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s cr nt ipta mane EX·LIBRIS·P·O·ET·AMICORUM B · R · H · L · D · W · I · K

Vorderseite: Abbildung des Marmorvorsatzpapieres aus Friedrich-Einband (Kat. 70.3) mit Exlibris des Sammlers P. O.

Umschlagabbildungen: Bücherschrank Friedrichs im Schloß Charlottenburg Porträt Friedrichs des Großen von Anton Friedrich König (Kat. 65.1) Die Bücher des Königs 80.4 Die Bücher des Königs

FRIEDRICH DER GROSSE Schriftsteller und Liebhaber von Büchern und Bibliotheken

Eine Ausstellung mit der Staatsbibliothek zu – Preußischer Kulturbesitz Kurator Wolfgang J. Kaiser

EDITION KAISER MMXII 

»Weder dem Eroberer noch dem Gesetzgeber, sondern dem Schriftsteller und Philosophen widme ich dieses Werk.«

Algarottis Widmung seiner Werke an Friedrich den Großen (Kat. 33.2)

Kabinettsausstellung einer bibliophilen Fridericiana-Privatsammlung aus Anlaß des 300. Geburtstages des Königs

In der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz 8. bis 18. Februar 2012

In der Französischen Botschaft in Berlin 8. bis 30. März 2012

Im Preußen – Museum Nordrhein-Westfalen, Minden 6. Mai bis 1. Juli 2012

Brandenburg – Preußen Museum, Wustrau 20. Oktober bis 24. November 2012

6 Inhalt

9 Zum Geleit Georg Friedrich Prinz zu Preußen 10 Grußwort Barbara Schneider-Kempf 11 Grußwort Maurice Gourdault-Montagne 12 Grußwort Carsten Reuss 13 Vorwort Wolfgang J. Kaiser

I 19 Der junge Friedrich – Freund der Bücher 20 Einführungstafel 1 21 Zwischen Pflicht und Neigung 27 Bücher und Jugendbibliotheken in Berlin und Rheinsberg

II 31 »Frédéric le Philosophe« 32 Einführungstafel 2 33 Studienjahre am Musenhof in Rheinsberg 37 Französische Literatur 41 Watteau und die französische Buchillustration 45 Philosophen / Aufklärer 50 Einführungstafel 3 51 Voltaire 57 Antike Autoren 63 Die Königliche Akademie der Wissenschaften in Berlin 66 Einführungstafel 4 67 Die Tafelrunde von Sanssouci und die europäische Aufklärung 77 Die Plagiats-Affäre Akakia 79 Französische Spätaufklärung 83 Deutsche Aufklärung 87 Gesprächspartner und Vorleser des Königs

III 91 Friedrich – der Schriftsteller 92 Einführungstafel 5 93 Philosophische und politische Werke

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101 Flugschriften und Pamphlete 104 Einführungstafel 6 105 Historische Schriften 116 Elogen / Gedächtnisreden 119 Die Gedichte des Philosophen von Sanssouci 126 Einführungstafel 7 127 Über die deutsche Literatur 131 Was kannte Friedrich von der deutschen Literatur? 136 Militärische Schriften 144 Testamente 149 Korrespondenz mit Freunden und den »ersten Geistern der Zeit« 158 Gesamtausgaben

IV 163 Friedrich – Liebhaber des schönen Buches 164 Einführungstafel 8 165 Buchhändler, Illustratoren und Drucker des Königs 175 Französische Einbandkunst 174 Einführungstafel 9 177 Berliner und Potsdamer Einbände des Königs 184 Buchgeschenke an den König & Bücher für die Königliche Bibliothek

V 187 Friedrich und seine sechs privaten Bibliotheken 188 Einführungstafel 10 189 Schloß Charlottenburg 191 Berliner Stadtschloß 193 Breslauer Stadtschloß 195 Potsdamer Stadtschloß 197 Neues Palais in Sanssouci 199 Das Weinbergschloß »Sans, Souci«

VI 203 Die geistige Gestalt Friedrichs im Urteil seiner Zeit und der Nachwelt 204 Einführungstafel 11

Anhang 224 Transkriptionen & Übersetzungen 228 Zeittafel 231 Literaturhinweise 234 Register 237 Bildnachweis 237 Kurzbiographie des Autors 238 Impressum 238 Danksagung Zum Geleit

Friedrich der Große wurde zu einem der großen Bibliophilen seines Jahrhunderts. Es kam ihm natürlich auf den Text an, auf die Gedanken und Verse der antiken und französischen Klassiker oder zeitgenössischer Historiker oder Staatsphilosophen. Aber es sollten doch schöne Aus­ gaben sein, die mit ihrer eleganten Ausstattung dem vornehmen Inhalt würdig waren. Der König las viel. Bücher wurden ihm zu unentbehrlichen Gefähr- ten, auch bei seinen Feldzügen oder später während seiner Inspektions- reisen in seinen Provinzen. Sie ersetzten seinem geselligen Geist oft das Gespräch. Mit seinen Büchern befand er sich in bester, angenehmster Gesellschaft. Von ihnen ließ er sich viel sagen. Nicht zuletzt, um von ihnen zu lernen und mit dem ganz praktischen Zweck, seinen Stil zu verbessern, ein gutes, klares Französisch zu schreiben. Er gehört als Schriftsteller zur französischen Literatur, und Franzo- sen fühlen sich berechtigt, ihn geistig als einen der ihren zu würdigen. Als Friedrich geboren wurde, bildeten die Hugenotten mit einem Drittel der Bevölkerung die wichtigste Minderheit in Berlin. Französische Ideen und Bücher übten einen starken Einfluß aus und mit ihnen die fran- zösische Sprache. Das damalige Berlin war europäisch, ohne darüber viele Worte zu verlieren. Die nach Preußen ausgewanderten Hugenotten dienten dem König als preußische Patrioten. Wovon heute viel geredet wird: wie man aus Deutschen und Franzosen Europäer ­mache, das war im Berlin Friedrichs des Großen schon mühelos verwirklicht. Berliner sprachen Deutsch oder Französisch, alle zusammen waren aber Preußen, dessen König ganz Europa in Staunen versetzte. Auch deshalb wurde er als europäisches Ereignis zum großen König, zu Friedrich dem Großen, an den diese deutsch-französische Ausstellung erinnert. Sie führt über einen preußischen Umweg mitten hinein in heutige ­europäische Hoff- nungen und veranschaulicht wie europäisch Friedrich der Große einmal war, aber auch Preußen.

Georg Friedrich Prinz von Preußen

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Grußwort

Ich freue mich sehr, dass die wundervolle Privatsammlung eines enthusi­ astischen Liebhabers nun, im Jahr des 300. Geburtstags Friedrichs II., einer breiteren Öffentlichkeit in gebührender Weise bekannt gemacht wird. Zugleich bildet die Ausstellung »Die Bücher des Königs: Friedrich der Große – Schriftsteller und Liebhaber von Büchern und ­Bibliotheken« den Auftakt der Friedrich-Feierlichkeiten der Staatsbibliothek zu Berlin. Noch bevor die Staatsbibliothek gemeinsam mit dem ­Geheimen Staatsar- chiv Preußischer Kulturbesitz im Sommer 2012 eine eigene Ausstellung mit dem Titel »Homme de lettres – Federic – Der ­König am Schreibtisch« präsentieren wird, bietet die hier gezeigte Privat­ sammlung eine ideale Hinführung an den fridericianischen Geist und stimmt uns ein auf ein besonderes Gedenkjahr, von großer Bedeutung nicht zuletzt für die Staatsbibliothek zu Berlin, die vormalige Königliche ­Bibliothek. Zunächst kümmerte sich Friedrich, der sechs Privatbibliotheken sein eigen nannte, nur wenig um die Königliche Bibliothek, die einer ­öffent­lichen Benutzung zugänglich war. Erst ab dem Jahr 1770 bewilligte er erhebliche Mittel für den Bucherwerb, ca. 8000 Taler pro Jahr, deren Verwendung er persönlich kontrollierte. Er bevorzugte das französisch- sprachige Schrifttum und ließ zugleich grundlegende Nachschlagewerke aller Fachgebiete kaufen. Da der Buchbestand unter seiner Ägide rapide anstieg, wurde der lang geplante Bau eines eigenen Bibliotheksgebäudes unausweichlich. Zwischen 1775 und 1784 wurde die neue Königliche Bibliothek am Opern- und heutigen Bebelplatz gebaut. Die sogenannte ›Kommode‹ blieb das Domizil der Bibliothek für mehr als 125 Jahre. »J’ai fait construire à Berlin une bibliothèque publique«, schrieb Fried- rich am 9. November 1777 aus an Voltaire. Kein zweites Doku- ment verdeutlicht besser den Wert, den Friedrich ›seiner‹ Königlichen ­Bibliothek und dem Buch als Kulturträger beimaß: »Ich habe in Berlin eine öffentliche Bibliothek bauen lassen, Voltaires Werke waren zuvor unzureichend untergebracht. Ein chemisches Laboratorium, das sich im Untergeschoß befand, drohte unsere ganze Sammlung in Brand zu setzen. Alexander der Große barg Homers Werke in dem kostbarsten Schrein, den er unter den bei Darius erbeuteten Stücken gefunden hat- te. Ich, der ich weder Alexander bin noch groß und auch niemanden ausgebeutet habe, habe nach meinen Fähigkeiten das schönstmögliche Behältnis bauen lassen, um darin die Werke des Homer unserer Tage aufzustellen.« In diesem Sinne wünsche ich der Ausstellung zahlreiche Gäste und allen Besucherinnen und Besuchern ein aufschlussreiches Entdecken: Friedrich als Autor, Leser und Bibliophiler. Barbara Schneider-Kempf Generaldirektorin der Staatsbibliothek zu Berlin

10 Grußwort

Die Ausstellung »Die Bücher des Königs – Friedrich der Große« lei- stet ­einen einzigartigen Beitrag zum 300. Geburtstag Friedrichs II. Sie zeigt umfangreiche und unglaublich schöne Literaturschätze, ebenso ­­Werke aus der Feder des Preußenkönigs wie Bücher, die sein Schreiben ­inspiriert haben. Die Werkschau präsentiert Friedrich den Großen als »Philosophen- König« der Aufklärung – literaturbegeistert, entdeckungsfreudig und reflektiert. Der »aufgeklärte Monarch« war aber auch Schriftsteller und Briefschreiber. Friedrich der Große las und schrieb nahezu ausschließ- lich in französischer Sprache und war damit wahrscheinlich der franko- philste unter den preußischen Königen. Auch weil der ›Alte Fritz‹ eine regelmäßige Korrespondenz mit Voltaire pflegte, der sogar drei Jahre als sein Gast in Sanssouci leben durfte, galt der König als ein Wegbereiter des intensiven kulturellen und philo­ sophischen Austauschs zwischen Frankreich und Deutschland. Heute noch prägt dieser Austausch das geistige Europa maßgeblich. Friedrich II. kann also als ein entscheidender Begründer der deutsch-französischen Idee gesehen werden. Es freut mich, daß diese einmalige Ausstellung zunächst in der Staats- bibliothek präsentiert wird, bevor wir sie dann für einige Wochen in der Französischen Botschaft zeigen dürfen. Ich hoffe, die Besucher lassen sich von der Literaturleidenschaft Friedrichs des Großen anstecken, und wünsche dieser Ausstellung allen erdenklichen Erfolg. Maurice Gourdault-Montagne Französischer Botschafter in Deutschland

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Grußwort

Der 300. Geburtstag Friedrichs des Großen wird den Blick der Öffent- lichkeit erneut vor allem auf das Leben des Monarchen im Spiegel seiner Residenzen in Berlin, Potsdam und der Mark Brandenburg richten, die authentischen Wirkungsstätten des Königs. Auch Friedrich als »homme de lettres« wird vornehmlich mit seinen Schlössern und den Orten, an denen seine Bibliotheken aufbewahrt wurden, in Verbindung gebracht werden. Das Staatsgebilde, über das Friedrich herrschte, erstreckte sich jedoch von den rheinischen und westfälischen Besitzungen im Westen über die brandenburgischen Stammlande bis nach Ostpreußen. Mehrfach führten die Inspektionsreisen den Monarchen auch in seine westfälischen­ Terri­ torien. Denkt man an seine erste Begegnung mit Voltaire auf Schloß Moyland am Niederrhein, die dramatischen Begleiterscheinungen des Vater-Sohn-Konfliktes in der preußischen Festung Wesel oder dieersten ­ Kontakte zum Gedankengut und der Welt der Freimaurerei, die Fried- rich wohl über den Grafen zu Schaumburg-Lippe im benachbarten ­Bückeburg empfing, so bieten sich zahlreiche biographische Bezüge auch in die westlichen Gebiete Preußens. Oftmals erfolgten gerade aus diesen, Berlin so fernen Gebieten, wichtige Impulse für die Entwicklung des Gesamtstaates, beispielsweise für die Hebung der Landeskultur, des Bildungswesens oder für Kunst und Wissenschaft. Das Leben des Königs fern von Schlachtenrauch, Staatsverwaltung und späterem Heldenkult einmal mit dem Blick auf das Individuum, den Leser und schöngeistigen, bibliophilen Sammler zu betrachten, ist unge- mein reizvoll. Die wertvollen Exponate der in dieser Ausstellung gezeig- ten Privatsammlung, ergänzt um einige Museumsbestände, eröffnen den intimen Einblick in höchst private Lebens- und Geistesräume einer bis heute faszinierenden, die Nachgeborenen in seiner Widersprüchlichkeit oftmals irritierenden Persönlichkeit. Offenbart nicht der Blick des Besu- chers in den Bücherschrank eines anderen Menschen oftmals mehr über dessen ureigenste Gedankenwelt, als manch anderer Lebensbereich?

Carsten Reuss Museumsleitung Minden

12 Vorwort

»Ein großer Herrscher bis zur Mittagsstunde, Am Nachmittag Schriftsteller ersten Ranges, Tagsüber Philosoph voll edlen Dranges Und abends göttlich bei der Tafelrunde.« Voltaire Es war einmal ein König, der liebte die Bücher mehr als die Menschen. So könnte ein Märchen über Friedrich den Großen beginnen. Richtig daran ist, daß der König eine ausgesprochene Leidenschaft für Bücher und Schriftstellerei hatte. Wahr ist auch, daß Friedrich nach all den persönli- chen Verlusten und traumatischen Erlebnissen im Siebenjährigen Krieg zunehmend zum Misanthrop und »Eremit von Sanssouci« wurde. Und dennoch führt über Märchen kein Weg zu der realen geistigen Gestalt des »Roi-Philosophe«, dessen liebevolle Sorge für Familie und Freunde ebenso­ überliefert ist wie unermüdlicher Einsatz für das Wohler­gehen ­seiner ­Untertanen. Die schriftstellerische Seite Friedrichs, seine Freude an Büchern und ­Bibliotheken standen in den meisten Friedrich-Ausstellungen der vergan- genen Jahre eher im Hintergrund.* So hat Gerhard Knoll, der ­Bibliograph der Werke Friedrichs, im Jahre 2001 mit Bedauern festgestellt, daß es trotz Preußen­nostalgie um die Erforschung der geisti­gen Gestalt des ­Königs »jämmerlich bestellt« ist. Zweck der Kabinettsausstellung ist ­daher, an den philosophierenden Literaten und seine Werke zu erinnern, nach- dem beides zu Unrecht nahezu in Vergessenheit geraten ist. Auch wenn Friedrich der Große sein eigener Regierungschef war und als Oberbefehlshaber der Armee selbst in den Krieg zog, nahm das Schöngeistige einen herausragenden Platz in seinem Leben ein. Seine Passion galt den Künsten, dem Flötenspiel und Dichten, der Lektüre an- tiker und französischer Klassiker, dem Schreiben von Geschichtswerken, Episteln und philosophischen Traktaten. Dabei sind letztere auch heute noch der besonderen Beachtung wert. Das Versemachen diente mehr dem privaten Zeitvertreib und war zunächst nur für einen kleinen Freun- deskreis gedacht. Von der Regierungstätigkeit erholte sich Friedrich bei geistreichen Gesprächen mit den illustren Freunden der »Tafelrunde«. Mit den großen aufgeklärten Geistern seiner Zeit unterhielt er eine um- fangreiche Korrespondenz. Und was völlig in Vergessenheit geraten ist: Friedrich war in seiner Zeit ein internationaler Bestsellerautor, wie wir heute sagen würden. Die für die Ausstellung ausgewählten Werke und Bilder er­innern zunächst an die einseitige Erziehung Friedrichs, die seiner musischen Neigung kaum Raum zur Entfaltung gab. An­schließend wird auf Fried- richs Lektüre und sein Selbststudium während der glücklichen Jahre in Rheinsberg von 1736 bis 1740 eingegangen. Es werden vor allem die

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Bücher vorgestellt, die auf sein Denken und seine Anschauungen einen prägenden Einfluß hatten. Ein weiteres Kapitel setzt sich mit dem philo- sophierenden Friedrich und seinem Verhältnis zur europäischen Aufklä- rung auseinander. Die faszinierende Beziehung der beiden Ausnahme­ menschen Friedrich und Voltaire sowie ihr leidenschaftlicher Kampf gegen Intoleranz und jede Form religiösen Fanatismus werden anhand der jeweiligen Werke beleuchtet. Dies ist angesichts der heute aufbre- chenden Fundamentalismen von anhaltender Aktualität. Im Mittelpunkt der Ausstellung steht Friedrich als »Homme de lettres« mit seinen wichtigsten Werken, darunter die Urschrift des Antimachia- vell (La Réfutation du Prince de Machiavel), die Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Hauses Brandenburg, die Generalprinzipien des Krieges und die Abhandlung Über die Deutsche Literatur sowie zwei von Fried- rich zur politischen Propaganda eingesetzte Flugschriften, von denen nur noch wenige Exemplare existieren. ­Seine umfangreiche Korrespon- denz, vor allem mit seiner Schwester Wilhelmine und seinem Kammer- diener Fredersdorf, sein zur Weltliteratur gerechneter Briefwechsel mit dem Marquis d’Argens oder die Gespräche mit seinem Vorleser Henri Alexandre de Catt, zeigt nicht nur, zu welch großer persönlicher Anteil- nahme und spontaner Hilfsbereitschaft der König fähig, sondern auch was für ein grandioser Briefeschreiber er war. Der Bücherfreund Friedrich, seine Privatpresse »Au Donjon du ­Château« (Im Turm des Schlosses), seine reich illustrierten und kostbar gebun­ denen Prachtausgaben nebst Illustratoren und Buchbindern sowie seine Privatbibliotheken werden in den beiden folgenden Kapiteln behandelt. Abschließend kommt eine kleine Auswahl bedeutender zeitgenössischer und späterer Stimmen zu Wort, die sich mit der schriftstellerischen und bibliophilen Seite Friedrichs auseinandersetzen. Die Friedrich-Porträts, die zu Beginn der einzelnen Kapitel gezeigt werden, veranschaulichen den Übergang vom absolutistischen baroc- ken Herrscherporträt (Kat. 48) zur aufklärerischen bür­ger­lichen Darstel- lung des Königs und zum »Alten Fritz« (Kat. 60.1). Die Graphiken des letzten Kapitels illustrieren die Anekdoten und Legenden, die schon zu Lebzeiten des Königs entstanden sind. Sie zeigen Friedrich als Vertreter eines bürgerlichen, volkstümlichen Königtums. Es handelt sich um eine Auswahl zum Teil wenig bekannter, seltener zeitgenössischer Bildnisse, darunter zwei Gemälde mit dem Porträt des König, die erstmals in einer deutschen Ausstellung gezeigt werden (Kat. 8.3 und 81). Zum Gebrauch des Katalogs: Eine Texttafel nebst Übersetzung ins Englische führt in den jeweiligen Abschnitt ein. Zitate von und über Friedrich den Großen sind in Blau gedruckt. Zitate französischer Tex- te des Königs stammen, so nicht anders bezeichnet, aus Œuvres, hrsg. von Preuß (Kat. 64.3), Zitate deutscher Texte aus Werke, hrsg. von Volz (Kat. 64.4). Bei den gezeigten Werken, die für Friedrich besonders wich- tig waren und die er häufig las, erfolgt am Ende der Buchbeschreibung ein Hinweis auf das Signum und den Standort der entsprechenden Aus- gaben in den Privatbibliotheken des Königs. Dabei bedeutet das auf

14 den Buchdeckel aufgeprägte Signum V = Sanssouci, P = Stadtschloß Potsdam, S = Neues Palais, B = Berliner Stadtschloß und Br. = Breslauer Stadtschloß. Die Literaturangabe »L/K« am Ende der Beschreibungen der Werke Friedrichs verweist auf die wichtigste Bibliographie, bearbeitet von Gustav Leithäuser in der Neuausgabe von Gerhard Knoll.

