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Musikleben im Diskurs

Auch als App!

Schöne neue Medienwelt Chance für die Kreativen?

| Quote statt Qualität? Frauen im Kulturbetrieb | Schule trifft Forschung – Forschung trifft Schule SFR 14,60 € 8,80 ı CH € 8,50 ı A D Eulenburg-Partituren als App

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Eulenburg PluScore® www.eulenburg.de editorial 1 Wert der Werte

„Haben Sie schon für Halloween eingekauft?“, fragte mich am Rande einer Sit- zung meine Nachbarin. „Wir feiern Erntedank“, war meine Antwort. „Jeder, wie er will“, dachte ich bei mir. Unwillkürlich tauchte die Werbeflut scheußlicher Grusel- masken vor mir auf und mischte sich mit Wortfetzen wie Traditionen, Kulturelle Viel- Christian Höppner falt, Werte, Lust am Verkleiden, Lei(d)tkultur, Spiel, Spaß und tralala. Je mehr mir die- Chefredakteur ser Multikulti-Mix (Multikulti gibt es gar nicht!) alle meine Sinne belegte, desto klarer wurde mir, welche Chancen sich gerade jetzt, wo Menschen aus Kriegsgebieten bei uns Zuflucht suchen, für unsere Gesellschaft eröffnen: die Neugierde auf das Andere, zum Beispiel die Hochkulturen aus Syrien, zu wecken und die Lust am Wiederent- decken der je eigenen Wurzeln zu befeuern. Gerade weil wir vor der vielleicht größten Herausforderung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland stehen und viele Fragen einer Antwort harren, ist der Blick auf die mit der Zuwanderung verbundenen Chancen in einem überwiegend defizitverhafteten Gesellschaftsklima dringlicher denn je. Dabei geht es nicht um das pseudotolerante Verstecken gelebter Traditionen und der damit verbundenen Werte, sondern um Begegnung und Dialog. Auch in Kreuz- berg-Friedrichshain sollte es künftig einen Weihnachtsmarkt geben. Das reiche kultu- relle Erbe, ein Edelstein Kultureller Vielfalt, gilt es wiederzuentdecken und zu vermit- teln, denn Volks- und Kirchenlieder gehören in den meisten Fällen nicht mehr zur Er- lebniswelt von Kindern und Jugendlichen. Mitten im digitalen Zeitalter und einem gesellschaftlichen Umbruch eröffnen sich für unser duales Rundfunksystem grandiose Entwicklungsmöglichkeiten. Ein Werte- bewusstsein weiter zuentwickeln und Werte zu vermitteln ist neben der Information eine Kernaufgabe nicht nur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Bildung, Wissen- schaft und Kultur sind die gesellschaftlichen Treiber von morgen, wenn sie wieder zentrales Anliegen einer von Kultureller Vielfalt geprägten Gesellschaft werden. Der Deutsche Musikrat hat mit seinem 4. Berliner Appell „Schöne neue Medienwelt – Kreative schützen!“ und seiner Resolution „Willkommen in Deutschland – Musik macht Heimat“ (beide Papiere finden Sie in der dazugehörigen Pressemitteilung) die Verantwortungszusammenhänge aufgezeigt.

Christian Höppner

4/15 im fokus: Schöne neue Medienwelt Chance für die Kreativen?

Schwund der Klassikstunden Der Verein AMME e.V. kümmert sich um die musikalische im Radio, Seite 10 Erziehung von Kindern mit geistiger Behinderung, Seite 36

im fokus begegnung | Schöne neue Medienwelt | Sonne für die Seele Enjott Schneider: Chance für die Kreativen? 6 Ein lehrreicher Nachmittag am Genfer See (Stephan Mayer) 32 | Verschwindet die Klassik aus dem Radio? Helmut Scherer: Plädoyer für einen sachlichen Diskurs 10 akzente | Trostpflaster oder Kulturinstitution Bayerns? | Inklusion mit Musik Christian Höppner und Stephan Mayer im Gespräch AMME e.V. und das Pilotprojekt in der Region Trier mit Ulrich Wilhelm 14 (Günther Möhlig) 36 | Rundfunkklangkörper zwischen Kulturauftrag und Haushaltsabgabe Heike Raab: Wohin steuert der öffentlich-rechtliche neue töne Rundfunk? 20 | Spiel mit Strukturen Neue Konzepte der Kompositionspädagogik | Sender machen Leute (?) (Verena Weidner und Julia Weber) 38 Corinna Lüthje: Soziokulturelle Wirkung von Kulturradio 22

| Am Rande des Abgrunds? report Gunter Reus: Wie sich das Zeitungsfeuilleton in den | Upgrade letzten 30 Jahren entwickelt hat 26 Festivalkongress zur Vermittlung Neuer Musik in Donaueschingen (Egbert Hiller) 40 | Tablets & Co. Jan Biring: Digitale Medien im Musikunterricht 29

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Oktober – Dezember 2015

Die Position am Dirigierstab steckt mitten Die Band Kraftwerk hat mit ihrem Vorgehen in der Geschlechterfrage, Seite 46 gegen Sampling ein Exempel statuiert, Seite 58

musik und politik kolumne | Dirigieren – keine Frage des Geschlechts | Erklär mir Pop: Dirigentinnen in Berufsorchestern unterrepräsentiert „Paranoid Android“ von Radiohead (Udo Dahmen) 60 (Anke Steinbeck) 44

| Quote statt Qualität? | editorial 1 Frauen im Kulturbetrieb. Ein Plädoyer für mehr | nachrichten 4 Chancengleichheit (Ulle Schauws) 47 | rezensionen 62 | finale/impressum 64 bildung | forschung | Noten klicken Digitale Musikeditionen in Forschung und Praxis (Joachim Veit) 50

| Schule trifft Forschung – Forschung trifft Schule Zum Auftakt von „Schulen erforschen Musik in Brandenburg“ (Dörte Schmidt) 54 wirtschaft | recht | Wer kann, darf nicht – und wer nicht kann, darf? „Metall auf Metall“-Sampling (Georg Lecheler) 58

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Deutschland und China

Der Deutsche Musikrat und samen Arbeit soll unter anderem China Youth Music Competition das dreistufige Modell von Re- haben im Juli 2015 einen Ko- gional-, Landes - und Bundes- operationsvertrag unterzeichnet. wettbewerb von „Jugend musi- Ab 2016 wird demnach die ziert“ schrittweise in China China Youth Music Competition adaptiert werden. (CYMC) ihre Arbeit für „Jugend Im Zentrum der Zusammen- © DKR musiziert“, einem Projekt des arbeit stehen die Verwirklichung Breite Protestbewegung gegen TTIP Deutschen Musikrats, aufneh- der Werte von „Jugend musi- und CETA in Berlin men. Der Deutsche Musikrat un- ziert“ wie zum Beispiel Fairness, terstützt seinen chinesischen gemeinsames Musizieren und Partner beim Aufbau des Wettbe- die Begegnung zwischen jungen Rund 250 000 Demonstranten Der Deutsche Kulturrat hatte ei- werbs. Im Rahmen der gemein- Musizierenden. protestierten im Oktober unter nen „KulturBlock“ innerhalb des dem Motto „TTIP & CETA stop- Demonstrationszugs organisiert, pen! Für einen gerechten Welt- der für den Bereich der Musik handel“ gegen die Freihandels- von Martin Maria Krüger, Präsi- abkommen der Europäischen dent des Deutschen Musikrats, Union mit den USA und Kanada. mit angeführt wurde. Er äußerte Ein zivilgesellschaftliches Bünd- sich dazu: „Die Großdemo ge- nis von 33 Trägerkreisorganisa- gen TTIP und CETA hat mit tionen und 126 Unterstützeror- 250 000 Teilnehmern alle Erwar- ganisationen aus fast allen gesell- tungen übertroffen. Es ist das schaftlichen Bereichen hatte zu erste Mal, dass sich ein so breites der Großdemo in Berlin aufge- gesellschaftliches Bündnis zu- rufen. Gewerkschaften, Wohl- sammengefunden hat. fahrts-, Umwelt-, Entwicklungs- Der Deutsche Musikrat appelliert hilfe-, Verbraucher- und Kultur- an die Europäische Kommission verbände u.a. forderten, dass die und die Bundesregierung die geheimen Verhandlungen zu Sorgen der Bürgerinnen und TTIP gestoppt werden und der Bürger über die Auswirkungen CETA-Vertrag nicht ratifiziert von TTIP und CETA ernst zu wird. nehmen.“ Neues Schwerpunktangebot zu Musikmuseen in Deutschland Medienpolitisches Positionspapier

Mit einem neuen Schwer- „Das neue Schwerpunktangebot Vertreter von über 100 Dach- möchte mit dem einstimmig be- punktangebot beleuchtet das des Deutschen Musikinforma - verbänden des Musiklebens ver- schlossenen 4. Berliner Appell Deutsche Musikinformations- tionszentrums verdeutlicht, wie abschiedeten auf der diesjähri- einen weiteren Impuls für die zentrum (MIZ) die außerge- umfangreich und vielfältig das gen Mitgliederversammlung des gesellschaftliche Debatte setzen. wöhnliche Vielfalt und Dichte Angebot von Musikmuseen in Deutschen Musikrats den 4. Ber- Bei aller kritischen Auseinander- von Musikmuseen in Deutsch- unserem Land ist. Ob Musikin- liner Appell „Schöne neue Me- setzung innerhalb des dualen land. Neben der Vorstellung ein- strumentensammlungen, Kom- dienwelt: Kreative schützen!“. Systems ist vollkommen klar, zelner Häuser mit ihren Aufga- ponistenhäuser oder Museen für Das Positionspapier bündelt zen- dass der öffentlich-rechtliche benschwerpunkten und Samm- Rock- und Popmusik: Alle Häu- trale Forderungen für den Bil- Rundfunk unverzichtbar für die lungsbeständen, werden in dem ser tragen wesentlich dazu bei, dungs- und Kulturbereich in Be- Kulturelle Vielfalt in unserem Schwerpunktangebot außerdem Musik erfahrbar zu machen und zug auf die Entwicklungsper- Land ist und in der Wahrneh- Strukturen und Entwicklungen der Gesellschaft die Bedeutung spektiven der Medienlandschaft mung seines Bildungs- und Kul- der Musikmuseen in Deutsch- des Musiklebens in Geschichte in Deutschland. turauftrags gestärkt werden land vermittelt. Topografische und Gegenwart ins Bewusstsein Hierzu Christian Höppner, Ge- muss. Karten liefern einen grundlegen- zu rücken. Musikmuseen helfen neralsekretär des Deutschen Mu- Öffentlich-rechtlicher Rundfunk den Überblick über die Muse- dabei, dass die musikalische Viel- sikrats: „Medienpolitik ist auch ist nicht nur Kulturvermittler, umslandschaft mit ihren spezifi- falt in unserem Land und ihre unter kultur- und bildungspoliti- sondern auch Kulturträger und schen Merkmalen. Geschichte auch an nachfolgen- schen Aspekten Gesellschaftspo- damit ganz klar kein Telekom- Dazu Martin Maria Krüger, Präsi- de Generationen weitergegeben litik. Der Deutsche Musikrat munikationsunternehmen.“ dent des Deutschen Musikrats: wird.“

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ausgezeichnet

Enjott Schneider erhielt für Resolution zu Flüchtlingen seine Verdienste als Komponist, Hochschullehrer und Theoretiker Die Mitglieder des Deutschen Vielfalt der gemeldeten Projekte zur Filmmusik sowie für sein Musikrats haben auf ihrer dies- und Initiativen aus dem Kultur- langjähriges ehrenamtliches En- jährigen Mitgliederversammlung bereich vorgestellt. gagement für die Musik und de- am 23. und 24. Oktober 2015 Martin Maria Krüger, Präsident ren Urheber den SoundTrack_ im Abgeordnetenhaus von Berlin des Deutschen Musikrats: „Die Cologne-Ehrenpreis 2015. Am die Resolution „Willkommen in Resolution ‚Willkommen in 22. August 2015 wurde Enjott Deutschland: Musik macht Hei- Deutschland: Musik macht Hei- Schneider, Präsidiumsmitglied mat! Von der Willkommens- zur mat! Von der Willkommens- zur des Deutschen Musikrates, im Integrationskultur“ verabschie- Integrationskultur‘ wurde von Rahmen der Abschlussgala der det. Das Deutsche Musikinfor- den Mitgliedern des Deutschen SoundTrack_Cologne der Preis

mationszentrum (MIZ), eine Musikrats einstimmig verabschie - verliehen. © Stephanie Englert Einrichtung des Deutschen Mu- det. Bei dem Flüchtlingsthema sikrats, führt in diesem Zusam- sollte von Anfang an der trans- menhang aktuell eine Umfrage kulturelle Dialog mitgedacht Die Preisträgerschulen des Im Rahmen der Internationa- zum Thema „Musik und Flücht- werden. Musik kann für ein ge- fünften bundesweiten Wettbe- len Funkausstellung wurden in linge“ durch. Auf der Internet- lingendes Zusammenleben einen werbs „musik gewinnt! – Musi- Berlin die diesjährigen Gewinner plattform www.miz.org wird die wesentlichen Beitrag leisten.“ kalisches Leben an Schulen“ ste- des RTL Com.mit Award „Wir hen fest. Der Wettbewerb zeich- haben neue Helden gefunden!“ net alle zwei Jahre deutschland- ausgezeichnet. Der Deutsche weit musikalisch besonders akti- Musikrat hat in diesem Jahr erst- Kulturprojekte für Flüchtlinge in NRW ve Schulen aller Schulformen aus mals mit RTL kooperiert. Mit und stellt ihre Konzepte der Öf- über 160 Bewerbungen wurden Nordrhein-Westfalen ist in unterstützt Kulturprojekte des fentlichkeit vor. Sie sollen als so viele Projekte wie noch nie verstärktem Maße Aufnahmeland Willkommens aus Mitteln des Modelle dienen und andere zuvor eingereicht. Zweimaliger von Flüchtlingen geworden. Eine Ministeriums für Familie, Kin- Schulen zu ähnlichen musikali- Gewinner des Wettbewerbs war Willkommenskultur, deren Subs- der, Jugend, Kultur und Sport schen Aktionen anregen. die Band „BAFF – Bands auf fes- tanz im Wesentlichen aus bür- und schreibt die Förderung von Preisträger unter: www.miz.org ten Füßen“. gerschaftlichem Engagement be- Projekten von Laienmusikern steht, soll die Flüchtlinge emp- aus, die mit Flüchtlingen musi- fangen. Der Landesmusikrat NRW kalisch arbeiten.

Personalia

Kulturelle Bildung bei Jugendlichen aus bildungsfernen Elternhäusern

Jugendliche aus bildungsfer- Aktivitäten bei den Heranwach- nen Elternhäusern haben bis senden signifikant vom Bil- zum Ende der Pflichtschulzeit dungsgrad der Eltern ab: 74 Pro- im Schnitt erheblich weniger zent der Kinder aus Akademiker- Zugänge zu Kultureller Bildung haushalten, bei denen mindes- und ein deutlich niedrigeres tens ein Elternteil einen Hoch- © Sören Balendat © Sören Kulturinteresse als Akademiker- schulabschluss besitzt, geben die © Kumpf kinder. Das ist das zentrale Er- Eltern als entscheidende Impuls- gebnis einer bundesweiten re- geber ihres Kulturinteresses an, Martin Ullrich, Vorsitzender Wolfgang Gönnenwein starb präsentativen Befragung mit hingegen nur 33 Prozent aus El- der Rektorenkonferenz der deut- am Sonntag, 26. Juli 2015, im dem Titel Jugend/Kunst/Erfahrung. ternhäusern mit höchstens mitt- schen Musikhochschulen, wird Alter von 82 Jahren. Mit Betrof- Horizont 2015 unter Schülerin- lerem Schulabschluss. Von Schü- neuer künstlerischen Leiter des fenheit hat der Deutsche Musik- nen und Schülern aus 9. und 10. lerinnen und Schülern aus bil- Internationalen Musikwettbe- rat die Nachricht vom Tod seines Klassen, die das Institut für De- dungsfernen Elternhäusern ge- werbs der ARD. Er soll die inhalt- Ehrenmitglieds erfahren. Gön- moskopie Allensbach (IfD) auf hen zudem dreieinhalb Mal so liche Verantwortung für den nenwein war langjähriger künst- Initiative des Rats für Kulturelle viele auf Sekundarschulen, die weltweit größten klassischen lerische Leiter und Gründer des Bildung (Essen) durchgeführt nicht Gymnasium oder Gesamt- Musikwettbewerb übernehmen. Ensembles der Ludwigsburger hat. Demnach hängen kulturelles schule sind. Dort ist das kulturelle Der Bayerische Rundfunk einigte Schlossfestspiele sowie ehemali- Interesse, der Wunsch nach Wis- Angebot dann deutlich geringer sich mit Ullrich auf eine künfti- ger Staatsrat für Kunst des Lan- sen über Kultur und kulturelle als an Gymnasien. ge Zusammenarbeit. des Baden-Württemberg.

4/15 sich kreative IdeeninForm von Apps In derneuendigitalen Welt bündeln fokus 6 4/15 Schöne neue

©J A H i fokus 7

MEDIENWELT

Chance für die Kreativen? Enjott Schneider

Taylor Swift und der Deutsche Musikrat – eine Kombination und Konventionen, Gesetze, Moral und Normen für die neue mit Zukunft? Die US-amerikanische Sängerin kämpft gegen Welt zu finden. den Verfall des Wertes der Musik durch ihren Einsatz gegen Das „Neue“ ist die „Nichtstofflichkeit von Kultur“, das nicht- das Streaming-Portal Spotify (Benedikt Fleischer berichtete physische der Datenwelt, das Verschwinden herkömmlicher Auf- im letzten Musikforum darüber). Enjott Schneider führt uns fassungen von „Eigentum“ und „Diebstahl“. Während in der vor Augen, welche Ausmaße der Zerstörung die Neuerungen Frühphase der Download von Daten noch den Hauch von „Be- unserer schönen neuen Medienwelt annehmen werden – sitz auf eigener Festplatte“ suggerierte, so ist mit der explosiven wenn sie nicht sogar schon längst Realität sind. Ausbreitung des „Streaming“ eine Klimax von nicht-physischer Existenz von Information und Kultur erreicht. Alles unterliegt Wenn wir 2017 mit dem 500-jährigen Jubiläum der „Refor- dem Trend zum „Gratiszugang“ oder dem „for free!“, weil nie- mation“ Martin Luthers den Beginn der Neuzeit, des kritischen mand mehr besitzen will. Denkens, der Aufklärung und der Befreiung des Ichs vom Wir Musik mittels Encoder so zu digitalisieren, zu komprimieren und feiern, so ist den Wenigsten bewusst, wie sehr diese Fortschritts- auf einem Server, mittels Streamingportal oder Mediathek, zu Schwelle eine Medien-Revolution war. Dank des neuerfundenen spei chern, so dass sie als „Datenstrom“ in realer Spieldauer welt- Buchdrucks konnten sich die Ideen schlagartig verbreiten, frei weit abgerufen werden kann, war eine geniale Idee und hat in von den starren Machtstrukturen des Adels und des Klerus. An- weni gen Jahren den Musikmarkt, aber auch das Film- und TV/Vi- sammlung von Wissen und Kultur fand nicht mehr hinter unzu- deo-Business, revolutioniert. Downloads und physische Daten- gänglichen Klostermauern statt, sondern begann frei zugänglich träger, wie CDs und DVDs, sind in manchen Staaten schon gegen zu werden. Null zurückgegangen. Mobiles Leben und mobile Mediennut- Momentan sind wir in der frischen Phase des Digitalen Zeit- zung, ob Handy, Tablet oder Internetradio, sind trendiger Lifestyle. alters in vergleichbarer Situation. Die Zugänglichkeit zu Wissen Spotify z. B. ist ein weltweit erfolgreicher Streaming-Dienst, der und Kultur hat einen neuen Freiheitsgrad erreicht, denn die auf Werbefinanzierung beruht und im Januar 2015 bereits 55 besitzregulierende Dominanz von Verlagen, Labels, Sendermono- Millionen Gratisnutzer sowie 15 Millionen zahlende Abonnenten polen und des universitären Akademismus bröselt. Schnell, zählte. Zusammen mit anderen Anbietern wie Deezer, Apple oder preiswert oder gar ohne jeglichen Kostenfaktor, jenseits nationa- Google Play Music konnten die Portale ihre Erlöse binnen nur ler Grenzen und mit Reduktion jeglicher Hierarchien werden eines Jahres um 78,6 Prozent steigern. Im Juni 2015 wurden Informationen und Kulturgüter ausgetauscht. erstmals innerhalb eines Monats nur in Deutschland mehr als Eigentlich könnte einen diese „Basisdemokratisierung“ freudig eine Milliarde Streams abgespielt. Medienkonzerne expandieren stimmen, wenn nicht diese permanenten Kollateralschäden die wie etwa Universal Music, wo laut Musikmarkt im ersten Halbjahr Begleitmusik wären. 2015 unter dem Slogan „Digital überschreitet die 50%-Marke“ gefeiert wurde und ein operatives Ergebnis von 179 Millionen Digitale Ära in der Raubritterphase Euro, 12,5 Prozent mehr als im Vorjahr, erzielt werden konnte. Die „demokratisierende“ Medienrevolution des Buchdrucks war, Durch Streaming ist laut dem Bundesverband Musikindustrie verdeckt als Gefälle von protestantischem Fortschritt und katho- der deutsche Musikmarkt auf 1,48 Milliarden Euro gewachsen. lischem Konservatismus, mit entsetzlichen Kriegen, von den Bauernkriegen bis zum 30-jährigen Krieg, Verfolgungen bis Grund zur Euphorie? Nein! zum Genozid und Gräueltaten begleitet. Erst mit dem Westfäli- Im Schatten dieser Erfolgsstory überwiegen noch die unerfreuli- schen Frieden von 1648 wurden Spielregeln und Normen ak- chen Symptome. Um einige zu nennen: zeptiert. Man kann nur hoffen, dass die neue digitale Ära nicht Zahlende Abonnenten sind hier eher die Minderheit, obwohl

© Jason A. Howie auch 130 Jahre braucht, um die Raubritterphase zu überwinden die Abos günstig sind und die Musik zu Dumpingpreisen, zum

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Leid der Kreativen, verscherbelt wird. Mit 9,99 Euro monatli- sogenannten Trial periods. Die Künstler gingen in dieser Zeit cher Gebühr werden in der Regel 18 bis 26 Millionen Titel an- leer aus und verdienten nichts mit ihrer Musik. US-Sänger geboten. Illegales Streaming und Piraterie, durch „Rippen“, also Prince hat z. B. seine Musik bei Spotify löschen lassen und wur- dem Überspielen der Inhalte, überwiegen bei weitem. Gerade de folgend zitiert: „Streaming hat es den Plattenfirmen im YouTube mit mehr als einer Milliarde Nutzern in 75 Ländern Grunde ermöglicht, sich selbst zweimal zu bezahlen und gibt täglich hundert Millionen Stunden Musik auf Videos wie- gleichzeitig das, was sie den Künstlern schulden, zu reduzie- der. Tendenz steigend: Jährlich wächst diese Stundenzahl um 50 ren.“ Die Gewinnspanne der Labels ist im Vergleich zu früher Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Pro Minute (!) werden 300 besonders groß geworden, weil Streaming unternehmensgüns- weitere Stunden neues Videomaterial hochgeladen. tig ist, keine Press-, Betriebs- und Versandkosten mehr anfallen. Ausübende Künstler und vor allem Urheber, Komponisten und Textdichter gehen leer aus oder werden unterbezahlt. Auch Manipulierte Menschenmassen wenn legale Streamingdienste wie Spotify oder Apple mit nach- Am meisten beunruhigt mich in dieser nicht-physischen Strea- weislichem Einzelabruf clickbezogen Erlöse ausschütten, blei- ming-Welt, wo übrigens jede kulturelle Vielfalt, ob Musik, Film, ben diese im wirtschaftlich irrelevanten Bereich von 0,0 Euro. Foto, Buch, Game oder Tageszeitung, zum gesichtslosen Daten- Das große Geld bleibt bei den Daten-Giganten, die mit Werbe- strom nivelliert wird, die personenbezogene Datenspeicherung einnahmen in Milliardenhöhe profitieren, und bei den Major- in Konzernen und Netzwerken. Wir werden total überwacht, Labels. Diese erhalten Ausschüttungen, die nur in seltenen Fällen über Cookies im Internet, GPS, Satelliten, RFID-Speicherchips, nach Nutzungsaufrufen an Künstler weitergegeben werden. Bei und zeigen uns mit dem digitalen Fingerprint in nacktester der MIDEM 2015 in Cannes bestätigte Richard Sanders, Präsi- Existenz. Mit jedem Stream und jeder Nutzung einer App liefern dent der Kobalt Music Group, dass die Branche sich noch auf wir dazu freiwillig die Daten. Durch die zunehmende Verortung das „alte Modell“ stütze, „das Geld für sich selbst [zu] behalten, der Streams im privaten Lifestyle werden zwangsläufig das in- anstatt es an den Klienten weiterzugeben“. Vor allem über pau- timste Psychogramm, Vorlieben oder Nutzungsverhalten gespei- schale Vorauszahlungen wird Geld „undercover“ an Künstlern chert und an „Big Brother“ weitergegeben. Spotify will zur und Komponisten vorbei in die Kasse der Labels gespült. Vor Steuerung sogar den Zugriff aufs Handy-Mikrofon, um das kurzem ging der Skandal durch die Presse, dass Spotify an den „Musikerlebnis noch komfortabler zu machen“, selbst beim Labelgiganten Sony in einem geheimen Vertrag die Rechteverga- Joggen bietet der Dienst an, via GPS-Daten den Rhythmus der be für die USA und Kanada von 2011 bis 2014 regelte – mit Musik an das Lauftempo anzupassen. In den aktualisierten Da- einem Vorschuss von 25 Millionen Dollar. Laut dem Mediennetz- tenschutzbestimmungen vom September 2015 wird scheinhei- werk „The Verge“ waren Künstler hier finanziell nicht beteiligt. lig argumentiert, dass die Ortsdaten notwendig seien, weil Deals Insiderkenntnissen zufolge sind die Vorauszahlungen inzwi- mit der Musikindustrie oft nur regional gelten. Mit Computer schen noch höher geworden. Permanent ist daher zu lesen, dass und Digital-TV haben wir – für einen geübten Hacker schon prominente Künstler gegen diese Ausbeutung rebellieren, z. B. jetzt frei zugänglich – Mikrofon und Kamera freiwillig in der wehrte sich Taylor Swift erfolgreich gegen Apple. Der Konzern eigenen Wohnung installiert. Die Manipulation und Unterdrü- ermöglichte seinen Nutzern 3-monatige Gratis-Versuchsphasen, ckung der „Masse Mensch“ ist somit gesichert.

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links: Die Sängerin Taylor Swift wehrte sich erfolgreich gegen Spotify rechts: Der Slogan von Spotify „Es ist Zeit für Musik. Musik für alle“ garantiert kostenlose Musikunterhaltung für jedermann und -frau. Aber ist man damit allen Beteiligten gerecht geworden?

Unerträgliche Töne französischen Konkurrenten Thomson; Wega ging zu Sony, die Um bei einem Ärgernis im Bereich der Musik zu bleiben: Durch Firma SEL (in die Graetz, Standard Electric und Schaub-Lorenz permanente Datenkomprimierung geht die Tonqualität – und aufgegangen waren) ist von Nokia übernommen worden. Ein damit die Fähigkeit differenzierten Hörens – in den Keller. Nach Knaller der IFA 2015 war z. B. auch, dass der Fernsehempfang Jahrzehnten des Fortschritts – von Mono, Stereo, HiFi zur digi- über den herkömmlichen DVB-T-Standard ab 2017 vom höher - talen Brillanz der CD – dominieren nun schlechte MP3-Formate auflösenden DVB-T2 abgelöst wird, wodurch, nach dem letzten und stets schlechtere Bitraten, von lausigen 64 bis gar nur 28 Digitalisierungsbericht der Landesmedienanstalten, mindestens kbit/s, unterhalb jeglicher Radioqualität. 3,4 Millionen Haushalte gezwungen sind, sich neue Receiver Mit dem Stichwort „Radio“ sind wir bei der für mich anzuschaffen. schlimmsten Thematik. Die Explosion des „Streaming-Business“ und das pilzartige Wuchern von kleinsten Digitalradio-Formaten Hoch lebe die Quantität zwingen den öffentlichen Rundfunk und das Fernsehen in eine Das Traurigste: Die Kurzlebigkeit von Hardware, Software und wirtschaftliche Konkurrenzsituation, in der sie nur verlieren „Inhalten“ ist für mich die Story eines Qualitätsverlustes. Nie- können. Man sucht sich heute Inhalte über Tablets und Handy, mand investiert mehr idealistische Summen in eine Produktion, wo die Angebote finanzstarker Konkurrenten, z. B. Amazon und wenn jedes Geschäftsmodell aussichtslos geworden ist, weil die Video-on-demand-Anbieter, wie Netflix, Watchever, Maxdome, Musik dann – tendenziell gratis – gestreamt werden kann. individuellere Nutzungen als die Mediatheken der traditionellen Warum in Tonqualität investieren, wenn Musik aus kleinen Sender erlauben. Schon denkt die Autoindustrie nicht mehr da- Smartphone-Speakern quäkt? Warum Bild- und Kameragestal- rüber nach, ob Radio „ja/nein“, sondern sie hat sich längst für tung intensivieren, wenn Filme auf Handy- oder Tablet-Monitor mobiles Internet als neues Massenmedium entschieden und dis- aber nicht mehr im Kino angesehen werden. Statt mit den un- kutiert allenfalls noch, ob Apple-World oder Windowsformate geahnten technischen Möglichkeiten der digitalen Ära zur die Zukunft sind. Rundfunkanstalten spielen zunehmend – was Höchstform kreativer Innovation aufzulaufen, sehe ich momen- jedes Streaming-Radio auch kann – Mainstream ab. Differenzier- tan nur den trostlosen Prozess der „Entropie“. Alles wird einge- te Kultur, etwa Klassik, Jazz, Volksmusik oder lokaler Pop, wird ebnet, alles tendiert zum Mittelmaß. Wo vormals bizarre Gipfel zur Nische und in Digitalkanäle abgedrängt. Dass DAB+, Digital und wild konturierte Gebirgssilhouetten waren, schrumpft alles Audio Broadcasting, hier die Rettung sein soll, kann schon zy- zum Gleichmaß kleiner Hügel. nisch wirken. Vor der Freigabe war das L-Band nur regional be- Kunst und Kultur mit extremen Leuchttürmen, womöglich von grenzt und in Ballungsräumen eingesetzt, vor allem vom Militär innovationsfreudigen Sponsoren großzügig finanziert, sind in und Katastrophenschutz genutzt. Seit 2011 mit dem „Plus“ (+) der Billig- und Digitalwelt, die von Dumping-Angeboten geflu- versehen, stellt DAB+ eine starke Hochfrequenzstrahlung dar. tet wird, derzeit nicht mehr zu erwarten. Das Ende ist nur noch Im Netz wird z. B. unter www.diagnose-funk.org oder www.di- kulturelle Sandwüste als Rest einst stolzer Gipfel. gitalradio.de ausgiebig diskutiert und mit endlosen Beispielen Deshalb: Es gäbe noch andere Kriterien als Quantität, in Form dokumentiert, wie sich seit dem Start von DAB+ im August von Quoten, Masse, Verkaufszahlen, Börsenrendite, nämlich die 2011 die medizinischen Symptome häufen. Wenn diese Mikro- Qualität. Die digitale Medienwelt sollte den räuberischen Verhal- wellenstrahlung, die momentan erst eine Flächenabdeckung tensmustern des „sich gegenseitigen Enteignens“ entkommen. von etwa 5 Prozent hat, einmal auf 50 bis 80 Prozent ausgebaut Die Spielregeln der angemessenen Vergütung von Kulturschaf- sein soll – damit die Rundfunkanstalten der kommerziellen fenden, sprich die Urheber, Autoren, Interpreten in Musik-, Streaming-Konkurrenz trotzen könnten – dann ... aber vielleicht Film-, Theaterproduktionen, müssen auf Basis eines neuen Qua- sollte man diese DAB+ Diskussion an anderer Stelle führen. litätsbewusstseins so konsolidiert werden, dass in einem ausba- Kehrseite der schönen neuen Medienwelt ist auch der perma- lancierten System der Nutzer und Kreativen beide Seiten den nente technologische Luxus, der den Kulturinteressenten zum „Wert“ eines kulturellen Inhalts voller Respekt wiedererkennen. willigen Konsumenten degradiert. Halbjährliche Updates und Wechsel der Betriebssysteme dienen dem Profit der Hersteller von Unterhaltungselektronik, wo Deutschland, wie eben die IFA Berlin 2015 zeigte, gar nicht mehr als Beteiligter auftritt. Unsere Enjott Schneider ist Komponist, Präsident des Deutschen Komponistenverban- Traditionsmarken sind nur noch ideologische Fassaden und ver- des, Aufsichtsratsvorsitzender der GEMA und Mitglied im Präsidium des Deut- bergen internationale Investoren. Philips ist in chinesischer schen Musikrats. Von 1979 bis 2012 unterrichtete er Komposition an der Hoch- Hand, Nordmende, Saba, Telefunken, Dual gehören alle dem schule für Musik & Theater München. Informationen unter www.enjott.com

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Klassische Musik „hören und genießen“ beim NDR. Ist das noch zeitgemäß? Verschwindet die Klassik aus dem Radio?

Plädoyer für einen sachlichen Diskurs Helmut Scherer

„Jetzt noch vielfältiger und aktueller – unser Hitverspre- Freiburg mit dem Radio-Sinfonieorchester zu fusionie- chen“, plärrt es aus dem Radio. Jedes der 16 Bundesländer in ren, gießen weiter Öl ins Feuer. Von den Freunden und Vertre- Deutschland hat private Rundfunksender, die mit diesem tern der klassischen Musik wird dann sehr viel Kritik am öffent- Werbeslogan ein immer jüngeres und hipperes Hörerpubli- lich-rechtlichen Rundfunk geäußert. Die Initiative „Das ganze kum erreichen wollen. Da dürfte man doch erwarten, dass Werk“ beispielsweise war eine der Speerspitzen der Kritiker- der öffentlich-rechtliche Rundfunk für die Portion Kultur front. Sie forderte ein Ende der musikalischen Häppchenkultur, sorgt, mit der das Niveau im Radio nicht komplett unter- mehr Respekt vor dem Werk, und dass der Hörfunk seiner Ver- irdisch schlecht wird. Erwarten wir zu viel? antwortung in Sachen Hörerziehung wieder nachkomme. Nach vielen Debatten hat die Initiative inzwischen resigniert und un- Früher war zwar bestimmt nicht alles besser, aber die Verhält- terhält ihre Webpräsenz nur noch als Mahnmal. nisse zwischen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und der Mir persönlich fällt in den Diskursen oft eine gewisse Maßlosig- klassischen Musik waren zumindest einigermaßen geklärt. Lange keit bei den Streitern für die klassische Musik auf. Allzu schnell Zeit galten die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als ist das Abendland in Gefahr; die Kritik am öffentlich-rechtlichen wichtige Kulturträger und allgemein als Förderer der klassischen Rundfunk kommt mitunter recht unsachlich daher. Es fehlt häu- Musikkultur. Man unterhielt hochwertige Klangkörper und fig an Verständnis für die ökonomischen und politischen Zwän- räumte der klassischen Musik einen gewichtigen Stellenwert im ge, denen die ARD unterliegt. Am 30. April 2014 schrieb die Programm ein. Aber das Bild hat sich eingetrübt, die einst so ZEIT-Redakteurin und freie Mitarbeiterin des WDR, Christine vertraute und glückliche Beziehung ist in eine Krise geraten und Lemke-Matwey, in einem Artikel in der ZEIT: wie das so ist, wenn eine Beziehung in die Brüche geht, dann „[…] dass man eine Karriere im postmodernen Musikmanage- reagieren beide Seiten empfindlich und es gibt Schuldzuweisun- ment am besten gegen die Musik macht. Die ARD hat das tief gen. Rosenkriege werden eben gerne mit einem gewissen Maß inhaliert. Ihre Intendanten entstammen allesamt der ersten Ge- an Erbitterung geführt. Die eine Seite unterstellt der anderen neration der Nach-68er und haben von den einstigen Weltver- Missachtung und mangelndes Verständnis. Pläne, wie die des besserern vor allem das militante Desinteresse an der Hochkul- SWR für das Jahr 2016, das Sinfonieorchester Baden-Baden und tur geerbt. Mit Bob Dylan lässt sich noch Staat machen (steckt

4/15 fokus 11 © Marco Maas © Marco nicht in jedem Liftboy ein kleiner Revoluzzer?) – mit Mozart Rückläufiges Klassikangebot vs. Sendervielfalt geht das nicht mehr. Im Gegenteil: Je bodenloser die Pro- Auf Basis der aktuellsten Daten der ARD-Hörfunkstatistik auf der grammreformen, je drastischer die Etatkürzungen, umso lusti- ARD-Homepage lässt sich die Situation für das Jahr 2013 wie ger flattern die Fähnchen der Hierarchen im Wind. Winkt da folgt beschreiben: Täglich senden die ARD-Anstalten etwa 878,5 noch wer mit dem Bildungsauftrag, den die ARD per Gesetz hat, Stunden Musik, dies sind 62 Prozent des gesamten Sendeange- mit der kulturellen Grundversorgung für alle? Das lässt sich bots. Davon sind etwa 162 Stunden und 40 Minuten der klassi- durch Rabulistik regeln. Ansonsten gilt, und das ist neu: Proteste schen Musik gewidmet, dies entspricht einem Anteil von 11,5 werden ausgesessen. Im Zweifelsfall sterben die Protestierer vor Prozent am Gesamtprogramm. Dieses Angebot verteilt sich auf denjenigen, gegen die sich ihr Protest richtet. Geht es nach 16 Sender, wobei etwa ein Drittel von drei Programmen geleis- Buhrow, Boudgoust & Co., sind Klassikliebhaber nämlich vor tet wird: B4 Klassik, RBB Radiokultur und WDR 4. Mehr als 50 allem eins: alt.“ Prozent ihrer täglichen Sendezeit widmen darüber hinaus drei Der WDR beendete daraufhin die Zusammenarbeit mit Lemke- weitere Sender der Klassik: SR2 Kulturradio, HR2 und NDR Kultur. Matwey. Dieser Vorgang ist ein anekdotischer Beleg für die Emp- Somit hat die große Mehrzahl der Landesrundfunkanstalten findlichkeiten auf beiden Seiten. Die Journalistin verrät in ihrem nach wie vor ein Angebot im Portfolio, welches überwiegend Beitrag am ehesten ihre tiefsitzende Abneigung gegen moderne der Verbreitung der klassischen Musik gewidmet ist. Ausnahmen populäre Musik; über die Befindlichkeiten und Managementvor- bilden lediglich Radio Bremen und der MDR. Radio Figaro stellungen von Buhrow und Kollegen sagt dies letztendlich (MDR) kommt auf „lediglich“ etwas über 10 Stunden Klassik nichts aus. Dem WDR auf der anderen Seite fehlt es deutlich an pro Tag. Souveränität, aber wenn halt die Bosse beleidigt werden ... An Auf den ersten Blick sind dies sicherlich keine katastrophalen einer sachlichen Debatte sollte beiden Seiten gelegen sein und Werte, eine abschließende Bewertung fällt aber schwer, solange ein erster Schritt dazu besteht darin, zunächst einmal die Fakten keine relevanten Vergleichszahlen vorliegen. Deshalb wollen wir zu klären. nun schauen, wie sich die Werte im Zeitverlauf entwickelt ha- ben, vielleicht war ja früher wirklich alles besser. Betrachten wir, wie sich die Anteile von Musik insgesamt und von klassi-

