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HETEROPTERON

Mitteilungsblatt der Arbeitsgruppe Mitteleuropäischer Heteropterologen

Heft Nr. 60 - Köln, Oktober 2020 ISSN 1432-3761 print ISSN 2105-1586 online

INHALT Einleitende Bemerkungen des Herausgebers...... 1 Liste der Teilnehmer am 46. Treffen der „Arbeitsgruppe mitteleuropäischer Heteropterologen“ in Mallnitz...... 2 KLAUS VOIGT: 46. Tagung der "Arbeitsgruppe Mitteleuropäischer Heteropterologen" in Mallnitz (Kärnten, Österreich)...... 3 MICHAEL J. RAUPACH: DNA Barcoding enthüllt neue Arten und mögliche Hybride in der Wasserwanzenwelt Deutschlands (: et Gerromorpha)...... 6 PETER GÖRICKE: Untersuchungen zu Wanzenzönosen im Deichrückverlegungsgebiet Elbaue bei Lödderitz (Sachsen-Anhalt)...... 10 ANDREAS HILPOLD: Überblick über die Geschichte und aktuellen Stand der Erforschung der Südtiroler Wanzenfauna. (Teil 1 des Vortrags bei der Wanzentagung in Mallnitz (A))...... 15 ANDREAS HILPOLD: Wanzenerhebungen im Rahmen des Biodiversitätsmonitorings Südtirol (Teil 2 des Vortrags bei der Wanzentagung in Mallnitz (A)) ...... 18 KLAUS REINHARDT: Parasiten in Zuchten von Heteropteren, speziell von Bettwanzen (Cimicidae)...... 21 PETER KOTT: Rhyparochromus vulgaris (SCHILLING, 1829) – die Gemeine Lauf- oder Bodenwanze in Nordrhein-Westfalen (NRW) (Heteroptera, Lygaeoidea, Rhyparochromidae)...... 25 MICHAEL DREES: Zur Wanzenfauna zweier Wacholderheiden im Märkischen Kreis (Sauerland, NRW)...... 28 HANS-JÜRGEN HOFFMANN: Ergänzungen zum Beitrag „Ein Neuzugang … das Journal of the Heteroptera of Turkey" (HETEROPTERON 59, 38-39)...... 30 HANS-JÜRGEN HOFFMANN: Fossile Wanzen aus dem Oberoligozän von Rott bei Bonn...... 31 Wanzenliteratur: Neuerscheinungen...... 36

[Inhaltsverzeichnisse früherer Hefte und Allgemeines s. www.heteropteron.de]

Einleitende Bemerkungen des Herausgebers Wieder einmal ein kleines Jubiläum: 60 Hefte geschafft – dank Mitarbeit vieler Heteropterologen. Trotzdem noch einmal die Bitte: Der HETEROPTERON ist als deutsch-sprachiges Mitteilungsblatt konzipiert worden. Daher sollten möglichst viele (alte und) neue Mitteilungen gemeldet werden, ebenso wie einzelne eigene Veröffentlichungen. Nur so bleibt eine gewisse Übersicht über das weite Feld der Heteropteren gewahrt. Eigentlich sollte es doch im Interesse jedes Heteropterologen liegen, sein Wissen oder seine Kenntnisse einzubringen und weiter zu verbreiten – auch im Zeitalter des Internets findet man immer noch genügend Unbekanntes. Die Zeiten, wo man sein persönliches Wissen im Zettelkasten mit Literaturangaben, in Tagebucheintragungen und mit in der eigenen Sammlung versteckten Tieren möglichst für sich behielt, sind im Zeitalter des Internets doch eigentlich Vergangenheit! 2 HETEROPTERON Heft 60 / 2020

Trotz CORONA-Pandemie hat das Treffen der „Arbeitsgruppe Mitteleuropäischer Heteropterologen“ auch dieses Jahr geklappt, wenn auch leider mit deutlich geringerer Beteiligung. Das vorliegende Heft bringt neben der allgemeinen Information zum 46. Treffen den Inhalt der vier dort gehaltenen Vorträge. Vier weitere interessante Beiträge zu sehr verschiedenen Themen füllen wieder das Heft, inkl. einer Ergänzung zu HETEROPTERON 59, 38-39. H.J. Hoffmann

Liste der Teilnehmer am 46. Treffen der „Arbeitsgruppe mitteleuropäischer Heteropterologen“ in Mallnitz 9 2 8 BRANDNER, JONNY & MELANIE HOLZSCHUH, CAROLUS 14 6 BRÄU, MARKUS & ♀ HUBER, ELISABETH (FOTOGRAF) DOROW, WOLFGANG 1 KOMPOSCH, CHRISTIAN 15 11 FARACI, FRANCO MÜNCH, MICHAEL & DORIS+ KINDER 7 FRIESS, THOMAS NAWRATIL, JOSEF 4 13 17 GÖRICKE, PETER & MARION RABITSCH, WOLFGANG & 10 HECKMANN, RALF PEYTON, JODEY 12 16 HEISS, ERNST & INGRID RAUPACH, MICHAEL 5 3 HILPOLD, ANDREAS VOIGT, KLAUS & FRIEDLINDE

Die Teilnehmer am Treffen vor dem Tagungsgebäude (ohne einige ♀♀ u. Kinder) (Foto CH. KOMPOSCH)

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46. Tagung der "Arbeitsgruppe Mitteleuropäischer Heteropterologen" in Mallnitz (Kärnten, Österreich)

KLAUS VOIGT

Das 46. Treffen der AG mitteleuropäischer Heteropterologen fand vom 21. bis 23. August 2020 im österreichischen Luftkurort Mallnitz, der im alpinen Teil Kärntens liegt, statt. Rund 20 Teilnehmer aus Deutschland, Italien und Österreich hatten die Einladung von WOLFGANG RABITSCH und THOMAS FRIESS angenommen und waren trotz CORONAzeit und großen Entfernungen vom Heimatort mit Bahn oder PKW zum Nationalpark Hohe Tauern angereist. Sie mussten es nicht bereuen, denn THOMAS FRIESS und WOLFGANG RABITSCH hatten die Tagung ausgezeichnet vorbereitet und im CORONA-freien Kärntner Alpendorf Mallnitz ein ansprechendes Tagungsquartier ausgesucht.

Manche Teilnehmer waren schon Tage vorher angereist und konnten daher vor der offiziellen Eröffnung bei einer Exkursion ins Tauerntal auf 1800 m die alpine Bergwelt mit ihren ökologischen Besonderheiten an Flora und Fauna kennen lernen. Bei sonnigem Wetter zeigten sich die Almweiden und schütteren Lärchenwälder von ihrer besten Seite. Allerdings merkte man beim Sammeln die Auswirkungen der lange andauernden Trockenheit sehr. Viele Kräuter, Laub- und Nadelbäume zeigten Trockenstress, was sich auf die Vielfalt und Anzahl der nachgewiesenen Arten auswirkte. Dennoch konnten alpine Vertreter der Miriden z.B. Calocoris alpestris gefunden werden, während Lygaeiden, Coreiden und Pentatomiden selten waren. Auf den beweideten Almwiesen fiel die Vielfalt der zahlreichen Kleinzikaden besonders auf.

Am Freitagabend wurde die Tagung offiziell im Vortragssaal des BIOS Nationalparkzentrum Hohe Tauern, Mallnitz, nach einem kurzen Grußwort von KLAUS VOIGT, von WOLFGANG RABITSCH feierlich eröffnet. Nach der Begrüßung der angereisten Teilnehmer stellte er kurz das geplante Programm vor und bedankte sich bei der Verwaltung des Nationalparks Hohe Tauern im Hinblick auf Vorbereitung und Durchführung dieser Tagung. Er äußerte auch die Hoffnung, dass durch die vorgesehenen Exkursionen ein wertvoller Beitrag zur Erforschung der Insektenfauna des Nationalparks und von Kärnten erfolgt. Außerdem wies er darauf hin, dass bei allen Veranstaltungen in den Räumen des Nationalparkzentrums die strikten CORONA-19- Verhaltensmaßregeln zu beachten sind.

KATHARINA AICHHORN, die Mitarbeiterin im Nationalpark Hohe Tauern, stellte in Wort und Bild die einzigartige Vielfalt der Bergwelt und ihrer Tallandschaften des Nationalparks vor. Die alpinen Landschaften charakterisieren das Gebiet, das sich von fast 4000 m hohen Gletscherbergen bis zu Tälern um 1100 m sich erstreckt. Es darf keine Landwirtschaft und keine Jagd betrieben werden; nur die herkömmliche Almwirtschaft und Holznutzung ist erlaubt. Der Naturschutz hat oberste Priorität, was man auch an der Wiederansiedlung des Bartgeiers erkennen kann. Der Nationalpark Hohe Tauern ist touristisch gut erschlossen und Wanderern und Sportlern frei zugänglich.

THOMAS FRIESS ergänzte mit seinem speziellen Beitrag: „Kenntnisstand der Wanzenfauna des Nationalpark Hohe Tauern“ den vorhergehenden fundamentalen Vortrag vorzüglich. Seit den historischen Sammlungen von GREDLER (1870), STROBL (1899), FRANZ (1940) wurde der heutige Nationalpark von Heteropterologen nur spärlich besucht, worauf die geringe Anzahl von 84 bekannten Wanzenarten aus 81 Fundorten hinweist. Doch beherbergt das Gebiet auch einige Besonderheiten, die im Bild vorgestellt wurden. Dies sind Eurydema fieberi, Calocoris alpestris, Horwathia lineolata, Stenodema algoviensis, Deraeocoris annulipes, Globiceps juniperi, Nithecus 4 HETEROPTERON Heft 60 / 2020 jacobeae, Salda litoralis u.a. Die Artenzahl bekannter Wanzenarten kann durch die anwesenden Spezialisten sicher noch erhöht werden.

Bedingt durch drohende Gewitter wurde die für den Nachmittag geplante Exkursion ins Dösental auf den Vormittag vorverlegt. Steil ging es durch einen Schluchtwald bergan, an einer historischen venezianischen Sägemühle vorbei, bis zur Hochebene bei der Dösener-Alm auf 1.450 m. An einem verpilzten Baumstumpf am Waldrand wurden zur großen Freude Aradus crenaticollis entdeckt. Von dem Weideland führte der Weg nochmals steil bergan bis zur Konradshütte und der Konradslacke, einem kleinen periodisch austrocknenden See (1.610 m). Am sandigen Seeufer gab es verschiedene Saldula-Arten, im und auf dem See aber kaum Wasserwanzen. Doch talwärts konnten auf dem Dösenbach an einigen Stillwasserbereichen Gerris und Velia gefunden werden.

Während die meisten Tagungsteilnehmer sich dem Sammeln und Dokumentieren der Wanzenfauna widmeten, hatte FRIEDLINDE VOIGT ein Frauenprogramm organisiert. Es führte an diesem Tag mit dem kostenlosen Wanderbus nach Flattach, wo sie das eindrucksvolle Naturdenkmal Raggaschlucht mit ihren spektakulären Wasserfällen durchwanderten.

Pünktlich, bei beginnendem Regen, kam man wieder zum Besucherzentrum Mallnitz im NP Hohe Tauern zurück, wo die Vortragsveranstaltung stattfand.

Den Reigen der Vorträge eröffnete MICHAEL RAUPACH, der neue Leiter der Entomologischen Sektion der Zoologischen Staatssammlungen München, mit dem Thema: Ab ins Wasser: Die neuen Forschungsschwerpunkte der Sektion an den Zoologischen Staatssammluingen München. Nach seiner kurzen persönlichen Vorstellung zeigte er Beispiele von durch Barcoding gewonnene systematische Ergebnisse seiner Untersuchungen an Sigara distincta, S. falleni und S. iactans auf. Die Bearbeitung der mitteleuropäischen Wasserwanzen ist schon sehr weit fortgeschritten (95 %). Ein weiteres Projekt ist australischen Wasserwanzen gewidmet mit dem Ziel, sie mit Barcodices eindeutig bestimmen zu können. Man rechnet pro Tier mit einer Woche Bearbeitung.

Danach sprach PETER GÖRICKE über: Untersuchungen zu Wanzenzönosen im Deichrückverlegungsgebiet Elbaue bei Lödderitz (Sachsen-Anhalt). Durch die Deichrück- verlegungen wurden neue Überflutungsgebiete geschaffen. Der Vortragende hat darin 24 spezielle Untersuchungsflächen ausgewertet und dabei 175 Wanzenarten festgestellt. Ihre Verteilung auf Grünland, Waldrand, Feuchtgebiete u.a.m. hat er ausgewertet und in Diagrammen und Tabellen vorgestellt. Er ging auch auf die Probleme ein, die durch das Ausbleiben der Überflutung verursacht wurden, wie z. B. dass die invasive Mittelmeerwanze Oxycarenus lavaterae sich dort fast flächendeckend angesiedelt hat. Erfreulich war die Mitteilung, dass das bedrohte Biotop Aken vom Land Sachsen-Anhalt als NSG anerkannt wurde. Außerdem wurden die gesamten Untersuchungen vom Land Sachsen-Anhalt anerkennend gewürdigt und mit einer neuen Stelle für einen amtlichen Betreuer ‚belohnt’ worden.

Einen erfrischenden Dialog boten THOMAS FRIESS & CAROLUS HOLZSCHUH an zum Thema: 12 Jahre entomologische Forschung im Hausgarten. Wanzendiversität auf 1.080 m2. Seit 2006 hat der pensionierte Förster und Forstschutzexperte C. HOLZSCHUH in seinem Villacher Hausgarten intensiv die eindringenden Insekten beobachtet, gefangen und bestimmt. Die Vielfalt seiner Gartenpflanzen, sowie eine variantenreiche Anwendung seiner Fanggeräte, Techniken und Plätze brachten eine unglaubliche Artenzahl von Käfern, Fliegen, Wespen und Wanzen in seinem relativ kleinen Biotop am Rande einer Stadt zusammen. 336 Wanzenarten, darunter viele Neunachweise, konnte er für die Kärntner Fauna belegen, das sind 55 % der Landesfauna. Diese Erfolgsstory hat das Duo mit launigen Episoden gewürzt und mit Bildern und Sammlungskästen demonstriert HETEROPTERON Heft 60 / 2020 5 anschaulich vorgetragen, was mit lang andauerndem Beifall bedankt wurde.