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Dem Sammler P. O. danke ich herzlich für die Bereitschaft, seine Frideri­ ciana-Sammlung für die Kabinettsausstellung zur Verfügung zu stellen. Zudem schätze ich mich glücklich, daß ich über viele Jahre den Auf- bau dieser Sammlung, die Friedrich als Bücherfreund und passionierten Schriftsteller zum Gegenstand hat, betreuen durfte. Die Sammlung zeichnet sich zunächst und vor allem durch eines aus: Sie ist bibliophil. Diese Eigenschaft geht über den engeren Wortsinn »Liebe zum Buch« hinaus. Sie umfaßt neben Inhalt und Erlesenheit von Papier, Typographie, Illustra­tion, Einband und Zustand Merkmale wie Seltenheit, Widmung und Provenienz. Weiter zeigt sie das Bestreben des Sammlers, die von Friedrich gelesenen Werke, vornehmlich aus der klassischen Antike, der französischen Literatur und europäischen Auf- klärung, in identischen Ausgaben zu finden. Wie der König legt auch der Sammler Wert darauf, daß diese Werke »proprement reliés«, also gut und fein gebunden sind, vorzugsweise in typischen, zeitgenössischen Einbänden. Der Schwerpunkt der Sammlung liegt auf Friedrichs eigenen Werken, nach Möglichkeit in erster Ausgabe und seltenen Raubdrucken, wel- che die große Nachfrage nach den Büchern des Königs zu seiner Zeit belegen. Ein besonderes Interesse gilt den Büchern, die für den König von seinen Buchbindern Krafft (Berlin) oder Rochs (Potsdam) gebunden wurden und von denen er ­einige wenige an Freunde und enge Mitar- beiter verschenkte. Die Büchersammlung ist ergänzt durch Manuskripte, Gemälde, Zeichnungen, Graphik und Skulpturen. Ich danke vielmals der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kul­ turbesitz,­ die mit zwei herausragenden Exponaten die Ausstellung ange- reichert hat. Es handelt sich um Friedrichs Originalmanuskript des Anti- machiavell, die Réfutation du Prince de Machiavel (Kat. 43.1), und den prachtvollen Einband des zu seiner Zeit bedeutendsten Pariser Buchbin- ders Derome le Jeune, der mit dem preußischen Staatswappen versehen Friedrich dem Großen geschenkt wurde (Kat. 69.1). Den Leihgebern Elvira Tasbach und Jörg Geller sowie allen Leihge- bern, die ungenannt bleiben möchten, spreche ich meinen aufrichtigen Dank aus.

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Herzlichen Dank sage ich Dieter Beuermann und Klaus G. Saur für wichtige Ratschläge und spontane Unterstützung am Anfang des Pro- jektes. Für Rat und und wertvolle Hinweise danke ich Peter Baumgart, Würzburg. Nicht zuletzt danke ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbei- tern der ausstellenden Häuser für ihre engagierte Hilfe bei dem Zustande­ kommen des Ausstellungsprojektes. Schließlich gilt mein besonderer Dank den Firmen EDF Deutschland GmbH und Pfizer Deutschland GmbH, ohne deren großzügige Unter- stützung der Katalog und die Ausstellung nicht hätten realisiert werden können. Wolfgang J. Kaiser

* Frühere Ausstellungen mit ähnlicher, aber sehr viel weiterer Themenstellung sind z. B.: Bogdan Krieger, Beschreibender Katalog der Sonderausstellung der Hausbibliothek Seiner Majestät des Kaisers und Königs auf der Internationalen Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik Leipzig 1914, Berlin 1914; Lutz Son- nenburg, Königliche Bücher des Hauses Hohenzollern, Ausstellung Berlin 1986; Martin Fontius u. Hannelore Röhm, in: Friedrich II. und die Kunst, Ausstellung Staatliche Schlösser und Gärten Potsdam-Sanssouci, 1986, Teil I, SS. 130 –144; ­Johann von Hohenzollern, Hans-Joachim Giersberg u. a., FRIEDRICH DER GROSSE Sammler und Mäzen, Ausstellung der Hypo-Kulturstiftung München 1992; Wolf- gang J. Kaiser, René Pomeau u. Jürgen von Stackelberg, LE SIECLE DE VOLTAIRE Friedrich der Große und Voltaire / Aufklärung – Lumières, Französisch-deutscher Ausstellungskatalog, Schirn Kunsthalle Frankfurt am Main, 1995.

12.1 Friedrich der Große als Kronprinz, um 1736 w

16 17 »Seit meiner Kindheit habe ich die Künste, die Literatur und die Wissenschaften geliebt, und wenn ich zu ihrer Verbreitung beitragen kann, so gebe ich mich dem mit aller Leidenschaft hin, deren ich fähig bin, weil es in dieser Welt kein wahres Glück ohne sie gibt.«

Friedrich der Große an Baron Grimm, 1770 I Der junge Friedrich – Freund der Bücher

1.2 TAFEL I

Erziehung zwischen Pflicht und Neigung Friedrich Wilhelm I., der sog. Soldatenkönig, wünschte eine recht einseitige, auf das spätere Herrscheramt ausgerichtete Erziehung sei- nes Sohnes Friedrich. Der Kronprinz sollte ein frommer Christ, ein tapferer Offizier und »guter Ökonom« werden. Doch zunächst, d. h. die ersten sechs Jahre, wuchs der »kleine Fritz« in dem eher franzö- sisch geprägtem Hofstaat seiner welfischen Mutter Sophie Dorothea heran. Danach wurde er unter der Oberaufsicht zweier Offiziere von dem Hugenotten Duhan de Jandun in den vom Vater gewünschten Fächern, hauptsächlich in Religion, Geschichte, Ökonomie und Mili- tärwesen erzogen. 4.2 Der Kronprinz Das Verhältnis des Kronprinzen zu seinem dominanten Vater, der die völlige Anpassung seines Sohnes an seine Wertvorstellungen verlangte, führte immer mehr zur Entfremdung. Dem Vater schien Friedrich die »wahre Liebe zum Soldatenstande« zu fehlen. Friedrich unterzog sich nur widerwillig den väterlichen Anforderungen. Bei seinen Disziplinierungsmaßnahmen schreckte der jähzornige Vater auch nicht vor körperlicher Züchtigung und Demütigung des Soh- nes in der Öffentlichkeit zurück. Diese traumatischen Erfahrungen führten zum Zerwürfnis mit dem Vater. 1730 unternahm der Kron- prinz einen Fluchtversuch. Wegen »Desertion« kam Friedrich vor das Kriegsgericht und in Haft auf die Festung Küstrin. Sein in den Flucht- plan eingeweihter Jugendfreund Hans Hermann von Katte wurde 2 Der Vater vor seinen Augen enthauptet. Um aus dem Arrest herauszukommen, mußte Friedrich sich dem Willen des Vaters wenigstens zum Schein unterwerfen. Der Kronprinz erhielt danach eine strenge Ausbildung in Militär und Verwaltung, worauf seine späteren Erfolge auf diesen Gebieten u. a. aufbauen. Die bitteren Jugenderlebnisse prägten den verschlossenen Charakter, die Verstellungskunst und den Zynismus des späteren Königs. Friedrichs Neigung zu Musik, Kunst, insbesondere zur antiken und französischen Literatur, stieß beim Vater auf völliges Unverständnis. Erst in Rheinsberg (1736 – 1740) sollte Friedrich Zeit und Muße für ein vertieftes Selbststudium finden. Ausdruck für die Freude des Kron- prinzen an Büchern waren die Anschaffung der Jugendbibliothek­ in Berlin und nach 1736 der Turmbibliothek im Schloß Rheinsberg. 3 Die Mutter Education between Duty and Disposition Frederick William I, the so-called »soldier king«, wanted a rigid educa- tion for his son Frederick to prepare him for his future role of mon- arch. The crown prince was to be instructed essentially in theology, economics, history and the military. Under the watchful eye of two officers he was taught by Duhan de Jandun thus acquiring an excel- lent knowledge of French. Frederick was prepared for military service at a young age. After an attempted escape from his authoritarian father in 1730 Frederick was prescribed strict instruction in public service and the military. Thus the soldier king laid down the foundations for his son’s future success. Frederick’s love for music and the arts, in particular for the classics 7 Der Lehrer and French literature, was met by a total lack of comprehension on his father’s side. It was at Rheinsberg Castle that he found the peace and quiet for intensive study. 20 Zwischen Pflicht und Neigung

1.1 Die allgemeine Beurteilung des Vaters fällt Das Porträt: Kronprinz Friedrich meist zu negativ aus. Hinter einem aufbrausen- von Preußen (1712 – 1740) den und grobianischen Temperament, unter dem Radierung v. Joachim Martin Falbe (1709 –1780) der junge Friedrich sehr zu leiden hatte, verbarg nach einer Zeichnung des Hofmalers ­Antoine sich »Preußens größter innerer König« (Theodor Pesne (im Berliner Kupferstichkabinett). Ohne von Schön). Ungemein fleißig, förderte er das Titel. 200 × 140 mm. Wirtschaftsleben, reorganisierte die Verwaltung, Darstellung des jungen Friedrich im Alter von reformierte die Armee und hinterließ seinem zwei Jahren in einem für die damalige Zeit für Sohn neben einem starken Heer geordnete einen Prinzen üblichen langen Kleid, mit einer ­Finanzen und eine vorbildliche Beamtenschaft. Soldatenspielzeugfigur in der rechten Hand, auf Im Alter anerkannte Friedrich die Größe und einen Stuhl gelehnt. Neben dem Stuhl liegt eine Leistung seines Vaters (de Catt, a. a.O., S. 46): Trommel. Der Künstler Falbe war befreundet »Welch ein schrecklicher Mann war mein mit Pesne, der ihn auf dem Totenbett bat, sei- ­Vater, aber zugleich wie gerecht, wie klug ne Bilder zu vollenden. Außerordentlich seltene und ­geschäftskundig! Sie haben keine Vorstel- Radierung. lung von der vortrefflichen Ordnung, die er in Lit.: Heinrich von Sydow, a. a. O., S. 18 f.; nicht ­allen Zweigen der Verwaltung eingeführt hat … bei Campe. Abb. S. 22 Durch seine Sorgfalt, seine unermüdliche ­Arbeit, Leihgabe Privatbesitz seine stets von strengster Gerechtigkeit geleitete ­Politik, ­seine bewunderungswürdige Sparsam- 1.2 keit und die strenge Manneszucht, die er in der Kronprinz Friedrich von ihm geschaffenen Armee ­einführte – durch Farbstich von Meno Haas nach , alles dies bin ich in den Stand gesetzt worden Berlin 1803. 64 × 64 mm. Brustbild des zweijäh­ zu tun, was ich bis jetzt ­ausgeführt habe.« rigen Kronprinzen im Medaillon. In Farben ge­­ druckt in Punktiermanier, nach­koloriert in der 3 Zeit. Aus: Geschichte Friedrich II des ­Großen. Die Mutter Sophie Dorothea, Berlin, Flittnersche Buchhandlung, 1817. Königin von Preußen (1687–1757) Lit.: Campe 185a. Abb. S. 19 Öl auf Leinwand von Antoine Pesne, 1737. Leihgabe Privatbesitz 143 ×112 cm. bpk/SPSG Berlin-Brandenburg/ Roland Handrick. 2 Die Mutter hatte im Gegensatz zum Solda- Der Vater Friedrich Wilhelm I., tenkönig eine Vorliebe für Literatur, Musik und König von Preußen (1688 – 1740) höfisches Leben. Sie »sah stattlich und vornehm Öl auf Leinwand von Antoine Pesne, 1729. aus … und machte eine angenehme Conversa- 242 ×149 cm. SPSG Berlin-Brandenburg, Schloß tion« (Gräfin von Voß). Von ­seiner Mutter hatte Charlottenburg. Friedrich »das Auge für das Schöne, die literari- König Friedrich Wilhelm I. wurde aufgrund sche Ader geerbt« (Reinhold Koser). seiner Leidenschaft für das Militär und die Sol- daten seiner Riesengarde auch Soldatenkönig genannt. Seine Sorgen um den Kronprinzen for- mulierte er in dem bekannten Ausspruch: »Fritz ist ein Querpfeifer und Poet. Er macht sich nichts aus Soldaten und wird mir meine ganze Arbeit verderben.«

21 Der junge Friedrich

Der junge Friedrich

1.1 Kronprinz Friedrich von Preußen im Alter von zwei Jahren. Radierung von Joachim Martin Falbe

22 5 Die Schwester Wilhelmine Markgräfin von Brandenburg-Bayreuth, um 1740 Ölgemälde, Kopie nach Antoine Pesne-Werk- statt, um 1740. Friedrichs Lieblingsschwester Wilhelmine (1709 –1758), mit der er engen freundschaftli­ chen und geistigen Austausch pflegte, hatte 1731 den Markgraf Friedrich von Brandenburg- Bayreuth geheiratet. Sie gilt als eine der geist- vollsten Frauen ihrer Zeit. Friedrich bezeugte seine Dankbarkeit gegenüber seiner Schwester Wilhelmine in einem Gespräch mit seinem Vor- leser de Catt: »Wissen Sie, wem ich diesen Geschmack an den Studien, der mehr als alles andere den Reiz ­meines Lebens ausmacht, verdanke? Meiner Schwester Wilhelmine.« Das Gemälde wurde nach einem verscholle- nen Original, das Pesne vermutlich 1740 gemalt hat, von seiner Werkstatt ausgeführt.

(Zu Wilhelmines »Memoiren« siehe Kat. 83). 4.1 Der junge Friedrich beim Exerzieren in seinem Spielzimmer Altkolorierte Lithographie eines unbekannten Künstlers aus: Friedrich Förster. Leben und Tha- ten Friedrich’s des Großen. Meißen 1840. Bild- größe: 120 × 82 mm. Mit vier Jahren mußte der Kronprinz bereits die 54 Bewegungen des preußischen Exerzier- reglements einüben. Mit sechs Jahren lernte er eine »Kronprinzliche Kadettenkompanie« aus gleichaltrigen adligen Kameraden zu komman- dieren. Friedrichs Schwester Wilhelmine berich- tet dem König über die militärischen Übungen des fünfjährigen Kronprinzen, wohl weniger der Wahrheit als dem Vater zuliebe: »Mein Bruder vollbringt Wunder, er spricht von nichts anderem als vom Krieg und der Jagd, und Monsieur Duhan läßt ihn den ganzen Tag exer- zieren.« Leihgabe Wolfgang J. Kaiser

4.2 »FRIEDRICH II. wie er in seinem 14ten Jahre Wache steht vor dem Palais seines Vaters« Kolorierte Lithographie von F. A. Fricke. 162 ×123 mm. Abb. Tafel 1

23 Der junge Friedrich

6 Freundschaft eng verbunden. Auf seinen ver- (Eléazar de Mauvillon) ehrten Lehrer verfaßte er eine Eloge, die in der Histoire de Frederic Guillaume I. Roi de Prusse. Akademie verlesen wurde (Kat. 8 und Kat. 49.1). Amsterdam & Leipzig 1741. 2 Bände. Frontispiz- Abb. Tafel 1 Kupfer mit Porträt von Friedrichs Vater (Bd. I) und der Mutter (Bd. II) sowie dem großen Wap- 8.1 pen Preußens auf beiden Titelblättern. Erste Friedrichs Korrespondenz mit Duhan Ausgabe. Correspondance de Fréderic II avant et après son Mauvillon behandelt ausführlich das Zerwürf- avènement au throne avec M. Duhan de Jandun. nis zwischen Vater und Sohn, dessen Flucht und Berlin, Chrétien Fréderic Voss, 1791. Späterer die Verurteilung des Freundes von Katte wegen Halblederband, gebunden von dem Berliner Fahnenflucht zum Tode. Am Ende von Band II, Buchbinder Glöckler. Erste Ausgabe. S. 432 – 437 ist das Schreiben des Königs an Vorab druckte der Herausgeber die ­Elogen Friedrich mit seinem letzten Willen (1740) wie- der Berliner Akademie (S. 8 –18) und des Königs dergegeben. selbst (S. 19 – 36), die nach Duhans Tod 1746 in der Akademie verlesen wurden (Kat. 49.1). 7 Friedrich schrieb seinem Lehrer Duhan in Der Erzieher beachtlicher Offenheit. Die Korrespondenz gibt Jacques Egide Duhan de Jandun daher einen aufschlußreichen Einblick in die Kupferstich von F. C., Plattengröße: 98 × 56 mm. Gemütslage Friedrichs. Sie enthält 11 Briefe des Duhan (1685 –1746) war Sohn eines franz. Huge­ Kronprinzen und 18 Briefe des Königs an sei- notten. Der Soldatenkönig ernannte ihn 1716 nen alten Lehrer, darunter den Brief Nr. 8 vom zum Lehrer des vierjährigen Kronprinzen. 2. Oktober 1745, dessen Original unter Kat. 8.2 Anhand des 17bändigen Theatrum Euro- gezeigt wird. paeum sollte Friedrich die neuere Geschichte (etwa ab 1570) lernen. Duhan erstellte einen 8.2 Auszug und verstand es, die trockene Materie Eigenhändiges Schreiben Friedrichs an Duhan interessant zu vermitteln. Heimlich unterrichte- mit Unterschrift »Federic«, 2. Oktober 1745. 1 Dop­ te Duhan den jungen Kronprinzen auch in La- pelblatt in Quart., die erste Seite beschrieben. tein, doch nicht lange genug, so daß Friedrich Am 2. Oktober 1745 bittet Friedrich seinen die lateinischen Klassiker später in Französisch ehemaligen Lehrer Duhan um sofortige Beschaf- las. Friedrich blieb Duhan zeit seines Lebens in fung einer neuen Reisebibliothek, da ihm diese

