Prominenz Auf Dem Füssener Bahnhof
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Alois Epple, Türkheim: Prominenz auf dem Füssener Bahnhof Vorwort Es geht hier, dem Thema gemäß, nicht um Besuche von VIPs auf den Königsschlössern, sondern um Adlige und andere Prominente, welche der Füssener Bahnhof gesehen hat. Damit soll gezeigt werden, dass dem Bahnhof Füssen nicht nur eine architektur-, sondern auch eine kultur- und sozialgeschichtliche Bedeutung zukommt. Hier erhielten Könige und Königinnen, Prinzen und Prinzessinnen beim Aussteigen aus dem Zug ihren ersten Eindruck von Füssen. Hier standen erwartungs- und bedeutungsvoll die Honoratioren, die Musiker und das Volk von Füssen, um Exzellenzen und Eminenzen und andere Hochwohlgeborene jubelnd zu verabschieden. Auf dem Bahnhof konnten die Bürgerinnen und Bürger von Füssen deutschen Adel und Politprominenz live, quasi backstage, erleben. Soweit nicht anders erwähnt, sind die Daten und kursiv geschriebenen Zitate dem Buch von Graf, Reinhard und Beyer, Hannes: Füssen ab: 1. Juni 1889, 7.13 vorm. – Tagebuch einer königlichen Bahnlinie, Füssen 1989, entnommen. Bei den Personen steht in Klammern das Geburts- und Todesjahr, bei Regierenden auch die Regierungszeit. Einleitung Ja, das ist die gute alte Zeit, als noch der Prinzregent mit dem Sonderzug nach Füssen kommt und sich vom Bahnhof aus, unter den begeisterten Hochrufen seiner Füssener Untertanen, nach Hohenschwangau kutschieren lässt. Im Jahre 1889 wird die Lokalbahn von Marktoberdorf nach Füssen eröffnet. Nun braucht man nicht mehr, wie einstmals König Ludwig II., mit Kutsche oder Schlitten von München aus zu den Königsschlössern fahren, sondern kann kommod im Salonwagen bis Füssen reisen. Diese Gelegenheit nutzen nicht nur Mitglieder des Wittelsbacher Königshauses, welche zur Sommerfrische und zur Jagd häufig in diese Gegend kommen und dabei in Hohenschwangau residieren, sondern auch Adlige, welche Neuschwanstein besichtigen wollen, ist doch dieses Schloss schon wenige Wochen nach dem Tod des unglücklichen Märchenkönigs ein Touristenmagnet. Der erste Sonderzug war ein Leichenzug Am 30. November 1888 weiß das Füssener Blatt zu berichten: Die Stationsgebäude [an der Strecke Marktoberdorf – Füssen] sind sämmtlich unter Dach gebracht und am 23. Februar 1889 meldet die gleiche Zeitung: Die Lokalbahn von Oberdorf b.B.[= Marktoberdorf] nach Füssen wird am 1. Juni ds. Js. dem Betrieb übergeben. Am 4. April fährt der erste Probezug im Bahnhof Füssen ein und zehn Tage später ist ein elegant gebauter und ausgestatteter Personenwagen auf dem hiesigen Bahnhof [Füssen] angekommen, zu deren Besichtigung ein großer Theil der Einwohnerschaft nachmittags nach dem Bahnhofplatz wandert(e). Nun ist sich nicht nur die hiesige Zeitung, sondern auch die Füssener Bevölkerung gewiss, dass die Terminplanung eingehalten und die Bahnlinie Marktoberdorf – Füssen am 1. Juni selbigen Jahres eröffnet werden kann, da stirbt am 17. Mai Königin Marie Friederike (*1825)1) auf Schloss Hohenschwangau. Am nächsten Tag wird der Leichenwagen bis zu dem auf dem Bahnhofe Füssen stehenden Waggon gefahren, der Sarg herausgenommen und in den Waggon geschoben. Am Bahnhofe bilden die hiesigen Veteranen- und