MARKUS BRÄU sprach über: Probleme zur Wanzenfauna Bayerns. Bei der Überarbeitung der neuen Roten Liste Bayerns stellte sich heraus, dass der Mangel an Spezialisten bedeutsam ist und zahlreiche Flächen des großen Bundeslandes unbearbeitet sind, weil sie abgelegen oder anscheinend unattraktiv sind. Trotz seiner 60.000 Datensätze aus Privatsammlungen und Museen können viele Lücken nicht beseitigt werden. Darum bittet er die Kollegen um Hilfestellung, in dem sie ihm zur Vervollständigung einer flächendeckenden Karte Bayerns Daten aus ihren bayerischen Fundorten zur Verfügung stellen.

WOLFGANG RABITSCH informierte über: Neues zu Wanzen in Österreich. Im Jahre 2005 waren 906 Wanzenarten aus Österreich bekannt. Bis 2016 kamen 13 Neunachweise dazu, z. B. Beosus quadripunctata, Spilostethus pandurus, Corytucha arcuata, u. a. Durch Zuwanderer vorwiegend aus Süden und Osten hat sich die Anzahl nachgewiesener Arten inzwischen auf 924 erhöht. Dies ist ein Rekord für Mitteleuropa.

ANDREAS HILPOLD, Forscher am Institut für Alpine Umwelt in Bozen/IT, gab einen Überblick über die Wanzenfauna Südtirols und Einblick in die Erhebungen im Rahmen des Biodiversitätsmonitoring Südtirols. Einleitend sprach er über die Geschichte der WANZENFORSCHUNG in Südtirol seit dem 19. Jahrhundert und schloss mit dem heutigen Stand der Erarbeitung. Alle dokumentierten und bekannten Arten, sowie ihre Fundorte und ökologischen Daten wurden in einer Datenbank erfasst. Dabei wurden zahlreiche Lücken offenbar. Das Institut für Alpine Umwelt/Eurac Research leitet u. a, das Biodiversitätsmonitoring Südtirol in Zusammenarbeit mit dem Naturmuseum Südtirol und der Abteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung der autonomen Provinz Bozen-Südtirol. Ein eigenes Projekt widmet sich der Marmorierten Baumwanze (Halyomorpha halys) und einem möglichen Gegenspieler, der parasitoiden Samurai-Wespe.

Am Ende seines interessanten Vortrags lud ANDREAS HILPOLD die "Arbeitsgruppe Mitteleuropäischer Heteropterologen" zu ihrer nächsten Tagung 2021 nach Bozen ein. Das genaue Datum steht noch nicht fest. Es wird voraussichtlich im Januar 2021 in dieser Zeitschrift „HETEROPTERON“ bekannt gegeben.

Zum Abschluss der Tagung dankte KLAUS VOIGT für die vorzügliche Organisation und Durchführung der Tagung WOLFGANG RABITSCH, sowie THOMAS FRIESS für die Auswahl und Begleitung zu den interessanten Exkursionsgebieten. Allen, die schon am Sonntagmorgen sich auf den weiten Heimweg machen müssten, wünschte er eine gesunde Heimfahrt mit dem Wunsch auf ein Wiedersehen in Bozen 2021. Zum Schluss bat er noch, dass die Vorträge publiziert und die Sammelergebnisse an W. RABITSCH weitergegeben werden. Die Zeitschriften „HETEROPTERON“ und „CARINTHIA“ drucken diese. Das Gruppenbild von CHRISTIAN KOMPOSCH erinnert an die Tagung 2020 in dem beeindruckenden Besucherzentrum des Nationalparks Hohe Tauern.

Am Sonntag führte eine ganztägige Exkursion in das Seebachtal. Vom Parkplatz bei der Ankogelbahn führte der Weg zum Stappitzer See (1.260 m), wo Feucht- und Nasswiesen, sowie moorige Verlandungsstellen eine typische Wanzenfauna versprachen. Teratocoris paludum und Gerris costae bestätigten dies. Im See waren leider kaum Corixiden zu finden, die Gerris und Notonecta Arten waren noch im Larvenstadium. Der Wanderweg zur Schwussnerhütte entlang der Südseite des Tales bot abwechslungsreiche Biotope zur genaueren Untersuchung an: Bergwald mit Totholz, Gebüschsäume, Heidelbeersträucher und Farnplätze, Felsen, Tümpel und Verlandungszonen am Seebachufer (Macrosaldula scotica), sowie ein ‚Eisloch’ nahe der Schwussnerhütte. In der bewirtschafteten urigen Hütte auf 1.338 m konnte man sich von der 6 HETEROPTERON Heft 60 / 2020 dreistündigen Wanderung bei einem Imbiss und kühlen Getränken erholen und neue Kräfte für den Rückweg auf der anderen Seite des romantischen Seebachtales sammeln. Bergab führte die Straße an den Trombachwasserfällen, steilen Wiesenhängen und Geröllhalden vorbei wieder zum Ausgangspunkt am Fußpunkt der Ankogelbahn, wo die Autos parkten.

Eine kleine Gruppe der Teilnehmer nützte den Montag bei bedecktem Himmel noch zu einer kleinen Nachexkursion ins Tauerntal nahe der Stockerhütte (1.280 m). Der Bergwald und sein Unterwuchs, sowie die große Schotterfläche eines Bergbachs konnten beprobt werden. An den bepilzten Bäumen waren keine Aradiden zu entdecken. Doch auf den Schotterflächen mit ihren zahlreichen Disteln wurden Tingis cardui und in der schütteren Bodenflora Halticus apterus und Strongylocoris leucocephalus nachgewiesen. Leider verhinderte aufkommender Regen die weitere Suche, so dass die Exkursion vorzeitig abgebrochen werden musste.

Die beiden zurückgebliebenen Frauen hatten den Tag zu einem Besuch in Spittal an der Drau mit dem Zug genützt, wo sie einen interessanten Stadtrundgang machten und das Schloss Porcia mit seinem berühmten Arkadenhof besuchten.

Am Dienstagmorgen reisten die letzten Teilnehmer wieder ab. Sie waren voll des Lobes über die gelungene Tagung unter CORONA-19-Auflagen, mit informativen Vorträgen, Gesprächen und Exkursionen in einer bezaubernden Berglandschaft und einer angenehmen Unterkunft. Für wertvolle Ergänzungen und Hinweise sei W. RABITSCH gedankt.

Anschrift des Autors: Klaus Voigt, Forellenweg 4, D 76275 ETTLINGEN. e-mail: [email protected]

Zum folgenden Beitrag:

Abb.1: Neighbour-Joining-Topologie aller analysierten Exemplare der Gattung Notonecta LINNAEUS, 1758 (6 Arten, 94 Individuen) basierend auf K2P-Distanzen. Die Ziffern an den Knoten sind Bootstrap-Werte (1000 Replikate). Als Außengruppe fungiert Anisops sardeus HERRICH-SCHAEFFER, 1849. HETEROPTERON Heft 60 / 2020 7

DNA Barcoding enthüllt neue Arten und mögliche Hybride in der Wasserwanzenwelt Deutschlands (Heteroptera: Nepomorpha et Gerromorpha) MICHAEL J. RAUPACH

Zusammenfassung: Innerhalb der letzten Jahre hat sich das DNA Barcoding als populäre Methode zur molekularen Identifizierung von Arten etabliert. Obwohl zwingend notwendig, sind Barcoding-Studien über die artenreichen und ökologisch diversen Heteropteren leider immer noch selten. In diesem Zusammenhang wurde für die semiaquatischen und aquatischen Wasserwanzen Deutschlands eine umfangreiche DNA Barcode-Bibliothek erstellt. Insgesamt wurden DNA Barcodes von 63 Arten und 686 Individuen generiert und analysiert. Die Ergebnisse dokumentierten identische Sequenzen für einige nah verwandte Arten, die möglicherweise immer noch hybridisieren, als auch eine überraschend hohe molekulare Variabilität innerhalb Cymathia coleoptrata (FABRICIUS, 1777) und dem Wasserzwerg Plea minutissima LEACH, 1817. Weiterführende morphologische und molekulare Untersuchungen finden aktuell statt.

Abstract: During the last years DNA barcoding has become a popular method for molecular species identification. Although demanding, comprehensive barcoding studies of the species and ecological diverse Heteroptera are unfortunately still scarce. In this context a comprehensive DNA barcode library of the semi-aquatic and aquatic true bugs of Germany has been established. In total, DNA barcodes for 686 specimens of 63 species were generated and analyzed. The results document identical sequences for a number of closely related species that may still hybridize, as well as a surprisingly high molecular variability within Cymathia coleoptrata (FABRICIUS, 1777) and pygmy backswimmer Plea minutissima LEACH, 1817. Additional morphological and molecular analyses are in progress.

Einleitung

Wenn wir in einem Supermarkt ein Produkt kaufen, wird dessen Identität sowie Preis mittels eines Strichcodes („Barcode“) an der Kasse erfasst. Dieses Verfahren spart uns an der Kasse mitunter viel Zeit und dem Kassierer/der Kassiererin viel Arbeit. Basierend auf diesen Eindrücken kam vor etwas mehr als 15 Jahren PAUL HEBERT aus Guelph (Kanada) auf die Idee, ein ähnliches, molekularbasiertes Verfahren zur Identifizierung von Organsimen zu entwickeln (HEBERT et al. 2004). Die von ihm entwickelte Methode, das sogenannte „DNA Barcoding“, verwendet die Basenabfolge eines bestimmten, standardisierten Genabschnittes zur Art-Identifizierung. Bei den Tieren fiel die Wahl auf einen Bereich des mitochondrialen Cytochrom-c-Oxidase Untereinheit I- Gens mit einer Länge von rund 660 Basenpaaren. Eine Grundlage des DNA Barcodings ist die Annahme, dass die innerartliche Variation dieses Genabschnittes geringer ist als die zwischenartliche Variabilität und somit eine eindeutige Zuordnung eines Individuums ermöglicht. In den letzten Jahren hat sich das DNA Barcoding als zuverlässige, schnelle und kostengünstige Methode zur Artdetermination in der nationalen wie internationalen Forschungslandschaft fest etabliert (u.a. WÄGELE 2016, GEIGER et al. 2016). In Kombination mit modernen Hochdurchsatz- Sequenzierverfahren, die Zehntausende von Proben parallel analysieren, kann so ein effizientes Biodiversitätsmonitoring durchgeführt werden (z.B. JI et al. 2013, BUSH et al. 2019, HAUSMANN et al. 2020). Dies gilt insbesondere für die hyperdiversen Insekten, deren Bestimmung in vielen Fällen aufwendig und die notwendige Expertise häufig nicht (mehr) vorhanden ist. Innerhalb Deutschlands wurden im Rahmen des Barcoding Fauna Bavarica-Projekts (http://barcoding-zsm.de/bfb) sowie des nachfolgenden German Barcode of Life-Projekts (https://www.bolgermany.de/wp/) erste umfassende Sequenz-Bibliotheken für verschiedene Insektengruppen wie Schmetterlinge (HAUSMANN et al. 2011), Käfer (HENDRICH et al. 2014), Heuschrecken (HAWLITSCHEK et al. 2017) und Hautflügler (SCHMIDT et al. 2015) erstellt. Eine erste Studie, die rund 460 Arten und damit rund 51% der heimischen Wanzen abdeckte, demonstrierte das große Potenzial der Methodik auch für diese Insektengruppe (RAUPACH et al. 2014). Auf Grundlage dieser Arbeit erfolgte der Aufbau einer umfassenden DNA Barcode-Bibliothek der Wasserwanzen Deutschlands.

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Warum gerade Wasserwanzen? Zum einen gibt es kaum ein stehendes oder fließendes Gewässer, das nicht von Wanzen in oft hohen Arten- und Individuenzahlen besiedelt wird. Hier nehmen Wasserwanzen mitunter eine zentrale ökologische Rolle ein. In Deutschland kommen 22 Arten der Unterordnung Gerromorpha und 47 Arten der Unterordnung Nepomorpha vor (STRAUSS & NIEDRINGHAUS 2014, DECKERT & WACHMANN 2020). Zum anderen wurde die Wasserwanzenfauna Deutschlands in der Vergangenheit gut erfasst, so dass eigentlich keine Überraschungen zu erwarten waren. Allerdings gelten Wasserwanzen im Allgemeinen als recht schwierig zu bestimmende Insektengruppe, was insbesondere auf die artenreiche Familie der zutrifft. Ferner ist bei manchen Arten, zum Beispiel bei Vertretern der Gattung Sigara FABRICIUS, 1775, eine sichere Bestimmung nur bei Männchen möglich (JANSSON 1986).

Methoden

Informationen wie Fundort oder Sequenzchromatogramme der untersuchten Wasserwanzen sind in dem öffentlich zugängigen Datensatz DS-BAHCE „Barcoding Aquatic Heteroptera of Central Europe“ im Barcode of Life Datasystem (BOLD; http://www.boldsystems.org) hinterlegt (RATNASINGHAM & HERBERT 2007). Näheres zur molekularen Aufarbeitung der Tiere sowie der Datenanalyse findet sich in RAUPACH et al. (2014) und HAVEMANN et al. (2018).