4/15 Weise gibt. Recht Allerdings istdiesnur diehalbe Wahrheit, Rundfunkanstalten sahen sich einerdoppelten Herausforderung Rundfunkanstalten sahensich ter Rundfunkangebote zuverstehen. Die öffentlich-rechtlichen gen Jahrhunderts undistalsReaktionaufdie Etablierung priva- begannindenspäten 1980er-JahrenDie Entwicklung desvori- facht. auf etwa 1417Stundenpro Tag imJahre 2013nahezuverdrei- Gesamtprogramm von etwa 486Stundenpro Tag, sowurdedies RundfunkanstaltenimJahr 1973ein die öffentlich-rechtlichen schen Anstieg desgesamten Angebots kompensiert. Sendeten Klassikangebots wirdzumindestteilweise einendramati- durch zehnten Jahrhunderts gegeben hat. Derrelative des Rückgang Programmausweitung Jahre seitEndederachtziger desneun- denn dieserZusammenhangignoriert, dasseseineerhebliche Rundfunksingewisser desöffentlich-rechtlichen Kritikern fallen. Hierhaben wiralsoeinerstes Argument, welches den Prozent imJahr 2008undauf11,5Prozent imJahre 2013ge- über 2003mit15,8Prozent istder Wert auf12,9 inzwischen ist. rückläufig dem grundsätzlich Von 1998mit16,2Prozent einen leichten Anstieg gegeben hat unddassdie Tendenz seit- Jahre biszumEndeder1980er-Jahre desvorigen Jahrhunderts verlauf, dannstellenwirfest, dassesvon Anfang der1970er- Verfolgen MusikimZeit- fürdieklassische wirdieEntwicklung te miteinemMusikanteiljenseitsder80Prozent. birgt, esgab undgibtreine Wortprogramme undauch Angebo- Mittelwert, einegroße natürlich hinterdemsich Vielfalt ver- vom dieRunde. Dudelfunkmachte Die60Prozent sindnur ein positivbeurteilt, dasböse ausschließlich nicht dienkritik Wort Die ZunahmederMusikanteilewurdedabei aber von derMe- einen Wert über60Prozent. bei etwa 62Prozent, in allerRegelauf stabilisiert ersich danach bei knapp über50Prozent, indenspäten 1980er-Jahren lag er samttendenz eherangestiegenist. Inden1970er-Jahren lag er haben, dannstellenwirfest, dassderMusikanteilinGe- MusikimBesonderen amGesamtprogrammscher entwickelt 2fokus 12 Der BRverzeichnet eineleichte Zunahme derSendestunden o lsi aberreicht von Klassik– das fürdieZukunftaus? 4/15 am Platze, imEinzelfall Kritik aber berechtigt. durchaus Zwei gegebenwicklung hat. InsofernisteineGeneralabrechnung fehl ten an, dannstellenwirfest, Ent- dasseshierkeine einheitliche die uns zunächst Werte für dieeinzelnenLandesrundfunkanstal- zubetrachten. wir undausführlicher Schauen mal gesondert also,Es lohntsich denZeitraumvon ein- 2003bis2013noch Klassischer Einzelgänger zent zurückgegangen. 2013 istderabsolute Wert Musikum30Pro- fürdieklassische gleichsweise dynamische Abwärtsentwicklung. Von 2003bis zugenommen,2003 deutlich seitdemgibtesaber einever- wärts ging. Inabsoluten Zahlenhat das Angebot biszum Jahr 1988 amhöchsten, bevor nahezukontinuierlich ab- esdanach MusikamProgramm warklassischer indenJahren 1983und Knef zitieren und sagen: „Von nun anging’s bergab.“ Der Anteil den HöhepunktderEntwicklung, undmankannnur Hildegard messbar. dasJahrAllerdings markiert 2003unserer Zeitreihe ren Musikangeboten, aber spür- erwar langeZeit dennoch und vollzog der sich wiebeidenande- sodramatisch Anstieg nicht MusikistlangeZeitangestiegen.dauer fürdieklassische Zwar auf etwas über60 Prozenthat. geführt Auch dieGesamtsende- desMusikanteilsvon etwa Steigerung 50Prozent schriebenen tional zumGesamtangebot entwickelt, was zuderobenbe- Das Musikangebot bisindie1980er-Jahre hat sich überpropor- zu. wortbetonte vermehrt noch Infoangebote undJugendwellen da- sowiegruppen einKulturangebot. Später kamendannauch Linie Popmusik war, eineSchlagerwelle fürdieälteren Hörer- puläre Servicewelle, miteinemhohenMusikanteil, derinerster Profile auszeichneten. Sogabterschiedliche eszumeisteinepo- Vermehrung derProgrammangebote, jeweils durch diesich un- auftrag werden. gerecht eine Sielöstendiesinerster Liniedurch Wettbewerb undzumanderen mussten sieihrem Programm- ausgesetzt. Zumeinenunterlagen sieeinemzunehmenden

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Anstalten, der BR und der NDR, haben sogar leichte Zugewinne. die klassische Musik in den 1980er-Jahren hatte, hat sie heute Den höchsten Rückgang finden wir beim RBB, wo der Wert um nicht mehr. beinahe 27 Stunden pro Tag zurückgegangen ist, das entspricht Warum die Klassik so zurückgegangen ist, dazu kann man nur einer Halbierung des Angebots. Auf dem zweiten Platz liegt der Vermutungen anstellen. Die Nachfrage für klassische Musik auf Saarländische Rundfunk, den dritten Platz nimmt der HR ein. dem Tonträger- und Konzertmarkt hat sich in diesem Zeitraum Zu fragen ist auch, ob wir einen Rückgang auf breiter Front er- nicht negativ entwickelt, das macht es schwer, eine veränderte leben, oder ob der Einbruch bei einzelnen Angeboten besonders Nachfrage als Argument heranzuziehen. Sicherlich spielen die ausgeprägt ist. Vergleichen wir die Sender, für die sowohl für Kosten eine gewisse Rolle. Daneben bleibt das Argument des Al- 2003 als auch für 2013 Daten vorliegen, dann ergibt sich ein ters. Die öffentlich-rechtlichen Anstalten stehen unter dem of- durchschnittlicher Rückgang von etwa 25 Minuten pro Tag und fensichtlichen Druck, ihr Publikum zu verjüngen. Sie kämpfen Sender. Den höchsten Rückgang verzeichnet dabei das Nord- an verschiedenen Fronten um ihre Zukunftsfähigkeit, und dazu westradio mit etwa 4,5 Stunden pro Tag, dagegen gibt es bei BR gehört auch, nicht mit seinem Publikum zu vergreisen. Ob der Klassik eine Zunahme um einen ähnlichen Wert. Summieren wir Rückgang an Klassikangeboten dafür die richtige Strategie ist, all diese Unterschiede auf, dann ergibt sich ein Rückgang von bleibt indes diskutabel. 21,5 Stunden pro Tag, das sind etwa 32 Prozent des Gesamt- Klassikfreunde und Künstler, die sich der klassischen Musik rückgangs für diesen Zeitraum. widmen, müssen ob dieser Entwicklung aber nicht in Schwer- Deutlich wird also, dass sich der Rückgang an Sendezeit für die mut verfallen. Noch nie war es so einfach wie heute, seine Mu- klassische Musik nicht in erster Linie durch Optimierungen auf sik einem interessierten Nutzerkreis zur Verfügung zu stellen, einzelnen Kanälen erklären lässt, sondern durch die Verände- noch nie war es so einfach, jederzeit auf Angebote für klassische rung der Angebotsstruktur insgesamt. Relevant für die Verände- Musik zurückzugreifen. Die Verfügbarkeit von Musik, auch von rung war, dass ganze Sender, die sich vorwiegend der klassi- klassischer Musik, war noch nie so groß wie heute. Das Internet schen Musik gewidmet haben, eingestellt wurden. Die Aufgabe ist auch dafür eine Fundgrube; auch über Streaming-Dienste von Radio Drei im Sendegebiet des RBB und von SR 4 im Bereich kann man Klassik hören, und dies, wenn man sich mit Werbung des Saarländischen Rundfunks sind dabei die einschneidendsten und einer etwas schlechteren Klangqualität abfindet, auch kos- Maßnahmen. Auch das Ende von HR Klassik und von Radio tenfrei. Auch YouTube hat entsprechende Angebote. In fast allen Multi kulti (RBB) wirkt sich hier aus, obwohl Letzteres zumin- Regionen Deutschlands gibt es nach wie vor zumindest ein öf- dest teilweise durch die Erweiterung des Klassikangebots auf Ra- fentlich-rechtliches Angebot für die Freunde der klassischen dio Kultur (RBB) aufgefangen wurde. Musik. Insofern ist die Kritik zwar berechtigt, nicht aber die Der Rückgang des klassischen Angebots im Radio beruht also Schärfe der Auseinandersetzung. Sollte es doch nur um ein an- nicht auf der Optimierung des Massenappeals einzelner Ange- gemessenes Stück vom Gebührenkuchen gehen? Das will ich bote, er beruht auf strukturellen Entscheidungen. Zumindest ei- einfach nicht glauben. Vor diesem Hintergrund muss eher dis- nige Rundfunkanstalten haben sich dazu entschlossen, einzelne kutiert werden, wo in dieser neuen Medienumgebung eigent- Angebote, die einen Schwerpunkt im Bereich der klassischen lich die Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks liegt, wo Musik hatten, einzustellen. Dies betrifft in zwei Fällen kleinere dieser seinen Platz in Zukunft finden wird. Wir müssen uns also Sendeanstalten, was sicherlich zumindest teilweise durch deren weniger Sorgen um die klassische Musik machen, vielmehr soll- prekäre Finanzsituation erklärt werden kann. ten wir uns um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sorgen. Außerdem muss man festhalten, dass der RBB mit Radio Kultur nach wie vor ein quantitativ sehr starkes Klassikangebot auf dem Markt hat. Ein gewisses Maß an Kompensation für entfalle- ne Programme wird auch dadurch erreicht, dass die Klassikra- dios sich in der Regel noch stärker auf diesen Bereich konzen- trieren und ihr Angebot an klassischer Musik zeitlich ausgebaut haben.

Verjüngung erzwingt Rücklauf Helmut Scherer ist Professor für Kommunikations- und Medienwissenschaft am Der deutliche Rückgang der klassischen Musik im öffentlich- Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung der Hochschule für Musik, rechtlichen Radio nach 2003 ist evident und kann nicht igno- Theater und Medien Hannover. Er habilitierte und promovierte an der Universität riert werden. Man ist in absoluten Zahlen auf den Wert von Erlangen-Nürnberg. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen Rezeptionsfor- 1993 zurückgefallen, damals gab es aber insgesamt deutlich schung, Medienwirkungsforschung, Politische Kommunikation, Öffentlichkeit und weniger Radioangebote. Die hohe relative Bedeutung, welche öffentliche Meinung.

4/15 14 fokus Trostpflaster oder Kulturinstitution Bayerns?

Christian Höppner und Stephan Mayer im Gespräch mit Ulrich Wilhelm

BR-Klassik: das Gershwin-Experiment (Ein ARD-Konzert macht Schule) © BR/Astrid Ackermann

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Die so viel beschriebene schöne Medienwelt ist tagtägliches weit renommierten Symphonieorchester des Bayerischen Rund- Arbeitsfeld von Ulrich Wilhelm, Intendant des Bayerischen funks. Dort erarbeiten Musiker und Kinder, inspiriert vom Kon- Rundfunks. Christian Höppner traf ihn zusammen mit Ste- zertprogramm des Orchesters, gemeinsam über mehrere Tage phan Mayer, Leiter des Hauptstadtstudios des Bayerischen eine Komposition, die sie vor den Orchesterkonzerten dann Rundfunks, um über die Programme des BR und das viel auch aufführen. Auch beim Münchner Rundfunkorchester und gelobte Gershwin-Experiment zu sprechen, aber auch über bei unserem Chor bildet die musikpädagogische Arbeit mit Kin- die Rolle des Rundfunks in der schulischen Bildung, TTIP dern und Jugendlichen einen besonderen Schwerpunkt – er- und die Umstellung auf DAB+. wähnt seien exemplarisch die „Zwergerlmusik“, die Mitsing- konzerte und die Angebote für Schulen. Dieser Aufgabe stellen wir uns mit Enthusiasmus. Von unseren Orchestermanagern hö- re ich, dass die Musiker ebenfalls Nutzen daraus ziehen und Christian Höppner: Was verbinden Sie mit dem Begriff „Kultu- durch den unverstellten Blick von Kindern und Jugendlichen relle Vielfalt“? manches neu entdecken. Kulturelle Vielfalt ist einer der Schlüsselbegriffe unserer Zeit, der auch in zahlreichen internationalen Erklärungen und Überein- Stephan Mayer: Welche Rolle spielt das Gershwin-Experiment kommen, etwa der UNESCO, verankert ist. In einer zunehmend in diesen Kontexten für Sie? vernetzten Welt, vor dem Hintergrund von Globalisierung, Be- Das „Gershwin-Experiment“, das in diesem Jahr unter BR-Fe- völkerungswachstum und Migration bedeutet Diversität oder derführung stand, zeigt das Bestreben der öffentlich-rechtlichen „diversity“ umso mehr, mit der Vielfalt in unseren Gesellschaf- Anstalten, die Vermittlungsarbeit auszubauen und neue Wege ten leben zu lernen. Das Zusammenleben von Menschen ist und Formen der Musikvermittlung zu finden. Den Anstoß zu ohne Kultur – und zwar im Sinne eines breiten Kulturbegriffs – diesem bundesweit einzigartigen Education-Projekt gaben im nicht denkbar. Kulturelle Teilhabe verbindet. Als öffentlich-recht- vergangenen Jahr die Kollegen des Norddeutschen Rundfunks licher Rundfunk, der informiert und bildet, nehmen wir unse- mit dem Dvorˇák-Experiment, das von uns kräftig unterstützt ren Kulturauftrag sehr ernst und widmen dem Thema „Kultur“ wurde. Wir tragen nun in diesem Jahr die Fackel und in den daher auch einen beachtlichen Teil unseres Budgets. kommenden drei Jahren folgen andere Anstalten als Federführer. Wäre das Projekt eine Einzelinitiative, dann wäre es – bildlich Christian Höppner: Die Kulturelle Vielfalt erleben zu können, gesprochen – wohl trockene Erde, auf der nichts wachsen kann. bedeutet Teilhabe zu ermöglichen. In Deutschland fällt bekannter - Doch eingebettet in ein fruchtbares Feld zahlreicher Education- weise bis zu 80 Prozent des Musikunterrichts, gerade in der Projekte, das wir – in Zusammenarbeit mit Schulen, Musikschu- Grundschule, aus. Über hunderttausende Schülerinnen und len, Kinder- und Jugendgruppen – sehr verlässlich beackern Schüler warten bei den öffentlichen Musikschulen auf einen und gießen, immer wieder neu säen und gemeinsam ernten, ist Platz. Hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk eine Art Pflaster- es eine nachhaltige Investition, die sich lohnt und die wir wei- funktion und versucht, die Wunde, die da aufklafft, zu heilen? ter unterstützen werden. Der Bayerische Rundfunk investiert Die Vermittlung musikalischer Kenntnisse an den Schulen ist jährlich eine dreistellige Millionensumme in das kulturelle Le- nicht mehr so ausgeprägt. Heute werden junge Menschen viel- ben unseres Landes. Mehr als 50 Millionen Euro im Jahr ver- fach groß, ohne sich wirklich mit Klassik oder auch mit Pop- wenden wir nur für die Klassik, davon einen nicht zu vernach- und Rockmusik beschäftigt zu haben. Sie hören zwar Musik, lässigenden Teil für die angesprochenen Education-Projekte. Da- setzen sich aber häufig zu wenig mit Instrumenten, ihrer Ge- von profitieren alle drei Klangkörper, aber auch Formate unserer schichte und Kompositionen auseinander. Hier leisten wir als BR-Klassikredaktionen, wie U21, KlickKlack oder Do Re Mikro. öffentlich-rechtlicher Rundfunk Beachtliches. Die Klangkörper Wir sind überdies dabei, unser Klassikportal neu aufzustellen. Die des Bayerischen Rundfunks und auch die Orchester, Chöre und Edukation-Projekte der Klangkörper sollen dort eine herausge- Bigbands in der ARD bieten pro Saison insgesamt etwa 800 hobene Stellung erhalten. Wir werden Musikschulen und allge- Konzerte an, die speziell auf junges Publikum zugeschnitten mein bildende Schulen einladen, ihre Anregungen einzubringen. sind. Ziel ist es, möglichst vielen jungen Menschen das ganze Spektrum klassischer Musik zugänglich zu machen. Allein die Christian Höppner: Entzünden und andere bewegen wollen – drei Klangkörper des Bayerischen Rundfunks übernehmen weit aber nicht den Regelunterricht in der Schule ersetzen? über ihre künstlerischen Aufgaben hinaus Verantwortung für das Wir können nicht ureigene Aufgaben des Staates übernehmen. kulturelle Leben in Bayern und decken die gesamte Palette der Die Vermittlung etwa von Geschichts- und Sprachkenntnissen, Musikvermittlung und Nachwuchsförderung ab. Ein schönes handwerklichen Fähigkeiten, Mathematik, Kunst und Musik ist Beispiel dafür sind etwa die „Response-Projekte“ mit dem welt- und bleibt primär Aufgabe der Schule.

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Ulrich Wilhelm Ulrich Wilhelm ist seit 1. Februar 2011 Intendant des Bayerischen Rundfunks. Der gebürtige Münchner studierte an der Deutschen Journalistenschule sowie Rechtswissenschaften an den Universitä- ten Passau und München. Während seiner Referendarzeit arbeitete Wilhelm als freier Journalist unter anderem für den Bayerischen Rundfunk. Im November 2005 wurde Wilhelm Chef des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung sowie Regierungsspre- cher. Seit seinem Amtsantritt treibt er den umfassenden Umbau des BR hin zu einem trimedialen Sender voran, in dem Hörfunk, Fernsehen und Internet eng vernetzt sind. 2013 wurde ihm der Bayerische Verdienstorden verliehen. Außerdem vertritt Wilhelm ARD und ZDF im höchsten Entscheidungsgremium in der Europäi- schen Rundfunkunion (EBU).

Ulrich Wilhelm hier im Bild mit Christian Höppner (rechts). © Stephan Mayer

Stephan Mayer: Wer wenn nicht die Rundfunkanstalten kön- klangkörper in der Senderfamilie des öffentlich-rechtlichen nen Kulturzentren in unserem föderalen System sein? Rundfunks in ihrer zukunftsweisenden Rolle Kulturträger einer Der Kulturauftrag des Bayerischen Rundfunks ist im Bayerischen sich verändernden Gesellschaft? Rundfunkgesetz verankert. In diesem Sinne produzieren, för- Es gibt eine sehr interessante Differenzierung: Höchste Glaub- dern und vermitteln wir die vielfältigsten kulturellen Leistun- würdigkeit genießen viele unserer Moderatoren und Protagonis- gen. Nehmen Sie zum Beispiel ARD-alpha, 1998 vom Bayeri- ten, Wellen und Sendungen. Sie sind allgemein anerkannt und schen Rundfunk ins Leben gerufen, den bundesweit einzigen werden auch unterstützt. Bayern 2 etwa ist als Kulturwelle ein Bildungs- und Wissenschaftskanal, den es so im öffentlich- unverzichtbarer Medienpartner für Literaturfestivals und Musik- rechtlichen System bis dahin nicht gab. Oder unsere neue digi- festivals. Den Wellen BR-Klassik und Puls wird das ebenfalls zuge- tale Welle BR Heimat, die bewusst nicht volkstümliche Musik, billigt. Es wird auch anerkannt, dass wir mit unseren fiktionalen sondern authentische Volksmusik bietet und damit – so zeigen Redaktionen im Filmbereich für viele Schauspieler nicht wegzu- uns die Rückmeldungen – den Geschmack unzähliger Hörerin- denken sind, und dass es ohne den öffentlich-rechtlichen Rund- nen und Hörer trifft, gerade auch unter jungen Menschen. Ein- funk als Auftraggeber für Arthouse-Filme düster aussähe. Wenn zigartige Nachwuchsförderung leistet auch Puls, das junge Pro- es aber beispielsweise um den Rundfunkbeitrag geht, dann än- gramm des Bayerischen Rundfunks, das aufstrebenden Bands dert sich bei manchen die Wahrnehmung. All das Positive, das und jungen Autoren aus Bayern Starthilfe ermöglicht und eine man im Konkreten mit den Klangkörpern oder den vielen guten Bühne bietet. Darüber hinaus sind wir als Medienpartner und Programmen verbindet, gerät plötzlich in Vergessenheit, und die Förderer kultureller Institutionen und Veranstaltungen aktiv, z. B. Sicht verengt sich auf eine Frage: Warum müssen wir fürs Pro- bei Konzerten, Ausstellungen, Theater, Kabarett oder Literatur, gramm bezahlen? In diesem Zusammenhang werden dann die und leisten auch beim Thema „Drehbuchförderung“, in Zusam- jeweiligen Negativbeispiele ins Feld geführt, wie: „Warum menarbeit mit Filmhochschulen, unseren Beitrag, etwa mit De- brauchen wir Kochsendungen?“ oder „Warum brauchen wir so bütfilmförderung. Professor Albert Scharf, mein Vor-Vorgänger, viele Krimis?“, was dann zu einem Gesamtverdikt über das Sys- hat es einmal sehr schön formuliert: „Der Bayerische Rundfunk tem führt. Allerdings: Oft sind es dieselben Menschen, die bei- ist das größte Kulturinstitut Bayerns“. Dieses Konzept zeitgemäß spielsweise arte oder 3sat loben, die ja auch von uns finanziert fortzuentwickeln ist mir eine Verpflichtung. Ich glaube im Übri- und bestückt werden, die aber einzelne Sendungen verdammen. gen auch, dass es zur Legitimation insgesamt des öffentlich- Als Institution, die mit öffentlichen Geldern umgeht, müssen rechtlichen Rundfunks insgesamt einen großen Beitrag leisten wir uns Kritik freilich gefallen lassen. Wir nehmen Kritik auch kann. sehr ernst. Wichtig ist aber dabei, die großen Zusammenhänge nicht aus dem Auge zu verlieren: Die stabile Entwicklung Christian Höppner: Zwischen dem, wie der öffentlich-recht- Deutschlands in den vergangenen Jahrzehnten beruht unter an- liche Rundfunk seinen Kulturauftrag erfüllt und der öffentlichen derem darauf, dass die Qualität der Medien im Lande sehr hoch Wahrnehmung klafft eine deutliche Lücke. Sind die Rundfunk- ist. Bei aller Kritik im Detail darf nicht vergessen werden, was

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oben: Das trimediale Projekt von ARD-alpha und PULS „Hey Uni“ begleitete mit der Kamera ein Jahr lang junge Leute bei ihren ersten Schritten an der Universität unten: Chor des Bayrischen Rundfunks

unserem Land ohne den öffentlich-rechtlichen Rundfunk fehlen würde. Vieles würde einfach nicht mehr stattfinden. Gleichzeitig müssen wir lernfähig und kritikfähig bleiben und uns an die Bedürfnisse der sich rasch wandelnden digitalen Me- dienwelt anpassen. Konkret: Wir müssen unsere Angebote über die vielfältigsten Kanäle zu den Menschen bringen, und dabei auch unsere Mediatheken, Apps, Live-Streams und soziale Netz- werke nutzen. Die Bürger messen uns auch daran, wie sehr wir © BR/Pelle Film auf ihre Wünsche eingehen. Wo wir das nicht umsetzen, sind sie schnell weg. Darauf müssen wir eine Antwort finden, uns auch immer wieder selbst in Frage stellen und auf die Veränderungen in der Gesellschaft reagieren. Es geht darum, die Glaubwürdig- keit und den Wert des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für die Gesellschaft im Wandel zu bewahren.

Christian Höppner: Was halten Sie von Netflix? Sehen Sie hier einen Gestaltungsraum für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk? Wir beobachten und analysieren die Entwicklung von neuen Marktteilnehmern wie Netflix sehr aufmerksam. Grundsätzlich stellt sich die Frage, welche Auswirkungen dies auf den Film- standort Europa haben wird. Wir müssen hier als öffentlich- rechtliche Anbieter unsere eigenen Anstrengungen erhöhen. © BR/Johannes Rodach Wichtig ist für uns, zu erkennen, wo verändert das Nutzungs- verhalten sich, um dann gegebenenfalls mit eigenen Angeboten, statten sie im Rahmen unserer Möglichkeiten aus – und das z. B. mit noch besseren Abrufmöglichkeiten, dabei zu sein. trotz einer gerade anstehenden Sparrunde. Während wir im kommenden Jahr in allen Bereichen unseres Hauses kürzen Christian Höppner: Hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk eine werden, bleiben die Klangkörper davon ausgenommen. Ihre Chance oder sind die Digitalgiganten diejenigen, die letztlich die Programmvielfalt, ihre international beachtete Qualität machen Inhalte bestimmen? die Klangkörper nicht nur zu wertvollen und exklusiven Pro- EU-Digitalkommissar Günther Oettinger hat kürzlich im Kreise grammproduzenten, sondern auch zu Imageträgern für den öf- von Intendanten öffentlich-rechtlicher Sender aus ganz Europa er- fentlich-rechtlichen Rundfunk und die ihm zugrunde liegende klärt, dass unter den Content-Produzenten von kulturellen Ange- Idee – und das weit über Deutschlands Grenzen hinaus. Gleich- boten die öffentlich-rechtlichen Sender in Europa insgesamt zeitig hängt unsere Zukunft und die der Klangkörper auch da- Nummer Eins seien. Er bekannte sich auch ausdrücklich dazu, von ab, in welche Richtung sich der kulturelle Anspruch unserer dass diese Rolle gewahrt bleiben müsse. Würde man die Produk - Gesellschaft entwickeln wird: Bleiben wir auch in Zukunft ein tion kreativer Inhalte nur an den kommerziellen Sektor delegieren, Land mit einem hohen Anspruch an sich selbst, in Politik, Wirt- dann käme vieles nur noch aus den USA oder Großbritannien – schaft, Ökologie, im Sozialen, in Kunst, Kultur und Wissen- vor allem im Bereich des Kinofilms oder der Popmusik. Deutsch- schaft, oder bleiben wir es nicht? Denn sollte es künftig einen land als ein Land der Vielfalt braucht aber dringend regionalen allgemeinen Niveauverlust geben, dann wird sich wohl nur we- Content. Deshalb auch mein Appell an die Kritiker, die Bedeutung nig von dem, was uns heute lieb und wert ist, halten lassen. des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht zu verkennen. Wir sind Hält aber der gesellschaftliche Konsens, dass wir dieses Niveau für den Zusammenhalt, für den „Kitt“ der Gesellschaften, für das halten wollen, dann müssen wir auch weiterhin in diese Rich- Verbindende im Kontext der kulturellen Traditionen unverzichtbar. tung investieren. Für uns ist die international anerkannte Spit- zenqualität sowie die Einbindung der Orchester in unsere Pro- Christian Höppner: Die Profile der Klangkörper haben sich über gramme die beste Absicherung ihrer Existenz. Sie sind Teil der ihren Gründungsauftrag verändert. Noch einmal nachgefragt: Wertschöpfung. So wird der Bayerische Rundfunk beispielswei- Wie können die Klangkörper zukunftsfest gemacht werden? se bald ein Streaming-Portal anbieten und hoffentlich schon im Ich kann nur für den Bayerischen Rundfunk sprechen, und bei nächsten Jahr jedes Konzert unserer Klangkörper in einem Live- uns stehen die Klangkörper in keiner Weise zur Diskussion. Wir stream übertragen können.

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Christian Höppner: Droht dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk Stephan Mayer: Ist die Frage, ob BR-Klassik digital wird, auf- das Aus, wenn TTIP ihn als Telekommunikation einordnet? grund dieser technischen Entwicklung im Prinzip aufgefangen? Wir stehen nicht mehr am Anfang der Verhandlungen. So haben Die Voraussetzungen sprechen klar dafür. Die erste ist der Inhalt. sich bereits das EU-Parlament, die französische Assemblée Na- Gibt es Inhalte, die überhaupt einen Anreiz bieten, auf DAB+ zu tionale und der Bundesrat über den Kulturausschuss mit großer wechseln? Hier hält der Bayerische Rundfunk Digital-Program- Mehrheit für die sogenannte „Kulturelle Ausnahme“ ausgespro- me vor wie Puls, BR Heimat, Bayern plus und B5 plus, wo bei- chen. Würde diese Ausnahme nicht in TTIP festgeschrieben, spielsweise wichtige Bundestags-Debatten live übertragen wer- würde der Handlungsspielraum der Politik für den Schutz und den. Die zweite Komponente ist das Netz. Der Bayerische Rund- die kulturelle Vielfalt bei Rundfunk und Film stark einge- funk baut die digitalen Empfangsmöglichkeiten mit Hochdruck schränkt werden. aus. Unser Sendernetz in Bayern umfasst bereits 39 Standorte, über 96 Prozent der Einwohner können DAB+ mobil im Auto Stephan Mayer: Über DAB+ ist für Klassik der Anspruch an sowie außerhalb von Gebäuden hören. Die bayerischen Auto- das, was rauskommt ein anderer als bei den anderen Sendun- bahnen sind zu rund 99 Prozent versorgt. Mehr als 80 Prozent gen. Was ist in diesem Bereich geplant? DAB+ ist meines Wis- der Einwohner können die BR-Programme bereits heute zuhau- sens qualitativ nicht sehr hochwertig? se mit einem DAB+ Radio empfangen. Im Laufe des kommen- Ganz im Gegenteil: BR-Klassik erreicht über DAB+ eine exzel- den Jahres wird BR-Klassik über DAB+ einen vergleichbaren Ver- lente Klangqualität, die für das menschliche Gehör im Allgemei- sorgungsgrad wie die aktuelle UKW-Abdeckung erreichen. Für nen nicht von der Qualität einer CD zu unterscheiden ist, und den mobilen Empfang hat DAB+ die UKW-Versorgung bereits auch der Empfang ist deutlich besser als über UKW. Ohnehin jetzt eingeholt. Der dritte Punkt ist die Frage der Verbreitung der bietet DAB+ – das digitale Antennenradio – vieles, was UKW Geräte. Wie viele Millionen Haushalte sind bereit, Geld auszuge- nicht kann: störungsfreies Radio ohne Rauschen, eine höhere ben und sich neben den UKW-Radios zuhause auch DAB+-Ge- Programmauswahl, eine Reihe multimedialer Zusatzinformatio- räte anzuschaffen? Hier sind die Trends mehr als ermutigend: nen wie Musiktitel und Interpreten. Der digitalen Empfangs- Die Verkaufszahlen steigen stark. technik gehört die Zukunft. Nur auf diesem Weg kann der Baye- rische Rundfunk als öffentlich-rechtlicher Sender die Menschen, Christian Höppner: Und bei den Preisen der DAB+-Geräte ob jung oder alt, dauerhaft erreichen. In Bayern gibt es für den dürfte das eigentlich keine Hürde mehr sein? Digitalempfang bereits eine hervorragende Ausgangsbasis. Einstiegsmodelle gibt es bereits ab 30 Euro. Mit einem DAB+ Adapter können aber auch herkömmliche Stereoanlagen oder Christian Höppner: Auch terrestrisch? Autoradios für den DAB+ Empfang nachgerüstet werden. Der Natürlich. DAB+ ist die digitale Terrestrik. Wir strahlen unsere Adapter ist recht klein und fängt über eine eigene Antenne die Programme über ganz unterschiedliche Netze aus – Kabel, Satellit, digitalen Signale ein – so spart man sich den kompletten Aus- Terrestrik, Internet. Im Bereich des Hörfunks gibt es noch den tausch. analogen Verbreitungsweg über UKW, aber parallel eben auch den digitalen, über DAB+. Im Bereich des Fernsehens ist die analoge Christian Höppner: Welches Instrument spielen Sie? Dachantenne schon längst Vergangenheit. Hier heißt der Stan- Leider keines – mangels Zeit. Es war aber immer mein großer dard jetzt digitales Antennenfernsehen DVB-T. Auch der Satelliten- Traum, ein Instrument zu spielen, am liebsten ein Blechblasin- Bereich ist auf digitale Technik umgestellt. Im Kabel empfängt strument wie Horn. Vielleicht klappt es ja noch eines Tages. uns nur noch eine Minderheit der Kunden analog, eine wach- sende Mehrheit nutzt bereits einen digitalen Kabelanschluss. Die Christian Höppner: „Es ist nie zu spät“ ist die Botschaft des Thematik, über die wir so leidenschaftlich in Europa reden, ist: Deutschen Musikrats. Zwei Fragen zum Abschluss: Was würden Wann werden wir UKW abschalten und nur noch auf DAB+ Sie tun, wenn Sie Musiker wären? setzen? Für die Mehrheit unserer europäischen Kollegen gilt Ich würde die vielen Initiativen zur Musikförderung unterstüt- DAB+ als Zukunftstechnologie, die neben dem Internet Bestand zen, um noch mehr Menschen mit klassischer Musik in Verbin- haben wird. Die BBC beispielsweise wie auch unsere Schweizer dung zu bringen. Kollegen und die Dänen investieren kräftig in den Digitalaus- bau. Und die Norweger steigen bereits 2017 komplett von Wenn ich Kulturstaatsminister wäre, dann würde ich … UKW auf DAB+ um. Auch der Bayerische Rundfunk ist über- … versuchen, bei den großen Leistungen der Vorgänger anzu- zeugt, dass DAB+ die Zukunft gehört. Daher sind wir in Bayern knüpfen. und in der ARD Vorreiter beim Digitalausbau. Gerade für die Klassikwelle bietet die Digitalisierung erhebliche Vorzüge.

4/15 fokus 19 © BR/Julia Müller © BR/Peter Meisel

Beispiele aktiver Kulturförderung durch den BR Die Klangkörper des Bayerischen Rundfunks sowie die Orchester Produktion aufwändiger Hörspiele im Hörfunk und Chöre in der ARD insgesamt bieten pro Saison rund 800 Konzerte Im Bereich des Films setzt der Bayerische Rundfunk seit Jahrzehnten an, die speziell auf die junge Zielgruppe zugeschnitten sind. Akzente. Das Bayerische Fernsehen gilt nicht nur innerhalb der ARD, Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks gehört zu sondern auch international als eine der ersten Adressen für innovative den führenden Orchestern weltweit. Unter der Leitung von Mariss Jan- Filmkunst in Deutschland. sons engagiert sich das Orchester nicht nur in Bayern, sondern ist als ARD-alpha, der bundesweit einzige Bildungs- und Wissenschafts - kultureller Botschafter Bayerns in den großen Musikmetropolen der Welt kanal, hat ebenfalls Sendungen zu Themen aus Kunst und Kultur als zu Hause. Das Orchester deckt die gesamte Palette der Musikvermitt- festen Bestandteil im Programm. lung und Nachwuchsförderung ab. Hinzu kommen Kooperationen und ARD-Musikwettbewerb, unter BR-Federführung Patenschaften mit Hochschulen und Nachwuchsorchestern. Musica Viva, eines der weltweit bedeutendsten Foren der Gegen- Beim Münchner Rundfunkorchester bildet die musikpädagogische wartsmusik Arbeit mit Kindern und Jugendlichen einen besonderen Schwerpunkt Zusammenarbeit mit Festivals und weiteren bedeutenden kulturellen (Zwergerlmusik; Konzerte mit Lehrerfortbildungen; Schul- und Orches- Veranstaltungen in Bayern, zum Beispiel den Bayreuther Festspielen terpatenschaften). Bei „Klasse Klassik“ musizieren Schulorchester zu- BR-Bildungsprojekte, mit dem Ziel, Kinder, Jugendliche und Erwach- sammen mit den Profis; in Kooperation mit der Bayerischen Theater- sene fit zu machen für das mediale Zeitalter – durch Wettbewerbe, Pro- akademie August Everding werden Opernproduktionen erarbeitet. jekte und Seminare. Auf diese Weise setzt der Bayerische Rundfunk sei- Der Chor des Bayerischen Rundfunks engagiert sich unter ande- nen Bildungsauftrag nicht nur in hochwertigen Programmen um, son- rem bei der Nachwuchsförderung von Chordirigenten (Dirigierforum); dern auch in aktiver medienpädagogischer Arbeit. außerdem unterstützt er die Arbeit des Bayerischen Landesjugend- chors. Zu den breitenwirksamen Projekten des Chors gehören die be- liebten Mitsingkonzerte unter dem Motto cOHRwürmer. BR Hörfunk-Programme: Der Hörfunksender BR-Klassik präsentiert in seinem Programm regelmäßig junge Künstler und richtet sich mit ei- ner Vielzahl von Sendungen und Konzerten sowie weiteren Veranstal- tungen speziell an Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Bayern 2, die Kultur- und Informationswelle des Bayerischen Rundfunks, begleitet und kommentiert das kulturelle Leben in verschiedenen Sendungen und ist Partner kultureller Einrichtungen aller Art. Die Unterstützung junger links: Mariss Jansons ist der aktuelle Musiker aus Bayern ist ein wichtiger Bestandteil des Musikprogramms Chefdirigient von Symphonieorchester und von Bayern 3 und Puls, dem jungen Angebot des BR, sowie der neuen Chor des Bayerischen Rundfunks. Digital-Welle BR Heimat. rechts: Einblicke in das PULS-Radiostudio umgesetzt? Gesellschaft. Dochwiewird diese Aufgabe inderRealität eine essenzielleFunktionfürdaskulturelle Lebeninunserer derMenschenauch Information tung füreineumfassende Somit haben dieRundfunkanstalten nebenihrer Verantwor- bestätigt wurde.Bundesverfassungsgerichts Anspruch, dernichtzuletzt durch dieRechtsprechung des rechtlichen Rundfunks. Esbestehteingesellschaftspolitischer Der Kulturauftrag ist ein Markenzeichen desöffentlich- elektronisch unddigitalgeprägtenelektronisch Medienwelt zurückgegangen Erfüllung desKulturauftrags. Jedochistdieseeinerseitsinder Rundfunk? HeikeRaab Wohin steuertderöffentlich-rechtliche und zwischen Rundfunkklangkörper Die KlangkörperhabenimmereineBedeutung fürdie noch 4/15 HAUSHALTSABGABE KULTURAUFTRAG öffentlich-rechtlichen Rundfunkssindüberdie Jahrzehnte hin- öffentlich-rechtlichen tet werden bzw. geleistetwerden können. des DieKlangkörper bieten kann, geleis- diesovon nicht privaten Rundfunksendern Präsentationsformen Programminhalte an- wie zielgerichteten duktion derRundfunkensembles, redaktioneller Ideenarbeitso- Pro- steht, künstlerischer dasserimZusammenspiel zwischen be- Rundfunksgeradedarin mation desöffentlich-rechtlichen festgestellt werden, heutenoch auch dassdieStärke undLegiti- ihre Blütezeit. demKrieg insbesondere kann nach Dennoch des Rundfunksinden1920er-Jahren underfuhren gegründet mit derEntstehung bedingtwurdendieKlangkörper Historisch Rolle.gemessen andenSendezeiten–einegeringere imProgramm – und andererseits auch spielendieKlangkörper

© Ralf Krause fokus 21

Öffentlich-rechtlicher Rundfunk am Abgrund?

weg zu einem festen Bestandteil des kulturellen Wirkens der fassungsgerichts ausschließlich in der Verantwortung der Anstal- Sender in der Bevölkerung geworden. ten selbst und ihrer Gremien liegt. Zweifelsohne bereichern und prägen Rundfunkklangkörper eine Zur Programmautonomie gehören auch die organisatorischen Vielzahl von Veranstaltungsreihen und somit die regionalen und Entscheidungen, mit welchen internen Strukturen und Organi- überregionalen Kulturlandschaften und ergänzen das Gesamt- sationsformen eine effektive und zukunftssichere Auftragserfül- angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. lung möglich ist. Dennoch müssen wir wahrnehmen, dass mehrere strukturelle Diese Freiheit der Rundfunkanstalten umfasst das Recht, im Veränderungen eingetreten sind. Auch die öffentlich-rechtlichen Rahmen ihrer Selbstverwaltung professionell und sachkundig zu Rundfunkanstalten stehen in einer Wettbewerbssituation. Quo- entscheiden, wie sie ihren Auftrag erfüllen und welche Mittel ten und Kostendruck haben Einfluss auf das Programm. Die Ei- sie zur Erfüllung einsetzen. Dies wird dem staatsfernen Charak- genproduktionen haben nicht mehr den Stellenwert der vergan- ter des Rundfunks gerecht und trägt dem besonderen Auftrag genen Jahre. Weiterhin besteht auch eine große Konkurrenz der des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Rechnung. Klangkörper der Rundfunkanstalten mit anderen Orchestern. Doch wohin steuert der öffentlich-rechtliche Rundfunk? Quali- Dies führt zu einem zunehmend größeren Legitimationsdruck tät, Quantität und Finanzierung sind die Maßstäbe, an die der

© Ralf Krause der mit Rundfunkbeiträgen finanzierten Klangkörper. Fortbestand der Klangkörper geknüpft ist. Welche Qualität ha- Vor dem Hintergrund finanzieller Sparzwänge und einbrechen- ben die Klangkörper und wie relevant sind sie noch für das Pro- der Einnahmen durch Rundfunkgebühren mussten deshalb An- gramm? An dieser Stelle ein kurzer Verweis auf einen Beitrag passungen und Konsolidierungen in die Wege geleitet werden. von Matthias Cornils „ARD-Rundfunkklangkörper: Pflicht oder Es wurden Orchester deutlich verkleinert, aufgelöst bzw. mit Kür? Zwischen Kulturauftrag und Haushaltsabgabe: Wohin steu- anderen fusioniert. Gab es im Jahr 1992 noch 168 mit öffent- ert der öffentlich-rechtliche Rundfunk?“ in der Ausgabe 7- lichen Mitteln finanzierte Konzert-, Opern-, Kammer- und 8/2015 der Zeitschrift Das Orchester, der zusätzliche Anregun- Rundfunkorchester, so wurden insgesamt 37 Ensembles seither gen zum Diskussionsthema liefert. aufgelöst bzw. fusioniert. Die Qualität muss ein Alleinstellungsmerkmal des öffentlich- Eine der ersten Fusionen im Südwesten war der Zusammen- rechtlichen Rundfunks und seiner Klangkörper bleiben. Nur schluss des Rundfunksinfonieorchesters Saarbrücken mit dem dann kann sichergestellt werden, dass Eigenproduktionen auch Rundfunkorchester Kaiserslautern zur „Deutschen Radio Phil- in einem bedeutenden Maße im Programm vorkommen. harmonie“ mit Sitz in Saarbrücken in der Spielzeit 2007/2008. Insofern war es richtig und notwendig, die Finanzierung des Eine länderübergreifende und senderübergreifende Fusion, die öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit dem Rundfunkbeitrags- lange und heftig in den Gremien und der Öffentlichkeit disku- staatsvertrag zum 1. Januar 2013 auf ein modernes und zu- tiert wurde. Die aktuelle Zusammenführung des Radio-Sinfo- kunftssicheres System umzustellen. Ein System, das künftig – nieorchester Stuttgart des SWR mit dem SWR-Sinfonie-Orches- über die solidarische Beitragsfinanzierung aller Haushalte – die ter Baden-Baden und Freiburg zum „SWR Sinfonieorchester“ öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auch weiterhin in die wurde bereits zu dieser Zeit im Rundfunkrat thematisiert, für Lage versetzt, ihren Auftrag umfassend zu erfüllen. Zu diesem sie fand sich damals in den Gremien noch keine Mehrheit. Gesamtauftrag gehört als wesentliche Säule auch der Kultur- und Bildungsauftrag und damit die öffentlich-rechtlichen Diskussion zum Fortbestand der Klangkörper Rundfunkensembles mit ihrer Präsenz vor Ort und in den Pro- Die Diskussion, um den Fortbestand der Rundfunkensembles grammen der Sender. wird uns begleiten. Die Positionen sind sehr gegensätzlich. Die Die Rundfunkklangkörper haben in den vergangenen Jahren si- einen vertreten die Ansicht, dass die Klangkörper ein „unantast- cher gravierende Umbrüche erlebt. Am Ende dieser Entwick- barer Kernbestandteil des Kultur- und Bildungsauftrags“ seien, lung verfügt der öffentlich-rechtliche Rundfunk nun über eine die anderen haben die Ansicht, es handele sich um nicht mehr gefestigte Finanzierungsgrundlage und kann so den Fortbestand zeitgemäßes „Mäzenatentum“ des öffentlich-rechtlichen Rund- dieser wichtigen Kultursäule sichern. funks gegenüber seinen Ensembles. In diesem Zusammenhang Darüber freue ich mich besonders, denn für mich ist ein öffent- wurde auch immer wieder der Ruf erhoben, die Medienpolitik lich-rechtlicher Rundfunk ohne starkes kulturelles Engagement, sollte hier klare Vorgaben machen und den Bestand der Rund- wie es durch die Rundfunkklangkörper zum Ausdruck kommt, funkklangkörper in ihrer bisherigen Form und Struktur sichern. nicht denkbar. Diese Debatte betrifft jedoch die zentrale Frage, wie die Sender ihren Kultur- und Bildungsauftrag letztlich erfüllen. Damit ist

die Programmautonomie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Heike Raab ist Staatssekretärin und Bevollmächtigte im Bund für Europa, Medien im Kern berührt, die nach der Rechtsprechung des Bundesver- und Digitales.

