeitweise Abflussgeschwindig- 285 die gleichen Folgen nach sich gezogen keiten von unter 0,25 m/s und Wassertiefen haben dürfte. ... von unter 10 cm auftreten konnten. Die hier geäußerten Vermutungen sind jedoch Diese Zahlen bedeuten z. B. für die ca. 6 m mit Vorsicht zu betrachten. Diffusionsvorgän- hohe, Kälte und Wind besonders ausgesetzte ge im Eisschild Grönlands, Fraktionierungen Aquäduktbrücke über die Furth, dass das nur in Abhängigkeit von der Höhe und anderes etwa handbreit hoch fließende Wasser in der mehr könnte das Ergebnis verfälschen. schmalen (24 cm) Rinne so langsam floss, Außerdem wirkt sich eine globale Tempera- dass es für den Durchfluss der ca. 2 km langen turabsenkung lokal durchaus unterschiedlich Strecke mehr als zwei Stunden benötigte (eine aus. ... Es ist also dringend geboten, die regio- Geschwindigkeit, die normalerweise von je- nalen Forschungen zu intensivieren.“ 72 dem Fußgänger spielend unterboten wird!). Man kann sich auch ohne genaue Berechnun- Wenn von den Antarktis- und Grönlandbohr- gen vorstellen, dass das Wasser im Winter kernen nur bedingt auf lokale Verhältnisse unter solchen Bedingungen einer ernsthaften zurückgeschlossen werden kann, ist nicht Frostgefahr ausgesetzt war. auszuschließen, dass diese Klimadepression am Niederrhein auch schon etwas früher ein- Vor diesem Hintergrund bekommt die Hypo- gesetzt und dass sie nicht schlagartig, sondern these, dass die Baumeister die gesamte Lei- schleichend begonnen hat und deshalb schon tung mit einem isolierenden „Thermo-Kern“ in der Phase der Planung der Leitung zu spü- geschützt haben, auch wenn dies vielleicht nur ren war. Während der Klimadepression jeden- auf den langen Aquäduktstrecken zwingend falls muss es am Niederrhein regelmäßig sehr nötig gewesen wäre, eine große Plausibilität. strenge Winter mit langen Frostperioden und starkem Eisgang bzw. Zufrieren des Rheins In diesem Zusammenhang muss allerdings die gegeben haben.73 Frage nach der Überdeckung des Kanals noch einmal aufgegriffen werden. Wie oben aufge- Die Trassenführung und hydrotechnische führt und in der Prinzipskizze (Abb. 37, Einzelheiten der Xantener Leitung werden in Nr. 10) auch dargestellt, haben die Ausgräber den folgenden Kapiteln 5 und 6 ausführlicher sowohl bei der Leitung am Holzweg als auch behandelt. Hier kann man zusammenfassend bei der am Sarrenkath aufgrund der von ihnen vorausschicken, dass die Leitung über unter- gefundenen Schieferfragmente ein Abdeckung schiedlich (ca. 3, 2 und 1 km) lange Teilstre- mit Schieferplatten angenommen. cken auf Leitungsbrücken geführt werden Wie oben (Kap. 3.4.) schon erwähnt, kann die musste, die stellenweise bis zu 7 m hoch war- Frage nach den Möglichkeiten von Wartung en. Auch wenn bei der Xantener Leitung die und Revision bei einer Leitung mit so gerin- meisten Faktoren, die für die Berechnung des gen Abmessungen, die nicht bekrochen oder Wasserabflusses (Geschwindigkeit und Men- begangen werden kann, nicht zufriedenstel- ge) nötig sind (Topographie, Gefälle, Wand- lend beantwortet werden. Da es aber durchaus rauheit), lediglich annähernd bekannt sind Beispiele für Leitungen mit einem kleinen Querschnitt und geringer Höhe gibt, die mit Platten abgedeckt waren, unterirdisch geführt 72 Klostermann 2001, 50 f. wurden und deshalb keinen direkten oder nur 73 Nach Informationen von Prof. Dr. J. Klostermann (persönliche Kommunikation). sehr schwierigen Zugang für Revision und

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Wartung erlaubten (Vergleichbares gilt ja 5. Regionale Ressourcen, benötigte Wasser- auch für alle Rohrleitungen), spricht dies nicht mengen, Überlegungen zur Trasse gegen die Annahme einer solchen Bauausfüh- rung auch bei der Xantener Leitung. Wenn der Ein Baumeister, der eine Wasserleitung plant, Untergrund tragfähig war und die Aquädukte fragt zuerst, von wem und wo Wasser genutzt so massiv gebaut wurden, dass es nicht zu werden soll, wo es Wasserressourcen gibt und Setzungen und Rissen in der Leitung kommen auf welchem Weg das Wasser von den Quel- konnte – und dies scheint ja hier der Fall ge- len zum Verbraucher geleitet werden kann. wesen zu sein (s. o. und Abb. 40, P) –, konnte Ein Teil dieser Fragen ist für das Xantener offensichtlich auch diese Bauform gewählt System schon aus den bekannten Fakten zu werden. beantworten: Als (eine) Ressource stand die Quelle in der Nähe des Hasenackers zur Ver- fügung, und wenn, wie oben gezeigt wurde, die Leitungen von der Sarrenkath und vom Holzweg zu einem gemeinsamen System ge- hören, lief sie entsprechend der durchgehen- den weißen Linie in Abb. 43 zur Südseite der CUT. Der Sinn dieser Trassenführung muss noch geklärt werden. Sie erscheint aber unter der oben vorgestellten ersten Arbeitshypothe- se, dass die Fernwasserleitung für die Versor- gung der Bevölkerung der CUT nicht nötig

Abb. 42: Modell eines Komplettschutzes des durch- war, sondern nur Großverbraucher bedienen flossenen Querschnitts der Xantener Wasserleitung sollte, vor allem also die Großen Thermen, mit Isolierschicht und Ummantelung von allen Sei- eher ungünstig und wenig verständlich, weil ten. die Thermen auf der gestrichelt dargestellten Linie in Abb. 43, ebenfalls parallel zu einer römischen Straße, besser und auf kürzerem Unter dem Aspekt des Frostschutzes wäre Weg hätten erreicht werden können. eine Abdeckung der Leitung nur mit Schiefer- Für eine solche direkte Trasse könnte es einen platten zumindest auf den Brücken aber un- Hinweis bei Steiner geben, der in seiner Karte günstig gewesen, denn es macht wenig Sinn, an der in Abb. 43 mit einem x markierten das in der Leitung fließende Wasser von unten Stelle die Ziffer 21 eingetragen hat, zu der er und von den Seiten gegen Frost zu schützen, folgendes erläutert: „Fundamente in der Wie- von oben aber nicht. Es ist deshalb denkbar, se gegenüber dem Wege, der nach Ursel führt, dass – zumindest in Brückenbereichen – höchstens 40-50 cm tief: Bruchsteine in Kalk- Schieferplatten nicht die eigentliche Abde- mörtel.“74 Die hier erwähnte Wiese gehörte ckung des Kanals darstellten, sondern dass bis vor kurzem zum Gartenbaubetrieb der Fa- darauf ebenfalls eine Isolierschicht aufgesetzt milie Kiwitz. Freundlicherweise gestatteten war, die – wie Boden und Seitenwände – die Grundeigentümer dem Verfasser im Okto- durch eine Schicht aus opus caementicium ber des Jahres 2003 eine gründliche Inspek- ummantelt war. Auf diese Weise wäre der tion des Geländes, bei der der geschilderte durchflossene Querschnitt von allen Seiten Mauerrest aber nicht gefunden werden konnte. durch eine Isolierschicht und eine Ummante- Nach Auskunft des Eigentümers liegt in der lung geschützt worden (Abb. 42). Solange besagten Fläche aber eine ganze Serie von kein unversehrter Abschnitt der Leitung ge- funden wird, muss dies aber hypothetisch bleiben.

74 Steiner 1911, 20.

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Abb. 43: Mögliche Leitungstrassen von der Quelle am Forsthaus Hasenacker über den Fundort Sarrenkath, die sog. Furth und den Fundort Holzweg zur Südseite der CUT (durchgehend weiß) bzw. vom Ende der Furth direkt zu den Großen Thermen (gestrichelt). [GT = Große Thermen, LZ = Legionsziegelei] (Plan nach Berkel 2002, 131).

Drainagerohren der hauseigenen Entwässe- nicht bekannt ist und da Angaben über interne rungsanlage, für die hier vor Jahrzehnten viele hydrotechnische Einrichtungen fehlen. Einen parallele Gräben ausgebaggert wurden. Mög- ersten Anhalt über den täglichen Wasserum- licherweise kann Steiners einziger vager Hin- schlag kann das Gesamtvolumen der ver- weis auf ein Bauwerk in der denkbaren Lei- schiedenen Badebecken geben. Wenn in den tungstrasse deshalb nicht mehr verifiziert Großen Thermen alle Becken einmal täglich werden.75 komplett neu befüllt wurden, erforderte dies eine Wassermenge von 244 m3/Tag (vgl. Kap. Ein weiteres Problem kommt hinzu: Im Mit- 6.5.) Da die Warmbadebecken in römischen telpunkt der Betrachtungen über die Xantener Bädern aber in der Regel einen ständigen Zu- Fernwasserleitung stehen ja die Großen Ther- lauf hatten, muss der tatsächliche Wasserbe- men. Deren Wasserbedarf kann nur grob ab- darf (auch für andere Zwecke, z. B. Reini- geschätzt werden, da der Betriebsmodus76 gung) größer gewesen sein. Vergleicht man die Schüttung der Quelle am Hasenacker (288 m3/Tag, vgl. Kap. 6.4.1.) mit 75 Vom Verfasser festgestellte Anzeichen für eine Aquä- dem Bedarf der Großen Thermen, so könnte dukttrasse auf der Ostseite der Straße sind noch zu vage, dieser bei vollständiger Fassung dieser Quelle um hier beschrieben werden zu können. In diesem Be- reich sind weitere Untersuchungen und langfristige knapp gedeckt worden sein. Da die Leitung Beobachtungen nötig, da z. B. Oberflächenfunde (Zie- aber, wie aus der Trassenführung zum Süden gelsplitt, Tuff und anderes Baumaterial der Leitung) der CUT zu schließen ist, auch andere Ver- stark von der jeweiligen landwirtschaftlichen Nutzung braucher bedient hat, erscheint das Wasserdar- der Flächen abhängig sind. gebot alleine aus der Quelle am Hasenacker 76 Zu den Betriebsmodi in Thermen s. Garbrecht/Man- derscheid 1994, 70 ff. schon auf den ersten Blick für eine gesicherte

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Abb. 44: Die Erschließungsmöglichkeit weiterer Quellgebiete (blaue Pfeile), die möglichen Trassen von dort (rote und grüne Linie), ihre Zusammenführung an einer Stelle (gelber Kreis) und der Trassenverlauf über die Furth hinweg zur CUT (gelber Pfeil; darin Markierung A: nachgewiesener Aquäduktabschnitt, vgl. Abb. 49) (nach: Topographische Karte 1:25000, Blatt 4304, Xanten, Landesvermessungsamt Nordrhein Westfalen).

Versorgung zu gering,77 zumal man immer schließung von Quellen überprüft, die „jen- auch Leitungsverluste einkalkulieren muss. seits des Berges“ liegen (einer für den Nie- derrhein schon so ‚gewaltigen’ Erhebung von Die naheliegende Frage, ob es nicht weitere knapp über 70 m, dass dieser Hügel offiziell Quellen in der Region gibt, die der Leitung die „Sonsbecker Schweiz“ heißt). zugeführt worden sein könnten, hat schon Berkel gestellt und mit zwei kleineren mögli- Abb. 44 zeigt, dass hier mehrere weitere chen Trassenerweiterungen beantwortet (vgl. Quellgebiete erschlossen worden sein können, Abb. 27, Quellen Q 6 und Q 7 von Norden, die so erhebliche Schüttungen haben, dass Q 9 bis Q 11 von Süden). Wenn man aber sich als Gesamtsumme der Region (ein- bedenkt, dass römische Baumeister die Quell- schließlich der hier schon vorher erfassten schüttungen nicht vorab exakt bestimmen Quellen und der Drususquelle der Hees) ca. konnten und darüber hinaus sicherlich eher 1200 bis 1680 m3/Tag ergeben (vgl. Kap. Reserven eingeplant als zu knapp kalkuliert 6.4.5.). Mit einer solchen Menge wären alle haben, dürfte auch die Schüttung dieser Quel- Versorgungsprobleme der CUT gelöst gewe- len (vgl. Kap. 6.6.4.3.) das Versorgungsprob- sen. lem der CUT nicht grundlegend gelöst haben Die beiden Quellgebiete Hartogshof/Doctors- können. hof und Kiwitt (Abb. 44) wären über eine Trasse, die sich an ihrem Beginn an der 50-m- Bei der Vorbereitung für das Forschungspro- Höhenlinie orientiert, zu erfassen, das Quell- jekt wurde deshalb die Möglichkeit einer Er- gebiet Köppenhof (Abb. 44) über die etwas niedriger liegende, hier grün dargestellte Tras- se (vgl. Berkel, hier Abb. 27). 77 Die Schüttung der „Drususquelle“ an der Hees ist so gering (vgl. Kap. 6.4.4.), dass sie alleine die Situation auch nicht entscheidend verbessert haben kann.

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Abb. 45: Der steil abfallende künstliche Graben von der 50-m-Höhenlinie zum möglichen Treffpunkt der Lei- tungstrassen.

Bestärkt wurde diese Trassenüberlegung durch eine auffällige Landschaftssituation. Dort, wo die rote Linie in Abb. 44 unterhalb des gelben Kreises in den Wald eintritt, trifft die 50-m-Höhenlinie am Waldrand auf einen Geländeeinschnitt, der schräg zum Gelände- profil relativ steil abfällt (Abb. 46) und von seiner Form, Lage und Ausrichtung her mög- licherweise als Ausbruchsgraben einer Was- serleitung zu erklären wäre (Abb. 45). Wenn die Leitungstrasse durch diesen Graben geführt war, muss sie südöstlich der Straße auf die beiden anderen Trassen getroffen sein (gelber Kreis in Abb. 44). Römischer Technik entsprechend wäre hier ein Sammelbecken (möglicherweise kombi- niert mit einem Absetzbecken) zu erwarten, in das alle drei Trassen einmündeten und aus dem ein Ableitung in Richtung CUT weiterge- führt worden wäre. Abb. 46: Vergrößerter Kartenausschnitt mit einem steil abfallenden Graben im Hang (Quelle: s. o.).

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Abb. 47: Bewuchsanomalien im Verlauf der vermuteten Trasse (Punkt 1 in Abb. 44).

Abb. 48: Bewuchsanomalie im Verlauf der vermuteten Trasse (Punkt 2 in Abb. 44).

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Die oben (Kap. 2.2.4.1., vgl. Abb. 12 und 28) Um die hier kurz skizzierten Überlegungen schon einmal angeschnittene Frage, wie Stei- zur Erschließung weiterer Quellen und der ners Beschreibung der Leitung und ihrer Aus- daraus resultierenden Überlegungen zur Tras- richtung zu interpretieren ist, gewinnt bei senführung zu überprüfen, wurden vom Ver- dieser Situation der Trassenzusammenführung fasser zusammen mit Dr. Baoquan Song eine besondere Bedeutung. Wenn Steiner (Luftbildarchäologe an der Ruhr-Universität nämlich die Leitung, wie er sagt, in nord- Bochum) Befliegungen durchgeführt. Dabei südlicher Ausrichtung und in der Nähe der zeigten sich Ende April/Anfang Mai 2007 Straße gesehen hat, dann könnte dies ein wei- zwei Bewuchsanomalien in Form von langge- teres Indiz dafür sein, dass diese Leitung von streckten Linien (Lage in Abb. 44 durch rote der Sarrenkath nicht schon vor Erreichen der Punkte mit den Ziffern 1 und 2 markiert), die heutigen Straße in Richtung CUT abgebogen sehr genau der hypothetisch angenommenen ist, sondern in Verlängerung der vorherigen Trasse entsprechen. (Punkt 1: Abb. 47, Punkt Ausrichtung bis zum (bislang hypothetisch 2: Abb. 48). postulierten) Sammelbecken der Leitungstras- sen weitergelaufen ist.

Abb. 49: Durch Bewuchsanomalien repräsentierte Pfeilerreihe des Aquäduktes in der Furth (Foto und alle Bild- rechte: Dr. Baoquan Song, Ruhr-Universität Bochum; Wiedergabe hier mit seiner freundlichen Genehmigung).

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Eine weitere, sehr ausgeprägte Bewuchsano- mit Gerste bestellten Ackers78 sprang auch am malie wurde an der in Abb. 44 mit „A“ ge- Boden der Eindruck von einer Pfeilerreihe des kennzeichneten Stelle sichtbar. Sie stellte sich bislang in der Furth nur angenommenen, aber vom Flugzeug aus als gepunktete Linie dar noch nie nachgewiesenen Aquäduktes buch- (Abb. 49). Bei der anschließend erfolgten stäblich ins Auge (Abb. 50). Begehung und Inspektion des betreffenden, Dass diese signifikante Bewuchsanomalie ge- rade an dieser Stelle und (vielleicht nur) nach einer so extrem trockenen Pe- riode zu sehen war, er- klärt sich aus einer geolo- gischen Besonderheit: Wie Abb. 51 zeigt, be- steht der Untergrund im Bereich der Furth aus im Bett eines verlandeten Rheinarms eingeschwem- mten Hochflutsanden und Hochflutlehm (Bezeich- nungen ,S,fh, ,Sl,fh usw., alle auf blauem Grund). An einigen Stellen wird diese Schicht von einer bis zu 4 m starken, insel- artig eingewehten Fein- Abb. 50: Bewuchsanomalie im Acker an der Furth. sandschicht (,,d auf gel- bem Grund) überdeckt, von Klostermann als „Düne“ klassifiziert.79 Die ‚Ferse’ dieser an ei- nen Fußabdruck erinnern- den Düne deckt sich exakt mit der Fläche auf den Äckern mit einem extre- men Minderwuchs (vgl. Abb. 49).80 Überall dort, wo auf die- sem kargen Boden durch den Ausbruch der Aquä- duktpfeiler Gruben ent- standen sind, hat sich durch Verfüllung wahr- scheinlich eine stärkere

Abb. 51: Ausschnitt aus der Geologischen Karte von 78 Den Grundeigentümern, Herrn Rüttermann und Herrn Nordrhein-Westfalen 1:25000, Blatt 4304 Xanten, Jordans, sowie dem Pächter, Herrn Genneper, sei für ihr mit hinzugefügter Aquädukttrasse (rot im Kreis). freundliches Entgegenkommen herzlich gedankt. 79 Klostermann 1989, 85 ff; 91 f. 80 Wegen des geringen zu erwartenden Ertrages wurde der Acker Ende Mai gepflügt und mit Mais bestellt.

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Nach jetzigem Kenntnisstand scheint es sich 81 Herrn Prof. Dr.-Ing. G. Garbrecht sei für den Hinweis auf eine vergleichbare Situation in Pergamon herzlich bei dem Aquädukt mit seinen 10' langen und gedankt. 6' breiten Pfeilern, die nur 6' Abstand vonei- 82 Dies deckt sich möglicherweise mit einer Information nander hatten und an dieser Stelle (geschätzt) von Herrn Genneper, der diese Parzelle bearbeitet: Er mindestens 6 m hoch waren, eher um eine Art habe vor einigen Jahren versucht, eine in sehr nasser durchbrochener Mauer als um einen typischen Witterung tief in den Acker eingefurchte Fahrrinne mit einem Tiefpflug zu beseitigen. Dabei sei der Pflug an einem steinernen Hindernis hängengeblieben und be- 83 12 waren mit Sicherheit zu bestimmen, wahrschein- schädigt worden. Die Nachsuche nach diesem Hindernis lich schlossen sich nach Norden noch 2 weitere an. sei aber erfolglos geblieben. Seine Schätzung, wo sich 84 Da die Düne nur noch eine ganz kleine Ecke des dieses Hindernis befunden haben könne, deckt sich mit Nachbarackers erfasst (vgl. Abb. 49 oben links), waren dem Ergebnis der Vermessung. hier nur noch 4 weitere Pfeiler zu erkennen.