Ergebnisse und Diskussion

Im Rahmen der Untersuchung wurden DNA Barcodes von 254 Individuen von 20 Arten der Gerromorpha und 445 Individuen von 43 Arten der Nepomorpha analysiert (HAVEMANN et al. 2018). Somit beinhaltet die Studie 91 % der deutschen Fauna der Gerromorpha und 92 % der in Deutschland dokumentierten Vertreter der Nepomorpha. Für 18 Arten (90 %) der analysierten Gerromorpha war eine eindeutige Zuordnung von einer „Barcode Index Number“ (BIN) pro Art möglich. Innerhalb der Nepomorpha gelang dies für 29 Arten (67 %). Abbildung 1 illustriert exemplarisch die Auftrennung der verschiedenen Vertreter der Familie der Notonectidae in einer Neighbor Joining-Topologie. Die Datenanalyse erbrachte allerdings auch einige überraschende Ergebnisse, welche in HAVEMANN et al. (2018) detailliert beschrieben und diskutiert werden. Hierunter fällt unter anderem das Auftreten von identischen Sequenzen bei den nah verwandten Arten Sigara iactans JANSSON, 1983 und Sigara falleni (FIEBER, 1848), was eine eindeutige Differenzierung beider Arten – sofern es sich um solche tatsächlich handelt – mittels DNA Barcodes verhindert. Vergleichbare geringe zwischenartliche Distanzen treten unter anderem bei Arctocorisa carinata (C. R. SAHLBERG, 1819) und Arctocorisa germari (FIEBER, 1848) sowie praeusta (FIEBER, 1848) und Callicorixa producta (REUTER, 1880) auf. Ob es sich bei diesen Artenpaaren um nahverwandte, aber distinkte Arten handelt oder zwischen den Arten noch Genfluss stattfindet und es zu Hybridisierungen kommt, kann aktuell nicht geklärt werden und steht im Fokus weiterer eingehender Studien. Im Gegensatz zu diesen geringen zwischenartlichen Distanzen treten bei zwei Arten ungewöhnlich hohe innerartliche Werte auf. Bei Cymatia coleoptrata (FABRICIUS, 1777) finden sich zwei Gruppen, die sich in bis zu 9,4 % voneinander unterscheiden. Interessanterweise wird eine Gruppe durch das Fehlen von 16 (!) Aminosäuren charakterisiert. Sehr hohe molekulare Distanzen wurden ferner bei Plea minutissima LEACH, 1817 gefunden, welche sich ebenfalls auf zwei Gruppen verteilen. Weiterführende morphologische als auch molekulare Untersuchungen finden aktuell statt. Erste Resultate aber deuten an, dass hier in beiden Fällen bislang jeweils eine Art übersehen wurde. Unsere aktuellen Ergebnisse unterstreichen eindrucksvoll den Nutzen vom DNA Barcoding als molekulare Methode zur Artidentifizierung als auch als taxonomisches Hilfsmittel. Es bleibt abzuwarten, ob die angestrebte Erstellung einer gesamteuropäischen DNA Barcode-Bibliothek für die Gerromorpha und Nepomorpha ähnlich überraschende Ergebnisse hervorbringen wird.

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Anschrift des Autors: PD Dr. Michael J. Raupach, Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns, Zoologische Staatssammlung München, Münchhausenstraße 21, D-81247 MÜNCHEN. e-mail: [email protected]

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Untersuchungen zu Wanzenzönosen im Deichrückverlegungsgebiet Elbaue bei Lödderitz (Sachsen-Anhalt) *) PETER GÖRICKE

*) nach einem Vortrag beim 46. Treffen der „Arbeitsgruppe Mitteleuropäischer Heteropterologen“ vom 21. bis 23. August 2020 im Nationalpark Hohe Tauern in Österreich Im Rahmen des Naturschutzprojektes „Mittlere Elbe“ wurde ca. 15 km elbabwärts von Dessau bei Lödderitz eine Deichrückverlegung in einer Länge von ca. 5 km und einer Breite von ca. 2,5 km vorgenommen und in diesem Bereich ein neuer Deich errichtet (LANDESAMT FÜR UMWELTSCHUTZ SACHSEN-ANHALT 2018). Im Jahr 2017 wurde der alte Deich geschlitzt bzw. ganz entfernt sowie Flutrinnen geschaffen und eine Fläche von ca. 600 Hektar wurde damit nach ca. 180 Jahren wieder der natürlichen Hochwasserdynamik der Elbe zugeführt. In den Jahren 2017 und 2018 wurden 26 Kontrollflächen im Gebiet zur Erfassung der Ausgangssituation sowie zur Erfolgskontrolle der Renaturierungsmaßnahmen vornehmlich nach pflanzensoziologischen Gesichtspunkten durch die BIOSPHÄRENRESERVATSVERWALTUNG MITTELELBE festgelegt. Eine Erfassung der Wanzenfauna als Indikator für die verschiedenen Lebensräume und die den dynamischen Prozessen unterworfenen Habitate im Deichrückverlegungsgebiet Lödderitz erfolgte im Jahr 2019 durch P. GÖRICKE. Dazu wurden die faunistischen Untersuchungen in mehreren Wiederholzyklen im Jahr 2019 als Ersterfassung zur Dokumentation der Ausgangslage durchgeführt. Dabei kam den Untersuchungen die Tatsache zu Gute, dass seit der Deichöffnung im Jahr 2017 keine Hochwassersituation herrschte und somit der faunistische Ursprungszustand der aktiven, fossilen (d.h. nach Eindeichung nicht mehr den Hochwasserereignissen ausgesetzte Flächen / Gelände hinter dem Deich auch nach der Deichrückverlegung) und reaktivierten Altaue im Deichrückverlegungsgebiet bestimmt werden konnte. Zur Erfassung der Wanzenfauna auf 15 Wald-Dauer-Beobachtungsflächen (Abb. 1), 6 Grünlandflächen (Abb. 2) und 5 Gewässerhabitaten wurden standardisierte und für die einzelnen Lebensräume differenzierte Methoden eingesetzt. Als faunistische Erfassungsmethoden wurden vorrangig definierte Bodenkescher- und Motorsaugfänge (jeweils 100x/UF) und Klopffänge (á 15'/UF) an 3 Terminen und Gelb-, Blau- und Weiß- Farbschalenfänge über ca. 6 Monate und 4-wöchigem Wechsel sowie an den Stillgewässer-UF Wasserkescherfänge (á 30'/UF) eingesetzt. Im Vortrag wurde u.a. daran erinnert, dass Saugfänge im Gelände keine neue Fangmethode darstellt, sondern nur gegenwärtig öfter praktiziert wird. Bereits REINHARD REMANE (1958) hat in den Jahren 1954 und 1955 Wanzen und Zikaden auf Grünlandflächen im Weser-Ems-Gebiet quantitativ mit einem von den BLASATOR-Werken in Leer/Ostfriesland entwickelten Prototyp eines benzingetriebenen Motorsaugers erfasst. Im Laufe der Untersuchungen erwies es sich als zweckmäßig drei zusätzliche Flächen im Bereich des Elbufers bei Obselau und eine zusätzliche Stillwasserfläche in die faunistischen Untersuchungen einzubeziehen. Durch einzelne faunistische Methoden erzielte Beifänge anderer Insektengruppen wurden sortiert nach den Taxa Carabidae, sonstige Coleoptera, Auchenorrhyncha, Hymenoptera und Arachnida dem BIOSPHÄRENRESERVAT MITTELELBE als Alkoholpräparate in einer Individuenzahl von ca. 20 Tausend Exemplaren zur Auswertung durch Artgruppenspezialisten übergeben. Bei den Untersuchungen zur Wanzenfauna im Gebiet wurden über 4.500 Individuen ausgewertet und 175 Wanzenarten nachgewiesen. GÖRICKE & KLEINSTEUBER (2020) verzeichnen insgesamt 706 Wanzenarten im Land, durch zwei Erstfunde im Jahr 2019 (GÖRICKE 2019) beträgt der dokumentierte aktuelle Bestand in Sachsen-Anhalt jetzt 708 Heteropterenarten. Die 175 festgestellten Arten im Rahmen des Projektes „Deichrückverlegung Lödderitz“ repräsentieren dabei 24,7 % der Fauna des Landes. Von SIMON et al. (im Druck) werden für Deutschland 911 Wanzenarten angegeben. Die im Untersuchungsgebiet festgestellten Arten entsprechen damit einem Anteil von 19,2 % der Deutschlandfauna. Von den insgesamt im Untersuchungsgebiet bei Lödderitz festgestellten 175 Wanzenspezies sind 44 Arten in der bis vor kurzem bestehenden Rote-Liste der HETEROPTERON Heft 60 / 2020 11

Fauna Sachsen-Anhalts (BARTELS et al. 2004) und 29 Arten in der aktuellen sachsen-anhaltischen Roten Liste (GÖRICKE & KLEINSTEUBER 2020) vertreten. 5 Arten besitzen einen Rote-Liste-Status in Deutschland nach der Fassung des Jahres 1998 (GÜNTHER et al. 1998). In der sich im Druck befindlichen Roten Liste Deutschlands (SIMON et al. im Druck) sind von den im Deichrückverlegungsgebiet Lödderitz belegten Arten aktuell 15 Arten als gefährdete Rote-Liste Arten der deutschen Fauna klassifiziert. Bei den faunistischen Erhebungen im Jahr 2019 wurden auf den Grünland-Untersuchungs- Flächen 124 Wanzenarten (hier u.a. Peritrechus nubilus an jeweils 2 UF der reaktivierten und fossilen Aue) und hierbei 72 Arten auf den zwei (hier u.a. Sciocoris homalonotus) und drei Zusatz- Fundorten in Elbnähe (hier u.a. Spathocera laticornis, Saldula arenicola und S. palustris) in der aktiven Aue bei Obselau, 68 Arten auf den zwei Untersuchungsflächen in der reaktivierten Aue am Försterfriedhof (hier u.a. Berytinus minor) sowie 79 Arten auf den zwei Flächen der fossilen Aue am Klosterholz (hier u.a. in einer Blauschale 3 Exemplare von Oxycarenus lavaterae als damals bekanntem Erstfund in Sachsen-Anhalt – siehe GÖRICKE 2019, 2020; BÄSE & DECKERT 2020) festgestellt. Auf den 15 Wald-Dauer-Beobachtungsflächen im Gebiet wurden insgesamt 106 Arten (hier u.a. Halticus luteicollis und Loricula exilis auf jeweils 6 UF, Plagiognathus fulvipennis von 4 UF) und davon 63 Arten auf den zwei Untersuchungsflächen in der aktiven Aue, 87 Arten auf den zehn untersuchten Flächen in der reaktivierten Aue (hier u.a. Aneurus avenius von 3 UF, Tingis ampliata auf 2 UF und Thyttus pygmaeus von einem Fundort) sowie 53 Arten auf den drei Dauer- Beobachtungsflächen in der fossilen Aue (hier u.a. Campylosteira verna von 2 UF und einer Wald- UF der reaktivierten Aue) belegt. Auf und in den fünf Gewässer-Untersuchungsflächen wurden 15 weitgehend kommune Heteropterenarten, darunter Aquarius paludum, Gerris argentatus, Micronecta scholtzi, Sigara falleni und S. striata festgestellt. Außerhalb der untersuchten Stillgewässer wurden vornehmlich in Elbnähe drei Saldidenarten (Saldula arenicola, S. palustris, S. saltatoria) festgestellt. Insbesondere die faunistischen Untersuchungen an den Stillgewässern litten an dem wiederum über dem langjährigen Mittel liegendem sehr warmen Sommer 2019 und andauernder Trockenheit (Austrocknung einzelner Gewässer und hohe Wassertemperaturen). Die drei Heteropterenarten Arocatus melanocephalus (FABRICIUS, 1798), Familie Lygaeidae (Abb. 3), Mermitelocerus schmidtii (FIEBER, 1836) und Orthonotus rufifrons (FALLÉN, 1807), jeweils aus der Familie Miridae (Abb. 4, 5), werden im Ergebnis der Untersuchungen als kennzeichnende Arten des Lebensraumtyps LRT 91 FO (LANDESAMT FÜR UMWELTSCHUTZ SACHSEN-ANHALT 2002) Hartholzauenwälder mit Quercus robur, Ulmus laevis, Ulmus minor, Fraxinus excelsior oder Fraxinus angustifolia (Ulmenion minoris) sowie insgesamt als typische Auwaldarten eingestuft. Die ökologische Einordnung der festgestellten 175 Arten erfolgte auf Grundlage von Angaben bei WACHMANN, MELBER & DECKERT (2004, 2006, 2007, 2008, 2012) unter Berücksichtigung von FRIESS & RABITSCH (2009), MORKEL (2019) und spezifischer Beobachtungen des Verfassers in Sachsen-Anhalt. Es ist festzustellen, dass im Untersuchungsgebiet neben den direkten Gewässerarten weitere 5,7 % (10 Arten) hygrophil sind, der größte Anteil der im Gebiet festgestellten Wanzenarten mit 57,7 % (101 Arten) mesophil sind und 25,1 % (44 Arten) xerothermophil sind. Die bei den Untersuchungen im Jahr 2019 im Deichrückverlegungsgebiet Lödderitz festgestellten Heteropterenarten teilen sich auf folgende ökologische Typgruppen und - klassen auf: 9,2 % mit 16 Arten Gewässer Typ SG Stillgewässerarten; 53,1 % mit 93 Arten Offenland, davon 31,4 % mit 55 Arten Typ MO mesophile Offenlandarten, 17,7 % mit 31 Arten Typ XO xerothermophile Offenlandarten und 4,0 % mit 7 Arten Typ HO hygrophile Offenlandarten; 19,4 % mit 34 Arten in Saumhabitaten, davon 13,7 % mit 24 Arten Typ MS mesophile Saumarten und 5,7 % mit 10 Arten Typ XS xerothermophile Saumarten; 2,3 % mit 4 Arten Typ UK Ubiquisten; 16,0 % mit 28 Arten Wald, davon 12,6 % mit 22 Arten Typ MW mesophile Waldarten, 1,7 % mit 3 Arten Typ HW hygrophile Waldarten und 1,7 % mit 3 Arten Typ XW xerothermophile Waldarten.

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Abb. 1: Habitat der Wald-Untersuchungsfläche DBF1 in der reaktivierten Aue bei Obselau im Mai 2019 (Foto P. GÖRICKE).

Abb. 2: Grünland-Untersuchungsfläche GLF2 in der fossilen Aue am Klosterholz bei Lödderitz im Juni 2019 (Foto P. GÖRICKE). HETEROPTERON Heft 60 / 2020 13

Abb. 3: Die im Gebiet an Ulme lebende Bodenwanzenart Arocatus melanocephalus ist eine typische Auwaldart und wurde im Jahr 2019 im Deichrückverlegungsgebiet Lödderitz in Farbschalen am Waldsaum von zwei Grünland-UF in der aktiven Aue bei Obselau und zwei Wald-UF der reaktivierten Aue durch Klopffang an Ulmus festgestellt (Foto E. WACHMANN).

Abb. 4: Mermitelocerus schmidtii ist gleichfalls typisch in Auwäldern und wurde im Untersuchungsgebiet an insgesamt 11 Fundorten, davon 9 Wald-UF und in Farbschalen am Waldrand von 2 Grünland-UF aufgefunden (Foto E. WACHMANN).