24 8.2 zusammen mit seinem gesamten Handgepäck 8.3 bei der Schlacht bei Soor durch Plünderung ab- Porträt: Friedrich mit seiner Feldbibliothek handen gekommen sei: Ganze Figur in Dreiviertelansicht nach links, »Mon cher Duhan, Je suis pillé Totallement, Je vor einem Zelt, in dem auf einem Tisch Bücher vous prie de M’acheter & faire relier Boilo [Boi- ­ausgebreitet sind. Öl auf Leinwand. Signiert un- leau], in octavo la belle edition avec les Notes, ten rechts: »J. C. Frisch pinx. 1783« [nicht 1763]. peutetre La trouverai vous dans la biblioteque 201×158 cm. de Jourdan …, Les Tusculaines de Ciceron … Das Gemälde von Johann Christoph Frisch Lucien … Voltaire … Horace … Gresset …. (1738 –1815) ist relativ unbekannt, da es noch Chaulieu. … Rousseau … nie ausgestellt wurde. Ein Abbild befindet sich Federic« auf dem Schutzumschlag der Friedrich-Bio- Friedrich bittet Duhan, diese Bücher umge- graphie von Gerd Heinrich von 2009 (a. a. O.). hend zu besorgen. Die meisten würde er wohl Laut Auskunft des privaten Eigentümers war in der Bibliothek seines kurz zuvor verstorbe- das Gemälde zunächst im Besitz der Landgrä- nen Freundes Jordan (Kat. 12.2, Abb. 3) finden. fin Philippine von Hessen-Kassel (1745 –1800), Das Schreiben gibt einen guten Überblick über einer Nichte Friedrichs des Großen. Aus ihrem Friedrichs geistige Interessen, seinen Lesestoff Nachlaß kam das Bildnis in die Familie des ge- und die Ausstattung seiner Feldbibliothek wäh- genwärtigen Eigentümers. Der Maler Frisch war rend der Schlesischen Kriege. ein Schüler Rodes. 1805 wurde Frisch Direktor (Siehe die Transkription des ganzen Original- der Berliner Akademie der Künste. Georg Bret- schreibens nebst deutscher Übersetzung im zing, ein Schüler Frischs, zeichnete und stach ­Anhang). nach diesem Gemälde 1812 einen Kupferstich; Leihgabe Elvira Tasbach, Berlin dort ist das Gemälde irrtümlich auf 1763 datiert (vgl. Campe 81). Abb. S. 161 Leihgabe Privatbesitz

25 Der junge Friedrich

11.3 Minerva als Beschützerin von Kunst und Wissenschaft

11.1 Schloß Rheinsberg 26 Bücher und Jugendbibliotheken in Berlin und Rheinsberg

»Sie bilden die Jugend, erfreuen das Alter, verleihen dem Glück seinen Glanz, bieten im Unglück Trost und Asyl, sie sind unsere Freude im Hause, werden uns draußen nicht zur Last, sie wachen und reisen mit uns und sind unsere Begleiter auf dem Lande.« Zitat Friedrichs aus Ciceros Rede für den Dichter Archias in einem Brief an Marquis d’Argens vom 25. Mai 1762 Friedrich las in seiner Jugend zunächst Abenteuer- und Reiseromane, dann in Rheinsberg bevorzugt die griechischen und lateinischen Klassiker in französischer ­Sprache, französi- sche Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts, die Philosophen Leibniz, Wolff und ­Bayle, vor ­allem und umfassend die Werke Voltaires, hingegen kaum deutsche Werke (siehe dazu ausführlich Tafel 7).

9 Kronprinz Friedrich im Alter von ca. 16 Jahren Kupferstich von Georg P. Busch mit Legende: »FRIDERICUS – Regni Borussiae et Electoratus Brandenburgici Haeres«. Plattengröße: 147 × 97 mm. Ganze Figur des Kronprinzen von vorn mit Brustpanzer und Kadettenuniform mit Band und Stern des Schwarzen Adlerordens, auf Mar- schallstab gestützt, im Hintergrund Zelteingang. Lit.: Campe 98; Kaiser 25; H. v. Sydow 20 f.

10 Friedrichs Bibliothek im Rostschen Haus auf der Schloßfreiheit in Berlin Die Bibliothek wurde von Friedrichs Erzieher Duhan wahrscheinlich als Ganzes angeschafft. Der Bestand umfaßte 3775 Bände: Hauptwerke der französischen Literatur, darunter Voltaires Henriade von 1728 (Kat. 18), die griechischen und lateinischen Klassiker in französischer Spra- che, Reallexika. Ferner eine Fülle von naturwis- senschaftlichen und theologischen Werken. Der Soldatenkönig, der seinen Sohn in erster Linie im Kriegshandwerk und in der Verwal- tung ausbilden lassen wollte, ließ den gesamten ­Bücherbestand im Anschluß an den Fluchtver- such des Kronprinzen 1730 nach Amsterdam verkaufen. 9

27 Der junge Friedrich

11.2 Turmkabinett in Schloß Rheinsberg 11.5 Porträt Voltaire

11.1 Friedrichs Thronbesteigung den Grundstock für Ansicht Schloß Rheinsberg die neue Bibliothek in Sanssouci (Kat. 80). Ba- von der Wasserseite ron Bielfeld beschreibt die zweite Jugendbiblio- Radierung von J. C. Krüger nach einer Zeich- thek Friedrichs (Kat. 12.3): nung von F. C. Ekel, 1773. »Die Bibliothek des Prinzen ist allerliebst; sie ist Die zweite Bibliothek des Kronprinzen be- in einem der Türme aufgestellt und hat die Aus- fand sich im runden Turmkabinett des Klin- sicht auf den See und den Garten. Sie enthält genbergflügels im Wasserschloß in Rheinsberg eine wohlgewählte Sammlung der besten fran- (1736 –1740). Abb. S.2 6 zösischen Bücher. Voltaires lebensgroßes Bild ist darin aufgehängt.« 11.2 Turmkabinett in Schloß Rheinsberg 11.3 Unbekannte Fotografie, um 1900. Das runde Skizze des Deckengemäldes Turmkabinett war grün gestrichen. Das Decken- im Turmkabinett gemälde zeigte Minerva, die Göttin der Weisheit von Antoine Pesne: »Minerva als Beschützerin umgeben von Genien, die ihr ein aufgeschla- von Kunst und Wissenschaft«. Fotografie 1983. genes Buch mit den Namen Voltaire und Ho- Fotograf: Roland Handrick. SPSG. Abb. S. 26 race reichen (Abb. S. 26). Die Bücher waren in Schränken an den Wänden untergebracht, die 11.4 Folianten unter den Fensterbänken. François-Marie Arouet, Der umfangreiche Bestand wurde später in seit 1718: de Voltaire (1694 – 1778) 37 Kisten nach Sanssouci gebracht: im wesent­ Kupferstich von Alex. Tardieu nach Nicolas de lichen griechische und lateinische Klassiker, Largillière (1656 –1746). Blattgr.: 225 × 170 mm. Werke der französischen Literatur, der Philoso- Erstes Porträt des jungen Voltaire im Alter von phie und Naturwissenschaft. Sie bildeten nach 24 Jahren (1718). Er nannte sich seit dieser Zeit

28 11.6 Ausschnitt aus »Bibliotheca Fridericiana«

»de Voltaire« (Umstellung der Buchstaben seines 11.6 bisherigen Namens) und demonstrierte so sein Ausschnitt aus »Bibliotheca Fridericiana« starkes Selbstbewußtsein als bereits berühmter Von oben links nach unten rechts: Rousseau. Schriftsteller und Theaterautor. Abb. Tafel 4 ­Œuvres. Paris 1788. Baron Bielfeld … Marquis d’Argens … Algarotti … Grimm & Diderot. Corre- 11.5 spondance 1733 – 69 … La Mettrie … Preuß (Hrsg.). Porträt Voltaire, 1718 Œuvres de Frédéric le Grand. Berlin 1846 –1856 …. Öl auf Leinwand von Nicolas de Largillière, 79 × 64 cm, Versailles. Fotograf: Gerard Le Gall, bpk 000114173.

29 »Friedrich war ein Europäer, ein Kosmopolit, oder wie sich sein gehorsamer Untertan in Königsberg Immanuel Kant ausdrückte, ein Weltbürger. Friedrich kultivierte bewußt den Einklang mit den großen aufgeklärten Geistern seiner Zeit.«

Pierre Bertaux, 1986 II »Frédéric le Philosophe«

12.1 Der junge Friedrich TAFEL 2

Friedrich der Philosoph und die Rheinsberger Zeit Friedrich bezeichnete sich selbst bereits 1728 als »Frédéric le Philo- sophe«. Der französische Begriff »philosophe« bedeutete damals Auf- klärer, für Friedrich allerdings im Rahmen der höfisch-aristokratischen Kultur der Zeit. Wie die französischen Aufklärer fühlte sich Friedrich als Philosoph, da er über sich und sein Leben, über die Politik und das Wohlergehen der Gesellschaft, über Religion und Staat kritisch und vorurteilsfrei nach- dachte. »Philosophie diente ihm als Reflexion über die Möglichkeit 26.1 praktischen Handelns« (Theodor Schieder). Mit der Thronbesteigung Friedrich, um 1740 setzte Friedrich seine wichtigsten philosophisch-moralischen Erkennt- nisse sofort in die Tat um: religiöse Toleranz, Lockerung der Zensur (»Gazetten, wenn sie interessant sein sollen, dürfen nicht genieret werden.«), Abschaffung der Folter, Verbot des Säckens bei Kindsmord, Milderung der militärischen Strafen. Weitere Reformen folgten. Für die Zeitgenossen glichen diese Neuerungen einer Revolution. Die »philo- sophes« hatten ihren Helden – einen Aufklärer auf dem Thron. Nachdem Friedrich in die Ehe mit Elisabeth von Braunschweig-Be- vern eingewilligt hatte, durfte er in das ihm von seinem Vater ge- schenkte Rheinsberger Schloß umziehen. Dort versammelte er eine heitere, aufgeklärte Rokokogesellschaft um sich. Er betrieb ein inten- sives Selbststudium der bisher vernachlässigten Bereiche, vor allem 12.2(2) der Literatur und Philosophie, und legte damit die Grundlagen für Keyserlingk die politisch-philosophischen Anschauungen des künftigen Königs (zu seiner aus dem Naturrecht abgeleiteten Herrschaftsauffassung des aufgeklärten Absolutismus, siehe Tafel 3 und Kat. 38.1 – 5). Seine Lust am Schreiben führte auch zu einer umfangreichen Korrespondenz mit den aufgeklärten Geistern der Zeit.

Frederick the Philosopher and his Time at Rheinsberg Frederick first referred to himself as »Frédéric le Philosophe« as early as 1728 during a stay in Dresden, whilst Voltaire in 1740, dedicated his Henriade to the »Roi-philosophe«. The French, unlike the Germans, understood the term »philosophes« to mean enlightened thinkers. Frederick thought of himself in the same 25.1 Homer vein as he mused on life, politics, the welfare of society, religion and the state in a discerning and impartial manner. »For him philo- sophy served as a means of reflection on the possibility of practical action« (Theodor Schieder). When he became king he immediately implemented his most important conclusions: promotion of religious tolerance, press freedom in non-political areas, abolition of torture, banning of sacking for infanticide, reduced sentencing for military offences. Further revolutionary reforms followed. The »philosophes« now had their own hero – an enlightened thinker on the throne. Having agreed to marry Elisabeth of Brunswick-Bevern, Frederick was permitted to move into Rheinsberg Castle. There he concentrated on hitherto neglected areas of study such as literature and philosophy. His love of writing led to an extensive correspondence with other 16.5 Bayle enlightened thinkers of the time.

32 Studienjahre am Musenhof in Rheinsberg

»Die Freundschaft ist zu unserem Glücke unentbehrlich.« »Ich habe noch nie so glückliche Tage verlebt wie hier.« Friedrich der Große In Rheinsberg verbrachte der Kronprinz im Kreise der Freunde die glücklichste Zeit seines Lebens (1736 – 1740). Zum schöngeistigen Freundeskreis zählten vor allem Charles-Etienne Jordan, Dietrich Freiherr von Keyserlingk, Jakob Friedrich Bielfeld, Heinrich August de la Motte-Fouqué, Christoph Ludwig von Stille und Isaak Franz Egmont von Chasot sowie die Kronprinzessin Elisabeth Christine und andere Hofdamen (Frau von Brandt, Fräulein von Walmoden, Baronin von Morien, Fräulein von Tettau).

12.1 Das Porträt: Friedrich als Kronprinz, um 1736 Kniestück von Antoine Pesne. Öl auf Leinwand, 152 × 118 cm. Eigentum des Hauses Hohenzollern, SKH ­Georg Friedrich Prinz von Preußen, Burg Hohenzol- lern Wohl das erste der Rheinsberger Porträts Friedrichs. Es zeigt ihn als entschlossen nach rechts voranschreitenden Feldherrn (mit Feld- herrnstab). Nach Börsch-Supan »atmet es, vor al- lem in dem lebendigen Vortrage des Pinsels und dem hellen Kolorit, eine morgendliche Frische, die in die Zukunft weist.« Die Schwester Wilhel- mine erbat sich von Friedrich ein neues Porträt. Darauf antwortet Friedrich am 10. März 1736: »Pesne bietet seine ganze Kunst auf, um Dei- nem Befehl gemäß ein gutes Bild von mir zu malen, ich bitte ihn, nicht soviel Gewicht auf die Gesichtszüge zu legen, sondern die Gefühle auszudrücken, die ich für Dich hege, damit sie Dir stets gegenwärtig sein mögen.« Abb. S. 17

12.2 Der Rheinsberger Freundeskreis erwarb. Dieser Abzug stammt aus einer handnu- Holzstich nach einer Illustration von Adolph merierten bibliophilen einmaligen Ausgabe des Menzel zur Geschichte Friedrichs des Grossen VEB E. A. Seemann Verlag Leipzig 1983. von Franz Kugler. Leipzig 1840 (Kat. 106.1). Vor- Dargestellt sind Jordan als Vorleser, ihm ge- liegend ein limitierter Abzug von dem Original- genüber der tanzende Keyserlingk, im Hinter- holzstock, den der Verlag E. A. Seemann 1922 grund mit Laute Bielfeld sowie Hofdamen.

33 »Frédéric le Philosophe«

»Frédéric le Philosophe«

(1) Elisabeth Christine, (2) Dietrich von Keyserlingk (3) Charles Etienne Jordan Königin von Preußen

Friedrich schildert im Jahr 1737 seiner Lieb- Abb. 2: Dietrich Freiherr von Keyserlingk lingsschwester Wilhelmine, der Markgräfin von (1698 –1745) Bayreuth, sein Leben in Rheinsberg: Kupferstich, 88 × 50 mm, aus: Historisch genealo- »Wir haben hier ziemlich zahlreiche Gesellschaft; gischer Calender auf das Jahr 1795. Berlin 1794. wenn wir alle beisammen sind, besteht unsere Brustbild im Oval mit Bildunterschrift: »Dietrich Tafel gewöhnlich aus zwei- bis vierundzwanzig von Kayserling.« Gedecken. Wir unterhalten uns mit Nichtigkei- Keyserlingk war ein schöngeistiger Offizier ten und kümmern uns nicht um Dinge, die ei- und wohl engster Vertrauter des Kronprinzen. nem das Leben verleiden. Wir spielen Tragödie Weitgereist, hochgebildet, ein unterhaltsamer und Komödie, haben Bälle, Maskenfeste und Plauderer und charmanter Tänzer, erschien er Musik jeder Art. Dabei geht die Philosophie ih- als Inbegriff des Rokoko-Kavaliers und Personi- ren Gang; sie ist doch die sicherste Quelle un- fikation des »honnête homme« am Rheinsberger seres Glücks.« Musenhof. Friedrich, der Keyserlingk in Anspielung auf Abb. 1: Elisabeth Christine, seinen Namen Césarion nannte, verfaßte ein Königin von Preußen (1715 –1797) Gedicht auf seinen früh verstorbenen und tief Kupferstich von I. D. Schleuen. 315 × 254 mm. betrauerten Freund: Aux manes de Césarion Die Ehe mit Elisabeth Christine, Prinzessin (Œuvres Band XI, S. 92 – 95) sowie eine in der von Braunschweig-Bevern, wurde durch den Aka­demie verlesene Eloge (Kat. 49.1). Abb.oben Soldatenkönig gegen den Willen des Kronprin- zen arrangiert (1733). Das junge Paar bezog Abb. 3: Charles Etienne Jordan (1700 –1745) 1736 gemeinsam das Rheinsberger Schloß. Ob- Unbekannte Fotogafie des Ölgemäldes von wohl der Kronprinz keine Zuneigung zu seiner Antoine Pesne. Brustbild, sitzend an einem Tisch jungen Frau empfand, ließ er sie an dem geselli- mit Büchern. 810 × 660 mm. SPSG I 2627. gen Rheinsberger Leben teilnehmen. Das änder- Der hochgebildete Jordan, der aus einer Ber- te sich erst nach seiner Thronbesteigung 1740. liner Hugenottenfamilie stammte, bekleidete zu- Sie erhielt einen getrennten Wohnsitz, winters nächst das Amt des protestantischen Predigers. im Berliner Schloß und sommers im Schloß Seit 1736 diente er Friedrich als literarischer Schönhausen. Abb. oben Berater, Privatsekretär und Freund. Er war Mit- glied der kronprinzlichen Freimaurerloge und