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Aquädukt mit schlanken Pfeilern gehandelt zu haben. Eine solche durchbrochene Mauer, also ein Bauwerk mit einer vergleichsweise großen Standfläche, konnte wahrscheinlich relativ flach gegründet werden, um der Brü- cke dennoch in dem oberflächig morastigen Untergrund sicheren Stand zu geben und Set- zungen zu vermeiden. Diese Annahmen zur Standsicherheit der Brü- cke bestätigen die oben dargelegten Überle- gungen, dass die Fließrinne auch auf den Brü- ckenbauwerken vollständig ummantelt und damit unzugänglich gewesen sein könnten (s. o. Kap. 4 und Abb. 42).

Allerdings stimmen die Bauwerksdaten des Aquädukts über die Furth mit denen des Aquädukts im heutigen Stadtgebiet von Xan- ten (Abb. 52) nicht vollständig überein. Über diese berichtet Hinz: „Im November 1960 wurde die Baustelle ausgeschachtet, wobei der mittlere Pfeiler und zwei schon im März zu beiden Seiten angeschnittene weitere Pfeiler ganz oder teilweise angeschnitten wurden (Taf. 26 [hier Abb. 52]). Der Mittel- pfeiler war am besten erhalten. ... Die beiden benachbarten Pfeiler standen, an den Außen- seiten gemessen, 2,80 m entfernt. Die Seiten- kanten waren übrigens nicht gleichmäßig pa- rallel. Von Mitte zu Mitte der etwa 1,80 m breiten Pfeiler betrug die Entfernung also 4,60 m.“85 Abb. 52: Aquäduktpfeiler in einer Baugrube in der Wie man sieht, haben beide Bauwerke eine Xantener Innenstadt (Hinz 1959, Tafel 26). Breite von 6', was bedeutet, dass die Abmes- sungen der Fließrinne, des Thermokerns und der Ummantelung identisch gewesen sein Dieser Unterschied ändert aber nichts an der dürften. In der Pfeilerlänge (Furth: 10', im Einschätzung, dass beide Aquädukte zu einem Stadtgebiet: 6') und im Pfeilerabstand (Furth: einheitlichen Versorgungssystem gehört ha- 6', im Stadtgebiet: zwischen 9' und 10') unter- ben. scheiden sie sich allerdings, was mit den örtli- Die Position des Aquäduktes über die Furth chen Bodenverhältnissen und den unterschied- östlich der Landstraße bestärkt außerdem die lichen Höhen (Furth teilweise mehr als 6 m, oben entwickelte Hypothese, dass das Sam- im Stadtgebiet ca. 3 m) und Längen (Furth ca. melbecken an der Furth, in das mehrere Lei- 2 km, im Stadtgebiet ca. 500 m) der Bauwerke tungsstränge eingelaufen sind, östlich der zu tun haben dürfte. heutigen Straße positioniert gewesen sein müsste (vgl. Abb. 44).

85 Hinz 1959, 145.

Von der cura aquarum bis zur EU-Wasserrahmenrichtlinie – Fünf Jahre DWhG, Schriften der DWhG, Band 11, Siegburg 2007, 1. Halbband ISBN 978-3-8334-8433-9 / 2. Halbband ISBN 978-3-8334-8434-6 190 Christoph Ohlig, Die Wasserleitung zur Colonia Ulpia Traiana (Xanten)

6. Technische Daten der Fernwasserleitung zur CUT (Xanten)

Abb. 53: Wasserversorgungssystem der CUT, unmaßstäbliche Prinzipskizze. ZL = Zuleitung; Ziffern 1 – 5: Ab- schnitte der Leitungstrasse (in schwarz: unterirdische Abschnitte; in grau: Aquädukt-Strecken); Quadrate: Ab- setzbecken; Kreise: Sammler und/oder Verteiler (möglicherweise mit Absetzbecken und Regeltechnik).

In der Prinzipskizze des Wasserversorgungs- – Die im Folgenden vorgelegten Längen und systems der CUT (Abb. 53) sind neben den Höhen der Zuleitungen (Kap. 6.1.) und der bislang nachgewiesenen Teilstücken der Fern- einzelnen Leitungsabschnitte (Kap. 6.2.; leitung auch hypothetische Elemente aufge- Summen aller Trassenabschnitte in Kap. 6.3.) führt. Auch wenn davon bislang nichts gefun- sind nicht durch eigene Messungen belegt, den wurde, müssen z. B. Absetzbecken in den sondern beruhen auf Angaben in topographi- Quellbereichen86 (möglicherweise weitere vor schen Karten bzw. Schätzungen. Lediglich H. den Verbrauchern) sowie Sammel- und/oder Hinz hat in seinem Bericht über den Fund der Verteilerbecken vor und hinter der Furth an- Leitung am Holzweg eine konkrete Angabe genommen werden, weil Absetzbecken im über die Höhe der Kanalsohle gemacht („Aus Bereich einer Wasserfassung und Sammel-/ dem Nivellement der erhaltenen Kanalsohle Verteilerbecken beim Zusammenführen meh- ergab sich kein unmittelbarer Hinweis auf die rerer Zuleitungen bzw. beim Verteilen des Fließrichtung des Wassers. An den beiden Wassers in mehrere Ableitungen Standard rö- beobachteten Enden hatte sie praktisch die mischer Bautechnik waren. Der Sammler/Ver- gleiche Höhe und lag bei etwa 27,37 über teiler Hees könnte darüber hinaus auch Regel- N.N. Durch Unebenheiten traten im Verlauf einrichtungen enthalten haben, mit denen die der Strecke geringe Niveauveränderungen Ableitungen in die beiden Stränge mengen- auf.“87). Ob bei den Ausgrabungen an der mäßig gesteuert werden konnten. Sarrenkath keine Höhen festgestellt oder ob diese nur niemals publiziert wurden, ist nicht 86 Z. B. Vitruv 8,6.15: „limus enim cum habuerit, quo zu ermitteln. Jedenfalls macht auch Berkel, subsidat, limpidior fiet et sine odoribus conservabit der als Mitarbeiter Zugang zu den Akten des saporem.“ Wenn Schwebstoffe nämlich einen Platz Rheinischen Amtes für Bodendenkmalpflege haben, wo sie sich absetzen können, wird das Wasser klarer werden und ohne Gerüche einen guten Ge- schmack behalten. 87 Hinz 1959, 141.

Von der cura aquarum bis zur EU-Wasserrahmenrichtlinie – Fünf Jahre DWhG, Schriften der DWhG, Band 11, Siegburg 2007, 1. Halbband ISBN 978-3-8334-8433-9 / 2. Halbband ISBN 978-3-8334-8434-6 Christoph Ohlig, Die Wasserleitung zur Colonia Ulpia Traiana (Xanten) 191 hat, darüber keine Angaben. Auch wenn also 6.1.2. Zuleitung 2 viele Daten nicht genau angegeben werden Quellgebiet Hartogshof/Doctorshof bis Samm- können, können die in Kap. 6.1. bis 6.3. auf- ler Furth geführten Tabellen einen allgemeinen Ein- druck von den topografischen Verhältnissen Leitungslänge: ca. 6500 m im Versorgungssystem vermitteln. Ausgangshöhe: Quelle ca. 48 Höhe Sammler Furth ca. 30 m über N.N.

Höhendifferenz in m ca. 18 – In Kap. 6.4. werden alle Angaben über die Gefälle: 0,28 % Quellen dargestellt, um eine Vorstellung vom Wasserdargebot der Region zu geben. 6.1.3. Zuleitung 3 – Weil der Betriebsmodus der Großen Ther- Quellgebiet Köppenhof bis Sammler Furth men, die als derzeit einziger bekannter Groß- nutzer im Mittelpunkt der Betrachtung über Leitungslänge: ca. 1500m die Xantener Wasserleitung stehen, nicht ge- Ausgangshöhe: Quelle ca. 43 nau bekannt ist, kann deren Wasserbedarf Höhe Sammler Furth ca. 30 m über N.N. nur grob abgeschätzt werden. Einen ersten Höhendifferenz in m ca. 13 Anhalt über die tägliche Umschlagsmenge Gefälle: 0,86 % können die Angaben von N. Zieling über das Gesamtvolumen der verschiedenen Badebe- 6.1.4. Zuleitung 4 cken geben (Kap. 6.5.). Quellgebiet Drususquelle bis Sammler/ Vertei- ler Hees – Die Daten über die hydraulischen Randbe- dingungen erlauben abschließend eine rechne- Leitungslänge: ca. 600 m rische Abschätzung der Abflussdaten wichti- Ausgangshöhe: Quelle ca. 40 ger Leitungsteile (Kap. 6.6.) sowie der Iso- Höhe Sammler/Verteiler Hees ca. 28,77 m über lierwirkung des Ziegelsplittelements (Kap. N.N. 6.7.). Höhendifferenz in m ca. 11,23 Gefälle: 1,87 %

6.1. Zuleitungen 6.2. Leitungstrasse 6.1.1. Zuleitung 1 Quellgebiet Hasenacker über Sarrenkath bis Vorbemerkung: Die Höhenangabe von 28,77 m Sammler Furth für den Sammler/Verteiler Hees in den Tabellen wurde geradlinig interpoliert aus der geschätzten Leitungslänge: ca. 3250 m vom Quellgebiet an, Höhe zwischen dem Verteiler Furth (30 m) und der ca. 2750 m vom Fundort Sar- Höhenangabe für die Leitung am Holzweg (nach renkath an Hinz 27,37 m). Gefälleangaben: 0,2% (nach Wegner/Heimberg an der Fundstelle Sarrenkath: 20 cm auf 100 m) 6.2.1. Abschnitt 1 Ausgangshöhe: Quelle: ca. 44 m / Fundstelle Sammler Furth bis Sammler/Verteiler Hees Sarrenkath: ca. 37,50 m (ca. 6 m hoher Aquädukt) Höhe Sammler Furth ca. 30 m über N.N. Leitungslänge: 2000 m Höhendifferenz Ausgangshöhe: ca. 30 m in m ca. 7,50 Höhe Sammler/Verteiler Hees ca. 28,77 m über Gefälle: von der Sarrenkath bis zum N.N. Sammler Furth: 0,27 % Höhendifferenz in m: 1,23 Gefälle: 0,06 %

Von der cura aquarum bis zur EU-Wasserrahmenrichtlinie – Fünf Jahre DWhG, Schriften der DWhG, Band 11, Siegburg 2007, 1. Halbband ISBN 978-3-8334-8433-9 / 2. Halbband ISBN 978-3-8334-8434-6 192 Christoph Ohlig, Die Wasserleitung zur Colonia Ulpia Traiana (Xanten)

6.2.2. Abschnitt 2 6.2.6. Abschnitt 5 Sammler/Verteiler Hees bis zum Hochspeicher Sammler/Verteiler Hees bis Holzweg (Aquädukt, z. T. mehr als 7 m hoch) (unterirdische Leitung) Leitungslänge: 3000 m Leitungslänge: 2300 m Ausgangshöhe: ca. 28,77 m* Ausgangshöhe: ca. 28,77 m* Sollhöhe im Hochbehälter ca. 27,53 m über Höhe Holzweg 27,37 m über N.N. N.N. Höhendifferenz in m: 1,40 Höhendifferenz in m: 1,24 Gefälle: 0,06 % Gefälle: 0,041 %

6.2.3. Abschnitt 3a 6.3. Summen aller Trassen Holzweg bis zum letzten bekannten Aquädukt- pfeiler 6.3.1 Zuleitungen (zuerst noch ein kurzes Stück unterirdisch, dann Aquädukt) ZL 1 3250 m ZL 2 6500 m Leitungslänge: 800 m ZL 3 1500 m Ausgangshöhe: 27,37 m über N.N. ZL 4 600 m Höhe am letzten Aquä- ? m Summe ca. 10000 m* duktpfeiler

Höhendifferenz in m: ? * Gesamtstrecke Zuleitungen (gerundet) ca. 10 km unter Gefälle: ? der Voraussetzung, dass die nahe beieinander liegenden Zuleitungen ZL 2 und ZL 3 an günstiger Stelle zusam- mengeführt und in einem gemeinsamen Kanal zum 6.2.4. Abschnitt 3b Sammler Furth weitergeführt wurden. Vom letzten bekannten Aquäduktpfeiler bis zu Stadtmauer Nach derzeitiger Kenntnis wurden alle Zuleitun- (mehr als 3 m hoher Aquädukt) gen unterirdisch geführt.

Leitungslänge: 500 m Ausgangshöhe: ? 6.3.2. Leitungsstrecken Höhe an der Stadtmauer ? m Höhendifferenz in m: ? Abschnitt 1 2000 m Gefälle: ? Abschnitt 2 2300 m Abschnitt 3a 800 m Abschnitt 3b 500 m (hypothetisch)* 6.2.5. Abschnitt 4 Abschnitt 4 650 m (unwahrscheinlich)* Von der Stadtmauer bis zum Hochspeicher der Abschnitt 5 3000 m (sehr wahrscheinlich)

Großen Thermen Summe 8100 m**

* Die Abschnitte 3a und 3b stehen unter dem Vorbehalt, Leitungslänge: 650m dass die Leitung (was derzeit nicht bewiesen ist), bis zur Ausgangshöhe: ? Stadtmauer (3a) und von dort – was eher sehr unwahr- Sollhöhe im Hochbehälter ca. 27,53 m über scheinlich ist – zu den Großen Thermen (3b) weiterge- N.N. laufen ist.

Höhendifferenz in m: ? ** Da nicht beide Leitungstrassen zu den Großen Ther- Gefälle: ? men gelaufen sein dürften, bleiben die Abschnitte 3b und 4 bei der Summenbildung unberücksichtigt, auch wenn es möglich erscheint, dass diese Leitung zu noch unbekannten Verbrauchern im Stadtgebiet weiterging.

Von der cura aquarum bis zur EU-Wasserrahmenrichtlinie – Fünf Jahre DWhG, Schriften der DWhG, Band 11, Siegburg 2007, 1. Halbband ISBN 978-3-8334-8433-9 / 2. Halbband ISBN 978-3-8334-8434-6 Christoph Ohlig, Die Wasserleitung zur Colonia Ulpia Traiana (Xanten) 193 davon Aquädukte: – Eigene Messungen im (sehr trockenen) Juni und Abschnitte 1 und 3a = 2800 m (gesichert), (Anfang) Juli 2003: rund 5 m3/Tag, nach starkem Abschnitte 3b und 4 = 1150 m (hypothetisch/un- Regen kurzzeitig auf maximal 8 m3/Tag anstei- wahrscheinlich), gend. Abschnitt 5 = 3000 m (sehr wahr- scheinlich), 6.4.5.Wasserdargebot nach Klostermann (Klos- davon unterirdische Strecke: termann 1989, 121) in einer Zusammenfassung Abschnitt 2 = ca. 2300 m (sehr wahr- scheinlich) Alle Quellen des Blattgebietes „Hammerbruch“ (= Köppenhof/Bürenhof, „Tüschenwald“ (= Forsthaus Hasenacker), 6.4. Quellgebiete und Schüttungen „Balberg“ (= Doctorshof/Hartogshof) und (alle folgenden Angaben nach Klostermann 1989 „Hees“ (= Drususquelle) liefern zusammen und Kronsbein 1991) überschlägig eine Abflussmenge von 50 – 70 m3/h [= 1200 –1680 m3/Tag]. 6.4.1. ZL 1: Quellgebiet Tüschenwald (Forst- haus Hasenacker) Abgesehen von der Unsicherheit, ob die Schüttun- – Quelle Nr. 20 bei Kronsbein 1991, 376 f., „stark gen dieser Quellen in der Antike denen von heute schüttende Quellen“ (drei Einzelquellen), keine entsprochen haben, ist bei allen Angaben zu be- Mengenangaben. rücksichtigen, dass die Quellschüttungen in den - Quelle 16 bei Klostermann 1989, 118, 121 und eiszeitlichen Moränen stark von der Jahreszeit und 123, Schüttung 12 m3/h [=288 m3/Tag]. vorangegangenen Niederschlägen beeinflusst wer- den.

6.4.2. ZL 2: Quellgebiet Hartogshof/Doctorshof – Quelle Nr. 22 bei Kronsbein 1991, 378 f., mehre- 6.4.6. ph-Werte des Wassers der Quellen re Einzelquellen, die 29 Fischteiche speisen (ange- (nach Klostermann 1989, 122 f. und Kronsbein legt 1965), keine Mengenangaben. 1991, 422 ff.) – Quelle Nr. 16 bei Klostermann 1989, 123, keine Mengenangaben Quellgebiet Hasenacker Klostermann: ph-Wert 7,8 (Prüfdatum: Juli 1986) Im weiteren Verlauf dieser Zuleitungstrasse: Kronsbein: ph-Wert 6,6 (Prüfdatum: Juli 1985) Quellgebiet am Hof Kiwitt – Quelle Nr. 21 bei Kronsbein 1991, 378, Quellgebiet Hartogshof/Doctorshof Höhe 48 m, keine Mengenangaben. Klostermann: ph-Wert 7,1 (Prüfdatum: Juli 1986) Kronsbein: ph-Wert 7,1 (Prüfdatum Juli 1985)

6.4.3. ZL 3: Quellgebiet Köppenhof Quellgebiet Kiwitt – Quelle Nr. 23 bei Kronsbein 1991, 379 f., Schüt- Klostermann: ph-Wert - keine Angaben tung 2 l/s [= ca. 173 m3/Tag]. Weitere Quellen in Kronsbein: ph-Wert 7,1 (Prüfdatum Nov. 1990) 200 m und 400 m Entfernung, außerdem Zulauf zum Bürenhof, 12 l/min [= ca. Quellgebiet Köppenhof 17,3 m3/Tag]. Klostermann: ph-Wert 7,5 (Prüfdatum: Juli 1986) – Quelle Nr. 15 bei Klostermann 1989, 123, keine Kronsbein: ph-Wert 7,5 (Prüfdatum: Juli 1985) Mengenangaben Drususquelle (Hees) Klostermann: ph-Wert 7,5 (Prüfdatum: Juli 1986) 6.4.4. ZL 4 „Drususquelle“ am Roesgen (Gast- Kronsbein: ph-Wert 7,5 (Prüfdatum: Juli 1985) haus Röschen)/Hees – Quelle Nr. 26 bei Kronsbein 1991, 383, Schüt- tung 0,3 l/s [= ca. 26 m3/Tag]. – Quelle Nr. 21 bei Klostermann 1989, 123, keine Mengenangaben.