Abb. 5: Die vornehmlich in der Krautschicht von Auwäldern lebende Miride Orthonothus rufifrons wurde 2019 im Deichrückverlegungsgebiet Lödderitz auf insgesamt 16 Untersuchungsflächen und davon auf 10 Wald-UF und allen 6 Grünland-UF festgestellt (Foto E. WACHMANN). 14 HETEROPTERON Heft 60 / 2020

Danksagung:

ANNETT SCHUMACHER, HENDRIK PANNACH und LOTHAR HÄNDLER vom BIOSPHÄRENRESERVAT MITTELELBE und BIRGIT KRUMMHAAR vom FÖRDER- UND LANDSCHAFTSPFLEGEVEREIN BIOSPHÄRENRESERVAT MITTELELBE werden für ihre vielfältige Unterstützung der Untersuchungen gedankt. Für die Mitwirkung bei den Gewässeruntersuchungen wird WOLFGANG KLEINSTEUBER / Taucha gedankt. ANDREAS SCHÖNE / Dessau-Roßlau danke ich für Hilfe bei der Bearbeitung der Datenbankformate der faunistischen Datensätze und der Artentabellen. Dr. CHRISTIAN RIEGER / Nürtingen danke für die Determination und Nachprüfung einzelner Arten und Dr. HANNES GÜNTHER / Ingelheim für die Beschaffung von Literatur. Für die Zurverfügungstellung von Fotos wird Prof. Dr. EKKEHARD WACHMANN gedankt.

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Anschrift des Verfassers: Peter Göricke, Fasanengasse 6, D-39179 EBENDORF; e-mail: [email protected]

HETEROPTERON Heft 60 / 2020 15

Überblick über die Geschichte und aktuellen Stand der Erforschung der Südtiroler Wanzenfauna. (Teil 1 des Vortrags bei der Wanzentagung in Mallnitz (A))

ANDREAS HILPOLD

Wanzenforschung von den Anfängen bis zur Gegenwart Im Vortrag wurde ein kurzer Überblick über die Erforschungsgeschichte der Heteroptera Südtirols gegeben. Die Erforschung der Wanzen Südtirols begann mit den Arbeiten von GREDLER (1870 und 1874) und DALLA TORRE (1882). Für lange Zeit waren dies die einzigen umfassenden Abhandlungen. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts gab es nur punktuelle Erhebungen und vorwiegend von Experten anderer Insektengruppen, etwa vom Orthopteren-Spezialisten RAMME (1911) und dem Formiciden-Experten MENOZZI (1931). Dies änderte sich mit dem Erscheinen des Trentiner Wanzenexperten LIVIO TAMANINI grundlegend. Über mehrere Jahrzehnte hinweg behandelte er in zahlreichen kleineren Arbeiten die Wanzenfauna der gesamten Region. Im Jahr 1982 schließlich publizierte er eine umfassende Abhandlung mit Checklisten-Charakter über die Wanzenfauna Südtirols. Auf diese Grundlage aufbauend verfasste Ernst Heiss zusammen mit Klaus Hellrigl im Jahre 1996 eine Checkliste der Wanzen Südtirols in der „Tierwelt Südtirols“ (HELLRIGL 1996). HEISS arbeitete bereits in den vorhergehenden Jahrzehnten aktiv an der Erforschung der Heteropteren Südtirols mit und befasste sich ausführlich mit der Wanzensammlung des Käfer-Experten VON PEEZ (Daten z.T. bereits in TAMANINI 1982 publiziert). In den folgenden zwei Jahrzehnten folgten weitere kleinere Publikationen verschiedener Autoren mit Wanzenangaben: einerseits in faunistischen Bearbeitungen kleinerer Gebiete oder Lebensräume (z.B. HEISS 2001; HELLRIGL 2006; HILPOLD et al. 2017; FRIEß & HILPOLD 2017) zum anderen auch mit Neu- oder Wiederfunden einzelner Arten (z.B. HEISS 2002; HILPOLD 2005; HILPOLD & DEMETZ 2017). Schließlich erforderte auch das Auftauchen der Marmorierten Baumwanze (Halyomorpha halys) und weiterer, für den Pflanzenschutz im Obstbau bedeutsamer Wanzenarten eine intensivere Beschäftigung mit der Tiergruppe (z.B. BRADLWARTER 2003; UNTERTHURNER 2016).

FloraFaunaSüdtirol Ein bahnbrechendes Ereignis für die Faunistik und Floristik Südtirols war das Jahr 2014. In diesem Jahr wurde das Online-Portal FloraFaunaSüdtirol online gestellt (WILHALM et al. 2014). Darin wird die Verbreitung einer Reihe von Tier- und Pflanzenarten sowohl in Rasterform als auch in punktgenauer Auflösung dargestellt. Grundvoraussetzung für die Darstellung einer Gruppe ist, dass alle publizierten Daten einer Gruppe sowie die Belegsammlung des Naturmuseums vollständig aufgearbeitet sind. Zudem werden die Angaben auf Plausibilität geprüft. FloraFaunaSüdtirol erfüllt daher auch eine Checklisten-Funktion für die jeweilige Gruppe. Seit dem Jahr 2018 wird auch die Gruppe der Wanzen vollständig angezeigt (Betreuung Andreas HILPOLD). Es ist neben den Fang- und Heuschrecken, Libellen und Tagfaltern die fünfte Insektengruppe, die im Portal einsehbar ist. Daneben werden auch Webspinnen, Weberknechte, Skorpione, Amphibien, Reptilien, verschiedene Kleinsäugergruppen, Vögel, Zehnfußkrebse und Rückenschaler, Regenwürmer und Nesseltiere vollständig angezeigt. Bei den Pflanzen hingegen werden derzeit Gefäßpflanzen, Moose und Kieselalgen dargestellt. Die Darstellung der Wanzen beruht auf insgesamt 6.200 Einzelbeobachtungen. Davon stammen etwa 4.200 aus 72 verschiedenen Literaturquellen. Zusätzlich werden 2.000 unpublizierte Angaben angezeigt, wovon etwa 1.200 belegt sind. 800 Angaben beziehen sich auf im Feld leicht 16 HETEROPTERON Heft 60 / 2020 bestimmbare Arten. Der derzeitige Erfassungsgrad für die einzelnen Wanzenarten ist sehr unterschiedlich. So sind die Verbreitungskarten einiger bereits im Feld leicht ansprechbaren Arten, etwa der Beerenwanze (Dolycoris baccarum, Abbildung 1) oder der Feuerwanze (Pyrrhocoris apterus; Abbildung 2) bereits sehr aussagekräftig und lassen die tatsächliche Verbreitung dieser Arten schon gut erahnen. Die Verbreitungskarten von Arten, die im Feld nur schwer anzusprechen sind, oder die nur selten gekeschert werden (z.B. Polymerus unifasciatus oder Gastrodes grossipes, Abbildung 3 und 4), sind hingegen noch sehr lückenhaft und wenig aussagekräftig.

Insgesamt werden im Portal im Moment 585 Arten angezeigt. Diese gehören den folgenden Gruppen an: Cimicomorpha (7 Familien, 281 Arten): Anthocoridae (28 Arten), Cimicidae (4), Microphysidae (5), Miridae (191), Nabidae (9), Reduviidae (12) und Tingidae (34) Dipsocoromorpha (2 Familien, 3 Arten): Ceratocombidae (1) und Dipsocoridae (2) Gerromorpha (4 Familien, 17 Arten): Gerridae (10), Hebridae (2), Hydrometridae (2), Veliidae (3) Leptopodomorpha (2 Familien, 16 Arten): Leptopodidae (1) und Saldidae (15) Nepomorpha (5 Familien, 21 Arten): Corixidae (14), Naucoridae (1), Nepidae (2), Notonectidae (3), Pleidae (1) Pentatomomorpha (15 Familien, 247 Arten; die Familie der Lygaeidae wird derzeit noch als s.lat. behandelt): Acanthosomatidae (7), Alydidae (3), Aradidae (15), Berytidae (12), Coreidae (11), Cydnidae (13), Lygaeidae s.lat. (99), Pentatomidae (52), Piesmatidae (4), Plataspididae (1), Pyrrhocoridae (2), Rhopalidae (13), Scutelleridae (12), Stenocephalidae (2), Thyreocoridae (1)

Es bleibt viel zu tun Die Erforschung der Wanzen Südtirols ist keineswegs abgeschlossen. Einerseits liegen in der Belegsammlung des Naturmuseums eine Reihe von Belegen, die einen Neufund für die Provinz darstellen, die aber noch auf eine Veröffentlichung warten. Andererseits sind zahlreiche Lebensräume und Gebiete Südtirols noch ungenügend erforscht. Eine intensivere Erforschung der Wanzen Südtirols hätte somit mit Sicherheit einen deutlichen Anstieg der Artenzahlen zur Folge. Für eine detailliertere Charakterisierung der Wanzenfauna Südtirols blieb im Vortrag zu wenig Zeit. In einem Satz ausgedrückt liegt der besondere Reiz der Südtiroler Wanzenfauna in der Kombination aus verschiedenen biogeographischen Gruppen, die von (sub-)mediterranen Arten im Süden Südtirols, über Steppenarten in den inneralpinen Trockentälern (v.a. Vinschgau) und den Elementen der kühl-gemäßigten (nemoralen) Zone Mitteleuropas bis hin zu den Gebirgselementen der Alpen reichen. Einen genaueren Einblick werden hoffentlich die Wanzentage 2021 in Südtirol geben, welche vom Naturmuseum Südtirol in Zusammenarbeit mit dem Forschungszentrum Eurac Research organisiert werden.

Wanzendaten gesucht: Für das Internetportal FloraFaunaSüdtirol suchen wir Wanzendaten aus Südtirol.

Willkommen sind alle verlässlichen Daten, sei es Daten aus Feldbüchern, Exkursionsberichten, oder Sammlungsdaten aus privaten Sammlungen.

Folgende Daten sind unbedingt erforderlich: Artname; Sammler/Sammlerin; Bestimmer/Bestimmerin; Fundort; Datum des Fundes.

Optimal wäre es, wenn auch Koordinaten für die einzelnen Funde vorliegen

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Abb. 1-4, von links nach rechts: oben: Verbreitungskarte der Beerenwanze (Dolycoris baccarum) in Rasteransicht und der Feuerwanze (Pyrrhocoris apterus) in Punktansicht; unten: Verbreitungskarte von Gastrodes grossipes in Rasterdarstellung und von Polymerus unifasciatus in Punktansicht. Farben: gelb: Angaben vor 1920, hellorange: 1920 bis 1979, dunkelorange: 1980-1999, rot: 2000 bis heute.

Literatur: BRADLWARTER, M. (2003): Fruchtschädigende Wanzenarten. - Obstbau Weinbau 3/2003, 72-74. DALLA TORRE, K.W.V. (1882): Beiträge zur Arthropodenfauna Tirols. - Ber. nat.-med. Verein, Innsbruck 12, 34-41. FRIEß; T. & HILPOLD, A. (2017): Wanzen (Insecta: Heteroptera) ausgewählter Untersuchungsflächen der Science Wee in der Umgebung von Matsch (Südtirol, Italien). - Gredleriana 17, 191-204. GREDLER, V.M. (1870): Rhynchota Tirolensia, I. Hemiptera heteroptera (Wanzen). - Verh. zool.-bot. Ges. Wien 20: 19- 108. GREDLER, V M. (1874): Nachlese zu den Wanzen Tirols. - Verh. zool.-bot. Ges. Wien 24, 553-558. HEISS, E. (2001): Untersuchungen der Heteropterenfauna (Heteroptera) and an Dauerbeobachtungsflächen IT01 Ritten, IT02 Montiggl, IT03 Lavazè, IT04 Pomarolo; Untersuchungsjahr 2000. Abteilung 32 Forstwirtschaft, Autonome Provinz Bozen Südtirol, Bozen. HEISS, E. (2002): Neue Fundnachweise von Wanzen (Insecta: Heteroptera) aus den Provinzen Bozen und Trient. - Gredleriana 2, 7-10. HEISS, E. & HELLRIGL, K. (1996): Wanzen - Heteroptera (= Hemiptera s.str.). - In: HELLRIGL, Die Tierwelt Südtirols. Veröffentlichungen des Naturmuseums Band 1, Bozen. HELLRIGL, K. (2006): Untersuchungen über Insekten der Misteln in Südtirol (Viscum album: Loranthaceae). - Forest observer 2/3, 43-68. HILPOLD, A. (2005): Streiflichter: Faunistische Notizen. Neu für Südtirol: Leptoglossus occidentalis HEIDEMANN, 1910 (Heteroptera, Coreidae). - Gredleriana 5, 358. HILPOLD, A. & DEMETZ, T. (2017): Lygaeus creticus (LUCAS, 1854) neu für Südtirol und den Alpenraum und Wiederbestätigung von Ischnodemus sabuleti (FALLÉN, 1826) für Südtirol (Insecta, Heteroptera, Lygaeoidea). - Gredleriana 17, 245-247. HILPOLD, A., GASSER, S., BALLINI, S., CERESA, F., HOFER, D., KAHLEN, M., KIEBACHER, T., LADURNER, E., MÖRL, G.V. & PRAMOHLER, M. (2017): Floristische und faunistische Beobachtungen im Naturdenkmal Trumbichl (Feldthurns, Südtirol, Italien). - Gredleriana 17, 39-53. MENOZZI, C. (1931): Contributo alla corologia degli Emitteri Eterotteri della Venezia Tridentina. - Studi trentini Sc. nat., Trento 12, 199-209. RAMME, W. (1911): Entomologische Ergebnisse einer Reise nach Oberitalien und Südtirol. - Berliner Entomologische Zeitschrift 56, 11-32. TAMANINI, L. (1982): Gli Eterotteri dell'Alto Adige (Insecta: Heteroptera). - Studi Trentini di Scienze Naturali, Acta Biol. 59, 63-194. UNTERTHURNER, M. (2016): Die Marmorierte Baumwanze schmuggelt sich ein. - Obstbau Weinbau 4/2016; 21-24. WILHALM, T., KRANEBITTER, P. & HILPOLD, A. (2014): FLORAFAUNASÜDTIROL (WWW.FLORAFAUNA.IT). Das Portal zur Verbreitung von Pflanzen- und Tierarten in Südtirol. Anschrift des Autors: Andreas Hilpold, Institut für Alpine Umwelt, Eurac Research; Drususallee 1, IT-39100 BOZEN e-mail: [email protected] 18 HETEROPTERON Heft 60 / 2020

Wanzenerhebungen im Rahmen des Biodiversitätsmonitorings Südtirol. (Teil 2 des Vortrags bei der Wanzentagung in Mallnitz (A) )

ANDREAS HILPOLD

Das Projekt Auf Initiative der Südtiroler Landesregierung und unter der Leitung von Eurac Research wurde im Jahr 2019 ein dauerhaftes Biodiversitätsmonitoring für Südtirol eingerichtet. Das Monitoring dient nicht nur der Grundlagenforschung, sondern soll auch die wissenschaftliche Grundlage für politische Entscheidungen, insbesondere im Zusammenhang mit Raumplanung, Landwirtschaft und Naturschutz, liefern. Ziel des Biodiversitätsmonitorings ist die Erfassung von Artengruppen, die sensibel auf Umwelt- und Landnutzungsänderungen reagieren. Die Untersuchungsgebiete sind gleichmäßig über das Land verteilt und umfassen eine repräsentative Auswahl von Lebensräumen (Abbildung 1). Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Lebensraumtypen der Kulturlandschaft wie etwa Weinberge, Apfelanlagen und Mähwiesen gelegt. Im Jahr 2019 wurden erste umfassende Erhebungen von Gefäßpflanzen, Moosen, Flechten, Vögeln, Fledermäusen und verschiedenen Insektengruppen wie Heuschrecken und Schmetterlinge durchgeführt. Innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren werden insgesamt 320 Standorte untersucht.