Feuerwehrvereine Spalier. Die vereinigten Sänger Füssen´s singen eine Strophe eines Grabliedes und die Blechmusikgesellschaft spielt einen Trauermarsch, während Herr Pfarrer Walter nochmals die Leiche einsegnet. Bald darauf setzt sich der Extrazug in Bewegung. Am Samstag den 1. Juni wird dann die Lokalbahn Marktoberdorf – Füssen dem allgemeinen Verkehr übergeben, allerdings ohne Feierlichkeiten wegen der Landestrauer um die Königinwitwe. Könige und Adlige auf dem Bahnhof Füssen Ein knappes Vierteljahr nach der Eröffnung der Bahnstrecke, am 20. August 1889, kommt Nasir ed-Din (1848–1896)2) , der Schah von Persien, mit 17 Würdenträgern und Bediensteten im früheren Hofzug König Ludwigs II., in Füssen an und besucht die Königsschlösser. Zum ersten Mal läuft ein königlicher Zug in den Bahnhof Füssen ein und als er wieder ausläuft, ist es die letzte Fahrt dieses Edelzuges3). Abb. 1: Der Schah von Persien, Nassir ed-Din auf seiner Europareise, gemalt von John Vinter (ca. 1828–1903) in London 1889 (Verstei- gerungskatalog Islamic and Indian Art, 25.10.2007, New Bond Street, London). Nassir ed-Din, geboren am 16. Juli 1831 in Teheran, ab 1848 Schahvon Persien, aus der Dynastie der Kadscharen, ließ die Babi und Bahai verfolgen, führte westliche Errungen- schaften ein (Postsystem, Eisenbahn, modernes Banksystem, Zeitungen), war Verfasser eines Diwans und von Tagebüchern seiner Europareise von 1873, 1878, 1889, und wurde von einem Anhänger der pan-islamischen Bewegung nach dem Freitagsgebet am 1. Mai 1896 in Teheran ermordet. Etwas weniger aufwendig geht es ein Jahr später zu, als am 25. Juli 1890 der regierende Fürst von Schwarzburg mit dem Mittagszug in Füssen eintrifft. Ob es sich um Karl Günther von Schwarzburg-Sondershausen (1830, 1880–1909)4) oder um Günther Victor von Schwarzburg-Rudolstadt (1852–1925, 1890–1918)5) handelt, Herren zweier kleiner Fürstentümer in Thüringen6), verrät das Füssener Blatt nicht. Am 8. August 1891 kommt wieder königlicher Besuch nach Füssen. Der Sachsenkönig Albert (1828, 1873–1902)7) und seine Gemahlin Carola von Wasa-Holstein-Gottrop (1833–1907)8) entsteigen auf dem Füssener Bahnhof ihrem Salonwagen, welcher an den Abendzug angehängt ist und übernachten im gerade erst erweiterten und mit dem neuesten Komfort ausgestatteten Hotel „Alpenrose“ in Schwangau9). Am nächsten Tag besucht das königliche Paar die Königsschlösser, dann verlassen sie mit dem Nachmittagszug wieder Füssen. Abb. 2: Albert von Sachsen und Gemahlin Carola (Holzstich 1889) (www.shop.billerantik.de). Friedrich August Albert Anton Ferdinand Joseph Karl Maria Baptist Nepomuk Wilhelm Xaver Georg Fidelis von Sachsen, aus dem Haus der albertinischen Wettiner, geboren am 23. April 1828 in Dresden, heiratete 1853 Carol(in)a von Wasa-Holstein-Gottorp, führte 1866 die sächsischen Truppen gegen Preußen und 1870 die Maasarmee gegen Frankreich, wurde 1873 König von Sachsen, starb am 19. Juni 1902 in Sibyllenort/Schlesien. Caroline Friederike Franziska Stephanie Amelie Cecilie von Wasa-Holstein-Gottorp, geboren am 5. August 1833 im Schloss Schönbrunn bei Wien, Tochter des schwedischen Kronprinzen Gustav von Wasa (1799–1877) und Louise von Baden (1811–1854), konvertierte 1852 zum katholischen Glauben, heiratete 