Von der cura aquarum bis zur EU-Wasserrahmenrichtlinie – Fünf Jahre DWhG, Schriften der DWhG, Band 11, Siegburg 2007, 1. Halbband ISBN 978-3-8334-8433-9 / 2. Halbband ISBN 978-3-8334-8434-6 194 Christoph Ohlig, Die Wasserleitung zur Colonia Ulpia Traiana (Xanten)

6.5. Wasserbedarf der Großen Thermen 6.6. Rechnerische Abschätzung von Ab- (alle Angaben nach Norbert Zieling, persönliche flussdaten der Xantener Wasserleitung Kommunikation) Der Abfluss mit freier Oberfläche in Rech- Bezeichnung Grund- Wasser- Füll- teck-Kanälen wird nach einer Formel von fläche stand menge Manning/Gauckler/Strickler berechnet. Einige Becken (ca.) dafür nötige Parameter sind bei der Xantener (ca.) Leitung bekannt (z. B. Kanalquerschnitt B = Frigidarium, 43,0 m² 1,0 m 43,0 m³ 24 cm), andere können zur Zeit nur abge- Becken Westseite Frigidarium, 42,0 m² 1,0 m 42,0 m³ schätzt werden (z. B. Gefälle und Rauheit von Becken Ostseite Wangen und Sohle). Deshalb handelt es sich Tepidarium 1, 14,0 m² 1,0 m 14,0 m³ bei den im Folgenden vorgelegten Ergebnis- Becken Westseite sen von Modellrechnungen, die Herr Prof. Tepidarium 1, 13,1 m² 1,0 m 13,1 m³ Dr.-Ing. Günther Garbrecht dankenswerter- Becken Ostseite weise durchgeführt hat, um rechnerisch abge- Tepidarium 2, 25,5 m² 1,0 m 25,5 m³ sicherte Abschätzungen der hydraulischen Becken Ostseite Leistungsfähigkeit einzelner Leitungsab- Caldarium, 16,5 m² 1,0 m 16,5 m³ schnitte, vor allem der Aquäduktstrecken. Becken Nordwest- Trotz dieser Einschränkung geben diese aber ecke einen anschaulichen Rahmen für die Wasser- Caldarium, 15,8 m² 1,0 m 15,8 m³ mengen, die in der Leitung transportiert wer- Becken Nordost- den konnten, die dabei entstehenden Wasser- ecke tiefen und die jeweils erreichten Fließge- Caldarium, 37,0 m² 1,0 m 37,0 m³ schwindigkeiten. Becken Westapsis Neben der grundsätzlichen Frage nach der Caldarium, 37,0 m² 1,0 m 37,0 m³ Becken Ostapsis hydraulischen Leistungsfähigkeit der Xante- ner Leitung sind diese Parameter auch wichtig Gesamtbedarf für die Einschätzung der Frostanfälligkeit der Kalt- und Warmbadebecken ca. 244 m³ Leitung im Winter im Hinblick auf die Erklä- rung des Ziegelsplittkerns als Isolierschicht.

Zieling geht auch auf die Speicherkapazität des Wie aus den Tabellen im Kap. 6. ersichtlich Dreikammer-Hochbehälters ein, dessen Funda- ist, stand in allen Zuleitungen ein vergleich- mente erhalten sind (vgl. Abb. 1): sweise großes Gefälle zur Verfügung, sodass Seine Sohle liegt auf 23,10 m über N.N. Einem das (geringere) Gefälle in den Aquädukt- Meter Füllhöhe entsprechen nach Zielings Berech- 3 strecken der limitierende Faktor im Leitungs- nungen 55 m Wasser. Die Wasserleitung musste system war. deshalb auf einer Höhe von mindestens 27,53 m

über N.N. am Hochbehälter ankommen, damit im Behälter ein Tagesbedarf von 244 m3 gespeichert Für den Aquäduktabschnitt über die Furth werden konnte. (Abschnitt 2 in Abb. 53) erbrachten die Be- rechnungen folgendes Ergebnis: Ausgangsdaten: Kanalbreite = 24 cm, Gefälle = 0,06% (s. Kap. 6.2.1.), Wandrauheitskoeffi- zient = 72,5 (m1/3/s). Dieser Wert ergibt sich aus den Erfahrungen mit anderen römischen Kanälen mit glatten Wandungen und glatter Sohle und stützt sich auch auf den Fund von

opus signinum - Fragmenten mit sehr glatter

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Oberfläche in der Aquädukttrasse der Furth Thermen (Abschnitt 5 in Abb. 53) bei glatter durch den Verfasser. Sohle und glatten Wangen:

In den nachfolgenden Tabellen, in denen alle Werte gerundet wurden, bedeuten: S = 0,00041 / k = 72,5 (m1/3/s)

h = Wassertiefe im Kanal h v v Q Q v = Fließgeschwindigkeit (m) (m/s) (m/Std) (l/s) (m3/Tag)

Q = Abflussmenge 0,05 0,16 576 1,9 164 0,10 0,21 756 5,0 432 1/3 S = 0,0006 / k = 72,5 (m /s) 0,15 0,24 864 8,6 743

h v v Q Q 0,20 0,26 936 12,5 1080 3 (m) (m/s) (m/Std.) (l/s) (m /Tag) 0,30 0,28 1008 20,4 1762

0,05 0,19 684 2,3 198 Leitung Sammler/Verteiler Hees – Große Thermen, 0,10 0,26 936 6,1 530 Rechenmodell. 0,15 0,29 1044 10,4 908

0,20 0,32 1152 15,1 1310

0,30 0,35 1260 24,7 2148 Die drei Rechenmodelle lassen folgende Leitung Furth, Rechenmodell 1a. Aussagen zu:

Die Werte für das Rechenmodell Furt 1a 1. Selbst wenn man das gesamte Wasser aller könnten möglicherweise nur für die erste Be- in Frage kommenden Quellen gefasst hätte triebszeit gegolten haben, weil das Wasser (vgl. Kap. 6.4.5.: nach Klostermann 1200 bis (ph-Werte in Kap. 6.4.6.) den Kalk aus dem 1680 m3/Tag), hätte diese Wassermenge prob- opus signinum nach und nach gelöst haben lemlos über die Aquäduktstrecken abfließen könnte, wodurch dessen Oberfläche rauer können. geworden wäre. Die folgende Tabelle zeigt deshalb dieselbe 2. Die Annahme (vgl. Kap 3.2.), dass die Berechnung bei einem K-Wert von 55, wie er Fließrinne 1' (30 cm), höchstens 1½' (45 cm) z. B. bei einem versinterten Kanal anzusetzen hoch gewesen sein dürfte, wird dadurch be- ist.88 stärkt, dass die Wassertiefen selbst bei größ- tem Abfluss in der Regel unter 30 cm blieben. S = 0,0006 / k = 55 (m1/3/s)

h v v Q Q 3. Die Leitung scheint nicht nur für den mi- 3 (m) (m/s) (m/Std.) (l/s) (m /Tag) nimalen Wasserbedarf der Großen Thermen 3 0,05 0,15 540 1,7 150 (244 m /Tag) ausgelegt worden zu sein, denn 0,10 0,19 684 4,7 402 diesen würde sie in allen Rechenmodellen 0,15 0,22 792 8,0 689 schon bei Wassertiefen zwischen 5 und 10 cm 0,20 0,24 864 11,5 994 sicherstellen können. 0,30 0,26 936 18,9 1629 4. In allen Rechenmodellen zeigt sich, dass Leitung Furth, Rechenmodell 1b. bei einer Wassertiefe im Kanal von nur ca. 15 cm etwa die dreifache Wassermenge des Be- darfs der Großen Thermen abfließen würde, Das dritte Rechenmodell zeigt die hydrauli- dass das Wasser aber sogar für diese Menge schen Werte bei der Aquäduktstrecke vom über die Furth mehr als zwei Stunden, für die Sammler/Verteiler Hees zu den Großen Strecke zwischen der Hees und den Großen Thermen mehr als drei Stunden benötigen würde (bei der Mindestmenge von 244 88 Garbrecht/Fahlbusch 1975, 65 ff.

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5. Die Unterschiede zwischen den drei Re- Das mathematisch überprüfte Gedankenmo- chenmodellen sind deutlich, bewegen sich dell soll klären, wann bzw. nach welcher aber andererseits in so überschaubar vonei- Fließstrecke in einem Kanal mit den in Kap. nander abweichenden Größenordnungen, dass 6.6. dargestellten hydraulischen Randbedin- alle hier getroffenen Feststellungen prinzipiell gungen Wasser, das eine Anfangstemperatur auch dann richtig bleiben, wenn sich die in die (Quellaustritt) von 6° C hat, sich auf Berechnungen als Abschätzungen eingegan- 0° C abgekühlt hat und zu gefrieren beginnt. genen Parameter, (z. B. das Gefälle) nach weiteren Untersuchungen nach oben oder Dabei sollen zusätzlich folgende Vorausset- unten verschieben. zungen gelten: – Außentemperatur: –20° C – Kanalsohle und -wangen 6.7. Rechenmodell zur Isolationswirkung – aus je 1 Fuß starkem opus caementicium des Ziegelsplittelements – alternativ aus Ziegelsplitt.

Wie oben schon ausgeführt wurde (Kap. 4.), Der rechnerisch gestützten Abschätzung liegt war es am Niederrhein in römischer Zeit nicht die Berechnung eines Wärmetauschers zu nur in subjektiver Bewertung (Tacitus), son- Grunde, bei dem der Wärmeverlust des Was- dern auch objektiv (Klostermann) sehr kalt. sers dem Wärmedurchgang durch die Umran- Vor diesem Hintergrund wurde die Frage dis- dung gleichgesetzt wird89, oder formelmäßig kutiert, ob es sich bei dem Ziegelsplittele- ausgedrückt: ment, einer von sonstigen Querschnitten römi- scher Kanäle auffällig abweichenden Kon- mcpt0L = UAtlm struktion, um eine Isolierschicht handeln Hierin bedeuten: könnte. Eine solche Isolierung wäre wahr- scheinlich für die Zuleitungsstrecken nicht m = Q Massenstrom des Wassers (kg/s) mit unbedingt erforderlich gewesen, weil diese = Dichte des Wassers 1000 kg/m³ unterirdisch und damit vermutlich frostsicher Q = Abfluss (m³/s) erstellt worden sind, obwohl auch dieser cp = Spez. Wärmekapazität des Wassers, hier Punkt näher zu untersuchen wäre. Die Lei- mit 4200 J/kgK berücksichtigt tungsbrücken dürften aber „neuralgische t0L = 6 K als Temperaturänderung des Was- Punkte“ des Systems gewesen sein, eine sers zwischen Eintritt (6°C bei Lauflänge 0) Überlegung, die durch die hydraulischen und nach der Lauflänge L, an der Vereisung Randbedingungen der Xantener Leitung (ge- angenommen wird (0°C) ringe Wassertiefe / geringe Fließgeschwindig- U = Wärmedurchgangszahl durch die Kanal- keit, s. Kap. 6.6.) weitere Nahrung erhält. sohle und Wangen, hier angesetzt U = 5 (W/m²K) für opus caementicium (hilfsweise Freundlicherweise hat sich Herr Prof. Dr.-Ing. orientiert an den Zahlen für modernen „leicht- Thomas Müller-Menzel, Fachmann für Wär- eren Normalbeton“) und U = 2.3 (W/m²K) für metechnik an der FH Lübeck, bereit erklärt, Ziegelsplitt (hilfsweise orientiert an den Zah- zusammen mit Herrn Prof. Dr.-Ing. H. Fahl- len für moderne Vollziegel) busch dieses Problem zu erörtern und auch für A = Übertragungsfläche (m²), die von der diese Fragestellung eine rechnerisch abgesi- Länge des berücksichtigten Weges L abhängt, cherte Abschätzung vorzunehmen, die die 89 Plausibilität dieser Hypothese abzuwägen Ein Abkühlungseinfluss nach oben über den Luftraum oberhalb des Wasserspiegels des abgedeckten Kanals wird vernachlässigt.

Von der cura aquarum bis zur EU-Wasserrahmenrichtlinie – Fünf Jahre DWhG, Schriften der DWhG, Band 11, Siegburg 2007, 1. Halbband ISBN 978-3-8334-8433-9 / 2. Halbband ISBN 978-3-8334-8434-6 Christoph Ohlig, Die Wasserleitung zur Colonia Ulpia Traiana (Xanten) 197 in dem die Abkühlung auf 0°C erfolgt und die ein äußerst vereinfachtes Gedankenmodell abgeschätzt werden soll widerspiegeln und nicht so zu interpretieren tlm = 22,87 K als logarithmisch mittlere Dif- sind, als könnte man genau ablesen, nach wie ferenz zwischen der entlang der Lauflänge L vielen Metern bei welcher Wassertiefe in der nichtlinear von 6°C auf 0°C abnehmenden Leitung die Eisbildung beginnt. Wassertemperatur und der Außentemperatur (mit -20 °C angesetzt). Sie erlauben aber folgende – zwar allgemeine, aber wichtige – Aussagen: Diese Parameter sind hier nur deswegen auf- geführt, um zu zeigen, dass auch in dieser auf 1. Unter den dargestellten Voraussetzungen die Xantener Leitung bezogenen Abschätzung kann man davon ausgehen, dass das Wasser notwendigerweise viele Unwägbarkeiten ste- auf der insgesamt ca. 5 km langen Strecke, die cken, so dass das Ergebnis auch hier nur einen es zwischen dem Sammler Furth und den Rahmen für die Fließlänge L abstecken kann, Großen Thermen auf Brücken zurücklegen nach der auf der Aquäduktstrecke Furth eine musste, bei einer Kanalbauweise nur aus opus Eisbildung begonnen hätte. caementicium im Winter einer erheblichen In den beiden folgenden Tabellen, unterschie- Frostgefahr ausgesetzt gewesen wäre und die den nach dem Rauheitsbeiwert der Kanalwän- Thermen mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht de, repräsentiert Loc den Fall der Querschnitts- erreicht hätte (von den Schäden am Bauwerk ausbildung aus opus caementicium und LZS durch Frostsprengung ganz abgesehen). Die den aus Ziegelsplitt. Die bei der Berechnung Gefahr des Einfrierens wurde umso größer, je verwendeten Abflusswerte entsprechen den in kleiner die Abflusstiefen und umso geringer Kapitel 6.6 errechneten Zahlen. die Abflüsse waren.

1/3 Rauheitsbeiwert kSt = 72.5 m /s 2. Ein Baustoff mit einer besseren Dämmwir-

h (cm) Q (m³/d) Loc (m) LZS (m) kung, wie sie der Ziegelsplittkern mit großer Wahrscheinlichkeit hatte, hätte diese Gefahr 0,05 198 1490 3240 mehr als halbiert und hätte den Durchfluss des 0,10 530 3060 6640 Wassers bis zu seinem Bestimmungsort ge- 0,15 908 4290 9315 währleisten können. 0,20 1310 5230 11380 0,30 2148 6520 14180 Dieses Resultat bestärkt die in diesem Aufsatz vorgetragene Interpretation, dass die innere Frostbeginn in einer Leitung mit glatten Wänden, Querschnittsschale aus Ziegelsplitt als Wärme Rechenmodell. isolierende Dämmung anzusehen ist. Um dies allerdings endgültig zu beweisen, wären ge- nauere bauphysikalische Analysen des Bau- Rauheitsbeiwert k = 55 m1/3/s St materials unbedingte Voraussetzung. h (m) Q m³/d) Loc (m) LZS (m)

0,05 150 1130 2450 3. Die Tabellen zeigen weiterhin, dass die 0,10 402 2330 5060 Vereisungsgefahr mit zunehmendem Abfluss 0,15 689 3250 7070 geringer wird. Hätte nur der Abfluss aus der 0,20 994 3960 8610 Quelle Hasenacker zur Verfügung gestanden, 0,30 1629 4950 10760 hätte das Wasser die CUT in strengen Wintern wahrscheinlich nie erreicht. Dies ist eine wei- Frostbeginn in einer Leitung mit rauen Wänden, Rechenmodell. tere Begründung dafür, warum versucht wer- den musste, möglichst alle Quellen in der Umgebung zu fassen und deren Wasser in die Es sei an dieser Stelle noch einmal ausdrück- CUT zu leiten. lich betont, dass die Zahlen in den Tabellen

Von der cura aquarum bis zur EU-Wasserrahmenrichtlinie – Fünf Jahre DWhG, Schriften der DWhG, Band 11, Siegburg 2007, 1. Halbband ISBN 978-3-8334-8433-9 / 2. Halbband ISBN 978-3-8334-8434-6 198 Christoph Ohlig, Die Wasserleitung zur Colonia Ulpia Traiana (Xanten)

4. Die Ergebnisse dieser Abschätzungen ge- ben. Dabei dürften sie möglichst viele Quellen ben Anlass, auch über den Betriebsmodus der erschlossen haben, um alle Versorgungsziele Großen Thermen und die Funktion ihres Re- innerhalb und, wofür die Trassenführung zum servoirs neu nachzudenken. Süden der CUT spricht, außerhalb der Stadt Nach den bisherigen Vorstellungen floss das auch unter ggf. ungünstigen Bedingungen Wasser des Kanals in ein Reservoir neben den erfüllen zu können. Großen Thermen, das ca. 5 m über das Gelän- Die Vermessungen der möglichen Leitungs- deniveau hinausragte (Hochbehälter). trassen müssen gezeigt haben, dass trotz des Wenn man davon ausgehen muss, dass das insgesamt relativ flachen Geländes am Nie- Wasser ohne Frostschutzmaßnahmen auf den derrhein für die Leitung ein ausreichendes stark klimaexponierten Aquäduktstrecken Gefälle zur Verfügung stand. Voraussetzung hätte einfrieren können, dann gilt dies auch war allerdings, dass die Leitung über mehrere für das Wasser im Hochbehälter, das sich auf km lange Strecken auf bis zu 7 m hohen Brü- dem Weg von den Quellen bis hierher weiter cken geführt werden musste. abgekühlt hatte und in diesem Reservoir, Mindestens auf diesen Brücken bestand die ebenfalls stark klimaexponiert, viele weitere Gefahr, dass das langsam und mit relativ ge- Stunden ohne Fließbewegung gespeichert ringer Wassertiefe fließende Wasser im Win- wurde. ter in der Leitung einfrieren und diese dabei beschädigen oder zerstören könnte. Die Frage nach Größe, Bauweise und Funk- Um dieser Gefahr zu begegnen, dürfte die tion dieses Reservoirs sollte unter diesen Ge- mehrschalige Konstruktion der Leitung mit sichtspunkten neu diskutiert werden. einem isolierenden Kern aus Ziegelsplitt ge- wählt worden sein. Warum die Leitung, was zu vermuten ist, auf der gesamten Strecke in dieser Weise errichtet wurde, obwohl ein be- 7. Zusammenfassung sonderer Frostschutz bei unterirdischem Ver- lauf der Leitung wahrscheinlich nicht nötig Die bisher bekannten Befunde, die Beobach- gewesen wäre, ist nicht zu sagen. Möglicher- tungen an den erhaltenen Leitungsfragmenten, weise haben sich die Baumeister dabei an dem die Ergebnisse der Flugprospektion, die Über- von Tacitus berichteten Verhalten der Germa- legungen zu den Randbedingungen beim Bau nen orientiert, die ihre unterirdischen Wohn- einer Wasserversorgungsanlage in römischer höhlen, die sie im kalten Winter benutzten, Zeit und die rechnerischen Abschätzungen der zusätzlich mit einer Schicht aus Mist abge- Leistungsfähigkeit der Leitung sowie ihrer deckt haben. Die Isolierwirkung eines mehr- Frostanfälligkeit lassen als Arbeitshypothese schichtigen Wandaufbaus muss also bekannt folgendes Bild der Xantener Wasserleitung gewesen sein. entstehen: Wenn nicht aus dem Wasserleitungsbau, so könnten die Römer das Problem der Wärme-/ Obwohl man nur sehr wenig oder nichts über Kälteisolierung auch aus dem Bau von Eiskel- die eigentlichen Baumeister römischer Was- lern gekannt haben. Viele literarische Zeug- serleitungen weiß, ist anzunehmen, dass es für nisse weisen daraufhin, dass es solche unterir- derartige Bauwerke Spezialisten gab. Es ist dische Bauwerke in Villen der Oberschicht deshalb zu vermuten, dass auch die Xantener gegeben haben muss, die im Winter mit Eis Wasserleitung von auswärtigen Fachleuten gefüllt wurden, um auch noch bis weit in den (vermutlich Militärangehörigen) konzipiert Sommer hinein Lebensmittel und Getränke zu wurde. kühlen. Bekannt in diesem Zusammenhang ist Diese Fachleute müssen vorab grundsätzliche z. B. ein langgestreckter unterirdischer Gang Überlegungen über den Wasserbedarf und die mit vielen seitlich angefügten kleinen Kam- vorhandenen Wasserressourcen angestellt ha- mern in der Villa Hadriana in Tivoli („Eiskel-