34 Briefe geben ein aufschlußreiches, wenn auch nicht immer ganz zuverlässiges Bild vom Leben am preußischen Hof.

12.4 Heinrich Freiherr de la Motte Fouqué (1698 –1774) Büttner, Gottfried August. Denkwürdigkeiten aus dem Leben des Königl. Preuß. Generals von der Infanterie Freiherrn de la Motte Fouque. In welchen zugleich dessen ... Briefwechsel mit Friedrich dem Zweiten enthalten ist. Berlin, Fr. Lagarde, 1788. 2 Teile in 1 Bd. Mit Frontispiz- (4) Baron von Bielfeld Porträt von Fouqué, gestochen von D. Berger, 1787. 16seitiges Pränumerantenverzeichnis. In geistreicher Gast an der Tafelrunde des Königs Pappband der Zeit. Erste Ausgabe. in Sanssouci. 1744 wurde er Vizepräsident der Das Buch über das Leben des Friedrich- Berliner Akademie (Kat. 26). Freundes Fouqué enthält außerdem den Brief- Der umfangreiche Briefwechsel Friedrichs mit wechsel mit dem König. Fouqué entstammte Jordan zeigt das große Vertrauensverhältnis zwi- einem alten Hugenotten-Geschlecht, das nach schen beiden (Œuvres, Bd. XVII, S. 49-265). Der der Aufhebung des Edikts von Nantes Ende des König verfaßte einen bewegenden Nachruf auf 17. Jahrhunderts nach Deutschland ­auswanderte. seinen Freund (Kat. 49.1). Abb. S. 34 Der Soldatenkönig bestellte Fouqué zum Ge­ sellschafter des Kronprinzen. Es ­entwickelte sich Abb. 4: Jakob Friedrich Freiherr von Bielfeld eine lebenslange Freundschaft. Der gebildete­ (1717–1770) Baron, ein Mitglied des von Friedrich gegrün- Kupferstich von J. Houbraken, 1759, nach T. F. Stein. deten »Bayard-Ordens« (eine an den ritter­lichen Blattgröße: 214 ×162 mm. Brustbild nach links, Idealen des Mittelalters ausgerichtete Vereini- darunter Wappen und Bildlegende »Le Baron de gung mit militärwissenschaftlichen Interessen), Bielfeld.« nahm an dem geselligen Leben in Rheinsberg Der Hamburger Kaufmannssohn Bielfeld war regen Anteil, vor allem auch an Theaterauffüh- Logenbruder des Königs. Friedrich erhob ihn rungen, etwa an der Aufführung des Mithridates in den Freiherrenstand und ernannte ihn zum von Racine 1736. Ausdruck von Friedrichs ho- preußischen Legationsrat und Ehrenmitglied der her Wertschätzung des Freundes Fouqué ist die Berliner Akademie. Ab 1747 fungierte er als Ku- Verleihung des »Hohen Ordens vom Schwarzen rator aller preußischen Universitäten. Auf dem Adler« 1751. In den drei Schlesischen Kriegen berühmten Gemälde »Das Flötenkonzert« von zeichnete Fouqué sich aus, 1759 wurde er zum Adolph Menzel (Alte Nationalgalerie Berlin) ist Generalleutnant befördert. Bielfeld mit verzückt lauschendem Gesichtsaus- druck auf der linken Seite dargestellt.

12.3 Jakob Friedrich Freiherr von Bielfeld Lettres familières et autres. Den Haag, Gosse & Pinet, 1763. 2 Halblederbände der Zeit. Erste Ausgabe der Freundschaftlichen Briefe. Die Briefe enthalten interessante Nachrichten über die Höfe seiner Zeit, insbesondere über seinen Aufenthalt am Musenhof in Rheinsberg und an der Tafelrunde von Sanssouci im enge- ren Freundeskreis Friedrichs des Großen. Die

35 »Frédéric le Philosophe«

13.1 13.2 13.3

13.3

36 Französische Literatur

»Ich habe mehr gelesen, als alle Benediktiner zusammen.« Friedrich der Große Auswahl einiger Werke der französischen Literatur, die von Friedrich immer wieder gelesen wurden und die einen besonderen Einfluß auf seine Anschauungen und seinen Stil hatten. Die Vorliebe für die französische Sprache beruhte auf der Erziehung (Tafel 1) und Fried- richs Überzeugung, daß diese Sprache »nach meinem Urteil in Eleganz, Feinheit und Energie und in allen ihren Wendungen eine eigenartige Anmut besitzt«.

13.1 illustriertes Gesamtwerk des Lieblingsdramati- François de Salignac de la Mothe Fénélon kers Friedrichs. Er besaß verschiedene Ausga- (1651–1715) ben in seinen Privatbibliotheken. Ein Exemplar Les aventures de Télémaque, fils d’Ulysse. Impri- dieser Ausgabe stand in seiner Lieblingsbiblio- mé par ordre du roi pour l’éducation de Monsei- thek in Sanssouci (V. 421). gneur le Dauphin. Paris, P. A. Didot l’aîné, 1784. Sein Vorleser de Catt berichtet wiederholt von 2 Bde. Mit gestochenem Porträt Fénélons und Friedrichs besonderer Vorliebe für Racine (de

24 Kupfertafeln »vor der Schrift« nach Pierre- Catt, a. a. O., S. 65 – 67, 180, 190 –193): Clément Marillier (Kat. 15.4). In hocheleganten »Welche Kunst bei Racine! Wie versteht er es, im dunkelblauen Pariser Maroquinbänden von Anfang mit wenig Worten den Gegenstand des Jean-Claude Bozerian. Stückes anzudeuten! Welch bezaubernde Wen- Prägend für den jungen Friedrich war der da- dungen! Wie schön ist seine Ausdrucksweise! mals weit verbreitete Bildungsroman über die Wie wahr und lebendig seine Schilderungen!« Abenteuer des Télémaque (1699) von Fénélon, Abb. S. 36 den er bereits mit zehn Jahren gelesen haben 13.3 soll (Bratuscheck). Fénélon war Erzieher der Nicolas Boileau-Despréaux Enkel König Ludwigs XIV. und Erzbischof von (1636 –1711) Cambrai. Œuvres. Avec des Eclaircissemens Historiques Von dem Reiseroman, der das Idealbild ­eines donnés par lui-même, & rédigés par M. Brossette; weisen Königs entwirft, besaß Friedrich u. a. … Enrichie de Figures gravées d’après les desseins eine Ausgabe von 1782 in seiner Bibliothek in du fameux Picart le Romain. Amsterdam, Chan- Sanssouci (V. 382). Abb. S. 36 guion, 1772. 5 Bde. Mit 2 gestochenen Frontispi- zen von Vinkeles und van de Meer, 1 Kupferta- 13.2 fel für L’Art Poëtique von van de Meer, 6 Kup- Jean Racine (1639 –1699) fertafeln für Le Lutrin von Vinkeles nach Picart, Œuvres, avec des commentaires par M. Luneau 5 Schlußvignetten und 5 Titelkupfervignetten de Boisjermain. Paris, Louis Cellot, 1768. 7 Bde. von de Bakker und van de Meer. In prächtigen Mit 12 Kupfertafeln nach Gravelot »vor der grünen Maroquinbänden der Zeit. Schrift«. Rotes Maroquin der Zeit. Proveninenz: Das Werk gilt dank der reizvollen Illustratio- Viscount Mersey, Bignor Park. nen nach Zeichnungen des berühmten Bernard Von dem großen französischen Zeichner Hu- ­Picart le Romain (Kat. 15.1) als eine der schön- bert Gravelot (Kat. 15.2) bemerkenswert schön sten Boileau-Ausgaben. Abb. S. 36

37 »Frédéric le Philosophe«

Friedrich war von dem Stil Boileaus stark 13.5 beeindruckt. So wollte er beispielsweise eine Guillaume Amfrie Abbé de Chaulieu Epistel an seine Schwester Amalie »nach der Art (1639 –1720) Boileaus bearbeiten« (de Catt, a. a. O., S. 179). Er Œuvres. Den Haag, Gosse Junior, 1787. 12°. Mit besaß ein Exemplar dieser Ausgabe in seiner Kupferstich-Porträt des Autors. 2 Kalblederbän- Lieblingsbibliothek in Sanssouci (V. 355). de der Zeit. Chaulieu war ein von Voltaire und Friedrich hochgeschätzter Dichter anakreontischer und phi­losophischer Themen. Friedrich zitierte Chau­lieus Verse aus dem Gedächtnis, etwa am 1. Juli 1758, nachdem der König mehrere Rück- schläge im Siebenjährigen Krieg erlitten hatte (de Catt, a. a. O., S. 169): »Was soll ich tun in diesem höchsten Leid? Ich halte stand, und trotzig weich’ ich nicht Der endlos langen Widerwärtigkeit, Bis ihre Kraft an meiner Kraft zerbricht.« Friedrich besaß in seinen Privatbibliotheken acht Ausgaben der Werke Chaulieus.

13.6 Jean Baptiste Louis Gresset (1709 –1777) Les Œuvres. Genève, Pellisari, 1746. 2 Bände. Mit einem gestochenen Frontispiz. ­Marmorierte Kalb­lederbände der Zeit mit goldgeprägtem Wappensupralibros des Duke of Sutherland. Gressets berühmtes Hauptwerk ist die komi- sche, leicht satirische Reimerzählung über den Papagei »Ver-Vert«, der durch seine derben, von Schiffsleuten aufgeschnappten Kraftausdrücke ein ganzes Nonnenkloster auf den Kopf stellt. Friedrich lud vergeblich den hochgeschätzten, geistreichen Rokokodichter nach Rheinsberg ein. Friedrichs Vorleser de Catt berichtet wie der 13.4. König »La Chartreuse« (Die Kartäuserin) auswen- Jean Baptiste Poquelin Molière (1620 –1673) dig lernte und ihm fehlerfrei vortrug. Friedrich Œuvres de Molière avec des remarques gram- bemerkte dazu (de Catt, a. a. O., S. 333): maticales, des avertissements et des observations »Sie sehen, daß ich meine Zeit nicht ver­geudet sur chaque pièce. Par M. Bret. Paris An 13 (1804). habe. ­Diese ›Kartäuserin‹ hat mir Freude gemacht 6 Bde. Mit einem gestochenen Porträt des Au- durch den natürlichen philosophischen Ton, der tors von Cathelin nach Mignard (siehe oben), darin herrscht.« 6 Titelvignetten und 33 Kupfern nach Moreau Friedrich hatte zehn Ausgaben von Gresset in le Jeune (Kat. 15.5). Marmorierte Kalblederbän- ­seinen Privatbibliotheken. de der Zeit. Eleganter Neudruck mit den hüb- schen Illustrationen von Moreau le Jeune nach der berühmten Molière-Ausgabe von 1773. Friedrichs Bibliotheken enthielten fünf ver- schiedene Werkausgaben des Lustspieldichters Molière. In seinen Gesprächen mit de Catt zitier- te Friedrich wiederholt aus dessen Texten. Lit.: Cohen-de Ricci 719; de Catt, a.a.O., 18, 223, 356.

38 von Amerika und die Französische Revolution beeinflußte. Friedrich besaß verschiedene Ausgaben der Persischen Briefe in seinen Bibliotheken.

Abb. links: Porträt des »Charles Montesquieu. Auteur de l’esprit des Loix …« Kupferstich von J. B. Compagnie nach F. Bonne- ville. Plattengröße: 214 × 135 mm.

13.8 Jean François Marmontel (1723 –1789) Bélisaire. A Londres (=Paris, Cazin), 1780. 12°. Mit vier Kupfertafeln. Die Kupfer dieser Roman­ ausgabe sind verkleinerte Nachstiche der Illu- strationen der Erstausgabe von 1767 (Gravelot, Kat. 15.2). Roter Maroquinband der Zeit. Wap- penexlibris. Das berühmte 15. Kapitel des außerordent­- lich erfolgreichen philosophisch-didaktischen Romans Bélisaire handelt von religiöser Tole- ranz. Marmontel schrieb mehrere Artikel für die be- rühmte Encylopédie Diderots und d’Alemberts (1751–1777). Friedrich besaß ein Exemplar der ­Erstausgabe von 1767 in seiner Bibliothek in Potsdam 13.7 (P. 271). Abb. unten Charles-Louis de Secondat, Baron de Montesquieu (1689 –1755) Lettres Persanes. Amsterdam 1721. 2 Lederbände der Zeit. Erste Ausgabe. Die Persischen Briefe sind das Erstlingswerk des französischen Schriftstellers und Philoso- phen Montesquieu. Sie machten ihn sofort be- rühmt und brachten ihm 1728 einen Sitz in der französischen Akademie ein. Es handelt sich um eine neue Literaturgattung (siehe auch Marquis d’Argens’ Jüdische Briefe, Kat. 34.2), bei der aus der Außensicht zwei fik- tive Besucher über die Sitten, Gebräuche und Institutionen Frankreichs in Briefen nach Hause berichten. Es ist ein Schlüsseltext der frühen französi- schen Aufklärung mit staatsphilosophischen Themen, die Montesquieu später weiter vertief- te, etwa in seinem Hauptwerk De l’esprit des lois (Vom Geist der Gesetze) von 1748, einem der bedeutendsten Werke der Staatswissen- schaft, das mit seinem Grundsatz der Gewalten- teilung die Verfassung der Vereinigten Staaten

39 14 Watteau und die französische Buchillustration des 18. Jahrhunderts

»Er hat Watteau geliebt, weil dieser Maler ihm die Pforten einer Zauberwelt erschloß und sein Wunsch ist wohl gewesen, etwas von dieser Zauberwelt um sich erstehen zu lassen, wenn sein Arbeitstag vorüber war …« Pierre Gaxotte

Friedrich war seit seiner Rheinsberger Zeit ein leidenschaftlicher Sammler von Werken französischer Maler des 18. Jahrhunderts. Seine Passion galt besonders Watteau, dessen zwischen Traum und Wirklichkeit schwebende poetische Bildwelt ihn faszinierte. Seine Watteau-Sammlung ist die größte außerhalb Frankreichs. Die gefeierte französische Buchkunst des 18. Jahrhunderts entsprach ganz dem an der Kultur Frankreichs ausgerichteten Geschmack Friedrichs des Großen. Er legte viel Wert auf buchkünstlerisch schön ausgestattete Werke. Die Illustrationsvorlagen lieferten neben den großen Malern der »Fêtes galantes« zunehmend Zeichner, die sich auf die Anfertigung von Vorlagen spezialisierten. Damit wurde die Buchillustration zur selbständigen Kunstgattung (»livres à figures«). Vorreiter waren Stecher wie Romain de Hooghe und Bernard Picart. Den Höhepunkt der Entwicklung etwa ab Mitte des Jahrhunderts markieren berühmte Buchillustratoren wie Gravelot, Eisen, Marillier und Moreau le Jeune, deren leicht-beschwingte, anmutig-grazile Illustrationsformen im kleinformatigen Buch von zauberhafter Einzigartigkeit sind.

14 15.1 Antoine Watteau (1684 –1721) Bernard Picart, gen. le Romain (1673 –1733) La surprise, gravé d’après le Tableau original Der Stecher Bernard Picart hat (neben R. de peint par Watteau de même grandeur. Tiré du Hooghe) erstmals die Illustration in Form von Cabinet de Mr de Julienne à Paris Avec Privilege Kopf- oder Schlußvignetten dem Text direkt ein- du Roy. gefügt. Ein besonders schönes Beispiel ist seine Radierung. Plattengröße: 413 × 316 mm. ­Blattgr. Illustration der Werke Boileaus (Kat. 13.3). Siehe 641 × 470 mm. Bez. »A. Watteau pinxit, B. Audran das abgebildete Schlußstück aus Band 3. sculp.« Vorlage für den Stich war das Gemälde La surprise (Die Überrumpelung). Es wird schon 1746 von Mariette als »eines seiner schönsten Bilder« gelobt. Die Radierung steht hier stellvertretend für den von der Bilderwelt Watteaus ausgehenden Zauber, der auf Friedrichs Kunstgeschmack und das Preußische Rokoko entscheidend einwirkte. Das zugrundeliegende Gemälde galt als ver- schollen. Es wurde vor einigen Jahren in Eng- land wiederentdeckt und 2008 für 15 Millionen Euro versteigert.