1853 den sächsischen Kronprinzen Albert, starb am 15. Dezember 1907 in Dresden. Hochadel kommt auch ein Jahr später zum Besuch der Königs- schlösser. Die Equipagen des Schwangauer Hotels „Alpenrose“ warten am 12. Juli 1892 auf dem Bahnhof Füssen auf die Großherzogin der Toscana, wohl Alicia von Bourbon-Parma (1849–1935). Über zehn Jahre später, am 8. August 1905, kommt Alicia wieder auf dem Füssener Bahnhof an, nun in Begleitung ihrer heiratsfähigen Töchter, den Prinzessinnen Margareta (1881–1965) und Germana (1884– 1955) und den erlauchten Gräfinnen Anna und Maria von Dürckheim. Abb. 3: Alicia von Bourbon-Parma, um 1905 (www.royaltyguide,nl). Alicia Maria Carolina Ferdinanda Rachael Giovanna Filomena Prinzessin von Bourbon- Parma, geboren am 27. Dezember 1849 in Parma (Italien), Tochter von Herzog Karl III. von Parma (1823–1854) und Prinzessin Louise Marie Therese von Bourbon (1819–1864), heiratete1868 den Großherzog Ferdinand IV. von Toskana und Erzherzog von Österreich, bekam zehn Kinder, starb am 16. Jänner 1935 in Schwertberg (Oberösterreich). Die Herzogin von Edinburg, welche am 28. September 1892 mit Gefolge die Königs- schlösser besucht, kommt mit dem Zug mittags an und reist abends schon wieder ab. Ob es sich um die Zarentochter Maria Alexandrowna (1853–1920) oder um eine ihrer noch jungen Töchter handelt, geht aus dem Füssener Blatt nicht hervor. Ebenfalls mit dem Zug einen Tagesausflug nach Hohenschwangau absolvieren am 24. Oktober 1893 Prinz Alphons von Bayern (1862–1933) und seine Gemahlin Prinzessin Louise Victouse d´Orléans-Alencon (1869–1952). Ein Vierteljahrhundert später, am 21. August 1917, kommt das Paar wieder zu einem Tagesausflug nach Füssen, nun in Begleitung ihres Sohnes, Prinz Joseph Clemens (1902–1990), und wieder steht im Füssener Blatt: Die Allerhöchsten Herrschaften fahren im Salonwagen mit dem Abendzuge nach München zurück. Alfons Maria Franz Clemens Maximilian von Bayern, geboren am 24. Januar 1862 in München, Sohn von Adalbert Wilhelm von Bayern und Amalia von Spanien, Enkel von König Ludwig I. von Bayern, heiratete 1891 Louise von Orléans-Alençon, Ehren-Großprior des Ritterordens vom Heiligen Georg, starb am 8. Januar 1933 in München. Louise Victoire Marie Amalie Sophie de Orléans-Alençon, geboren am 19. Juli 1869 in London, Tochter von Ferdinand von Alençon (1844– 1910) und Sophie Charlotte Herzogin in Bayern (1847–1897), die einstmalige Braut von König Ludwig II., starb am 4. Februar 1952 in München. Abb. 4: Alfons von Bayern mit Louise d´Orléans- Alençon und Kinder Joseph Clemens (1902–1990) und Elisabeth (1813–2005), um 1915 (Postkarte, Privatbesitz) Und dann, am 2. Juli 1896, kommt sie, Elisabeth Amalie Eugenie (1837–1898), Kaiserin von Österreich, genannt „Sisi“10). Mittags trifft sie auf dem Bahnhof Füssen ein und wird von ihrer Tochter Gisela Louise Marie (1856–1932)11) und deren Gemahl, dem Prinzregentensohn Prinz Leopold (1846–1930)12), empfangen. Nach einer herzlichen Begrüßung begeben sich die höchsten Herrschaften zu den bereitstehenden Equipagen und fahren auf das Schloss Hohenschwangau. Nach gut einer Woche, am 10. Juli, begleitet Prinz Leopold mit Gemahlin Gisela die Kaiserin wieder zum hiesigen Bahnhof und kaiserliche