4/15 Corinna Lüthje vonKulturradio Soziokulturelle Wirkung Sender fokus 22 4/15 AHNLUE(?) MACHEN LEUTE

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Das Medium Radio ist (k)ein bisschen eingerostet (?)

Das soziale Medium „Radio“ ist Teil des kulturellen Konsums. So die Theorie. Übertragen in die Praxis sieht es zuerst auch ganz gut aus: Die Vielfalt von Kultursendern in Deutschland ist einzigartig, das Angebot durch das Web 2.0 fast uneingeschränkt hörbar. Aber: Wer hört denn da noch hin, wenn klassische Stücke vollständig ausgespielt werden?

Gesellschaft ist, wenn man der Argumentation Pierre Bour- zwei Ebenen einbeziehen. Einerseits, wie der Medien- und Musik- dieus folgt, symbolisch strukturiert. Die Bedeutung dieser Sym- soziologe Alphons Silbermann es schon in den 1970er-Jahren bole wird kollektiv geteilt, ist aber wandelbar. Die Deutungs- erkannt hatte, die Soziabilität der Medien. Damit ist ihre Fähig- hoheit haben bestimmte gesellschaftliche Akteure, symbolische keit der Bildung sozialer Gruppen gemeint. Andererseits sollten Mächte, deren Legitimation ebenfalls kollektiv anerkannt ist. Medien als relativ eigenständige symbolische Mächte themati- Symbolische Kämpfe sind Machtkämpfe. In einem solchen sym- siert werden. Relativ eigenständig sind sie, weil sie sich in einer bolischen Machtkampf befinden sich die öffentlich-rechtlichen Gesellschaft und in einem Mediensystem gewissen Rahmenbe- Kulturwellen. Wichtige gesellschaftliche Distinktionssymbole dingungen, Strukturen und Regeln anpassen müssen. sind in Deutschland Klassik und (Hoch-)Kultur. Verbreitungs- medien und Rezeptionsmodi, Repertoire sowie Qualitätskrite- Vom Aushängeschild zum Kostenfaktor rien sind einerseits tradiert und werden andererseits konserviert Die Kulturradiolandschaft in Deutschland ist einzigartig in ihrer und bestimmt von der Bourgeoisie. Vielfalt. Jede der neun im ARD-Verbund zusammengeschlosse- nen Rundfunkanstalten hat ein kulturelles Radioprogramm im Soziale Medien Bouquet. Der Bayerische Rundfunk gönnt sich sogar zwei Kul- Traditionell (eine Entwicklung des 19. Jahrhunderts) ist der turwellen: Bayern 2 und BR-Klassik. Daneben gibt es mit Deutsch- Kulturbereich also Domäne des gehobenen Bürgertums. Doch landradio Kultur ein bundesweites „Feuilletonradio“. Alle diese inzwischen verbinden damit verschiedene soziale Gruppen ver- Radioprogramme sind analog über Antenne in einem klar defi- schiedene Interessen. Bildungsbürger möchten ihre Deutungs- nierten Sendegebiet in Deutschland zu empfangen. Zusätzlich hoheit behalten und sich gegen soziale Aufsteiger sowie die produziert der MDR mit MDR Klassik noch ein reines Klassik- Avantgarde abgrenzen. Menschen, die diese Form von Kultur programm, das terrestrisch ausschließlich über DAB+ verbreitet ablehnen, tun dies oft vor dem Hintergrund der Ablehnung von wird. Der deutsche Radiohörer kann also über Antenne jeweils arrogantem Bildungselitarismus. Die Praktiken des kulturellen mindestens zwei, in Bayern und Mitteldeutschland drei öffent- Konsums z. B. bei klassischen Konzerten oder in der Oper wir- lich-rechtliche Kultursender empfangen. Hinzu kommt noch ken abschreckend. Klassische Musik hat das Image, anstrengend, das privat-kommerzielle Klassik Radio. Da inzwischen fast alle langweilig und altmodisch zu sein. Auf der anderen Seite stehen Sender über einen Onlinestream zu empfangen sind, können kulturpädagogische und kulturpolitische Ambitionen, Hochkul- die eigentlich regional konzipierten Programme in der ganzen tur für die Massen zugänglich und attraktiv zu machen. Da- Welt gehört werden. Die kulturelle Grundversorgung und der zwischen stehen soziale Aufsteiger, die sich von der Rezeption kulturelle Service sind damit sichergestellt. Lange Zeit waren die hochkultureller Erzeugnisse die Vermehrung ihres sozialen und Kulturwellen die „Schmuckstücke“ der Sendeanstalten – zwar kulturellen Kapitals versprechen. Geschmack ist, um nochmals große Kostenfaktoren, weniger in der direkten Programm- Pierre Bourdieu zu bemühen, nicht nur ein individuelles Merk- produktion als vielmehr durch die Kosten der Klangkörper, die mal, sondern ein soziales Phänomen. Zu den sozialen Praktiken aber weniger als belastend gesehen, sondern als Aushängeschil- des kulturellen Konsums zählt auch der Medienkonsum. Um in der gepflegt wurden. Noch 1994 sagte Fritz Pleitgen bei einer meiner Szene oder in meinem Milieu mitreden zu können, Fachtagung: „Kultur im Radio – das ist eine der vornehmsten muss ich die gleichen (Informations-)Medien wie die anderen Aufgaben im Hörfunk.“ Heute ist das anders. Die Kulturwellen rezipieren. Mit dem „falschen“ Geschmack kann ich mich ins haben mit Kritik zu kämpfen und befinden sich einerseits in ei- soziale Abseits katapultieren. nem Legitimationsdilemma zwischen verschiedenen Anspruchs- Wenn wir die soziokulturellen Wirkungen von Medien und ins- gruppen. Andererseits müssen sich die Kulturwellen auf den all-

© Feans besondere von Kulturradio betrachten möchten, sollten wir also gemeinen gesellschaftlichen und kulturellen Wandel einstellen

4/15 24 fokus © Australian Broadcasting Corporation © Australian Broadcasting © highwaysengland und ihre Programme an einen neuen, erweiterten Kulturbegriff gruppe des Senders. Ich habe Gruppendiskussionen mit Chor- anpassen. Blaupause dafür ist der Schlussbericht der Enquete- sängerinnen und Chorsängern in und Niedersachsen Kommission „Kultur in Deutschland“. durchgeführt. Bei den Diskussionen kam es zu einigen interes- santen Vorfällen. Ein Teilnehmer beispielsweise äußerte sich ge- Musik für „Leistungsorientierte“ radezu aggressiv gegenüber Klassik Radio. Das wäre der „Unter- Vor einigen Jahren habe ich den privat-kommerziellen Radio- gang des Abendlandes“, dort würde nur „Häppchenklassik“ ge- sender Klassik Radio untersucht. Ich habe in einer Programm - spielt – und überhaupt diese Musikauswahl: Alles seicht und an- geschichte den Bedeutungswandel von „Klassik“ nachgewiesen. spruchslos, was hat Filmmusik mit Klassik zu tun? Und dann Dafür besonders wichtig ist das gesendete Musikprogramm. Im noch diese weichgespülte Moderation. Er würde jedenfalls die- Repertoire von Klassik Radio fanden sich kurze und leicht ver- sen Sender nie hören. Schlimm wäre ja auch, wie stark der NDR dauliche klassische Stücke, Filmmusik, so genannte „New Clas- mit seinem Kulturradio Klassik Radio imitieren würde. Wo bliebe sics“ und Lounge-Musik. Die letzten drei Kategorien gehören denn da der Bildungsauftrag? nicht in das traditionelle Klassik-Repertoire, der Kanon wurde In einer anderen Gruppe in Hamburg stellte sich im Laufe der damit erweitert. Dargeboten werden die einzelnen Stücke in ei- Diskussion heraus, dass man sich „den Rihm“ (der Chor probte nem spezifischenKlassik-Radio -Format, das nicht nur die Selekti- gerade ein Stück von Wolfgang Rihm) auch nicht bis zum Ende on, sondern auch Ablauf bzw. Zusammenstellung, Klang und im Radio anhören würde. In einem Konzert, ja, da wäre das Moderation umfasst. Einzelne, kurze, entkontextualisierte Stücke etwas anderes, da könnte man schließlich nicht einfach aufste- werden aneinandergereiht und können dadurch das Erkennen hen. Einigkeit bestand jedoch darin, dass die Radiosender ver- von Komplexität dieser verhindern und zu neuen Hörgewohn- pflichtet wären, auch im Tagesprogramm nur ganze Werke und heiten führen. Im Rahmen der Rotation werden Stücke ständig auch moderne Musik zu senden. Die Moderation sollte Detailin- wiederholt. Die Klangfarbe des Programms hat einen üppig-sin- formationen zu den Stücken liefern. In Hamburg war zu dieser fonischen Charakter. Es soll entspannen, begleiten und unterhal- Zeit die Bürgerbewegung „Das Ganze Werk“ aktiv. Hier wurde ten. Anstrengende Klangfarben, wie z. B. Kammermusik, werden gegen die Modernisierung von NDR Kultur protestiert. Viele vermieden. Die Auswahl nach Länge und Klangcharakter führt Chorsänger waren Mitglied vom „Ganzen Werk“ oder sympa- zu einer Verengung von Klassik. Mit dem Claim wird das Selbst- thisierten wenigstens mit deren Anliegen. verständnis des Senders transportiert und, weil der Begriff Mir stellte sich dabei die Frage, wer solche Programme denn „Klassik“ den Sendernamen prägt, prägt er implizit auch dessen hören soll, wenn es nicht einmal die Fordernden selbst tun. Verständnis. Die traditionelle Bedeutung von Klassik, wie Bil- dung, Kontemplation, Werktreue, Tradiertes und Vorbildhaftes Kollektivgeschmack und symbolische Macht etc., war für die Programmmacher ohne Bedeutung. Ihre Ziel- Was kann man aus dieser Geschichte lernen? Zunächst einmal, gruppe waren nach Mediennutzertypologien nicht die „klas- dass Geschmack nicht nur ein individuelles Phänomen ist, son- sisch Kulturorientierten“, sondern eher die „Leistungsorientier- dern auch ein Kollektivphänomen. Wer abweichende Vorlieben ten“. Im Laufe der Programmentwicklung wandelte sich der und Gewohnheiten hat, der versucht sie zu verstecken. Sodann Claim von „Spaß“ über „Sinnlichkeit“, „Luxus und Modernität“ hat Klassik Radio tatsächlich Soziabilität bewiesen, indem es zur zu „Entspannung“. Bildung von „Das Ganze Werk“ geführt hat. Schließlich hat Klas- sik Radio symbolische Macht ausgeübt. In allen befragten Grup- Wer hört da noch hin? pen war die traditionelle Bedeutung von „Klassik“ bekannt. Dann wollte ich herausfinden, ob dieser Bedeutungswandel ge- Während die ehemaligen Hörer und die nichtwissenden Nicht- sellschaftliche Auswirkungen zeitigt. Konzentriert habe ich mich hörer diese Bedeutung als gegenwärtig noch immer gültig ansa- auf das klassische Bildungsbürgertum, also nicht die Kernziel- hen, hatten jedoch die Hörer den neuen und für sie zeitgemä-

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Der Stellenwert des Radios hat sich verändert. Vom aufmerksamen und gespannten Lauschen vor dem Radio (linkes Bild) zum Medium, das nur noch eine Nebenrolle zu spielen scheint (rechtes Bild)

ßen Klassikbegriff von Klassik Radio übernommen. Symbolische fen, das einen hohen Anspruch hat, aber unabhängig von den Macht übte Klassik Radio auch in Richtung der öffentlich-rechtli- traditionellen Kultureliten der alten Bundesländer funktioniert. chen Kultursender aus, allerdings längst nicht in dem Maße, wie Hier musste keine Rücksicht auf gewachsene Strukturen und von der Bürgerinitiative befürchtet. Ansprüche genommen werden.

Umstrukturierungen Off-Air Seit Mitte der 1980er-Jahre schrumpft die Hörerschaft der In den alten Bundesländern ist dies nicht so einfach, wie die öffentlich-rechtlichen Kulturradios. Als Beispiel soll hier WDR 3 Auseinandersetzungen mit dem „Ganzen Werk“ gezeigt haben. dienen. 1982 hatte dieser Sender noch eine werktägliche Hörer- Die Kulturwellen sind auch Selbstverständigungsplattformen der schaft von 5,5 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Nord- traditionellen Kultureliten, die ihre Deutungshoheit verteidigen. rhein-Westfalen, 1992 waren es 2,5 Prozent, 2002 und 2014 Außerdem ist es ein schwieriges Unterfangen, neue Hörer- noch jeweils 2,1 Prozent. Auch die Tagesreichweite der anderen schichten zu gewinnen, ohne die Stammhörer zu vergraulen. Kulturwellen bewegt sich in diesem Bereich. Ausnahmen sind Die meisten Programme präsentieren sich deshalb heute als Bayern (Bayern 2 und BR-Klassik kommen zusammen konstant Kompromiss. Die Proteste haben abgenommen. Das Ziel, neue auf ca. 5 Prozent Tagesreichweite) und MDR Figaro mit einem Hörer zu gewinnen, wurde jedoch verfehlt. Für diese Form der anhaltenden Anstieg. soziokulturellen Wirkungen sind die Programme allein auch zu Auf diesen Hörerschwund reagierten die Rundfunkanstalten um schwach, sie könnten sie erst entfalten, wenn sie tatsächlich ge- die Jahrtausendwende mit der Modernisierung ihrer Kulturwel- hört werden würden. Einschaltimpulse können die Sender nicht len, die inzwischen durchaus auch Anklänge von Klassik Radio on air setzen. Dafür werden Off-air-Aktivitäten benötigt und haben (z. B. durch Integration von Filmmusik in das Pro- dies ist das beste Argument, warum wir die Rundfunkorchester gramm), ohne es aber tatsächlich zu imitieren. Nun müssen wir und Rundfunkchöre weiterhin dringend benötigen. Sie produ- uns die Frage stellen: Haben die Programmrelaunches den ge- zieren nicht nur fürs Radio, sondern können live on stage als wünschten Erfolg gehabt? Eher nein. Die Tagesreichweiten blie- Botschafter und Appetitanreger der Kulturwellen fungieren. ben konstant niedrig zwischen 1,5 und 2,5 Prozent. Das Legi- timationsdilemma der Kulturprogramme zwischen Quoten- druck und Bildungsauftrag sowie ihr Ziel, massentauglicher zu werden, wurde mit den Modernisierungen nicht gelöst bzw. er- reicht. Ausnahmen sind der Bayerische Rundfunk und der MDR. In Mitteldeutschland ist mit Figaro ein außergewöhnliches Kultur- radio entstanden, das (a) nicht die als angestaubt geltenden Symbole „Klassik“ oder „Kultur“ im Namen trägt und das (b) ein eigenständiges Musikformat mit einer Fülle von Genres bis hin zu Chanson, Jazz und Weltmusik sendet. Während in Bayern offensichtlich die Kulturprogramme traditionell eine höhere Ak- Corinna Lüthje studierte Angewandte Kulturwissenschaften in Lüneburg und promovierte an der Universität Hamburg. Ihre Promotionsarbeit, die Grundlage für zeptanz als im Rest von Deutschland haben, wurde in Mittel- ihren Beitrag im Musikforum, trägt den Titel Das Medium als symbolische Macht. deutschland die Neustrukturierung der Rundfunklandschaft Untersuchung zur soziokulturellen Wirkung von Medien am Beispiel von Klassik nach der Wiedervereinigung tatsächlich als Chance begriffen, Radio. Zurzeit ist sie als Senior Researcher am Institut für Medienforschung an der ein wirklich zeitgemäßes und den geschmacklichen Vorlieben Universität Rostock zuständig für die Schwerpunkte Kulturradio und Mediati - des regionalen Publikums entsprechendes Programm zu schaf- sierung.

4/15 noch zuretten? tatsächlich bald überdenRandderErdscheibe oderister Bild eineParallele zumKulturjournalismus heute. Kippt er und verschwanden schließlichganz. Viele sehenindiesem MasteundSegelsankengrund. scheinbarimmertieferweg glaubten, inden dieSchiffefielenhinterdemHorizont Ab- Einst, sodieSage, standendieMenschenamMeeresufer und vicedenken, mit Populismus undBoulevardisierung triebendie der klagten andere Feuilletonkollegen, mitHäppchen-undSer- mehrkritisierten. Immerwie- nicht Reich-Ranicki, dassKritiker verschwinden:rizont Vor Jahrzehntenbeschwor Marcel schon dieKultur sahmanauch Und natürlich derKulturkritik amHo- die Allgemeinbildung, dieFamilie, dasStadttheater usw. und Hausmusik, Radiokultur, Filmkultur, Esskultur, Bierkultur, kenntnisse, ReisekulturundgutesBenehmen, Konzertkultur totgesagt:weg schon nicht undRechtschreib- Sprachkultur zeichnen. Was hat dieKulturkritik überdie Jahrhunderte hin- mit Begabungdas geradeMenschen fürdasFiktionalegern abendländischen Kultur ein Trugbild. Einbeliebtes allerdings, hen. Die Erdeistaber undderNiedergang keine Scheibe der 30 Jahren entwickelthatGunterReus sichdasZeitungsfeuilletonindenletzten Wie DES ABGRUNDS? Am Rande fokus 26 Wer denUntergang sehenwill, zuse- der glaubt ihnauch 4/15 FAZ der„kalte noch auch Wind“ entgegen, ausdemInternet wie Seit Jahren weht denKapitänen desKulturjournalismus nun mus inden Abgrund. Zeitungsverlage Journalis- dasstolzeFlaggschiff desdeutschen Netzzeitalter Referenzpunkt fürdieKulturberichterstattung aller deshalb an, schon ressort botsich weil dasFeuilleton im auch tration aufdas„alte“MediumZeitungund sein Traditions desZeitungsfeuilletons.zeitstudie zurEntwicklung DieKonzen- und Kommunikationsforschung in Hannover miteiner Lang- derJahrtausendwendewir kurznach amInstitut fürJournalistik die fühltsich Für Klarsicht zuständig.Wissenschaft Sobegannen Feuilleton unterderLupe derDunstüberdemOzean denBlick? Odertrübt rizont? beschreiben? kritik Untergang? GefahrAlso doch Lauert amHo- imRotwelsch alsrecht derMusik- eherschlecht ihm dannnoch sofort und allzeitanhörenkann, undselbstbeurteilen wozu sie im Netz: Wenn Produktionen dasPublikum musikalische dort lichen Themen. Dazukommt dieneue Verfügbarkeit von Kultur ganz oben, vor deutlich Politik, oderanderen Sport gesellschaft- mehreren Studien, rangieren immeinungsverliebten Web 2.0 erwachsen:kurrent Kunst- und Kultursujets, sowissenwiraus dem Feuilleton mitdem Aufkommen derBlogseinstarker Kon- -Musikkritiker -Musikkritiker Wolfgang schrieb. Fuhrmann Inder Tat ist Korrekte Selbstdarstellungoder negative Übertreibung? -

© erdalito © erdalito

anderen Medien, einschließlich des Internets, bleibt. Unsere wieder nicht im Sinne der Auguren: Die Zahl der Beiträge mit Studie analysierte die mit „Feuilleton“ oder „Kultur“ über- angestammten Feuilletonthemen, also Artikel zur Theater-, Lite- schriebenen Seiten der Frankfurter Allgemeinen (FAZ), der Süddeut- ratur-, Kunst- und Musikkritik, blieb durchweg stabil. Allerdings schen Zeitung (SZ), der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ) verringerte sich ihr relativer Anteil, weil sich über die Jahre mit sowie der Neuen Presse (NP) in Hannover. Mit Stichproben aus Essays und Analysen zum politischen Zeitgeschehen ein neuer den Jahren 1983, 1993 und 2003 untersuchten wir systema- Themenblock im Feuilleton hinzugesellt hatte: Artikel zur politi- tisch die Verteilung von Themen, die Länge der Beiträge, die schen Kultur oder zu internationalen Konflikten nahmen 2003 Darstellungsformen und die Bewertung kultureller Ereignisse. sogar den größten Raum ein. Das war in der Tat neu – aber kein Die Ergebnisse frappierten uns selbst. Denn die Gesamtzahl der Indiz für eine Verflachung oder Boulevardisierung. Feuilletonbeiträge hatte sich innerhalb von zwei Jahrzehnten um 60 Prozent erhöht. Besonders ausgeprägt war diese Auswei- Gleichberechtigt: „E“- und „U“-Musik tung der Berichterstattung in FAZ und SZ. Nun hätte dies daran Dass das Feuilleton der sogenannten Hochkultur abgeschworen liegen können, dass die Zeitungen zwar mehr Themen regis- hätte, ließ sich auch nicht an der Verteilung der Themen zur All- trierten, den Umfang der Beiträge aber radikal reduzierten. Ein tagskultur ablesen. Beiträge über Mode, Design, Sport, Essen und solcher (immer wieder behaupteter) „Häppchenjournalismus“ Trinken oder andere Lifestyle-Themen kamen auch 2003 nicht war aber empirisch nicht nachzuweisen. Im Gegenteil: Kurze über einen Anteil von drei Prozent hinaus. Gleichwohl ließ sich Textformen gingen im Untersuchungszeitraum auffällig zurück, die Themenauswahl des Ressorts nicht mehr einfach mit dem lange nahmen ebenso auffällig zu. In allen vier Zeitungen waren Etikett „Elitekultur“ belegen. Das zeigte sich vor allem an den die Beiträge im Feuilleton 2003 durchschnittlich länger als musikbezogenen Beiträgen. Unsere Daten belegten unzweideu- 1983. tig, dass Rock- und Popmusik sich in den vergangenen Jahr- Mehr und längere Beiträge – das widersprach all jenen, die das zehnten nicht nur ihren festen Platz im Feuilleton erkämpft, Ende des Ressorts vor allem mit Beginn der Pressekrise kommen sondern die sogenannte E-Musik auch ein gutes Stück zurück- sahen. Eine substanzielle Veränderung hätte sich freilich auch in gedrängt hat. Nicht verdrängt wohlgemerkt: War klassische Mu- der Themenverteilung zeigen können. Sie zeigte sich auch, aber sik in den 1980er-Jahren noch sehr dominant im Feuilleton, so

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ließ sich Anfang des neuen Jahrtausends eher von einer Gleich- anteil alle anderen Sujets an den Rand. Haupttreiber dieser Ent- berechtigung beider musikalischer Sphären sprechen. wicklung war das Thema „Musik“: Jeder vierte Feuilletonartikel Auch im Hinblick auf Darstellungsformen oder Wertungen prä- setzte sich 2011 mit einem musikalischen Gegenstand ausei- sentierte sich das Feuilleton in unserer Studie ganz anders, als nander, wobei erneut die „Gleichberechtigung“ von „E“- und die Skeptiker vermuteten. So erschienen 2003 in den vier Zei- „U“-Themen ins Auge fiel. tungen 50 Prozent mehr Rezensionen als 1983. Formen, die ge- Mit den Künsten legte auch die Rezension als wichtigste Dar- meinhin mit „Service“ und Boulevardisierung in Zusammen- stellungsform im Feuilleton noch einmal zu und marginalisierte hang gebracht werden, wie Tipp, Bestsellerlisten, Vorberichte, alle anderen größeren Textformen wie Porträt, Interview oder Interviews oder Porträts, blieben im Ensemble der Präsenta- Vorschau. Der Tenor in den bewertenden Feuilletonbeiträgen tionsformen eher marginal. Schließlich wurde auch der Tenor war allerdings weniger kritisch als noch 2003. Nun haben Kul- der Berichterstattung insgesamt nicht gefälliger – die negative turjournalisten (entgegen einem weit verbreiteten Vorurteil) Beurteilung von Kulturereignissen nahm in den untersuchten immer schon mehr gelobt als getadelt. Der „kläffende Hund“ Stichproben sogar etwas zu. namens Rezensent ist eine nicht erst seit Goethe viel beschwo- rene, gleichwohl rein fiktive Figur – zahlreiche kommunika- Online-Journalismus als Gefahr? tionswissenschaftliche Einzelstudien haben gezeigt, dass Rezen- Im ersten Jahrzehnt nach der Jahrtausendwende setzten sich sionen weit häufiger positiv als negativ ausfallen. In der Ausei- Blogosphäre und soziale Medien mit atemberaubender Ge- nandersetzung mit dem Internet könnte sich dieser Trend nun schwindigkeit durch. Die neuen Kommunikationswege und der verstärken und die Rezensenten des „klassischen“ Mediums Zei- auffällige Drang, vor allem Themen der Popularkultur im Netz tung in ihrem Rollenselbstbild stärken, da sie es sind, die das zu kommentieren, legten die Vermutung nahe, auch das Feuille- „Gute“ und „Wertvolle“ in den Künsten hervorheben und pro- ton könnte sein Angebot nachhaltig verändert haben. Deshalb pagieren wollen. setzten wir 2011 unsere Langzeitstudie mit einer neuen Stich- probe fort. In die systematische Inhaltsanalyse bezogen wir mit Keine Panik der Magdeburger Volksstimme und der Neuß-Grevenbroicher Zeitung Wenn es ein Ressort gibt, das sich dem Zeitgeist gerade nicht zwei weitere Lokalzeitungen mit ein. bedingungslos ergibt oder in Panik anpasst, dann ist es das ehr- Die Ergebnisse waren erneut frappierend. So war die Zahl der würdige Zeitungsfeuilleton. Diesen Schluss legen unsere quanti- Beiträge im Feuilleton nun tatsächlich stark zurückgegangen, tativen Daten jedenfalls nahe. Ergänzen lässt sich dieses Fazit mit verglichen mit 2003 um über 30 Prozent. Überraschenderweise Ergebnissen der Kommunikationsforschung. So haben wir 2012 hatte der Umfang der einzelnen Feuilletonbeiträge aber weiter in einer Befragung von 209 Musikjournalisten nachweisen kön- zugenommen, und zwar um ebenfalls 30 Prozent. Besonders nen, dass diese wichtige Spezies der Kulturberichterstattung un- deutlich war dies bei SZ, HAZ und NP. In den hannoverschen aufgeregt und durchaus zuversichtlich in die berufliche Zukunft Lokalblättern hatte sogar der Platz, der dem Feuilleton insgesamt schaut. Die wenigsten vermuten am Horizont das Ende der Welt. zur Verfügung steht, markant zugenommen. Die beiden neu Ihre Berufszufriedenheit, getragen von der Leidenschaft für Mu- einbezogenen Lokalzeitungen bestätigten den Trend, für den sik, ist hoch, ihr aus Tradition gespeistes Selbstbewusstsein groß. sich zwei Erklärungen anbieten: Personalabbau könnte die Re- Der „kalte Wind“ aus dem Internet scheint dabei speziell die daktionen zwingen, Themen noch strenger zu selektieren und Zeitungskritiker zu beflügeln: Gerade sie, die Crew des alten zu besetzen. Da der Umfang des Ressorts aber keineswegs dras- Flaggschiffs Feuilleton, geben sich zuversichtlich, auch in einer tisch abgebaut wird, ist für einzelne Beiträge mehr Platz. Denk- vom Internet bestimmten Medienzukunft bestehen zu können bar wäre auch, dass die Tagespresse sich aus dem „quantitativen und gebraucht zu werden. Wettbewerb“ mit dem Internet zurückzieht und sich lieber auf Ausführlichkeit und Argumentation statt auf die bloße Zahl der Beiträge konzentriert.

Kunstthemen führend Und dabei besinnen sich die Feuilletons möglicherweise ver- stärkt auf ihre angestammte Rolle als Kunstbeobachter. Denn das war eine weitere Auffälligkeit: Während politische Themen im Kulturteil 2011 wieder stark zurückgegangen waren, behaupte- ten Musik, Literatur, Theater und Bildende Kunst nachdrücklich Gunter Reus ist außerplanmäßiger Professor für Journalistik an der Hochschule ihre Führungsrolle und drängten mit etwa 70 Prozent Themen- für Musik, Theater und Medien in Hannover.

4/15 © Politik zum Anfassen e.V. TABLETS & Co.

Digitale Medien im Musikunterricht Jan Biring

2013: Irritation, Entsetzen, scharfe Kritik in einem musik - tive Klangexperimente, der Kassettenrekorder kostengünstige, pädagogischen Seminar an einer deutschen Hochschule. wenn auch nicht beliebige Reproduzierbarkeit. Arbeiten mit Tablets im Musikunterricht? So einen Unsinn Im Zeitalter der digitalen Technik wurden diese Anwendungs- hatten die Studierenden bislang noch nie gehört. beispiele dann auf die Bildschirmebene übertragen, z. B. digita- les Abspielen und Speichern in der Cloud, computergestütztes Aufnehmen im Miniformat oder softwarebasiertes Audio- und Spricht man mit Lehrkräften über das Thema „Medien im Videoschneiden. Während sich die Praktikabilität der techni- Musikunterricht“, dann scheint jede Generation ihr „eigenes“ schen Handhabung ebenso wie die Verfügbarkeit der Geräte Medium vor Augen zu haben: Schallplatte, Tonband, Kassetten- enorm vergrößert hat, sind allerdings die unterrichtsrelevanten rekorder, CD-Player, Computer, Tablet. Dabei fällt auf, dass jedes Faktoren und die schulpolitischen Diskussionen ähnlich geblie- neue Medium aus der jeweiligen Epoche über andere pädagogi- ben. Denn nach der Hattie’schen Devise „Auf den Lehrer kommt sche und musikalische Potenziale verfügt, um schließlich als ein es an!“ spielen auch weiterhin die Bereitschaft, das Wissen und Bindeglied von musikalischem Gegenstand einerseits und Ler- die methodisch-didaktische Unterrichtskonzeption der einzel- nendem andererseits fungieren zu können. Die Schallplatte nen Lehrkraft beim Einbezug von Medien die entscheidende brachte überhaupt erst konserviertes, klingendes Material in den Rolle. Oder kurz gesagt: Das Medium macht noch keinen (gu- Klassenraum, das Tonband ermöglichte bereits selbsttätig-krea- ten) Musikunterricht.

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Eine zwiespältige Beziehung Vielzahl an Apps sind nur wenige, je nach didaktischem Kon- Die Frage, ob mit der Etablierung neuer Medien im Unterricht zept, für den Musikunterricht geeignet. Denn um sie wirklich per se eine Verbesserung der Unterrichtsqualität einhergeht, nutzen zu können, müssen die Apps kostengünstig oder mög- muss verneint werden. Ein der Zeit gemäßer Musikunterricht lichst natürlich kostenlos, in ihrer Handhabbarkeit einfach und sollte jedoch zwangsläufig medienpädagogische Strategien und gleichzeitig komplex genug für den vorher zu bestimmenden Inhalte aufgreifen, um die Anforderungen der Medienwelt im- Lernvorgang sein. mer wieder im Einzelnen zu thematisieren und präzise zu prob - Die meisten verfügbaren Musik-Apps bedienen aber lediglich lematisieren. Da sich kurz- und mittelfristig sicher kein eigenes den Rezeptionswunsch des Konsumenten, Tablets werden durch Schulfach „Medienbildung“ etablieren wird, muss diese, sozusa- sie zu schlichten Abspielgeräten mit einigen Zusatzfunktionen. gen als Schnittstellendisziplin, in den Musikunterricht einbezo- Innovative Musik-Apps hingegen simulieren bekannte Instru- gen werden, um nicht bloß mit Medien zu arbeiten, sondern mente oder geben ganz neue Sound- und Spielflächen vor, kön- auch über Medien zu reflektieren, mithilfe einer Medienperfor- nen als musikalische Hilfsmittel zum Komponieren, Aufnehmen manz bestehende Kulturtechniken zu erweitern und schließlich oder gemeinsamen „jammen“ eingesetzt werden. Sie verstehen eine kritisch-mediale Partizipation der eigenen Musikkultur zu sich dabei als Lernbegleiter, „Tutor“, oder vereinfachen sogar ermöglichen. kreative Lern- und Kommunikationsprozesse, wenn z. B. durch Man kann es in Zeiten eines momentanen musikpädagogischen den individuellen Zugriff auf Online-Datenbanken vielfältige Hypes, bezogen auf die Arbeit mit Tablets, im Regelfall mit iPads, Rechercheergebnisse entstehen. nicht oft genug betonen: Ziel muss es sein, Musiklernende zu mündigen Mediennutzern auszubilden, die als Kritisch-Reflektie- Wissensaneignung 2.0 rende aktiv, sozial und produktiv Medien gestalten und bewerten. Konkrete Anleitungen zu Einsatzszenarien, wie sie von Lehrkräf- Dass dennoch wiederkehrende musikdidaktische Debatten in ei- ten oft gewünscht werden, gibt es auch im Jahr 2015 selbst in nem medienimmanenten Fach über den Stellenwert von Me- den einschlägigen Musikpädagogik-Zeitschriften nur recht we- dien geführt werden, gibt einen deutlichen Hinweis auf die nige. Da die vorgestellten Apps oft genrespezifisch der popu- nach wie vor recht zwiespältige Beziehung von Medien und lären Musik zuzuordnen sind, z. B. Drum-Maschines und -Pads, Musikunterricht. Drei offensichtliche Missstände in der Schul- DJ-Apps, und keinen direkten Bezug zu einer Unterrichts- politik lassen sich schon länger erkennen: Fehlende medien- sequenz haben, können sie für die jeweilige Unterrichtsgestal- pädagogische Standards in den Rahmenrichtlinien, eine praxis - tung nur als ein Beispiel dienen. Denn da sich die Technik stän- ferne Medienausbildung in der ersten und zweiten Ausbildungs- dig und in einem bislang noch nicht erlebten Tempo weiterent- phase sowie unzureichende Fortbildungsangebote für Unter- wickelt, müssen Lehrkräfte zunächst ihre eigenen pädagogi- richtende. schen Konzepte entwerfen und sich damit an die Veränderungen Nur dort, wo sich ein selbstbewusstes und positives Lernklima einer neuen Lernkultur anpassen, die den Schülern eine sehr in Bezug auf die Mediennutzung etabliert, können auch neue viel größere Eigenverantwortlichkeit abverlangt. Dadurch wer- Formen von Unterrichtsabläufen entwickelt, neue Lernmetho- den veraltete Schemata der Wissensaneignung aufgebrochen, den ausprobiert werden und, dies wird gern übersehen, sich neu erworbene Fähigkeiten und Kompetenzen mit Kolleginnen wandelnde Lehrerrollen formieren. und Kollegen geteilt und sogenanntes kollaboratives Lernen er- möglicht. Innovative Musik-Apps als Hilfsmittel Wie dies auch auf Schülerbasis funktioniert, zeigt beispielweise Mit der inzwischen beginnenden Digitalisierung von Schul- das Projekt „app2music“ mehrerer Berliner Schulen, bei dem büchern, dem Einsatz von Web-2.0-Technologien und erst recht Schülerinnen und Schüler mithilfe von Musik-Apps eigene mit dem Anstieg des Nutzungsverhaltens von Tablets im Alltag Songs in „Appmusik-AGs“ komponieren (im Netz zu finden von Kindern und Jugendlichen spielen mediendidaktische und unter www.app2music.de). methodische Überlegungen eine immer größere Rolle bei der täglichen Planung und Durchführung von Unterricht. Bei der Komponieren mit Anleitung Vielzahl sich auf dem Markt bereits etablierter Tablets orientie- Aktuelle musikdidaktische Konzeptionen, Positionspapiere der ren sich die Auswahlkriterien im Musikunterricht an den päda- Musikverbände oder Rahmenrichtlinien der Länder konzipieren gogischen Vorhaben, wie dem Komponieren oder Arrangieren, ein Lernsetting zur aktiven Teilhabe am kulturellen Musikleben. dem Unterlegen von Musik bei selbstgedrehten Filmen sowie Dazu gehört nicht nur der Erwerb instrumentaler, gesanglicher dem Hören und Interpretieren von Musik. und musikanalytischer Fähigkeiten, sondern auch von Kompe- Dabei wird die Planung des jeweiligen Unterrichts zunächst tenzen im Bereich der (medialen) Musikrezeption, der digitalen durch Tausende von Musik-Apps begünstigt. Aber trotz dieser Musikproduktion, der verantwortlichen Nutzung sowie der

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Schülerinnen und Schüler beim Stationenlernen „Hitverdächtig“: Musikproduktion des Planspiels „Hitverdächtig“ im Overlodge Recording Studio © Politik zum Anfassen e.V. © Politik zum Anfassen e.V.