Wanzenerhebungen im Biodiversitätsmonitoring Wanzen sind zwar keine Fokusgruppe im Biodiversitätsmonitoring, allerdings kommen verschiedene Fangtechniken zur Anwendung, bei denen Wanzen als Beifänge miterfasst werden. So wird die krautige Vegetation eines jeden Standortes nach einem Standardprotokoll abgekeschert. In Strauch- und Baumvegetation verwenden wir außerdem einen Klopfschirm, um Äste und Zweige abzuklopfen. Auch dabei folgen wir einem Standardprotokoll. Um die oberflächenaktive wirbellose Tierwelt zu besammeln, installieren wir zweimal jährlich Barberfallen: einmal im späten Frühling oder frühen Sommer und einmal im Spätsommer/Frühherbst. In Hochgebirgslagen führen wir nur eine Besammlung pro Jahr durch (d.h. in den Sommermonaten). Um die Bodenfauna zu erfassen, werden Bodenziegel entnommen. Die Proben werden anschließend durch Hitzeeinwirkung extrahiert.

Tabelle 1: Anzahl der untersuchten Standorte insgesamt und pro Jahr aufgeteilt nach den verschiedenen Lebensraumkategorien

Lebensräume 5 Jahre pro Jahr Wiesen 60 12 Weiden 30 6 alpine Standorte 60 12 Weinberge 20 4

Obstanlagen 20 4 Äcker 20 4

Wälder 60 12 Feuchtlebensräume 20 4

Siedlungsbereich 30 6 Summe 320 64

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Abbildung 1: Verteilung und Lebensraumzuordnung der 320 Untersuchungspunkte des Biodiversitätsmonitorings in Südtirol. Die Kategorie Landwirtschaft beinhaltet Wiesen, Weiden, Apfelplantagen, Weinberge, Mais- und Getreideäcker.

Die Proben aus dem Jahr 2019 wurden bereits größtenteils sortiert. Ein Teil der Wanzen wurde bereits bestimmt. Für die Zukunft sollen alle gesammelten Wanzenbelege bestimmt werden, wobei nur ein Teil davon intern bestimmt werden kann. Für einen weiteren Teil ist die Zusammenarbeit mit externen Experten notwendig. Alle Daten werden anschließend in die Datenbank des Naturmuseums eingespielt und sind somit auch über das Internetportal FLORAFAUNASÜDTIROL einsehbar. Die anfallenden Belege werden in die Nasssammlung des Museums integriert. Auch eine kontinuierliche Publikation von Daten, allen voran von Neufunden, aber auch von weitergehenden ökologischen Analysen wird angestrebt.

Spezialprojekte Zusätzlich zum jährlich durchgeführten Standardprogramm ist im Projekt die Untersuchung spezieller Fragestellungen in Form von Spezialprojekten vorgesehen. Spezialprojekte können vertiefende Studien innerhalb des Standardprogramms sein, z.B. die Erhebung einer zusätzlichen Organismengruppe. Andererseits kann es sich dabei auch um Projekte handeln, die völlig unabhängig vom Standardprogramm sind. Dabei können spezifische Forschungsfragen behandelt werden, etwa die Auswirkungen einer landwirtschaftlichen Praxis auf die Biodiversität in einem bestimmten Agrar-Lebensraum. Von den im Jahr 2020 durchgeführten Spezialprojekten betreffen zwei ganz wesentlich auch die Gruppe der Wanzen.

Spezialprojekt 1: Biodiversität in den Windwurfflächen am Latemar Im Herbst 2018 wurden Teile der Südtiroler Wälder von einer Unwetterfront, dem Sturmtief Vaia, stark in Mitleidenschaft gezogen. Insgesamt fielen 6.000 Hektar Wald in 86 Südtiroler Gemeinden dem orkanartigen Sturm zum Opfer. Besonders beeinträchtigt wurde die Umgebung des Latemars, also die Gemeinden Deutschnofen und Welschnofen. Dieses Projekt untersucht die Biodiversität in den Windwurfflächen westlich des Karer Passes. Dabei vergleichen wir Flächen mit verschiedenem Totholzanteil: solche, in denen alle toten Bäume entfernt wurden mit solchen, in denen noch tote Stämme verblieben sind. Außerdem untersuchen wir Waldbereiche, die vom Windwurf weitgehend verschont blieben. Ziel des Projekts ist es zu verstehen, wie verschiedene Tier- und Pflanzenarten auf ein Windwurfereignis reagieren und wie sich verschiedene Managementmaßnahmen auswirken. Pro Kategorie (nicht betroffene Waldflächen, geräumte und nicht geräumte Windwurfflächen) 20 HETEROPTERON Heft 60 / 2020 haben wir fünf Untersuchungsstandorte ausgewählt, welche einen Mindestabstand von 400 m haben. Bei der Auswahl der untersuchten Organismengruppen haben wir vor allem solche bevorzugt, die besonders auf Totholz reagieren (holzbewohnende Käfer, Rindenwanzen). Die Artengruppen erfassen wir repräsentativ über standardisierte Methoden (Kreuzfensterfallen, zeitstandardisierter Handfang). Außerdem führen wir Teile des Biodiversitätsmonitoring- Standardprogramms durch (Erhebung von Vögeln, Fledermäusen, Bodentieren). Daneben untersuchen wir auch Mäuse und weitere Kleinsäuger. Das Projekt findet in Zusammenarbeit mit den Umweltbüros Ökoteam Graz und dem Instititut für Angewandte Entomologie in Beverungen sowie mit dem Amt für Forstplanung (Aut. Prov. Bozen-Südtirol) und der Landesdomäne statt.

Spezialprojekt 2: Verbreitung der Marmorierten Baumwanze und ihre Parasitierung: Vergleich von Obstbaustandorten und naturnahen Standorten Seit einigen Jahren finden wir die aus Asien stammende Marmorierte Baumwanze (Halyomorpha halys) auch in Südtirol, wo sie große Schäden im Apfelanbau verursacht: bei ihrer Nahrungsaufnahme saugt die Wanze unter anderem an Äpfeln und beeinträchtigt dadurch die Qualität der Früchte. Eine mögliche Bekämpfungsstrategie ist die Einfuhr von Gegenspielern, welche die Eier der Marmorierten Baumwanze parasitieren. Besonders geeignet dafür sind verschiedene parasitoide Schlupfwespenarten, v.a. die nicht-heimische Samurai-Wespe (Trissolcus japonicus), aber auch die einheimische Art Anastatus bifasciatus. Diese Arten legen ihre eigenen Eier in die Eigelege der Wanzen. Die heranwachsenden Wespenlarven fressen dann die Wanzeneier von innen auf. Die Ausbringung von nicht-heimischen parasitoiden Wespen könnte jedoch einen Einfluss auf die einheimische Wanzen- und Wespenfauna haben. Ziel dieses Projekts ist es einerseits zu verstehen, welche Arten in den unterschiedlichen Standorten vorkommen und andererseits die Auswirkungen der Freisetzung exotischer Gegenspieler zu erforschen. Die Forscherinnen und Forscher untersuchen drei Obstanlagen aus dem Biodiversitätsmonitoring. Dabei wurden ausschließlich biologisch bewirtschaftete Flächen ausgewählt, um den Einfluss von Bekämpfungsmaßnahmen gering zu halten. In der Nähe der drei Obstanlagen wurde jeweils ein weiterer naturnaher Standort ausgewählt, in dessen direkter Umgebung keine Äpfel angebaut werden. Diese naturnahen Standorte besitzen ähnliche Standortbedingungen wie die untersuchten Apfelanlagen (Meereshöhe, Ausrichtung usw.). An allen Untersuchungspunkten wenden wir verschiedene Methoden zur Erfassung von Baumwanzen und ihrer Parasitoiden an. So führen wir visuelle Kontrollen durch, wobei Wanzen-Eigelege und Wanzen erfasst werden. Außerdem entnehmen wir Klopfproben mit einem Klopftrichter, um das Vorkommen der Wanzen und ihrer Gegenspieler zu überprüfen. Daneben installieren wir Malaise- Fallen und Farbschalen, mit denen sowohl Wanzen als auch verschiedene Hautflügler erfasst werden können. Das Projekt findet in Zusammenarbeit mit dem Versuchszentrum Laimburg statt. Eine Präsentation der Ergebnisse der zwei Spezialprojekte ist für die Wanzentage 2021 in Bozen geplant.

Anschrift des Autors: Andreas Hilpold, Institut für Alpine Umwelt, Eurac Research; Drususallee 1, IT-39100 BOZEN e-mail: [email protected]

Weitergehende Informationen über das Projekt Biodiversitätsmonitoring Südtirol gibt es unter der Internetadresse http://biodiversity.eurac.edu/

Wir freuen uns auch über Anfragen!

Ansprechpartner Wanzen: Andreas Hilpold [email protected] HETEROPTERON Heft 60 / 2020 21

Parasiten in Zuchten von Heteropteren, speziell von Bettwanzen (Cimicidae) KLAUS REINHARDT

Zusammenfassung: In 17 Jahren Zucht von mehreren Millionen Bettwanzen Cimex lectularius wurden etwa 5 Befälle mit Serratia marcescens, 5 mit Viren(?) und einer durch einen unbekannten Pilz festgestellt, der hier dargestellt wird. Eins von etwa 1000 Individuen von Afrocimex constrictus war mit einem Wurm unbekannter Art befallen. Die bekannten Parasiten von Bettwanzen werden aufgelistet.

Abstract: Parasites in bedbug cultures (Cimicidae). During 17 years of culturing bedbugs Cimex lectularius, approximately five infections each were observed by the entomopathogenic bacterium Serratia marcescens, a possible virus, as well as one infection by an unknown fungus, which is depicted here. One out of 1000 collected Afrocimex constrictus was infested with a worm parasite. The known cases of cimicid parasites are listed.

Einleitung

Studiert man den Parasitenteil in WEBERs Grundlagenwerk Biologie der Hemipteren (WEBER 1930), fällt auf, dass sich dort viele Beobachtungen auf Parasiten von Blatt- und Schildläusen oder Zikaden beziehen, viel seltener auf Heteropteren selbst. Es scheint, als ob Heteropteren im Gegensatz zu Sternorrhyncha gut gegen Parasiten verteidigt sind. Unter jenen Parasiten, die Heteropteren befallen, wurden vor und seit WEBER (1930) vor allem solche erforscht, die in den landwirtschaftlich auch schädlich auftretenden Lygaeiden und Pentatomiden vorkommen, allen voran Nezara viridula. So sind Eiparasiten bekannt aus den Wespengruppen der Trichogrammatidae und der Scelionidae (WEBER 1930), Adulte und Larven werden von Raupenfliegen (Tachinidae), z.B. der Gattung Trichopoda befallen (BROWN 1962, DAVIS 1964), in einheimischen Gefilden zum Beispiel durch die schöne Phasia hemiptera. Außerdem befallen auch einige der "Allerweltsparasiten" anderer Insektenarten Heteropteren: Brackwespen (Braconidae), Milben (z.B. LEWANDOWSKI & SZAFRANEK 2005), Fadenwürmer (Nematoden) (z.B. TARLA et al. 2015) und die entomopathogenen Pilze Entomophtora, Beauveria und Isaria (zuletzt z.B. AHMED et al. 2020).

Die womöglich gute Verteidigung von Heteropteren ließ es nicht seltsam erscheinen, dass ich in 17 Jahren Zucht von Bettwanzen (Cimicidae) kaum Parasiten festgestellt habe. Seltsam ist dagegen, dass aufgetretene Parasiten und deren Wirkung nicht immer sofort und detailliert protokolliert und für Sterblichkeits-Experimente genutzt wurden (wie von COCKBAIN & HASTIE 1961). Vermutlich stand die Rettung der Kulturen im Vordergrund, und das Auftreten war zu plötzlich, um abgetrennte Bereiche für Befallsversuche einzurichten.

Cimex lectularius wurde von mir in verschiedenen Laboren gezüchtet, meist bei 25 bis 27°C und 40-70% relativer Luftfeuchte. Je nach Zuchtmöglichkeit und Forschungsfrage wurden sie wöchentlich bis dreiwöchentlich gefüttert, je nach Karriere- und Wohnsituation des Autors manchmal aber auch nur alle 8 bis 12 Wochen, zur bloßen Erhaltung der Zucht. Nachfolgend sollen die wenigen Beispiele des Auftretens von Parasiten in meinen Cimiciden-Kulturen erwähnt und mit anderen Bettwanzenparasiten verglichen werden.

