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afternoon-tea

SPUREN DER KOLONIALZEIT IN SÜDOSTASIEN

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skyline KL

BUDDHISMUS Die Malaiische Halbinsel war bereits 300 v.Chr. ein interessan- tes Auswanderland für Menschen aus dem südlichen China und Indien, was durch den starken Handel bedingt war. Auch Gruppen aus Java, Thailand, Sumatra und Persien ließen sich nach und nach nieder.

Vor allem auf der Insel existieren bis heute verschiede- ne Tempel im Thai-Stil, im burmesischen Stil und Hindu-Tempel. Der älteste burmesische Tempel in Malaysia, der Wat Dhammika- rama, wurde 1803 gegründet. Der größte chinesisch-buddhistische Tempel ist der in Penang. Sein Bau begann 1890 und dauerte bis 1930. Kek Lok Si bedeutet in Hokkien „Tempel des wurde.

thailändischen als auch der burmesischen Gemeinschaft eigene Grundstücke, die daraufhin jeweils Tempel bauten. Der farben- frohe „Tempel der Toten“, Wat Chaiya Mangkalaram, mit seinem 33 Meter langen schlafenden Buddha entstand. In Penang zählen der buddhistische Kuan Yin Teng, der Hindu-Tempel Sri Mariam- man und der Hock Teik Cheng Sin Tempel in der Armenian Street zu weiteren wichtigen Tempeln aus dem Buddhismus. Im heutigen wurde 1894 Buddhist Maha Vihara von singhale- Mahapirit-Zeremonien statt.

NEUZEIT - wurde von den Portugiesen angesteuert. Motiviert von Heinrich dem Seefahrer wollten sie vor allem einen lukrativen Handel mit Kek Lok Si Tempel Penang. den exotischen Gewürzen betreiben, die man in Europa nicht kannte.

Die politische Lage wechselte daher oft. Portugiesen, Nieder- länder und Briten beanspruchten Malaysia nacheinander als Ko- lonie. Von 1511 bis 1641 war Malakka in portugiesischer Hand. Die Verwaltung wurde in der neu errichteten Festung A-Famosa geführt. Alle Schiffe, welche die Straße von Malakka durchquer- ten, mussten in Malakka Anker legen und Zölle in Höhe von 10% entrichten. Ende des 15. Jahrhunderts griffen die Niederländer von ihrem neuen Stützpunkt in Batavia (heutiges Jakarta) Malakka an, um kommen, was nach mehreren fehlgeschlagenen Versuchen 1641 gelang. Die Holländer beherrschten mit der Straße von Malakka und der Sunda-Straße die beiden wichtigsten Handelswege von China nach Indien und bis nach Europa. Zugleich monopolisier- ten sie damit den Zinnhandel. Dort herrschten sie bis die britische Kolonialmacht ihren Herrschaftsbereich in einem Vertrag 1824 absteckte.

Die Besiedelung durch die Briten begann mit Captain Francis Light. Er half den Sultan von 1786 die siamesische Invasion aufzuhalten und erhielt im Gegenzug die Herrschaft über Penang. Daraufhin gründete er die britische Niederlassung und erschuf ih- ren Handelsposten für die English East India Company (EEIC).

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Cameron Highland Der Handel mit Gewürzen, Betelnüssen, Zinn, - ler, vor allem aus China, an. So entstand die Ethnie der Baba-Nyonya, die aus chinesisch-malaiischen Paaren hervorging und kulturelle Elemente des malaiischen Lebens mit religiösen Bräuchen aus China vereint.

DIE STRAITS SETTLEMENTS Der Zusammenschluss der Straits Settlements von Penang, Malakka und Singapur im Jahr 1826 brachte die heutigen zahlreichen geschichtsträch- tigen Spuren mit sich. Diese drei Städte waren von großer Bedeutung, da sie direkt an der Gewürz- route von Ostasien nach Indien und Europa lagen.