41 »Frédéric le Philosophe«

15.3 (16.1)

15.2 reits einer Zeit an, deren Stil zum Klassizismus Hubert Gravelot (1699 –1773) führt. Fénélons Erfolgsbuch über die Abenteuer Von Gravelot stammen die zwölf Illustrationen des Telemach (allein 21 illustrierte Auflagen laut zu den Werken Racines (Kat. 13.2), und die Cohen) enthält in der ausgestellten Version 24 sechs Illustrationen zu Lukrez (Kat. 17.2). Das reizvolle Illustrationen Marilliers (Kat. 13.1). Sie abgebildete Blatt zu Racines Esther (Bd. 5) zeigt zeigen die lebendig geschilderten Erlebnisse Te- Gravelots Begabung der Inszenierung sowie lemachs, des Sohnes des Odysseus. Abgebildet seine sichere Beherrschung der Darstellung ist die hübsche Darstellung zu Buch 7 (Bd. I), menschlicher Figuren und ihrer Kleidung. auf der Nymphen versuchen, das Schiff des Te- (Siehe auch Kat. 25.4) Abb. S. 43 lemach in Brand zu stecken, um ihn am Verlas- sen der Insel der Calypso zu hindern. 15.3 Abb. S. 43 Charles-Dominique Eisen (1720 –1778) 15.5 Das abgebildete Titelkupfer nebst Titel mit Jean-Michel Moreau le Jeune (1741–1814) ­Vignette stammt aus Lob der Torheit von Eras- Moreau le Jeune steht mit seinem umfangrei- mus (Kat. 16.1), erstmals mit den insgesamt 17 chen graphischen Werk (ca. 2000 Nummern) am Illustrationen von Eisen. Der große französische Übergang vom Rokoko zum Klassizismus. Die Illustrator des Rokoko erhielt den Titel »Des- ausgestellten Werke Molières (Kat. 13.4.) sind sinateur du Roi« und war vorübergehend Zei- von ihm mit sechs Vignetten und 33 Kupfern chenlehrer der Madame de Pompadour (Kat. 47), überaus reizvoll illustriert. »Der Molière wird der Favoritin des französischen Königs Louis zu Recht zu den Glanzleistungen der Illustrati- XV. Eisen arbeitete auch mit an den zauberhaft onskunst im achtzehnten Jahrhundert gezählt.« ­illustrierten Metamorphosen Ovids (Kat. 25.4), (Fürstenberg). Abgebildet ist die noch ganz im neben Boucher, Gravelot und Moreau le Jeune. Geiste des Rokoko geschaffene Illustration zum Menschenfeind (Le Misantrope zu Bd. 3, S. 423). 15.4 Lit.: Cohen-Ricci 716, 717: »La suite des figures Pierre-Clément Marillier (1740 –1784) de Moreau est une des plus estimées …«. Der Zeichner und Stecher Marillier gehört be- (Siehe auch Kat. 25.4) Abb. S. 43

42 15.2 15.4

15.5 25.4

43 »Frédéric le Philosophe«

16.4

44 Philosophen /Aufklärer

»Die Stoiker sind brave Leute, die im Unglück standhalten … Mark Aurel ist mir Stab und Stütze.« Friedrich der Große Friedrich kam über die Dichtungen des Lukrez und Horaz zur Lehre Epikurs. Höchstes Ziel dieser antiken Philosophen war die Erlangung der Glückseligkeit. Die Schriften des Seneca brachten Friedrich die Moralphilosophie der Stoa näher. Die stoische Lebensauffassung verlangte Übereinstimmung mit sich selbst und der Natur. Der Philosophen-Kaiser Marc Aurel diente als Vorbild eines von dieser Philosophie geprägten Fürsten. Zusammen mit seinem Rheinsberger Sekretär und Freund Jordan (Kat. 12.2) studierte Friedrich seit 1735 auch die Werke des Gottfried Wilhelm Leibniz und intensiv Christian Wolffs »Logik« und »Moral« sowie das »Wörterbuch« des Skeptikers Pierre Bayle.

16.1 Erasmus von Rotterdam (1465 –1536) L’éloge de la folie, traduit du Latin par M. Gueu- deville … et ornée de nouvelles figures. (Paris) 1751. Frontispiz, Titel-Vignette, 2 Vignetten und 13 Kupfer nach Charles Eisen (Kat. 15.3). Mar- moriertes Kalbleder der Zeit. Erste Ausgabe mit diesen Illustrationen. Erasmus zählt zu den großen Wegbereitern der europäischen Aufklärung. Sein bekanntes Werk Lob der Torheit (1511) ist eine Satire auf die Tor- heit wie man sie überall im Leben antrifft. Friedrich besaß mehrere Ausgaben dieses berühmten Textes (P. 27, Br. 7). In seiner Schrift ­Ueber die deutsche Litteratur (Kat. 58.2) erwähnt er das Werk des Erasmus ausdrücklich als Vor- bild. Abb. S. 42 Lit.: Cohen-de Riici 348.

16.2 Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 –1716) Essais de théodicée sur la bonté de Dieu, la liber- té de l’homme et l’origine du mal. Nouvelle édi- tion, augmentée de l’histoire de la vie & des ouv- tigkeit Gottes) mit der umfangreichen Lebensbe- rages de l’auteur par M. Le Chevalier de Jaucourt. schreibung des berühmten Philosophen und Po- Amsterdam, François Changuion, 1747. 2 Bde. lyhistors Leibniz, dem Vorläufer der deutschen Mit gefalteter Tabelle (Causae Dei tractatio). Aufklärung. Der Bibliograph Ebert bezeichnet Marmorierte Kalblederbände der Zeit. Zweite diese Ausgabe als die beste. Provenienz: Biblio- Ausgabe der Theodizee (Frage nach der Gerech- teca Gerosolimitana (Exlibris).

45 »Frédéric le Philosophe«

16.3 John Locke (1632 –1704) Essai philosophique concernant l’entendement humain, où l’on montre quelle est l’étendue de nos connaissances certaines, et la manière dont nous y parvenons. Traduit de l’anglois par M. Coste. Amsterdam et Leipzig, Schreuder & Mortier, 1755. Kalblederband der Zeit. Fünfte durchgesehene und verbesserte Ausgabe. In dem berühmten Versuch über den mensch- lichen Verstand des englischen Philosophen Locke stammt alle Erkenntnis aus der Erfahrung. Übersinnliches wird aus dem neuen Weltver- ständnis verbannt. Friedrichs anfängliche Begeisterung für die Wolffsche Metaphysik (Kat. 16.4) wandelte sich unter dem Einfluß Voltaires, der sich bei seinem Englandaufenthalt mit dem englischen Empi- rismus vertraut gemacht hatte, besonders aber nach dem intensiven Studium Bayles (Kat. 16.5) zum Interesse an Empirismus und Skeptizismus. Friedrich besaß ein Exemplar dieser Auflage in seinem Breslauer Stadtschloß (Br. 8). Leibniz versuchte in seinem Werk Philosophie und Theologie miteinander in Einklang zu brin- 16.4 gen. Er stellt den Grundsatz auf, daß die wirkli- Porträt Christian Wolff (1679 –1754) che Welt – vereinfacht ausgedrückt – d ie beste Schabkunstblatt von J. Jacob Haid, Augsburg um aller möglichen sei. Das bedeutet freilich nicht, 1740, nach Boy, mit Legende: »Christianus Wol- daß dem einzelnen Menschen unbedingt das fius, Potentissimi Regis Borussiae Consiliarius größte Glück widerfahren muß. Insofern geht intimus et Academiae Fridericianae Pro-Can- die ironische Kritik Voltaires in seinem Kandide cellarius.« Plattengröße: 306 ×188 mm. (Kat. 23) an Leibniz’ Idee vorbei. Wolff wurde auf Empfehlung von Leibniz als Ein Exemplar dieser Ausgabe befand sich Professor nach Halle berufen, wo er Theolo- in Friedrichs Bibliothek im Neuen Palais in gie, Mathematik und Philosophie lehrte. König Sanssouci (S. 41). In seinen Denkwürdigkeiten Friedrich Wilhelm I. entließ den Aufklärer Wolff (Kat. 49.3) schreibt Friedrich im 2. Teil über Aber­ aus dem Universitätsdienst. Friedrich rief den glaube und Religion und merkt zu Leibniz an: »Vater der deutschen Aufklärung« unmittelbar »Unter allen Gelehrten, die Deutschlands Ruhm nach seinem Regierungsantritt im Jahre 1740 zu- bilden, haben Leibniz und Thomasius dem rück und bot ihm die Leitung der neuen Akade- Menschengeist die größten Dienste geleistet. Sie mie der Wissenschaften in Berlin an, was Wolff wiesen der Vernunft die Wege, auf denen sie zur jedoch höflich ablehnte. Wolff gab Friedrich den Wahrheit gelangt. Sie bekämpften jedes Vorur- Beinamen »Rex philosophus« (1746). teil, beriefen sich in ihren Werken auf Analogie Anfänglich war Friedrich von dem Gedanken- und Erfahrung …« gut des großen Aufklärungsphilosophen begei­ (Werke, Bd. I, S. 200) stert. Er las dessen Werk Vernünftige Gedanc- ken von Gott, der Welt und der Seele des Men- Abb.: Porträt Gottfried Wilhelm von Leibniz schen (1720) in einer handschriftlichen franz. Schabkunstblatt von J. E. Haid, Augsburg 1781, Übersetzung seines Freundes Suhm (Kat. 63.7). nach Joh. Gottfried Auerbach, Wien 1714. ­Siehe auch Friedrichs Auseinandersetzung mit 248 ×160 mm. Brustbild im Oval mit lateinischer der Philosophie Wolffs in seinem Schreiben an Bildunterschrift. Voltaire vom 8. Februar 1737 (Kat. 63.3). Abb. S. 44

46 16.5

47 »Frédéric le Philosophe«

16.5 Grund für die verkürzte Version Auszüge Pierre Bayle (1647–1706) des historischen und kritischen Wörterbuches Dictionaire [sic] historique et critique. 4e édi­ war, daß Friedrich sich ein handlicheres Format tion revue, corrigée et augmentée. Avec la vie de wünschte als die große vierbändige Foliant-Aus- l’auteur par Mr. Des Maizeaux. Amsterdam, Bru- gabe von 1730 (Kat. 16.5). nel etc., 1730. 4 Bde. Folio. Mit 4 Titelvignetten. Das Werk enthält Artikel über Aristoteles, Lederbände der Zeit mit reicher Rückenvergol- Diogenes, Bacon, Epikur, Hobbes, Spinoza und dung und Rückenschild. Handschriftlicher Be­ viele andere. Interessant ist das von Friedrich sitz­vermerk »De la Grange«. Vierte überarbeitete verfaßte Vorwort, in dem er sein Auswahlprin- und vermehrte Ausgabe. zip darlegt: vornehmlich philosophische Artikel, Als »unser aller Vater« würdigte Voltaire den keine historischen, in denen er Bayle einige Protestanten Pierre Bayle. Frankreichs erster Irrtümer nachweist. Hauptziel sei gewesen, ein Aufklärer mußte sein Vaterland wegen religiöser Handbuch des gesunden Menschenverstandes Intoleranz verlassen. In Holland veröffentlichte zur Bildung des eigenen Urteils zu erstellen: er als einer der gelehrtesten Männer der Zeit »C’est le bréviare du bon sens; c’est la lecture 1697 sein Hauptwerk, die Historische und kri- la plus utile que les personnes de tout rang & tische Enzyklopädie, ein Lexikon voll mit auf- de tout état puissent faire; car l’application la klärerischen Artikeln, ein Vorläufer der großen plus importante de l’homme est de se former französischen Encyclopédie. (Kat. 32.2). le ­jugement.« Bayles Wörterbuch gehörte im 18. Jahrhun- Friedrich besaß je ein Exemplar im Pots­damer dert in die Bibliothek eines jeden besseren Bür- Stadtschloß und im Neuen Palais (P. 10, S. 10). gerhauses. Zischka bezeichnet es als »das wohl Abb. unten. amüsanteste und geistreichste Wörterbuch, das jemals geschrieben wurde.« Friedrich, der mehrere Ausgaben besaß, be- schäftigte sich eingehend mit Bayles Werk, das sein philosophisches Denken wesentlich mit- bestimmte. Ausgestellt ist die Ausgabe, die Friedrich am häufigsten benutzte. Das in der Bibliothek von Sanssouci erhalten gebliebe- ne Exemplar (V. 526 A) zeigt zahlreiche Unter- streichungen Friedrichs, die für den intensiven Gebrauch und die Arbeit an dem Text zeugen. ­Diese Ausgabe war die Grundlage für seine zu- sammen mit dem Marquis d’Argens herausgege- bene verkürzte Version (Kat. 16.6). Abb. S. 47, 49

16.6 Friedrich der Große & Marquis d’Argens: Hrsg. einer Kurzfassung des Bayleschen Wörterbuches Extraits du Dictionaire [sic] historique et critique de Bayle, divisé en deux volumes avec une pref- ace. Nouvelle edition augmentée. Berlin, Christi- an Friedrich Voss, 1767. 2 Bde. Mit gestochenem Porträt Bayles von Schleuen. Schöne grüne Ma- roquinbände der Zeit. Erweiterte Ausgabe des 1765 erstmals erschienenen Auszugs von Bay- les Werk, ausgewählt und herausgegeben von Friedrich zusammen mit Marquis d’Argens und Dieudonné Thiebault.

48 16.5

49 »Frédéric le Philosophe« TAFEL 3

Dialog mit Voltaire Der Kronprinz Friedrich war von Voltaire fasziniert. 1736 nahm er erstmals Kontakt zu dem französischen Geistesfürsten auf. Voltaire war zu diesem Zeitpunkt bereits einer der berühmtesten Schriftsteller der Welt. Nach ihm nannte man das 18. Jahrhundert auch »Le Siècle de Voltaire«. Voltaire war Friedrichs Mentor im Geiste der »philosophes« und der 17 Friedrich Aufklärung. Er führte ihn in die Literatur und die Wissenschaften seiner Zeit ein. Sein Versepos La Henriade wurde vorbildlich für Friedrichs Herrschaftsauffassung des aufgeklärten Absolutismus (Kat. 38 .1– 5). 1750 folgte Voltaire der Einladung Friedrichs an seinen Hof. Doch die gegenseitige Bewunderung und Freundschaft war nicht von Dauer. Aufgrund einer Reihe von Skandalen und wegen Voltaires unbezähm- barer Schmähsucht endete die Freundschaft Anfang 1753 im Zerwürf- nis. Voltaire verließ Berlin. Der geistige Austausch im Rahmen einer umfangreichen Korrespondenz wurde nach kurzer Unterbrechung bis zum Tode Voltaires fortgesetzt. Ihr leidenschaftlicher Kampf gegen In- 17 … & Voltaire. toleranz ist angesichts der vielerorts aufblühenden Fundamentalismen bis heute nicht ausgefochten. Der Dialog der beiden großen Aufklärer entbehrt daher selbst nach 300 Jahren nicht der Aktualität. Aus Voltaires umfangreichem Werk verdient seine Geschichtsschrei- bung auch heute noch besondere Beachtung, ebenfalls seine philoso- phischen Romane, allen voran Candide, sowie sein philosophisches Wörterbuch Dictionnaire philosophique portatif und die Tragödie Le Fanatisme ou Mahomet le Prohpète.

18 La Henriade Dialogue with Voltaire Frederick was fascinated by Voltaire. It was in 1736 that he first made contact with the great French thinker, who had by then become one of the most famous writers in the world. Consequently, the 18th cen- tury is often referred to as «Le Siècle de Voltaire«. Voltaire was Frederick’s teacher in the sense of the «philosophes« and the Enlightenment, introducing him to the literature and science of the time. After initially corresponding (Cat. 42.3) Voltaire accepted Fre- derick’s invitation to a longer stay at his court. The mutual admiration 1753 23 Kandide and friendship was, however, not to last and ended in early as a result of numerous scandals and Voltaire’s unrelenting malice. Voltaire left Berlin, but after a break they took up their correspondence again until Voltaire’s death in 1778. Their passionate battle against intoleran- ce has still not been won given the wide emergence of fundamentalist views, and their dialogue is as topical today as it was 300 years ago. Amongst his numerous works, it is Voltaire’s historical writings that remain deserving of close attention. His philosophical novels, espe- cially Candide, are widely known, as is his philosophical dictionary Dictionnaire philosophique portatif and the tragedy Le Fanatisme ou 63.2 Der Patriarch Mahommet le Prophète.

50 Voltaire

17 Das Porträt: Friedrich und Voltaire Kupferstich von Pierre Charles Baquoy nach ei- ner Zeichnung von Nicolas Monsiau, um 1795. Bildgröße: 485 × 375 mm. Paris, chez l’Auteur, Rue St. Hyacinthe St. Michel, N. 2, Imprimé par Chardon père. Bildunterschrift: »Frédéric et Vol- taire. Voltaire retiré à Potsdam dans le Palais du Roi de Prusse est comblé d’honneurs et de bi- enfaits, sans autre assujettissement que celui de passer quelques heures avec le Roi pour corriger ses ouvrages et lui apprendre les secrets de l’art d’écrire.« Dies ist die bekannteste und wohl schönste Darstellung Friedrichs mit seinem Gast Voltaire in Potsdam. Voltaire beschrieb den Eindruck, den Friedrich bei seiner Ankunft 1750 in Pots- dam auf ihn machte: »Ich komme in Potsdam an, die großen blauen Augen des Königs, sein freundliches Lächeln, seine Sirenenstimme, seine fünf Schlachten, sein 18 ausgesprochenes Vergnügen an der Zurückge- Voltaires Epos über den König Heinrich IV. zogenheit und an der Arbeit, an Versen und Pro- La Henriade. A Londres, 1728. Quart. Gesto- sa, dazu Freundlichkeiten, die einem den Kopf chenes Frontispiz von Surugue nach Troy, 10 verdrehen, seine fabelhafte Unterhaltungsgabe, Kupfertafeln nach Troy u. a., Titelvignette von keine Spur von Majestät im persönlichen Um- Michieux, 10 große gestochene Kopf- und 10 gang …« Schlußstücke. Braunes Kalbleder der Zeit. Erste Theodor Schieder charakterisiert die einma- Ausgabe. Exlibris Camille Aboussouan. lige geistige Beziehung der beiden Ausnahme- Voltaire wollte nichts weniger, als ein Natio- menschen (a. a. O., S. 437): nalepos für Frankreich schreiben. Sein Held »Unter allen Begegnungen, die Friedrich II. zeit ist der »gute König« Heinrich IV. (1553 –1610), seines Lebens mit Menschen verschiedenen Ran- Idealbild eines aufgeklärten Herrschers, der ent- ges und verschiedener Herkunft hatte, ist keine schieden für Toleranz gegenüber der jeweils an- so erregend und spannungsreich, so voller in- deren Religion und für die Freiheit des Denkens tellektueller und ästhetischer Reize und gleich- eintrat. Voltaires Versepos wurde vorbildlich für zeitig unendlicher Enttäuschungen, Intrigen und Friedrichs Herrschaftsauffassung des aufgeklär- Konflikte gewesen wie diejenige mit François ten Absolutismus (vgl. Kat. 38.1– 5). Marie Arouet, der unter dem Namen Voltaire in Friedrich besaß ein Exemplar der ersten Aus- die Weltgeschichte der Literatur und des europä- gabe von 1728 ( P. 306). In seinem Vorwort (1739) ischen Geistes eingegangen ist.« zu Voltaires Henriade erwähnt Friedrich eine Von keinem anderen Autor besaß Friedrich besondere Fähigkeit Voltaires (Werke, a. a.O., mehr Werke in seinen Bibliotheken. In den Ge- Bd. VIII, S. 5): sprächen des Vorlesers de Catt findet Voltaire »Er besitzt die große Kunst, die Herzen zu rühren.« von allen darin zitierten Personen am häufigsten Lit.: Cohen-de Ricci 1025; Bengesco I, 365; Petit Erwähnung. Abb. S. 53 535. Abb. oben