Ein endoparasitischer Wurm bei Afrocimex constrictus

Afrocimex constrictus wurde 2004 und 2005 am Mt. Elgon in Kenia gesammelt (REINHARDT et al. 2007a). Um eine Zucht zu erreichen, wurden Maus, Mensch und Zebrafink angeboten, doch selbst frisch aus mitgebrachten Eiern geschlüpfte Larven, deren Konditionierung auf neues Futter im allgemeinen leichter ist, nahmen keine dieser Angebote an. Die letztendlich verendeten Individuen wurden in Alkohol konserviert und in einer erwachsenen Wanze befand sich im Inneren ein längerer, mehrfach (wasserschlauchartig) aufgewickelter Wurm. Bei dieser Wanzenart gibt es 22 HETEROPTERON Heft 60 / 2020 eine merkwürdige Genital-Mimikry (REINHARDT et al. 2007b), so dass das ursprünglich notierte Geschlecht Weibchen möglicherweise nicht korrekt ist. Leider wurde in Umzugswirren das Röhrchen mit der konservierten Wanze zunächst vernachlässigt, es trocknete ein und Herr Prof. Schmidt-Rhaesa konnte nichts mehr ausrichten, was die Bestimmung betrifft. Schade, es wäre der erste Wurmparasiten-Nachweis bei Cimiciden gewesen. Herr SCHMIDT-RHAESA bemerkte dann aber die interessanten Augen mit den Chitinbrücken und hat so von der Wanze wenigstens die Augen in seinem Buch The evolution of organ systems (SCHMIDT-RHAESA 2007) abbilden können.

Parasiten bei Cimex lectularius

Von Cimex lectularius wurden mehrere Populationen getrennt gehalten, bisher etwa 20 verschiedene Populationen, die ihrerseits auf 5 bis zu >1.000 Gründerindividuen (zB REINHARDT et al. 2010) beruhten. Die Dauerkulturen laufen immer in mehreren Hundert Individuen. Im Verlauf der Zuchten habe ich größenordnungsmäßig mindestens 100.000 C. lectularius so betrachtet oder präpariert, dass mir größere Parasiten aufgefallen wären, auch größere Endoparasiten (innere Organe scheinen bei Cimiciden durch die Kutikula). In den 17 Jahren der Dauerzucht traten Infektionen mit Serratia marcescens seltener als einmal in drei-vier Jahren auf. Serratia-Infektionen sind daran zu erkennen, dass die Wanzen hellrot gefärbt sind und schnell sterben. Ebenso selten, aber aus der Erinnerung heraus nicht zwangsläufig gleichzeitig mit Serratia (exakte Notizen dazu fehlen aber leider!) trat eine Schwarzfärbung auf, die wohl einer Virusinfektion zuzuordnen ist. Beide Infektionen, vor allem letztere führen zu sehr hohen Verlusten bis hin zum Totalausfall in dem jeweiligen Zuchtgefäß. Am 02.07.2019 bemerkte ich an einer einzeln gehaltenen, toten Wanze einen Pilzbefall. Der Pilz wurde zunächst behelfsmäßig fotografiert. Auffallend waren hellgelbe bis gelborange, gestielte Sporenbehälter, die vor allem an Intersegmentalhäuten im Kopf- und Brustbereich, zwischen den Antennengliedern sowie am Anus hervortraten (Abb. 1). Derart gestielte Sporenbehälter sind typisch für Aspergillus, jedoch auch für eine Reihe anderer Pilze. Die Wanze war nicht länger als eine Woche tot, so dass ich davon ausgehe, dass es kein sekundärer Pilzbefall der toten Wanze, sondern ein pathogener Pilz war. Obwohl tote Individuen in unseren Zuchten nur sehr selten beseitigt werden, habe ich auch einen Pilzbefall toter Individuen noch nie bemerkt. Nach Verschluss des Röhrchen wurde der Pilz noch wachsen gelassen. Bei erneuter Fotodokumentation einen Monat später wurden kaum Veränderungen bemerkt. Die Vermehrung des Pilzes auf der Platte hat leider ebenso wenig funktioniert wie die Sequenzierung nach erfolgter DNA-Isolation. Somit muss die Identität des Pilzes offen bleiben, und es kann nur der seltene Fakt des Pilzbefalls einer Bettwanze konstatiert werden.

Diskussion

Nach Tabelle 1 waren ein Virus(?)- und Wurmbefall sowie Fälle von Serratia marcescens bei Cimiciden bisher noch nicht bekannt. Interessant sind in den genannten Fällen die Herkunft der Parasiten. In unserem Labor hat sich Afrocimex constrictus leider nicht fortgepflanzt bzw. entwickelt - hier ist klar, dass der Parasit im Freiland erworben sein muss. Bisherige Berichte von Nematoden in Wanzen betreffen die Gruppe Mermithidae (z.B. TARLA et al. 2015). Der Pilzbefall in REEVES' (2001) Laborkolonie stammt ebenfalls aus dem Freiland, wo die Verpilzungen auch beobachtet wurden. Demgegenüber ist bei dem spontanen Auftreten von Aspergillus flavus von COCKBAIN & HASTIE (1961), unseren Serratia-, Virus(?)- und Pilzauftreten eher mit Laborquellen zu rechnen - Aspergillus und Serratia sind weitverbreitete Insektenpathogene und könnten somit auch aus anderen Quellen stammen. In unserem Labor kämen dafür Grillen und Taufliegen in Frage. Diese Krankheiten sind jedoch auch für diese Insekten tödlich und dies wurde nicht bemerkt, so dass diese zumindest nicht sehr häufig auftreten.

HETEROPTERON Heft 60 / 2020 23

Bei unserer Beobachtung ist merkwürdig, dass nur ein einzelnes befallenes Individuum bemerkt wurde. Sowohl COCKBAIN & HASTIE (1961) wie auch REEVES (2001) schreiben, dass jeweils ihre gesamte Kolonie betroffen war und dadurch ausgerottet wurde, auch die Formulierung in USINGER (1966) deutet darauf hin. Das Absterben passierte bei COCKBAIN & HASTIE (1961) innerhalb von 18 Tagen. Allerdings hielten COCKBAIN & HASTIE (1961) die Wanzen bei 30°C, zweifellos nicht mehr im Optimum, was zugleich überraschend war, da längere Hälterung bei 30°C zu Sterilität durch den Tod der Endosymbionten führt (CHANG 1974). Auch bei COCKBAIN & HASTIE (1961) zeigten sich nur überraschend kurze Lebensdauern. KEMPER (1936) berichtet von einer Parasitierung durch Milben, die ebenfalls die Kolonie von C. lectularius zerstörten. Neben Zuchten zur Erforschung von wirtschaftlich wichtigen Aspekten der Biologie von Wanzen - in denen aber auch kaum über Krankheitserreger berichtet wird - wird man auch unter Heteropterologinnen und Heteropterologen Personen finden, für die Wanzenzucht eine plausible Beschäftigung darstellt. Der Zweck dieser Notiz wäre erfüllt, wenn auch in Zuchten anderer Arten bzw. anderweitigem Massenauftreten bestimmter Arten auf die Parasitenfauna geachtet werden würde. Um in der biologischen Schädlingsbekämpfung wirtschaftlich zu sein, müsste außerdem geklärt werden, wie spezifisch diese Parasiten für die jeweilige Wanzenart sind. So wären Serratia und Aspergillus nicht einsetzbar, da sie andere Wanzen und andere Insekten befallen, und Aspergillus sogar für Warmblüter gefährlich ist. Andererseits können beim Studium von Wanzenparasiten interessante Entdeckungen gemacht werden. So wurden verschiedene Parasiten an Wanzen überhaupt erst in den letzten Jahren entdeckt: als Ausnahme bei Wanzen (nicht jedoch bei Zikaden) parasitische Fächerflügler (Strepsiptera) (MELBER & POHL 1997) oder auch Microsporidien (hier wäre ein Mikroskop erforderlich!) (HAJEK et al. 2018). Neben der durch viele Befunde nunmehr normal zu nennenden Bakterienflora von Wanzen, die in Darm, Hämolymphe oder Geschlechtsorganen zu finden ist (z.B. BELLINVIA et al. 2019, 2020) steht für verschiedene Parasiten noch immer im Raum, ob diese überhaupt parasitisch sind oder als Vektoren in Wanzen gar keine Nachteile bewirken, so für viele Vektoren von Pflanzenparasiten oder im Falle der Cimiciden Trypanosomen (PATERSON & WOO 1984) oder Arboviren (BROWN et al. 2001), die dann eher die Endwirte schädigen. Speziell bei Bettwanzen ist ja sogar zu bedenken, dass Parasiten sich evolutionär hin zu Symbiose-Partner entwickeln können, wie im Falle des intrazellulären Parasiten Wolbachia, der bei Bettwanzen nun das Vitamin B bereitstellt (BALVIN et al. 2018). Alles in allem: ein weites Feld für Forschung an Wanzenparasiten!

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Anschrift des Autors: Klaus Reinhardt, Angewandte Zoologie, TU Dresden, D-01069 DRESDEN. e-mail: [email protected]

Abb. 1. Pilzbefall einer Bettwanze, Cimex lectularius, an den Rändern bzw. Intersegmentalbereichen an Kopf, Pronotum und Beinen (links) und am Anus (rechts). HETEROPTERON Heft 60 / 2020 25

Rhyparochromus vulgaris (SCHILLING, 1829) – die Gemeine Lauf- oder Bodenwanze in Nordrhein-Westfalen (NRW) (Heteroptera, Lygaeoidea, Rhyparochromidae) PETER KOTT

Rh. vulgaris wird zwischen 6,9 und 8,1 mm lang (WACHMANN et al. 2007). Sie lebt in unterschiedlichen offenen bis halbschattigen Habitaten, z. B. am Boden trockener Wiesen, unter trockenen Bodenblättern von Königskerzen, an Wegrändern unter Steinen und Kräutern, unter lockerer Rinde von Bäumen und Zäunen. Sie kommt oft in Laubwaldsäumen oder halboffenen, verbuschtem Gelände, und an Lagerstätten feuchten Holzes vor. Sie lebt auch auf Kulturland (WACHMANN et al. 2007). Die Tiere kommen in meinem Garten in Pulheim-Sinnersdorf zu mehreren in einem Wildbienenhaus vor (Überwinterer!). Sie laufen zwischen den hohlen Stängeln und auf den Holzflächen herum, kriechen aber auch in die Bohrlöcher und Stängel hinein (Abb. 1). Eigene Messungen an Sammlungsmaterial aus NRW ergaben für die Männchen Körperlängen von 6,8 – 7,4 mm (Ø bei 16 Messungen: 7,05 mm) und für die Weibchen von 7,6 – 8,3 mm (Ø bei 15 Messungen: 7,97 mm). Die Männchen sind also im Durchschnitt rund 0,9 mm kleiner. Als deutscher Name bietet sich „Gemeine Bodenwanze“ an, obwohl der Name Rhyparochromus aus dem Griechischen kommt und etwa „schmutzig Gefärbter“ (ρυπαρός - unsauber, schmutzig, χρώμα n. - Farbe) bedeutet. Der deutsche Name "Gemeine Bodenwanze" ist einfach zu verstehen und wird auch schon in verschiedenen Internetauftritten benutzt, so z. B. bei http://www.schaedlingskunde.de oder https://www.deutschlands-natur.de/tierarten/wanzen/ rhyparochromus-vulgaris. Daneben findet sich als zweiter Vorschlag „Gemeine Laufwanze“. So wurde für die Art von STICHEL (1955-1962) „Gewöhnliche Laufwanze“ vorgeschlagen und in dem kürzlich erschienen Band „Die Wanzen Deutschlands“ (NIEDRINGHAUS et al. 2020) werden die Rhyparochromidae als „Laufwanzen“ (S. 42) bezeichnet. In NRW ist Rh. vulgaris für die Zeit vor 1950 und für die Zeit danach ausgewiesen (HOFFMANN et al. 2011). Allerdings liegen für die Zeit vor 1950 nur Fundmeldungen von WESTHOFF (1883) aus den Jahren 1876 und 1877 vor. Es folgt eine Fundlücke von mehr als 100 Jahren. Für diese Zeit gibt es eine Anmerkung bei REICHENSPERGER (1920/22), in der er die Art als Aphanus vulgaris Schill. bezeichnet und feststellt, dass sie erst südlich vom heutigen NRW vorkommt und ausgesprochen selten ist. Auch bei RADERMACHER (1913) wird die Art für das Gebiet des heutigen NRW nicht genannt. Erst für 1994 gibt es die nächsten Fundmeldungen bei HOFFMANN (1996) für Köln und dann für 1997 und 1999 bei DREES (2001) für den Raum Hagen. In meinen eigenen Fängen finden sich Belegtiere oder Belegfotos für Köln-Roggendorf (2004), Dormagen (2007), Köln-Esch/Volkhoven (2014) und für Pulheim in jedem Jahr seit 2014 (in meinem Garten ist sie seit 2019 vorhanden). Am 18.03.2020 fand ich die Art zahlreich auch auf dem Wildbienenhaus „Puppenstube“ in der Parkanlage von Schloss Dyck bei Jüchen am Niederrhein. Die Art ist in Deutschland insbesondere im Süden häufiger und wird nach Norden zunehmend seltener. Vor allem im Westen gehen nur wenige Funde über die Mittelgebirgsgrenze hinaus. (WACHMANN et al. 2007). Sie nutzt die Samen zahlreicher Pflanzen wie Erdbeeren, Brennnesseln, Salbei und die auf die Erde gefallenen Früchte von Ulme, Birke usw., indem sie sie mit dem Stechrüssel ansticht und aussaugt. Zur Überwinterung finden sich die Imagines ab August und spätestens bis Ende September an geschützten Stellen ein, z. B. unter loser Rinde von Baumstümpfen, in Holzstapeln oder in Spalten von Baumstämmen. Häufig trifft man sie in größeren Aggregationen an (PÉRICART 1998). Sie überwintern nicht selten auch in Brennholzstapeln und kommen dadurch oft in Wohnungen, wo man sie dann den 26 HETEROPTERON Heft 60 / 2020 ganzen Winter über aktiv finden kann (eigene Beobachtung in Dormagen-Zons). Dort sind sie als Lästlinge einzuschätzen. Menschen werden nicht gestochen. Meistens sterben sie im Haus wegen der geringen Luftfeuchtigkeit auch ohne irgendwelche Maßnahmen ab. Auch H.J. HOFFMANN / Brühl berichtete von Massenüberwinterung von Rhyparochromus vulgaris bei Schloß Falkenlust / Brühl am 15.02.2020 (bei der Suche nach Oxycarenus lavaterae) unter der losen Rinde eines abgestorbenen Ahorns(?); die Tiere rieselten bei Ablösung der Rinde nur so in den Kescher. Ein Dutzend der extrem großen Tiere wurde für seine Sammlung präpariert. In seinem Garten wurden seit Jahren regelmäßig Einzeltiere gesehen, letzte Präparate liegen vom 20.03.2020 vor. Bei einem seiner Nachbarn kamen vor vielen Jahren schon einmal Tiere in sehr großer Anzahl ins Haus.