PENANG Seitdem die Hauptstadt George Town, die nach dem britischen Monarchen George III benannt wurde, entstanden hier viele kleine Handwerksbe- triebe und authentische Garküchen, für die Pen- Cheong Fatt Tze Mansion, masterroom, Penang ang über die Landesgrenze hinaus in der Street Food-Szene bekannt ist. Das Stadtbild ist geprägt von chinesischen Pagoden, indischen Tempeln, christlichen Kirchen, Moscheen und Kolonialhäu- sern.

Die historische Suffolk Villa, in der einst Cap- tain Francis Light lebte, ist eines der wichtigs- ten Baudenkmäler aus der Kolonialzeit. Viele Erhalt solcher Kolonialbauten ein und verbreiten Geschichtswissen, das nicht unbedingt in den Schulbüchern steht. Mittlerweile wurde dieses 200 Jahre alte Herrenhaus zu einem hochklassigen Touren. So auch die Cheong Fatt Tze Mansion. Sie Cheong Fatt Tze genannt wurde und ist mittler- weile ein exklusives Hotel mit nur wenigen Zim- und verspricht ein Stück Geschichte.

Cameron Highland Die ehemalige Kulisse für Jodie Fosters Film "Anna und der König", ist ein altes Ladenlokal in der Armenian Street mit dem heutigen Namen - bergt. Der Film ist eine Anlehnung an die wahre Geschichte der Anna Leonowens, die mit ihrem Mann in George Town lebte und später die Kinder des Königs von Thailand in Englisch unterrichtete.

Im Zentrum von Penang steht der , der 1897 Königin Victoria von einem wohlhabenden Verehrer zu ihrem 60. Jubiläum geschenkt wurde. Seine Höhe von 60 Fuß (18 Me- Königin. Sehr romantisch.

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Stadthuys Malakka

Die City Hall ist eines der ältesten Ge- Die Mauern und Kanonen der ehemals bäude der Stadt. Sie verfügte als eine der holländischen Fort Supai, die 1818 auf- ersten Einrichtungen über elektrische Be- gegeben wurde, sind mittlerweile von der leuchtung, die von der deutschen Firma Natur zurückerobert. Das älteste Gebäude, Gebr. Huttenbach installiert wurde. Nach das von den Holländern zwischen 1641 und dem dreijährigen Bau wurde sie 1906 eröff- net und war das Zentrum der kommunalen Forts gebaut wurde, ist das . Seit Verwaltung in George Town. 1982 dient das historische Gebäude als Mu- seum. Die davor gelegene Grünanlage Kota Lama wurde von den Briten für ihr berüch- SINGAPUR tigtes Cricket und andere Feldspiele sowie - Militärparaden angelegt. les, Agent der britischen East India Com- Etwas außerhalb, an der Küste George erkannte er schnell die strategische Lage Towns, liegt die größte und älteste Fes- der Insel. Die Firma kaufte kurzerhand die tungsanlage Malaysias. ist sternförmig angelegt und wurde von den Gewürzhandel aus. 1871 wurde Sin- Captain Francis Light 1786 zum Schutz vor gapur britische Kolonie. Der strategische Piraten und dem Expansionismus Siams Vorteil, entlang der Hauptschiffsrouten erbaut. Benannt ist das Fort nach dem briti- zwischen China und Westasien gelegen zu schen General Charles Cornwallis. sein, ermöglichte es Singapur bereits drei Jahre nach seiner Gründung, das ange- MALAKKA strebte Handelsvolumen zu überschreiten. Auf Anweisung von König Manuel I. in Lissabon, wurde die Stadt 1511 erobert, um kostbare Gewürze ins weit entfernte Euro- Auf den Spuren nach kolonialer Ge- pa zu verschiffen. Im gleichen Jahr sank schichte kommt man auch in Singapur auf das portugiesische Segelfrachtschiff „Flor seine Kosten. Einmal die Fußgängerbrücke de la Mar“ durch die Überladung mit ge- Cavenagh Bridge überquert, ist das Koloni- raubten Schätzen und Goldbarren aus dem Sultanspalast im Wert von sieben Milliar- Supreme Court, City Hall und die Victoria den Euro. Noch heute suchen Schatzjäger Memorial Hall. auf dem Meeresboden nach Überbleibseln.