Herstellung und Beurteilung musikbezogener Medienprodukte. Mit diesem Einstieg in ein „Komponieren mit Anleitung“ gibt Wie eine gewinnbringende Integration von Medien in Unter- es den Vorteil, dass Schülerinnen und Schüler sich, zunächst in richtsprojekten aussehen kann, zeigt das Planspiel Hitverdächtig!, Einzel- oder Partnerarbeit und mit großer Experimentierfreude, in dem Musiklernende Stationen der Musikindustrie durchlau- an das Entdecken von Klängen, Rhythmen und Melodien ma- fen und im Klassenverband, unter Anleitung von Musikstudie- chen, ohne die eigene musikalische Unsicherheit oder andere renden und Mitarbeitern des Vereins Politik zum Anfassen, eigene Defizite der gesamten Klasse gegenüber demonstrieren zu müs- „Hits“ schreiben. Beispiele kann man sich unter www.hitver- sen. daechtig.org anhören. Hier verwenden Schülerinnen und Schü- Nach dieser Phase werden die (gespeicherten) Ergebnisse vor- ler ganz selbstverständlich Tablets, Notebooks und Kameras in gespielt, Erfahrungen gemeinsam in der Klasse ausgetauscht einem interdisziplinären und selbsttätigen Zusammenhang, um und schließlich reflektierend besprochen, um sich nicht nur Musikunterricht in seiner neuen Breite zu erleben. Eigenständi- über das Musikmachen auszutauschen, sondern auch über den ges musikpraktisches Lernen, das Erarbeiten musikrezeptioneller medialen Zugang. Spätestens jetzt spürt man als Lehrkraft, wel- und geschichtlicher Zusammenhänge sowie eine aktive Medien- che Wertschätzung Schülerinnen und Schüler ihren eigenen, praxis, bei der die Technik als Kreativwerkzeug eingesetzt wird, aber auch den fremden Kompositionen entgegenbringen. Durch um ganzheitliches Verstehen zu praktizieren, sind die positiven ihr Scheitern und Gelingen im Selbstversuch ahnen sie, wie Folgen. weit der Weg zu ihrem Hit noch sein wird. Den Ausgangspunkt bildet eine Beziehung der Lernenden zu Dieses kleine Beispiel zeigt bereits, wie medienpädagogische ihrer alltäglichen Musikpraxis. Die Schülerinnen und Schüler er- Themen so zu integrieren sind, dass Schülerinnen und Schüler arbeiten zunächst Zusammenhänge der Musik ihrer Lebenswelt, durch Tablets und Apps Perspektiven zur eigenen kreativen Ent- und zwar in den unmittelbar musikalischen Bereichen wie Mu- faltung erhalten, Musik durch ihre Sinne erleben und gleichzei- sikstil, Form und Instrumentation, aber auch in den Bezugsfel- tig verstehen. Die Musiklehrerinnen und -lehrer müssen sich dern wie Musikproduktion, -recht und -vermarktung. Welchen neuen Chancen für eine wesentlich intensivere musikbezogene Weg durchläuft meine Musik, angefangen bei der ersten musi- Erfahrung öffnen, indem sie die Medienvielfalt nutzen, nicht als kalischen Idee bis zum Verkauf bei iTunes und Co.? Selbstzweck, sondern eben nur als Medium. Der sich anschließende kompositorische Selbstversuch beginnt niederschwellig mit Musik-Apps am Tablet. Die Lernenden er- Epilog: Auch 2015 fand wieder ein musikpädagogisches Semi- halten ein vorbereitetes Setting an Apps. Für Melodien sind das nar statt. Kein Teilnehmer stellte nach der einwöchigen Arbeit in z. B. Thumbjam, Orphion oder TabDo, für Beats z. B. DM1, iMaschine diesem Seminar infrage, dass Medien nicht ein Weniger, son- oder Launchpad, oder auch für Harmonien z. B. SoundPrism oder dern ein Mehr an Musik von Schülern für Schüler bedeuten Garageband. Mit ihnen können eingängige Melodien erfunden können. und nachgespielt, chartstaugliche Beats geprobt und program- miert oder einfache pop-harmonische Strukturen nachvollzo- gen werden. Auch die besondere Erfahrung des Zusammenspiels Jan Biring studierte Musik und Politik-Wirtschaft auf Lehramt und war anschlie- im Ensemble kann selbst bei „Nicht-Instrumenalisten“ experi- ßend Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für musikpädagogische Forschung mentell umgesetzt werden, indem die Lernenden einen vorge- (ifmpf) an der HMTM-Hannover. Sein wissenschaftlicher Schwerpunkt ist die Ent- gebenen „4 Chord Song“ in einer App wie Rockmate an vier wicklung und Erprobung von musikpädagogischen Konzepten für digitale Medien leichten Instrumenten simultan spielen. im Unterricht.

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Wissen und Musik gebündelt in einem Raum am Genfer See: Jean-François Monnard in seinem Wohnzimmer

Sonne für die Seele

Ein lehrreicher Nachmittag am Genfer See Stephan Mayer

Die Sonne brannte so gnadenlos an diesem Sonntagnachmittag herunter, dass wir uns auf der Terrasse einen kräftigen Sonnenbrand einhandelten. Wir, das waren der in Amerika lebende deutsche Dirigent Stefan Sanderling, der Schweizer Diri- gent und Musikwissenschaftler Jean-François Monnard und ich. Das Gespräch drehte sich um den Komponisten Maurice Ravel, dessen Orchesterwerke Monnard derzeit mit Andacht und musikalischem Sachverstand für den Verlag Breitkopf & Härtel kritisch begleitet. Eine Mammutaufgabe, die den Orchestern der Welt und den Freunden der Klassik die Musik des französischen Komponisten in neuem

Glanz und noch ein wenig originalgetreuer als bisher zur Verfügung stellen wird. © Stephan Mayer

Die Landschaft am nordöstlichen Ufer Nähe hat die Firma Cailler den Weltruhm biente war es nicht schwer, sich in die des Genfer Sees ist konzentriertes Kultur- der Schweizer Schokolade begründet. Auf Stimmung zu versetzen, die für so viele land. Musiker, Komponisten, Dichter und der französischen Seite hat der kleine Künstler, und nun auch für Jean-François Denker haben sich hier zu großen Wer- Thermalort Évian-les-Bains dem gleich- Monnard bei der Arbeit an Ravels Or- ken inspirieren lassen. Im Hintergrund namigen berühmten Mineralwasser sei- chesterwerken, Quelle der Inspiration der Städte Lausanne und Montreux er- nen Namen gegeben. Wir saßen also war und ist. Soeben erschien die Neuaus- hebt sich die Schweizer Alpenbühne und hoch oben über einer multikulturellen gabe der Bilder einer Ausstellung von Mo- an der Uferpromenade von Montreux be- Mischung aus Landschaft von atemberau- dest Mussorgsky in der Orchesterbearbei- gegnen wir den in Stein gehauenen Büs- bender Schönheit, hochkarätigen kulina- tung von Maurice Ravel im Druck. ten von Miles Davis und Richard Strauss, rischen Genüssen und eben dem Ge- Stefan Sanderling und ich wollten spon- um nur zwei der vielen zu nennen, die burtsort für bedeutende Werke europäi- tan mehr dazu wissen. So begann ich mit hier gelebt, musiziert oder sich einfach scher Literatur und Musik. der in diesem Fall laienhaften Frage, wie erholt haben. Sie alle genossen den Blick Eine sonnenverwöhnte Terrasse, dazu die man denn herangeht, an die kritische von hier hinüber zu den französischen Gastfreundschaft des Ehepaares Monnard, Ausgabe solcher Werke: Alpen und zu den Nordhängen des Gen- begleitet von einem französisch ange- fer Sees. Dort wachsen die Trauben der hauchten Menü und einem süffigen Rot- Jean-François Monnard: „Hauptquellen besten Schweizer Weine und ganz in der wein aus der Umgebung. In diesem Am- sind das Manuskript und die erste Ausgabe,

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die im Dépôt-légal-Verzeichnis registriert Und jetzt also zu Ravel. In welcher Hin- sowohl an der Musik aber auch an Ravels ist; Nebenquellen sind die Klavierfassung sicht ist dieser Komponist besonders in- Persönlichkeit haften.“ und das Orchestermaterial. Hilfreich sind teressant? auch Fehlerlisten, die sich im Besitz man- Jean-François Monnard: „Maurice Ra- Stefan Sanderling hat schon des öfteren cher internationaler Orchester befinden. vel fühlte sich der klassischen Form ver- als Chefdirigent in Toledo und bei seinem Es ist auch notwendig den historischen pflichtet, aber er hat sie ständig erneuert. Orchester in Florida Werke von Ravel di- Kontext zu studieren: Biografien, Brief- Hinter seiner Vorliebe für Tanzrhythmen, rigiert. Die beiden Dirigenten reden über wechsel, Kritiken aus der damaligen Zeit. finden sich ja oft Menuette und Walzer in die eben erschienene Orchesterfassung Zum Vergleich werden manchmal auch seinem Werk, aber hinter ornamentalen der Bilder einer Ausstellung. Monnard über- historische Aufnahmen herangezogen. Zügen der spanischen Musik, orientali- reicht dem Kollegen das erste gedruckte Nach genauer Untersuchung von Noten, scher Exotik und Jazz-Merkmalen bleibt Exemplar, der sich sogleich in das Noten- Nuancen und Artikulation wird ein mög- die unverwechselbare Persönlichkeit des bild vertieft und zusagt, das Werk zeitnah lichst glaubwürdiger und zuverlässiger Komponisten stets sichtbar. Sein Werk ist in der neuen Ausgabe mit seinem Or- Text fixiert. Wichtig ist dabei, die Absicht klassisch und modern zugleich. Diese chester aufzuführen. Ich mache derweil des Komponisten wiederzugeben und im Modernität hat ihn zu einem Vorläufer mit meinem Interview weiter. Und frage, Zweifelsfall eine glaubhafte Lösung zu unserer Zeit gemacht, auch wenn ein ob denn solche Veränderungen im No- finden, die man auch rechtfertigen sollte.“ Rest von ungelösten Rätseln bleibt, die tentext auch im Konzertsaal hörbar sind:

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links: Eifrige Hände bei der Arbeit … rechts: … um der Wirkung und den Werken Ravels gerecht zu werden (Porträt von Henri Charles Manguin) © Stephan Mayer

Jean-François Monnard: „Natürlich scheinlich nicht auffallen würde. Und Das Gespräch führt uns weiter zu den handelt es sich meist um Details, aber während die beiden Dirigenten just an Wirrungen um den Nachlass vieler Kom- durch den hohen technischen Standard jener Stelle über dem Notentext brüten ponisten, was oft auch den Verlust von der Orchester heutzutage kann man das und fachsimpeln, greife ich unter dem Originalhandschriften zur Folge hatte schon heraushören, z. B. dort wo ein Cre- Tisch ganz schnell zu meinem Handy um und auch der Wissenschaft nicht leicht scendo genau beginnt oder endet. Auch „Baba-Jaga“ zu googeln. Es handelt sich macht Leben und Werk nachzuzeichnen. die unterschiedliche Artikulation bei den um eine Märchengestalt aus der slawi- Wir kommen zur spannenden Geschichte Bläsern oder auch dynamische Feinheiten schen Mythologie. Mussorgsky hat das des Nachlasses von Béla Bartók. Stefan können das Klangbild entscheidend ver- Bild mit dem Flug dieser Hexe auf einem Sanderling kennt dessen Sohn Peter, der ändern.“ Mörser als eines seiner Ausstellungsstücke ebenfalls in Amerika lebt. Aber an jenem vertont. Beruhigt kehre ich ins Gespräch Nachmittag blieb keine Zeit mehr, das zu Und woran macht sich Ravels Genie fest, zurück. vertiefen. Wir haben es vertagt. Nachdem frage ich mit Blick auf Monnards Er- Jean-François Monnard: „Ravel ist sich inzwischen auch der Sonnenbrand kenntnisse bei der Durchsicht der Hand- sorgsam mit den Bildern einer Ausstel- schmerzhaft bemerkbar gemacht hatte. und Abschriften? lung umgegangen. Seine Veränderungen Drinnen im Haus zeigte uns Jean-Fran- Jean-François Monnard: „Man merkt gegenüber dem Notentext von Mussorg- çois Monnard noch sein Arbeitszimmer. Ravels Bemühen um Deutlichkeit in der sky sind bewusst gewählt und nicht der In dessen Mitte steht ein Steinway-Flügel. Notation, die Instrumentationskunst, die These zuzuschreiben, dass er anders ver- An dem sitzt Monnard dann immer wie- Ausschöpfung der fast grenzenlosen fahren hätte, wenn er im Besitz der origi- der, charakteristisch die Hand an der Stirn, Möglichkeiten der modernen Orchester. nalen Klavierausgabe gewesen wäre.“ als wolle er das Gehirn vor Abschweifun- Aufgefallen sind mir aber auch wieder gen schützen, während es gerade Musik- die neuartige Kombination von Klangfar- Stefan Sanderling will dann bei dieser geschichte, Notentexte und Detailinfor- ben und die kühne raffinierte Harmonik. Gelegenheit noch wissen, wie das eigent- mationen zusammensetzt und so wieder Ich habe oft Ravel dirigiert, aber man lich mit Ravels Nachlass nach dessen Tod einen Mosaikstein über das Werk von lernt bei der wissenschaftlichen Arbeit verlaufen sei. Maurice Ravel hervorbringt. Rundherum doch eine Menge dazu.“ Jean-François Monnard: „Ravel hat für den Moment Noten über Noten und kein Testament hinterlassen. Sein Bruder Bücher über Ravel. An den Wänden hän- Die Bilder einer Ausstellung kennen die meis- Édouard erbte sein gesamtes Gut, ein- gen Radierungen und Widmungen, z. B. ten Klassikfans. Was würde nach Ihrer Ar- schließlich einiger Manuskripte und die der große Dirigent Carl Schuricht, der beit ein kundiger Zuhörer da an Neue- Rechte dazu. Da er selbst keine Nach- wie Josef Krips und Wilhelm Furtwängler rung erkennen? kommen hatte, machte Édouard Ravel oft am Genfer See war. Es ist die sichtbare Jean-François Monnard: „Die offensicht- seine Pflegerin Jeanne Taverne zur Uni- Welt eines Menschen, der Jahrzehnte in liche Stimmvertauschung zwischen Tuba versalerbin. Seitdem hat die Familie Ta- der Top-Klasse der Musikwelt mitge- und Pauken in dem Stück ‚Baba-Jaga‘“. verne Millionen an den Rechten verdient mischt hat und auch jetzt nach der Pen- und besitzt heute noch zahlreiche Origi- sionierung jeden Tag für die klassische Ah ja, sage ich daraufhin dezent und oute naldokumente von Maurice Ravel.“ Musik brennt. Mittendrin in dieser gran- mich als ein Klassikhörer, dem das wahr- diosen Landschaft am Genfer See.

4/15 35 areggio MUSIK ZUM LEBEN Das Magazin als Multimedia-App

Und während wir die enge kleine Straße hinunter nach Lausanne fahren, geht mir noch einmal durch den Kopf wie nach- denklich Monnard wurde, als es um diese Gegend ging, um den Schweizer Kanton Waadt, wo er auch seine Kindheit ver- bracht hatte. Jean-François Monnard: „Das milde Klima, die malerische Landschaft und die Ruhe in dieser Gegend haben stets die Künstler angezogen. Eine Gegend, die vom Krieg verschont blieb. Hier hat Tschaikowsky sein Violinkonzert kompo- niert, Henri Duparc seine Depression ku- riert und Strawinsky seinen Le sacre du printemps vollendet. Richard Wagner hat sich hier aufgehalten, Arnold Schönberg und natürlich auch Ravel. Richard Strauss komponierte in Montreux seine Vier letz- ten Lieder. Ganz zu schweigen von den vielen Schriftstellern wie Dostojewski, Tolstoi und Rilke. Sie alle haben hier die Nahrung für ihre Inspiration gefunden. Klick Musik! Daran zu denken hilft schon: Man forscht, verwirft, entdeckt und fühlt sich ange- spornt.“ • gratis • vier Ausgaben pro Jahr • für iPad und Android • auch als Desktop-App für Windows und Macintosh-Rechner

Stephan Mayer studierte Geschichts-, Kunstge- www.arpeggio-magazin.de schichts- und Musikwissenschaft und ist Studioleiter des Bayerischen Fernsehens in Berlin. Er gehört dem Bundesfachausschuss „Musik und Medien“ des Deutschen Musikrats an. In der Serie „Begegnung“ im Musikforum berichtet Mayer über Persönlichkeiten aus dem nationalen und internationalen Musikleben.

4/15 lung seinerIdeevon Musikakteuren undderHilfeimechtenLeben. AMME e.V. und Vater einesJungen mitDown-Syndrom. überdieEntwick- Erberichtet wohlzufühlen undSpaßzuhaben. Dasweiß auchGüntherMöhlig, Vorstand des Vereins eingesetztwerden.ger Behinderung Möglichkeit, Gleichzeitigisteseineeinfache sich mentale, undseelische Persönlichkeitsentwicklung motorische von Menschenmitgeisti- Musizieren als Wohltat fürdieverbale, fürGeist, undSeelekannalsInstrument Körper AMME e.V. unddasPilotprojekt inderRegionTrier GüntherMöhlig Inklusion 6akzente 36 I MUSIK MIT ntuetnausl dererste – Instrumentenkarussell Kontakt mitdemKeyboard

© Holger Schäfer akzente 37

Martin will Musik machen, genauso initiiert und die Maßnahmen zur Infor- Qualifizierung wie jeder andere, gemeinsam mit ande- mation, Sensibilisierung und Motivation der Musikschullehrer ren. Martin hat das Down-Syndrom und von Lehrerinnen und Lehrern (aus Mu- Damit sich die Lehrerinnen und Lehrer singt und tanzt für sein Leben gerne. Er sik- und Förderschulen), Schülerinnen der Musikschulen besser auf die neue möchte auch ein Instrument spielen, am und Schülern und Eltern gesteuert. Zielgruppe einstellen können, werden liebsten Gitarre oder Keyboard. Wie für AMME e.V. will mit dieser Initiative auch vorbereitend und begleitend Workshops alle anderen Betroffenen gibt es aber kein der Behindertenrechtskonvention der UN zur Fortbildung durchgeführt. Zu diesen adäquates Angebot. In der Förderschule Nach druck verleihen, bei der sich in Workshops, die teilweise in Zusammen- galt die Konzentration voll dem Schul- §30, 2 die Vertragsstaaten verpflichten, arbeit mit dem Landesverband der Mu- chor, in der Behindertenwerkstatt gibt es das künstlerische, kulturelle und kreative sikschulen Rheinland-Pfalz angeboten nur ein Angebot für drei bis vier Musiker Potenzial von Menschen mit geistiger Be- werden, konnte AMME Claudia Schmidt, in der Hausband. Eine Instrumentalaus- hinderung „für sich selbst und zum Nut- Robert Wagner und Otto Kondzialka, Ex- bildung kann mangels personeller Kapa- zen der Gesellschaft“ zu entfalten. Ent- perten beim berufsbegleitenden Lehr- zitäten nicht angeboten werden, da hier- sprechende Maßnahmen zur Umsetzung gang „Instrumentalspiel für Menschen für die finanziellen Mittel fehlen. Und in den nationalen und Länder-Aktions- mit Behinderung“ der Akademie Rem- das ist nicht nur in der Heimat von Mar- plänen müssen folgen. scheid, gewinnen. Bei diesen Workshops tin so, sondern, mit einigen Ausnahmen, erhalten die Teilnehmerinnen und Teil- im gesamten Bundesgebiet. Es gibt einige Pilotprojekt in der Region Trier nehmer wertvolle Hinweise und Tipps Leuchtturmprojekte wie beispielsweise Gefördert von der Aktion Herzenssache, sowie das notwendige Handwerkszeug das Bochumer Modell, Dortmunder Mo- der Kinderhilfsaktion von SWR, SR und für die neuen Herausforderungen. dell, RambaZamba in Berlin, Barner16 in Sparda-Bank wird zurzeit ein Pilotprojekt Hamburg oder die Musikschule in Fürth an sieben Förderschulen und vier Werk- Vermittlung in und auch einige punktuelle Koopera- stätten mit fünf kommunalen Musikschu- bestehende Musikgruppen tionspartnerschaften von Musikschulen len in der Region Trier durchgeführt. Zu- Weiterhin wird die Integration in beste- und Förderschul- und Werkstatteinrich- nächst ist diese Maßnahme durch die Al- hende Musikvereine, Orchester, Bands tungen. Die Gründung von AMME e.V. tersgrenze der Aktion Herzenssache auf und Chöre angestrebt – es soll ja gemein- reiht sich in diese Liste ein. 21 Jahre (betroffen sind hierbei rund sam musiziert werden. Hierzu sind ent- 600 Kinder und Jugendliche) begrenzt. sprechende Sensibilisierungs-, Motiva- AMME e.V. als Geburts- und Ein weiterführender Förderantrag für tions- und Qualifizierungsveranstaltun- Entwicklungshelfer Ü21 wurde von der Nikolaus Koch Stif- gen für die musikalischen Leiter und Vor- AMME e.V., ein gemeinnütziger Verein, tung in Trier genehmigt und erste Ab- stände der Vereine geplant. hat sich als „Aktion Musiker (und hier- stimmungen wurden gestartet. mit sind alle aufgerufen, auch diejenigen, Durch die intensive Vorbereitung seitens Transfer der Ergebnisse die in der Badewanne singen) für Musi- der Förderschullehrer konnten in den In- Die im Rahmen des Pilotprojekts gewon- ker (mit Beeinträchtigung) im Einsatz“ strumentenkarussells, die die Lehrerin- nenen Erfahrungen in der Vernetzung, auf den Weg gemacht, den Menschen mit nen und Lehrer der Musikschulen anbo- Förderung und Durchführung sollen Behinderung die Chance zu geben, auch ten, rund 250 interessierte Schülerinnen auch an andere Bereiche weitergegeben ein Instrument zu lernen, um ihr künst- und Schüler die Gelegenheit nutzen, In- werden. So ist ein Transfer an andere lerisches Potenzial entfalten zu können. strumente auszuprobieren und ihr Lieb- Standorte in Deutschland geplant sowie Die Aufgabe von AMME e.V. ist, Förderer lingsinstrument auszuwählen. Die ersten die Anwendung der erworbenen Kompe- und Spender zu finden, die den finanziel- Anmeldungen lassen erkennen, dass die tenzen für andere Zielgruppen, wie bei- len Rahmen für die Maßnahmen bereit- ursprünglichen Erwartungen weit über- spielsweise Senioren, Menschen mit Mi- stellen und entsprechende Projekte zu troffen wurden und über 100 Schülerin- grationshintergrund, sozial Benachteiligte initiieren. Das Ziel ist, die Anzahl der nen und Schüler sich für den Musik- – Ziel ist eine allumfassende Inklusion Musiker mit Behinderung bundesweit unterricht angemeldet haben. AMME e.V. mit Musik. signifikant zu erhöhen. Dafür werden Ko- fördert in den nächsten eineinhalb Jahren operationen zwischen Musikschulen und in den Einrichtungen während der Günther Möhlig ist Initiator und geschäftsführender Einrichtungen für Menschen mit Beein- Unterrichtszeit den Einzel- und Klein- Vorstand der AMME e.V. – Aktion Musiker für Musiker trächtigung wie Förderschulen für ganz- gruppenunterricht durch die Musik- im Einsatz, Vater eines Sohnes mit Down-Syndrom, heitliche Entwicklung und Werkstätten schullehrer. Unternehmensberater und Hobbymusiker.

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Neue Konzepte der Kompositionspädagogik Verena Weidner und Julia Weber

„Mozarts Geist aus Haydns Händen“ – zu Identitätsbildung und einer damit ver- ten konfrontiert wie Musiklehrerinnen wer Kinder und Jugendliche zum Kom- bundenen Stärkung des Selbstbewusstseins. oder Musikvermittler in der Breitenbil- ponieren bringen will, kommt mit dung. Gesteigert werden die Anforderun- klassischen Ideen oft nicht weit. Wie Begeisterung vermitteln gen dadurch, dass die Komponistinnen aber vermitteln Komponistinnen und Die Komponierenden selbst schätzen an und Komponisten als Außenstehende we- Komponisten heute ihr Wissen, wenn ihrem neuen Aufgabenfeld vor allem die nig Einblick haben in die Funktionsweise nicht im traditionellen Unterricht? Möglichkeit, etwas von der eigenen Be- der jeweiligen Institution und ihnen auf- Und wie können sie sich für diese geisterung für Musik weitergeben und grund der meist projektartigen Organisa- Form der kompositionspädagogischen den Kindern und Jugendlichen neue Ho- tion ihres kompositionspädagogischen Arbeit qualifizieren? Das Forschungs- rizonte eröffnen zu können, wie die fol- Engagements auch wenig Zeit bleibt, um projekt KOMPÄD hat nach Antworten gende Äußerung eines Teilnehmers belegt: sich auf das Umfeld einzustellen. gesucht und eine kompositionspädago- „Menschen, die vorher nichts mit zeitge- Hier setzt das kompositionspädagogische gische Weiterbildung entwickelt. nössischer Musik zu tun hatten, über einen Weiterbildungsprogramm von KOMPÄD Zeitraum zu begleiten, ihnen die Ohren an. KOMPÄD ist eine durch das Bundesmi- Meister und Schüler sitzen heutzutage zu öffnen, ihnen Möglichkeiten und Wege nisterium für Bildung und Forschung nicht mehr im stillen Kämmerlein. Seit zu zeigen, wie sie an eine Musik heran- (BMBF) geförderte Initiative der Universi- einigen Jahren findet man Komponistin- kommen und damit an ein Gefühl und an tät zu Köln (ab Juli 2015) und der Jeunes- nen und Komponisten auch an Schulen, einen Ausdruck, der mehr mit ihnen in der ses Musicales Deutschland. Außerdem be- Musikschulen, Opern- und Konzerthäu- Jetztzeit zu tun hat, als mit einer Konserve, teiligen sich mehrere institutionelle und sern, wo sie mit Kindern und Jugend- die sie bekommen und die sie abnicken. nicht-institutionelle Kooperationspartner lichen unterschiedlicher Begabung und Ich finde das ungeheuer spannend.“ wie die Hochschule für Musik Saar, die Vor erfahrung Klänge erforschen, Land- Hinzu kommen besondere persönliche Folkwang Universität der Künste, der Ver- schaften vertonen oder mit „lebenden“ Begegnungen, die der gemeinsamen mu- band deutscher Musikschulen und zahl- Partituren musikalische Strukturen erkun- sikalischen Arbeit entspringen: „Es ist ja reiche Expertinnen und Experten der den. Das Projekt KOMPÄD bietet Interes- doch etwas sehr Persönliches, und das ist Komposi tionspädagogik. sierten jetzt die Möglichkeit, sich für dieses für mich auch immer das Berührendste. Im Rahmen einer Weiterbildung bietet neue Aufgabenfeld weiterzuqualifizieren. Wenn man die Schüler kennt und wenn KOMPÄD kompositionspädagogisch Inte- Was hierzulande noch immer eine kleine man dann ihre Stücke im Konzert hört ressierten ab Oktober 2015 die Gelegen- Sensation darstellt, hat in Ländern wie oder wie sie schreiben, dann merkt man: heit, kompositionsdidaktische Grund- England oder Norwegen jahrzehntelange Selbst bei den Allerkleinsten ist ein Stück kennt nisse zu erwerben, pädagogisches Tradition. Seien es die „Response“-Pro- von ihnen selbst drin. So, wie sie eben Reflexionsvermögen zu entwickeln und jekte in Großbritannien oder der „Kul- sind, so sind dann auch die Stücke.“ sich einen Überblick über die für Koopera - turrucksack“ in Skandinavien – dass jun- Gleichzeitig stehen Komponistinnen und tionen in Frage kommenden Institutionen ge Menschen zusammen mit einem aus- Komponisten, sobald sie sich an Schulen, und Fördermöglichkeiten zu verschaffen. gebildeten Komponisten oder einer Kom- Musikschulen oder Konzert- und Opern- ponistin selbst Musik erfinden, zählt dort häusern zu engagieren beginnen, oft vor Kontakt herstellen mittlerweile zu den Standards kultureller völlig neuen Herausforderungen. Während Obwohl der Schwerpunkt der Weiterbil- Kinder- und Jugendbildung. sie den Kompositionsunterricht in der ei- dung auf der Entwicklung pädagogisch- Die Liste an positiven Effekten, die man genen Ausbildung in der Regel als Einzel- didaktischer Kompetenzen liegen wird, sich von einem produktiven Umgang mit unterricht erlebt haben, für den man sich zielen weder KOMPÄD noch das entspre- Musik verspricht, ist lang. Neben einem durch eine Eignungsprüfung qualifiziert chende Förderprogramm des BMBF zur generellen Zuwachs an Kreativität erhofft und bei dem die Lernenden technisches Weiterbildung von Kunst- und Kultur- man sich für die Lernenden eine größere Handwerkszeug und den inneren Antrieb schaffenden darauf ab, die teilnehmenden Offenheit für bis dato unbekannte Musik- zum Komponieren bereits mitbringen, Künstlerinnen und Künstler zu Pädagogen stile, einen höheren Ansporn, sich reflek- sind sie in ihrer Arbeit außerhalb der in einem umfassenden Sinne auszubilden. tierend mit Musik zu beschäftigen bis hin Hochschule mit ähnlichen Schwierigkei- Abgesehen von den mangelnden zeitlichen

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Neue Musik, neue Vermittlung: Das Forschungsprojekt KOMPÄD entwi- ckelt Konzepte zur Weiterbildung im Bereich der Kompositionspädagogik (im Bild: musiktheatrale Installation beim Festival ARGEkultur Salzburg).

Ressourcen einer Weiterbildung ginge dies an einem der Kern ziele der Förderlinie vorbei: in ästhetisch-künstlerischer Weise Akzente zu setzen gegenüber dysfunktio- nalen Mechanismen im System Schule. Werden etwaige Kürzungen, etwa im Be- reich des allgemeinen schulischen Musik- unterrichts oder in den Lehramtsstudien- gängen, mit einem zunehmend professio- nelleren Agieren von Künstlerinnen und Künstlern im kulturellen Bildungssektor begründet, so greift diese Argumentation also bereits im Ansatz zu kurz. Wünschenswert kann es aus Sicht von KOMPÄD vielmehr nur sein, ähnlich wie es das österreichische Projekt „Klang- netze“ erfolgreich praktiziert hat, Kontak- te herzustellen zwischen den sich weiter- bildenden Komponierenden und dauer- haft an Schulen bzw. Musikschulen tätigen Lehrenden. Gerade weil der beiderseitige Erfahrungshintergrund so unterschied- lich ausfällt, kann man davon ausgehen, dass ein wechselseitiger Austausch mögli- che Vorurteile verhindert und gewinn- bringende Kooperationen begünstigt. KOMPÄD hat es sich deshalb zum Ziel ge- setzt, über den Förderrahmen hinaus und eng an den Grenzen des föderalistisch Machbaren entlang, ein Konzept zu ent- wickeln, das auch in dieser Hinsicht die ausgetretenen Pfade einer im Als-ob ver- bleibenden Weiterbildung verlässt. Anstatt die Komponierenden künstlich zu isolie- ren, geht KOMPÄD derzeit in enger Ab- stimmung mit den Verantwortlichen des BMBF die letzten Schritte hin zu einer Weiterbildung, die Musiklehrkräfte inte- griert und so echte Gespräche zwischen den Berufsgruppen ermöglicht. Für alle Beteiligten auch jenseits des Musikali- schen ein stetes Spiel mit den Strukturen. Weitere Information zu KOMPÄD: www.kompaed.de

Verena Weidner und Julia Weber sind Mitarbeiterin-

nen des Forschungsprogramms KOMPÄD. © Johannes Amersdorfer

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Festivalkongress zur Vermittlung Neuer Musik in Donaueschingen Egbert Hiller © upgrade

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Als der hochbetagte Komponist Die- nen in Deutschland von 2008 bis 2011 nes jeden Jahres zum Zentrum der zeit- ter Schnebel zum Auftakt von „Upgrade“ mit erheblichen Zuschüssen für Vermitt- genössischen Musik gerät – wobei sich im Kreise der Schülerinnen und Schüler lungsprojekte bedachte und der Vermitt- dies allein schon daraus ergab, dass die der AG Neue Musik am Leininger-Gym- lung Neuer Musik damit maßgebliche treibende Kraft hinter „Upgrade“ Armin nasium Grünstadt in den Donauhallen Impulse verlieh. Vier Jahre nach Auslau- Köhler war, der im November 2014 ver- den verdienten Applaus für die Urauffüh- fen dieser Förderung war es Zeit für ein storbene Leiter der Donaueschinger Mu- rung von Movimento für bewegliche Musiker „Upgrade“, wobei dieses Motto nicht zu- siktage. Sein Nachfolger Björn Gottstein entgegennahm, war das nicht nur ein be- letzt als Appell verstanden werden darf, führt dieses Engagement uneingeschränkt rührender Moment. Er lenkte den Blick sich auch kritisch mit den Methoden der fort. Ausgerichtet werden soll „Upgrade“ zudem ganz ungezwungen auf einen Ver- Vermittlung auseinanderzusetzen. Nie- alle zwei Jahre, und die Terminierung auf mittlungsaspekt, denn die sehr jungen mand, dem die Neue Musik am Herzen das Frühjahr begründet Gottstein damit, Interpreten erschließen Schnebels Schaf- liegt, wird ernsthaft in Frage stellen, dass dass die Vermittlung Neuer Musik, die fen für kommende Generationen und Vermittlung nötig und sinnvoll ist, um die bei den Donaueschinger Musiktagen in projizieren es mithin auf die Zukunft. Akzeptanz dieser Kunst unter dem wach- den letzten Jahren stets an Bedeutung ge- Movimento entstand in enger Kooperation senden Druck eines markthörigen Profit- wonnen habe, einen eigenen Rahmen er- mit der Musiklehrerin Silke Egeler-Witt- und Quotendenkens zu erhöhen oder halten und nicht im Schatten der Musik- mann, die die besagte, seit nunmehr 45 mindestens zu erhalten. Über die geeig- tage stehen oder nur als deren Anhängsel Jahren existierende AG Neue Musik seit neten Formen gehen die Meinungen aber wahrgenommen werden soll. 19 Jahren leitet. Klang und Bewegung auch unter den Spezialisten auseinander. Das erscheint schlüssig, zumal es nicht sind in dem Werk untrennbar miteinan- Darüber hinaus lauert die Gefahr, so ge- bedeutet, dass bei „Upgrade“ nicht auch der verknüpft: Die Klänge, die sich per se schehen beim „Netzwerk Neue Musik“, künstlerische Akzente gesetzt werden, im im Raum bewegen, werden auf körper- dass Vermittlung zum Selbstzweck gerät Gegenteil: Konzerte spielten bei der ers- liche Aktionen übertragen und umge- und die Künstlerinnen und Künstler ge- ten Ausgabe eine zentrale Rolle. Einen kehrt, wodurch die Mitwirkenden wie zwungen werden, Vermittlungselemente Höhepunkt markierten etwa die Musiken selbstverständlich Zugang zum musikali- zu integrieren, um Fördergelder für ihre für AK, 16 Miniaturen als Hommage an schen Part erhalten, ohne dass sie über Vorhaben akquirieren zu können. Armin Köhler für Ensemble in wechseln- größere spieltechnische Fähigkeiten auf Dennoch schrieb das „Netzwerk Neue den Besetzungen von Dror Feiler, Fran- einem Instrument verfügen müssen. Musik“ vor allem eine Erfolgsgeschichte, çois Sarhan, Bernhard Lang, Marco Strop- Künstlerische Dimensionen und Vermitt- da es nicht nur zahllose Initiativen und pa, Wolfgang Rihm, Georges Aperghis, lung Neuer Musik, die sich an die Prota- Projekte generierte, sondern auch, weil Dieter Schnebel, Brice Pauset, Enno Pop- gonisten und deren Publikum gleicher- sich die durch die Förderung herausge- pe, Mark Andre, Cornelius Schwehr, Re- maßen richtet, durchdrangen sich in Mo- bildeten Strukturen teilweise bis heute als becca Saunders, Manos Tsangaris, Iris ter vimento exemplarisch – und das unter- weitgehend stabil erwiesen haben. So Schiphorst, Georg Friedrich Haas und strich die Signalwirkung, die von „Up- war das „Netzwerk Neue Musik Baden- Christoph Ogiermann. Das ausdrucksspe- grade“ ausgehen sollte. Württemberg“, das 2012 aus dem von zifische Spektrum dieser Gedenkstücke der Kulturstiftung des Bundes unterstütz- war extrem weit gespannt und reichte Zeit für ein „Upgrade“ ten „Netzwerk Süd“ hervorgegangen ist, von introvertierten Klanggefilden in Den dreitägigen Festivalkongress (vom 15. federführend bei der Organisation des Schwehrs Ein Anderes über textgestützte bis 17. Mai 2015) „Upgrade“ zu nennen, Festivalkongresses „Upgrade“, den die Wehmut in ter Schiphorsts polar bis zu impliziert, eben diese Vermittlung optimie- Gesellschaft der Musikfreunde Donau- grellem Aufbegehren in Ogiermanns ren zu wollen – und die Konzerte, Work- eschingen gemeinsam mit der Kulturstif- Dumma Zumbie – Bösa Zombie. shops, Diskussionsrunden und Gespräche tung des Bundes und in Kooperation mit am Rande boten denn auch reichlich Ge- den Donaueschinger Musiktagen, dem Vertrauen auf den Nachwuchs legenheit, über den derzeitigen Stand der Deutschen Musikrat, der Bundesakademie Dass die Interpretation der Musiken für AK Vermittlung zu reflektieren und Perspek- für musikalische Jugendbildung Trossin- in den Händen des erst 2014 ins Leben tiven für ihre Weiterentwicklung zu ent- gen und Schott Music veranstaltete. gerufenen Landesjugendensembles Neue werfen. Zugleich griff „Upgrade“ den Fa- Musik Baden-Württemberg unter Leitung den des „Netzwerk Neue Musik“ auf, das „Musiken für AK“ von Christof M Löser lag, löste sich ein als Förderprogramm der Kulturstiftung des Unbedingt Sinn hat es, „Upgrade“ an je- und dokumentierte das Vertrauen, das dem Bundes 15 ausgewählte Städte und Regio- nem Ort anzusiedeln, der im Herbst ei- musikalischen Nachwuchs bei „Upgrade“

4/15 42 report © upgrade entgegengebracht wurde. Zudem waren der Teilnehmer darauf zielten, vermeintli- doch die wichtigsten Multiplikatoren im mit dem „chiffren Ensemble“, dem „Stu- che Hemmschwellen wie das traditionelle Bestreben, die Neue Musik mehr und dio Musikfabrik – Jugendensemble für Konzertformat abzubauen, ist zwar nach- mehr in die Mitte der Gesellschaft zu tra- Neue Musik des Landesmusikrats NRW“ vollziehbar – ob das der Königsweg ist, gen. Letztendlich zielt dieses Bestreben und dem „Landesjugendensemble Thü- die Neue Musik stärker an die junge Ge- aber nicht allein auf die Tonkunst und de- ringen“ noch vergleichbare Formationen neration anzubinden, darf jedoch be- ren Stellenwert. Vielmehr geht es auch aus drei weiteren Bundesländern eingela- zweifelt werden. Wünschenswert wäre eine darum, aufzuzeigen, dass auch künstleri- den, die ebenfalls mit gelungenen Kon- breitere Öffnung dieses Veranstaltungs- sche Stile und Gattungen, die eine höhere zerten aufwarteten. Neben ihren Auftrit- blocks gewesen, um nicht nur das Fach- Einlassungsbereitschaft einfordern, „un- ten tauschten sich die Landesjugenden- publikum und bereits musikalisch vorge- terhalten“ können, und zwar in beson- sembles sowohl untereinander als auch prägte Jugendliche anzusprechen. Ein ders anregender und befriedigender mit anderen Initiativen und Klangkör- hochaktuelles Thema wie „Neue Musik Form. Möglichst viele Menschen neugie- pern, etwa mit dem Jugendensemble gegen Rechts?!“ wäre dann womöglich rig zu machen und dafür zu gewinnen, „baUsTeLLe Kunstraum Tosterglobe“ und auf mehr Interesse gestoßen. ist hinsichtlich der Identität und des kul- der Neue Musik AG Hertzhaimer-Gymna- turellen Selbstverständnisses einer Gesell- sium Trostberg, auf einem eigens einge- Explodierende Schubladen schaft eine über sich hinausweisende richteten Jugendkongress innerhalb von Generell drängte sich die Erkenntnis auf, Aufgabe. Die erste Ausgabe von „Upgra- „Upgrade“ aus. Zudem konnten sie sich dass die Projekte, die nahe an der musi- de“ markierte vor diesem Hintergrund anspornen und inspirieren lassen, indem kalischen Praxis angesiedelt sind, das einen großen Schritt in die richtige Rich- sie im „Impulse“-Programm des Deut- größte Vermittlungspotenzial haben; zum tung, und an inhaltlichen und künstleri- schen Musikrats Spitzentalenten und Beispiel, als Erwin und Benjamin Stache schen Optionen für weitere „Upgrades“ Preisträgern des Wettbewerbs „Jugend vom Ensemble Atonor mit irrwitzigen wird es nicht mangeln. Zeichen setzte musiziert“ lauschten, die Werke darbo- Gerätschaften die Klangfantasie beflügel- auch die kluge Entscheidung, die als ten, die in Zusammenarbeit mit zeitge- ten; oder Explodierende Schubladen – Kom- „Show down“ charakterisierte Schluss- nössischen Komponistinnen und Kompo- mentare zu Bernhard Ganders Orchester- runde „Beginnt jetzt die Zukunft?“ nicht nisten wie Sarah Nemtsov oder Volker stück hukl. Der österreichische Kompo- als Podiumsdiskussion anzulegen, son- David Kirchner entstanden sind. In den nist thematisiert darin anhand der Co- dern zuvor gesammelte Fragen zu beant- diversen Workshops hatten die Jugendli- micfigur Hulk das Phänomen unter- worten und sie, dem spontanen Vorschlag chen die Möglichkeit, ihre eigenen Ideen drückter Wut, und die „Kommentare“ eines jugendlichen Teilnehmers folgend, im Hinblick auf die Perspektiven der waren eindringlich präsentierte Perfor- mit einem Schreikreis enden zu lassen. Neuen Musik vorzubringen. mance-Beiträge mit Tanz, Bewegung und Schließlich ist das Schreien ein starker Trotz fruchtbarer Ansätze erwiesen sich Elektronik, in denen das SWR Sinfonieor- emotionaler Ausdruck und eine Vorstufe jedoch gerade die Workshops als Achilles- chester Baden-Baden und Freiburg unter zum Singen, das als kultiviertes Schreien ferse von „Upgrade“. Eine „kreative François-Xavier Roth und Schüler des bezeichnet werden kann. Werkstatt“ mit dem Titel „Zukunft den- Fürstenberg-Gymnasiums Donaueschin- Egbert Hiller promovierte über die Musik der Zweiten ken: Desiderate und Visionen. Vermittlung gen – unter Anleitung der Musikvermitt- Wiener Schule. Als freier Autor arbeitet er für Rund- neuer Musik 2051?“ blieb mit einem ge- lerin Barbara Balba Weber und Gander funkanstalten, Zeitschriften, Konzerthäuser und Fes- wiss gut gemeinten pädagogischen Kon- selbst – gemeinsam agierten. tivals mit Schwerpunkten auf Romantik, früher Mo- zept formal und inhaltlich eher der Ver- Kinder und Jugendliche standen bei derne, zeitgenössischer Musik, Kulturpolitik und epo- gangenheit verhaftet. Dass viele Vorschläge „Upgrade“ zu Recht im Fokus, sind sie chenübergreifenden Fragestellungen.