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19.1 Voltaires Zeitalter Ludwigs XIV. Le siècle de Louis XIV. Band I & II. Berlin, Hen- ning, 1751. 2 Lederbände der Zeit. Erste Aus- gabe. Das Zeitalter Ludwigs XIV., das berühmte hi- storische Meisterwerk Voltaires, hatte nach ei- genem Bekunden als Hauptthema »weder po- litische noch militärische Geschichte, sondern Kunst-, Handels-, Kulturgeschichte – mit einem Wort ­gesagt, eine Geschichte des menschlichen Geistes«. Voltaire wird daher auch »Vater der Kul- turgeschichte« (im Unterschied zur militärischen und politischen Geschichte) genannt. Das Friedrich von Voltaire überreichte Siècle (seit 1737 in einzelnen Abschriften) begleitete ihn ein Leben lang (V. 456a). Laut Dantal war es eines der letzten Bücher, das dieser dem Kö- nig im Sommer 1786 vorlas. Es gilt als Anstoß des Antimachiavell und der Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Hauses Brandenburg (sie- he unten Teil III). Friedrich schreibt in seiner Gedächtnisrede über Voltaires Kulturgeschichts- schreibung (Kat. 55): nebst Duplum-Stempel. Es stammt aus der Bi- »Hier finden wir den Stil des Cicero … und bliothek der gelehrten Herzogin Luise Doro­thea [Voltaire] setzt die Vorzüge ins hellste Licht, die von Sachsen-Coburg-Altenburg (1710 – 1767). Sie seinem Volke damals das Übergewicht über die war eine überzeugte Anhängerin der Aufklärung anderen Nationen gaben: die Fülle großer Gei- und stand mit Friedrich, Voltaire, Diderot und ster, die unter der Regierung Ludwigs XIV. er- anderen großen Geistern ihrer Zeit in regem standen, die Herrschaft der Künste und Wissen- brieflichen Kontakt. schaften unter dem Schutze eines so glänzen- Bemerkenswert ist der ausnehmend schöne den Hofes, die Fortschritte des Gewerbefleißes deutsche Maroquineinband. Maroquin war zu aller Art und die innere Kraft Frankreichs, die dieser Zeit in Deutschland selten und blieb den König gleichsam zum Schiedsrichter Euro- meist »Fürsteneinbänden« vorbehalten. pas macht.« Obgleich der Einbandschmuck reicher ist als bei Friedrichs Einbänden (Kat. 70), erinnert er 19.2 doch sehr an die Einbände des von der Herzo- Voltaires Antwort auf Kritik am gin sehr verehrten Königs, besonders durch die Zeitalter Ludwigs XIV. Verwendung des fast identischen Floralstempels Supplément au siècle de Louis XIV. Dresden, (zwei ineinander verschlungene stilisierte Blu- Walther, 1753. Rotes Maroquin der Zeit. Gekrön- men) in den Rückenfeldern und in der Deckel- ter Exlibris-Stempel ›LD‹; Exlibris De St. Genies; bordüre (siehe Abb.). Exlibris ›Dr. E. F.‹ auf vorderem Innendeckel. ­Erste Ausgabe. Das Supplément war die Antwort Voltaires auf eine Kritik an seinem Siècle. Friedrich besaß je ein Exemplar im Neuen Palais (S. 508a) und im Weinbergschloß Sansssouci (V. 457a). Lit.: Bengesco I, 1178 und 1231; Petit 544. Interessantes Provenienzexemplar: Stempel Bibliotheca Ducalis Gothana auf Titel verso

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53 »Frédéric le Philosophe«

20 Eine frühe Ausgabe der Werke Voltaires Œuvres. Nouvelle Edition …, avec des ­Figures en Taille-douce. Amsterdam, Etienne Ledet, 1738 – 1763. 10 Bde. Ein Porträt des Autors gesto- chen von Folkema 1738, 18 Kupfertafeln nach Troy, Bourg, Vleughels u. a. Marmorierte Kalb- lederbände der Zeit. Frühe illustrierte Sammel- ausgabe. Der Band VI (1745) enthält mehrere Texte in Erstdrucken (durch Sternchen gekenn- zeichnet), u. a. einen Teil des Briefwechsels mit Friedrich. Die Tragödie Der Fanatismus oder Moham- med der Prophet ist wegen ihrer Fanatismus-Kri- tik bis heute von ungebrochener Aktualität:

Le Fanatisme ou Mahomet le Prophète. Tragédie. Bd. V, Teil II, S. 1–105 und

De L’Alcoran et de Mahomet. Bd. VII, S. 132 –139. In dieser Tragödie wird der religiöse Fanatismus als Quelle allen Übels angeprangert. Voltaire hat das Drama 1740 geschrieben, als er im Auftrag Friedrichs mit der Herausgabe des Anti-Machia- vel beschäftigt war. Da die Aufführung in der Comédie Française nach drei Abenden verboten wurde, veröffentlichte Voltaire das Stück 1743 unter dem Titel Le Fanatisme in Amsterdam. Darin ist ein Widmungsbrief an Friedrich vom Seit 1745 waren Manuskripte und entstellte 20. Januar 1742 abgedruckt, in dem er seine Mo- Raubdrucke der Jungfrau von Orleans im Um- tivation zum Ausdruck bringt: lauf. Um sein Ansehen zu schützen veröffent- »Die Liebe zum Menschengeschlecht und die lichte Voltaire 1762 die erste von ihm anerkann- Abscheu vor Fanatismus haben meine Feder ge- te und überarbeitete Fassung. Während der Text führt, zwei Tugenden, dazu gemacht, für ­immer sich die Entzauberung der Nationalheldin­ ange- in der Nähe Eures Throns zu sein.« legen sein läßt, bemühen sich die Illustrationen Friedrich besaß ein Exemplar dieser Auflage Gravelots eher um eine Entkleidung der ›Jung- in seinem Stadtschloß in Potsdam (P. 340). frau‹. Friedrich erbat sich von Voltaire schon früh ein Manuskript der Satire. 21 Lit.: Bengesco 488. Voltaire: Die Jungfrau von Orleans La Pucelle d’Orléans, poème, divisé en vingts 22 chants, avec des notes. Nouvelle édition, corri- Voltaire: Philosophisches Wörterbuch gée, augmentée & collationée sur le Manuscript de Dictionnaire philosophique portatif. Londres l’Auteur. (Genève, Cramer) 1762. 1764. Kalblederband der Zeit mit Rückenvergol- Mit 20 Kupfertafeln, teilweise koloriert. Halb- dung. Erste Ausgabe. lederband des 19. Jahrhunderts. Erste von Das philosophische Wörterbuch zählt neben Voltaire anerkannte Ausgabe, erweitert um fünf Candide (Kat. 23) zu den bekanntesten Werken bis dahin unbekannte Gesänge, illustriert mit Voltaires in Deutschland. Die Artikel richten sich 20 unsignierten Kupfertafeln von Hubert Grave- vor allem gegen den religiösen Fanatismus und lot (Kat. 15.2) und einigen Holzstichvignetten. Aberglauben.

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55 »Frédéric le Philosophe«

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Voltaire begann die Arbeit daran bereits 1752 Der Kandide ist das bekannteste Werk Vol­ in Potsdam. Friedrich konnte den ersten Arti- taires. In dem geistreich und parodistisch erzähl- kel Abraham vor der Veröffentlichung lesen. ten ­Roman über die abenteuerlichen Reisen des Zu Voltaires 70. Geburtstag im Jahre 1764 er- ­naiven Westfalenjunkers Kandide mißt Voltaire schien die erste Ausgabe, die in Genf bereits die optimistische Leibniz-Theorie von dieser zwei Monate später öffentlich verbrannt wurde. Welt als »der besten aller möglichen« (Kat. 16.2) Friedrich besaß drei Exemplare dieser Ausgabe an der von Kandide erlebten Wirklichkeit und (P. 319, S. 510, B. 51). führt sie so ad absurdum. Kandides Erfahrungen sind in dem vielzitierten Schlußsatz der philo- 23 sophischen Erzählung zusammengefaßt (S. 226): Voltaires berümtester Roman »… allein wir müssen unseren Garten bestellen«. Kandide oder die beste Welt aufs neue ver- Die Fortsetzung in diesem zweiten Teil deutscht. Mit 5 chodowieckischen Kupfern. Ber- (S. 233 – 254) stammt nicht von Voltaire. lin, Christian Friedrich Himburg, 1778. 2 Teile in Lit.: Goedeke IV,603,64,3; Engelmann, 208a – 212. 1 Bd. Mit gestochenem Titel mit Vignette (Por- trät des alten Voltaire) und 5 Kupfertafeln von 24 ­Daniel Chodowiecki (Kat. 66.5). Marmorierter Porträt: F. M. Arouet, de Voltaire Halblederband der Zeit. Seltene erste Ausgabe Kupferstich von B. L. Henriquez nach Barat,1788. dieser Übersetzung von Wilhelm Christhelf Sieg- Plattengröße: 360 × 235 mm. Abb. S. 55 mund Mylius, die gültige bis ins 20. Jahrhundert à und wegen der Chodowiecki-Illustrationen auch die schönste deutsche Ausgabe. Zu Voltaire siehe auch Kat.11.4, 11,5 37.1– 3, 43.2 – 4, 49.1, 55, 56, 63.2, 63.3 und 84.

56 Antike Autoren

Friedrich erhielt in seiner Jugend einige Stunden Lateinunterricht bei Duhan, was der Soldatenkönig jedoch untersagte. Daher las Friedrich in seiner Rheinsberger Zeit, als er sich endlich frei um seine eigene Ausbildung kümmern konnte, die griechischen und lateinischen Klassiker nur in französischer Übersetzung. Es folgt eine kleine Auswahl der häufig gelesenen Werke, die für seine Anschauungen prägend waren und die er in seinen Schriften, seiner Korrespondenz und in seinen Gesprächen, etwa mit de Catt immer wieder erwähnte.

Der elegante französische Einband wurde von dem bedeutenden Buchbinder Chaumont für Simon-Pierre Mérard de Saint-Just (1749 –1812), einem exzentrischen Bibliophilen aus Paris ge- bunden und mit seinem Wappen auf beiden Deckeln versehen. Abb. S. 59, 61

25.2 Lukrez (Titus Lucretius Carus, 97– 55 v. Chr.) De la nature des choses. Traduction nouvelle, avec des notes par M. L* G* (La Grange). Paris, Bleuet, 1768. 2 Bde. Mit gestochenem Titel und 6 Kupfertafeln von Binet nach Gravelot. Marmo- rierte Kalblederbände der Zeit. Erste Ausgabe dieser Übersetzung mit den schönen Illustratio- nen von Gravelot (Kat. 15.2). Lukrez berief sich auf die Lehre von Epikur, der mit seiner Philosophie den Menschen Ge- mütsruhe und Gelassenheit empfahl. An ihm orientierten sich später vor allem die materiali- stischen Philosophen, etwa La Mettrie (Kat. 35). 25.1 Friedrich griff in den schwierigen Momenten Homer seines Lebens, vor allem während des Sieben- L’Odyssée, traduite en vers, avec remarque par jährigen Krieges immer wieder zu dem philoso- M. de Rochefort. Paris, Brunet, 1777. Mit zusätz- phischen Lehrgedicht des Lukrez. Sein Vorleser lichem Frontispiz-Porträt Homers, gestochen de Catt erwähnt das wiederholt, so im August von A. de Saint Aubin. Grünes Maroquin der 1758 (de Catt, a. a.O., S. 245): Zeit von Chaumont, Paris. Mit goldgeprägtem »Der König las alle Tage morgens und nachmit- Wappen-Supralibros. tags seinen geliebten Lukrez; er sagte, das sei Zu den griechischen Lieblingsautoren Fried- sein Brevier, wenn er traurig sei.« richs zählte Homer, von dem eine Büste in der Friedrich hatte ein Exemplar dieser Ausgabe Bibliothek von Sanssouci steht. Der König be- in der Bibliothek des Neuen Palais (S. 351) und saß 22 Homer-Ausgaben in französischer Über- mehr als fünf weitere Ausgaben in den anderen setzung, von der vorliegenden ein Exemplar im Bibliotheken. Weinbergschloß (V. 608) und im Neuen Palais in Lit.: Cohen-de Ricci 664; Brunet III, 1221: ­»Bonne Sanssouci (S. 267). édition de cette traduction estimée.« Abb. S. 59

57 »Frédéric le Philosophe«

25.3 25.5

25.3 25.4 Marcus Tullius Cicero (106 – 43 v. Chr.) Ovid (43 v. Chr. –17 n. Chr.) Les oraisons. Paris 1732. Les Métamorphoses en latin et en françois, de Die Reden Ciceros haben Friedrich tief be- la traduction de M. l’Abbé Banier ... avec ex- eindruckt und ein Leben lang begleitet. Ciceros plications historiques. 4 Bände in Klein-Quart. ­Redekunst prägte seine eigenen Ansprachen. Paris, Delalain, 1767–1770. Mit 4 Titelvignetten, Berühmt sind Friedrichs Reden an seine Offizie- 30 Textvignetten, 140 bez. Kupfertafeln und re, etwa seine Worte an die Offiziere der Berli- 1 Schlußvignette, gestochen nach Zeichnun- ner Garnison am Vorabend der Abreise in den gen von François Boucher, Charles Eisen, Hu- Ersten Schlesischen Krieg: bert Gravelot, Moreau le Jeune u. a. Geflammte »Meine Herren, ich unternehme einen Krieg, für Leder­bände der Zeit mit reicher Rückenvergol- den ich keinen anderen Bundesgenossen habe dung, Deckelbordüre, Goldschnitt. als Ihre Tapferkeit und Ihren guten Willen. Mei- Es handelt sich um »ein Hauptwerk der fran- ne Sache ist gerecht, und ich vertraue auf mein zösischen Illustrationskunst« (Fürstenberg), an Glück … Brechen Sie auf zum Rendezvous des deren berühmten Illustrationsfolge die damals Ruhms, wohin ich Ihnen ungesäumt folgen werde.« bedeutendsten Künstler der galanten Blattkunst Ciceros Werke nehmen unter den antiken Frankreichs mitgewirkt haben (siehe Kat. Nrn. Autoren den größten Platz in den Bibliotheken 15.2, 15.3, 15.5). Auf dem abgebildeten Kupfer Friedrichs ein (Krieger, S. 151f.). Von seinem nach François Boucher (1703 –1770), dem Fa- Vorleser de Catt wissen wir, daß Friedrich wäh- voriten der Marquise de Pompadour (Kat. 47) rend des Siebenjährigen Krieges immer wieder und Maler des Königs Louis XV., ist der sich darin las. Friedrich an de Catt, 25. Febr. 1779: in seine Galathea-Statue verliebende Pygmalion »Grand merci pour Cicéron: c’est une bonne dargestellt. nour­riture pour l’âme, et que je relis toujours Friedrich las Ovid sogar im Winterquartier avec plaisir.« während des Siebenjährigen Krieges. Friedrich (Tausend Dank für Cicero – Labsal für die besaß Exemplare dieser wegen der Übersetzung ­Seele –, ich lese ihn immer wieder mit großem des Abbé Banier und der reichen Illustrierung Vergnügen.) sehr geschätzten Ausgabe in Sanssouci (V. 302) Friedrich hatte allein von dieser Auflage von und in Potsdam (P. 192). 1732 mehr als sechs Exemplare in seinen Privat- Lit.: Cohen-Ricci 769 ff.: »Superbe ouvrage dû bibliotheken. aux soins de l’éditeur Basan et du graveur le Von Ciceros De officiis (Über die Pflichten) Mire. C’est un des plus galamment illustré de sagte Friedrich, es werde nie ein besseres Lehr- tout le siècle«; H. Fürstenberg, Ausstellungska- buch der Moral geben (vgl. De la Littérature talog Französische illustrierte Bücher, Ludwigs- ­Allemande, Kat. 58.1). Abb. oben burg 1965, Nr. 86. Abb. S. 43

58 25.1 25.2

25.525.5

25.6 25.7

59 »Frédéric le Philosophe«

25.5 losophisches Vorbild in einem Schreiben, das Plutarch (um 45 – um 125 n. Chr.) er während des Ersten Schlesischen Krieges an Les vies des hommes illustres … traduits par seinen Rheinsberger Jugendfreund und Lehrer M. Dacier. Amsterdam 1735. 4 Bde. Mit einem Jordan sandte: gestochenen Frontispiz, mehreren Holzschnitt-, »Ich lese, was ich kann, und versichere Dir, daß Kopf- und Schlußstücken sowie Initialen, ferner ich in meinem Zelt Philosoph bin wie Seneca mit zahlreichen Porträts nach antiken Münzen. oder sogar noch mehr.« Schöne olivgrün-braune Maroquinbände der Friedrich besaß ein Exemplar dieser Ausgabe Zeit mit reicher Lilien-Semé-Goldprägung auf im Weinbergschloß in Sanssouci (V. 623). Außen- und Innendeckeln (ebenfalls aus Maro- Beigebunden als Band 7: quin). Denis Diderot (1713 –1784) Hübsche Plutarch-Ausgabe mit den von Fried- Essai sur la vie de Séneque le philosophe, sur ses rich sehr geschätzten Biographien berühmter écrits, et sur les regnes de Claude et de Néron. Griechen und Römer. Er besaß zehn Plutarch- Paris, ebenda, 1779. Erste Ausgabe der Seneca- Ausgaben in seinen Privatbibliotheken, alle aus Biographie Diderots. Zu Diderot siehe Einfüh- dem 18. Jahrhundert. Das unterstreicht, wie rung vor Kat. 38.1. Abb. unten u. S. 59 wichtig ihm dieser Autor war, den er laut de Catt regelmäßig las (de Catt, S. 29). Abb. S. 58 25.7 Tacitus (um 58 – um 120 n. Chr.) 25.6 Traduction de quelques ouvrages de Tacite par Lucius Annäus Seneca de la Bleterie. Paris 1755. 2 polierte Kalbleder- (um 2 v. Chr.– 65 n. Chr.) bände der Zeit mit Rückenvergoldung. Erste Les Œuvres de Séneque le philosophe, traduites Ausgabe. en françois par feu M. la Grange. Avec des notes Die Ausgabe enthält des Autors berühmtestes critique, d’histoire & littérature. Paris, Frères de Werk Germania, worin den Römern die Ger- Bure, 1778. 6 Bde. Marmorierte Lederbände der manen als Gegenbild einer nicht dekadenten Zeit. Erste Ausgabe dieser Übersetzung. Gesellschaft vor Augen geführt werden. Laut de Der römische Philosoph Seneca war ein bedeu- Catt zählte Tacitus zur regelmäßigen Lektüre des tender Vertreter der Stoa und Lehrer des Kai- Königs (de Catt, a. a.O., S. 29). Friedrich besaß sers Nero. Friedrich erwähnte ihn als sein phi- ein Exemplar dieser Ausgabe (S. 387). Abb. S. 59

60 25.1 Homer

61 »Frédéric le Philosophe«

26.1 Friedrich II., König von Preußen

26.2 Akademie der Wissenschaften in Berlin. Kupferstich von J. J. Schleuen,1752

62 Die Königliche Akademie der Wissenschaften in Berlin

Die bereits 1700 unter Friedrichs Großvater Friedrich I. von Leibniz und dem Berliner Hofprediger Daniel Ernst Jablonski gegründete Akademie (Societät) war unter dem Sol- datenkönig praktisch bedeutungslos geworden. Friedrich der Große beschloß bei seiner Thronbesteigung die Neugründung. Die Statuten sahen vier Klassen vor: eine physikali- sche, ­mathematische und philologische sowie erstmals eine philosophische Klasse. Seit 1744 schrieb die Akademie Preisfragen aus, ein wichtiger Beitrag zur Geschichte der Wis- senschaften in Deutschland. In dem Sitzungsbericht für das Jahr 1746 veröffentlichte der König in der philologischen Klasse den ersten Teil seiner Mémoires pour servir à l’Histoire de Brandebourg (Denkwürdigkeiten der Geschichte des Hauses Brandenburg) nebst Vor- wort (Kat. 49.1). An die Akademie wurden bedeutende europäische Wissenschaftler und Schriftsteller berufen: die Schweizer Mathematiker und Philosophen Leonhard Euler und Johann Georg Sulzer; der Italiener Francesco Algarotti; die französischen »philosophes« Voltaire, Marquis d’Argens, Lagrange und d’Alembert sowie die Materialisten vor allem Diderot, Helvétius, Holbach und La Mettrie. Der Philosoph Christian Wolff, dem Friedrich das Präsidentenamt angeboten hatte, wollte als Professor in Halle bleiben. Erster Präsident wurde der berühm- te französische Physiker Maupertuis. Von den Berliner Aufklärern wurde lediglich Lessing 1760 zum auswärtigen Mitglied gewählt. Obwohl Mendelssohn wegen seiner preisgekrönten Arbeit 1771 zur Aufnahme in die Akademie vorgeschlagen wurde, bestätigte der König die Wahl nicht, ohne Gründe hierfür anzugeben. Nicolai wurde erst nach Friedrichs Tod aufgenommen.