Literatur: DREES, M. (2001): Zur Faunistik der Boden-, Stelzen- und Feuerwanzen des Raumes Hagen (Heteroptera: Lygaeidae, Berytidae, Pyrrhocoridae). – Dortmunder Beitr. Landeskde., naturwiss. Mitt. 35, 37-56. HOFFMANN, H.-J. (1996): Zur Wanzenfauna der Großstadt Köln (Hemiptera-Heteroptera) – 1. Nachtrag. - Decheniana- Beihefte 35, 127-162. Bonn. HOFFMANN, H.-J., KOTT, P. & SCHÄFER, P. (2011): Kommentiertes Artenverzeichnis der Wanzen – Heteroptera – in Nordrhein-Westfalen. Stand Januar 2011. – In: LANUV (Hrsg.): Rote Liste der gefährdeten Pflanzen, Pilze und Tiere in Nordrhein-Westfalen. 4. Fassung. 2011 – LANUV-Fachbericht 36, Band 2, S.453 – 485. NIEDRINGHAUS, R., STÖCKMANN, M. & WACHMANN, E. (2020): : Die Wanzen Deutschlands - Bestimmungsschlüssel für alle Familien und Gattungen. - Scheeßel. 202 S. PERICART, J. (1998): Hémiptères Lygaeidae euro-méditerranéens. Volume 3. – Faune de France 84 C. 487 S. + 2 Farbtafeln, Paris. RADERMACHER, P. (1913): Beitrag zur Kenntnis der Hemipterenfauna Rheinlands (Hemipt.). - Deutsch. Ent. Zeitschr. 1913, 457 - 461. REICHENSPERGER, A. (1920/22): Rheinlands Hemiptera heteroptera. - Verhandlungen des Naturhistorischen Vereins der Preußischen Rheinlande und Westfalens 77, 35-77 (Bonn 1922). STICHEL, W. (1955 - 1962): Illustrierte Bestimmungstabellen der Wanzen. II. Europa. (Hemiptera-Heteroptera Europae). – Verlag naturwissenschaftlicher Publikationen Dr. W. Stichel, Berlin-Hermsdorf. Bd. 1–4: 168 + 907 + 428 + 838 S. + 110 S. General-Index. WACHMANN, E., MELBER, A. & DECKERT, J. (2007): Wanzen Band 3. – In: Dahl, F.: Die Tierwelt Deutschlands, 78. Keltern, 272 S. WESTHOFF, F. (1883): Verzeichnis bisher in Westfalen aufgefundener Arten der Gruppe: Hemiptera heteroptera. - Jahresbericht der Zoologischen Section des Westfälischen Provincial-Vereins für Wissenschaft und Kunst 12, 33 - 46. Münster.

Anschrift des Autors: Peter Kott, Am Theuspfad 38 , D-50 259 PULHEIM. e-mail: [email protected]

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Abb. 1: Rhyparochromus vulgaris (Garten in Pulheim-Sinnersdorf)

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Zur Wanzenfauna zweier Wacholderheiden im Märkischen Kreis (Sauerland, NRW) MICHAEL DREES

Bezugspunkt ist eine Arbeit von WERNER (2004) über vier am Wacholder (Juniperus communis) lebende Wanzenarten, die zum Teil auf exotische, bei uns angepflanzte Zypressengewächse übergegangen sind. Von diesen konnte ich Chlorochroa juniperina in meinem Untersuchungsgebiet nirgends nachweisen. Die drei anderen behandelten Arten kommen heute aber dort vor.

Die beiden einzigen mir im untersuchten Gebiet bekannten, wild wachsenden, allgemein rück- läufigen Bestände des Wacholders liegen im MTB 4611 (Hagen-Hohenlimburg).

1. Iserlohn-Pillingsen Westhanglage, 250-270 m NN; Lage auf der Grenze vom zweiten (NO) zum vierten (SO) Quadranten des MTB Zwischen den Juniperus-Sträuchern wächst vorwiegend Calluna vulgaris, durchsetzt mit einer weiß blühenden Galium-Art, dazu stellenweise etwas Vaccinium. Untersucht wurde am 17. Juni 2020 mit dem Klopfschirm. Beim Abklopfen der Wacholdersträucher wurde Cyphostethus tristriatus in großer Anzahl gefunden; deutlich spärlicher, aber nicht gerade selten, kamen Gonocerus juniperi und Orsillus depressus vor. Von diesen drei Arten, die sich auf die beerentragenden (weiblichen) Sträucher konzentrierten, wurden auch Larven in Mehrzahl gefunden. In kleiner Anzahl trat Dichrooscytus gustavi auf (ein Pärchen als Beleg). Cyphostethus war dort bereits am 28. April 2018 gefunden worden; für die anderen genannten Arten lag dieser Termin vielleicht jahreszeitlich zu früh.

2. Lohhagen bei Wiblingwerde Gipfellage, ca. 490 m NN; Lage im 4. Quadranten (SO) des MTB Zwischen den Wacholdersträuchern wächst überwiegend Gras, durchsetzt mit weiß blühendem Labkraut (Galium), dazu stellenweise ein wenig Farn, heute aber kaum noch Calluna. Zuletzt wurde die Fläche am 27. Juni 2020 von mir untersucht. Auch hier wurde Cyphostethus in Anzahl und auch mit Larven gefunden, jedoch weniger zahlreich als bei Pillingsen. Von Gonocerus und Orsillus fand ich nur je zwei Imagines, dazu von letzterer Art eine Larve. Von Dichrooscytus wurde nur ein einzelnes Weibchen abgeklopft.

Die Befunde sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst.

Fundort Pillingsen Lohhagen Jahr 2020 2020 früher Cyphostethus tristriatus +++ ++ 1994-2019 Gonocerus juniperi ++ + - Orsillus depressus ++ + - Dichrooscytus gustavi + + 1999 Myrmedobia coleoptrata - - 1999 und 2019

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Demnach scheint der höher gelegene Wacholderbestand für die genannten Wanzen deutlich ungünstiger zu sein. Bei früheren Besuchen, zuletzt noch am 6. Juli 2019, waren Gonocerus juniperi und Orsillus depressus dort noch nicht zu finden gewesen, wohingegen Cyphostethus tristriatus schon 1994 dort vorkam und seitdem mehrmals bestätigt wurde. Dichrooscytus gustavi wurde dort erstmals 1999 gefangen und hat seitdem eher ab- als zugenommen. Diese hoch gelegene kleine Wacholderheide ist aber der einzige mir bekannte Fundort von Myrmedobia distinguenda, die dort am 21. Juli 1999 in mehreren weiblichen Exemplaren geklopft und 2019 (zusammen mit Temnostethus gracilis) bestätigt wurde. Diese Microphyside ist jedoch eher an Flechten und nicht an Wacholder gebunden.

Da Gonocerus juniperi unübersehbare Expansionstendenzen zeigt (s. auch AKKERMANS 2019, WERNER 2011, 2016, 2017), wird man auf eine „Ver´rot´listung“ dieser Art wohl verzichten können (vgl. WERNER 2004: 125).

Literatur:

AKKERMANS, R. (2019): Wantsenstudiegroep Limburg: Was eine regionale Wanzen-Arbeitsgruppe leisten kann. - Heteropteron H. 56, 21-24. WERNER, D. J. (2004): Verbreitung, Wirtspflanzenwechsel und Naturschutzaspekte bei Wanzen (Heteroptera) an Zypressengewächsen (Cupressaceae) in Deutschland. - Entomologie heute 16, 117-240. WERNER, D. J. (2011): Wiederfund von Gonocerus juniperi HERRICH-SCHAEFFER, 1839, in Nordrhein-Westfalen. - Heteropteron H. 35, 20. WERNER, D. J. (2016): Gonocerus juniperi (Heteroptera: Coreidae) breitet sich auch in Norddeutschland aus! - Heteropteron H. 47, 44. WERNER, D. J. (2017): Rezente Ausbreitung von Gonocerus juniperi HERRICH-SCHAEFFER, 1839, in Berlin. - Hetero pteron H. 48, 44.

Anschrift des Autors: Michael Drees, Freiligrathstr. 15, 58099 HAGEN, e-mail: [email protected]

Anschauenswert !

Von ROLAND GÜNTER (Text & Fotos) finden sich unter: "Staunen, genießen und verstehen - Tiergeschichten, die berühren! Wissenschaftliche Bildreportagen, BLOG Fotoreportagen" vier heteropterologisch sehr interessante Präsentationen: Der Irrwisch "Alydus calcaratus" (2014) Der Irrtum der Grauen Dicknase "Macrotylus herrichi" (2014) Mathilda, die Ameisenwanze – Himacerus mirmicoides (2013) Dinetus - Die Wespe mit dem Gummifaden-Effekt (2015) (Man muss sich kostenfrei anmelden, um sie komplett zu sehen.) Link: www.naturbildarchiv-guenter.de/fotoreportagen 30 HETEROPTERON Heft 60 / 2020

Ergänzungen zum Beitrag „Ein Neuzugang … das Journal of the Heteroptera of Turkey" (HETEROPTERON 59, 38-39) HANS-JÜRGEN HOFFMANN

Nach der Vorstellung des neuen türkischen-HETEROPTEREN-Journals im letzten Heft des HETEROPTERON freue ich mich über zwei Ergänzungen:

K. ARNOLD als Herausgeber informierte mich, dass von EDESSANA mittlerweile Band 7 im Jahr 2017 erschienen ist. Der Inhalt aller bisherigen Bände mit bisher ca. 65 Publikationen (überwiegend tropische Arten, aber auch einige die Sachsen-Fauna betreffend) soll in einem der nächsten HETEROPTERON-Hefte aufgelistet werden.

Viel wichtiger erscheint mir der Hinweis auf das Polnische Journal "HETEROPTERA POLONIAE - ACTA FAUNISTICA" , das bereits seit 2009 erscheint. Hoffentlich bin ich nicht der einzige, dem seit Jahren das Erscheinen verborgen geblieben ist. (Zumindest hat es keiner der Kollegen für nötig gehalten, mich darauf hinzuweisen. – Hoffentlich gibt es nicht noch weitere Unter- lassungssünden! ) Es handelt sich um eine im Internet erscheinende Zeitschrift, überwiegend auf polnisch und damit für deutsche Heteropterologen schwierig zu lesen, soweit das englisch-sprachige Abstract nebst Summary nicht ausreicht. [Es sei an dieser Stelle aber darauf hingewiesen, dass es mit GOOGLEs Translator möglicht ist, Teile ins Deutsche übersetzt zu bekommen, wenn man die Teile der pdf-Dateien eingibt.] Die Bände sind unter www.hetpol.wpt.uni.opole.pl/en/journal-home/ im Internet einzusehen, die einzelnen Beiträge als pdf-Dateien herunterladbar. Herausgeber ist Prof. dr hab. JERZY A. LIS, Opole University. Bisher sind über 110 Arbeiten verfügbar, die leider hier wegen des Umfangs nicht aufgelistet werden können. Das Journal stellt sich folgendermaßen vor: Heteroptera Poloniae – Acta Faunistica, published since 2009, is an open access, peer-reviewed journal that publishes original research articles as well as review articles and opinions in all areas of heteropterology (Hemiptera: Heteroptera), except the taxonomic descriptions of new taxa. Contributions are published in Polish with English abstract and summary, or in English. There are no page charges and no limits for page numbers of the published papers. The journal passed the evaluation process succesfully and has been indexed on ICI Journals Master List 2018. The evaluation result for 2018 year is: ICV (Index Copernicus Value) 2018 = 73.85. Heteroptera Poloniae – Acta Faunistica is archived in: Index Copernicus, POL-index, Zenodo and indexed in: Google Scholar, ICI Journal Master List, OpenAIRE, Publons. ISSN 2083-201X. Adres: Heteroptera Poloniae - Acta Faunistica, ul. Oleska 22, 45-052 Opole, Poland, tel. +48 77 452 60 12, e- mail: [email protected]

Man kann sich für die Benachrichtigung bei Neuerscheinungen vormerken lassen.