4/15 Oktober 2015

DMRInformationen aus aktuell den Projekten und Mitgliedsverbänden des Deutschen Musikrats

Viktoriia Vitrenko mit dem NDR Chor © Jann Wilken

■ Dirigentenforum Programmatische Vielfalt beim NDR Chor

Mit einem der führenden professionellen Neben Werken von Francis Poulenc Frage, wie man mit einem professionellen Kammerchöre Deutschlands begaben sich und Heinrich Schütz standen mit Kompo- Chor neue Werke einstudiert. Insbeson- Johannes Stolte, Viktoriia Vitrenko, Yuval sitionen von Ildebrando Pizzetti und Lars dere die Erarbeitung des zeitgenössischen Weinberg und Kota Yanagishima im Rah- Edlund Stücke auf dem Werkstattprogramm, Werkes Gloria von Lars Edlund war eine men eines Dirigiermeisterkurses in die die für den Chor unbekannt waren. Beides herausfordernde und kniffelige Angelegen- künstlerische Zusammenarbeit. Das DIRI- – sowohl Bekanntes als auch Neues – hatte heit für die jungen Dirigenten. Der Künst- GENTENFORUM veranstaltete bereits zum seinen speziellen Reiz für die Kursteilneh- lerische Leiter des Meisterkurses Prof. Ste- vierten Mal einen Meisterkurs mit dem mer. Während der Chor die Werke von fan Parkman, schwedischer Dirigent und NDR Chor, um den vom Deutschen Musik- Poulenc und Schütz sehr gut kennt und die Pädagoge sowie Chefdirigent des WDR rat geförderten Chordirigenten die Zusam- Dirigenten hier ihre eigene Lesart und ihre Rundfunkchors und international erfolg- menarbeit mit professionellen Sängern zu musikalischen Ideen entwickeln mussten, reich, hatte das Werkstattprogramm be- ermöglichen. ging es bei Pizzetti und Edlund um die wusst so zusammengestellt, um den jungen

DMR aktuell I PROJEKTE Conductors Award Lorenzo Viotti Festival Young gewinntNestléandSalzburg (Preisträgerin 2012) istLorenzoViotti derdritteStipendiat,denAward erhält. Young ConductorsAward“ ausgezeichnet. Nach DavidAfkham (Preisträger 2010) undMirgaGražinytė-Tyla Erneut wurdeeinStipendiatdesDIRIGENTENFORUMs e Cmrt Slbr diri- Salzburg Camerata der mit Konzert ein Finalist jeder der in statt, Award“ ductors Con- Young Festival Salzburg and „Nestlé internationalen Festspiele die Finalrunde des 6. fand im Rahmen der Salzburger Augustwochenende ersten Am tete das Geschehen und machte Arbeit selten, sondern beobach- die unterbrach und proben dig selbststän- Kursteilnehmer die ließ Parkman wichtig. sonders be- hierbei Probenarbeitwaren effektive eine und Vorgehen zu erarbeiten. Ein strukturiertes Werkstattkonzert schließende ab- das für Chor NDR dem mit Programm das um Verfügung, zur Generalprobe eine sowie den insgesamt vier Chorproben studieren. einzu- Literatur neue Chor len geben, mit einem professionel- zu Möglichkeit die Dirigenten ■ Den Kursteilnehmern stan-Kursteilnehmern Den Dirigentenforum duelle Programme, die der Jury indivi- äußerst und vielfältige Finalkonzerten den in es gab mat der Finalisten gefordert. So Hei- jeweiligen der aus Werk ein sowie Werk genössisches Singers Projects waren ein zeit- kung der Teilnehmer des Young so zum Beispiel die individuelle rücken, zu Fokus den in pekte As- weitergehende es, lichten ermög- Stipendiaten der stand Entwicklungs- der und Chors des Qualität Die Zentrum. im Probenmethodik und technik nicht allein Aspekte wie Schlag- standen Analysekriterien Als eingegangen. Kandidaten nen einzel- der Schwächen und ken Stär-die auf und analysiert nau ge Probenarbeit die Gespräch im wurde Notizen seiner hand An- Feedback. konstruktives und ausführliches ein Kollegen jungen seinen er Probegab der je Ende am Erst Notizen. sich

© Salzburger Festspiele / Marco Borrelli at ne Mitwir- unter zart Mo- von Konzertarie einer Neben legen. bestimmten fest- Vorgabenselbst unter und bewerbsleitung sprache mit der Wett- Rück- in menstellung ihre Programmzusam- konnten Finalisten Die zertprogramm. nicht ein alltägliches Kon Viotti Lorenzo Franz präsentierteSchubert und Mozart A. Wolfgang marosa, Ci- Domenico vatge, Montsal- Xavier von Werken Mit gierte. DMR mit deminternationalen„NestléandSalzburgFestival - - - aktuell II ärg Gwne Lorenzo Viotti wird bereits im kommen- Gewinner jährige burger Landestheater. Der dies- Salz- am TylaMusikdirektorin Gražinytė- Mirga und España de Nacional Orquesta des gent Chefdiri- heute Afkham David ist anderem unter erwiesen: Preisträgerdie für sprungbrett Conductors Karriere- wichtiges als Award“ Young Festival Salzburg and „Nestlé der sich in den vergangenen Jahren hat spielen zu konzertieren. Bereits Fest- Salzburger nommierten re- den bei Salzburg Camerata der mit Ehre, besondere eine gentischen Reife. diri- seiner und Leistung ner Lorenzo Viotti die Jury mit sei- Ende überzeugte der 25-jährige Am lieferten. Kandidaten der Qualität der von Bild gutes ein Domingo Plácido präsidenten Russell Davies und dem Ehren- Dennis Vorsitzvon dem unter stattfand, überzeugten die jun- die stattfand,überzeugten Hamburg Jugendmusikschule im Miralles Saal der Staatlichen stattkonzert, das wie die Proben sche Wandlungsfähigkeit. stilisti- seine sowie Dirigenten Neu- gierde des Chors gegenüber den und Offenheit die war rung. Herausforde- große eine che Körperspra- individuellen ihrer und Dirigenten verschiedenen vier mit istArbeit Chor die den für Auch Chorliteratur. neuer Vorgehen bei der Einstudierung das sowie Chors des gestaltung Klang die Werke, der Lesart ü de iaitn a es war Finalisten die Für m bcleedn Werk- abschließenden Im mo beachtenswerter Umso - unter Leitung von John Carewe Sinfonieorchester steinischen Schleswig-Hol- dem mit sowie Poschner Markus von Leitung unter Philharmonikern mer Bre- den mit Fischer, Iván von Leitung unter Berlin orchester Konzerthaus- dem mit kursen Meister an bereits Förderung er nahm der Rahmen Im RUM des Deutschen Musikrats. Stipendiat im DIRIGENTENFO- schule. August 2016 in der Felsenreit- 7. am Wien Sinfonieorchester Radio- ORF dem mit Konzert 000 Euro gewinnt von er 15 ein Höhe in Preisgeld dem Neben dirigieren. Festspielen burger Salz- den bei erneut Jahr den Laien undProfis. schied zwischen der Arbeit mit NDR Chor und über den Unter- beim Probentagevergangenen die über Dirigenten den mit sprach und Konzerts des tion Modera- die übernahm Kultur NDR von Hartmann Dirigenten. Ludwig eines benalltag Pro-und Arbeits- den blickein naus erhielten die Zuhörer Ein- hi- Darüber Publikum. burger Ham- das auch sondern Chor, NDR vom Profis die nur nicht Bühnensouveränität geprägten aus- ihrer und staltungswillen Ge- ihrem mit Dirigenten gen teil. LorenzoViotti2014 seit ist -

PROJEKTE © Barbara Frommann Barbara © Weitere Gelegenheiten, das Gelegenheiten, Weitere der durch den Abend führt und führt Abend den durch der Verbindungen zwischen dem Bezugsthema und der Musik Ziel, zum hat Reihe Die herstellt. die Musik unserer Zeit einem breiteren Publikum vorzustel- len. www.musikrat.de/klingtgut Rüdiger Bohn nahmen sich die Rüdiger 26 Musiker und drei Solisten Zeit, auf die resonanzreichen und Wände Decken des Muse- ums zu reagieren. Darüber hi- naus konnten sie im Coaching zu Beginn des Workshops mit vier Mitgliedern des Ensemble Garage diverse Spieltechniken Neuer Musik perfektionieren. - - pielsweise der Posaunist „Klingt gut.“ wird seit 2005 seit wird gut.“ „Klingt Unter der Leitung von Prof. von Leitung der Unter die Videoausschnitte steuerte. die Videoausschnitte von den FÖRDERPROJEKTEN des MUSIK ZEITGENÖSSISCHE Koope- in Musikrats Deutschen ration mit der Bundeskunst- halle Bonn veranstaltet. Hier treffen Interpreten der zeitge- nössischen Musikszene auf ei nen prominenten Moderator, FASHION GANG BANG (Sergej Maingardt) Dirk Rothbrust mit Schlagzeuger um auf die ungewöhnliche Ar- chitektur von KOLUMBA ein- zugehen. So experimentierte beis So- die damit, Menotti Stephen lopartie in Žurajs Re-slide in zu beginnen Nebenraum einem Auffüh der während um lassen, rung sukzessive klanglich mit verschmelzen. zu Ensemble dem aktuell IIIaktuell III - FA- wohl thema- DMRDMR von Sergej von style study style SANS SONS SENS. Musika- Mode und Style als Teil von Teil als Style und Mode tisiert, das als Auftragswerk des Auftragswerk als das tisiert, Deutschen Musikrats an den EZM-Komponisten eigens für dieses Konzert entstand. BANG GANG SHION Maingardt beschäftigte sich ebenfalls mit der Mainstream- kultur. Produktionstechniken der Popmusik wurden hier in Mu zeitgenössischer Strukturen Äs- besondere Die platziert. sik aneinandergereihten der thetik so u.a. die Videofragmente, auch als Madonna Popikone die eine Boyband in High-Heels zeigten, wurde durch die star- ren, rhythmischen Schläge des Performers am Drumpad ver- auch Weise diese auf der stärkt, eine spektakuläre Klang- und Lichtshow. Ein anderes Relikt vergangener Tage waren die in Webstuhlpartituren Lea Let- zels neu Muster diese wurden lisch interpretiert und waren in der Violine, für Fassung revidierten Schlagwerk und Computer mit Sabine Akiko Ahrendt, Dirk Rothbrust und Georg Conrad zu hören. erstmals Lebenswelten wurden in Stef- Krebbers fen Programms standen die Erkun- standen Programms dung verschiedenster (Klang-) Räume. Die unterschiedliche Klangqualitäten auslotenden Kompositionen von Giacinto Johan- Berstad, Ragnhild Scelsi, nes Schöllhorn, Vito (EDITION ZEITGENÖSSISCHE Žuraj – Strzelec Szymon und MUSIK) und 1965 zwischen entstanden –2015 besonders, sich eigneten - teils SEWING n, die ROPEAN WORKSHOPROPEAN 2015

Förderprojekte Zeitgenössische Musik Zeitgenössische Förderprojekte Vor Vor dem nahezu ausver-

■ kauften kauften Saal präsentierte der kanadische Künstler Martin Messier in einer eindrucksvol- len Performance sein Zu Die . ORCHESTRA MACHINE Das Thema „Mode“ stand im Mittelpunkt des jüngsten Kon- zerts der Reihe „Klingt gut.“ in Insbeson- Bundeskunsthalle. der dere durch den Bezug zur Aus- stellung „Karl Lagerfeld. Mode- methode“ konnten zahlreiche Besucher für das Konzertpro- gramm begeistert werden. Un- der von te Aspek terschiedlichste Modeproduktion bis zur Ver- strickung der Mode- und Pop- musik-Szene wurden im Rah- men des Konzerts vorgestellt und durch den Moderator Bent Angelo Jensen (Designer und Inhaber des Modelabels Herr von Eden) näher beleuchtet. schauer staunten schauer über staunten die viel- fältigen Klangmöglichkeiten der rund sechzig Jahre alten Singer-Nähmaschine

unmittelbar, unmittelbar, teils durch Ver- fremdungen über den Compu- ter zu erleben waren. Den All- tagsobjekten wurde auch visu- ihrer Einbindung die durch ell, Leuchten, Leben haucht: einge Wenn Raum zu Klang wird Wenn Der EU

und Webstuhlpartituren und Webstuhlpartituren „Fashion Sounds“: Nähmaschinenorchester Nähmaschinenorchester Sounds“: „Fashion der Bundeskunsthalle in Bonn der Reihe „Klingt gut.“ in Konzert Nach einer intensiven Arbeits- Sep- 21. zum bis 15. vom phase tember in KOLUMBA, Kunstmuseum des dem Erzbistums Köln, begeisterte der EURO- PEAN WORKSHOP FOR CON- TEMPORARY MUSIC (EWCM) am 22. September das mit Publikum zahl- erschienene reich einem abwechslungsreichen Konzert. Im Vordergrund des PROJEKTE electronic ID und EZM-Komponisten NemtsovundOdeh-Tamimi undEZM-Komponisten electronic ID inKrakau Plugged In ZEITGE vonVitoCD-Porträt ŽurajinderEDITION TennisImmer amBall: alsInspirationsquelle ölce Lieshf, dem Leidenschaft, sönlichen per- seiner aus oft Komponist der bezieht Stücke seine für Anregungen nimmt. Blick den in MUSIK ZEITGENÖSSISCHE das die neues Žuraj, Vito nisten Kompo- geborenen Slowenien in des Musik die ist renziert ausdiffe- extrem und Kraftvoll den nahezu ausverkauften Kon- hatte das erproben, Werkstattensemble in zu Bühnen deren oszillierende Programm auf an- zwischen Statik und Bewegung ■ Förderprojekte Zeitgenössische Musik e otä dr EDITION der Porträt te des Polnischen Rundfunks. Am Saal im Herbstes Warschauer des Rahmen im September 24. kau. So gastierte der EWCM am zertsälen in Warschau und Kra- wie Werktiteln in nur nicht sich finden Diese Tennisspielen. rett e ds Hornkonzert das er arbeitete er So Modern. Ensemble des insbesondere Musikern, den mit Zusammenarbeit die Žuraj für ist Werke seiner stehung gleittext derCD. Be- im Hiller Egbert so tragen, über- Bewegung“ aktiver und Polyphonie, zwi zwischen hen, u Geräuschen zwischen verhältnis Spannungs oder Pub Schattenbildung lung, Änderung der Sonneneinstrah- As haltliche sel), vielmehr werden deren in- Noch wichtiger für die Ent- likumsperspektive „auf das „auf likumsperspektive Change over

© Lily Neubert die hier wie pekte d ie Tonhö- fixen nd Köln und Essen beheimatete Ensemble beheimatete Essen und Köln Kurse, Seminare und Konzerte. sowie Forum ein Osteuropa Mittel-und aus allem vor Künstlergeneration len und bietet der jüngsten, unkonventionel- scher Netzwerke im Bereich Neue Mu europäi- interkultureller, Aufbau dem explizit sich widmet aXes Deutschland. aus Künstlerpräsentierten und Festival Komponisten Karol Nepelski organisierte polnischen dem und Krakau akademie Kooperationspartner das von der Musik- als Musik Zeitgenössische derprojekte För- die unterstütztenIntegration schen europäi- zur Aktivitäten ihrer Rahmen Im statt. Musik“ TriduumNeue – „aXes tionale Austauschprojekt für Neue Musik 18. Oktober 2015 in Krakau das interna- Bereits zum vierten Mal fand vom 15. bis s oo Unisono, Solo, chen Passivität (Seitenwech- In diesem Jahr wurde das junge, in junge, das wurde Jahr diesem In DMR - aktuell IV einen gelungenen Abschluss. Krakau Musikakademie der in Aufführung umjubelten einer mit WORKSHOP EUROPEAN diesjährige der fand Folgetag entwickelten, algorithmisch ar- selbst ihm von eines Hilfe mit anderem unter er die keiten, und strukturellen Gesetzmäßig- bewegt sich zwischen Intuition funk. erstmals der Sloweinsche Rund dabei war operationspartner strung Ensemblewerke beiden die nahm speziell für dieses Porträt und Orchester und gruppen Changeover Modern das groß besetzte Werk Ensemble das interpretiert ter ist. Mit dem hr-Sinfonieorches- nischen Philharmonie zu hören Slowe- der Orchester dem mit SolistTonträgerals diesem auf Hawk-eye NÖSSISCHE MUSIK uas Kompositionsweise Žurajs und mit Saar Berger,der Saar mit Runaround ü Instrumental- für sik auf. Ko- auf. www.musikrat.de/zm sche Neue-Musik-Szene gewinnen. in deren vielfältiges Œuvre und die deut- PublikumumfangreichenEinblick einen Damit konnte ein zahlreich erschienenes Vorträge zu ihren Kompositionsansätzen. Deutschland in Musikschaffens schen zeitgenössi- Vertreter bedeutende als die offenen Proben in Krakau und hielten Odeh-TamimiSamir und sov begleiteten Nemt- Sarah Musikrats: Deutschen des TION ZEITGENÖSSISCHE MUSIK (EZM) EDI- der Komponisten zwei von Werke allem vor Uraufführungen schiedenen ver- neben präsentierte ID electronic Jahrhunderts. 21. des Musik medialer Schwerpunkt in der Interpretation inter- ihren hat Formation geleitete Hübner Ole von Die vorgestellt. ID“ „electronic Re - - www.musikrat.de/ewcm funk liveübertragen. Rund- Polnischen vom wurde WER 6417WER 2 www.musikrat.de/edition . Musik für Hochschule der dio ComputerStu- vom Video das wurde Produziert präsentiert. einbezieht, mit Elemente sche Spin Top Schlagzeugtrio Žurajs zudem wird DVD Auf zusätzlichen einer erfahrbar. unmittelbar Instrumentalgruppen im Raum verschiedener Anordnung die mat als SACD macht dabei etwa For- Das klangkonzeptionen. Raum vielschichtigen mit ke auf die für Žuraj typischen Wer Akzent besonderen einen legt VeröffentlichungDie umsetzt. beitenden Notationsassistenten a Knet n Warschau in Konzert Das ds musiktheatrali- das , - - PROJEKTE wie über einzelne relevante Bibliotheken, Archiven und For- und Archiven Bibliotheken, schungsinstituten. Auch über Museen und Gedenkstätten, und Wettbewerbe Preise, über kirchenmusikalische Festivals so Branchen der Musikwirtschaft wird das MIZ informieren. Ein weiterer Schwerpunkt wird auf die Bereitstellung statistischer sowohl werden So gelegt. Daten das kirchliche Laienmusizieren (Chöre, Instrumentalensembles etc.) als auch Aspekte der Aus- bildung (Studierende, Studien- und Absolventen) und anfänger der von Beschäftigung Kirchen- musikerinnen und -musikern eingehend betrachtet. Für die Präsentation des Themas wird eine neue Darstellungsform im Internet entwickelt, die später Themenportale andere auf auch des MIZ übertragen werden soll. - - - - ben, Entwicklungen Ergänzend Ergänzend wird vom MIZ nahme die aktuelle Situation und die Herausforderungen in den einzelnen Themenfeldern beschrei aufzeigen und damit die ver- schiedenen Facetten des The- mas an eine breite Zielgruppe, zu der Fachkreise ebenso ge hören wie musikinteressierte Laien, vermitteln. ein breit angelegtes Informa tionsangebot aufgebaut, das Daten und Fakten zur musik den in Infrastruktur bezogenen Religionsgemein verschiedenen schaften ebenso wie vermittelt aktuelle Nachrichten, Doku- Lite- weiterführende und mente sind Planung In Links. und ratur Informationsrubriken zu Aus- Kir- und (Musik- bildungsstätten chenmusikhochschulen, Uni- versitäten, Berufsfachschulen, usw.), Spezialausbildungsstätten Zentralstellen und Ämtern für Ver- Kirchenmusik, Verbänden, einigungen und Gesellschaften, aktuell V aktuell V -

Internationale Orgelwoche Nürnberg Internationale Orgelwoche © Christina Kuhn Christina © DMR DMR - - sik ben Dieser Herausfor- Dieser siklebens und der und siklebens nung tragen. Die Beiträge sol- len in einer Art Bestandsauf- Mu Lückenhaftigkeit der Informationslage Dar gebündelte keine Das erlaubte. stellung Fehlen eines umfas- Informations- senden angebots zur Mu im religiösen Le in sowohl daher wird Fachkreisen als auch in der breiteren mu- sikinteressierten Öf- fentlichkeit seit Lan- De großes ein als gem empfunden. siderat derung hat sich das MIZ nun angenom- men: Mit finanzieller Unterstützung durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien entwickelt Internet- neues ein derzeit MIZ das angebot mit dem Arbeitstitel „Musik im religiösen Leben“. Geplant ist bis Mitte 2016 der Aufbau einer innovativen und konfessionsübergreifenden Plattform, die die Informatio- kirchenmusikalischen zum nen Leben bündelt und die Bedeu- ins- Musik geistlichen der tung gesamt stärker in den Blick- punkt rückt. der Öffentlichkeit Im Zentrum des neuen Ange- Fach- verschiedene stehen bots beiträge, die ein breites inhalt- von abdecken, Spektrum liches der Musik im über geistliche Musik im Kon- Gottesdienst zert bis zur Rolle der Kirchen Betrachtungen Kulturträger. als über die Musik im Judentum und im Islam sollen der über- des Ausrichtung sionellen konfes neuen Themenportals Rech - - - - rüber

Deutsches Musikinformationszentrum Deutsches Eine umfassende Darstel-

■ hinaus im Bereich der musik- pädagogischen Arbeit enorme Wirkungskraft. verschiede- der Musik der lung nen Glaubensgemeinschaften als Teil des musikalischen Le- bens in Deutschland liegt der- zeit nicht vor. Auch das Deut- sche Musikinformationszent rum konnte bisher nur ausge- wählte Einzelinformationen vorhan- das da veröffentlichen, dene Datenmaterial aufgrund seiner mit Verflechtung unter- schiedlichen Bereichen des ten ten und Konzertreihen locken Welt, ganzen der aus Liebhaber und vor allem entfaltet eine überaus lebendige und vielsei- tige Laienszene mit tausenden Chören, Instrumentalgruppen und Ensembles eine Breiten- wirkung, die für das religiöse ins- Leben gesellschaftliche und gesamt prägend ist. In ihren ent- Facetten unterschiedlichen da Kirchenmusik die faltet Die Musik der verschiedenen Religionen und Glaubensge- ist meinschaften ein bedeuten- der Teil des Musiklebens in Deutschland und umfasst eine von einzigartige Fülle Aktivitä- ten und Aufgabenfeldern, die Li- der in Dienst den über weit turgie hinausgehen. So spielt die Musik der christlichen Kir- chen sowohl für das Laienmu- profes- die für auch als sizieren sionelle Musikszene eine he haben Längst Rolle. rausragende sich zahlreiche Ensembles auf Mu geistlicher Aufführung die Kirchenmusik- spezialisiert, sik festivals und -veranstaltungen unterschiedlichster Art haben ihren festen Platz im bundes- gefun- Konzertleben deutschen Orgellandschaf Historische den.

MIZ baut neues Internetportal auf Kirchenmusik in Deutschland – in Deutschland Kirchenmusik Leben konfessionellen und im religiösen Musik Pedro Malinowski

■ Jazzprojekte Rain And Grace

Die 56. Arbeitsphase des Bun- Grace“, zugleich auch der Titel desjazzorchesters fand in die- einer Eigenkomposition Hol- sem Jahr vom 23. bis 30. Au- lenbecks, symbolisiert die Kräfte PROJEKTE gust unter der Leitung von seiner Musik im Spannungsfeld John Hollenbeck in der Musik- ruhiger Melodien und klang- akademie Rheinsberg statt. Hol- mächtiger Improvisationen, bei lenbeck, Professor für Schlag- denen auch immer die einzel- zeug, Perkussion und Ensemble nen Persönlichkeiten des Bun- am Jazz-Institut Berlin, erarbei- desjazzorchesters im Mittel- tete das eigens auf das Bundes- punkt stehen. jazzorchester zugeschnittene Das Programm wurde be- Programm „Rain And Grace“, reits im Schlosstheater Rheins- das sowohl aus Eigenkomposi- berg sowie im Rahmen der tionen als auch aus neuen Ar- Grundton D-Konzertreihe des rangements bekannter Jazztitel Deutschlandfunks in Halle auf- u. a. von Ornette Coleman, geführt. Am 26. November wird Billy Strayhorn und Kenny es beim KLAENG Festival in © Tomas Ovalle © Tomas Wheeler besteht. „Rain And Köln zu erleben sein. John Hollenbeck Junge Talente schreiben für Probespiele des das BuJazzO Bundesjazzorchesters Das Bundesjazzorchester ruft ten Kompositionen werden im Das Bundesjazzorchester sucht zwei Jahre in die Förderung zum dritten Mal junge Kompo- Rahmen der 57. Arbeitsphase Nachwuchs. Bis zum 21. No- des BuJazzOs aufgenommen. nisten und Arrangeure bis zum des Bundesjazzorchesters im vember 2015 können sich Dann rücken neue Talente Alter von dreißig Jahren auf, Februar/März 2016 mit dem junge Jazzmusikerinnen und nach. Die Bewerbung erfolgt sich mit ihren Werken für den Bundesjazzorchester und des- -musiker wieder für die im Ja- online. Jede Bewerberin und „BuJazzO-Kompositionswettbe- sen Vokalensemble unter der nuar 2016 stattfindenden Pro- jeder Bewerber reicht einen werb“ zu bewerben. Gesucht Leitung von Niels Klein erar- bespiele des Bundesjazzorches - ausgefüllten Fragebogen ein, werden Kompositionen für Jazz- beitet. Die Preisverleihung so - ters bewerben. Sämtliche Big- der unter www.bundesjazzor- orchester mit und ohne Vokal- wie die öffentliche Urauffüh- band-Instrumente – Trompe- chester.de zur Verfügung steht. ensemble. Zugelassen sind so- rung des Konzertprogramms ten, Posaunen, Saxofone und Die Probespiele finden vom 3. wohl eigene Kompositionen als erfolgt im Rahmen des Ab- Rhythmusgruppe – inklusive bis 6. Januar 2016 im Ernst- auch Arrangements fremder schlusskonzerts der Arbeits- Vokalensemble werden neu be- Moritz-Arndt-Gymnasium in Stücke. Preisgelder in Höhe von phase am 4. März 2016 in Tros- setzt. Denn im Bundesjazzor- Bonn statt. 4 000 Euro werden vergeben. singen. chester gibt es alle zwei Jahre

Einsendeschluss ist der 1. De- Ausschreibung und Teilnahmebe- eine automatische Verjüngung: zember 2015. Alle ausgewähl- dingungen unter www.bujazzo.de Jedes Mitglied wird maximal Erfolgreiche Kooperation mit Neuer Philharmonie Westfalen Das Bundesjazzorchester ga- Jiggs Whigham die Liederma- stierte im Oktober gemeinsam cherin Pe Werner und ihre mit Pe Werner und der Neuen Gäste Götz Alsmann, Stefan Philharmonie Westfalen in Gel- Gwildis, Jörg Knör und Frank senkirchen (Musiktheater im Chastenier mit einem satten Revier) und Recklinghausen Bigband-Sound. (Ruhrfestspielhaus). Vor jeweils ausverkauften Sälen begleitete das BuJazzO unter der Leitung Pe Werner & Friends mit dem Bundesjazzorchester

von Rasmus Baumann und in Gelsenkirchen) Malinowski © Pedro

DMR aktuell VI PROJEKTE von einem Zusammentreffen mit den Blechbläsern der WDR Big Band. Holzbläsern der WDR Big Band zusammen; umgekehrt profi- tierten die BuJazzO Rhythmusgruppe des Holzbläser die und aktuell VII DMR

Big Band) und Ansgar Striepens Ansgar und Band) Big (BuJazzO) trafen Blechbläser des Bundesjazzorchesters mit der Rhythmusgruppe und den Musiker der WDR Big Band und BuJazzOs gemeinsam auf einer Bühne Eine besondere Ehre für die jungen Musiker des Bundesjazzorchesters: Unter der Leitung von Niels Klein Eine besondere Ehre für die jungen Musiker des Bundesjazzorchesters: traten sie beim Bürgerfest des Bundespräsidenten auf. © Bundesregierung / Henning / Bundesregierung © © DMR / Ariane Simons Simons Ariane / DMR © - - in der Landes der in den erfahrenen Kolle-

Jazzprojekte

■ Auf Einladung des Bundesprä- konzer- Gauck Joachim sidenten tierte das Bundesjazzorchester am 12. September im Schloss Bellevue. Im Rahmen des vier- lud Gauck ten das Bürgerfestes von Leitung der unter BuJazzO Niels Klein ein, im Park mo- des und traditionelle Schlosses derne Jazzmusik junger Kom- ponisten und Arrangeure zu präsentieren, bei denen auch moderne Grooves und unge- wöhnliche Tonkonzepte im Mittelpunkt stehen. Das En- semble begeisterte die zahlrei- chen Besucherinnern und Be- sucher zur Mittagszeit bei be- stem Spätsommerwetter auf der Hauptbühne. gen bei Probenarbeit gen intensiver und Konzert auf die Finger zu Einzelcoachings in sich schauen, Rat zu holen und über Fragen von Stil und auszutau- Technik der musikalischen schen. Unter (WDR Ross Florian von Leitung Bereits seit vielen Jahren koope- Jahren vielen seit Bereits riert das Bundesjazzorchester den Um Band. Big WDR der mit BuJazzO des Spitzennachwuchs und Profimusikerinnen den mit -musikern der WDR Big Band zusammen- kontinuierlich auch zubringen, wurde 2010 zwischen „tuttipro“-Patenschaft die den beiden Ensembles ins Le Rahmen diesem In gerufen. ben fand vom 7. bis 12. September bereits zum zweiten Mal eine gemeinsame Arbeitsphase der anschlie- mit Ensembles beiden Konzert ßendem musikakademie NRW in Heek statt – für die jungen wuchsjazzer Nach- eine Chance, einmalige

Nachwuchs trifft Profi: BuJazzO und WDR BuJazzO trifft Profi: Big BandNachwuchs Zu Gast bei Bundespräsident Joachim Gauck Joachim Zu Gast bei Bundespräsident PROJEKTE Antragstellung durch professionelleOrchester für2016 bis2018 absofortmöglich des Deutschen Musikwettbewerbs Honorarzuschüsse fürKonzerte mitSolisten Start derBAKJK-Konzertvermittlung 2016/2017Start fürdieSaison Sieben Preisträgerund16StipendiateninderFörderung Andreas Hofmeir, Alexej Gor- Alexej Hofmeir, Andreas Nils Mönkemeyer, Christoph Eß, B. z. wie etablieren zertleben bereits im internatio nalen Kon- sich konten wurden, gefördert Künstlerliste die durch Jahren vergangenen den in die ten, lente angeregt. Einige der Solis- Spitzenta- junger Förderung zeitig werden die Orchester zur riere erleichtert werden, gleich- stieg in eine internationale Kar- Künstlerhonorars. Damit soll den Solisten der Ein- des zent Pro- fünfzig zu bis von schuss Zu- einen erhalten engagieren, ten des DMW für Solokonzerte Solis- die welche Deutschland, den. wer-vorgestellt 2015 bis 2010 Jahren den aus wettbewerbs Musik- Deutschen des diaten Stipen-ausgewählte und träger bis 2018, in der die Preis- 2016 Jahre die für „Künstlerliste“ Broschüre die erschien Soeben den: Saison kommende deutsch die für kerinnen und Musiker) können Ensembles (insgesamt 24 Musi- formierte neu 2015 DMW den an Anschluss im oder hende stellen. vor- Konzertprogramme ihre und sich Musikwettbewerbs ten des diesjährigen Deutschen 2016/17, in dem die Stipendia- Konzertsaison die für Künstler Junger Konzerte desauswahl Bun- 60.(!) Künstlerkatalog der der erscheint November Im ■ Professionelle Orchester aus ogne eet beste- bereits Folgende Deutscher Musikwettbewerb landweit gebucht wer- gebucht landweit Klavierduo Karolin&FriederikeStegmann Rie Koyama, Fagott Asya Fateyeva, Saxofon Koryun Asatryan,Saxofon Bettina Aust, Klarinette [neu] Juri Schmahl,Oboe Elya Levin, Flöte [neu] Wies deBoevé,Kontrabass Janina Ruh, Violoncello Jonas Palm, Violoncello Liya Petrova, Violine [neu] [neu] Jonian IliasKadesha, Violine Tobias Feldmann, Violine Angelo deLeo, Violine [neu] Katja Stuber, Sopran zu erleichtern: den Einstieg in die Solokarriere Solisten folgenden Spielzeiten kommenden den in (GVL), ten Leistungsschutzrech- von tung Verwer- zur Gesellschaft der mit Kooperation in sich freut waren. Förderung der in 2012 bis die Schimpf, Alexander und latch e Dush Musikrat Deutsche Der DMR aktuell VIII

© DMW/Axel Nickolaus Johannes Klumpp Philharmonischen Lübeck Orchester unterLeitungvon derHansestadt Wies 2015 beimAbschlusskonzert desDMW deBoevé mitdem e ahzg rhse fünfzig Orchester achtzig ben ha Konzerte 500 als mehr Für Anna-Victoria Baltrusch,Orgel Frank Dupree, Klavier Sabrina Ma,Schlaginstrumente Rubén Durá deLamo, Tuba Lars Karlin, Posaune Jonathan Müller, Trompete -

©DMW/Axel Nickolaus [email protected] liste“; Tel. 02282091160; musik- rat.de/dmw/Förderung/„Künstler - www.musik-Infos undBeratung: der Künstlerliste, engagiert. Wiederauflage der Jahr dem 2005, seit „Künstlerliste“ der aus Solisten und Solistinnen nriBni Klavier Andrei Banciu– Fagott Constantin Gerstein – Saxofon Johannes Pfeuffer – Trio Glinka Banciu Duo Gerstein-Ichimescu – Duo Pfeuffer –Banciu/ Klavier Georg MichaelGrau – Kontrabass Andreas Ehelebe– Violine Johanna Pichlmair– Trio Kontra Duo Ehelebe–Grau Duo Pichlmair–Grau / Klavier Friederike Stegmann – Klavier Karolin Stegmann – rike Stegmann Klavierduo Karolin &Friede- PROJEKTE -

Im November wird bei Deut- des Kooperation in NUIN GE- mit Deutsch- schen Musikrates Sa- von Debüt-CD die landfunk brina Ma, Preisträgerin Die veröffentlicht. 2013 DMW des hier präsentiert Schlagzeugerin Werke von Markus Bongartz, Brian Willow, Rilli Reich, Steve und Schöwer Jan Ferneyhough, dar- López, López Manuel José vier Ersteinspielungen. unter Preisträger-CD der der Preisträger-CD Ma Sabrina Schlagzeugerin zerte führen das Bundesjugend- das führen zerte orchester vom 11. bis 19. Ja- Aschaffenburg, nach 2016 nuar und Wiesloch sowie in die norditalienischen Städte Hö- Ein Schlanders. und Meran hepunkt der Tournee ist das Gastspiel am 14. Januar 2016 Kon- Wiener renommierten im zerthaus. der Bundesrepublik Deutsch- Kon Weitere statt. Bonn in land © Malte Hesse Malte © , - ngshalle Fresko. Fresko. Eine Zuflucht. Das Auftakt-Konzert der cello), cello), Rubén Durá de Lamo (Schlag- Ma Sabrina und (Tuba) instrumente). Infos und Konzerttermine: www.mu- Infos und Konzerttermine: sikrat.de/bakjk / 0228 2091160, [email protected]; www.musikrat.de/dmw mann spielen, für dessen Inter- dessen für spielen, mann pretation er 2013 den Echo Klassik verliehen bekam. Auf stehen Tournee-Programm dem außerdem Ludwig van Beet hovens Sinfonie 3 Nr. „Eroica“ sowie die Uraufführung einer Komposition von Hechtle: Markus ein Auftragswerk der Beetho- ven-Stiftung Bonn. Auch der Dirigent ist dem schon bekannt: Orchester Michael San- derling, der Chefdirigent der stand Philharmoniker, Dresdner Pult am 2013 Winter im bereits des Bundesjugendorchesters. findet am Winter-Tournee 10. Januar 2016 traditionell in der Kunst- und Ausstellu aktuell IX

DMR

Bettina Bettina Aust (Klarinette),

Ebenfalls gefördert werden Ebenfalls gefördert

Ruh Ruh und Jonas Palm (Violon-

Frank Dupree (Klavier), Janina (Klavier), Dupree Frank

Cicerone Ensemble Wies de Boevé (Kontrabass), gemeinsame gemeinsame Konzerte: Wäh- rend 2016 der Januar-Tournee des Bundesjugendorchesters wird Herbert Schuch das Kla- vierkonzert von Viktor Ull-

ten drei Wettbewerbsjahrgänge: drei ten die DMW-Preisträger der die letz- DMW-Preisträger -

Bundesjugendorchester Bundesauswahl Künstler Junger Konzerte

■ ■

Trio Milian Trio – de Leo Angelo Violine –Liya Petrova Violine - Klavier Michael Grau Georg – Kadesha Trio Plath – Müller –Jonian Ilias Kadesha Violine Plath –Theo Fagott Müller –Fabian Klavier Faust Trio Johanna Pichlmair – Violine –Magdalena Faust Klarinette –Marie Rosa Günter Klavier Ensemble Cicerone -– Wormitt Thomas Traversflöte –Adrian Cygan Barockcello –Gilger Andreas Cembalo Aris Quartett Wildermuth - Anna Katharina Violine Noémi Zipperling – Violine – Vinzens Caspar Viola Sieber –Lukas Violoncello Goldmund Quartett Florian Schötz – Violine Pinchas Adt – Violine – Vandory Christoph Viola –Raphael Paratore Violoncello

Konzert des Bundesjugendorchesters mit Herbert Schuch mit Herbert Schuch des Bundesjugendorchesters Konzert Euro Classic Young beim Festival Januar-Tournee 2016 mit Herbert Schuch Herbert Schuch mit 2016 Januar-Tournee Sanderling(Klavier) und Michael (Dirigent) orchester orchester und Pianist Herbert Schuch bestens harmoniert – man sich auf weitere nun freut Bereits Bereits auf der China-Tournee 2015 haben Bundesjugend © Mutesouvenir © PROJEKTE Hummel-Stiftung für"Kammermusik"vonPaulHindemith. EurodotiertenPreisderBertold erhielt fürseineherausragendeLeistungdenmit2500 auchPerfektes ohneDirigent.DaszwölfköpfigeEnsemble ausWeimar Zusammenspiel, Euro. einer Gesamthöhevon27000 klusiven Wettbewerbe, dennsiestiftetenGeldpreisein tionen sorgtenfürgesteigerteAttraktivität derbeidenex- Werken des19., 20.und21.Jahrhunderts.ZwölfInstitu - umdiebesteInterpretationvon wettbewerbs beiWESPE trägerinnen undPreisträger desdiesjährigenBundes - Woche späterkonzertierten danninKarlsruhePreis - stellten sich dortdiePreisträger imKonzert vor. Eine preis derStadtMünster“ausgetragen,am13. September Am 12. 3Klassik- SeptemberwurdeinMünsterder„WDR „Klassikpreis“ undWESPE sc Noch zweimalmitBegeisterung udseteeb „Jugend Bundeswettbewerb der als Taufegehoben, der aus „Klassikpreises“. 1989 wurde er des Austragungsort Anbeginn Musik der Stadt Münster ist von der Jurynominiert worden. von „Klassikpreis“ am nahme erhalten und waren für die Teil- musiziert" einen 1. Bundespreis „Jugend Bundeswettbewerb 52. zurückliegenden im hatten Sie bewarben. Münster“ Stadt der Klassikpreis 3 „WDR den temberg und Berlin, die sich um Baden-Würt- Bayern, aus ker Musi- und Musikerinnen zehn und Brahms wollten sie punkten, die Mozart Beethoven, Mit ■ Die Westfälische Schule für Schule Westfälische Die Jugend musiziert WDR 3 und schenkt den „Klas- den schenkt und 3 WDR auf zeitversetzt es sendet aus, zudem Konzert das zeichnet Euro bis aus, zu der 6000 WDR Teilen Institutionen beiden die loben gleichen Zu hat. sen deutsche Rundfunk angeschlos- West- der auch 1992 seit sich Preis geworden, dessen Vergabe angesehener und anerkannter bundesweit ein ist Idee tanen wollte.verleihen spon- der Aus Ausdruck Stadt seiner in siker Mu- und Musikerinnen jungen über die vielen hervorragenden Begeisterung seiner derpreis Son- einem mit bürgermeister machte und der damalige Ober- mu iir" n üse Station Münster in siziert" hlossen dasWettbewerbsjahr 2015 ab DMR aktuell X schule Münster vor. Musikhoch- der Konzertsaal der Klassikpreisträger 2015“ im „Konzert im Ausgezeichneten erst eben die sich stellten Tag keinen dafür musiziert" gend „Ju- Bundeswettbewerb beim rungen an die stilistische Vielfalt Anforde- die Da Vortrags. des Gesamtdauer die über bogens im Durchhalten des Spannungs- und Leistungterpretatorischen in- der Durchdringung, schen künstleri- der in besteht rung Konzertmitschnitts. sikpreis“-Trägern eine CD dieses in Karlsruhe WESPE zu Besuch teiligen konnten. Sie wetteifer-teiligenkonnten.Sie be- musiziert“ „Jugend werbs Bundeswettbe- diesjährigen des Preisträger und gerinnen Jahr werb, an dem sich nur Preisträ- diesem in WESPE statt, ein Musikwettbe- fand hier musiziert“.Denn „Jugend von Besten der Besten die für rin Gastgebe- September 19. und Die Stadt Karlsruhe war am 18. Die besondere Herausforde- tholdy undBrahms. Bar- Schumann, Mendelssohn bert, Schu- Beethoven, Mozart, Haydn, von Werke ganze zige mehrsät- sikpreises“ Repertoire des „Klas- das umfasst Deshalb stellen. zu spruch An- hohen diesem sich anregen, dazu „Klassikpreis“ der will lassen, Raum Am darauffolgenden Musiker in Münster. und Musikerinnen die konzertierten September 12. des m Nachmittag Am kannt. gaben dort „ihre“ Preisträger be- der preisstiftenden Institutionen Repräsentanten hören. zu zerts Abschlusskon- eines Rahmen im Albert-Schweitzer-Saal im WESPE-Preisträger die waren September 19. Am Kategorien. ,Verfemten Musik‘“, lauteten die der Werks eines Interpretation genössischen Werks“ und „Beste „BesteInterpretation zeit-eines Werks“, komponierten siziert‘ pretation eines für ,Jugend mu- Inter- „Beste Werks“, eigenen tin“,„BesteInterpretation eines Komponis- einer Werks eines Interpretation Mo- „Beste derne“, klassischen der Werks nierter Werke vor: kompo- selbst gar oder nierter nomi- Jury der gewählter,von selbst Interpretation jeweilige tember in sechs Kategorien ihre Sep- 19. und 18. am stellten und angenommen WESPE zu Einladung die hatten 2015 ger Publikumsgeschmack anpasst. vorherrschenden einem oder Markttrends gängigen nicht sich der werben, zu terpreten verstärkt für den mündigen In- gend musiziert“ geschaffen, um „Ju- -preisträger und gerinnen cher Anreiz für Bundespreisträ- zusätzli- als Jahren acht mehr 21. Jahrhunderts. und 20. 19., des Werken von ten um die beste Interpretation Bse nepeain eines Interpretation „Beste Bundespreisträ- 100 Rund nun- vor wurde WESPE

© Sebastian Kaesler VERBÄNDE ■ Landesmusikrat Baden-Württemberg

Ehrung für die Besten Herbstkammermusikkurs

Am 26. Juni 2015 ehrte der schnitten. Die traditionelle Der diesjährige Herbstkammer- „Jugend musiziert“ vorberei- Landesmusikrat eine Auswahl Würdigung der „Jugend musi- musikkurs findet vom 2. bis ten. Die jungen Musiker wer- erster Preisträger des Bundes- ziert“-Preisträger durch das zum 6. November in der Bun- den von namhaften Dozenten wettbewerbs „Jugend musi- Land Baden-Württemberg fin- desakademie für musikalische angeleitet, um die erlernten ziert“ aus Baden-Württemberg. det am 6. November im „Wei- Jugendbildung in Trossingen Werke bei zukünftigen inter- Das Preisträgerkonzert in Karls- ßen Saal“ des Stuttgarter Neuen statt. Der Kurs will insbeson- nen und öffentlichen Konzer- ruhe wurde vom SWR mitge- Schlosses statt. dere Ensembles ansprechen, ten zu präsentieren. die sich auf den Wettbewerb Vorentscheid zum Deutschen Orchester wettbewerb „Jugend jazzt“ für Jazzorchester

Im Rahmen des Karlsruher gesamt 28 Orchestern in elf Ka- Der Landesvorentscheid des . Die zu gewinnenden Geld- Musikfests wurden im Mai tegorien wurde ein hoher An- Wettbewerbs „Jugend jazzt“ preise werden vom Hauptspon- 2015 zwei siegreiche Blasmu- meldungsstand erreicht und sorgt am 15. November 2015 sor Badischer Gemeinde-Versi- sikorchester, die zum Deut- der Wettbewerb verspricht in Aalen für groovende Big- cherungs-Verband (BGV) und schen Orchesterwettbewerb nicht nur in den am besten be- band-Sounds. Sechs Bigbands von Privatpersonen gestiftet 2016 weitergeleitet werden, er- setzten Kategorien, „Jugend- aus ganz Baden-Württemberg werden. Der Wettbewerb fin- mittelt. Am 24. und 25. Okto- kammerorchester“, „Sinfonie- treten zum musikalischen Wett- det zeitgleich zum 24. Aalener ber 2015 findet der Vorent- orchester“, „Zupforchester“ und streit um die begehrte Weiter- Jazzfest statt. scheid in allen übrigen Katego- „Big Bands“, spannend zu wer- leitung zum Bundeswettbewerb. www.lmr-bw.de rien in Bruchsal statt. Mit ins- den.