26.1 27 »Charles Frederick III. Roy de Prusse« Pierre Louis Moreau de Maupertuis (1698 –1759) Kupferstich von Etienne Fiquet nach Antoine Schabkunstblatt von J.J. Haid nach Robert Tour- Pesne. Plattengröße: 150 ×110 mm. Nach dem nieres, 1740. Plattengröße: 311 × 192 mm. Kupfer von G. F. Schmidt (Kat. 61.1) im Gegen- Der berühmte französische Mathematiker und sinn gedruckt. Die Bezeichnung mit »Frede- Physiker Maupertuis war der erste Präsident der rick III« kam im englisch-sprachigen Ausland Berliner Akademie (1746) und häufiger Gast an häufiger vor, da man die preußischen Könige der »Tafelrunde« Friedrichs (Kat. 31.1). Die Dar- von Anfang an durchzählte. Abb. S. 62 stellung zeigt den Wissenschaftler mit der Hand Lit.: Campe 144; v. Sydow 26/27. auf der Erdkugel, deren Abplattung an den Po- len er infolge einer Expedition nach Lappland 26.2 nachweisen konnte (siehe seine Eröffnungsrede Ansicht der Akademie als Präsident der Akademie in Kat. 49.1). Kupferstich v. J. F. Schleuen 1752. 245 × 365 mm. Abb. S. 65 Nachdem der erste Sitz der Akademie in den 28 Marställen abbrannte, erhielt die »Académie Maupertuis’ Mathematische Werke Royale des Sciences et Belles Lettres« 1752 das Œuvres. Nouvelle édition corrigée et augmentée. abbgebildete Gebäude Unter den Linden als Sitz Lyon, Jean-Marie Bruyset, 1756. 4 Bde. Mit ge- (bis 1903). Heute ist die Akademie unter dem stochenem Porträt des Autors nach Tourniere, Namen »Berlin-Brandenburgische Akademie der 1 gest. Polarkarte sowie gest. Vignetten, geome- Wissenschaften« in der Jägerstraße am Gendar- trischen Zeichnungen und Schautafeln. Kalb­ menmarkt untergebracht. Abb. S. 62 lederbände der Zeit. Erste Ausgabe.

63 »Frédéric le Philosophe«

28 49.1

Friedrich hatte mehrere frühere Einzelwerke Nachdem Maupertuis 1756 infolge des Strei- des Akademie-Präsidenten in seinen Privatbiblio­ tes mit Voltaire (Kat. 37.1– 3) das Präsidentenamt theken. Abb. oben niederlegte, übernahm Euler dieses kommissa- risch bis zu dessen Tod 1759. 29 Leonhard Euler (1707–1783) Abb.: Titelblatt der Histoire de l’Académie Der berühmte Schweizer Mathematikers Euler Royale (Kat. 49.1), siehe oben wurde 1742 an die Berliner Akademie berufen, um die mathematische Klasse wieder zu bele- 30 ben. Samuel Formey (1711–1797) Von Eulers Werken sind eine Recherche und Anti-Emile. Berlin, Joachim Pauli, libraire sous zwei Memoiren veröffentlicht in: Histoire de l’Aca­ les Arcades, 1763. Mit mehreren Holzstich- démie Royale des Sciences et Belles Lettres. Année ­Vignetten. Pappband der Zeit. Erste Ausgabe. 1746 (Kat. 49.1): Samuel Formey, Mitarbeiter an der großen I. Encyclopédie von Diderot und d’Alembert, war Recherches Physiques sur la cause de la Queue seit 1746 ständiger Sekretär der Berliner Akade- des Comètes, de la Lumière Boreale, & de la mie. Mit seiner Anti-Emile richtete er sich gegen Lumière Zodiacale. den epochemachenden Erziehungsroman Emile II. ou l’Education des Jean-Jacques Rousseau von Memoire sur l’effet de la propagation successive 1762 (Kat. 38.4), in dem dieser die aufkläreri- de la lumière … schen Reformideen mit schwärmender Natur- III. verehrung verbindet. Formey stellte sich auf die Memoire sur la plus grande équation Seite Friedrichs, der die modernen Ideen Rous- des Planètes. seaus und der französischen Spätaufklärung ab- lehnte (Kat. 38.4).

64 27 Pierre Louis Moreau de Maupertuis, Präsident der Berliner Akademie

65 »Frédéric le Philosophe« TAFEL 4

Die Tafelrunde von Sanssouci »Brennpunkt der europäischen Aufklärung« Seit 1747 versammelte der König einen kleinen Kreis aufgeklärter und unterhaltsamer Freunde an seiner Tafel: sommers in Sanssouci, winters im Potsdamer Stadtschloß. Die wichtigsten ausländischen Gäste wa- ren die Franzosen Voltaire, d’Alembert, Maupertuis, Marquis d’Argens, La Mettrie und Chasot, der Italiener Algarotti sowie die schottischen Brüder James und George Keith. Zu den häufigsten deutschen Gästen zählten Friedrich Graf Rothenburg, die Generäle von Fouqué und von 31.2 Die Tafelrunde Winterfeldt, Oberst von Stille, der Diplomat Graf Gotter und Baron Pöllnitz. Zwischen 1750 und 1753, d. h. zwischen Voltaires Ankunft und sei- ner Abreise, wird Sanssouci zum »Brennpunkt der europäischen Auf- klärung« (Gerhard Knoll). Friedrich berief bedeutende Gelehrte und Schriftsteller, meistens aus dem europäischen Ausland, an seinen Hof und an die Berliner Akademie. Das galt vor allem für Gelehrte, die in ihren Heimatländern wegen ihrer Werke verfolgt wurden. Der ganz in der französischen Kultur erzogene Friedrich hatte kaum Kenntnis von der deutschen Aufklärung, wenn man von dem Philoso- 11.4 Voltaire phen und Frühaufklärer Christian Wolff einmal ­absieht. (Kat. 16.4)

The Round Table at Sanssouci »Focal Point of European Enlightenment« From 1747 onwards Frederick invited a small circle of cultivated and entertaining friends to his round table: in the summer they met in Palace of Sans Souci, in the winter in Potsdam Palace. The most emi- nent foreign guests were Voltaire, d’Alembert, Maupertuis, Algarotti, d’Argens, La Mettrie, Chasot and the brothers James and George Keith. 32.1 d’Alembert Amongst his most frequent German guests were Count Rothenburg, the generals von Fouqué and von Winterfeldt, Colonel von Stille, the diplomat Count Gotter and Baron Pöllnitz. For a short period between 1750 and 1753, i. e. between Voltaire’s arrival and departure, Sanssouci was the focal point of European En- lightenment. Frederick summoned distinguished European academics and writers to his court and to the Berlin Academy and more often than not those who were persecuted in their own countries. Having been wholly brought up in French culture, Frederick was lar- gely ignorant of German Enlightenment safe for Chris­tian Wolff, the 34.2 d’Argens philosopher and thinker of the early Enlightenment in Germany.

66 Die Tafelrunde von Sanssouci und die europäische Aufklärung

31.1 Die Tafelrunde Friedrichs des Großen. Aquarell von Angelika Gilberg nach Adolf Menzel, 1994

67 »Frédéric le Philosophe«

31.1 Herrn Dr. Samuel Wittwer, Stiftung Preußische Die Tafelrunde Friedrichs des Großen Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg. Aquarell über Tuschzeichnung auf Arches- Bütten, signiert: »A. Gilberg› ’94«, 620 × 640 mm, 31.2 nach Adolph Menzel. Die Tafelrunde von Sanssouci Das 1945 durch Kriegshandlungen zerstörte Holzstich v. E. Kretzschmar nach Adolph Menzel Großgemälde, das neben dem Flötenkonzert po­ (Kat. 106.1). Bildgröße:142 ×102 mm. pulärste Bild Menzels, hat dessen Ruf als Maler Abb. Tafel 4 Friedrichs des Großen begründet. 31.3 Die Bilddynamik ergibt sich aus der Darstel- Fridericianisches Gedeck lung des Gesprächs zwischen dem vorgeneig- I ten Voltaire (Kat. 11.4) auf der linken Seite und Ovale Terrine und großer Teller dem vorgeneigten Algarotti rechts (Kat. 33.1). Aus dem ­Tafelservice »Rocaille«. (Modell-Nr.: 337 Der König in der Bildmitte, zu Voltaire blickend, Antikzierat) Berlin, KPM (Königliche Porzellan- hört zu, ebenso wie der rechts von ihm sitzen- Manufaktur), ca. 1992. Dekor: Blaues Schuppen- de General von Stille und der links vom Kö- muster, vielfarbige Blumensträuße, Girlanden, nig plazierte Feldmarschall James Keith, dessen Blüten und Insekten. Porzellan mit Reliefdekor, Bruder Lord Marschall George Keith rechts von plastischer Garnierung, mehrfarbiger Aufglasur- Voltaire sitzt. Links von Algarotti findet sich Graf malerei und Goldstaffierung. Rothenburg, daran links anschließend La Mettrie Leihgabe Wolfgang J. Kaiser (Kat. 35), der sich mit Marquis d’Argens (Kat. 34) Es ist das vielleicht berühmteste und farben- zu seiner Linken unterhält. prächtigste Service der Königlichen Porzellan- Es ist heller Sommertag. Die leichte, anmutige Manufaktur Berlin (KPM). Friedrich der Große Farbgebung der Studie Gilbergs vermittelt die bestellte es 1767 für sein Breslauer Stadtschloß: gelöste Atmosphäre und heitere Geselligkeit der » … mit vergoldeten antiquen Zierathen und illustren Runde. Dem entspricht der spielerische Blauen Mosaique, gemahlt mit natürlichen bun- Charakter des Rokoko, der die Raumausstattung ten Blumen und Guirlanden …«, wie des Königs des Marmorsaales in Sanssouci bestimmt. Baron Auftrag in den historischen Bestellbüchern der Bielfeld erinnert sich (Kat. 12.3): Manufaktur lautete. »Ich zweifle, ob in Europa eine witzigere, Die Form wurde von dem Modellmeister angenehmere, lehrreichere und lebhaftere Friedrich Elias Meyer 1767 mit dem Namen Gesellschaft ist, als an dieser Tafel.« »Antique Zierat« entwickelt, die 1857 von König Im Gegensatz zu Menzels Darstellung bevor- Friedrich Wilhelm IV. in »Rocaille« umbenannt zugte der König für seine intimen Tafelrunden wurde. Das Service zählt zu den repräsentativ- relativ kleine Speisezimmer, in Sanssouci meist sten der KPM. Bei heutigen Staatsempfängen den Vorraum zum Musikzimmer und im Stadt- im Schloß Charlottenburg werden die Tische schloß Potsdam den Konfidenzraum, wo die mit dem Service »Rocaille« im Dekor »Breslauer Konfidenztafel (Vertraulichkeitstafel) mecha- Stadtschloß« gedeckt. nisch in den unteren Stock zum Aufdecken ver- II senkt werden konnte. Silberleuchter Die Weingläser und Sektflöten standen nicht Berlin, Christian Lieberkühn d. J., um 1740. wie in Menzels Darstellung neben den Gedec- Höhe: 15 cm. Meisterzeichen im Fuß: »L«. Acht- ken, sondern auf einem Nebentisch. Wenn der eckiger, mehrfach gestufter Fuß, auf Baluster- König oder seine Gäste zu trinken wünschten, schaft ­gekröntes Monogramm »FR« (Fridericus wurde das Glas von einem Diener angereicht, Rex). Der kleine einarmige Leuchter wurde leergetrunken und von dem Diener wieder zu- jedem Gedeck der Tafel (beim silbernen Tafel- rückgenommen, ohne daß das Glas auf den service) zugeordnet. Er ist von großer Selten- Speisetisch stehen blieb. Auf dem Nebentisch heit, da 1809 die silbernen Tafelservicen einge- konnten die Gläser gekühlt werden. schmolzen wurden. Lit.: Hans Huth, a. a. O., S. 111. Den Hinweis auf Lit.: Scheffler, Berliner Goldschmiede, Berlin die Verwendung der Trinkgläser verdanken wir 1968, Nr. 4b, S. XX. Leihgabe Jörg Geller

68 31.3 Fridericianisches Gedeck »Frédéric le Philosophe«

34.2

32.1 32.2 Jean le Rond d’Alembert (1717–1783) Jean le Rond d’Alembert Porträt-Kupferstich von P. Savart nach C. Lusurier, Mélanges de littérature, d’histoire et de philoso- 1780. Bildgröße: 137 × 85 mm. phie. Berlin 1753. 2 Kalblederbände der Zeit. Der berühmte französische Mathematiker und Aus der Bibliothek des Grafen Schönborn. Erste Mitherausgeber der großen Enzyklopädie von Ausgabe. 1751–1777 war erst nach dem Siebenjährigen Die Sammlung philosophischer und histo- Krieg Gast an Friedrichs Tafel während eines rischer Schriften enthält insbesondere den be- zweimonatigen Aufenthaltes 1763 in Potsdam. rühmten Discours préliminaire des Éditeurs de Die eigentliche Tafelrunde mit internationalen l’Encyclopédie (Bd. I, S. 1–165). In dieser ausführ­ Gästen hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits lichen Einleitung der Enzyklopädie (hrsg. von aufgelöst. Friedrichs Einladung, länger zu blei- Diderot & d’Alembert, 1751–1777) sind Ausfüh­ ben, Mitglied der Akademie und Nachfolger rungen zu den ›philosophischen Prinzipien‹ und des Präsidenten Maupertuis zu werden, lehnte damit zum aufklärerischen Inhalt dieses Jahr- d’Alembert jedoch höflich ab. Auch nach dessen hundertwerkes zu lesen, an dem die wichtigsten Abreise unterhielt Friedrich eine umfangreiche französischen philosophes mitgearbeitet ­haben, Korrespondenz mit d’Alembert (Kat. 63.10), der neben den beiden Herausgebern, vor allem­ Vol­ den König weiterhin zu Fragen über die Akade- taire, Helvétius, Holbach, Montesquieu. Auf die mie beriet. Abb. S. 157 Einleitung folgt der Prospectus von Diderot, den d’Alembert mit Genehmigung des Autors hier nochmals abdruckte (Bd. I, S. 165 – 205). Friedrich besaß ein Exemplar einer späteren Ausgabe in seinen Bibliotheken in Potsdam (P. 217) und in Breslau (Br. 84).

70 33.1 Der aufgeklärte Kosmopolit traf durch Ver- Francesco Algarotti (1712 –1764) mittlung Voltaires 1739 erstmals mit Friedrich in Anonyme Porträt-Radierung. Kopf im Profil Rheinsberg zusammen. Der König ernannte ihn nach links im Oval. Plattengröße: 214 × 164 mm. 1740 zum Kammerherrn und erhob ihn in den Darunter Fries mit Apoll und den Musen und Grafenstand. Algarotti beriet Friedrich in Kunst- italienische Texttafel, die mit den Zeilen endet: fragen. An seiner Tafelrunde war er häufig Gast. »Piacque egli al Grande FEDERIGO: questo era Nach dessen frühem Tod 1764 gab Friedrich lode maggior d’ogni poema« den Auftrag, dem Freund in seinem Heimatort (Das größte Lob für ein Gedicht, wenn es dem Pisa ein Grabmal zu errichten mit der Inschrift: großen Friedrich gefällt). »Hic jacet Ovidii Aemulus et Newtonii Discipu- Francesco Algarotti, weitgereister und viel- lus« (Hier liegt ein Bewunderer Ovids und Schü- seitig gebil­de­ter Schriftsteller sowie Kunstken- ler Newtons), was die italienische Familie dann ner, war durch sein populärwissenschaftliches leicht abänderte und mit dem Zusatz »Fridericus Werk Il Newtonianismo per le dame (1737) über Magnus« versah. Abb. oben New­tons Licht- und Farben-Theorie berühmt ge­worden.