Von der cura aquarum bis zur EU-Wasserrahmenrichtlinie – Fünf Jahre DWhG, Schriften der DWhG, Band 11, Siegburg 2007, 1. Halbband ISBN 978-3-8334-8433-9 / 2. Halbband ISBN 978-3-8334-8434-6 Christoph Ohlig, Die Wasserleitung zur Colonia Ulpia Traiana (Xanten) 199 ler“), dessen Wandaufbau allerdings noch nie Damit wäre auch der Ausgangspunkt des ca. untersucht wurde.90 2 km langen und bis zu ca. 6 m hohen Aquä- duktes definiert, der über die in römischer Zeit Eine zweite Möglichkeit, der Gefahr des Zu- sumpfige, morastige Senke („Furth“) hinweg frierens einer solchen Leitung im Winter zu parallel zur schon vorhandenen Straße bis zur begegnen, besteht darin, den Wasserabfluss zu Südostecke der Hees lief, wie durch die Flug- vergrößern. Wasser in einer Leitung strömt prospektion erstmalig bewiesen wurde. nämlich nicht überall mit gleicher Geschwin- digkeit, sondern diese ist an den Rändern Hier wurde möglicherweise das Wasser der in deutlich geringer als im Zentrum des Wasser- der Nähe liegenden „Drususquelle“ in die körpers. Deshalb friert eine Leitung von au- Leitung eingespeist. Auch dafür wird es dann ßen her zu. Aber je mehr Wasser und je ein (weiteres) in den Verlauf der Trasse einge- schneller es in der Leitung fließt, desto später fügtes Becken gegeben haben. setzt dieser Prozess ein. Dies könnte auch schon zu römischer Zeit aus Erfahrung be- Der Verlauf der Trasse jenseits dieses Punktes kannt gewesen sein, und es könnte ein weite- ist teils gesichert, teil noch hypothetisch: res Argument dafür gewesen sein, möglichst – Ausweislich des Fundes am Holzweg muss alle Quellen in erreichbarer Nähe zu fassen die Leitung (oder ein Leitungsstrang) vom und zu nutzen. Sammler/Verteiler Hees aus unterirdisch in nordöstlicher Richtung weitergegangen und Neben dem heute schon nachgewiesenen dann, wiederum auf einem Aquädukt, nach Quellgebiet (Hasenacker bei Labbeck) dürften Nordwesten auf die CUT zu verschwenkt sein vor allem die ergiebigen Quellen am Doctors- (Abb. 54). Die Fortführung dieser Trasse bis hof/ Hartogshof nordwestlich von Sonsbeck zur Stadtmauer der CUT ist aber keineswegs erschlossen worden sein. Ausweislich der Er- so gesichert, wie es auf den ersten Blick er- gebnisse der Flugprospektionen ist von dort scheinen mag. Bei dem Punkt 1 in Berkels mit großer Wahrscheinlichkeit eine Zuleitung Plan (Abb. 54) und Katalog handelt es sich bis zum vermuteten Sammelbecken an der um den Fund eines Bleirohres ohne jeden Furth verlaufen. Diese Zuleitung könnte aber Befundzusammenhang. Berkels Folgerung „... auch schon vor Erreichen des Sammelbeckens wird man wohl davon ausgehen können, dass irgendwo in der Nähe des Köppenhofes mit das Rohr aus dem Umfeld eines Wasservertei- der Zuleitung von dort zusammengeführt wor- lers (castellum divisorium) stammt, da übli- den sein. cherweise Blei- oder Tonrohre verwendet wurden, um das Wasser den jeweiligen Be- Diese weitere(n) Zuleitung(en) müsste(n) auf darfsstellen innerhalb der Colonia zuzulei- der Ostseite der heutigen Landstraße 480 mit ten.“91 ist nicht zwingend. der Leitung, die von den Quellen am Forst- Beim Punkt 47 in Abb. 54 handelt es sich um haus Hasenacker (Labbeck) gespeist wurde, in die Zuordnung eines Gemäldes im Regional- einem Sammelbecken zusammengeführt wor- museum Xanten zu einem Haus, das an dieser den sein. Neben seiner Funktion als Sammler Stelle gestanden haben könnte. In der Fassade dürfte dieses Becken auch die Funktion eines des in dem Gemälde dargestellten Hauses Absetzbeckens gehabt haben, so dass gewähr- lassen sich möglicherweise Aquäduktbögen leistet war, dass nur sedimentfreies Wasser in erkennen, deren Abstand aber nicht zu dem die geschlossene Aquäduktleitung, die über Abstand der tatsächlich gefundenen Aquä- die Furth führte, eingespeist wurde. duktpfeiler passen.92

91 Berkel 2002, 137. 90 Salza Prina Ricotti 2001, I depositi di neve, 397 ff. 92 Berkel 2002, 145.

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Ganz unwahrscheinlich er- scheint es aber auf Grund der Gefälleverhältnisse, dass dieser Leitungsstrang sogar bis zum Hochbehälter der Großen Thermen wei- tergegangen sein könnte: Die Leitung hätte bei einer Höhe am Holzweg von 27,37 m über N.N. die Soll- höhe im Hochbehälter der Großen Thermen (für einen Tagesbedarf) von 27,53 m über N.N. überhaupt nicht erreichen können. Hätte sie ihr bisheriges Gefälle bei- behalten, so wäre sie etwa auf 26,20 m über N.N. am Hochbehälter angekommen, hätte ihn also nur noch so- weit füllen können, wie es zwei Drittel eines minima- len Tagesbedarfs entspricht.

Unter hydrotechnischen Gesichtspunkten spricht hingegen vieles dafür, dass vom Sammler/Verteiler Hees an ein Leitungsstrang abzweigte, direkt zu den Großen Thermen führte und

Abb. 54: Trassenverlauf des Leitungsstranges vom ausschließlich diese versorgte: Zum einen ist Holzweg in Richtung CUT (Plan Berkel 2002, 133). diese Strecke um ca. 1250 m kürzer und zum zweiten hätte dieser Leitungsstrang die Soll- höhe im Hochbehälter der Großen Thermen Auch diese Zuordnung ist also so vage, dass problemlos erreichen können. der Befund Nr. 2 in Abb. 54, ein im Jahre 1953 gefundener Aquäduktpfeiler, der letzte Es gibt also gute Gründe für die Annahme, eindeutige Beleg für die Leitung ist (vgl. Abb. dass die Leitung vom Sammler/Verteiler Hees 16 mit der Befunddokumentation von Hinz). an in zwei Stränge aufgeteilt wurde, von de- Ob dieser Leitungsstrang also wirklich vom nen der eine über eine weitere, ca. 3 km lange Holzweg zur Colonia ging und wohin dort Aquäduktstrecke direkt die Thermen versorg- genau, ist derzeit unbestimmt. Dass dieser te, während der andere in den Bereich südlich Leitungsstrang die Legionsziegelei versorgen der CUT ging. Unter diesen Umständen könn- sollte, ist eher unwahrscheinlich, weil die te der Sammler/Verteiler Hees auch mit Re- Trasse deutlich vor Erreichen der Ziegelei geleinrichtungen ausgestattet gewesen sein, verschwenkt und erheblich weiter nach Nor- die eine differenzierte Weiterleitung von un- den geht, als für deren Versorgung nötig ge- terschiedlichen Wassermengen für unter- wesen wäre (Abb. 54). schiedliche Zeitspannen an verschiedene Nut-

Von der cura aquarum bis zur EU-Wasserrahmenrichtlinie – Fünf Jahre DWhG, Schriften der DWhG, Band 11, Siegburg 2007, 1. Halbband ISBN 978-3-8334-8433-9 / 2. Halbband ISBN 978-3-8334-8434-6 Christoph Ohlig, Die Wasserleitung zur Colonia Ulpia Traiana (Xanten) 201 zer erlaubt hätten. Dies wäre z. B. durch eine Der Umfang sowie auch die Art und der Ab- Schützsteuerung einfach zu bewerkstelligen lauf der Bauaktivitäten für die CUT muten gewesen. fast wie eine Blaupause an: – Um 100 n. Chr. Ausweisung einer 73 ha Wesentlicher Ausgangspunkt der bisherigen großen Fläche für eine neue Stadt. Ab 106 Voruntersuchungen war die Hypothese, dass n. Chr. Bau der 3,5 km langen Stadtmauer. die Wasserversorgung der Bevölkerung der – In der ersten Hälfte des 2. Jh. n. Chr. wur- CUT durch Brunnen sichergestellt war, so den im neuen Stadtgebiet errichtet: die großen dass die Fernwasserleitung „nur“ zur Versor- Thermen, der Hafentempel, ein Amphitheater gung eines oder mehrerer Großnutzer, vor (Holzbauweise). Zumindest begonnen wurde allem der Großen Thermen, nötig zu sein auch ein Verwaltungspalast, das Forum und schien. das Kapitol. Es ist nicht zu verschweigen, dass diese Hy- Wie in Pergamon erforderte auch bei der CUT pothese einen gravierenden Schwachpunkt das gewaltige Bauprogramm eine leistungs- hat: Bei der Fokussierung der Fernwasserlei- starke, fließende Wasserversorgung für die tung auf die Versorgung der Großen Thermen große Zahl der Bauarbeiter und auch für die kann die Frage nach dem Sinn der Leitungs- mannigfachen Baustellen. Dafür wurde m. E. trasse von der Hees aus über den Holzweg im noch vor 106 n. Chr. (Bau der Stadtmauer) Bogen zur Südseite der CUT, wo sie „im Quellen im Bereich Labbeck-Sonsbeck ge- Nichts“ zu enden scheint, nicht beantwortet fasst und über die Leitung (1) bis (4) an die werden. Stadt (an das Einsatzgebiet) herangeführt. Die Vermutung, dass diese Leitung eine Stiftung Kurz vor Redaktionsschluss dieses Beitrages des Kaisers [Traian] für die [von ihm zur co- wies Herr Prof. Dr.-Ing. G. Garbrecht auf eine lonia erhobene und] nach ihm benannte Stadt parallele Situation in der Bau- und Wasserver- war, liegt nahe. sorgungsgeschichte des antiken Pergamon hin ... Die Trassenführung der Leitung wird durch und steuerte damit die Lösung dieses Prob- Zweckmäßigkeitserwägungen bestimmt ge- lems bei: wesen sein (Geländebeschaffenheit, möglichst „Kurz zusammengefasst: In Pergamon wurde geringe Längen der Aquäduktstrecken, z. B. unter Eumenes II. (197-159 v. Chr.) das 21 ha unterirdischer Verlauf in Abschnitt 2). umfassende Stadtgebiet auf 90 ha erweitert und durch eine 4 km lange Stadtmauer ge- Der um 125 n. Chr. fertiggestellte Komplex schützt. Die Akropolis wurde um- und z. T. der Großen Thermen ist nun durch einen Ab- völlig neu gebaut (‚Königsstadt’). Im erwei- zweig vom Sammler/Verteiler Hees mit Was- terten Stadtgebiet wurden neue Stadtviertel ser versorgt worden. Die bestehende Leitung mit großen, repräsentativen öffentlichen und (1) – (2) (und wahrscheinlich auch die fol- auch privaten Baukomplexen errichtet. Die genden Abschnitte haben ein Gefälle von S = Realisierung dieses gewaltigen Bauprog- 0,0006 besessen. Der Abzweig (5) zu den ramms innerhalb von nur drei oder vier Jahr- Thermen musste mit S = 0,0041 ausgelegt zehnten erforderte den Einsatz eines Heeres werden, um deren Hauptspeicher in genügen- von Handwerkern und Bauarbeitern, das mit der Höhe erreichen zu können. Die Leitung Trink- und Brauchwasser versorgt werden (2) – (4) blieb als öffentliche Wasserversor- musste. Dazu waren auf den zahlreichen gung der Stadt und ihrer Baustellen auch nach Großbaustellen beträchtliche Mengen von dem Bau der Leitung (5) bestehen. Der reich- Wasser für die Herstellung von Beton, Putz liche Wasserzufluss konnte am Sammler/ und Mörtel erforderlich. Zur Deckung dieses Verteiler Hees durch Regeleinrichtungen dem Bedarfs wurden bereits vor Baubeginn die Bedarf entsprechend auf die beiden Leitungs- Attalos-Leitung und wenig später wohl auch strecken aufgeteilt werden. die Demophon-Leitung angelegt.

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Ich meine, dass dieses Konzept alle bekannten Voraussetzung für den Aufbau der Stadt, be- Fakten (ergänzt durch wenige plausible An- teiligt hat. nahmen) widerspruchsfrei deutet und ein- schließt.“93 Da es sich bei den Quellen am Forsthaus Ha- senacker von der Entfernung her um die Dieser Bewertung ist vorbehaltlos zuzustim- nächstliegenden handelt, ist es wahrschein- men, und sie erlaubt abschließend eine weite- lich, dass die Leitung in der ersten Baustufe re Präzisierung des bisher entwickelten Denk- (Abb. 55) dort begann, unterirdisch bis zum modells der bauliche Entwicklung des Xante- Sammler Furth lief und die Furth dann oberir- ner Wasserversorgungssystems: disch auf einem Aquädukt überquerte. An dessen Ende stand mög- licherweise ein Becken (Sammler), weil hier vielleicht schon von Anfang an das Wasser der Drususquelle aus der Hees in die Leitung eingespeist wurde, die von dort unterirdisch bis zu einer Stelle etwas nördlich des heutigen Holzweges weiterlief. Dort musste sie den

Abb. 55: Unmaßstäbliche Prinzipskizze: Wasserver- Hang wieder verlassen und lief auf einem sorgungssystem CUT, mögliche 1. Ausbaustufe. weiteren, niedrigeren Aquädukt bis zum zent- ralen Bauplatz, der sich entweder außerhalb des neuen Stadtgebietes oder in dessen Südos- Planung und Bau der Wasserleitung müssen ten befand. zeitlich und inhaltlich mit der Erhebung der bisherigen Siedlung zur colonia durch Traian Ob die Quellen aus der Region jenseits der im Jahre 98 n. Chr. zusammenhängen, weil Sonsbecker Schweiz (Hartogshof/Doctorshof eine funktionierende Fernwasserversorgung und Köppenhof) schon von Anfang an er- Voraussetzung für den Bau der Stadtmauer schlossen und in das System integriert waren, und aller weiterer Bauaktivitäten war. Es ist ist nicht zu sagen. Spätestens um das Jahr 125 deshalb auch denkbar, dass der Kaiser sich an n. Chr., nämlich vor Planung und Bau der der Finanzierung dieses „Initial-Bauwerks“, Großen Thermen, müssen sie aber erschlossen und in das System integriert worden sein, weil die Thermen sonst nicht hätten betrieben wer- 93 G. Garbrecht, 20.6.2007, persönliche Kommunikation. den können. Zu der Notwendigkeit einer Wasserleitung schon vor oder spätestens bei Baubeginn in Pergamon s. Garbrecht Gleichzeitig muss zwischen dem Sammler/ 2001, 72 („Zum Zeitpunkt des Baubeginns musste die Verteiler Hees und den Großen Thermen eine Wasserversorgung der sehr zahlreichen Bauarbeiter be- neue Aquäduktstrecke zur Versorgung der reits gesichert gewesen sein, ein zusätzlicher Bedarf, der Thermen gebaut worden sein (Abb. 56). sicher nicht nur aus den bestehenden Zisternen gedeckt Bei temporär wechselndem Wasserbedarf so- werden konnte.“); 130 („Aus bauwirtschaftlicher Sicht wäre vielleicht noch anzumerken, dass die Wasserver- wohl der Thermen als auch der Baustelle bzw. sorgung eine grundlegende städtische Infrastruktur ist, der später möglicherweise an deren Stelle deren Planung und auch Bereitstellung den geplanten getretenen Nutzer hätte das Wasser durch Bauaktivitäten vorauszugehen hat, zumindest jedoch mit entsprechende Regeleinrichtungen im Samm- deren Beginn zusammenfallen sollte.“); 131 und Radt 1999, 81; 149 ff. ler/Verteiler Hees gezielt verteilt werden kön-

Von der cura aquarum bis zur EU-Wasserrahmenrichtlinie – Fünf Jahre DWhG, Schriften der DWhG, Band 11, Siegburg 2007, 1. Halbband ISBN 978-3-8334-8433-9 / 2. Halbband ISBN 978-3-8334-8434-6 Christoph Ohlig, Die Wasserleitung zur Colonia Ulpia Traiana (Xanten) 203 nen. Eine solche Steuerung hätte es wahr- In der Hoffnung, dass dieser Beitrag, in dem scheinlich auch erlaubt, die Thermen ohne sowohl die Ergebnisse der Voruntersuchungen Bevorratung eines Tagesbedarfs in einem beschrieben als auch der Rahmen einer mögli- Hochbehälter zu betreiben. chen weiteren Forschung abgesteckt werden, zur Basis einer erfolgversprechenden Koope- ration werden möge, legt der Verfasser diesen na- mens der Deutschen Wasserhistorischen Ge- sellschaft (DWhG) der Öffentlichkeit, dem Rhei- nischen Amt für Boden- denkmalpflege (RUB) in Bonn und dem Archäolo- gischen Park Xanten (APX) vor.

Abb. 55: Unmaßstäbliche Prinzipskizze: Wasserver- sorgungssystem CUT, mögliche 2. Ausbaustufe.

Wozu das Wasser der „Baustellenleitung“ im 8. Projektplanung Südosten der CUT (Abschnitte 2 und 3) nach Abschluss der Bauarbeiten innerhalb und/oder Es soll im Folgenden gezeigt werden, in wel- außerhalb der Stadt verwendet wurde, muss che Richtung weitere Forschung gehen könnte Gegenstand weiterer Forschungen bleiben. und welche Aufgabenfelder zu bearbeiten sind, wobei sich Weiteres aus der fortschrei- Bei der Wasserversorgung der CUT, so kann tenden Arbeit jeweils neu ergeben kann. man abschließend feststellen, handelt es sich um ein komplexes System mit vielen noch offenen Fragen, dessen Grundstruktur sich 8.1 Vermessung aber schon deutlich abzeichnet und dessen Erforschung nur in interdisziplinärer Zusam- Die gesamte Trasse von den Quellen am Ha- menarbeit erfolgreich weitergeführt werden senacker sowie von den neu in den Blick ge- kann. nommenen Quellen am Hartogshof/Doctors- hof (Abb. 44) über alle dazwischenliegenden Vieles, was in Zukunft zu tun sein wird, erfor- weiteren Quellen bis hin zur CUT müsste dert ingenieurwissenschaftliche, anderes ar- genau vermessen werden, um genauere Vor- chäologische Fachkenntnisse. Aber auch his- stellungen von der Trassenführung zu bekom- torische, geologische, hydrologische, klima- men. kundliche, topographische und viele andere Die Ergebnisse dieser Vermessung könnten Aspekte spielen eine so wichtige Rolle, dass die Grundlage für gezielte Sondagen und an- entsprechende Fachleute, im Idealfall solche dere Folgeuntersuchungen sein. mit Ortskenntnis, zur Mitarbeit gewonnen werden sollten.

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8.2. Begehungen der Quellgebiete und der schaftlichen Nutzung nicht immer zugänglich Trassen sind.