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HAUPTSTADT: KUALA LUMPUR auch beste Voraussetzungen um Spargel, Die Stadt wurde 1857 von chinesischen Erdbeeren, Blattgemüse und Tee anzubau- Bergleuten, die am Zinnbergbau beteiligt en. waren, unter der Führung des malaiischen Fraser's Hill erinnert an ein kleines schot- 1896 entstand unter britischer Herrschaft tisches Dorf und war während der Kolo- die Förderation Malaya. Kuala Lumpur nialzeit die erste Bergstation der Briten in wuchs zum Verwaltungszentrum heran. Malaysia. Das rustikale Bergdorf ist nach dem Schotten Lois James Fraser benannt, - der dort bis 1913 Zinn abbaute und dafür zeit ist der alte Bahnhof, der 1910 von dem eine Transportlinie errichten ließ. Architekten A. B. Hubbock im Stil eines Palastes gestaltet und 1917 in Betrieb ge- Im Jahr 1829 wurde das Hochland der nommen wurde. Mitte des 20. Jahrhunderts Cameron Highlands von William Cameron wurde er durch den neuen Bahnhof KL entdeckt. Die ersten Siedler waren reiche Sentral abgelöst, wird aber weiterhin von Farmer und Gemüsebauern, welche die dem luxuriösen, 400 Meter langen, legen- abgeschiedene Hügellandschaft für den dären Eastern & Oriental Express auf sei- Ackerbau nutzten. Britische Kolonialher- ren errichteten dort auch eine ihrer „Hill Singapur angefahren. Stations“. Ein Erholungsgebiet, in dem man Cricket, Bridge oder Golf spielte. 1929 leg- Gegenüber vom alten Bahnhof steht das - fünfstöckige Majestic Hotel, das 1932 von sias ersten Hochland-Teegarten auf einer dem holländischen Architekten Van Lean- Höhe von über 1500 Metern an. Der be- kannte und bis heute beliebte B.O.H. (Best sollte es ein Wohnkomplex mit luxuriösen of Highlands) war nun geboren. Apartments werden, doch Geschäftsmann Towkay Loke Yew entschied sich nach der KOLONIALHOTELS DER SARKIES BRÜDER Die Hotels Eastern & Oriental in Pen- Der Merdeka Platz (Dataran Merdeka) ist der kleine historische Kern von Kuala Gemeinsamkeiten: Sie haben dieselben - Gründer und sind an strategisch wichtigen keit ausgerufen und zum ersten Mal die Na- Handelsorten errichtet. Die vier Sarkies Brüder, Persier armenischer Abstammung, bauten Ende des 18. Jahrhunderts diese und HOCHLAND einige weitere Grandhotels in Südostasien. Die unter dem tropischen Klima leiden- Zur gleichen Zeit als der neue Suezkanal den Briten suchten bevorzugt das Hochland zur Abkühlung auf. Hier fallen die Tempe- Vielfaches verkürzte. Schriftsteller wie raturen in der Nacht auf 10 bis 15 Grad. Die Höhenlage und die kühle Witterung waren und Hermann Hesse wussten bereits in den