Anschrift des Autors: Dr. H.J. Hoffmann, c/o Zoologisches Institut, Biozentrum der Universität zu Köln, Zülpicher Str. 47 b, D-50674 KÖLN, e-mail: [email protected]

HETEROPTERON Heft 60 / 2020 31

Fossile Wanzen aus dem Oberoligozän von Rott bei Bonn HANS-JÜRGEN HOFFMANN

Heteropterologen haben mit den rezenten Wanzen schon so viel Arbeit, dass fossile Wanzen nur relativ wenig bearbeitet wurden und werden. (Eine Ausnahme bilden z.B. die Arbeiten von ERNST HEISS betr. Bernstein-Inklusen vor allem aus der Familie der Rindenwanzen.) In der in jüngster Zeit erschienenen 2. Auflage der „True bugs of the world“ von SCHUH & WEIRAUCH (2020) gibt es ein umfangreiches Kapitel zu den fossilen Arten mit einer fast 50-seitigen Tabelle aller bisher beschriebenen Wanzen-Spezies. Da schaut man natürlich als erstes auf „lokalpatriotisch“ interessante Objekte. Es finden sich zwar div. fossile Landwanzen aus dem Oberoligozän von Rott, ca. 30 km südöstlich von Köln, Wasserwanzen von dort fehlen allerdings. Da aber gerade von den Wasserwanzen extrem viel Material von dort bekannt ist (einiges befindet sich sogar in meiner Sammlung), sollte die entsprechende Arbeit von G. STATZ (1950) vielleicht bei einer 3. Neu-Auflage des vorgenannten Werkes ergänzt werden. Im Folgenden soll zugleich an den Autor erinnert werden. Bei Rott handelt es sich um einen kleinen Ort bei Siegburg, 12 km östlich von Bonn (50,6°N, 7,5°E). Dort wurde seit 1751 bis ungefähr 1920 eine Grube zur Gewinnung von Blätterkohle oder Polierschiefer betrieben. Das Material (man vergleiche Grube Messel) wurde erhitzt zwecks Gewinnung von Schweröl und ähnlichen Substanzen wie dem pharmazeutisch genutzten Ichthyol. Dabei gingen natürlich evtl. vorhandene Fossilien verloren. Diese fanden sich aber bis zu den 70er Jahren noch auf den Halden im Ort. Nach 1920 wurde die Grube stillgelegt, die Halden verbuschten. Ein wissenschaftlich begründeter Wiederaufschluß zwecks Gewinnung von neuem Fossilmaterial wurde zwar einmal andiskutiert, aber nicht verwirklicht. Sehr viele Details mit zahlreichen farbigen Abbildungen finden sich in der anläßlich des Jubiläums „BONN 2000“ (s. Vorwort des Herausgebers in der Ausgabe von 1989(!), letztere vielleicht als 2. Erweiterte Auflage von 1996?) herausgegebenen Schrift von v. KOENIGSWALD „Fossillagerstätte Rott bei Honnef am Siebengebirge. Das Leben in einem subtropischen See vor 25 Millionen Jahren.“ von 1989. Zur Bedeutung schreibt WIKIPEDIA: „Die Fossillagerstätte Rott ist eine wegen des Reichtums und der außergewöhnlich guten Erhaltung von fossilen Pflanzen und Tieren in der Paläontologie weltbekannte limnische Lagerstätte von Fossilien aus dem Oligozän beim Ortsteil Rott der Stadt Hennef (Sieg).“ Die Schichten stammen aus dem Spät- oder Oberoligozän (25 Mio. Jahre). Im Folgenden soll im Hinblick auf die fossilen Insektenfunde der Schwerpunkt bei den Heteropteren liegen: Es tauchen bei den Wanzenfossilien vor allem zwei Namen auf: A. KASTENHOLZ und G. STATZ. Zu G. STATZ habe ich einen persönlichen Bezug: Er hatte sich in Siegburg als Lehrer engagiert, sich dort auch naturwissenschaftlich interessiert und war dabei auch auf die Grube Rott mit den zahllosen Fossilien gestoßen. Er beschloss daher nebenberuflich 10 Semester in Köln im Zoologischen Institut von 1925 bis 1930 Biologie zu studieren. Nach Abschluß blieb er aber Volksschullehrer. Er sammelte sehr intensiv auf den Halden, z.T. mit Familie und Hilfsarbeitern, brachte vor allem aber größere Plattenstapel mit nach Hause, wo er sie über Winter im Garten auslegte um sie danach aufzuspalten. Zwei Abbildungen (leider in schlechter Qualität) veranschaulichen dies sehr eindrucksvoll (Abb. 1 + 2). Er fand riesige Mengen vor allem an Insekten-Abdrücken, die er auswertete und in mehreren Arbeiten (z.B. über die hier interessierenden Wasser- und Landwanzen) publizierte. Er war aber offensichtlich nicht nur Student in Köln, sondern galt danach auch als Gastforscher am Kölner Zoologischen Institut und erhielt 1940 den Ehrendoktor der Philosophischen Fakultät der Universität zu Köln. 32 HETEROPTERON Heft 60 / 2020

Abb 1: Arbeit auf der Halde Abb. 2: Im Garten ausgelegte Platten (Quelle: Internet)

Als Doktorand am Zoologischen Institut der Universität zu Köln entdeckte ich auf dem Speicher des alten Institutsbaues verstaubte, großformatige Sonderdrucke über fossile Insekten aus dem Oligozän von Rott. Vor allem die Wasser- und Landwanzen-Bearbeitungen von G. STATZ bzw. G. STATZ & E. Wagner wechselten sofort in meine Sonderdrucksammlung. Mein Mentor, der Carabidologe H.U. THIELE, Assistent am Institut, erklärte mir später die Bedeutung von Rott, wies aber auch darauf hin, dass er selbst schon Anfang der 60er Jahre auf den Halden in Rott praktisch keine Fossilien mehr gefunden hätte. Alles sei völlig durchwurzelt. Zeitweilig brannten die Halden auch. Heute sind das Grubengelände und die alten Halden als Naturdenkmal geschützt; eine ins Gespräch gebrachte erneute wissenschaftliche Grabung fand wie schon angedeutet nie statt. Stattdessen findet sich heutzutage darüber eine Golfanlage! Bei der Bombardierung von Köln im Jahr 1944 wurde das Haus von G. STATZ durch einen Volltreffer zerstört. Die Familie verschlug es kriegsbedingt für einige Zeit nach Bayern, konnte die Sammlung jedoch noch erfolgreich in den Kellern des Geologischen Institutes in Köln gesichert zwischenlagern. Angeblich „geschwächt“ durch die kriegsbedingten Entbehrungen starb G. STATZ 3 Monate nach Kriegsende. Seine umfangreiche Fossiliensammlung konnte aus finanziellen Gründen leider nicht in Köln gehalten werden. 3.500 Insekten- und 2.300 Pflanzen-Fossilien kamen über Nordafrika nach langen Verhandlungen mit der Tochter von G. STATZ im Jahr 1955 in die USA an das Natural History Museum in Los Angeles. Im Jahr 2003 überließ das Museum wegen der Schließung der paläobotanischen Sektion die Pflanzen-Fossilsammlung von G. STATZ unentgeltlich dem GOLDFUß-Museum an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms Universität, Bonn. G. STATZ veröffentlichte zwischen 1936 und 1944 div. Arbeiten betr. Hymenopteren, Neuropteren, Trichopteren, Coleopteren und Dipteren, posthum noch zu Zikaden und 2 Käfergruppen (Details s. Literaturverzeichnis). Daneben gibt es noch eine umfangreichere Sammlung von A. KASTENHOLZ (mit u.a. zahlreichen Wanzen-Abdrücken unter den 978 Fossilien, davon 283 Pflanzen-Fossilien). Diese Sammlung in einem kleinen Schränckchen, das ursprünglich für Nähgarn-Sortimente gedient hatte, wurde vom Bonner Mineralien-Kontor KRANTZ erworben. Dort konnte ich in den 80er Jahren bei der Suche nach fossilen Wanzen einige Stücke käuflich bei der Firmen-Inhaberin erwerben. Damals hatte man offensichtlich die Bedeutung der Sammlung noch nicht erkannt. Jahre später hat sich das geändert, die Sammlung wurde nämlich dem Paläontologischen Institut der Uni Bonn „zu einem vertretbaren Preis“ (wie mir die Schwester der damaligen Firmeninhaberin schrieb) überlassen. HETEROPTERON Heft 60 / 2020 33

G. STATZ kannte offensichtlich die Sammlung von Herrn A. KASTENHOLZ sehr gut und übernahm bei seinen Untersuchungen auch Material daraus. Die Wasserwanzen von Rott bearbeitete G. STATZ sehr gründlich, die Ergebnisse und sein Manuskript wurden aber erst 1950 posthum publiziert (STATZ 1950). Das Landwanzen-Manuskript bearbeitete und vervollständigte EDUARD WAGNER und publizierte die Ergebnisse im gleichen Jahr (STATZ & E. WAGNER 1950). G. STATZ schreibt, dass Landwanzen insgesamt nicht häufig vorkamen, dass er 48 zur Beschreibung geeignete eigene Fossilien vorliegen hatte und 5 weitere aus der Sammlung A. KASTENHOLZ. Daraus beschrieb er 45 neue Arten, davon 28 ohne Artnamen oder mit "?" aus 9 Familien und 25 Gattungen. Zwei Arten waren schon beschrieben, je eine von VON HEYDEN/MEUNIER und von MEUNIER, hinzu kamen jetzt zwei von E. WAGNER, die übrigen von STATZ. 2/3 des Manuskripts und die 8 Tafeln stellte STATZ noch selbst zusammen, den Rest übernahm E. WAGNER als Koautor. G. STATZ führt im Wasserwanzen-Manuskript 10 (+1) Arten auf, die er auf 12 Tafeln abbildet. Er schreibt, dass sich einige Arten in größerer Anzahl fanden: Notonecta heydeni 188 Ex., Soevenia heydeni 476 Ex. mit 188 Larven und 288 Imagines. Insgesamt finden sich in der Arbeit mit Corixa rhenana und Corixa vidua zwei von G. STATZ neu beschriebene Arten, div. Larvenstadien und 4 neue, bisher unbenannte Corixa-Arten (♂, ohne Artnamen). Vier Arten, Naucoris rottensis v. SCHLECHTENDAHL, Notonecta primaeva V. HEYDEN und Soevenia heydeni DEICHMÜLLER (Larven von G. STATZ beschrieben) und Corixa elegans VON SCHLECHTENDAHL waren schon vorher beschrieben worden.. Bei der von GERMAR in der Reihe „Fauna insectorum Europae“ abgebildeten Belostoma goldfussi (Heft 19, Abb. 17 von 1837: „Belostoma GOLDFFUSSII GERM.“, FO „Rheinland nahe Bonn“) (Abb. 3) handelt es sich nach Auffassung von WILCKENS (1926) wohl um Material aus einer Grube bei Orsberg bei Erpel/Neuwied. Er schreibt: „Auch die von GERMAR beschriebenen Insekten stammen zum Teil sicher von Orsberg“. G. STATZ kannte die Arbeit wohl nicht. Die noch immer in der PALAEOBIOLOGY DATABASE zu findende Angabe „Fundort Rott“ für das in der Sammlung GOLDFUSS (dessen Funde alle von Orsberg) in Bonn aufbewahrte Fossil ist somit fragwürdig, da in Rott zumindest unter den sehr zahlreichen Fossilien kein weiterer Fund der Art auftauchte.

Abb. 3: Belostoma Goldffussii GERM. (Quelle: http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/germar1837/ 0042+43, © Universitätsbibliothek Freiburg) Fossile Wanzen sind, außer aus div. älteren erdgeschichtlichen Perioden wie Jura (s. Solnhofen) oder Kreide oder aus jüngeren Perioden wie Obereozän (35 Mio. Jahre, s. Bernstein) von der alttertiären Lagerstätte Messel (Mitteleozän, 50 Mio Jahre alt) bekannt. Dort herrschen – außer den berühmten Wirbeltierfossilien – bei den im Vergleich zu Rott selteneren Insektenfossilien die Landwanzen vor. Es dürfte sich hier nicht um ein zumindest nur zeitweilig existierendes Süßwasser-Biotop mit Tümpeln u.ä. gehandelt haben. Ähnliches gilt für die ähnlich alten Schichten im Eckfelder Maar, wo allerdings fossile Landwanzen häufiger gefunden werden. Die Grube Messel wird weiterhin ausgebeutet und wissenschaftlich bearbeitet. Allerdings liegt hier der 34 HETEROPTERON Heft 60 / 2020

Schwerpunkt auf den Wirbeltierfunden, während über Insekten extrem wenig veröffentlicht wurde. Die Fossillagerstätte Rott ist eine zwar unter Fachleuten weltbekannte Lagerstätte für fossile Pflanzen und Tiere. Da es aber seit über 50 Jahren keinerlei neues Material gibt, geriet die Fundstelle weitestgehend in Vergessenheit. So erwähnen WAPPLER et al. (2007) in „Die Fossilgeschichte der Heteroptera – ein Überblick“ leider Rott mit keiner Zeile, und bei SCHUH & WEIRAUCH (2020) fehlen zumindest die Wasserwanzen. Das Besondere an den ca. 25 Mio Jahre alten Fossilien von Rott ist einmal die ungeheure Anzahl von Insekten-Funden. Bei den Wanzen ist besonders der ungewöhnlich große Anteil an Wasserwanzen bemerkenswert. Es ist angeblich kein anderer Fundort mit solch einer Anhäufung von fossilisierten Wasserwanzen bekannt. Normalerweise stehen die Landwanzen im Vordergrund und Wasserwanzen treten nur in geringer Zahl auf. Man deutete das zunächst so, das von einem Oberlauf eines kleineren Gewässers Tiere in die spätere Grube gespült wurden und dort unter Luftabschluß fossil erhalten blieben. Neuere Untersuchungen lassen aber eher den Schluß zu, dass sich in und an der Grube selbst kleinere Tümpel oder ein See befunden haben, in denen die Wanzen lebten und z.B. bei evtl. Austrocknen fossilisierten, zusammen mit Blättern, kleineren Wirbeltieren und anderem organischen Material, das dann zum Öl-Gehalt umgewandelt wurde. Ich konnte seinerzeit 18 Fossilien von 4 Wasserwanzen-Arten (mit entsprechenden Larvenstadien) und 2 Landwanzen-Arten käuflich für meine Sammlung erwerben, wobei die Fa. KRANTZ/Bonn sich durchaus des Wertes bewußt war: Das Typusexemplar von Rhinocoris michalki kostete mein damals knappes Budget immerhin 160 DM bzw. 80 €. Die Typus-Platte (Abb. 4 a-d) soll hier erstmalig in Farbe vorgestellt werden. [Die weniger aussagekräftige Gegenplatte befindet sich wohl in der Slg. G. STATZ (im Text schreibt E. WAGNER „Slg. des Verfassers“) in Los Angeles.]

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Abb. 4 a-c: Rhinocoris michalki STATZ aus der Sammlung A. KASTENHOLZ

Abb. 4d: Rhinocoris michalki STATZ, Typus-Exemplar, Slg. H.J. HOFFMANN

Anschrift des Autors: Dr. H.J. Hoffmann, c/o Zoologisches Institut, Biozentrum der Universität zu Köln, Zülpicher Str. 47 b, D-50674 KÖLN, e-mail: [email protected] 36 HETEROPTERON Heft 60 / 2020

Wanzenliteratur: Neuerscheinungen

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