■ Landesmusikrat Brandenburg

Kinderchorwerkstatt werden. Des Weiteren konnte Die Chorlandschaft in Branden- der LMRB, dank der Unterstüt- burg möchte der LMR vom 4. zung durch die Jugend-, Kultur-, bis 6. November 2015 mit der Sport- und Sozialstiftung der Berlin-Brandenburgischen Kin- Mittelbrandenburgischen Spar- derchorwerkstatt formen. Unter kasse sowie der Stadt Branden- der Leitung von Prof. Hans- burg an der Havel, am 6. Juni Peter Schurz soll mit aktivem 2015 die Idee einer branden- Singen, Musizieren, Bewegung burgischen Kinder- und Ju- und Tanz die Ausbildung des gendchorbegegnung, der 1. Can- Chornachwuchses gefördert tarale Brandenburg, umsetzen. Dirigierfortbildung Belcantare Auch die Förderung der Orches- Die 2. Staffel des Projekts „Bel- terlandschaft steht auf der cantare Brandenburg – Je des Agenda des LMRB: Am 21. und Kind kann singen“ wurde mit 22. November 2015 wird in einer Abschlusspräsentation in Kooperation mit der Deutschen Neuruppin am 10. Juni 2015 Dirigentenakademie eine Diri- feierlich beendet. gierfortbildung für Orchester- Als Anerkennung erhielten leiterinnen und -leiter stattfin- alle Teilnehmer ein Kanon-Lie- den. Dozent der Weiterbildung derbuch von Manfred Grote ist Prof. Peter Vierneisel, der an und Wilfried Behrendt, das den beiden Seminartagen fol- speziell für dieses Projekt ent- gende Themen für die Teilneh- standen ist. Seit September mer aufbereitet: Grundlagen- 2015 läuft die neue Staffel von wissen zu Dirigiertechnik, Pro- „Belcantare Brandenburg“ im benmethodik, Partiturarbeit und Landkreis Elbe-Elster. Dürholt © Wiebke Literaturauswahl. www.belcantare-brandenburg.de „Belcantare“-Abschlusspräsentation in der Kulturkirche Neuruppin

DMR aktuell XI VERBÄNDE

© LMR Hessen Paul-Hindemith-Stipendium 25 JahreLandesmusikrat Wie dirigiereich eineBigBand? Neue Bildungsreferentin vielen Ehrengästen wird auch wird Ehrengästen vielen Neben . Nikolaisaal Festveranstaltungim einer mit Bestehen 25-jähriges sein burg Branden- Landesmusikrat der begeht 2015 November 8. Am tet ein Workshop vom 20. bis 20. vom Workshop ein tet ten einer Big Band – beides bie- dierte Auffrischung für das Lei- fun- eine oder Schritte Erste 2015 November und tober Ok- Im Rundfunk. Hessischen den und in messe Musik- die auch u.a. tungen Veranstal-Konzertereicheund zahl- besuchte Bentz lenburg. Hal- Schloss in Hessen demie Landesmusikaka- der in 2015 Frühjahr im Bentz Mikaël nist Südfrankreich war der Kompo- aus Gast Als Aquitaine. gion Re- der und Hessen zwischen Komponisten für Austausch dium beinhaltet den jährlichen Paul-Hindemith-Stipen- Das LMR drei hauptamtliche Mitar- Geschäft die hat mit Da Bildungsprojekte. alle für Ansprechpartnerin Jagusch tin Kris ist 2015 April 1. dem Seit ■ ■ Landesmusikrat Hessen Landesmusikrat Brandenburg sstelle des sstelle - - men. teilneh- Jubiläumsfeier der an Kunst Prof.Dr.-Ing.Sabine Dr. Kultur Wissen- und Forschung schaft, für Ministerin die dern und Dirigenten. Für alle Für Dirigenten. und dern alle Generationen von Bandlea- für Hessen desmusikakademie 22. November 2015 in der Lan- senschaft undKunst. hessische Ministerium für Wis- das durch erfolgt Stipendiaten hessischen die für nanzierung Fi- Die sein. erleben zu in 2015 Tod“Ende und Musik Vita. in „Media tungswoche Veranstal- der innerhalb rung Urauffüh- seiner in soll will, vervollständigen Stipendiums das Frank Gerhardt während seines Werk, Das reisen. taine Aqui- die in Gerhardt Frank Komponist hessische der wird projekte tätig. basis für verschiedene Bildungs Honorar-auf zuvor bereits war Jagusch Kristin beiterinnen. DMR aktuell XII - Auf demWeg zurLandesmusikakademie Ministerin AnkeSpoorendonkundNordkolleg-LeiterGuidoFroese und LandesmittelEr-und einen für Europa- kurzfristig als Chance, die ergriff Froese Guido ter forderungsprofil.Akademielei- An- ein Mitgliedsverbände der treter des LMR-Präsidiums und Vererstellten 2011 musikrats. ten auf der Agenda des Landes- stein steht schon seit Jahrzehn- Schleswig-Hol- für akademie Landesmusik-vollwertige Eine und Möglichkeiten zur Verbes- Orchester klingendes gut ein für Kriterien wichtige werden hinaus Darüber Videoanalyse. anschließender und Ensemble Workshop dem mit stücken Pflicht- an Arbeiten das steht Mittelpunkt Im verständnis. Selbst- und Präsentation che, Körperspra- Bandleaders, des derungen an die Persönlichkeit zifische Grundlagen und Anfor- Teilnehmer geht es um jazzspe- Raumkapazität insgesamt und insgesamt Raumkapazität die damit verbessert Es studio. Ton-ein und Proberäume drei beherbergt – Nordkollegs des Vorgartenim Bau terirdischer un- ein - „U“ neue Das öffnet. wurde der Erweiterungsbau er- 2015 August 21. Am standen. Verfügung zur weiterungsbau ■ ■ Landesmusikrat Schleswig-Holstein Landesmusikrat Hessen - www.landesmusikrat-hessen.de Nordkollegs Guido Froese, gra- des Leiter dem und Kuhnt Dr. Festivals Musik wig-Holstein Schles- des Intendanten dem „Talkrunde“ mit der Ministerin, rendonk übernommen. In einer Spoo- Anke die Kulturministerin durch wurde benräume Pro- neuen der Eröffnung che den Abendstunden. Die feierli- in Nutzbarkeit die allem vor Diefenbach. Wolfgang hat Workshops des Verfügung.zur rin LeitungDie gen Musikerinnen und Musike- jun- 20 mit Hessen Orchesters Jazz Jugend Landes des Band SticksJunior-& Kicks stehtdie chen. bespro- Bandmitglieder der serung des Ausbildungsstandes lichkeiten. Mög- gewonnenen neu den zu Musikszene Schleswig-Holsteins gesamten der auch aber leg, Nordkol- dem Mader Dr. dent Landesmusikratspräsi- tulierte l Workshop-Ensemble Als

© Alexander Luttmann VERBÄNDE besonderes besonderes Highlight bot das LandesJugendJazz- des Konzert Orchesters „Phoenix Founda- tion“ am 21. Juni. Ebenfalls aufsehenerregend waren die Heroes Wettbewerbe „Vocal – Die Pfalz sucht Stimme“ und der Landeswett- die Junge bewerb „Jugend jazzt“. konnten am 20. Juni Sie live vor verfolgtOrt werden. in denen Interessierte Erfahrun- Interessierte denen in gen austauschen und Vorträge von Experten hören können. das durch erfolgt Förderung Die Ministerium für Familie, Kin- der, Jugend, Kultur und Sport NRW. Münster, Münster, des Kulturministeri- Fördergesellschaft der und ums Planung, der bei Akademie der Finanzierung und Realisierung für EU-Mittel Sogar Hauses. des Ahaus-Heek-Legden Region die flossen in den Alten Schule, Umbau dessen Gesamt- der volumen rund 1,7 Mio. Euro stei- stetig aufgrund Die betrug. be- dringend Nachfrage gender nötigte Erweiterung umfasst einen Probensaal, zwei Semi- Büros. und drei narräume musikalischen der Foren als ten und Innovation für Begegnung das Musikleben in NRW spie- len. Die Prämien betragen je- weils 10000 bzw. 5000 Euro für ein herausragendes Pro- einer Spielzeit. gramm Ausschreibung unter www.lmr- Ausschreibung nrw.de/servicedownloads/ - wöhn ge Landesmusikrat Rheinland-Pfalz

Der „Tag Der der „Tag Musik 2015“ in diesem in fand Rheinland-Pfalz dem Gelände der Lan- auf Jahr desgartenschau in Landau in Kooperation mit dem statt. Den Mitgliedsverbänden LMR des LMR wurde die Möglich- keit geboten, sich musikalisch zu präsentieren. Es entstand ein vielfarbiges musikalisches Programm, das auf mehreren Ein wurde. dargeboten Bühnen und Gruppen ermöglichen soll, auf Besetzungen, kulturellen der Repertoire Zielgruppen und Vielfalt besser einzugehen. Au- der möchte ßerdem Landesmu- Veranstaltun- regelmäßige sikrat gen der Begegnung ausrichten, Das neue Gebäude 8 der Lan- wurde NRW desmusikakademie am 22. August 2015 feierlich eröffnet. Der Heeker Bürger- meister Franz-Josef Weiling- Ute NRW-Kulturministerin hoff, Schäfer, der Vizepräsident des Landtags Oliver Keymis und Landesmusik- des Präsident der Lohmann Werner Dr. Prof. rats gehörten zu den Festrednern. außer die wurde Gelobt lich gute Zusammenarbeit der Gemeinde Heek, des Kreises Borken, der Bezirksregierung Das Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur Landesmu- der und NRW und Sport sikrat NRW vergeben erneut Prämien für Programme der herausragende Saison 2015/ 16 von Spielstätten des Jazz und avancierten Damit wird die herausragende Pop/Rock. Rolle gewürdigt, die Spielstät- Spielstättenprogrammprämie 2015/16 der Musik 2015“ „Tag Neues Seminargebäude © LMR NRW LMR © - - - aktuell XIII DMR ebenfalls aus Köln, erhielten den Preis für den besten New comer und freuten sich über pop Netzwerk 2Das Euro. 500 NRW hat es sich zur Aufgabe vielversprechende hat gemacht Bands in Clubs und auf Festi- vals zu platzieren. Das Kultur- ministerium fördert das Netz- werk und die Preise. NRW und den Laienmusikver- bänden. Es soll eine Verbindung bessere der Mitgliedsver- eine der Laienmusikverbände mit den Bevölkerungsgruppen der in Vielfalt kulturellen NRW Projekt Das werden. ermöglicht besteht aus zwei Programmen zur Veranstaltungsförderung und einem Fortbildungsange- Initiativen Vereinen, es das bot, des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport und hat die Förderung von Projekten von Laienmusi- kern ausgeschrieben, die mit Flüchtlingen musikalisch ar beiten. Ausschreibung unter Ausschreibung http://www.lmr-nrw.de/service- downloads/laienmusikfoerderung/ man, Landesmusikrat Nordrhein-Westfalen Landesmusikrat ■ Nordrhein-Westfalen ist in ver- in ist Nordrhein-Westfalen stärktem Maße Aufnahmeland von Flüchtlingen geworden. deren Willkommenskultur, Eine Substanz im Wesentlichen aus bürgerschaftlichem Engage- ment besteht, soll die Flücht- linge empfangen. Der Landes- musikrat NRW unterstützt in diesem Herbst Kulturprojekte des Willkommens aus Mitteln Ab September 2015 führt der Landesmusikrat NRW für zwei Jahre das Projekt in Vielfalt kulturellen zur klang“ „Brücken- NRW mit Musikvereinen, Chö- Ak- anderen und Initiativen ren, Landesmusik- Der durch. teuren rat entwickelte das Projekt in Zusammenarbeit mit dem Mu- sikreferat des Kulturministeri- Landesmusikakademie der ums, Am 22. August 2015 wurde der wurde 2015 August 22. Am diesjährige popUP NRW-Preis im Rahmen des popNRW vergeben. Die Initia- Netzwerks tive wird vom Landesmusikrat NRW, dem NRW Kultursekre- weiteren und pop co der tariat, Partnern gebildet. Die Kölner Out- den erhielt Spar Von Band standing Artist-Preis, der mit Wo 10 ist. dotiert Euro 000 „Brückenklang“ Förderung von Flüchtlingsprojekten Förderung popUP NRW-Preise Inna Gouds, Elle Matthey (links), Klaus Viehe (rechts) (rechts) Inna Gouds, Elle Matthey (links), Klaus Viehe Spar und in der Mitte Von VERBÄNDE

© B. Zachcial Nachwuchsworkshop Europäischer SchulmusikPreis 2016 Bandbreite der Forschung von Forschung der Bandbreite erfreulichen der Neben aus. Projekte ihrer Stand aktuellen den sie tauschten (Lüneburg) Ahlers Michael Dr. Prof. und (Wien) Chaker Sarah Dr. von in Lüneburg. Unter der Leitung (GfPM) pularmusikforschung Po- für Gesellschaft der shops Work- sechsten des Rahmen rinnen und Wissenschaftler im Wissenschaftle- junge sich fen tra- 2015 Juli 11. und 10. Am 2016 online zu bewerben. Mit bewerben. zu online 2016 Februar 26. bis Januar 4. vom Zeitraum im damit sich und dokumentieren zu Video gen fünfminüti- einem in 2015/16 Schuljahr das für unterricht thoden und Projekte im Musik- Me- innovativen ihre gerufen auf- dazu 2015 Juli 1. dem seit sind Ausland europäischen im Schulen deutsche sowie deutschsprachigenRaum dem aus Schulen und Lehrer schrieben. ausge- (ESP) SchulmusikPreis Europäischen dotierten Euro 21000 insgesamt mit den Mal sechsten zum hat SOMM Die ■ ■ Gesellschaft fürPopularmusikforschung e.V. Society ofMusicMerchants e.V. www.popularmusikforschung.de preis.eu www.europaeischer-schulmusik- med uh m Deutschen Musikrat einzubringen. im auch Umfeld akademischen im schäftigung Be- prekären der Thema das zu, sagte GfPM Die darstellen. Doktoranden und randinnen Dokto- die Problemfür großes lich, dass finanzielle Sorgen ein Bezügen wurde aber auch deut- Genre-Fragen bis zu politischen Musikwirtschaft, über Ästhetik, macht werden. ge- zugänglich Öffentlichkeit festgehalten, honoriert und der nachhaltig soll instrumenten Musik- mit Arbeiten Kreatives denden Schulen ausgezeichnet. bereich Musik an allgemeinbil- Fach- dem Lehrer-Projekteaus und Schul- förderungswerte und Leistungen pädagogische besondere werden ESP dem DMR aktuell XIV DVD überdenMusikschulkongress 2015 Weiterbildung fürChormanager Für Deutsches Chorfest2016 anmelden management ausprobieren und Kultur- im selbst sich lernen, Chorszene der Machern von Jahre theoretisch und praktisch könnenjungeChoristen 27 bis Wochenenden aufbauenden aufeinander vier An anbieten. Chormanagement terbildung Chorverband 2016/17 die Wei- Deutschen im Chorjugend die wird Mal dritten zum Bereits unterschiedlichen zwei zu bis in Möglichkeit, die Chor jeden Bühnen. Open-Air- Außerdem besteht für auf oder Kirchen in renommierten Konzertsälen, Auftrittsmöglichkeitenkommt be- Ensemble Jedes melden. an- Stuttgart in 2016 Mai 29. zum Chorfestbis sche 26. vom Besetzungenund Deut-das für Gesangsensembles aller Genres und Chöre sich können 2015 Dezember 31. zum bis Noch hita Hpnr Präsident Höppner, Christian musiziert“, „Jugend bewerbs Bundeswett- des Vorsitzender und Gutzeit, VdM-Ehrenvorsitzender von Reinhart ster, Mün- Stadt der bürgermeister Ober- Lewe, Markus sterium, Bundesjugendmini- vom szus lienministerium, Bettina Bund NRW-Fami Neuendorf, im Staatssekretär Bernd von gen Beiträ- nungsveranstaltungmit gibt DVD Eröff- die in Einblicke ebenso Die Vielfalt. ler nössischer Musik und kulturel- Vermittlunghinderung, zeitge- Be- mit Menschen mit sowie Senioren mit Musizieren zu kussionen und Musikbeiträgen Dis- Workshops, vielfältigen standThemamit das Inklusion Kongresses des Zentrum Im ■ ■ Deutscher Chorverband Verband deutscher Musikschulen - - www.chorfest.de www.deutsche-chorjugend.de gen. Block Übun- praktische viele sowie theoretischen einen beinhaltet und Hauptthema fang 2017. Jedes Modul hat ein Jahr von Frühjahr 2016 bis An- ein über sich verteilen blöcke Seminar- vier Die mitnehmen. entwicklung des eigenen Chors Weiter- zur Impulse wichtige stufe beteiligen. Leistungs- seiner in Ensemble jedes sich kann wird, getragen chen Schwierigkeitsgraden aus- unterschiedli- in Wettbewerb der Weil Musikepochen. und Stilen nach sondern tungen, richtet sich nicht nach Chorgat- Kategorien der Großteil Der Besondere: Das Wettbewerbteilzunehmen. am Kategorien bclsknet tk five“ „take Abschlusskonzert Teilenallen zum hin bis NRWs Abend mit zehn Ensembles aus NRW NRW- zum Konzert das sowie desjugendorchesters zu finden. Das Konzert des Lan- Kongresseröffnung zur Stadt Hürth der Musikschule nich Metter- Josef der Ensemble“ terkulturellen „West Ost Diwan der Stadt Münster oder vom in- Westfälischen Schule für Musik der Barockorchester“ fälischen das Konzert vom „Jungen West JEKISS-Schulen, Münsteraner 28 der vier aus chorkindern Auftritt von 120 JEKISS-Schul- der wie Höhepunkte sikalische Bundesvorsitzender. VdM- Rademacher, Ulrich wie so Kulturrats, Deutschen des Auf der DVD sind auch mu- - - VERBÄNDE setzt setzt auf diese Weise Impulse Musikwelt, der Akteure alle für das Konzertwesen kontinuier- lich zu be- zu modernisieren Musik die für Menschen und geistern. Am 26. November 2015 lädt das netzwerk junge ohren zur Preisverleihung und ein. Berlin nach Jubiläumsfeier stelle vorbereiten möchten. Die möchten. vorbereiten stelle Tagung hat den Schwerpunkt .Kooperationskulturen‘ – Aus- wirkungen auf den Musikun- terricht und auf Vorstellungen Lernen.“ von musikalischem fin- Die Verleihung tionsszene. Zu- in und von Rahmen im det Jazzfest dem mit sammenarbeit Berlin am 6. November 2015 Ber- der Haus im Uhr 17.30 um liner Festspiele statt. Der Ein- tritt ist frei, um Anmeldung wird gebeten unter: dung@albert-mangelsdorff- anmel- preis.de. Achim mit Preisträgerkonzert das wird Kaufmann der Formation „Grünen“, bei der Robert Landfermann am Bass und Christian Lillinger an bestrei- musizieren, Drums den ten. www.jungeohrenpreis.de www.jungeohrenpreis.de Information und Anmeldung: www.albert-mangelsdorff-preis.de www.bmu-musik.de - - Netzwerk Junge Ohren Union deutscher Jazzmusiker Union deutscher

Bereits zum 10. Mal vergibt das vergibt Mal 10. zum Bereits netzwerk junge ohren JUNGE den OHREN PREIS. in- Wettbewerb der spürt 2006 Seit telligente und innovative Pro- duktionen und Projekte von professionellen Musikern, Or- Bil- und Kultur- sowie chestern dungsinstitutionen für neue Publikumsgenerationen auf. Der JUNGE OHREN PREIS Der Pianist Achim Kaufmann „Albert-Mangels- dem mit wird dorff-Preis“ (Deutscher Jazz- preis) geehrt. Der von GEMA- GVL und Förderungs- Stiftung, und Hilfsfonds des Deutschen Komponistenverbandes wird mit Preis 15000dotierte Euro alle zwei Jahre an eine heraus- ragende Persönlichkeit verliehen. Jazzszene deutschen der Er ist der bedeutendste Jazz- preis im deutschen besetzte hochkarätig Die raum. Sprach- Jury würdigt Kaufmann aufregendsten und an- der eine als Persönlichkeiten der europäi- schen Jazz- und Improvisa von Lehramtsanwärterinnen und -anwärtern aller Schulfor- Musik (2. Ausbil- men im Fach dungsphase), Fachberater Mu Kollegin- interessierte sowie sik nen und Kollegen, die sich auf eine Funktions- entsprechende Preisverleihung und Jubiläum PREIS OHREN JUNGE ■ ■ 2015 Albert-Mangelsdorff-Preis © Peter Gannushkin Peter © - aktuell XV aktuell XV DMR DMR neben einem Schwerpunkt auch die weitere inhaltlichen inhaltliche und organisatori- sche Ausgestaltung der nächs ten Zusammenkünfte – etwa auf dem nächsten Bundeskon- gress in Koblenz 2016 – ge- meinsam mit den Teilnehmern sind Angesprochen entwickeln. Ausbilderinnen und Ausbilder Teilhabe Teilhabe für alle ermöglicht. Kulturen dass Bewusstsein, Das untereinander gerade von den Unterschieden und Gegensät- gespielt gehört, Musik wie zen, und gelernt wird, profitieren, mündete in der kul- Erkenntnis, von Musikschule jede dass profitiert. Vielfalt tureller Auswirkungen Auswirkungen zu befassen – gerade im Hinblick auf die ak- ihre und Migrationswelle tuelle Auswirkungen auf die dungslandschaft. Ergebnis der Bil- tiefge- die erst dass war, Tagung Wertschät- und Kenntnis hende zung anderer hier Kulturen lebender ein Zusammenleben mit allen Menschen auf glei- kulturelle und Augenhöhe cher Ab November kann die DVD beim kann November Ab www.musikschu- unter VdM-Verlag len.de oder zum Preis [email protected] von 9,50 Euro zzgl. Versandkosten bestellt werden. Verband deutscher Musikschulen deutscher Verband Bundesverband Musikunterricht

Der BMU möchte die bewährte die möchte BMU Der Tradition der bundesweiten Fortbildungsveranstaltung für Seminarfachleiterinnen und -leiter pflegen und fortsetzen. Mit der geplanten Zusammen- kunft am 30. und 31. Oktober 2015 an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover möchte der BMU rellen rellen Prägungen auf die Mu- nicht dies sikschularbeit.Soweit ver- war, gegeben vorher schon ließen alle die Teilnehmer Ta- gung überzeugt von der allge- meinen Notwendigkeit für die Musikschulen, sich mit der ak- tuellen gesellschaftlichen Ent- kulturellen deren und wicklung Am 17. September 2015 fand die des Tagung VdM „Aus der Kulturelle für die Praxis: Praxis Vielfalt an Musikschulen“ in und Dozenten statt. Dortmund Teilnehmer beschäftigten sich mit den Auswirkungen einer zunehmend wachsenden hete- rogenen Bevölkerung, insbe- in den Metropolregio- sondere nen, und den vielfältig kultu- der Westfälischen Schule für Musik und der vier weiteren Münsteraner Musikschulen in Albachten, Nienberge, Roxel und Wolbeck wurden medial festgehalten. ■ Kulturelle Vielfalt an Musikschulen Vielfalt Kulturelle Tagung für Fachseminarleiter Musik für Fachseminarleiter Tagung © Janko Woltersmann Janko © VERBÄNDE Symposion zurKompositionspädagogik Dirigieratelier ome. isa steht Diesmal kommnen. und Dirigiertechnik zu vervoll- Probenmethodik der Gebieten den auf Arbeit theoretischer und praktischer in sich heit, Gelegen- Teilnehmerndie den gibt Atelier Das fortzubilden. Klemm Ekkehard Dozenten erfolgreichen und erfahrenen des Anleitung unter Tätigkeit ihre für sich eingeladen, sind Kantoren und Studenten ner, Lehrer,Stimmbild-Chorleiter, Chorsinfonik. für rigieratelier und Zwickau ein einmaliges Di- kommenden Jahres in Dresden Anfang veranstaltetVDKC Der etn mt idr ud Ju- und Kindern mit beitens Ar- kompositorischen feldern den verschiedenen Handlungs- zu Diskussionen und tationen führtReferaten,In hat. Präsen- weiterge- seither pädagogik“ Kompositions- zur Gesprächen „Weikersheimer den in und angestoßen Osnabrück schule Hoch- der mit Kooperation in Symposion „musik erfinden“ im Jahr 2010 gleichnamigen gik fort, das sie mit dem ersten Kompositionspädago- zur sion Fachdiskus-bundesweiten der Engagement einer Beförderung ihr JMD die führte kersheim Wei- Schloss Musikakademie der in 2015 September 27. bis 25. vom Symposion dem Mit ■ ■ Jeunesses MusicalesDeutschland Verband Deutscher Konzertchöre Die www.vdkc.de >Projekte www.musik-erfinden.de Dresden aufzuführen. in Schneeberg, Thalbürgel oder dreigroßenAbschlusskonzerte der einem in und erarbeiten zu Plauen-Zwickau Orchester Philharmonischen dem und Philharmonie, Jenaer der ses Zwickau e.V., des Madrigalkrei- Sachsenring Chorvereinigung der Singakademie Dresden, der ren, bestehend aus Mitgliedern Atelierchö- den mit Werk das Möglichkeit, die erhalten mer Teilneh- Die Mittelpunkt. im Schöpfung der aktuellenPreisträger auf. Musikrat GmbH führten Werke Deutschen der Künstler Junger Konzerte Bundesauswahl der Stipendiatenwurde. abschiedet ver- Funktion dieser aus Redel, Christoph Martin Prof. dent JMD-Ehrenpräsi-wettbewerbs, seitherige Künstlerische Leiter und des Bundes- Begründer der der komponiert“,bei gend „Ju- Bundeswettbewerbs des zum Jubiläum des 30. Jahrgangs sion mit einer Festveranstaltung entwickelt werden. lung der noch jungen Disziplin Entwick- weitere die für ven Perspekti- sollten gendlichen Eröffnet wurde das Sympo- das wurdeEröffnet o Jsp Haydn Joseph von DMR aktuell XVI

© B. Zachcial Kurs „Jugendarbeit imEhrenamt“ 2015Bundestagung ree. e Kr fne vom findet Kurs Der erleben. Öffentlichkeitsarbeit und bung Wer- Mittelbeschaffung, rik, men Selbstmanagement, Rheto- liche Jugendarbeit mit den The- vemberwochenende außerfach- No- ersten am können Jahre glieder aller BDZ-Vereine ab 18 Jugendleiter und Vorstandsmit- Urauf- die sicher war hepunkt sik-Abend vor. Glanzvoller Hö- reitete auch einen Kammermu- wandten Kunst verleiht. Sie be- GEDOK in der Sparte der ange- die den aus, Preis Oschmann Klaus den für Festakt den nur nicht richtete Gastgeberin als tagung. Die GEDOK Reutlingen jährlich stattfindenden Bundes- der zu Reutlingen in Jahr sem die- in sich trafen Deutschland ganz der aus GEDOK-Gruppen der Bundesvorstand GEDOK und die Vertreterinnen Der Fontyn Jacqueline Bonn), sitzend:ClotildeLafont-König (GEDOK GEDOK, v.l.n.r.: stehend:GudrunMettig,BrunhildFischer, beideBundesvorstand ■ ■ GEDOK Bund deutscher Zupfmusiker www.BDZ-online.de www.GEDOK.de Anmeldung gebeten. um wird ist, begrenzt merzahl Teilneh- die da aber BDZ, der übernimmt Verpflegung und Unterbringungstatt. land-Pfalz Rhein- Landesmusikakademie 6. bis 8. November 2015 in der che Konzert abgerundet. festli- das wurde Hayashizaki, vier, Kla- für Komposition weiteren war selbst anwesend. Mit einer erhielt, 1966 und 1961 schon Mannheim GEDOK der Preise Kompositions-Preisenlen auch internationa- vielen neben die Komponistin, Die Klavier. und Flöte für Fontyn Jacqueline Stücks ten komponier- 2010 des führung , gespielt von Shoko von gespielt Aura, Seventh Heaven Seventh von 43

Was Sie auch interessieren könnte Richtigstellung: in der Zeitschrift … Zum Beitrag „Zwischen Kontinenten. Forschungsatelier zu musikalischer Das Orchester 9/2015 Bildung in Afrika“ Heftthema: China Musikforum 3/2015 China. Wie weiter mit der Klassik? Von der „Kulturre- volution“ bis heute In dem Artikel von Julio Mendívil und Lilith Warum tragen Chinesen westliche Anzüge? Der Diri- Schön heißt es in den einleitenden Sätzen gent Long Yu über Entwicklungen und Klischees der chi- der Redaktion: „Dass Bildungskonzepte erar- nesischen Klassikszene beitet und laufend überdacht werden, gilt Die Partei redet mit. Der Hornist Xiaoming Han über Perspektiven des für uns als selbstverständlich. In Afrika ist es chinesischen Konzertlebens das nicht.“ Leuchtende Augen sind der Dank. Das MDR Sinfonieorchester engagiert Die Autoren möchten sich deutlich von die- sich für die „Lebenshilfe e.V.“ sem Absatz distanzieren. Diese Sätze versu- Hollands Orchester rücken zusammen. Rob Streevelaar, Sprecher der Or- chen eine einleitende Zusammenfassung, die chestermanager der niederländischen Sinfonieorchester, zu den nicht nur inhaltlich im Widerspruch zu den Ergebnis- negativen Auswirkungen des harten Sparkurses der niederländischen Regie- sen des Forschungsateliers und dem veröf- rung fentlichten Artikel steht. Mangelnde Bil- Info: www.dasorchester.de dungskonzepte in Afrika waren weder Ge- genstand noch Ergebnis des Forschungs - ateliers. Aus dem Artikel geht im Gegenteil hervor, dass wir auch häufig unreflektiert Neue Zeitschrift für Musik 4/2015 handeln und in welchen Bereichen uns die Heftthema: England afrikanischen Kollegen ein Vorbild sein kön- Drei britische Komponisten im Porträt: James Saunders, nen. Luke Bedford, Steven Daverson Daher schlagen die Autoren folgende Rich- Delia Derbyshire und der BBC Radiophonic Workshop tigstellung vor: „Bildungspläne sollen erar- Zwischen Indien und England. Der wiederentdeckte beitet und laufend überdacht werden. Um Komponist John Foulds (1880–1939) diese Forderung in einen notwendigen inter- Porträt: Geschichtet gegenwärtig. Zur Musik der Komponistin Sarah nationalen Austausch einzubinden, kamen Nemtsov auf Initiative des neuen UNESCO-Lehrstuhls Diskussion: Ernstfall Kinderoper ‚Cultural Policy for the Arts in Development‘ Klangmomente: Der Mythos der Neun. Zu den letzten Sinfonien von am Institut für Kulturpolitik der Universität Ralph Vaughan Williams und Malcolm Arnold Hildesheim in diesem Jahr zum zweiten Mal Auch als App erhältlich! Wissenschaftler zu einem internationalen Info: www.musikderzeit.de Forschungsatelier zusammen, um kulturelle Bildungskonzepte zu diskutieren, zu entwi- ckeln und Grundlagen für die praktische Umsetzung auszuarbeiten.“ organ – Journal für die Orgel 3/2015 Studieren im Zeichen der Ökumene. Orgelstudium an der Hochschule für Musik Freiburg Aufbruch in die Moderne. Das Orgelprojekt in der evangelischen Bischofskirche St. Martin zu Kassel Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder … Kinder und klassische Orgel(musik) – geht das? Margareth Tumler: Auf zu neuen Ufern! Plädoyer für die Professionalisie- rung der Orgelpädagogik Info: www.organ-journal.com

4/15 44 musik und politik Dirigieren – keine Frage des Geschlechts

Dirigentinnen in Berufsorchestern unterrepräsentiert Anke Steinbeck © Pedro Malinowski © Pedro

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Giedre˙ Šlekyte˙ wurde von 2013 bis 2015 durch das Dirigentenforum des Deutschen Musikrats geför- dert. Im Rahmen eines Meisterkurses arbeitete sie mit den Dortmunder Philharmonikern zusammen.

In Deutschland gibt es 131 Kulturorchester, drei Chefpositionen sind aktuell von Frauen besetzt. Das ergibt eine deutschlandweite Repräsentanz von 2,3 Prozent. Während in der musikalischen Kinder- und Jugendarbeit und im Laienbereich zahlreiche Dirigentinnen zu finden sind, bleibt die höchste Position mittlerer und großer Orchester männlich dominiert. Anke Steinbeck plädiert für ein neues Rol- lenbild jenseits des Mythos Maestro.