– Es ist aus vielen Beispielen bekannt, wie römische Quellfassungen aussehen können. 8.3. Befliegungen Auch wenn es nicht sehr wahrscheinlich ist, könnten in den Quellgebieten noch Hinweise Da die Erkenntnismöglichkeiten der Luftbild- auf solche Quellfassungen (z. B. Schuttfrag- archäologie sehr stark von sich ständig än- mente mit opus signinum, dem typischen hy- dernden Faktoren abhängig ist (Wetterbedin- draulischen Mörtel aus römischer Zeit) gefun- gungen, landwirtschaftliche Nutzung, Jahres- den werden. Geländebegehungen mit vielen zeit usw.), müssen in regelmäßigen Abständen (geschulten) Mitarbeitern (z. B. studentische weitere Befliegungen durchgeführt werden, da Mitglieder der DWhG) sollten hier trotz der der größte Teil der Leitungen, wenn nicht möglicherweise geringen Erfolgsaussichten überhaupt alles Steinmaterial, dem „mittelal- durchgeführt werden. terlichen Steinraub“ zum Opfer gefallen sein – Die am Doctorshof/Hartogshof beginnende dürfte. Die Trassenverläufe können deshalb in Trasse muss in ihrem Verlauf mehrere Gelän- den meisten Fällen vermutlich nur noch über deeinschnitte überwinden, die z. T. mehrere Bewuchsanomalien nachgewiesen werden, Meter tief sind,. Dazu waren vermutlich klei- deren Entdeckung und Interpretation den er- ne Brückenbauwerke nötig, von denen in den fahrenen Luftbildarchäologen verlangen. Böschungen noch Reste vorhanden sein könn- ten. Auch hier würde sich eine gründliche Nachsuche (möglicherweise mit Sondagen) 8.4. Sondagen lohnen. – Es müsste zuerst eruiert werden, ob es für – Dasselbe gilt für die übrigen Bereiche der den Graben (Abb. 45 und 46), der nach dem Leitungstrassen. Auch wenn der beim „mitte- ersten Eindruck ein Ausbruchsgraben einer lalterlichen Steinraub“ zurückgelassene Schutt Schussstrecke kurz vor dem Einlaufbecken durch die intensive landwirtschaftliche Bear- sein könnte, auch andere Erklärungen geben beitung der Flächen inzwischen sehr klein- kann. Möglicherweise gibt es darüber Unter- formatig sein muss, könnte ein Häufung von lagen oder Erkenntnisse bei der Gemeinde typischem Material (z. B. Eifeltuff, Basalt, Sonsbeck. Trachyt, vermörtelte Ziegelfragmente) wichti- Wenn darüber nichts zu ermitteln ist, würden ge Hinweise geben. sich hier einige Sondagen lohnen, denn Stein- räuber haben mit größter Wahrscheinlichkeit Erste Erfolge hat der Verfasser bei seinen Schutt hinterlassen, der auch heute noch zu bisherigen Begehungen insofern schon erzielt, finden sein müsste, wenn es diesen Trasse- als er an drei weit voneinander entfernten nabschnitt gegeben hat. Stellen im Bereich der Trasse zwischen Doc- torshof/Hartogshof und Sammler Furth sowie – Wichtige weitere Erkenntnisse über die auch an einer Stelle in der Trasse zwischen Bauweise des Aquäduktes an der Furth würde dem Sammler/Verteiler Hees und den Großen eine Sondage im Bereich eines bestimmten Thermen eine auffällige Häufung von Ziegel- früheren Pfeilers geben. Es besteht gute Aus- splitt, Tuff und anderen für diese Flächen sicht, dass hier noch Reste eines Fundamentes ungewöhnlichen Steinsorten gefunden hat. untersucht werden können, das Aussagen über Solche Begehungen müssten regelmäßig und die Bautechnik zulässt. über längere Zeitspannen durchgeführt wer- den, weil die in Frage kommenden Flächen in Abhängigkeit von ihrer jeweiligen landwirt-

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8.5. Geophysikalische Untersuchungen Leitungsstrang ein castellum aquae, also ei- nen Verteiler gegeben hat. Geophysikalische Untersuchungen könnten, Bridger und Siegmund halten es für möglich, wenn die Trassenvermessung den vermuteten dass die später völlig zerstörte Gereonskapelle Standort eines Sammelbeckens an der Furth in den Sümpfen außerhalb der mittelalterli- und eines weiteren Sammel-/Verteilerbeckens chen Stadt ursprünglich ein solches Castellum an der Hees realistisch erscheinen lässt, mög- im Verlauf der Fernleitung gewesen sein licherweise deren genaue Position erschlie- könnte, von dem aus die Legionsziegelei ver- ßen. Auch an anderen Stellen könnten solche sorgt worden wäre.94 Untersuchungen Erfolg versprechen. Das ist aber aus wasserbaulicher Sicht wenig wahrscheinlich: Die Hypothese stützt sich zum einen auf den Fund einer Rohrleitung in 8.6. Bauphysikalische Untersuchungen der Nähe der Legionsziegelei. Die von Weg- ner freigelegte Rohrleitung hat einen Durch- Eine Bohrkernentnahme und anschließende messer von 24-30 cm bei 60 cm Länge der Materialprüfung des Ziegelsplittkerns aus einzelnen Rohre. Sie hat ein leichtes Gefälle einem der erhaltenen Leitungsfragmente sollte von Ost nach West, und ausweislich des pub- es ermöglichen, dessen bauphysikalischen lizierten Fotos verweist auch die Steckrich- Eigenschaften zu verifizieren und ggf. auch zu tung der Rohre auf eine Fließrichtung des quantifizieren. Wassers von Ost nach West.95 Wäre das Was- ser dieser Leitung aus der Fernleitung ge- kommen, müsste die Fließrichtung umgekehrt 8.7. Archäologische Untersuchungen zur sein (vgl. Abb. 54). Baustoffkunde Es kommt hinzu, dass die zweite Stütze dieser Hypothese, Urkunden aus dem 13. und 14 Jh. Auch wenn der Ziegelsplittkern zur Isolierung in den Akten des Xantener Stifts, unbedingt der Xantener Wasserleitung nach heutiger hinterfragt werden muss. Dort ist nämlich, Kenntnis ein Unikat sein könnte, sollte nach möglicherweise verursacht durch einen des vergleichbaren Anwendungen in anderen Bau- Lateinischen unkundigen Abschreiber, aus der typen gesucht werden (möglicherweise in der älteren Formulierung ex antico artificio, – die Isolierung des Schwitzbades [sudatorium / Kapelle sei ‚auf antike (Bau)Weise’ oder ‚in laconicum] in Thermen oder auch bei Kühl- antiker Bauart’ errichtet worden – unverse- räumen und Eiskellern in römischen Villen). hens die Formulierung ex antico aedificio – die Kapelle sei ‚aus einem antiken Gebäude’ entstanden –, geworden.96 8.8. Gezielte archäologische Untersuchun- gen im Bereich der CUT

Alle Untersuchungen zur Trassenführung außerhalb der Colonia müssten innerhalb der Grenzen des Archäologischen Parks fortge- setzt werden, denn die Wasserversorgungsan- lagen – und möglicherweise auch das Baula- ger innerhalb oder direkt vor der Stadt – dürf- ten Spuren hinterlassen haben.

Interessant ist auch die Frage, ob und wo es in 94 dem von Süden auf die CUT zulaufenden Bridger/Siegmund 1987, 104 ff. 95 Wegner 1980, Maße und Beschreibung: 45; Foto 47. 96 Engelskirchen 1960, 131 ff.

Von der cura aquarum bis zur EU-Wasserrahmenrichtlinie – Fünf Jahre DWhG, Schriften der DWhG, Band 11, Siegburg 2007, 1. Halbband ISBN 978-3-8334-8433-9 / 2. Halbband ISBN 978-3-8334-8434-6 206 Christoph Ohlig, Die Wasserleitung zur Colonia Ulpia Traiana (Xanten)

9. Danksagungen Peters, für viele Informationen, die nur Ein- heimische haben können; Der Verfasser hat für vielfältige Hilfen, Hin- – Herrn Stratmann für die Genehmigung, den weise, Ratschläge und mannigfache Unters- Kanalabschnitt auf seinem Grundstück in tützung zu danken: Labbeck untersuchen und vermessen zu dür- – der Leitung des Archäologischen Parks, fen, vor allem für seine umfangreichen, sehr Herrn Dr. Martin Müller und Herrn Dr. Nor- instruktiven Informationen „aus erster Hand“ bert Zieling, für viele Auskünfte, kritische über die Leitungsfreilegung an der Sarren- fachliche Diskussionen und nicht zuletzt für kath; die Erlaubnis, jederzeit die Bibliothek der – den Herren Rüttermann, Jordans und Gen- Dienststelle benutzen zu dürfen; neper für die Genehmigung, ihre Äcker betre- – Herrn Professor Dr.-Ing. Dr. h.c. Günther ten und die Bewuchsanomalien analysieren Garbrecht für viele Ratschläge und Berech- und dokumentieren zu dürfen; nungen, seine in seiner außerordentlichen Er- – den Eheleuten Kiwitz für die Genehmigung fahrung mit antiken Wasserbauwerken be- einer gründlichen Inspektion ihres Grund- gründeten Lösungsansätze und die mehrfache stücks; Durchsicht des Manuskriptes; – Herrn Dr. Ingo Runde für seine Informatio- – dem Vorstand und dem Team der DWhG, nen über die Akten des Xantener Stifts; vor allem Herrn Prof. Dr.-Ing. Henning Fahl- – seiner Frau Marlies Ohlig, die manchen busch (FH Lübeck), der die Untersuchungen Kilometer im Gelände zwischen Sonsbeck von Anfang an und in jeder Phase ihres weite- und Xanten mit ihm zusammen zurückgelegt ren Verlaufes sehr tatkräftig. ideenreich und hat. freundschaftlich unterstützt und begleitet hat, – Herrn Prof. Dr.-Ing. Klaas Rathke (FH Höx- ter) für seine Hilfe bei der Auswertung von Literatur Luftbildern anderer Institutionen; – Herrn Prof. Dr.-Ing. Thomas Müller-Menzel Berkel, H. 2002, Reste römischer Wasserleitungen (FH Lübeck) für seine Hilfe bei der Abschät- im Raum Xanten, in: Xantener Berichte, Bd. 12, zung der Frostanfälligkeit der Leitung; 129-147. – Herrn Dr. Baoquan Song (Fachmann für Bodon, G. - Riera, I. - Zanovello, P. 1994, Utili- Luftbildarchäologie an der Ruhr-Universität tas Necessaria. Sistemi idraulici nell'Italia roma- Bochum), der mehrer Erkundungsflüge für die na, Rom. DWhG durchgeführt und viele Stunden seiner Böcking, W. Die Römer am Niederrhein. Ge- schichte und Ausgrabungen, 5. Aufl. 2005, Essen. Freizeit geopfert hat, um den Verfasser an Bridger, C. 1984a, Die Badeanlage am sog. Haus seinem profunden Wissen partizipieren zu am Kleinen Hafentor – Ergebnisse der Ausgrabun- lassen; gen 1981, in: Colonia Ulpia Traiana, 6. Arbeitsbe- – Herrn Professor Dr. Josef Klostermann, richt zu den Grabungen und Rekonstruktionen, Leiter des Geologischen Dienstes NRW in Köln. Krefeld, für seine wichtigen Informationen Bridger, C. 1984b, The 'Pes Monetalis' and the über das Klima am Niederrhein in römischer 'Pes Drusianus' in Xanten, in: Britannia, Vol. 15, Zeit und seine Unterstützung bei der Beschaf- 85-98 fung von Luftbildmaterial; Bridger, C. 1989, Colonia Ulpia Traiana, Insula – Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Werner Eck, Institut 38: Die Befunde der Grabung 1979 bis 1983, Köln. für Altertumskunde - Alte Geschichte - der Bridger, C., Siegmund, F. 1987, Die Xantener Universität zu Köln, für historische Hinweise; Stiftsimmunität. Grabungsgeschichte und Überle- – der Gemeindeverwaltung Sonsbeck, na- gungen zur Topographie, in: Beiträge zur Archäo- mentlich Herrn Bürgermeister Leo Giesbers logie des Rheinlandes. Rhein. Ausgrabungen 27, und dem Leiter des Bauamtes, Herrn Johannes Bonn, 86f.

Von der cura aquarum bis zur EU-Wasserrahmenrichtlinie – Fünf Jahre DWhG, Schriften der DWhG, Band 11, Siegburg 2007, 1. Halbband ISBN 978-3-8334-8433-9 / 2. Halbband ISBN 978-3-8334-8434-6 Christoph Ohlig, Die Wasserleitung zur Colonia Ulpia Traiana (Xanten) 207

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Von der cura aquarum bis zur EU-Wasserrahmenrichtlinie – Fünf Jahre DWhG, Schriften der DWhG, Band 11, Siegburg 2007, 1. Halbband ISBN 978-3-8334-8433-9 / 2. Halbband ISBN 978-3-8334-8434-6 Christoph Ohlig, Möglichkeiten und Grenzen interdisziplinärer Zusammenarbeit… 23

4. Projekt „Die Wasserleitung zur Colonia nichts zu tun haben – erkennen lassen, dass Ulpia Traiana (Xanten)“ – ein Nachtrag darin eine enorme juristische Brisanz gesteckt hätte: Einschlägigen Internetseiten31 entnehme Die Ergebnisse des oben genannten Projektes ich, dass man aus Briefen ohne ausdrückliche wurden 2007 publiziert, damals mit dem Un- Zustimmung des Briefschreibers nicht zitieren tertitel „Beobachtungen, Thesen, Projektpla- darf, weil der Briefschreiber sich schon durch nung“.27 Dieser Untertitel war darin begründe- das Bekanntwerden seiner eigenen Aussagen – te, dass damals beabsichtigt war, nach den von auch wenn diese korrekt zitiert sind – bloßge- uns dank der Finanzierung durch die DWhG in stellt, deshalb in seinen Persönlichkeitsrechten sehr kurzer Zeit erzielten und unerwartet er- verletzt sehen und diesen Sachverhalt mit gro- folgreichen Forschungsergebnissen weitere ßer Aussicht auf Erfolg strafrechtlich verfolgen Untersuchungen zusammen mit den Archäolo- lassen kann. gen des APX sowie denen der Außenstelle Xanten des RAB durchzuführen.28 Dass es Es ist in meinen Augen eine merkwürdige dazu nicht gekommen ist, hat allgemein großes Rechtslage, aber Ähnliches habe ich schon Unverständnis und Fragen ausgelöst. Im Fol- einmal erlebt: Der damalige Präsident einer genden sollen deshalb die Umstände der Pro- Gesellschaft, deren Mitglied ich war, hatte in jektentstehung sowie die Gründe für die allge- einem Brief an alle Mitglieder Unwahres und mein als „Scheitern“ empfundene spätere Ent- Ehrenrühriges über mich behauptet. Das war wicklung dargestellt werden.29 aber nach Ansicht des Richters im späteren Prozess vom grundgesetzlich garantierten Hier ist eine wichtige Einschränkung zu ma- Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt (Begrün- chen: In der Auseinandersetzung mit dem dung: Die Briefempfänger seien ja nicht ver- LVR-Amt für Bodendenkmalpflege in Rhein- pflichtet gewesen, die unwahren Behauptungen land hat es mehrere Briefwechsel gegeben. zu glauben). Lediglich den behaupteten, eben- Zum Verständnis der Abläufe wäre es wichtig, so falschen Vorwurf eines kriminellen Tatbe- den einen oder anderen Passus daraus zu zitie- standes (Erpressung) musste der Betreffende ren. Das habe ich im Entwurf des Manuskripts damals nach Verurteilung öffentlich widerru- zu diesem Beitrag auch getan, aber unmittelbar fen. Hier, so der Richter, stoße die Meinungs- vor Drucklegung geändert. Aktuelle Vorgänge, freiheit an ihre Grenze. die zurzeit in der Presse und im Internet heftig Es ist demnach also rechtens, dass ein Brief- diskutiert werden30, haben mich – wenngleich schreiber das sprichwörtliche ‚Blaue vom sie mit der hier behandelten Sache überhaupt Himmel herunter lügen‘ darf. Dagegen ist der Empfänger weder geschützt noch kann er et- was dagegen unternehmen. Wenn er aber Aus- 27 Ohlig 2007. 28 Folgende Abkürzungen werden in Zusammenhang mit sagen des Schreibers – wie etwa in einem sol- diesem Projekt verwendet: APX – Archäologischer Park chen Beitrag – zitiert und den Wahrheitsgehalt Xanten (eigenständige Abteilung im LVR); CUT – Colo- durch Nennung von Fakten überprüfbar macht, nia Ulpia Traiana, die antike römische Siedlung im Be- verletzt er – strafbewehrt – die grundgesetzlich reich der heutigen Stadt Xanten; DSchG NRW – Denk- geschützten Persönlichkeitsrechte des Schrei- malschutzgesetz des Landes Nordrhein Westfalen; LVR – Landschaftsverband Rheinland, eine Mittelbehörde in bers. Begründung: Die Öffentlichkeit könnte Nordrhein-Westfalen, der u. a. die archäologische Denk- „aus diesen Umständen Rückschlüsse auf die malpflege obliegt; RAB – Rheinisches Amt für Boden- Persönlichkeit des Verfassers…“ ziehen, so die denkmalpflege, eine Abteilung des LVR, inzwischen in Fußnote 32 genannte Internetseite, ein Urteil umbenannt in „LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland“. des Bundesgerichtshofes zitierend (vgl. BGHZ 29 Für die Beschreibung des Projektes selbst sei auf den 13, 334 [338] oder BGHZ 13, 334 [339]). o. g. Aufsatz verwiesen. 30 Die Hochspringerin Ariane Friedrich hat auf ihrer Homepage nach an sie gerichteten sexistischen und ver- 31 Z. B. (aufgerufen am 24.04.2012): letzenden Mails die Daten eines Stalkers öffentlich ge- http://www.onlinejournalismus.de/2007/03/27/ macht. weblogs-datenschutz-und-persoenlichkeitsrechte/.

DWhG – 10 Jahre wasserhistorische Forschungen und Berichte, Schriften der DWhG, Band 20.1, Siegburg 2012, ISBN 978-3-8448-0362-4 24 Christoph Ohlig, Möglichkeiten und Grenzen interdisziplinärer Zusammenarbeit…

Ich bin durch diese Rechtslage in der missli- Hees33 geleitet hat und mir den ursprünglichen chen Situation, dass ich meine von den Briefen Charakter der Quelle beschreiben konnte.34 des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege aus- gelösten Reaktionen zwar darstellen, aber we- Als ich die noch vorhandenen Fragmente der der erklären noch begründen darf und deshalb Wasserleitung35 miteinander verglich, stellten Gefahr laufe, dass der Leser sie nicht oder so- sich gravierende Unterschiede nicht nur unter- gar missversteht. Obwohl ich also alle Vorgän- einander, sondern vor allem auch mit den in ge gerne offenlegen würde und zumindest ver- der Literatur gegebenen Beschreibungen her- sichern kann, dass alle meine Aussagen ge- aus. Während in den im ursprünglichen Zu- richtsfest wahr sind, sind mir die Hände ge- stand belassenen Fragmenten der Xantener bunden, soweit zum Nachweis aus den genann- Wasserleitung die antiken Maße – ganze und ten Schreiben zitiert werden müsste. halbe römische Fuß, z. B. im Aufbau der Fließ- rinne, der Wangenstärke oder in der Breite des Fundamentes millimetergenau nachzuweisen 4.1. Vorspiel sind, trifft dies für das restaurierte Stück im APX nicht zu. Man erkennt hier vielmehr, dass Die erste Idee zu diesem Projekt entstand in die Handwerker, die diese Restaurierung aus- einem Gespräch, das ich im Frühjahr 2003 mit geführt haben, gewohnt waren, in glatten Zen- Dr. Norbert Zieling im Archäologischen Park timetermaßen zu rechnen. in Xanten führte.32 Er hatte die endgültige Frei- legung der Großen Thermen geleitet und wis- Während der exakten Aufmessung all dieser senschaftlich bearbeitet. Hierbei war aber, wie Leitungsfragmente entstand bei mir langsam so oft bei archäologischen Projekten, das Pro- ein Bild davon, wie – genauer: in welcher (für blem entstanden, dass zwar viele Aussagen römischen Wasserleitungsbau sehr untypi- zum Wasserbedarf, zur Wassernutzung usw. in schen) Abfolge einzelner Bauschritte – die dem betreffenden Komplex gemacht werden Leitung gebaut worden sein muss.36 konnten, dass aber ein Überblick über das Ver- sorgungssystem als Ganzes, in das die Ther- All dieses besprach ich mit Prof. Dr.-Ing. Hen- men als Teilelement eingebunden waren, fehlt. ning Fahlbusch bei einem Besuch bei mir in Deshalb fragte Herr Zieling, ob es nicht mög- Wesel. Aber wir diskutierten nicht nur die un- lich sei, dieser Frage gemeinsam nachzugehen. gewöhnliche Bauweise der Leitung, für die wir zum damaligen Zeitpunkt noch keinerlei Erklä- In der folgenden Zeit habe ich die gesamte rung hatten, sondern reflektierten – vor der bisher erschienene Literatur zur Wasserversor- Frage von Herrn Dr. Zieling nach einem ge- gung der CUT studiert und mir außerdem „vor meinsamen Forschungsprojekt – auch die oben Ort“ selbst ein Bild von den bisher gefundenen „dinglichen Resten“ der Wasserleitung ge- 33 Die Hees ist ein Waldgebiet, das auf der einen Seite an macht. Als (fast) Ortsansässiger hatte ich zu- den „Fürstenberg“ angrenzt, Standort des neronischen dem den unschätzbaren Vorteil, mit Augen- Zweilegionenlagers vor der CUT, und auf der anderen zeugen der früheren Untersuchungen, Land- Seite die Trasse der Wasserleitung zur CUT berührt. 34 Im Bereich der sog. Drususquelle hatte ich Beweise für eigentümern, deren Grundstücke die Wasser- eine römische Quellfassung gefunden. leitung überquert haben muss oder z. B. dem 35 Neben den in Privatbesitz befindlichen sind dies das inzwischen verstorbenen Oberförster persön- (stark restaurierte) Stück im APX und drei weitere Frag- lich sprechen zu können, der den Bau der mente, die lange Jahre an der sog. „Gommanschen Müh- le“ hinter dem Rathaus der Gemeinde Sonsbeck lagen. Quellfassung der sog. „Drususquelle“ in der Eins von ihnen wurde inzwischen in die Nähe des sog. Forsthauses Hasenacker (in der Nähe des Quellbereiches der Leitung), die beiden anderen auf den Dorfplatz nach Labbeck verbracht. Zwei weitere Fragmente befinden sich in Duisburg auf einem kleinen Platz in der Nähe des Lehmbruck-Museums. 32 Dr. Zieling ist stellvertretender Leiter des APX. 36 Näheres dazu Ohlig 2007, 174 ff.