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Rathaus Penang

frühen 1920ern den Komfort des E&O zu TEEKULTUR schätzen. Zudem war es gesellschaftlicher Der so genannte High Tea ist noch allge- Treffpunkt der Oberschicht bei Bällen, zu genwärtig und wird in jedem guten Hotel denen der jüngste der Sarkies-Brüder, Par- gereicht. Sei es das Majestic Hotel in Kuala tykönig Arshak, gern Hostessen einlud, um die niedrige Frauenquote während der Ko- E&O in Penang. Die klassische Etagere lonialzeit zu kompensieren. beinhaltet süßes Gebäck wie Scones mit - Benannt nach dem Gründer der Löwen- tes, wie Lachs oder Gurken-Sandwiches. traditionell an einem niedrigen Teetisch. mit gerade einmal zehn Zimmern. Es be- Ob in die Tasse Tee zuerst der Tee oder die herbergte seitdem Könige und Prinzessin- Milch gehört, ist dabei lediglich in Groß- nen, Maharadschas und Sultane, Präsiden- - ten und Diven. 1942 wurde Singapur von steht dabei grenzübergreifend: Immer von Japan besetzt. Gouverneur Shenton Tho- salzig nach süß essen. mas ordnete noch die Vernichtung sämt- licher Alkoholbestände auf der Insel an, SCHULSYSTEM - der Kapitulation Japans 1945 sollen etliche sche Kolonialregierung jeglicher Förderung von malaysisch-sprachigen Schulen und begangen haben. verordnete die Anpassung an das britische Curriculum. Doch viele Malaysier schei- BRITISCHE EINFLÜSSE BIS HEUTE Die britische Königsfamilie bereiste ihre James Wilkinson 1905 das Malay College ehemalige Kolonie Malaysia erstmalig Kuala Kangsar etablierte, um künftige Be- im Jahr 1989. Königin Elisabeth traf zum amte des einfachen und mittleren Dienstes DAS HAUPTHAUS IN GREEN ART FARM & COTTAGE Staatsbesuch mit Ehemann Prinz Phillip auszubilden. Die ältesten Schulen Malaysi- ein. Anschließend kam Prinz Charles mit as wurden in den Straits Settlements Pen- Ehefrau Camilla 2017. Prinz Williams und ang, Malakka und Singapur gegründet. Die Ehefrau Kate folgten im Jahr 2012. Prinz 1819 gegründete Penang Free School ist Harry war als einziger aus der Familie noch die älteste englischsprachige Schule. Auch nicht Malaysia. heute tragen viele malaysisch-sprachige

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Schulen noch Namen von Heiligen oder verwenden religiöse Bezüge wie „katho- lisch“, „Konvent“, „Methodist“. Die Schu- luniform adaptierte Malaysia während der Kolonialzeit.

TITEL Elton John, Paul McCartney, Sean Con- - heute noch hat die Königin von England - führen und diesen Ehrentitel zu verleihen. In Malaysia gibt es ebenfalls Titel für be- paar mehr. Der bekannteste Träger ist der ehemalige Premierminister Mahathir Mo- aller Titel wird dieser gefolgt von „Tan Sri“, - Estern Oriental Hotel Penang SCHLUSSWORT Heute ist Malaysia nur noch wenig von - prägt. Dennoch, im Schulsystem, der Po- sich weiterhin Spuren der ehemaligen Ko- lonialmacht. Neben dem klassischen „Nasi Lemak“ ist das British Breakfast mit einer Tasse English Breakfast Tea eine gern ge- sehene Abwechslung.

Da während der Kolonialzeit die Bevöl- kerungsgruppe der Malaien, im Vergleich zu den Chinesen und Indern, eher margi- - Bumiputera-Politik, die einen bevorzugten beispielsweise beim Erwerb von Immobi- unter den ethnischen Gruppen führt. Cheong Fatt Tze Mansion, Penang

Auch das Schulsystem umfasst kein ein- heitliches Muster. Neben den staatlichen, in malaysischer Sprache unterrichteten Ein- richtungen, gibt es parallel chinesische und indische Privatschulen. Das wurde bereits zur Kolonialzeit von den Briten unterstützt und hat sich bis heute erhalten. Mittlerwei- le gibt es zahlreiche weitere Privatschulen, die den Schulsystemen anderer Länder fol- gen und in deren Landessprache unterrich- tet werden. DAS HAUPTHAUS IN GREEN ART FARM & COTTAGE

TEXT Romy Demeter BILDER Christian Wächter

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