„Wenn Sie wenigstens nackt dirigie- tinnen befragt. Ein Ergebnis dieser Befra- seit einigen Jahren Kapellmeisterin an der ren würde“, „Symphonie in blond“, gung war, dass für viele Musikerinnen Komischen Oper Berlin ist. Doch geht es „Auf Wagners Absätzen“ – solche Schlag- und Musiker in Deutschland Dirigentin- bei unserer Auswahl nie um das Ge- zeilen sind, seien wir ehrlich, für jeden nen noch nicht zum Orchesteralltag ge- schlecht, sondern stets um die Qualität. Künstler eine Ohrfeige. Dort, wo die Mu- hören – die meisten haben nur ein oder Bei einer durchschnittlichen Bewerberin- sik und die künstlerische Leistung im zweimal mit Dirigentinnen gearbeitet, oft nenquote von unter 15 Prozent ist es da- Vordergrund stehen sollten, wird etwas im Rahmen des „Dirigentenforums“. her nur natürlich, dass wir entsprechend ganz natürliches, das Geschlecht, in den Auch orchesterintern wurden nur verein- wenig Frauen in der Förderung haben“, Mittelpunkt gestellt. Für Dirigentinnen zelt Vorbehalte gegenüber Dirigentinnen sagt Andrea Meyer-Borghardt, Projektlei- waren solche Pressekritiken lange Zeit wahrgenommen: Dirigentinnen seien terin des „Dirigentenforums“. Alltag. „Ich bin es gewohnt, mit Männer- „zickig“, „nicht gelassen genug“, „nicht Warum vergleichsweise wenige Dirigen- fantasien zu tun zu haben“, sagt Simone durchsetzungsstark und belastbar ge- tinnen im Orchesteralltag ankommen, Young, eine der renommiertesten Diri- nug“, „körperlich schwach“. Die meisten lässt sich schwer ausmachen. In den Ge- gentinnen dieser Zeit und ehemalige Ge- Orchestermitglieder zeigten sich jedoch sprächen mit mehreren Dirigentinnen in neralmusikdirektorin in Hamburg in ei- weiblichen Dirigenten aufgeschlossen: Deutschland wurden ausbildungsinterne nem Interview mit der Welt am Sonntag, „Es ist lediglich immer noch ein unge- Hindernisse oder Probleme an den Hoch- „das Problem ist, dass sie meist außer- wohntes Bild, aber mehr auch nicht“. schulen kaum angeführt. Allerdings sind halb der Orchester blühen. Mit den Mu- Vielmehr wünsche man sich eine Diri- auch hier die Erfahrungen individuell, wie sikern komme ich nach zehn Minuten gentin oder einen Dirigenten, der „etwas sich kürzlich bei einem Gender-Scree- überall zurecht.“ zu sagen hat“. Eine Führungspersönlich- ning zum Thema „Musikleitung und Di- Woran liegt es, dass es bei großen Sinfo- keit, die die Musiker fordert und fördert, rigieren“ an der Universität für Musik nieorchestern bis heute so wenig weib- die das Orchester weiterentwickeln kann: und darstellende Kunst Wien zeigte: Wäh- liche Dirigenten gibt? Gibt es Kreise, die „Gute Dirigenten, ob männlich oder rend die Podiumsteilnehmerin und Diri- ein Interesse an der Aufrechterhaltung weiblich, sind schwer zu finden. Also her gentin Lin Liao von ihren Professoren, männlicher Dominanz haben? Um es vor- mit dem Frauennachwuchs“, fasste ein anderen Mentoren und Kommilitonen weg zu nehmen: Ein handfester Boykott Musiker die Situation zusammen. durchweg ermutigt wurde, erläuterten lässt sich kaum ausmachen. In einer zwi- An den deutschen Musikhochschulen zwei Zuschauerinnen, dass sie während schen 2006 und 2010 durchgeführten sind die Zahlen angehender Dirigentin- ihrer Dirigierausbildung aufgrund ihres Untersuchung wiesen die direkten Wir- nen seit Jahren steigend, auch im „Diri- Geschlechts Nachteile und Zurückwei- kungskreise, mit denen Dirigentinnen gentenforum“ des Deutschen Musikrats sungen erfahren hätten. Romely Pfund, und Dirigenten zu tun haben (Orchester- stehen die Zeichen gut: „Wir haben in die als Chefdirigentin der Bergischen mitglieder, Manager, Journalisten) Vorbe- den vergangenen 25 Jahren immer auch Symphoniker regelmäßig Nachwuchs-Di- halte gegenüber Dirigentinnen mehr oder Frauen in das Förderprogramm aufge- rigentinnen mit dem Orchester arbeiten weniger vehement von sich. nommen, von denen einige sehr erfolg- ließ, bringt darüber hinaus den Zeitfaktor reich sind, u. a. Mirga Gražinyte˙-Tyla, die ins Spiel: „In Deutschland ist schon die Umfrage in Berufsorchestern mit der Spielzeit 2015/16 Musikdirektorin Studiendauer eindeutig frauenfeindlich“, Im Rahmen der anonymisierten Erhe- am Salzburger Landestheater wird, oder sagt Pfund in einem Interview mit den bung wurden erstmals 33 Berufsorches- Kristiina Poska, die als erste Frau den Schleswig Holsteiner Nachrichten. Sie selbst ter zur Unterrepräsentanz von Dirigen- Deutschen Dirigentenpreis gewann und stammt aus der ehemaligen DDR und hat

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bereits mit 21 Jahren angefangen zu diri- dann kann er nicht so schwer, nicht so gieren, also noch bevor sich bei ihr die außergewöhnlich sein, als dass man wei- Frage nach einer eigenen Familie stellte. terhin einen Mythos um ihn machen „Als die Kinder zur Welt kamen, war ich könnte. [...] Lieber keine Frau am Pult, schon Chef.“ denn sie empfinden es als Abwertung ihres Berufs.“ Visuelle Erscheinung eines Dirigenten Beginnender Strukturwandel Tatsächlich scheinen in der traditionsrei- Doch es rührt sich etwas. Dirigenten wie chen, großen Orchesterlandschaft beson- Sir Simon Rattle, Gustavo Dudamel, Kent ders regressive Kräfte zu wirken. Jasper Nagano oder Andris Nelsons zeigen, dass Parrott, Inhaber der weltweit agierenden der Maestro, der mit der „Allüre des Ge- Agentur Harrison Parrott mit Hauptsitz waltherrschers“ und dem „Gestus des in London, hat fünf Dirigentinnen unter Medizinmanns“ die Orchester führt, aus- Vertrag. Dies ist weltweit Spitze, doch ge- gedient hat. Der bereits eingeläutete rade mit den Orchesterländern Deutsch- Strukturwandel, in dem sich die Orches- land und Österreich macht er die schlech- terlandschaft befindet, erfordert ein Um- testen Erfahrungen: „Niemand sagt, wir denken in jedweder Hinsicht: Mit um- wollen keine Frauen, es ist nur so“, be- fangreichen Marketingstrategien, Schul- dazu, die langjährige Ausbildung vor Pu- tont Parrott gegenüber der Journalistin projekten, Familienkonzerten, Erschlie- blikum zu über- und zu bestehen. Doch Christine Lemke-Matwey. Während In- ßung bisher unbekannter Räume usw. su- jede (sichtbare) Dirigentin hilft, die „glä- strumentalistinnen inzwischen selbst in chen die Orchester nach einem Publikum serne Decke“ zu zerstören und veraltete besonders starken Männerclubs wie den unter vierzig Jahren, einer neuen gesell- Rollenbilder aufzulösen. Schon jetzt wird Wiener Philharmonikern zu finden sind, schaftlichen Verankerung und nach Or- durch die zunehmende Anzahl von Musi- nicht mehr nur an der Harfe und im Tutti, chesterleitern, die sie auf diesem Weg kerinnen, Managerinnen, Journalistinnen sondern zunehmend auch an Stimmfüh- führen und begleiten. Dazu bedarf es tat- usw. die männliche „boundary work“ in rungspositionen, kommt eine Frau gegen kräftiger, kommunikationsstarker Persön- der Orchesterlandschaft unter neue Vor- das Bild des großgewachsenen, grauhaa- lichkeiten und es wäre schlicht und ein- zeichen gestellt und ein flächendecken- rigen, charismatischen „Gott im Frack“ fach unzeitgemäß und gar fahrlässig, qua derer Einstieg auf der nächsten hierar- heute noch schwer an. Sicherlich hält Geschlecht weiterhin auf die Hälfte der chischen Ebene auf Dauer greifbarer. auch das klassische Publikum genau an potenziellen Kandidaten zu verzichten. Gleichzeitig braucht unsere Orchester- dem Rollenbild des mächtigen Maestros Mit Dirigentinnen wie Kristiina Poska, landschaft ambitionierte Führungskräfte, fest, wie immer diese Macht auch ausse- Elim Chan, Shi Yeon Sung, Joana Mallwitz um den anstehenden Strukturwandel zu hen mag: Nicht nur unsere Ohren son- usw. stehen gut ausgebildete, talentierte gestalten – egal welcher Hautfarbe, wel- dern auch unsere Augen haben Wohlge- Künstlerinnen bereit, um die von Simone cher sexuellen Orientierung oder wel- fallen an vertrauten Mustern, an den Young, Marin Alsop, Julia Jones und chen Geschlechts. schwarz gekleideten Männern, die auf Alicja Mounk betretenen Wege weiter zu dem Podium im Gleichstrich eine feier- verfolgen. Auffallend ist allerdings, dass liche Atmosphäre schaffen, Können und zahlreiche dieser Dirigentinnen nicht aus Sicherheit vermitteln. Dies würde visuell Deutschland stammen, sondern einen an- Anke Steinbeck studierte Musikwissenschaft, Ger- manistik und Politik an der Friedrich-Wilhelms-Uni- durch eine Dirigentin in z. B. einem hell- deren kulturellen Hintergrund haben. versität Bonn und der Freien Universität Berlin. Mit blauen Abendkleid und blondem Pferde- Ganz klar: es gehört neben Talent ein lan- ihrer Promotionsschrift Jenseits des Mythos Maestro schwanz, entzaubert? Die Dirigentin Elke ger Atem, eine besondere „Besessenheit“ (Köln 2010) liegt die einzige aktuelle Buchpublikation Mascha Blankenburg formuliert: „Wenn (Simone Young), psychische und physi- zur Situation von Frauen im Dirigierberuf in Deutsch- eine Frau diesen Beruf ausüben kann, sche Kraft und eine große Portion Glück land vor.

4/15 musik und politik 47 © Jürgen Keiper Kristiina Poska wurde als erste Frau mit dem Deutschen Dirigentenpreis aus- gezeichnet (hier im Finalkonzert mit dem Konzerthausorchester Berlin). Sie war von 2008 bis 2013 Stipendiatin im Dirigentenforum des Deutschen Musikrats. Heute ist sie Kapellmeisterin an der Komischen Oper Berlin. QUOTE statt Qualität?

Frauen im Kulturbetrieb. Ein Plädoyer für mehr Chancengleichheit Ulle Schauws

Kultur lebt von Vielfalt. Das sollte auch Kultur lebt von Vielfalt. Mit der Un- ten zu haben. Vielfalt heißt auch, mög- für den Kulturbetrieb selbst gelten. terzeichnung der UNESCO-Konvention lichst viele Perspektiven zuzulassen, ver- Perspektivenvielfalt ist hier aber immer zum Schutz und zur Förderung der Viel- schiedene Blickwinkel zu fördern – zum noch keine Selbstverständlichkeit. Eine falt kultureller Ausdrucksformen hat sich Beispiel von unterschiedlichen Alters- Gleichstellung von Frauen im Kultur- auch Deutschland verpflichtet, diese als gruppen, Nationalitäten und Geschlech- betrieb steht weiterhin aus. Welche Be- gemeinsames Erbe der Menschheit zu tern. Gerade weibliche und männliche reiche besonders betroffen sind und achten und zu bewahren. Aber kulturelle Perspektiven gleichberechtigt nebenei - was die Bundesregierung tun sollte, um Vielfalt heißt eben nicht nur die Auswahl- nanderzustellen, ist immer noch keine diese Missstände zu beseitigen, offen- möglichkeit aus einem möglichst breiten Selbstverständlichkeit im Kulturbetrieb. bart und beurteilt Ulle Schauws. kulturellen Angebot verschiedenster Spar- Ähnlich wie für die Aufsichtsräte der

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oben: Frauen im Vordergrund, wie hier Shermin Langhoff (designierte Intendantin des Maxim Gorki Theaters) … unten: … oder als Masse im Hintergrund?

Männerdomänen Weder Bezahlung, Arbeit oder „Macht- verteilung“ sind bei den ca. eine Million Erwerbstätigen in der Kultur- und Krea- tivwirtschaft in Deutschland aktuell ge- recht verteilt. Ein Mangel an qualifizier- tem weiblichen Nachwuchs ist kein Grund für diese Schieflage. Im Gegenteil: © Heinrich-Böll-Stiftung Trotz einer steigenden Anzahl von Stu- dentinnen in künstlerischen Studiengän- gen steht bis heute eine Gleichstellung von Frauen in allen künstlerischen Spar- ten weiterhin aus. Theater und Orchester erweisen sich – zumindest mit Blick auf die Leitungsebene – als absolute Männer- domänen. Die letzte umfangreiche Studie Frauen in Kunst und Kultur II, die der Deut- sche Kulturrat für die Kultusministerkon- ferenz für den Zeitraum zwischen 1995 und 2000 erarbeitet hat, belegt, dass in dieser Zeit nur drei Prozent der Intendan- zen an Staats- und Landestheatern mit Frauen besetzt waren. Im Bereich der Dirigentinnen und Dirigenten lag der Frauenanteil sogar nur bei ein bis zwei Prozent. Ein etwas aktuellerer Blick auf die Län- derebene bestätigt die Schieflage bei der Besetzung von Stellen im Kulturbetrieb © Ignite New Zealand mit Männern und Frauen. Meral Cerci und Heiner Barz von der Universität Düs- Wirtschaft gilt auch für Kulturbetriebe: Je Röggla gewählt. Gut, dass es nun an der seldorf untersuchten 2013 im Auftrag des höher Gehalt, Ansehen oder Funktion Spitze der Akademie endlich eine weib- Frauenkulturbüros NRW den Frauenan- einer Stelle, desto geringer ist der Frau- liche Doppelbesetzung gibt – bezeich- teil in öffentlich geförderten Kulturinsti- enanteil. nend, dass es hierfür 300 Jahre gebraucht tutionen in Nordrhein-Westfalen. Im Ver- Am 30. Mai 2015 hat die Berliner Akade- hat. Und zufrieden können wir mit der gleich zum Jahr 2000, da waren zwölf mie der Künste erstmals in ihrer über Situation an der Akademie der Künste Prozent der Leitungspositionen bei Phil- 300-jährigen Geschichte eine weibliche trotzdem nicht sein, denn nur 22 Prozent harmonien von Frauen besetzt, ist diese Präsidentin gewählt. Die deutsch-argen- der Akademie-Mitglieder sind Frauen. Es Zahl 13 Jahre später gleich Null. Der An- tinische Filmemacherin Jeanine Meerap- gibt also weiterhin viel zu tun für eine teil der Intendantinnen an kommunalen fel löste den bisherigen Präsidenten Klaus konsequente Gleichstellung von Frauen Theatern liegt nach dem Ergebnis der Staeck ab. Zur Stellvertreterin wurde die und Männern, auch im Kulturbereich. Studie bei sieben Prozent. Im Vergleich zu österreichische Schriftstellerin Kathrin 2000 ist das aber ebenfalls eine ernüch-

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ternde Zahl, denn damals handelte es Das Gebot gilt auch für den Kulturbe- Welche Erfolge hingegen durch verbind- sich noch um 15 Prozent. trieb! Und: Die Politik steht hier in der liche Vorgaben erzielt werden können, Auch im Film- und Fernsehproduktions- Verantwortung, die Gleichstellung von zeigt das Beispiel Schweden. Dort wurde bereich sieht die Situation nicht besser Frauen in öffentlich finanzierten Kultur- 2012 erfolgreich eine Quote für die aus. Aktuelle Zahlen aus der Antwort der einrichtungen und Projekten zu unter- Filmförderung eingeführt. Die Skandina- Bundesregierung auf eine von der Bun- stützen und die dafür notwendigen vier sind damit Vorreiter und gehen kon- destagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen Grundlagen zu schaffen. sequent den Weg einer geschlechterge- gestellten mündlichen Frage für den För- Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die rechten Kulturförderung. Diesem Vorbild derzeitraum 2013/2014 zeigen, wie stark Grünen hat deshalb im November 2014 könnte sich Deutschland anschließen. Regisseurinnen benachteiligt werden. Die einen Antrag in den Bundestag einge- Mehr Chancengleichheit und Offenheit Filmförderungsanstalt (FFA) hat 2013 le- bracht, in dem unter anderem die ge- ständen unserer Kulturellen Vielfalt in diglich eine einzige Koproduktion mit schlechtergerechte Verteilung der öffent- Deutschland sehr gut zu Gesicht. Beteiligung einer Regisseurin unter den lichen Gelder aus dem Etat der Beauftrag- sechs eingereichten Projekten gefördert. ten für Kultur und Medien (BKM) gefor- Bei den Regisseuren waren 16 von 33 dert wird. Dadurch soll sichergestellt Einreichungen erfolgreich. Ähnlich dras- werden, dass sich die Förderkriterien auf tisch fallen die Zahlen bei deutschen Pro- Frauen und Männer gleichermaßen gut duktionen aus: 2013 wurden nur neun auswirken und entsprechend angepasst der 33 eingereichten Projekte mit Regis- werden. seurinnen gefördert – gegenüber 48 von 105 Projekten mit Regisseuren. Die För- Warum eine Quote? derquote liegt bei den Projekten mit Re- Aber nicht nur die Frage nach Vergabekri- gisseurinnen also deutlich unter der von terien muss dringend neu gestellt wer- Vorhaben mit Regisseuren. Bei der auto- den, sondern auch die nach der Einfüh- matischen Filmförderung des Deutschen rung einer Quote zur Erreichung einer Filmförderfonds waren sowohl 2013 als Gleichstellung im Kulturbetrieb. Kaum auch 2014 mehr als 90 Prozent der ge- bringt man diese ins Gespräch, melden förderten Koproduktionen Filme von Re- sich auch schon ihre Kritikerinnen und gisseuren. Kritiker zu Wort: „Ist eine Quote sinnvoll, wenn es um Inhalt, Talent und künstleri- Die Bundesregierung schläft sche Freiheit geht?“ In diesen Bereichen Die berufliche Benachteiligung von Frau- setze sich Qualität durch, heißt es dann en ist ungerecht und den Kulturbetrieben gerne. Dieses Argument ist weder richtig entgeht zudem kreatives Potenzial. Trotz noch stichhaltig. Denn künstlerische Pro- dieser offensichtlichen Missstände hat die duktionen von Frauen leiden nicht an Bundesregierung bis heute keine Initiative Qualitätsmangel. Sie werden behindert zur Förderung und Verbesserung weibli- von den Strukturen eines Systems, das cher Kulturschaffender ergriffen. Das im ihnen Chancen verwehrt. Eine Quote Ulle Schauws ist Medienwissenschaftlerin und seit 2013 Mitglied im Deutschen Bundestag. Als Spre- Artikel 3 im Grundgesetz festgelegte steht der künstlerischen Freiheit daher cherin für Kulturpolitik und Frauenpolitik der Bundes- Gleichheitsgebot verpflichtet die Bundes- nicht entgegen. Im Gegenteil: Eine Quote tagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen setzt sie regierung aber zur Förderung der tat- ermöglicht Chancen und mehr Blickwin- sich u. a. für die Gleichstellung von Frauen in Kultur- sächlichen Durchsetzung der Gleichbe- kel und eröffnet so mehr Freiheit für betrieben und eine bessere soziale Lage von Kultur- rechtigung von Frauen und Männern. Kunst. schaffenden ein.

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Mit einem Klick zur Quelle; hier „Heilig“ von Carl Phillip Emanuel Bach

Digitale Musikeditionen in Forschung und Praxis Joachim Veit

E-Paper, App und Online-Ticket – die text vorlegen und dessen Zustandekom- Das gilt auch für den vermutlich lang- Zeiten von Papier scheinen vorbei. Aber men – ohne den Leser an ihren Überle- weiligsten Teil der philologischen Arbeit: gilt das auch für den Bereich Musik? gungen und Abwägungen wirklich „an- die Quellenbeschreibung, also die Um- Welche Möglichkeiten bieten digitale schaulich“ teilnehmen zu lassen – in ver- schreibung handschriftlicher bzw. musi- Notentexte? Welche Formen gibt es und balen kritischen Anmerkungen rechtfer- kalischer Befunde der Quellen mit Wor- welche Vorteile bringen sie jeweils für tigten, können nun die Musikhandschrif- ten. Sie lässt sich nun unmittelbar durch Musikwissenschaft und -praxis? Joa- ten oder Drucke direkt einbezogen wer- visuelles Material ergänzen. Dies führt chim Veit informiert über Perspektiven den. Projekte wie die britische Online bisweilen zu einer neuen Wahrnehmung und aktuelle Forschungen im Bereich Chopin Variorum Edition oder im deutschen der Notation, wenn nämlich Diskussio- der digitalen Musikedition. Bereich die Akademie-Vorhaben des nen über Schreibgewohnheiten oder Spe- OPERA-Projekts in Frankfurt, der Max- zifika handschriftlicher und gedruckter Reger-Werkausgabe in Karlsruhe oder Überlieferung sowie ihre Deutung in ei- Es ist fast unvermeidlich: Wenn vom teils auch der Weber-Gesamtausgabe in ner Weise in den Mittelpunkt drängen, Einzug der sogenannten Digital Humani- Berlin und Detmold integrieren die die mit der bloßen verbalen Umschrei- ties in den Bereich der Musik die Rede Quellenfaksimiles und erzeugen dadurch bung vollkommen ausgeblendet blieb. So ist, taucht in der Presse sogleich das Bild eine Transparenz editorischer Entschei- können z. B. die Probleme einer Unter- von Orchestermusikern auf, denen – aus dungen, die bisher so nicht möglich war. scheidung von Akzenten und Decrescen- Tablets spielend – nun endlich das lästige do-Gabeln durch ein Digitalisat des his- Blättern erspart bleibt. Die bei der Expo Kommentare unmittelbar torischen Stimmendrucks ebenso augen- 2000 praktizierten Versuche mit Compu- zugänglich fällig werden wie die Schwierigkeiten bei terbildschirmen haben offenbar nachhal- Die genannten Projekte arbeiten mit den der Abgrenzung von Bögen in hand- tig auf unsere Fantasie gewirkt. Einerseits Werkzeugen der Software Edirom, die schriftlichen Partituren. verkürzt dieses Bild die Tragweite gegen- speziell für die digitale Musikedition ent- Die Offenheit vieler Bibliotheken und Ar- wärtiger Entwicklungen, andererseits wickelt wurde. Edirom erleichtert die Ar- chive für diese neuartige Zusammenfüh- wohnt ihm doch auch ein Fünkchen beit des Editors, die mühsame und zeit- rung von Quellen, die weitreichendere (künftiger) Wahrheit inne. raubende Kollationierung von Quellen, Erkenntnisse als bislang ermöglicht, gibt Die Möglichkeit, Musikalien „anzukli- wesentlich: Jeder Takt eines Quellendoku- Anlass zu der Hoffnung, dass für Musiker cken“, kennen alle, die sich frei zugängli- ments kann auf dem Bildschirm direkt und Wissenschaftler künftig Informatio- cher Angebote wie etwa der IMSLP-Platt- angesteuert und parallel zu dem entspre- nen zu einem Werk nicht nur bequemer, form bedienen. Weniger bekannt ist da- chenden Takt in einer anderen Quelle an- sondern hoffentlich auch in weniger gegen, dass sich auch im Bereich der gezeigt werden. Anmerkungen sind nicht kryptisch vermittelter Form zugänglich Musikedition, besonders der wissen- mehr in den Anhang eines Bandes ver- sein werden. Edirom-Editionen verdeutli- schaftlich-kritischen Ausgaben, eine Ent- bannt, sondern im Notentext selbst ver- chen, dass die papiernen Denkmäler (de- wicklung abzeichnet, die in wenigen Jah- ankert. ren Verdienste hier nicht geschmälert ren zu einer kompletten Ablösung der Darüber hinaus lassen sie sich nun the- sein sollen!) in der Regel lediglich einen aufwändig gedruckten, in Leinen gehüll- matisch oder nach Relevanz filtern, so zum Zeitpunkt ihrer Publikation gültigen ten kostspieligen Gesamtausgaben führen dass der Musiker, der sich für Probleme Forschungsstand repräsentieren. Gerade wird und das gesamte Editionswesen in der Artikulation seiner Stimme interes- die Variabilität vieler Werktexte, die in umkrempeln dürfte. siert, gezielt danach suchen kann. Durch mehreren Fassungen oder Überarbei- Diese kleine Revolution vollzieht sich die Möglichkeit, Markierungen im Noten- tungsstufen existieren, kommt auf dem schleichend und in mehreren Schüben. text einzublenden, können beispielsweise Papier nur unzureichend zur Geltung. Ein erster Schub hängt mit den immer Eintragungen fremder Hand oder Diffe- umfangreicher verfügbaren Digitalisaten renzen zwischen der autografen Rein- Codieren von Noten (den Ergebnissen der Digitalisierung) schrift und dem späteren Druck auf einen Letztlich gilt dies aber auch für die neuen musikalischer Quellen zusammen. Muss- Blick wahrgenommen werden – Dinge, digitalen Editionen, so lange sie die bis- ten Editoren früher die Ergebnisse ihrer die in gedruckten Editionen nur um- lang meist verbal umschriebene Varianz Arbeit an den Quellen in einem Noten- ständlich verbal zu beschreiben waren. in den Faksimiles aufzeigen, nicht aber

4/15 Initiative MEI eines Satzes undderEinzelereignisse (Noten)imFormat derMusicEncoding Schaubild zur Verdeutlichung dermusikalischenStruktur derCodierung Webers „Freischütz“ viertaktweise parallelisierte autorisierte Abschriften undderPartitur-Erstdruck (imFokus: T. 134–135). Werkzeug zumKollationieren von QuellenundzugleichzurOnline-Demonstration von UnterschiedenfürdenLeser: Sichtbarsindnebendem Autograph des Terzetts Nr. 9aus

Quelle: music-encoding.org (Ausschnitt ausdermitSoftware Ediromveröffentlichten Editiondes Werks) konzert Nr. derDifferenzen 1f-MollmitMarkierung zurautografen Partitur Erste SeiteausdemErstdruckderSolostimmevon C. M. v. Webers Klarinetten - (Quelle: BMBF-ProjektFreischütz Digital)

Quelle: DFG-Projekt Edirom Quelle: BMBF-Projekt Freischütz Digital bildung | forschung 53

praktisch nutzen können. Um dies zu er- diert sind, werden neue Formen der Su- darauf aufbauen kann. Hier kommen die reichen, müssten sämtliche Varianten in che in den Daten möglich, aber ebenso sogenannten Digital Humanities ins einen Notensatz überführt, die Varianten- vielfältige Manipulationsmöglichkeiten, Spiel: In ihrer Verantwortung liegt nicht bündel in eine Partitur eingefügt und ein die wiederum in Notentextdarstellungen nur die dauerhafte und für die Wissen- modularer Notentext erstellt werden. rücküberführt („gerendert“) werden schaft freie Bereitstellung und Erweite- Diese Aufgabe setzt wiederum voraus, können. rung der einmal erarbeiteten Daten und dass Musik in eine durch den Computer Damit rückt dann die eingangs erwähnte Erkenntnisse und der zu ihrer Nutzung manipulierbare Zeichensprache über- Tablet-Nutzung wieder in den Blick: Ge- notwendigen Tools. Vielmehr geht es ih- führt werden kann, also in eine Reprä- rade für die Probenarbeit eines Dirigen- nen ganz wesentlich um die Vermittlung sentationsform, die es erlaubt, Rechner- ten sind Manipulationen in einer digita- kulturwissenschaftlicher und informa- operationen wie Suche, Auswahl, Erset- len Partitur, die dann unmittelbar in die tionstechnischer Horizonte. Inwieweit zen, Transformieren u. a. in der Musik Stimmen der Musiker übertragen wer- die in hohem Maße auf Interpretation auszuführen. den, keine Zukunftsmusik mehr. angewiesenen Erkenntnisse im Bereich Solche Formate wurden verschiedentlich der Musik und anderer Geisteswissen- schon probiert, zum Erfassen der spezifi- Freischütz Digital schaften auch mit quantitativen bzw. schen Phänomene einer kritischen Musik - Die auf den Notentext im engeren Sinne rechnergestützten Methoden zu erzielen edition sind sie aber meist zu einfach ge- bezogenen Veränderungen dürfen jedoch sind bzw. mit welchen veränderten Kon- strickt. Erst mit der Einführung der XML- nicht isoliert gesehen werden; denn un- zepten Informatiker solche Aufgaben an- Sprachen entstand die Möglichkeit einer ter dem Verdikt der Digitalisierung wach- gehen müssen, gehört zu den offenen umfassenderen, zugleich für Maschinen sen unterschiedliche Bereiche in neuarti- Fragen. und Menschen lesbaren Dokumentation ger Weise zusammen. Das BMBF-Projekt In dem an der Universität Paderborn ge- schriftlich notierter Musik. In Anlehnung „Freischütz Digital“ ist ein Beispiel: Ne- gründeten Zentrum „Musik – Edition – an den international verbreiteten Codie- ben den primären Notentext treten hier Medien“ haben Musikwissenschaftler rungsstandard der Text Encoding Initiati- digital aufbereitete Textquellen wie Brie- kürzlich Informatiker durch die Demons- ve (TEI) wurde an der University of Vir- fe, Tagebücher, Schriften des Komponis- tration der Variabilität und Kontextabhän- ginia eine Music Encoding Initiative ten, das Libretto, Quellen zu dessen Ent- gigkeit musikalischer Zeichen überrascht. (MEI) gestartet. Überführt in ein stehung und weitere Referenztexte etwa Umgekehrt aber reagierten die Informa- deutsch-amerikanisches DFG-NEH-Pro- zur Rezeption des Werks. Erstmals wer- tiker mit einer Kritik an Codierungskon- jekt hat die MEI inzwischen ein leis- den auch akustische Zeugnisse einbezo- zepten, die Grundfragen informations- tungsfähiges, modulares XML-Musik- gen und Möglichkeiten des Interpreta- technischer Modellierung unzureichend codierungsformat in einer weltweiten tionsvergleichs vor dem Hintergrund der berücksichtigen. Die künftige engere Zu- Gemeinschaft von Wissenschaftlern ge- präsentierten Notentexte mit der Option sammenarbeit beider Bereiche, der Geis- schaffen, das auch die genannten Varian- einer Auswahl oder Hervorhebung ein- teswissenschaften und der Informatik, ten ohne Probleme integriert. Sie ermög- zelner Stimmen geschaffen. unter dem Dach der Digital Humanities, licht es, fast alle bisher verbal beschriebe- Was dabei entsteht, ist eine Art Archiv an die sich ja aus den Erfahrungen vieler an- nen editorischen Phänomene im Noten- Informationen rund um das Werk, das derer Fächer speist, verspricht also auch text selbst darzustellen, indem sie co- Nutzer mit unterschiedlichsten Interessen für die Musik spannend zu werden. In ei- diert, d. h. in verarbeit- und in Notation in unterschiedlichster Weise und Tiefe ex- ner Forschungslandschaft, die vermutlich rücküberführbare Daten übertragen sind. plorieren können. Dieses Archiv ist nicht in wenigen Jahren kaum wiedererkenn- Traditionelle Verzeichnisse im Anhang ei- statisch, sondern grundsätzlich erweiter- bar ist, dürfte sie manch überraschendes nes Notenbands sind damit obsolet ge- bar. Fragestellungen können dabei nicht Ergebnis hervorbringen. worden. nur werkbezogen, sondern z. B. auch auf Die Tragweite dieser Entwicklung ist mo- das Schaffen eines Komponisten insge- mentan allenfalls in Umrissen erkennbar. samt oder das Phänomen Oper in einem Musik kann erstmals kostengünstig in ei- bestimmten Zeitraum bzw. einen spezifi- Joachim Veit betreut als Editionsleiter der Carl-Ma- ner Weise variabel „erzeugt“ werden, die schen Typus von Opern ausgeweitet wer- ria-von-Weber-Gesamtausgabe am Musikwissen- nun auch die praktische Nutzung ver- den. schaftlichen Seminar Detmold/Paderborn mehrere schiedener Fassungen eines Werks in Dies alles setzt voraus, dass die in einzel- digitale Editionsvorhaben und ist Vorstandsmitglied greifbare Nähe rücken lässt. Sobald um- nen Projekten erzeugten Daten zugäng- des Verbands Digital Humanities im deutschsprachi- fangreichere Korpora im MEI-Format co- lich bleiben und die weitere Forschung gen Raum.

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Schule trifft Forschung – Forschung trifft Schule

Zum Auftakt von „Schulen erforschen Musik in Brandenburg“ Dörte Schmidt

Wie können Schülerinnen und Schüler der Oberstufe sich wissenschaftlich mit musikalischen Fragen auseinandersetzen? Das Projekt „Schulen erforschen Musik in Brandenburg“ der Universität Potsdam in Zusammenarbeit mit den Schulen in Ein Schüler der 13. Klasse der Brandenburg fördert wissenschaftliches Denken von Schülerinnen und Schülern Musikbetonten Gesamtschule Paul Dessau in Zeuthen bei der Präsentation seines im Bereich der Musik. Ziel ist die Gleichwertigkeit des Faches zu Fächern wie Ma- Preis-Projektes von Jugend forscht thematik, Biologie, Deutsch oder Geschichte. zum Kammerton „A“ per Laserstrahl

Wie lässt sich auf Musik bezogenes richtsfach Musik und schulische Ensem- gend und Sport, sowie Ulrike Liedtke, wissenschaftliches Denken in der Sekun- bles gilt es zu stärken. „Schulen erfor- MdL, Vizepräsidentin des Deutschen darstufe II und im Abitur fördern? Das schen Musik in Brandenburg“ möchte Mu sikrats und des Landesmusikrats Bran- Department Lehrerbildung der Human- Schülerinnen und Schüler der Sekundar- denburg. Schülerinnen und Schüler der wissenschaftlichen Fakultät an der Uni- stufe II befähigen, sich wissenschaftlich Gesamtschule „Paul Dessau“ Zeuthen versität Potsdam übernimmt eine Initiati- mit musikalischen Fragen auseinanderzu- und aus dem Vicco-von-Bülow-Gymna- ve des Landesmusikrats Berlin und sendet setzen. Gefördert werden besonders Be- sium Stahnsdorf und beteiligten sich an auch in Brandenburg einen Impuls in gabte und ein generell forschendes Ler- der Diskussion in Arbeitsgruppen und im diese Richtung aus: „Schulen erforschen nen im Fach Musik. Im Verlauf des Pro- Plenum. Musik in Brandenburg“ – weil sich die jekts, das die Universität Potsdam unter Forschung über Musik weiterentwickelt Leitung von Birgit Jank und musikwis- Einheit von Forschung und Lehre wie die Forschung über jeden anderen senschaftlich verantwortet von Christian Die Idee, Schule – speziell Oberstufen- Gegenstand von Wissenschaft auch, weil Thorau in Kooperation mit dem Landes- schülerinnen und -schüler – und For- sich sowohl der Gegenstand Musik selbst musikrat Brandenburg initiiert hat, sollen schung im Bereich der Musikwissen- aber auch wissenschaftliche Ansichten zudem neue Formen der Zusammen- schaft in Kontakt zu bringen und daraus über Musik ändern, weil sich Methoden arbeit zwischen der Universität Potsdam einen Wettbewerb zu machen, d. h. dies erweitern oder neu erfunden werden und Schulen des Landes Brandenburg er- auch auf eine öffentliche Bühne zu he- und neue Vergleiche zu neuen Ergebnis- probt werden. ben, kam ursprünglich im Rahmen eines sen kommen, weil Kontakte Jugendlicher Dörte Schmidt, Vizepräsidentin des Lan- Runden Tisches „Bildungs- und Wissen- zu Forschungseinrichtungen auch Kon- desmusikrats Berlin und Professorin für schaftslandschaft: Musik in Berlin“, den takte zu musikwissenschaftlichen Institu- Musikwissenschaft an der Universität der der Berliner Landesmusikrat 2011 ins Le- tionen sein können. Ziel ist die gleichran- Künste Berlin, eröffnete das Projekt mit ben gerufen hat. Ziel war es, die wissen- gige Behandlung der schulischen Unter- einem Vortrag. Zu den Gästen der Eröff- schaftlichen Forschungs- und Bildungs- richtsfächer, denn Musik ist nicht weni- nungsveranstaltung zählten unter anderem einrichtungen besser zu vernetzen und ger wichtig als Mathematik, Biologie, Thomas Drescher, Staatssekretär im Bran- auch als Stimmen eben nicht nur in den Deutsch oder Geschichte. Das Unter- denburger Ministerium für Bildung, Ju- wissenschaftspolitischen, sondern auch

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den aktuellen kultur-, musik- und bil- blicken. Der Geiger und Komponist Jo- dium auf universitärem Niveau, den Stu- dungspolitischen Diskussionen im Land seph Joachim stellte sein nicht zufällig dienräten der anderen Fächer formal und Berlin hörbar zu machen, ein Anliegen, gemeinsam mit dem Musikforscher sachlich gleichgestellt werden sollten. Ein das die Gesellschaft für Musikforschung Friedrich Chrysander entwickeltes Kon- veritables akademisches, d. h. zuerst dem als dem Fachverband der Musikwissen- zept einer „Universität für Musik“, das Gegenstand und nicht dem Zweck ge- schaftler in Deutschland immer wieder der Gründung der Königlichen Hoch- widmetes Studium, ersetzte program- mit dem Deutschen Musikrat und den schule für Musik in Berlin 1869 zugrun- matisch die rein handwerkliche Berufs- Landesmusikräten verbindet. Dabei ging de lag, programmatisch auf eben diese ausbildung in den alten Lehrerseminaren. es zunächst darum, die akademische Säulen: Kunstausübung, Kunsterfahrung Damit wurde das Fach Musik zum einen Landschaft im Bereich der Musik in ihrer und kritische Reflexion (was zu dieser als eine der Säulen der Kunst- und Kul- nicht nur deutschlandweit einzigartigen Zeit noch vor allem philologische Text- turvermittlung an den Schulen gleichbe- Vielfalt und methodischen wie inhaltli- Kritik und Quellenkunde hieß, sich aber rechtigt in den schulischen Bildungska- chen Breite zu erkennen, und dabei deut- – wie man an der Geschichte des Hauses non eingerückt, zum anderen aber wurde lich zu machen, wie sehr es zur Musik- sehen kann – bald erweiterte). Bis heute die Ausbildung von Lehrerinnen und kultur unseres Landes gehört, dass Musik prägt das die professionelle akademische Lehrern auch Teil einer universitären Auf- sowohl künstlerische Praxis, Gegenstand Ausbildung von Musikern wie Musikwis- gabe in direktem Kontakt mit allen ande- ästhetischer Erfahrung ist, als auch in senschaftlern. Spätestens seit Leo Kesten- ren akademischen Studienrichtungen – vielfältiger Weise zum Ziel forscherischer berg, der zwischen 1918 und 1934 als wohlgemerkt bei den gleichen Lehrerin- Neugier und kritischer Reflexion wird – Ministerialbeamter die Musikausbildung nen und Lehrern wie in den rein wissen- das gehört genuin zu unserem Musikbe- entscheidend mitbestimmte, gilt es in schaftlichen Curricula und unter den Be- griff und damit auch zu unserer Musik- Preußen auch für die professionelle aka- dingungen der Einheit von Forschung kultur dazu. demische Ausbildung von Musiklehrern und Lehre. Will man die Verortung der Musik in der an weiterführenden, d. h. zum Studium öffentlichen Bildungs- und Hochschul- qualifizierenden Schulen, die gerade Wissenschaftspolitik heute landschaft in Berlin verstehen, liegt es na- durch ihre Doppelqualifikation, das Mit Sorge beobachten wir seit einigen he, zumindest kurz in die Geschichte zu künstlerische und wissenschaftliche Stu- Jahren, dass dieser Anspruch zunehmend

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Podiumsdiskussion mit Christian Thorau, Dörte Schmidt, Birgit Jank, Thomas Drescher, Ulrike Liedtke (v.l.n.r.)

gleich in keiner Weise organisatorisch, der Verweis auf den derzeit so öffentlich- keitswirksam gefeierten Jubilar „Jugend forscht“ mit, der sich weitgehend auf die Naturwissenschaften konzentriert. Mit dem Gegenstand Musik können wir me- thodisch ein weites Spektrum aufspan- nen, das von geistes- und kulturwissen- schaftlichen über gesellschaftswissen- schaftliche bis in natur- und technikwis- in Gefahr gerät. Er ist unvereinbar mit ei- Vorschub. Die daraus resultierende deutli- senschaftliche Perspektiven reicht. Damit ner Wissenschaftspolitik, die sich ganz che Tendenz zur Verlagerung des Schwer- können wir eben nicht nur das Fach Mu- augenscheinlich von den Geistes-, Kunst- punkts auf eine Anwendbarkeit, die auf sik selbst, sondern sehr viele weitere und Kulturwissenschaften entfernt und Kosten der gegenstandsbezogenen künst- Schulfächer von Geschichte über Politik die vielerorts „Forschung“ in die Zustän- lerischen und wissenschaftlichen Ausbil- bis zu Physik oder Informatik involvieren digkeit von Wirtschaftsministerien rückt dungsanteile geht, senkt die fachliche, und damit letztlich auch zeigen, welch – eine Tendenz, die sich durch die fort- vor allem aber auch die genuin akademi- wichtige Stellung Musik als Gegenstand schreitende Ökonomisierung des Schul- sche Qualität des Schulmusikstudiums – forscherischer Neugier wie kritischer Re- und Hochschulbereichs von GATS bis und damit offensichtlich seine Attraktivi- flexion auch in dieser Hinsicht hat. TTIP noch verstärken wird. Jener An- tät – ganz beträchtlich; viel wichtiger ist Der fachliche und eben nicht auf pädago- spruch ist ebenso unvereinbar mit den aber: Es wird damit auch ein bis vor kur- gische Ausbildung reduzierte Kontakt aktuellen Plänen zu einer letztlich auf zem noch unbestrittener gesellschaftli- zwischen Wissenschaftlern, Schülern und ausschließlich berufs-(d. h. stellen-)bezo- cher Konsens über kulturelle Werte auf- Lehrern hält überdies der methodisch genen und weniger auf akademische Bil- gegeben. wie inhaltlich so sehr breiten Disziplin dung ausgerichteten Reform der Musik- Musikwissenschaft ihre kulturpolitische lehrerausbildung (wenn nicht der Leh- Ziele des Projekts Bedeutung im Bewusstsein und verankert rerbildung überhaupt) wie auch zur, Mit „Jugend forscht: Musik“ versuchen sie, die immer auch in Gefahr steht, sich letztlich auch ökonomischen Erwägun- wir nun, nicht einfach nur Musikfor- in einer davon vielfach abgekoppelten gen folgenden, Praxis der Einstellung von schung als eine Option dem Oberstufen- Wissenschaftswelt zu isolieren, in Kultur Musiklehrerinnen und -lehrern in vielen unterricht einzugliedern (der ja nicht zu- und Gesellschaft, auf denen ihr For- Bundesländern. Auch die auffällige Kon- letzt für das Hochschulstudium qualifi- schungsgegenstand letztlich gründet. junktur der empirischen Bildungsfor- zieren soll), sondern Schülerinnen und Auch dies könnte dazu beitragen, den ge- schung verbindet sich mit diesem Den- Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer in fährdeten gesellschaftlichen Konsens da- ken, das von der Vorstellung von „Bil- Kontakt mit Forschungseinrichtungen zu rüber zu festigen, dass Musik ein integra- dungsrenditen“ getragen ist, und bringt bringen – und nicht zu vergessen: umge- ler Bestandteil unserer Kultur ist. Strategien der „Qualitätssicherung“ in kehrt diese mit der Schule. Wir sehen da- In Berlin haben wir gleichermaßen erlebt, die Debatte. Breite Akzeptanz dafür si- rin eine Möglichkeit, an dem für die wie fruchtbar das für alle Beteiligten ist, chert die camouflierende, mehrdeutige Künste und für die auf sie bezogenen wenn es gelingt, aber auch, wie groß auf Terminologie: Was kann man gegen die Wissenschaften so lebenswichtigen Kon- beiden Seiten die Vorbehalte gegenüber Sicherung und Verbesserung der Qualität sens über die Notwendigkeit einer Ver- sein können. Beides ist unser Ansporn, von Bildung schon haben? Von vielen na- bindung des Akademischen mit dem Ge- zeigen doch zum einen gerade auch die hezu unbemerkt wird hier allerdings der sellschaftlichen jenseits von unmittelba- Vorbehalte, wie eingeschränkt das Bild ursprünglich wertorientierte Qualitätsbe- rer Zweckorientierung festzuhalten. Wir vom jeweils anderen oft ist und wie sehr griff der Bildungsdebatte durch den pro- verstehen uns damit ganz praktisch ei- die Kultur der Sichtbarkeit prägt, was wir dukt- und kundenbezogenen der Ökono- nerseits als parallele Säule zu „Jugend für möglich halten. Gerade solche Bilder, mie überblendet und leistet einmal mehr musiziert“ und stärken damit die doppelte das wissen alle, die politisch tätig sind, jener an vielen Stellen unserer Gesell- Grundierung der musikalischen Bildung prägen oft das politische Handeln. Auf schaft wirksam werdenden unseligen Al- im Künstlerischen wie in Forschung und der anderen Seite aber zeigen die gelun- lianz zwischen der Institutionenkritik der kritischer Reflexion. Gleichzeitig schwingt genen Projekte, wenn sie dann von den Alt-68er und neoliberalistischen Ideen darin aber auch programmatisch, wenn- Schülerinnen und Schülern, wie in Berlin