DWhG – 10 Jahre wasserhistorische Forschungen und Berichte, Schriften der DWhG, Band 20.1, Siegburg 2012, ISBN 978-3-8448-0362-4 Christoph Ohlig, Möglichkeiten und Grenzen interdisziplinärer Zusammenarbeit… 25 in Punkt 4.1. skizzierten Überlegungen, die habe. Die ersten Rückmeldungen klangen viel- man vereinfacht in die Frage kleiden kann: versprechend und wir verabredeten ein Pla- ‚Wenn wir uns in die Rolle eines römischen nungsgespräch, an dem der Leiter des APX, Baumeisters versetzen, der am Beginn des Herr Dr. Müller, sein Stellvertreter, Herr Dr. 2. Jh. n. Chr. im Xantener Raum für die entste- Zieling, von der Außenstelle des RAB Frau Dr. hende Colonia eine Wasserleitung bauen soll, Obladen-Kauder, von der DWhG Herr Fahl- wie würden wir eine solche Aufgabe in Angriff busch und ich teilnehmen sollten. Jedoch er- nehmen?‘ wies sich eine Terminfindung als kompliziert; deshalb gingen Monate ins Land, ohne das sich Wie dargestellt, spielten dabei wasserwirt- etwas bewegte. Im Herbst 2005 beschloss der schaftliche Überlegungen eine entscheidende Vorstand der DWhG, dieses Projekt offiziell Rolle. Sehr schnell war uns klar, dass die bis- als „DWhG-Forschungsprojekt“ zu unterstüt- her bekannten Quellen für den Bedarf der Gro- zen und als Anschubfinanzierung eine nen- ßen Thermen, den Dr. Zieling vorab ermittelt nenswerte Summe zur Verfügung zu stellen. hatte, kaum ausgereicht haben dürften. An- Weitere Monate vergingen, immer wieder wur- schließendes Kartenstudium ergab, dass weiter den vereinbarte Termine abgesagt, fast immer entfernt liegende Quellen hinreichend hoch von Frau Dr. Obladen-Kauder.37 lagen und zumindest theoretisch für die Colo- nia zu erschließen gewesen wären. Im Herbst 2006 bat mich Herr Dr. Zieling Es folgten intensive Begehungen des Geländes. schließlich nach erneuter Aktivierung des Die Einsicht „So könnte die Leitung gebaut „Kleinen Dienstweges“, die DWhG möge doch worden sein.“ brachte die Entscheidung, den zur Beschleunigung des Verfahrens schon ein- Gedanken eines gemeinsamen Forschungspro- mal einen Entwurf für eine Kooperationsver- jektes aufzugreifen und aktiv voranzubringen. einbarung zwischen den drei beteiligten Stellen anfertigen. Diesen haben wir am 13.11.2006 Im Juli 2003 trug ich Dr. Zieling unsere Über- schriftlich vorgelegt. Um seinen Tenor zu ver- legungen sowohl zur Bauweise der Leitung, deutlichen genügt das Zitat zweier Kernsätze: die ich damals schon schriftlich mit Bauskiz- – „Untersuchungsziele, -abläufe und -metho- zen fixiert und mit Detailfotos der Wasserlei- den werden von den Beteiligten im Einzelnen tung dokumentiert hatte, als auch zur neuen abgesprochen. Trasse, die ein sehr viel ergiebigeres Wasser- – Alle Ergebnisse werden regelmäßig unterein- dargebot für die CUT erschlossen hätte, vor. ander bekannt gemacht und stehen allen Betei- Da diese ersten Ergebnisse auch ihm vielver- ligten uneingeschränkt zur Verfügung.“ sprechend erschienen, beschlossen wir, die bis dahin eher vage Idee eines gemeinsamen For- Eine inhaltliche Reaktion erfuhren wir nicht, schungsprojektes nun ernsthaft anzugehen, was aber schließlich wurde am Jahresanfang 2007 bedeutete, dass zunächst Gespräche mit der langfristig und fest für den 7. März ein Pla- Außenstelle Xanten des RAB geführt werden nungstreffen in der Dienststelle des APX mit mussten, die außerhalb des APX für solche den oben genannten Beteiligten vereinbart. Ich Untersuchungen zuständig ist. hatte einen ausführlichen Powerpoint-Vortrag vorbereitet, Herr Fahlbusch reiste eigens von Herr Dr. Zieling übernahm es, die Leiterin der Lübeck an, und dann wurden wir im Bespre- Außenstelle über unsere Pläne zu informieren und zur Mitarbeit zu bewegen. Auf dem „klei- 37 Wenn man allerdings weiß, dass die Außenstelle Xan- nen Dienstweg“ sollte dies schneller und effek- ten ein riesiges Gebiet (rund 3800 km2) zu betreuen hat tiver gelingen, als wenn wir dafür einen offizi- und ein Großteil ihrer Arbeiten unter extremem Zeitdruck ellen Schriftverkehr begonnen hätten – und so in Notgrabungen und Sicherungsfeststellungen von zufäl- kam es, dass ich, was später Bedeutung be- lig bei Bauarbeiten aufgetauchten Befunden besteht, die kommen sollte, kein einziges Mal mit der Lei- aus einer Zeitspanne von der Urzeit bis in die jüngste Vergangenheit reichen können, kann man dafür Ver- terin der Außenstelle persönlich gesprochen ständnis haben – wir hatten jedenfalls keinen Argwohn.

DWhG – 10 Jahre wasserhistorische Forschungen und Berichte, Schriften der DWhG, Band 20.1, Siegburg 2012, ISBN 978-3-8448-0362-4 26 Christoph Ohlig, Möglichkeiten und Grenzen interdisziplinärer Zusammenarbeit… chungszimmer des APX von Dr. Müller (dem Absage von Frau Dr. Obladen-Kauder vorge- diese Situation sichtlich peinlich war) davon in schoben war und dass es auf ihrer Seite Vorbe- Kenntnis gesetzt, dass Frau Dr. Obladen-Kau- halte geben müsse, die nicht aufgedeckt wur- der ‚wegen einer unvorhergesehenen dienstli- den. Da sie aber andererseits zu keinem Zeit- chen Spontanverpflichtung‘ unmittelbar vor punkt die geplante Zusammenarbeit in Frage dem Termin telefonisch abgesagt habe. Das gestellt hatte – ganz im Gegenteil, sie hatte sie Gespräch sollte aber in verabredeter Weise ja Dr. Müller „Prokura“ für das Gespräch er- stattfinden; Frau Dr. Obladen-Kauder habe ihm teilt und beansprucht, etwaige Bodeneingriffe so etwas wie „Prokura“ (wörtlich) erteilt, in selbst zu leiten38 – beschlossen wir, wie verab- ihrem Namen mitzuverhandeln. redet zu verfahren.

Herr Fahlbusch und ich trugen nun alle bishe- Nun ging alles relativ schnell: Ich habe mit rigen Untersuchungsergebnisse und das hydro- Herrn Dr. Baoquan Song, dem Luftbildarchäo- technische Planungskonzept in allen Einzelhei- logen der Ruhr-Universität Bochum, eine Be- ten vor. Zu konkreten Absprachen konnte es fliegung des Geländes, in dem die von uns aber wegen der Abwesenheit der Leiterin der postulierte neue Wasserleitungstrasse (Abb. Außenstelle nicht kommen, die zudem Herrn 30) verlaufen sollte, verabredet. Die dabei er- Dr. Müller aufgetragen hatte, uns mitzuteilen, zielten Ergebnisse (Nachweis von zwei Ab- dass sie ihrerseits vorab zur Bedingung mache, schnitten in der von Sonsbeck kommenden, dass alle eventuell anstehenden Bodeneingriffe bisher unbekannten Leitungstrasse sowie des ausschließlich unter ihrer Leitung durch Mitar- Aquäduktes über die Furth) sind in meinem beiter ihrer Dienststelle vorgenommen werden erwähnten Aufsatz beschrieben. dürften. Das lange, offene Gespräch endete in eigen- Natürlich wollten wir diese Befunde der zu- tümlicher Stimmung: Die Archäologen des ständigen Behörde (Außenstelle Xanten des APX erklärten, dass sie das Potential dieses RAB) melden.39 Ich verband damit die Hoff- Projektes bislang unterschätzt hätten, und alle nung, mit diesen ersten Beweisen der Richtig- Anwesenden waren sich einig, dass es unbe- keit unserer Hypothesen die vermuteten Barrie- dingt durchgeführt werden sollte und eine sehr ren bei der Außenstelle zu beseitigen und diese große Erfolgsaussicht habe. Zu den jetzt ei- doch noch zu einer Kooperation zu bewegen. gentlich notwenigen konkreten Beschlüssen konnte es aber nicht kommen, weil diese ohne die Außenstelle nicht zu treffen waren. Schließlich stimmten wir dem Vorschlag zu, dass wir (DWhG) vorerst alleine in den uns gesetzten Grenzen – also vor allem auf theore- tischer / hypothetischer Ebene – weiterarbeiten 38 Behauptungen von Vertretern des Amtes, die ich hier und bis zum Herbst eine noch einmal erweiter- aus den oben genannten Gründen leider nicht wörtlich te schriftliche Ausarbeitung vorlegen würden – zitieren darf, es habe zwischen dem Amt und mir bzw. in der Hoffnung, dass diese (und die bis dahin der DWhG keinerlei Aussicht auf ein gemeinsames Pro- jekt gegeben, sind insofern formal richtig, als wir tatsäch- hoffentlich erzielten weiteren Ergebnisse) die lich aus den oben geschilderten Gründen keinen direkten offensichtlich auf Seiten der Außenstelle vor- Kontakt miteinander hatten. Dennoch sind sie sachlich handenen, aber nie geäußerten Hemmnisse falsch und setzen Dr. Müller und Dr. Zieling, die immer beseitigen würden. Abschließend sagte Herr wieder eine Verbindung zwischen dem Amt und uns hergestellt hatten, in ein falsches Licht. Dr. Müller zu, Frau Dr. Obladen-Kauder über 39 DSchG NRW, „§ 15 Entdeckung von Bodendenkmä- Inhalt, Verlauf und Ergebnis unserer Beratung lern dezidiert zu unterrichten. (1) Wer in oder auf einem Grundstück ein Bodendenkmal Als Herr Fahlbusch und ich anschließend das entdeckt, hat dies der Gemeinde oder dem Landschafts- Gespräch und seine Ergebnisse reflektierten, verband unverzüglich anzuzeigen. Die Gemeinde hat unverzüglich den Landschaftsverband zu benachrichtigen. schien uns klar, dass die Begründung für die Dieser unterrichtet die Obere Denkmalbehörde.“

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Herr Dr. Song hatte ein anderes Motiv: Wegen der Knappheit von finanziellen Mitteln im Etat der Universität für solche Zwecke ist er darauf

Abb. 30: In Google Earth-Karten eingezeich- nete Höhenlinien (rot 50 m, gelb 40 m über NN), da- zwischen der „Korridor“, innerhalb dessen die vermu- angewiesen, die Kosten für Flugzeugmiete und tete Zweigleitung verlaufen muss (Planungsgrundlage Flugbenzin (die bei den Flügen für dieses Pro- für die Befliegungen). jekt von der DWhG bezahlt wurden) für die Ausbildungsflüge mit Studenten der Ruhr- Universität durch das Einwerben von Drittmit- Es verdient im Zusammenhang mit dem Ant- teln zu besorgen. Dies gelingt ihm z. B. da- wortschreiben der Leiterin der Außenstelle durch, dass er (u. a. auch dem RAB) archäolo- erwähnt zu werden, dass die Absage einer Ko- gisch oder aus anderen Gründen interessante operation mit mir bzw. der DWhG, hier zum Bilder verkauft. Deshalb bat er mich, ihm zu ersten Mal offen ausgesprochen, just zu dem gestatten, dass er Frau Dr. Obladen-Kauder Zeitpunkt erfolgte, als das Amt im Besitz der Luftbilder vom Aquädukt zum Kauf anbieten Luftbilder war… könne. Im Interesse seiner Ausbildungsflüge habe ich dieser Bitte natürlich zugestimmt, Uns war jetzt klar, dass wir durch unsere völlig habe Frau Dr. Obladen-Kauder aber unsere offene und arglose Kommunikation (oder war Funde auch selbst schriftlich mitgeteilt und es eher grenzenlose Naivität?) dem RAB ein erneut für Zusammenarbeit geworben. komplettes Forschungskonzept – und mit dem Zugang zu dem Bildmaterial sogar wissen- Die Antwort der Leiterin der Außenstelle auf schaftliche Belege – sozusagen „frei Haus“ ge- meine Meldung würde gerne ich im Wortlaut liefert hatten. Wenn man weiß, dass (nicht nur wiedergeben und anschließend die Ausführun- in der Wissenschaft) immer demjenigen An- gen mit der Realität konfrontieren. Aus den spruch auf „geistiges Eigentum“ zugesprochen oben angeführten Gründen darf ich das nicht. wird, der als erster publiziert, wird klar, was das bedeutete. Außerdem haben Herr Dr. Song und ich in Ich habe daraufhin sofort den in Band 11.1 der einer gemeinsamen Presseerklärung der Ruhr- Schriften der DWhG abgedruckten (mit Herrn universität Bochum am 04.06.2007 die Funde Fahlbusch, Herrn Garbrecht und anderen abge- publiziert.40 stimmten) Aufsatz verfasst, der schon zwei Monate später, Anfang Juli 2007, in Band 11.1 der Schriften der DWhG gedruckt erschien. 40 Pressemitteilung der Ruhruniversität Bochum. Diese Und weil wir immer noch nicht die (inzwi- Mitteilung fand durch ihre Weiterverbreitung im Informa- schen sehr schwache) Hoffnung aufgegeben tionsdienst Wissenschaft sehr weite Verbreitung.

DWhG – 10 Jahre wasserhistorische Forschungen und Berichte, Schriften der DWhG, Band 20.1, Siegburg 2012, ISBN 978-3-8448-0362-4 28 Christoph Ohlig, Möglichkeiten und Grenzen interdisziplinärer Zusammenarbeit… hatten, dass es doch noch zu einer Kooperation de, wurde diese Angelegenheit auch im Ge- kommen könnte, habe ich diesen Aufsatz nicht meinderat behandelt und an die Denkmal- nur als Konzept und Angebot an das RAB kon- schutzbehörde (RAB, Außenstelle Xanten!) zipiert und formuliert, sondern sowohl der weitergeleitet, wo dann allerdings sinngemäß Zentrale in Bonn als auch der Nebenstelle Xan- geantwortet worden sein soll: ‚Solange es kei- ten mit einem entsprechenden Anschreiben als nen Beweis durch Ausgrabungen gibt, gibt es Sonderdrucke geschickt. keine Wasserleitung und deshalb auch weder ein Denkmal noch Denkmalschutz.‘

4.2. Nachspiel Daraufhin luden mich die Volkshochschule und der „Verein für Denkmalpflege“ Sonsbeck Während die Leiterin der Außenstelle darauf für Anfang November 2008 zu einem Vortrag nicht reagierte, erhielt ich vom Leiter der Zen- über die römische Wasserleitung ein, den ich trale in Bonn einen vom 31.7.2007 datierten allerdings leider wegen einer dringend not- Brief. Wenn ich daraus auch nur einen einzigen wendig gewordenen Wirbelsäulenoperation Passus zitieren und mit Fakten konfrontieren kurzfristig absagen musste. dürfte, könnte sich jeder Leser selbst eine Mei- nung über dessen Stil und Inhalt bilden. Wie Inzwischen aber war, Ende November 2008, dargestellt, ist die Rechtslage anders, und es auf dem Acker in der Furth, auf dem der Aquä- muss vermieden werden, dass – um hier noch dukt auf Fotos sichtbar geworden war, ein einmal das Urteil des BGH zu zitieren – „aus Bagger erschienen und ein Bauzaun aufgebaut diesen Umständen Rückschlüsse auf die Per- worden, und zwar am nach Sonsbeck weisen- sönlichkeit des Verfassers“ gezogen werden den Ende der im Luftbild festgestellte Strecke: können41. Das Rheinische Amt für Bodendenkmalpflege führte hier in den nächsten Wochen eine stän- Dann kaum es zu einem auch für mich überra- dig sorgsam abgeschirmte und jeden Abend schenden Intermezzo: Am Niederrhein werden mit Planen abgedeckte Ausgrabung durch und seit Jahren in großem Ausmaß Auskiesungen meldete am 19. Dezember 2008 schließlich in vorgenommen. Die Umwandlung von Acker- einer auch im Internet publizierten42 Pressemit- land in eine Seenlandschaft wird von großen teilung die Freilegung von vier Pfeilern einer Teilen der Bevölkerung zunehmend mehr als römischen Wasserleitungsbrücke in der Nähe Landschaftszerstörung empfunden und inzwi- von Xanten. Diese Nachricht wurde als große schen aktiv bekämpft. Als sich deshalb die „Entdeckung“ in der Regionalpresse verkün- Kunde von unserem Fund der neuen Wasserlei- det, fand aber auch überregional (z. B. in der tungstrasse in Sonsbeck, einer relativ kleinen, Frankfurter Rundschau) Beachtung. landwirtschaftlich geprägten Gemeinde ver- breitete, keimte dort eine Idee: ‚Wenn es uns Die Meldung trägt die Überschrift: „Wie das gelingt, die Wasserleitungstrasse als Boden- Wasser nach Xanten kam“. Ist es nur ein denkmal anerkannt zu bekommen, steht die lustiger Zufall, dass die gemeinsame Presse- ganze Gegend unter gesetzlichem Schutz und erklärung der DWhG mit der Ruhruniversität uns bleibt jede Auseinandersetzung mit der Bochum 2007 exakt denselben Wortlaut hatte? Kiesindustrie erspart.‘ Wie mir berichtet wur- Und ist es nur ein Versehen, dass in der LVR- Presseerklärung mit keiner Silbe auf meine

41 Vorarbeiten oder die Rolle der DWhG bei der Aus der Urteilbegründung des Bundesverfassungsge- richtes (Urteil vom 25.5.1954): „Die Fassung der Auf- wirklichen Entdeckung des Aquäduktes knapp zeichnungen und die Art ihrer Bekanntgabe unterliegt der zwei Jahre vorher hingewiesen wird? Stattdes- Kritik und Wertung der öffentlichen Meinung, die aus sen die Einleitung: „Was Archäologen der diesen Umständen Rückschlüsse auf die Persönlichkeit Außenstelle Xanten des LVR-Amtes für Bo- des Verfassers zieht.“ Hier zitiert nach: http://www.servat.unibe.ch/dfr/bz013334.html, eingesehen am 24.04.2012. 42 Pressemitteilung LVR-Amt für Bodendenkmalpflege.

DWhG – 10 Jahre wasserhistorische Forschungen und Berichte, Schriften der DWhG, Band 20.1, Siegburg 2012, ISBN 978-3-8448-0362-4 Christoph Ohlig, Möglichkeiten und Grenzen interdisziplinärer Zusammenarbeit… 29 dendenkmalpflege im Rheinland vermutet und konnten wir also nicht verhindern, dass das seit einigen Wochen durch Grabungen unter- Amt bei der Abarbeitung unseres Konzeptes sucht haben, hat sich nun bestätigt…“ eine ‚Entdeckung‘ nach der anderen machen Und als Begründung, warum man gerade an würde. dieser Stelle gegraben hat, findet sich: „Eine erste Ahnung bekamen die Wissenschaftler Allerdings bieten geophysikalische Explo- durch Luftbilder des Luftbildarchäologen Dr. rationen wissenschaftlich anerkannte, aber Baoquan Song (Universität Bochum).“43 eben nicht-invasive und deshalb vom Denk- malschutzgesetz auch nicht verbotene Nach- Ich will auf die in der Presseerklärung geäußer- weismöglichkeiten. Deshalb beschloss der ten weiteren Vermutungen über den Aquädukt Vorstand der DWhG, an der Stelle, an der die nicht eingehen. Als ich dann aber las: „Diese von uns gefundene neue Quellleitung am Be- Grabungen … waren nur der Auftakt eines ginn der Furth auf den schon bekannten Quell- kleinen Forschungsprogramms …“, da be- leitungsast treffen und mit ihm zusammen schlich mich die Ahnung, dass unser Projekt – Richtung Aquädukt weitergehen musste, geo- wenn auch ganz anders – doch noch ‚lebt‘ und physikalische Untersuchungen machen zu las- die Öffentlichkeit auf weitere ‚sensationelle‘ sen. Mit den beiden Diplomgeophysikern Dr. Ergebnisse der Arbeit (der LVR-Archäologen, Armin Rauen und Dr. Arno Patzelt gewannen versteht sich!) rechnen darf.44 wir zwei anerkannte, auch in archäologischen Projekten erfahrene Fachleute für diesen Auf- Uns waren weitgehend die Hände gebunden. trag. Einerseits hatte das Amt alle Informationen von uns bekommen, andererseits akzeptierte es Den für die Untersuchungen infrage kommen- als Belege für die Wasserleitungstrasse, wie den Bereich hatte ich schon in einer Abbildung auch im Fall der Sonsbecker Initiative, nur meiner Publikation gezeigt: Es handelt sich um Grabungen, wohl wissend, dass aufgrund der eine Wiese auf der Sonsbecker Seite eines gegebenen Gesetzeslage (Denkmalschutzgesetz Bauernhofes in unmittelbarer Nähe der Stra- NRW45) nur das Amt selbst graben bzw. Gra- ßenkreuzung, mit der die sog. Furth beginnt bungsgenehmigungen erteilen kann. Im Prinzip (Abb. 31).46

43 Das scheint die festgelegte Sprachregelung zu sein, wie ich, ohne zu zitieren, hier nicht belegen kann. 44 Dass es auch anders (nämlich fair und wissenschaftlich korrekt) geht, zeigt Dr. Norbert Zieling in seinem Aufsatz (in dem 2008 erschienenen Band: Müller et al. „Colonia Ulpia Traiana – Xanten und sein Umland in römischer Zeit“). Er benutzt zwar immer noch die ‚offizielle‘ Kar- tendarstellung mit dem Aquädukt auf der falschen Stra- ßenseite (Abb. 249, S. 392 in seiner Publikation), weil es eine neue Kartendarstellung des RAB wohl noch nicht gibt, schreibt aber dazu: „Erst kürzlich gelang es Chris- toph Ohlig, anhand von Bewuchsanomalien und unter 46 Als ich die Genehmigung der Hofbesitzerin einholte, Einsatz der Luftbildprospektion eine dichte Reihe von fragte mich diese: „Warum wollen Sie diese Untersu- Aquäduktpfeilerresten innerhalb dieser Niederung mit chungen denn noch einmal machen?“ Meine erstaunte südwestlich-nordöstlicher Ausrichtung nachzuweisen.“ Rückfrage, wer das denn schon vor uns gemacht habe, (S. 393) und verweist in einer Fußnote auf die Publikation konnte sie nicht genau beantworten, aber es kann sich in Band 11.1 der Schriften der DWhG. nach Lage der Dinge nur um das RAB selbst gehandelt 45 DSchG NRW „§ 13Ausgrabungen haben. Meine weitere Nachfrage ergab dann allerdings, (1) Wer nach Bodendenkmälern graben oder Boden- dass diese (augenscheinlich erfolglosen) Messungen auf denkmäler aus einem Gewässer bergen will, bedarf hierzu der Parzelle stattgefunden hatten, die auf der anderen, der Erlaubnis der Oberen Denkmalbehörde. Ausgenom- also der Xantener Seite des Hofes liegt (in Abb. 31 links men sind Nachforschungen, die unter der Verantwortung von den Gebäuden). Dass dort der Treffpunkt der Leitun- des Landes, des Landschaftsverbandes oder der Stadt gen nicht gefunden werden konnte, hätte man bei sorgfäl- Köln (§ 22 Abs. 5) stattfinden.“ tigerer Lektüre meiner Publikation wissen können.

DWhG – 10 Jahre wasserhistorische Forschungen und Berichte, Schriften der DWhG, Band 20.1, Siegburg 2012, ISBN 978-3-8448-0362-4 30 Christoph Ohlig, Möglichkeiten und Grenzen interdisziplinärer Zusammenarbeit…

erzeugten Bilder sind für einen Laien kaum zu deuten. Es bedarf, ähn- lich wie bei Röntgen- oder Ultraschalluntersu- chungen beim Arzt, auch hier des Blickes und der Interpretation durch er- fahrene Fachleute.

Die Messungen erfolgten am 17.9.2009 auf der in Abb. 32 grün markierten Fläche. Die in dieser Fläche schwarz skizzier- ten Linien werden im Folgenden erklärt.

Abb. 31: Vermuteter Treffpunkt der Teilleitungen auf einer Wiese (Sonsbecker Seite eines Bauernhofes) [rot: Ende der neuen Trasse / blau: Ende der schon be- kannten Trasse / gelb: Weiterleitung Richtung Aquä- dukt].

Bei unseren Messungen wurden unterschied- lich große Teilflächen mit zwei Methoden (Geomagnetik und Geoelektrik) untersucht.47 Die mit beiden Methoden durch Rechen- operationen, Filterungen usw. im Computer

47 Zur Methodik kann man in aller Kürze Folgendes sagen: Geomagnetik: Das irdische Magnetfeld erzeugt in allen Stoffen magnetische Eigenschaften in unterschiedlicher Intensität. Die Magnetik dieser Stoffe im Boden überla- gert das natürliche Magnetfeld der Erde und kann mit hochempfindlichen Geräten als „Störung“ (Anomalie) gemessen und als Bild dargestellt werden. Generell deuten positive Anomalien (dunkelgraue, schwarze Farben) je nach Ausdehnung, Struktur und Anomaliestärke auf ehemalige, heute verfüllte Gruben, Gräben, Rinnen hin. Negative Anomalien (helle Grau- stufen bzw. weiß) korrelieren in der Regel mit Stein- packungen, Mauer- oder Steinfundamentresten im Unter- grund. Geoelektrik: Bei der Geoelektrik wird über zwei Sonden Strom in die Erde eingespeist, über zwei weitere Sonden wird der elektrische Widerstand an der jeweiligen Stelle gemessen. Da unterschiedliche Materialien im Boden unterschiedliche elektrische Widerstände erzeugen, kann Abb. 32: Lageplan mit Untersuchungsfläche (Sicht- durch zahlreiche Messungen über einer größeren Fläche weise um 180° gedreht gegenüber Abb. 31). ein Bild von im Boden verborgenen Strukturen erzeugt werden. Dieses Verfahren stellt manchmal Mauerwerk besser dar.

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Abb. 34: Ergebnis der Geoelektrik.

Abb. 33: Ergebnis der Geomagnetik.

In Abb. 33, dem Ergebnis der Geomagnetik, zeigt sich eine schnurgerade Struktur, die we- nig entfernt vom oberen Bildrand beginnend schräg von oben nach unten verläuft.

Dabei dürfte es sich, wie Abb. 35 besser er- kennen lässt, um Fundamentreste des bisher bekannten Leitungsastes handeln, dessen Tras- se durch die moderne Straße unterbrochen ist.

Die geoelektrischen Untersuchungen (Abb. 34) ergaben in den Feldern parallel zur Straße kei- nen Befund, jedoch weiter oben am Hang in der Nähe des angrenzenden Waldes eine Linie genau in dem Bereich, in dem die neue Trasse aus dem Wald heraustreten muss und wo auch die Geomagnetik eine kurze Linie zeigt.

Abb. 35: Einpassung der geomagnetischen Untersu- chungen in die Karte; gestrichelt: ergänzte Trassen.

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Eine weitere, etwas schwächere Linie zeigt sich im geomagnetischen Befund (Abb. 33 und 35) etwa in der Mitte des Messfeldes und etwa parallel zur Straße verlaufend, bei der es sich um die Trasse der in Richtung Aquädukt füh- renden Leitung handeln dürfte.

Der in Abb. 36 als Kreis dargestellt Punkt, an dem die Leitungen zusammenkommen, ist in den Befunden nicht zu erkennen, während die in Abb. 36 grün dargestellte Linie wahrschein- lich einen verfüllten Graben eines sog. Übungslagers repräsentiert, wie er auf den Luftbildern in der Nähe des Aquäduktes eben- falls zu sehen ist.48

Wie schon gesagt, erfordert die Interpretation der Bilder das Fachwissen von Geophysikern. Mich hat deren Interpretation endgültig über- zeugt, als wir die dort gefundenen Strukturen in den Plan mit Höhenlinien übertragen hatten (Abb. 37). Dabei zeigt sich nämlich, dass die Abb. 36: Schematische Darstellung der Ergebnisse der geophysikalischen Prospektionen (rot: Geomagnetik, blaue und grüne Linie (bekannter Leitungsast blau: Geoelektrik, grün: verfüllter Graben, sichtbar bzw. Weiterleitung zum Aquädukt) sich so in der Geomagnetik). weit wie möglich den vorgegebenen Höhenli- nien anpassen, was bei der roten Linie (Trasse des neuen Leitungs- astes) nicht möglich ist, die über eine Schussstrecke im Wald49 ohne Rück- sicht auf Höhenli- nien zum Sammel- punkt herabgeführt wurde.

Abb. 37: Übertragung der in den geophysikali- schen Untersuchungen gefundenen Strukturen in den Plan mit Höhen- linien.

48 Vgl. Ohlig 2007, 186, Abb. 49. 49 Vgl. Ohlig 2007, 184, Abb. 45 und 46.

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Abb. 38: Trassenführung der Aquäduktstrecke (luft- bildarchäologisch nachgewiesen im Bereich des gelben Quadrates) vom Sammelpunkt der Leitungen (im Bild oben) an.

Weiterhin hatte mich zuerst irritiert, dass die Zuleitungstrasse zum Aquädukt (in Abb. 37 grün) erheblich weiter von der Straße entfernt liegt als der nu etwa 1 km weit von ihr ent- fernte Aquäduktbefund (Abb. 38, gelbes Feld). Aber auch hier zeigt die Übertragung in die Karte, dass es genau so sein muss. Die moderne Straße verläuft in leichten Kurven (Abb. 38), während die antike Aquädukttrasse vom Sammelpunkt der Zuleitungen an schnurgerade in Richtung Xanten geführt wurde.

Mag das RAB nun auch noch so sehr darauf bestehen, dass nur das als archäologisch be- wiesen gelten dürfe, was buchstäblich „von Amts wegen“ ausgegraben worden sei (abge- sehen davon, dass man in weiten Bereichen der Archäologie weltweit nur noch mit geo- physikalischen Methoden arbeitet, weil alles Ausgegrabene in der Regel auch der Zerstö- rung anheim gegeben wird), wird man doch nicht umhin kommen, die von uns zuerst hy- pothetisch postulierte, dann luftbildarchäolo- gisch und schließlich geophysikalisch belegte Wasserleitungstrasse als tatsächlich existent Weil ich damit rechnen musste, dass ggf. jedes anzuerkennen. Wort auf die berühmte Goldwaage gelegt wer- den würde, habe ich mich bemüht, ganz sach- Mit Schreiben vom 6.10.2010 habe ich der lich zu bleiben und keinerlei Angriffsfläche zu Leiterin der Außenstelle auch die Ergebnisse bieten. Deshalb hatte ich, obwohl ich norma- der geophysikalischen Untersuchungen mitge- lerweise bei solchen Vorträgen frei spreche, teilt. Dass sie in ihrer Antwort vom 19.10.2010 alle möglicherweise kritischen Passagen als u. a. eine absurde Rechtsinterpretation konstru- schriftliches Konzept vorformuliert. Dass mein iert hat, mit der sie mir einen Verstoß gegen Vortrag ganz sachlich geblieben ist, ist mir von das Denkmalschutzgesetz unterstellt, kann ich vielen Seiten bestätigt worden. Dennoch schlug nur deshalb erwähnen, weil sie diese später in er anschließend in der Presse und in mehreren der Presse – und damit öffentlich – wiederholt Internetforen hohe Wellen. hat (s. u.). Die örtlichen Zeitungen (Neue Rhein Zeitung [NRZ] und Rheinische Post [RP]) berichteten Mein schon erwähnter Vortrag in Sonsbeck beide in relativ großen Artikeln, spielten dabei wurde am 3.11.2009 vor unerwartet großer Zu- aber leider die Kontroverse zwischen mir und hörerschaft, unter ihr die Leitung der RAB- der Leiterin der Außenstelle hoch, was nicht im Außenstelle Xanten, nachgeholt.

DWhG – 10 Jahre wasserhistorische Forschungen und Berichte, Schriften der DWhG, Band 20.1, Siegburg 2012, ISBN 978-3-8448-0362-4 34 Christoph Ohlig, Möglichkeiten und Grenzen interdisziplinärer Zusammenarbeit… geringsten Thema oder Tenor meines Vortra- erbringen. Und eine solche Ausgrabungsge- ges war.50 nehmigung besitzt Ohlig nicht.“ 51 Mehr noch, als ich nach dem Vortrag von Und in der RP wird sie folgendermaßen zitiert: Journalisten beider Zeitungen interviewt wur- „‘Mit Herrn Dr. Song waren wir bereits seit de, habe ich alle Fragen, die auf „Konflikt“ 2003 im Gespräch.‘… Der Ankauf von Luft- abzielten, immer wieder zurückgewiesen und bildern sei in der Wissenschaft üblich und ju- darauf bestanden, etwas zur Sache und nicht zu ristisch korrekt.“52 diesem Nebenthema sagen zu können. Dies schlug sich im Artikel der NRZ in folgenden Die Zitate aus der Lokalpresse machen deut- Zeilen nieder: „Dr. Christoph Ohlig könnte lich, wie Frau Dr. Obladen-Kauder die Öffent- sich über das Rheinische Amt für Bodendenk- lichkeit in die Irre zu führen versucht: malpflege in Xanten aufregen, aber er bewahrt – Es ist vermutlich richtig, dass sie schon 2003 erstmal die Ruhe. ‚Ich unterstelle dem Amt ja mit Dr. Song im Gespräch war und Luftbilder gar nichts. Ich stelle nur fest, dass deren Pres- gekauft hat – aber natürlich nicht zum Thema seerklärung fast denselben Wortlaut hat wie Wasserleitung! Mit dieser Fragestellung ist meine und dass meine Forschungsergebnisse Herr Dr. Song zum ersten Mal von mir kon- nicht zitiert werden.‘ “ frontiert worden, vorher wusste er nichts darü- ber. Natürlich ist auch, was ich ausdrücklich be- – Und die Behauptung, die Suche nach Boden- grüßt habe, Frau Dr. Obladen-Kauder inter- denkmälern bedürfe nach Denkmalschutzge- viewt worden. Sie wird in der NRZ folgender- setz einer Erlaubnis (vorher schon in dem nicht maßen zitiert: „‘Ohlig halte sich nicht an die zitierten Brief an mich aufgestellt), wird auch Spielregeln‘ … ‚Denn laut Denkmalschutzge- durch Wiederholung in der Öffentlichkeit nicht setz benötige er für die Suche nach Boden- richtiger.53 „Suchen“, wie Frau Dr. Obladen- denkmälern eine Genehmigung, und die habe Kauder behauptet, ist eben nicht im Entferntes- er nicht.‘“ Nach Erwähnung der Luftbilder ten „Graben“, was das Denkmalschutzgesetz fährt der Artikel fort: „Für Julia Opladen- tatsächlich unter Erlaubnisvorbehalt stellt. Kauder sind dies nur Spekulationen und keine Wie später veröffentlichte Leserbriefe und gesicherten Erkenntnisse.“ auch Mitteilungen direkt an mich zeigten, ist Und am Ende wird noch einmal zusammenge- dies als Versuch gewertet und zurückgewiesen fasst: „Ohne das Amt für Bodendenkmalpflege worden, mich durch Verfälschung des Geset- wird Christoph Ohlig aber mit seinen For- zes-Wortlautes in der Öffentlichkeit zu diskre- schungen nicht weiterkommen. Denn einen ditieren und in die Nähe einer völlig zu Recht letztendlichen Beweis für die Existenz der verbotenen Raubgräberei zu bringen. Wasserleitungen könne nur eine Ausgrabung Zufällig fast zeitgleich mit meinem Vortrag in Sonsbeck erschien Band 2008 der Reihe „Ar- 50 NRZ am 5.11.2009: Titel: „Wer hat’s gefunden?“ chäologie im Rheinland“. Dort finden sich Untertitel: „Die römische Wasserleitung von Sonsbeck zwei Beiträge zur Xantener Wasserleitung, die nach Xanten sorgt nach 2000 Jahren für Ärger in der aufeinander verweisen und sich gegenseitig Wissenschaft“. RP am 10.11.2009: Titel: „Aquädukt: Sand im Getriebe“ ergänzen. Im ersten berichtet J. Wippern, Geo- Untertitel: „Dr. Christoph Ohlig ist stolz, aus der Luft den physiker des RAB in Bonn, über geophysikali- Verlauf der Wasserleitung der Römer von Sonsbeck nach sche Untersuchungen auf der Fläche, die direkt Xanten dokumentiert zu haben. Über die Auswertung an den Acker anschließt, auf dem wir im Luft- liegt er im Streit mit den Bodendenkmalpflegern“. Vgl. auch „Streit um römische Wasserleitung“: bild den Aquädukt gefunden hatten. Wippern http://www.derwesten.de/region/niederrhein/streit-um- roemische-wasserleitung-id302947.html und „Sand im Getriebe“: http://www.rp-online.de/niederrhein- 51 Alle Zitate aus der NRZ vom 5.11.2009. nord/xanten/nachrichten/aquaedukt-sand-im-getriebe- 52 RP vom 10.11.2009. 1.1044899 53 Vgl. Gesetzes-Wortlaut in Fußnote 44.