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im Rahmen von „Jugend-musiziert“- nichts anderes tun, als uns unsere großen nen. Herausgekommen ist eine wunder- Preisträgerkonzerten, präsentiert werden, Fragen auf solche verdaubaren Untersu- bare kleine Studie über diese Briefe und wie wunderbar es ist, wenn sich die mu- chungsfelder herunterzubrechen, eine er- den darin zu findenden künstlerischen sizierenden und die forschenden Schüle- staunliche Fantasie entwickeln, wenn uns Austausch und gleichzeitig eine intensive rinnen und Schülern gegenseitig erleben Schülerinnen und Schüler Fragen vorle- eigene Erfahrung mit der Welt der For- und beide Umgangsweisen mit Musik gen, auf die wir vielleicht nicht gekom- schung, die bleibt. Die Erfahrung der sich auf einem Podium wieder zusam- men wären. Sinnhaftigkeit solchen Tuns wird diese menfinden. Damit bietet „Jugend forscht: Dabei geht es oft gar nicht darum, dass Schülerin ebenso wie die Erfahrung der Musik“ schließlich auch der üblicherwei- jemand Wissenschaftlerin oder Wissen- Sinnhaftigkeit künstlerischer Arbeit wei- se öffentlich nicht sichtbaren, aufwändi- schaftler werden möchte: Eine Schülerin, terhin prägen, unabhängig davon, was sie gen, aber für die Vermittlung des kultu- die ich betreut habe, möchte Sängerin später einmal beruflich tut. Und das ist rellen Werts der Musik in unserer Gesell- werden. Für sie war es schon allein des- für mich ein wichtiger Aspekt. Es lassen schaft so wichtigen kognitiven Arbeit mit halb spannend, mich gemeinsam mit sich damit Schülerinnen und Schüler er- den Schülerinnen und Schülern im Fach ihrer Lehrerin in meinem Büro zu besu- folgreich und intensiv auf eine Weise in Musik eine Bühne. Die Zusammenarbeit chen, weil um mich herum Unterrichts- den Gegenstand Musik verwickeln, die von Wissenschaftlerinnen und Wissen- räume von Sängerinnen und Sängern sich von ihren künstlerischen Erfahrun- schaftlern und Lehrerinnen und Lehrern sind und das als akustische Grundierung gen unterscheidet. Und man kann sogar wiederum trägt bei der Entwicklung des unseres Gesprächs dauernd hörbar war. solche erreichen, die vielleicht selbst Projekts, der Betreuung der einzelnen Ar- In dieser Atmosphäre haben wir uns nicht musizieren können oder wollen – beiten und auch in der Juryarbeit, so ist langsam aneinander und an ihre Interes- oder die noch gar nicht auf die Idee ge- unsere Erfahrung, entscheidend zu einer sen herangetastet und es stellte sich he- kommen sind, dass Musik etwas mit ih- produktiven Kommunikation bei. raus, dass sie eigentlich neugierig darauf ren Interessen zu tun haben könnte. war, wie Komponist und Sänger zusam- Wenn wir künstlerische und wissen- Erfahrungen aus der Praxis menarbeiten, aber dachte, das würde schaftliche Erfahrung ermöglichen, bau- Meine eindrücklichsten Erfahrungen aus man wohl nicht oder nur sehr schwierig en wir entscheidend mit an den kom- der bisherigen Arbeit betreffen vor allem herausfinden können. Tatsächlich kann menden Generationen einer Gesellschaft, zwei Aspekte: „An meiner Schule geht man sich dieser Frage auf sehr unter- die Musik, als künstlerische Praxis und das nicht, bei uns kann eigentlich keiner schiedliche und unterschiedlich an- ästhetische Erfahrung ebenso wie als for- Noten lesen“, habe ich oft gehört, wenn spruchsvolle Weise nähern. Meine Erfah- scherische Neugier und wissenschaftli- ich das Projekt erwähnte, und dann zu- rung sagt, dass es jedenfalls gut ist, mög- che Reflexion, als integralen Teil ihrer rückgefragt, ob es vielleicht Technik- lichst nah an den Gegenstand selbst zu Kultur erlebt hat, und die dann auch den begeisterte gibt oder Schülerinnen und kommen, und als Historikerin weiß ich Konsens weiterhin mitträgt, dass hierfür Schüler, die sich für historische, soziolo- um die Faszination von Originalquellen. gemeinschaftlich Geld aufgewendet wer- gische oder psychologische Fragen inte- Also versuchte ich vom Material aus zu den soll – ohne sofort zu fragen, ob sie ressieren. Sobald das Gespräch begann, denken und erinnerte mich, dass das Ar- selbst unmittelbar an allem Teil hat, was kamen auch die Ideen bei den Lehrerin- chiv der Akademie der Künste den Nach- daraus erwächst. Gerade in einer Gesell- nen und Lehrern. Das hat sich auch auf lass der Sängerin Margot Hinnenberg-Le- schaft, die – jedenfalls in ihren Sonntags- einem Lehrerworkshop bestätigt, den wir fèbre verwahrt, die eng mit Arnold reden – so auf Kulturelle Vielfalt setzt wie zu dieser Frage organisiert haben. Auf der Schönberg zusammengearbeitet hatte. Es unsere, wäre das aus meiner Sicht ein anderen Seite habe ich an mir selbst auch existiert ein Briefwechsel zwischen bei- kaum zu überschätzendes Ziel. Ich denke, erlebt, wie viel Spaß es macht, gemein- den: Die Briefe von Schönberg sind hier dass hier eine zentrale Aufgabe öffentli- sam mit Lehrerinnen und Lehrern zu im Nachlass der Sängerin, können also cher Bildung liegt, die letztlich Musik so- überlegen, wie man eine große Frage im Original eingesehen werden, die an wohl als Schulfach als auch akademische (und Schülerinnen und Schüler haben Schönberg liegen in Wien, sind aber digi- Disziplin in ihrer praktischen wie theore- meistens große Fragen) „bearbeitbar“ tal zugänglich. Wir haben dann zusam- tischen Ausrichtung begründet. macht, d. h. wie man ein erreichbares men ausprobiert, ob die Schülerin mit Dörte Schmidt ist Professorin für Musikwissenschaft und überschaubares Material findet, an den Handschriften zurechtkommt – und an der Universität der Künste Berlin, Präsidiumsmit- das man seine Frage richten kann. Dabei die Expedition in die Welt des Archivs, in glied im Deutschen Musikrat, Vizepräsidentin des können wir Wissenschaftlerinnen und diesem Fall in den Lesesaal des Archivs Landesmusikrates Berlin und der Gesellschaft für Wissenschaftler, die täglich eigentlich der Akademie der Künste, konnte begin- Musikforschung.

4/15 © Takahiro Kyono © Takahiro

Wer kann, darf nicht – und wer nicht kann, darf?

„Metall auf Metall“-Sampling Georg Lecheler

„Leistungsübernahme“ oder musika- mal. Nun befasst sich das Bundesverfas- Hersteller des Tonträgers, durch das Sam- lisch ausgedrückt „Sampling“ ist Teil sungsgericht (BVerfG) anhand desselben pling verletzt wurden. Das missachtete der Musikkultur. „Aus Alt mach Neu“ Falles mit der Frage des Samplings. Moses „Tonträgerherstellerrecht“ ist eines der lautet die Devise und ist für Musiker Pelham entnahm dem Stück Metall auf die eigentlichen Urheberrechte flankie- ein wichtiger Bestandteil ihrer Arbeit. Metall im Jahre 1997 zwei Takte und un- renden „Leistungsschutzrechte“, durch Die rechtliche Lage im Falle der exak- terlegte einen gesamten Song, gesungen das gemäß § 85 Urheberrechtsgesetz ten Übernahme von Tonfolgen ist je- von Sabrina Setlur, damit – allerdings (UrhG) ausschließlich der Hersteller ei- doch nicht mehr so simpel. Einen der ohne Erlaubnis von Kraftwerk. Mitglieder nes Tonträgers berechtigt ist, diesen und derzeit relevantesten Fälle dazu stellt der Band störten sich daran und lösten damit die Aufnahme darauf, zu vervielfäl- Georg Lecheler dar. mit ihrer Klage dagegen eines der weni- tigen oder zu verbreiten. Durch diese Re- gen Verfahren aus, in denen erst zweimal gelung wird die organisatorische, finan- Nicht nur musikalisch ist der Klang der BGH und dann das BVerfG angerufen zielle und unternehmerische Leistung ge- von Metall auf Metall interessant, auch wurden – wegen Samplings. schützt, die in der Aufnahme steckt. Am rechtlich hat er Spannendes ausgelöst: eigentlichen Lied als persönlicher, geisti- Der Song Metall auf Metall von Kraftwerk Die entscheidenden Partikel ger Schöpfung stehen seinen Urhebern aus dem Jahre 1977 beschäftigte den Im Jahr 2004 bestätigte das Landgericht zwar durchaus weitergehende Rechte zu, Bundesgerichtshof (BGH) bereits zwei- Hamburg, dass die Rechte der Kläger, als die aber von etwas anderen Voraussetzun-

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Entsteht Musik durch Menschen oder Maschinen?

gen abhängig sind und anderen Ein- Der starke Schutz trägerherstellers keine Rechtfertigung.“ schränkungen unterliegen. Im Kern dürfte für simple Tonfolgen Ein Verweis auf den „durchschnittlichen das der Grund sein, aus dem der Streit Gegen diese Entscheidung legten die Be- Musikproduzenten“ fehlt hier. Diese Aus- vor allem um das im Prozess leichter zu klagten Verfassungsbeschwerde ein. So- lassung hat auch ihren Grund, denn in beweisende Tonträgerherstellerrecht ge- weit ersichtlich sehen sie das Grundrecht der Urteilsbegründung heißt es ebenso führt wurde. Der Schutz des Tonträger- der Kunstfreiheit nicht genügend berück- eindeutig: „Ist derjenige, der die auf ei- herstellers erstreckt sich dabei auch auf sichtigt. Deshalb sollte nun das BVerfG nem fremden Tonträger aufgezeichneten die nur ausschnittsweise Vervielfältigung, entscheiden. Im Juli dieses Jahres wurden Töne oder Klänge für eigene Zwecke ver- wobei nach Ansicht mancher Gerichte zwei Stellungnahmen der Gesellschaft für wenden möchte, imstande, diese selbst „kleinste Tonpartikel“ bisher ausgenom- Gewerblichen Rechtsschutz und Urhe- herzustellen, stehen die Rechte des Ton- men waren – eine Ansicht, die im Urteil berrecht (GRUR) und der Digitalen Ge- trägerherstellers einer Fortentwicklung zu Metall auf Metall nicht geteilt wurde. sellschaft e.V. veröffentlicht, in denen die des Kulturschaffens nicht im Wege.“ Das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg Rechtsprechung des BGH kritisiert wird. „Derjenige“ – nicht „ein durchschnittli- stimmte der Vorinstanz im Wesentlichen Dabei heißt es, der BGH mache Sampling cher Produzent“. zu. Es ließ zwar die Frage der „kleinsten mit dem Urteil generell unmöglich, Partikel“ offen, sah aber in den betreffen- wenn er die Zulässigkeit der Übernahme Der Maßstab den Takten einen so prägenden Teil der einer Tonfolge an die Voraussetzung Wenn nun das Urteil des BGH – entspre- Aufnahme, dass eine Ausnahme unmög- knüpft, dass ein „durchschnittlicher Mu- chend seiner Begründung, aber entgegen lich sei. sikproduzent“ außer Stande sein muss, dem Leitsatz – so zu verstehen ist, dass Der dann angerufene BGH erklärte schließ- sie nachzuspielen. Gerade Laien, die sich keineswegs generell der „durchschnitt- lich explizit, dass auch die Entnahme heutzutage, Smartphone und Tablet sei lich ausgestattete Musikproduzent“ maß- „kleinster Tonfetzen“ das Tonträgerher- Dank, oft kulturschaffend betätigten, geblich ist, sondern es in jedem Fall auf stellerrecht verletze. Er sprang den Be- würden eingeschränkt. Das Ergebnis sei die Fähigkeiten und Ausstattung desjeni- klagten dann trotzdem zur Seite und er- auch deshalb kurios, weil es einfache gen ankommt, der eine Tonfolge über- klärte, es könne sich um einen Fall ähn- Tonfolgen stärker schütze als komplizier- nehmen will, ist die Aufregung umsonst. lich der zulässigen „freien Benutzung“ te, schwer nachzuspielende. Dann hat der BGH recht, denn kann je- entsprechend § 24 UrhG handeln. Vo- Beides stimmt – und verkennt womög- mand eine Tonfolge selbst einspielen, raussetzung für diese Ausnahme sei aber lich doch, was der BGH im Sinn hatte: gibt es keinen Grund, ihm das zulasten vor allem, dass es nicht möglich war, die Zwar heißt es im amtlichen Leitsatz, der der Rechte Dritter zu gestatten – kann er entnommenen Passagen selbst herzustel- Zusammenfassung der Entscheidung, tat- es nicht, darf er auf die Leistungen ande- len oder einzuspielen. Ob es möglich sächlich etwas sperrig, eine das Sampling rer zurückgreifen. Das macht Sampling war, hatte bis dahin keine Rolle gespielt zulässig machende „freie Benutzung“ sei praktisch aufwändig, aber so ist die und musste vom OLG noch einmal ge- ausgeschlossen, „wenn es einem durch- Rechtslage. Will man sie ändern, muss klärt werden. Das OLG entschied dann, schnittlich ausgestatteten und befähigten man die Rechte des Tonträgerherstellers da es sich bei dem angegriffenen Titel Musikproduzenten zum Zeitpunkt der einschränken. Abzuwarten bleibt, ob das mit der entliehenen Tonfolge um ein „zu Benutzung der fremden Tonaufnahme Verfassungsgericht das kurzerhand selbst kommerziellen Zwecken professionell möglich ist, eine eigene Tonaufnahme tut oder ob sich irgendwann eine Mehr- hergestelltes Musikstück“ handele, es sei herzustellen, die dem Original bei einer heit im Parlament dafür findet. Es gibt für diese Frage auf die Fähigkeiten und Verwendung im selben musikalischen angesichts der technischen Entwicklun- technischen Möglichkeiten eines durch- Zusammenhang aus Sicht des angespro- gen ohnehin genug Anlass, Teile des Ur- schnittlich ausgestatteten Musikprodu- chenen Verkehrs gleichwertig ist.“ heberrechts zu überarbeiten – wobei die zenten abzustellen. Pech für die Beklag- Schon in der Pressemitteilung zum Urteil Meinungen auseinandergehen, in welche ten, denen von Gutachtern attestiert wur- findet sich aber die deutlich allgemeiner Richtung. de, sie hätten die umstrittene Klangfolge gehaltene Aussage, eine „freie Benutzung selbst aufnehmen können und daher ist nach der Rechtsprechung des BGH nicht übernehmen müssen und dürfen. allerdings ausgeschlossen, wenn es mög- Das bestätigte Ende 2012 wiederum auch lich ist, die auf dem Tonträger aufge- Georg Lecheler ist Rechtsanwalt und Partner der der BGH in seiner Entscheidung „Metall zeichnete Tonfolge selbst einzuspielen. In Kanzlei Oppenhoff & Partner. Er berät Mandanten auf Metall II“ (Az. I ZR 182/11). diesem Fall gibt es für einen Eingriff in aus aller Welt im gewerblichen Rechtsschutz, Urhe- die unternehmerische Leistung des Ton- ber- und Wettbewerbsrecht.

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Erklär mir Pop

Viele Popsongs werden über Generationen hinweg gehört und geliebt – sie haben Popgeschichte geschrieben. Doch kennen wir jeweils die Hintergründe der Entstehung, den musikalischen Auf- bau oder die Rezeptionsgeschichte? Udo Dahmen stellt in seiner Kolumne „Erklär mir Pop“ jeweils einen Song und Künstler aus der Popmusikszene vor – mit freundlicher Unterstützung des Udo Dahmen SWR, der die gleichnamige Hörrubrik seit Anfang des Jahres 2013 Udo Dahmen studierte klassisches ausstrahlt. Schlagzeug an der Hochschule für Musik und Tanz Köln. Bevor er von 1983 bis 2003 als Dozent an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg tätig war, arbeitete er als Musikpädagoge und freiberuflicher Musiker. Seit 2003 ist er Künstleri- scher Direktor, Geschäftsführer und Professor der Popakademie Baden- Württemberg. Paranoid Android von Radiohead

Radiohead ist einer der wichtigsten ten Album zu einem Kollektiv, das so- alle Radioheadalben produziert und hatte Vertreter der sogenannten Alternative wohl kompositorische als auch klang- entscheidenden Einfluss auf den Klang Music (Rock) weltweit, wobei eine ein- liche und produktionstechnische Experi- und den Arbeitsprozess der Band. Die An- deutige stilistische Einordnung der Musik mente wagt und das ausgehend von die- regung für den Titel des Songs stammte der Band nicht möglich ist, da das Kol- ser Veröffentlichung auch auf den Nach- aus dem Hitchhiker’s Guide to the Galaxy in lektiv sich beständig musikalisch weiter- folgern Kid A und Amnesiac dieses Kon- der Figur des Roboters „Marvin the Para- entwickelt und verändert. 1998 wurde zept ausweiten wird. Bei der Veröffent - noid Android“, der sich durch Intelli- „Ok Computer“ mit einem Grammy als lichung war die Reaktion der Kritik ver- genz, Langeweile und Depressivität aus- bestes Alternative Music Album ausge- halten bis positiv, jedoch hatte das Album zeichnet. Die Originalversion von Para- zeichnet. Der Rolling Stone platziert den nach mehreren Wochen bereits in Groß- noid Android war mehr als 14 Minuten Song Paranoid Android auf Nummer 256 britannien den ersten Platz in den Al- lang. Ihm zu Grunde lagen drei verschie- der 500 Greatest Songs-Liste. bumcharts erreicht und verkaufte sich dene Kompositionsteile, die ursprünglich Das dritte Album „Ok Computer“, auf weltweit fast drei Millionen Mal. für andere Songs vorgesehen waren und dem Paranoid Android am 13. Juni 1997 Bevor die Band das Album veröffentlich- von verschiedenen Bandmitgliedern ge- erschien, gilt als Meilenstein der Band te, hatte sie verschiedene Songs wie auch schrieben worden waren. Kritiker vermu- und der Popmusikgeschichte. Paranoid Android in zahlreichen Livekon- teten als Inspirationsquelle für die Kom- Nach Anfängen in der populären Musik zerten getestet und dann auf dem Land- position Happiness is a Warm Gun von den u. a. mit ihrer Hitsingle Creep, in der die sitz der Schauspielerin Jane Seymor in Beatles ebenso wie Bohemian Rhapsody von Band als eine weitere Britpop-Variante der Nähe von Bath mit dem Produzenten Queen oder das Werk der Pixies und Pink neben Oasis oder Blur gesehen wurde, und Toningenieur Nigel Godrich aufge- Floyds Artrock-Stil und – in der endgülti- entwickelte sich die Band mit ihrem drit- nommen. Godrich hat seit OK Computer gen auf 6,5 Minuten heruntergekürzten

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Thom Yorke, Frontsänger der Band

Version – die Arbeit der Beatles an Magi- Spannweite von mehr als einer Oktave, Radiohead hat mit allen Veröffentlichun- cal Mystery Tour. Es werden im Song darü- die deutliche Reminiszenzen an King gen und in ihrer Stilvielfalt und Entwick- ber hinaus Einflüsse aus dem Krautrock, Crimson setzt, weitergeführt. Der zweite lung nachweisen können, dass sie seit Progressive Rock und Art Rock z. B. in Teil zeichnet sich unter anderem durch den frühen 1990er-Jahren die Musik- Arrangement und Melodieführung deut- einen Metrumwechsel zum 7/8-Takt aus szene auf ähnliche Weise beeinflusste wie lich. und endet in einem Solo des Gitarristen seinerzeit die Progressiven Rockbands Thom Yorke, der Sänger der Band, Jonny Greenwood. Der dritte Teil entwi- der 1970er-Jahre. Die Band ist sowohl schrieb den Text, nach einem negativen, ckelt ein Chorarrangement mit der darü- musikalisch als auch in ihren außermusi- persönlichen Erlebnis in einer Bar in Los ber liegenden lyrischen Stimme von kalischen Aktivitäten immer auf unkon- Angeles in einer neokapitalistischen, ko- Yorke. Der vierte Teil greift den zweiten ventionelle Weise engagiert, wie kaingeschwängerten Umgebung mit der Teil wieder auf und endet abrupt in ei- z. B. die Veröffentlichung ihres Albums er sich auf sarkastische Weise auseinan- nem furiosen Gitarrensolo im 7/8-Takt. „The King of Limbs“ ohne jede Promo- dersetzt. Das von Magnus Carlsson pro- Interessante Coverversionen von Android tionmaßnahme zeigt oder auch die On- duzierte animierte Video zum Song greift Paranoid sind u. a. von Jazzpianist Brad line-Stellung aller Titel im Jahre 2005, das Sujet des Textes und des Erlebnisses Mehldau auf seinem Album „Largo“ von um Geld für Kriegsopfer zu sammeln. Es auf. 2002 gemeinsam mit Jim Keltner und sind daher auch für die Zukunft weitere Der Song enthält vier Teile, wovon der Matt Chamberlain erschienen. Ebenso hat interessante musikalische und außermu- vierte Teil eine Reprise des zweiten dar- das aus Los Angeles stammende Streich- sikalische Aktionen zu erwarten. stellt. Der erste Teil wird von einer akusti- quartett The Section ein „Tribute to Ra- schen Gitarre eröffnet und durch eine in- diohead“ (2001) mit Paranoid Android Die Hörrubrik Erklär mir Pop des SWR2 mit Udo teressante Gesangslinie Yorkes in einer veröffentlicht. Dahmen ist immer samstags um 15 Uhr zu hören.

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genpol zu Schönberg aufgebaut, während gleichzeitig kleine und lässt sich streiten. Aber Blomann kleinste Muskelgruppen hochdy- hat die Abfolge der Ereignisse Burnout – Prüfungsstress – namisch gefordert werden, ganz Kultur und Musik nach akribisch recherchiert. An seinen Lampenfieber zu schweigen von der enormen 1945 Ausführungen wird von nun an psychischen Anspannung in ei- kein Weg mehr vorbei führen. Gesundheitsrituale für Musiker Ästhetik im Zeichen des Kalten Gerd Schnack nem Berufsumfeld, das gravie- Nicht alle Beiträge haben diesel- rende Fehler nur schwer ver- Krieges be Brisanz. Aber der Band ge- Bosse, Kassel 2015, 168 S., Ulrich J. Blomann (Hg.) zeiht. winnt zusätzlich dadurch, dass 19,95 Euro Kongressbericht Hambacher Das Lösungsangebot, das der Au- Schloss 11.–12. März 2013 nicht wenige der Autoren, etwa Musik ist für viele Menschen eine tor seinen Lesern vorstellt, um- Pfau, Saarbrücken 2015, 374 (der im letzten Jahr verstorbene) wichtige Quelle für Erholung, fasst zum einen ganz praktische Seiten, 35 Euro Konrad Boehmer, Jürgen Schebe- Freude, Inspiration und Begeg- physiotherapeutische Interven- ra oder Frieder Reininghaus, zu- nung. Dass diejenigen, die die tionen, aber auch neurophysio- Auf einer Tagung der Gesellschaft gleich als Zeitzeugen aus eigener Musik zum Klingen bringen, ei- logische Stimulationstechniken. für Musikforschung in Mann- Erfahrung berichten. Einigkeit nen hochanstrengenden Beruf Schnack ist es dabei sehr wich- heim zum Thema „Musikwis- besteht darüber, dass der „Kalte haben, ist Hörern nicht unbe- tig, dass die vorgestellten Übun- senschaft – Nachkriegskultur – Krieg“ vom amerikanischen Prä- dingt immer präsent. Dabei ist gen leicht und schnell, ganz au- Vergangenheitspolitik“ platzte sidenten Harry S. Truman ange- die körperliche und psychische tonom ohne die Hilfe Dritter Ulrich J. Blomann 2012 nach ei- zettelt wurde. Aber beide Seiten, Beanspruchung von Profimusi- umsetzbar sind. Das gelingt ihm gener Aussage der Kragen. Wie Ost und West, verhätschelten kern durchaus derjenigen von durch einfache und klar ver- konnte man über Nachkriegs- auch ihre Komponisten. Wie Leistungssportlern vergleichbar. ständliche Anleitungen, zudem kultur diskutieren, ohne den Frank Schneider formuliert, gab Allerdings mit dem Unterschied, mit sehr instruktiven Illustratio- „Kalten Krieg“ auch nur zu er- es auch „durchlässige Zonen“. dass nur wenige Ausnahmesport- nen. Ziel ist es, die Übungsmus- wähnen? Blomann organisierte Hans-Klaus Jungheinrich zeich- ler noch jenseits der 40 profes- ter soweit zu verinnerlichen, selbst einen Kongress, symbol- net ein sehr sensibles Porträt von sionell aktiv sind. Und wenn die dass sie automatisch abrufbar trächtig im Hambacher Schloss, Hans Werner Henze. Jin-Ah Kim Profiathleten ganz gezielt Leis- werden, dass sie Ritualcharakter dessen Beiträge hier nun ge- beschreibt die Blockkonfronta- tungskurven hin zu internatio- erhalten. druckt vorliegen. tion in Korea, seltsamerweise nalen Wettkämpfen aufbauen, so Seiner präventiven Grundhaltung Der Herausgeber schießt selbst ohne den Fall Isang Yun anzu- sind im Gegensatz dazu diejeni- treu, vertritt der Autor ein ganz- den Vogel ab: Während Hanns führen. Der Band dokumentiert gen, die im Rampenlicht einer heitlich ausgerichtetes Medizin- Eisler wie zuvor schon sein Bru- auch die den Vorträgen folgen- Bühne stehen, Abend für Abend konzept. Mit großem Engage- der Gerhart vor dem House Un- den Diskussionen, die freilich et- angehalten, ihre persönliche ment erläutert er plausibel, wie American Activities Committee was stärker hätten redigiert wer- Bestleistung zu präsentieren. körperliche Reize mit vegeta- verhört wurde, wollte Theodor den können, und enthält Inter- Der Hamburger Chirurg Gerd tiven und psychischen Prozessen W. Adorno ein gemeinsam mit views von Gisela Nauck mit den Schnack setzte mit seinem 1994 interagieren. Ob aber mit der Eisler geschriebenes Buch über Rednern. Was fehlt, sind kurze erschienenen Band Entspannt Mu- hier empfohlenen Vagusstimula- Filmmusik nicht mehr unter sei- biografische Angaben zu den Au- sizieren wichtige Impulse für die tion die „wirksamste Waffe im nem Namen veröffentlicht sehen toren, die jedem, der nicht alle Gesunderhaltung von Berufsmu- Kampf gegen Burnout“ zur Ver- und tilgte alles marxistische Vo- Namen kennt, die Orientierung sikern. Im Titel seines neuesten fügung steht, möchte ich eher kabular aus seiner Dialektik der erleichtert hätte: Schließlich Buchs Burnout – Prüfungsstress – als Hypothese verstanden wis- Aufklärung, um nur ja die ge- kommt es bei einem Thema wie Lampenfieber fokussiert er nun sen. Allein schon deswegen, weil plante Neueröffnung des Insti- dem „Kalten Krieg“ zweifellos wichtige Belastungsszenarien im Burnout nicht immer nur die tuts für So zial forschung in auf den Standpunkt an, von dem Musikeralltag. Fundiert erläutert Thematik des Einzelnen ist und Frankfurt nicht zu gefährden. aus man schreibt. Wer ein Fazit Schnack die Auswirkungen ver- weil die meisten Menschen mit Die Schule der Kritischen Theo- wünscht, mag von hinten, mit schiedener Stressfaktoren. Kennt- langer Meditationspraxis den Be- rie als Bastion des Westens im dem Gespräch mit Reininghaus nisreich weist er auf die Diskre- griff des Kampfs in achtsam- Kalten Krieg? Über Blomanns anfangen, das unter dem treffen- panz hin, dass gerade Orchester- keitsbasierten Kontexten wohl These, Adorno habe in seiner den Titel steht: „von hier aus musiker auf der einen Seite eher als Widerspruch einstufen Philosophie der Neuen Musik Stra- werden hoffentlich Anregungen durch stundenlanges Stillsitzen würden. winsky stellvertretend für den ausgehen.“ statisch sehr beansprucht sind, Peer Abilgaard sozialistischen Realismus als Ge- Dietrich Heißenbüttel

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Juon, Müller, Bloch, Komponisten. Dabei ist sie ein Franz Schubert Musiker der Gegenwart bei ei- Honegger sympathisches handliches Stück nem Repertoire, das diesem be- Musik – formal überzeugend Berliner Philharmoniker sonders am Herzen liegt. Sie zeigt, Werke von Paul Juon, Fabian und voll origineller Inspiration, Nikolaus Harnoncourt wie sich die Berliner höchst pro- Müller, Ernest Bloch und Arthur Label: Berliner Philharmoniker, Honegger eine echte Chance für die Musi- 8 CDs, 1 Blu-Ray, Download, duktiv auf einen Dirigenten aus Kamilla Schatz (Violine), Pi-Chin ker aus Ingolstadt. Hardcover dem Bereich der historisch in- Chien (Violoncello), Georgisches Die Werke von Juon und Bloch formierten Aufführungspraxis Kammerorchester Ingolstadt, wurden von Fabian Müller für Die vorliegende Box ist nicht nur einzulassen in der Lage sind und Ltg. Ruben Gazarian Kammerensemble mit unter- durch ihr unübliches (Quer)For- zu welch überzeugenden Ergeb- Ars Produktion Schumacher schiedlichen Streichersolovarian- mat außergewöhnlich. Auch ihr nissen das führt. ARS 38 177 ten eingerichtet, wobei sich Inhalt fällt in vielfacher Weise Harnoncourt ist in diesem Zu- Müller – Jahrgang 1964 – in sei- aus dem Rahmen. Bei ihrem ei- sammenhang bekanntlich kein Normalerweise ist es immer nem eigenen Werk Concerto per genen Label legen die Berliner Purist, sondern hat stets seine ei- wieder Shelomo, wenn Musiker Klee als gemäßigter Modernist Philharmoniker hier die Ergeb- genen Vorstellungen von Werk sich entschließen, sich in Kon- mit Klanggespür beweist. Er tut nisse ihrer Zusammenarbeit mit und Aufführung. Bei Schubert zert oder auf CD mit Musik von gut daran, mit dem Titel seines Nikolaus Harnoncourt im Fall führt das zu Interpretationen frei Ernest Bloch auseinanderzuset- vielfarbigen und expressiven der Musik von Franz Schubert von (spät)romantischem Ballast zen. Ein bisschen tragisch ist das Werkes auf Paul Klee anzuspie- vor. Dabei geht es nicht nur um und klanglicher Schwere. Doch schon, gerade wenn man durch len. Klar ist die Dramaturgie und die acht Sinfonien, sondern auch deshalb ist dieser Schubert nicht eine Einspielung, die es endlich ausgewogen die Entwicklung. die beiden späten Messen und klassizistisch leichtgewichtig. anders angeht, erahnen kann, Müller fordert das Kammeror- die Oper Alfonso und Estrella. Al- Harnoncourt nimmt auch die wie vielfältig offenbar die musi- chester in ansprechendem Maße. lein die Ausstattung und die Op- frühen Sinfonien sehr ernst und kalischen Hinterlassenschaften Blochs Baal Shem stellt eine Ton- tik dieser Veröffentlichung sind mit wehmütigem Unterton und dieses Komponisten sind. dichtung dar, die auf faszinieren- opulent und gelungen. Ähnlich existenzieller Tiefe. Wie immer, Sein Baal Shem – drei Bilder des de Weise chassidisches Melodien- biblio- oder discofil haben die so entfaltet er auch hier die Par- chassidischen Lebens – findet gut und entsprechende Schemata Bamberger Symphoniker vor ei- tituren mit großer Sorgfalt und sich auf der Neueinspielung mit der abendländischen Musik- nigen Jahren auch ihren Schu- Sprachkraft sowie einer faszinie- durch das Georgische Kammer- tradition verknüpft – nicht über- bert-Zyklus unter Jonathan Nott renden Genauigkeit im Detail. orchester Ingolstadt unter Ruben mäßig gefällig, aber irgendwie vorgelegt. Das sorgte in den meisten Fällen Gazarian neben Werken von Paul dann doch eingängig, typisch Es empfiehlt sich, vor dem Hö- für exemplarische Deutungen. Juon, Fabian Müller und Arthur für die Entstehungszeit und mu- ren der Musik das auf der beige- Bei der Dritten freilich kann Honegger: Vier Entdeckungen, sikhistorisch ein interessantes gebenen Blu-Ray-Disc – diese Harnoncourt vor allem wegen die mit sattem romantischen Phänomen. Die markanten Struk- bringt alle Aufnahmen noch ein- des etwas zu breit genommenen Sound punkten, eingespielt mit turen erfahren in dieser Inter- mal in Studio-Master-Qualität – zweiten Satzes Carlos Kleibers bemerkenswertem Weitblick und pretation eine interessante Ausar- enthaltene Interview mit Niko- Wiedergabe mit den Wiener Gespür für Form und Struktur. beitung – geschickt entwickelt laus Harnoncourt anzusehen. In Philharmonikern nicht errei- Wer musikalische Entdeckung Gazarian das musikalische Bezie- diesem geht es nämlich nicht chen. nicht nur um des Entdeckens hungsgeflecht als kontinuier- nur um Harnoncourts Sicht auf Doch auch wegen der intensiven Willen betreibt, sondern dabei liche Fortschreibung verwobener Schubert, sondern auch um die Interpretationen der Messen in auch noch genussorientiert Motivketten. Geschichte seiner Zusammenar- As-Dur und Es-Dur sowie der denkt, der ist genau richtig bei Alles in allem eine CD, die da- beit mit den Berliner Philharmo- unter anderem mit Christian Paul Juon und seiner durchaus durch für sich einnimmt, dass nikern. In beiden Fällen sind die Gerhaher, Dorothea Röschmann, volkstümlichen Suite Opus 89. sie angenehm anders ist als das Äußerungen des Musikers höchst Kurt Streit oder Hanno Müller- Griffig und geistvoll ist die Meiste auf dem Marktplatz musi- spannend und aufschlussreich. Brachmann exzellent besetzten Komposition, die definitiv zum kalischer Entdeckungen. Und die Diese Schubert-Sammlung ist und von Harnoncort dramatisch mehrfachen Hören einlädt. Ar- beiden Solisten Kamilla Schatz denn auch mehr als nur eine akzentuierten Oper – bei allen thur Honeggers zweite Sinfonie (Violine) und Pi-Chin Chien weitere Gesamteinspielung der Vokalwerken überzeugt auch der zählt ebenfalls nicht unbedingt (Cello) können sich ebenfalls Sinfonien Schuberts: Sie ist das Rundfunkchor Berlin – gehört zu den meistgespielten Werken durchaus hören lassen. Dokument der ertragreichen Zu- diese Box zu den Meilensteinen des Konzertrepertoires und auch Tatjana Böhme-Mehner sammenarbeit des Toporchesters der Schubert-Discografie. nicht zu den populäreren des mit einem der innovativsten Karl Georg Berg

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Tu wat

Musikleben im Diskurs Wollen Sie, dass das Wasser aus dem Was- bens –, wird es bald keinen Grund mehr serhahn, die Gesundheitsversorgung, der geben, sich überhaupt noch über irgend- Herausgeber: Deutscher Musikrat Schulunterricht, die Angebote der Musik- etwas aufzuregen, geschweige denn ein- Gemeinnützige Projektgesellschaft mbH zumischen – nicht einmal mehr über den Weberstr. 59, 53113 Bonn schulen rein kommerziell angeboten [email protected] werden? Falls ja – lohnt es sich nicht öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Es wird in Zusammenarbeit mit Schott Music: weiterzulesen. Falls nein – tu wat (alter ihn bald nicht mehr geben – ist ja sowieso Rolf W. Stoll Verantwortlich i. S. d. Pressegesetzes: DDR-Werbespruch zur Rettung des Wal- nur ein Technologieunternehmen. „Schöne Prof. Christian Höppner des). „Tu wat“ ist die Aufforderung zum neue Medienwelt…?“ und tschüss – Er- Redaktion: Handeln, zum Einmischen in öffentliche innerung an vergangene Zeiten. „Wir Chefredakteur: Prof. Christian Höppner Schumannstr. 17, 10117 Berlin Angelegenheiten und zwar jetzt. Solange kennen von immer mehr den Preis und [email protected] es überhaupt noch öffentliche Aufgaben von immer weniger den Wert“, sprach Fon 030-308810-60, Fax 030-308810-11 gibt, die öffentlich wahrgenommen wer- einst Bundespräsident Johannes Rau. Lei- Prof. Dr. Hans Bäßler Dr. Alenka Barber-Kersovan den. Schreitet die Kommerzialisierung der hatte und hat er Recht. Gute Nacht Andreas Bausdorf weiter voran – TTIP ist nur ein Krümel- Deutschland? Nein – tu wat! Susanne Fließ Rüdiger Grambow monster in der Rutschbahn der Ökono- Karl Senftenhuber Dr. Benedikt Holtbernd Prof. Dr. Birgit Jank misierung nicht nur des öffentlichen Le- Dr. Ulrike Liedtke Prof. Dr. Helmut Scherer Rolf W. Stoll Margot Wallscheid Vorschau Berater der Redaktion: Stephan Mayer Chefin vom Dienst: Musikforum 1/2016 Susann Eichstädt Redaktionsassistenz: Musik und Migration Mirella Kraska Produktion und Schlussredaktion: Die vielen Menschen, die aus Kriegs- einem Dialog Gemeinsames und Tren- Schott Music GmbH & Co. KG, Mainz gebieten in Deutschland Zuflucht suchen, nendes zu erfahren – und um die Werte, Design: Nele Engler bringen nicht nur ihre Herkunftskulturen die nach unserem Grundgesetz gesetzt Layout: Kerstin Siegrist Titelbild: Nadezhda Alkimovich mit, sondern tauchen in einen für sie sind, zu vermitteln. Welche Rolle kann Druck: Druckerei Zeidler GmbH & Co. KG, neuen Kulturkreis ein. Deutschland hat die Musik dabei von Anfang an spielen? Fritz-Ullmann-Straße 7, 55252 Mainz-Kastel die mit Abstand größte Bevölkerungs- Welche aktuellen Projekte und Initiativen Anzeigen: Leitung: Dieter Schwarz dichte der Europäischen Union und be- von und mit Flüchtlingen gibt es? Wie Service: Almuth Willing Schott Music, Postfach 3640, 55026 Mainz zeichnet sich als moderne und weltoffe- spiegelt sich die sozio-demografische Fon 06131-246852, Fax 06131-246844 ne Nation. Resultierend aus dieser Ent- Realität in den Kulturbetrieben, Orches- [email protected] wicklung findet das kulturelle Leben in tern, Chören, Ensembles und Vereinen Leserservice: Nicolas Toporski, Susanne Mehnert vielfältigen und individuellen Formen wider? Mit diesen und anderen Fragen Schott Music, Postfach 3640, 55026 Mainz statt. So gilt es vor allem möglichst früh, wird sich das Musikforum Fon 06131-246857, Fax 06131-246483 in seiner nächs- [email protected] Orte der Begegnung zu schaffen, um in ten Ausgabe befassen. Erscheinungsweise: vierteljährlich: Januar, April, Juli, Oktober TextEinzelheftpreis:Text 8,50 Euro Die in den namentlich gezeichneten Beiträgen vertre- tenen Meinungen decken sich nicht notwendigerwei- se mit der Auffassung des Herausgebers und der Re- daktion. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Unterla- gen wird keine Haftung übernommen. Nachdruck oder fotomechanische Wiedergabe, auch auszugswei- se, nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Heraus- gebers. An der Finanzierung des Unternehmens wirtschaft- lich beteiligt ist der Deutsche Musikrat, gemeinnützi- ge Projektgesellschaft mbH. Gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. ISSN 0935-2562 © 2015 Schott Music GmbH & Co. KG, Mainz Printed

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