DWhG – 10 Jahre wasserhistorische Forschungen und Berichte, Schriften der DWhG, Band 20.1, Siegburg 2012, ISBN 978-3-8448-0362-4 Christoph Ohlig, Möglichkeiten und Grenzen interdisziplinärer Zusammenarbeit… 35 geht auf uns nur indirekt ein.54 Ansonsten ver- Nun könnte man sich darüber wundern, warum weist er nur auf den in derselben Publikation das Amt teure geophysikalische Untersuchun- erschienenen Artikel von Berkel. In der Litera- gen in direkter Verlängerung und Nachbar- turangabe (allerdings ohne jeden Verweis da- schaft – auf der Xantener Seite – des luftbild- rauf im Text) wird mein Aufsatz in Band 11.1 archäologisch nachgewiesenen Abschnitts an- der Schriften der DWhG aufgeführt. stellt, zumal auf der anderen – der Sonsbecker – Seite dieses Befundes seine Existenz sogar Auch der Artikel von H. Berkel mit dem Titel durch eine Grabung verifiziert worden war. „Neues zur Wasserversorgung der Colonia Auf den ersten Blick erscheint ein solches Un- Ulpia Traiana“ erwähnt unsere Vorarbeiten mit terfangen wissenschaftlich sinnlos und „her- keinem Wort, nicht einmal im Literaturver- ausgeworfenes Geld“ darzustellen, denn man zeichnis, aber hier springt die von mir vermute- konnte – und das war von vornherein klar!– te Sprachregelung des Amtes – in dieser Deut- dabei nur ‚herausbekommen‘, was man vorher lichkeit wahrscheinlich eher ungewollt – förm- schon wusste.56 lich ins Auge: Es wird vom Verlauf des Aquä- Sinnvoll wird das Ganze unter der Prämisse, duktes berichtet, und dann folgt „Bislang fehl- dass man in Zukunft immer auf diese – eigenen ten jedoch Befunde … Das sollte sich im Früh- – Untersuchungen verweisen kann und nicht jahr 2007 während einer Befliegung des Areals mehr darauf angewiesen ist, die Luftbilder und durch Dr. Baoquan Song, Ruhr-Universität unsere Untersuchungsergebnisse als Quelle zu Bochum, ändern. Er konnte in einer Luftbild- nennen. Die beiden sich aufeinander beziehen- aufnahme einzelne, mit regelmäßigem Abstand den Artikel (Wippern und Berkel) lassen diese zueinander und linear angeordneten Flecken Strategie schon klar erkennen. als positiven Bewuchsmerkmale festhalten, die sich parallel zur Straße hinzogen.“ Und dann folgt in Klammern ein Verweis – aber nicht auf 4.3. Bewertung: Ist das Projekt gescheitert? meinen, sondern auf den Artikel von Wippern! Berkels Beitrag schließt mit einem aufschluss- Wenn man die ganze Entwicklung betrachtet, reichen Absatz: „Neben den seit Herbst 2008 kann man zu dem Urteil kommen: Ja, das Pro- laufenden umfangreichen geophysikalischen jekt ist gescheitert! Wir haben unser Ziel, die Messungen durch die Prospektionsabteilung Wasserversorgung der CUT mit zwei gleich- des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im berechtigten Partnern in einem seriösen ar- Rheinland im vermuteten Verlauf der Wasser- chäologisch/hydrotechnischen Projekt zu erfor- leitung (vgl. Beitrag J. J. M. Wippern) sind für schen, nicht erreicht! die nächste Zeit weitere Grabungen geplant. Sie sollen den genauen Verlauf, die baulichen Andererseits aber haben wir, verglichen mit Besonderheiten und die Frage klären, ob weite- den vom RAB in den nicht zitierten Briefen re Quellen in den auslaufenden Hängen des hoch gelobten Ergebnissen ‚amtlicher‘ For- Balberger Waldes in die Wasserversorgung der schungen, in kürzester Zeit geradezu Quanten- antiken Stadt eingebunden waren.“55 sprünge an Wissenszuwachs erzielt: Wir haben

56 Außerdem: Die von uns in Auftrag gegebenen geophy- sikalischen Untersuchungen werden ausweislich des 54 „Erst im April 2007 konnten auf einem Getreidefeld schon erwähnten Berichtes in der NRZ vom 5. Nov. 2009 entsprechende Bewuchsmerkmale entdeckt werden; folgendermaßen (ab)qualifiziert: „Er [Ohlig] deutet mit allerdings liegt diese Fläche südlich der Straße… Die Hilfe von Luftbildaufnahmen und geomagnetischen Bewuchsmerkmale zeichneten sich allerdings aufgrund Verfahren mögliche weitere Verläufe [der Wasserleitung] der extrem anormalen Witterung dieses Frühlings ab. am Hartogshof und am Kiwittshof an. Für Julia Opladen- Ansonsten wären die Befunde in dem Gebiet nahe der Kauder sind dies nur Spekulationen und keine gesicherten CUT und dem Lager Vetera I, das seit fast 50 Jahren Erkenntnisse.“ Dieselben Methoden, die bei uns „nur intensiv luftbildarchäologisch beobachtet wird, schon Spekulationen und keine gesicherten Erkenntnisse“ sind, früher aufgefallen.“ (Wippern 2009, 93). sind, wenn das Amt in gleicher Weise arbeitet, hohe 55 Berkel 2009, 96. Wissenschaft!

DWhG – 10 Jahre wasserhistorische Forschungen und Berichte, Schriften der DWhG, Band 20.1, Siegburg 2012, ISBN 978-3-8448-0362-4 36 Christoph Ohlig, Möglichkeiten und Grenzen interdisziplinärer Zusammenarbeit… eine weitere, und zwar die entscheidend wich- uns eine andere Frage viel interessanter er- tige Zuleitung und den Aquädukt über die scheinen als die Frage nach seiner Herkunft: Furth gefunden, wir haben durch Bauanalyse Er hat nämlich für die Verwendung in die bisherigen Vorstellungen von der Bauweise Aquäduktpfeilern bei so feuchtem Unter- der Leitung korrigieren und eine plausible Er- grund wie in der Furth sowohl besonders klärung für diese Bauweise geben können, und gute wie auch eigentlich ganz schlechte wir haben weitere Erkenntnisse, die wir bisher Eigenschaften. Wir hätten gerne untersucht, nicht publiziert haben und unter den gegebenen wie die Römer mit diesen Eigenschaften Umständen auch nicht publizieren werden. konkret umgegangen sind, vor allem, wie sie die schlechten Eigenschaften bautech- Es ist allerdings bedauerlich, dass die bisheri- nisch kompensiert haben. gen Grabungen durch das RAB, wie bei Vor-  Zitat der Presserklärung: „So wird noch zu trägen von RAB-Mitarbeitern zu vernehmen klären sein, ob die vorgefundenen Pfeiler zu war, ausschließlich von eigenen Mitarbeitern einer Aquäduktbrücke … gehörten, oder ob durchgeführt wurden, denn Fragen (z. B. bau- die weite Talsenke mittels einer auf Bögen oder eben hydrotechnischer Art), die mangels geführten Druckleitung … gequert wurde.“ spezieller Fachkenntnisse erst gar nicht gestellt Abgesehen davon, dass es zumindest sehr werden, können auch nicht beantwortet wer- ungewöhnlich wäre, ein Druckleitung auf den. Dafür nur wenige Beispiele: Bögen über eine Talsenke zu führen, haben  Hätte man Herrn Dr. Song oder mich kon- wir bei unseren Oberflächen-Surveys ein- sultiert, hätte man eine andere Stelle als die deutige Beweise dafür gefunden, dass es tatsächlich gewählte für die Freilegung der sich auch in der Aquäduktstrecke um eine Aquäduktpfeiler gewählt. Die Luftbilder gemauerte und mit klassischem opus signi- geben nämlich Hinweise darauf, dass an num verputzte Freispiegelleitung gehandelt dieser anderen Stelle möglicherweise noch hat. viel mehr aufgehendes Mauerwerk erhalten sein könnte. Von allen anderen negativen Begleiterschei-  Bei der Freilegung der Pfeilerfundamente nungen abgesehen muss man als Fazit zu dem wurden zahlreiche Fragmente eines be- aus wissenschaftlicher Sicht deprimierenden stimmten Sandsteins gefunden, der beim Schluss kommen, dass mindestens viele Chan- Bau der Aquäduktpfeiler möglicherweise in cen vertan wurden und weitere Untersuchun- größerem Umfang verwendet worden war. gen der Wasserversorgung der CUT, wenn sie Die oben zitierte Presseerklärung des LVR in der bisherigen Weise ausschließlich vom sagt dazu: „Auch die Rekonstruktion der LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rhein- Brücke wirft spannende Fragen auf: im land betrieben werden, nicht den wissenschaft- Pfeilermauerwerk wurden Steinreste gefun- lichen Erfolg haben werden, den sie in einem den, deren Herkunft die Geologen des interdisziplinären Projekt hätten haben könn- LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im ten. Außerdem hat es nach meiner Erfahrung Rheinland derzeit versuchen zu klären.“ keinen Sinn, der zuständigen Behörde, die sich Dieselbe Fragestellung (‚Aus welchem durch seriöse Forschungsergebnisse augen- Steinbruch kommt dieser Stein?‘) betonte scheinlich sogar belästigt fühlt, weitere Er- auch die Leiterin der Außenstelle in einem kenntnisse über die Wasserleitung zur CUT Vortrag. zukommen zu lassen. Wir hatten u. a. Fragmente dieses Sand- steins bei unseren Oberflächen-Surveys in der Aquädukttrasse schon lange vorher ge- funden und bauphysikalisch untersuchen lassen.57 Das Untersuchungsergebnis lässt

57 Dieses Steinmaterial ist für die CUT untypisch.

DWhG – 10 Jahre wasserhistorische Forschungen und Berichte, Schriften der DWhG, Band 20.1, Siegburg 2012, ISBN 978-3-8448-0362-4 Christoph Ohlig, Möglichkeiten und Grenzen interdisziplinärer Zusammenarbeit… 37

5. Fazit: Möglichkeiten – oder doch eher ten und in der Archäologie höchst anerkannten Grenzen interdisziplinärer Zusammenarbeit Wissenschaftlers erlebt. Er erklärte jedes Detail im Überschneidungsbereich von Archäolo- kenntnisreich und völlig überzeugend, es war gie und Ingenieurwissenschaften? einfach toll! Und dann schloss er seinen Vor- trag sinngemäß mit dem Satz: „Ja – jeder, der Es ist nicht in Frage zu stellen, dass ingenieur- in der Archäologie etwas gelten will, muss sich und andere naturwissenschaftliche Methodik einmal mit einer eigenen Interpretation dieses die Archäologie außerordentlich bereichern, ja, Frieses hervorgetan haben!“ Man stelle sich dass diese ohne Naturwissenschaften heute gar einen vergleichbaren Satz einmal in einem nicht mehr auskommen kann. Wo Archäologen Ingenieurbüro bei einem technischen Problem Schwierigkeiten haben, sich auf interdiszipli- oder in einer Physikvorlesung bei der Erklä- näre Zusammenarbeit einzulassen, ist dies we- rung des „Gesetzes vom freien Fall“ vor… niger in der Sache, als vielmehr in der mehr oder weniger vorhandenen Fähigkeit und/oder – Und eine Archäologin erklärte mir, meine auf Bereitschaft zur Zusammenarbeit der handeln- chemische und mineralogische Sinteranalysen den Personen begründet. gestützte Datierung der beiden Bauphasen der Wasserversorgungsanlage in Pompeji müsse Während z. B. „Teamarbeit“ bei Ingenieuren falsch sein, denn ihre eigene, kunsthistorische eher zum Selbstverständnis gehört, sind man- Stilanalyse der sog. Brunnenmasken (Verzie- che Archäologen (aus vielen, zum Teil sogar rungen rund um den Wasserauslass der Lauf- verständlichen Gründen) sehr darauf bedacht, brunnen) käme zu einem anderen Ergebnis… Forschungsergebnisse ausschließlich mit ihrem Namen verknüpft zu sehen.58 Der existentielle Man kann nur hoffen, dass sich die Strukturen, Kampf um die wenigen Festanstellungen und die solche Probleme generieren, mit der Zeit das (zu) oft angetroffene, in anderen wissen- ändern, wobei zu befürchten ist, dass bei der schaftlichen Disziplinen längst überwundene Länge von Zeiträumen, in denen Altertumswis- Denken in „Schulen“ tun ein Übriges, um senschaftler zu denken gewohnt sind, nicht mit selbst abgesteckte wissenschaftliche „Claims“ baldigen Verbesserungen zu rechnen ist. zu verteidigen, von der Wahl der dabei ange- wandten Mittel ganz zu schweigen. Selbst im Verständnis von Wissenschaft und von wissen- Literatur schaftlichen Methoden trifft man auf Unter- schiede, und nicht selten spielen auch Forma- Berkel, Harald 2009, Neues zur Wasserversorgung lien59 eine überragende, sachlich keineswegs der Colonia Ulpia Traiana, in: Archäologie im notwendige Rolle. Rheinland 2008, hrsg. durch J. Kunow, Stuttgart, Natürlich muss man sich auch bei solchen 95-96. Callebat, Louis 1973, Vitruve de l’archcitecture, Aussagen vor Pauschalurteilen hüten, aber ich Livre VIII, Paris. will für das hier nur Angedeutete zwei selbst Denkmalschutzgesetz des Landes Nordrhein- erlebte Beispiele geben: Westfalen (DSchG NRW) , z. B. unter: – Ich habe in der Mysterienvilla in Pompeji vor http://www.baurecht.de/denkmalschutzgesetz.html dem berühmten Wandfries eine sehr ausführli- oder über die Seite des Innenministeriums NRW: che, beeindruckende Erklärung eines berühm- http://www.im.nrw.de/). Dickmann, Jens-Arne 2005, Pompeji - Archäologie und Geschichte, München. 58 Das geht im Einzelfall absurderweise so weit, dass eine Fahlbusch, Henning (in Zusammenarbeit mit Art „Urheberrecht“ für eine bestimmte Formulierung B. Heemeier, J. Köhler, Chr. Ohlig, M. Placidi, (einer allgemein bekannten Sache) reklamiert und erwar- A. Rauen, D. Vieweger) 2008, Die Wasserkultur tet wird, dass bei Verwendung dieses Begriffs der Erste, der Villa Hadriana – Ergebnisse der Kampagnen der ihn benutzt hat, in einer Fußnote genannt wird! 59 Mitunter scheint die penible Einhaltung einer festgeleg- 2003-2006 des DFG-Projektes FA.406/2, Schriften ten „Zitierordnung“ fast wichtiger zu sein als der Inhalt der DWhg, Band 8, Siegburg. eines Beitrages.

DWhG – 10 Jahre wasserhistorische Forschungen und Berichte, Schriften der DWhG, Band 20.1, Siegburg 2012, ISBN 978-3-8448-0362-4 38 Christoph Ohlig, Möglichkeiten und Grenzen interdisziplinärer Zusammenarbeit…

Garbrecht, Günther (in Zusammenarbeit mit W. Ohlig, Christoph 2005, „Du musst die Füße fin- Brinker, H. Fahlbusch, K. Hecht [†], H. Thies) den!“. Zum praktischen Nutzen metrologischer 2001, Die Wasserversorgung von Pergamon, Alter- Überlegungen, in: Ome pede stare, Saggi archi- tümer von Pergamon, Band I: Stadt und Landschaft, tettonici e circumvesuviani in memoriam Jos de Teil 4, hrsg. im Auftrag des Deutschen Archäologi- Waele, a cura di S. Mols e E. Moormann, Studi schen Instituts von W. Radt, Berlin della Soprintendenza archeologica di Pompei, Na- Harris, Robert 2003, Pompeji, München. poli, 291-300. Kretzschmer, Fritz 1983, Bilddokumente römi- Ohlig, Christoph 2007, Die Wasserleitung zur Co- scher Technik5, Düsseldorf. lonia Ulpia Traiana (Xanten). Beobachtungen, The- LAW Lexikon der Alten Welt 1965 (1965 = 1990), sen, Projektplanung, in: Von der cura aquarum bis Zürich. zur EU-Wasserrahmenrichtline – Fünf Jahre Mau, August 1904, Ausgrabungen von Pompeji, DWhG, Bd. 11.1 der Schriften der DWhG, Siegburg Kastell der Wasserleitung, in: Mitteilungen des 2007. Kaiserlichen Archäologischen Instituts, Römische Paribeni, R. 1903, Pompei. Relazione degli scavi Abteilung, Bd. XIX, 41-50. eseguiti durante il mese di novembre (1902), NSc Müller, Martin, Hans-Joachim Schalles, Norbert (Atti della [reale] Accademia [nazionale] dei Lincei, Zieling (Hg.) 2008, Colonia Ulpia Traiana, Xanten Notizie degli Scavi di Antichità, Rom 1875 ff.), 25- und sein Umland in römischer Zeit, Mainz. 33. Ohlig, Christoph 2001, DE AQUIS POM- Penna, Antonio 1833, Viaggio pittorico della Villa PEIORUM. Das Castellum Aquae in Pompeji: Adriana II, Roma. Herkunft, Zuleitung und Verteilung des Wassers, Perrault, Claude 1684, Les dix livres d’architec- Circumvesuviana, Bd. 4., Nijmegen. ture de VITRUVE, Nachdruck 1988, Liege. Ohlig, Christoph 2002a, Vitruvs technisches Kon- Reina, V. 1917, Livellazione degli antichi acque- zept zur Wasserversorgung einer Stadt und die dotti romani, Roma. Verteileranlage im antiken Pompeji. Ein Beitrag zur TIBVR II 1966, C. F. Giuliani, TIBVR, pars altera, Entwicklungsgeschichte eines Faktoids, in: C. Oh- Forma Italiae Regio I, vol. III, Roma. lig, Y. Peleg, T. Tsuk (Hg.), Cura Aquarum in Isra- TIBVR IV 1991, Z. Mari, TIBVR, pars quarta, el, Proceedings of the 11th International Congress Forma Italiae 35, Florenz. on the History of Water Management and Hydraulic Wippern, Jobst. H. M. 2009, Wasser ist Leben – Engineering in the Mediterranean Region - Beiträge Quellwasser ist Lebensqualität, in: Archäologie im des 11. Internationalen Symposiums zur Geschichte Rheinland 2008, hrsg. durch J. Kunow, Stuttgart, der Wasserwirtschaft und des Wasserbaus im Medi- 93-94. terranen Raum, Israel 7. – 12. Mai 2001, S. 201 – Zieling, Norbert 2008, Die Wasserversorgung, in: 212, Schriften der deutschen Wasserhistorischen COLONIA ULPIA TRAIANA, Xanten und sein Um- Gesellschaft, Band 1, Siegburg. land in römischer Zeit, hrsg. von M. Müller, H.-J. Ohlig, Christoph 2002b, Neue Fakten zur Wasser- Schalles und N. Zieling, Mainz, 391-394. versorgung Pompejis, in: Nuove ricerche archeo- logiche a Pompei ed Ercolano a cura di Pietro Giovanni Guzzo e Maria Paola Guidobaldi, Atti del Internetquellen Convegno Internazionale, Roma 28-30 Novembre 2002; Studi della Soprintendenza Archeologica di Pressemitteilung der Ruhruniversität Bochum Pompei 10, Roma 2005, 278-294. http://www.pm.ruhr-uni- Ohlig, Christoph 2003, Technische Einrichtungen bochum.de/pm2007/msg00190.htmmsg00190.htm, zur Wasserverteilung im Castellum Aquae von zuletzt aufgerufen am 21.04.2012. Pompeji, in: Wasserhistorische Forschungen, Schwerpunkt Antike, Schriften der DWhG Band 2, Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft: Siegburg, 213-226. (http://idw-online.de/pages/en/news211768), Ohlig, Christoph 2004, ‚Ein castellum aquae ist wie zuletzt aufgerufen am 21.04.2012]. jedes andere, und alle sind gebaut nach den Prinzi- pien des Vitruv’ – Zwei offensichtlich nur schwer Pressemitteilung des LVR-Amtes für Bodendenk- auszurottende Irrtümer, in: Wasserbauten im König- malpflege: reich Urartu und weitere Beiträge zur Hydrotechnik www.lvr.de/app/presse/index.asp?NNr=4226, zu- in der Antike, Schriften der DWhG, Band 5, Sieg- letzt aufgerufen am 21.04.2012. burg, 133-181.

DWhG – 10 Jahre wasserhistorische Forschungen und Berichte, Schriften der DWhG, Band 20.1, Siegburg 2012, ISBN 978-3-8448-0362-4