71 »Frédéric le Philosophe«

33.2 33.3 Algarottis Werke Francesco Algarotti Œuvres du Comte Algarotti. Traduit de l’Italien. Il Congresso di Citera accresciuto del alcune Berlin, Decker, 1772. 7 Bde. Mit hübschen, un- Lettere e del giudizio d’Amore. Parigi, Prault, terschiedlichen Titelvignetten von J. W. Meil, in 1768. 16°. Mit gestochenem Titel mit Vignette Band I ein Frontispiz mit dem von Friedrich von ­Moreau, einer gest. Widmung mit kleinem ge­stifteten Grabmal für den 1764 verstorbenen ­Porträt der Marquise de Pompadour und 2 wei- ­Autor. Lederbände der Zeit. Seltene erste Ge- teren Vignetten. Rotes quergenarbtes Maroquin samtausgabe der ­Werke. der Zeit mit Wappensupralibros des Prinzen Band I enthält Algarottis populärwissenschaft- Condé. Exlibris. liches Werk Il Newtonianismo per le dame (EA Der Sammelband enthält einen kleinen Ro- 1737). Die Gesamtausgabe widmete er Friedrich man über den Kongreß von Kythera (EA 1745). dem Großen, nicht dem Eroberer oder Gesetz- Dieser imaginäre Pilgerort im sagenhaften Reich geber, sondern dem Schriftsteller und Philoso- der Liebe ist auch in Watteaus Einschiffung nach phen: Kythera Bildgegenstand. Dabei handelt es sich »Ce n’est ni au conquérant ni au législateur, c’est um Friedrichs berühmtestes Watteau-Gemälde, à l’écrivain & au philosophe que je dédie cet das im Schloß Charlottenburg hängt. ­ouvrage.« Die ausgestellte Version ist ein schönes Bei- Lit.: Wallis 196, 3; Brunet I, 179. spiel der französischen Rokoko-Buchkunst im Kleinen, insbesondere die reizvolle Widmungs- vignette mit dem Bildnis der Madame de Pom- padour sowie der elegante französische Maro- quinband. Abb. unten und S. 74

33.3 33.3

72 34.1 Anthropologie, nach der Seele und Geist keine Jean Baptiste de Boyer, Marquis d’Argens selbständigen Einheiten sind. (1704 –1771) Das erfolgreiche Buch löste einen Skandal­ aus, Porträt-Kupferstich von J. von Schleyy, 1738, nach woraufhin La Mettrie auch aus Holland fliehen Theod. van Pee. Aus Band I, siehe Kat. 34.2. mußte. Er fand Aufnahme am Hof Friedrichs des Der französische Gelehrte und Schriftsteller Großen, der den geistreichen und unterhaltsa- wurde durch seine Jüdischen Briefe berühmt men Franzosen häufig zu seiner ­Tafelrunde ein- (Kat. 34.2). Er galt als »einer der witzigsten lud. Der König ernannte ihn zum Vorleser und Schrift­steller« seiner Zeit (Jöcher). Nachdem ihn Mitglied der Berliner Akademie. La Mettrie gilt sein abenteuerliches Leben quer durch Europa als der meist geschmähte Denker der französi- geführt hatte, kam er 1742 an den Hof Fried- schen Aufklärung. Friedrich besaß im Neuen Pa- richs des Großen. Dieser ernannte ihn zu sei- lais in Sanssouci ein Exemplar der Erstausgabe­ nem Kammerherrn und zum Direktor der Litera- des L‘Homme machine (S. 40). turklasse der Berliner Akademie. Er gehörte als Abb. S. 75 Freund Friedrichs zur Tafelrunde in Sanssouci. 35.2 Die Freundschaft zwischen beiden fand ihren La Mettrie Niederschlag in über 300 Briefen, die haupt- Œuvres philosophiques. Amsterdam 1764. 3 Tei- sächlich während des Siebenjährigen Krieges le in 2 Bdn. Weinrote Maroquinbände der Zeit. geschrieben wurden. Der König offenbarte sich Seltene Amsterdamer Gesamtausgabe, die zeit- in dieser für ihn existentiell bedrohlichen Zeit gleich mit der Berliner Erstausgabe erschien. seinem »lieben Marquis« und gibt damit einen Sie enthält einen ausführlichen Discous pré- einzigartigen Einblick in sein Wesen (Kat. 63.6). liminaire und La Mettries sechs Hauptwerke: Abb. S. 70 L’homme machine, Traité de l’âme, Abrégé des 34.2 systèmes, Les animaux plus que machines, Marquis d’Argens L’homme plante, Système d’Epicure. Lettres juives, ou Correspondance Philosophiques, Der König, dem La Mettrie die Erstauflage Historique & Critique, entre un Juif Voyageur en seines materialistischen Bekenntnisbuches Der différens Etats de l’Europe. Den Haag, Pierre Mensch als Maschine (Leiden 1748) gewidmet Paupie, 1742. 6 Bde. Mit 1 gestochenen Porträt hatte, äußerte: des Autors, 1 gest. Frontispiz und 6 gest. Titel- »Er hätte mir auch wohl etwas Besseres zu- vignetten. Marmorierte Kalblederbände der Zeit. eignen können.« (Und kurz nach dem Tod des Frühe Ausgabe des erstmals 1737 erschienenen ­Autors:) »Er war lustig, ein guter Teufel, ein guter Werkes. Arzt und ein schlechter Schriftsteller; aber wenn In den Jüdischen Briefen, in Anlehnung an man seine Bücher ungelesen ließ, konnte man die Persischen Briefe Montesquieus geschrieben mit ihm zufrieden sein.« Abb. unten (Kat. 13.7), kritisiert d’Argens die politischen Lit.: Stoddard 65; Tchemerzine/Scheler III, 952; und gesellschaftlichen Verhältnisse in Europa. Jauch, Jenseits der Materie (1998). Friedrich besaß ein Exemplar dieser Ausgabe in seinem Neuen Palais in Sanssouci (S. 401).

35.1 Julien Offray de La Mettrie (1709 –1751) Porträt-Kupferstich von G. F. Schmidt. Berlin, um 1750. Plattengröße: 253 × 191 mm. Der französische Militärarzt und philosophische Schriftsteller La Mettrie mußte Frankreich wegen seiner materialistisch-atheistischen Schriften ver- lassen. In Holland veröffentlichte er 1748 sein Hauptwerk L’Homme machine (Der Mensch als Maschine). Mit diesem seinem wichtigsten Werk begründete La Mettrie die materialistische

73 »Frédéric le Philosophe«

35.3 »Was Caesar, Scipio was Hannibal gethan La Mettrie Das trifft man großer Held in dir beysammen an« Aletheius Demetrius. Ouvrage de Penelope; ou Der Reichsgraf Gotter war Diplomat im Dienst Machiavel en medicine. Berlin 1748. 2 Kalble- Friedrichs des Großen und häufiger Gast der Ta- derbände der Zeit mit Rückenvergoldung und felrunde. Auf dem berühmten Gemälde Das Flö- gekrönten Initialen FW auf Deckelmitte. Erste tenkonzert von Adolph Menzel ist Gotter links Ausgabe. im Vordergrund dargestellt. In dem seltenen satirischen Werk attackiert der Militärarzt La Mettrie kompromißlos die Ärz- 36.2 tezunft, die von den neuen naturwissenschaftli- Carl Ludwig Freiherr von Pöllnitz (1692 –1775) chen Erkenntnissen nichts wissen wollte. Er gab Memoires contenant les Observations qu’il a selbst die bekanntesten Mediziner seiner Zeit faites dans ses Voyages, et le Caractere des Per- der Lächerlichkeit preis, wie beispielsweise sei- sonnes qui composent les principales Cours de nen Lehrer Boerhaave. Dem ›Machiavellismus‹ l’Europe. Quatrième Edition. Londres, Jean seiner Kollegen stellte La Mettrie eine ›anti-ma- Nourse, 1761. 7 Lederbände der Zeit mit Rüc- chiavellistische‹ Medizin gegenüber, die sich in kenvergoldung. den Dienst der Allgemeinheit stellt. Der weit gereiste Schriftsteller verbrachte sei- Mit interessanter Provenienz: Aus der Biblio­ ne Jugend bis 1710 in Berlin als Spielgefährte thek des Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preu­ des späteren Königs Friedrich Wilhelm I. In sei- ßen, des späteren Königs Friedrich Wilhelm II. nem Werk schildert er seine Reisen an die wich- (1744 –1797). Mit dem handschriftlichen Ver- tigsten Höfe Europas und die dabei gesammel- merk »Potsdam le 13 Octobre 1749« eines frühe- ten Erfahrungen und Erlebnisse. Die Berichte ren Besitzers auf dem Vorsatz. Abb. S. 75 sind eher unterhaltsam als zuverlässig. Lit.: Tchemerzine-Scheler III, 950; Stoddard 35. 1735 kam Pöllnitz nach Berlin zurück und wurde Kammerherr Friedrich Wilhelms I. und 36.1 Mitglied des Tabakskollegiums. Friedrich er- Carl Friedrich Gustaf Graf von Gotter nannte ihn 1740 zum Oberzeremonienmeister. (1692 –1762) An Friedrichs Tafelrunde sah sich Pöllnitz oft Kriegs- und Helden-Geschichte … Friedrichs II. den derben Scherzen des Königs ausgesetzt. König in Preussen … nebst den dahin einschla- à genden Staats-Begebenheiten, Aus den öffentli- chen Dokumenten … Fünfte vermehrte Auflage. Zu dem Mitglied der Tafelrunde Voltaire ­siehe Erfurt, Jungnicol, 1747. Gestochenes Frontispiz Tafel 3 und Kat. 11.4, 11.5, 17 –24, 37.1– 3, 43.2, mit Darstellung Friedrichs des Großen als Held 43.4, 49.1, 55, 56, 63.2, 63.3 und 84. zu Pferd mit panegyrischer Bildunterschrift:

33.3

74 35.1 Julien Offray de La Mettrie

35.3 La Mettrie. Machiavel en medicine. Berlin 1748 Aus der Bibliothek des Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen

75 »Frédéric le Philosophe«

37.1

37.2 37.3

76 Die Plagiats-Affäre Akakia

Anlaß der Affäre war der Streit zwischen dem Akademiepräsidenten Maupertuis und ­Samuel König, der bestritt, daß Maupertuis der Entdecker des »Prinzips der kleinsten Wir- kung« sei. Leibniz habe dieses Prinzip bereits früher behandelt. Ein Plagiatsvorwurf, zu allen Zeiten aktuell. Daraufhin wurde Samuel König, der den schriftlichen Originalnach- weis nicht führen konnte, aus der Akademie ausgeschlossen. Voltaire schaltete sich ein. Er veröffentlichte anonym und entgegen dem Versprechen, das er Friedrich gab, eine Schmähschrift über Maupertuis und Berlin hatte seine Affäre Akakia. Friedrich äußerte sich hierzu gegenüber de Catt (a. a. O., S. 23): »Der Schlingel hat mir feierlichst versprochen, daß er diese Schmähschrift nicht drucken lassen würde, die übrigens geistvoll, wahr und witzig ist.« Das Wort »Akakia« kommt aus dem Griechischen und bedeutet »arglos, harmlos«, was hier offensichtlich ironisch benutzt wird.

37.1 in mehreren Schriften Maupertuis attackierte, »Friedrich und Voltaire unter der Colonnade während Friedrich der Große sich gezwungen hinter Sans-Souci bei Potsdam« sah, seinen Akademiepräsidenten zu unterstüt- Kupferstich von P. Haas, Plattengr. 179 × 264 mm. zen (NDB XVI, 432). Abb. S. 76 Die Darstellung unterstreicht das besondere Verhältnis des Philosophenkönigs zu dem fran- 37.3 zösischen Geistesfürsten Voltaire, das sich nach (Voltaire) knapp drei Jahren an Friedrichs Hof dem Ende Histoire du Docteur Akakia, et du Natif de zuneigte und schließlich an der Affäre Akakia St. Malo. Berlin 1753. Halblederband der Zeit. zerbrach. Abb. S. 76 Kehl 1785. Erstmals 1752 auf französisch in Pots- dam in einigen Dutzend Exemplaren hergestellt. 37.2 1753 in mehreren Auflagen an verschiedenen (Friedrich der Große) Druckorten erschienen. Abb. S. 76 Lettre d’un academicien de Berlin à un acade- Voltaires anonym erschienene Schmähschrift micien de Paris. Avec la traduction allemande. Diatribe des Doktor Akakia, Leibarzt des Papstes Schreiben eines Mitgliedes der Akademie … zu (zunächst französisch, dann auch in deutsch Berlin an ein Mitglied der Akademie … zu Paris. von Christlob Mylius) ist »eine der funkelnd- Etienne de Bourdeaux, 1753. Mit Holzschnitt- sten Satiren der Weltliteratur« (George P. Gooch). Titelvignette: preußischer Adler mit Legende Darin greift Voltaire den Präsidenten Maupertuis »Cuique Suum«. Späterer Pappband. Erste fran- an und macht ihn lächerlich. zösisch-deutsche Parallelausgabe. Wie alle Welt amüsierte sich auch Friedrich, Friedrich verteidigt in dem Schreiben den sozusagen hinter vorgehaltener Hand. Offiziell Akademiepräsidenten Maupertuis in dessen konnte er hingegen nicht dulden, daß man den Auseinandersetzung mit Samuel König. Es ist Präsidenten seiner Akademie verunglimpfte. Da eine anonyme Antwort auf Voltaires fast gleich- das Werk trotz königlichen Verbots erschien, lautende Schrift Réponse d’un académicien de wurden alle Exemplare, die Voltaire noch besaß, Berlin à un académicien de Paris. Friedrich be- öffentlich verbrannt. Daran (u. a. auch an der schimpft den anonymen Autor (Voltaire) als un- Affäre Hirschel) zerbrach schließlich das freund- verschämten Lügner und talentlosen Pamphleti- schaftliche Verhältnis von Friedrich und Voltaire, sten. Die Affäre weitete sich aus, wobei Voltaire der drei Monate später seinen Abschied nahm.

77 »Frédéric le Philosophe«

38.1 Helvétius. De l‘esprit. Paris 1758

78 Französische Spätaufklärung

Nach Voltaires Abreise 1753 verlor Friedrich zusehends den Kontakt zur französischen Aufklärung. Zwar bestand weiterhin Brieffreundschaft mit Voltaire (nach kurzer Unterbre- chung) und d’Alembert, den maßgeblichen »philosophes«. Die radikaleren Ansichten der jüngeren Aufklärergeneration von 1760, etwa von Diderot, Helvétius, Holbach und Rous- seau, mit denen sich die Französische Revolution ankündigte, lehnte Friedrich hingegen ab. In seinem Essay Kritik des Systems der Natur von 1770 attackiert der König die radikale Herrschaftskritik Holbachs in dessen Abhandlung Système de la nature, die im gleichen Jahr erschienen war. In Briefe über die Vaterlandsliebe von 1773 verteidigt Friedrich die aufgeklärte Monarchie und wirft den französischen Spätaufklärern eine zu starke Betonung der Naturwissenschaften und einen Mangel an Vaterlandsliebe vor.

38.1 38.2 Claude Adrien Helvétius (1715 –1771) Paul Henri Thiery Baron d’Holbach (1723 –1789) De l’esprit. Paris, Durand, 1758. Groß-Quart. Système de la nature. Ou des Loix du Monde ­Titel mit Holzschnitt-Vignette. Halblederband Physique et du Monde Moral. Par M. Mirabaud. des 19. Jahrhunderts mit goldgeprägten Wappen­ Londres (d. i. Amsterdam, Marc-Michel Rey) 1770. supralibros (The Society of Writers to The Sig- 2 marmorierte Kalblederbände der Zeit. Erste net). Erste Ausgabe des berühmten Hauptwer- Ausgabe. kes der Aufklärungsphilosophie, zweiter Druck In dem führenden Werk der französischen der Quartausgabe mit den 40 nachgedruckten Aufklärung über den Materialismus führt Hol- Blättern. bach alle Phänomene, körperliche wie geistige, Helvétius war französischer Steuerpächter, auf Materie und Bewegung zurück. Das unter ­» philosophe« und Mitautor der großen Encyclo- dem fingierten Verfasser Mirabaud erschienene pédie. Sein von John Locke (Kat. 16.3) angereg- Buch wurde wegen seines konsequenten Athe- tes Hauptwerk Über den Geist war wegen des ismus sofort verboten und auf den Index gesetzt. materialistischen und antiklerikalen Inhalts ein Schnell erlangte es Berühmtheit als »Bibel des Skandalerfolg. Es wurde sofort auf den Index Materialismus«. Hiergegen richtete sich Fried- gesetzt und öffentlich verbrannt. rich der Große mit seiner Kritik des Systems der Wie John Locke vertrat Helvétius die Auffas- ­Natur (Kat. 38.3). sung, daß sich alle geistigen Erkenntnisse und Lit.: Philipp Blom. Böse Philosophen. Ein ­Salon seelischen Empfindungen aus den Sinnesein- in Paris und das vergessene Erbe der Aufklärung. drücken ableiten lassen (Sensualismus). Er ging München 2011. Abb. S. 81 von der Gleichheit aller Menschen aus und stell- te damit indirekt das monarchische System in 38.3 Frage. Friedrichs des Großen Kritik an dem Zuvor war er zum korrespondierenden Mit- System der Natur des Baron Holbach glied der Berliner Akademie gewählt worden Examen critique du Système de la Nature. Ber- (vor 1758). Friedrich, der Helvétius als Sonder- lin 1770. In: Œuvres, Band 9, S. 153 –168. (Werke, botschafter des französischen Königs Ludwigs Band 7, S. 258 – 269). XV. kennenlernte, schätzte den geistvollen und Der Essay des Königs richtete sich gegen die liebenswürdigen Autor zwar persönlich, lehnte radikale Herrschaftskritik und die Ablehnung aber dessen radikalen Sensualismus und Mate- der Monarchie in der von Baron Holbach un- rialismus ab. Abb. S. 78 ter fingiertem Namen veröffentlichten Schrift

79 »Frédéric le Philosophe«

Système de la nature (Kat. 38.2). Friedrich weist digt hier Friedrich seine konservative Position Holbachs Ausführungen als unhistorisch zurück gegen die neue, sich radikalisierende demokra- und vertritt die Auffassung, daß die Erbmonar- tische Richtung der französischen Spätaufklärer. chie »unter allen denkbaren Staatsformen die In dem fingierten Briefwechsel zwischen am wenigsten nachteilige« sei. Denn wo man den Freunden Anapistemont und Philopatros die Herrscher ohne weiteres absetzen könne, erläutert Friedrich seine Auffassung vom Staat »bliebe ein Nährboden für Bürgerkriege, blieben und der Vaterlandsliebe (vgl. Werke, a. a. O., Führer, die stets bereit wären, an die Spitze ge- Bd. 8, S. 279): fährlicher Parteien zu treten, um den Staat in »Sie sagen, Sie wüßten nicht, worin der Gesell- Aufruhr zu versetzen«. schaftsvertrag bestehe. Hören Sie, er entstand durch das gegenseitige Hilfsbedürfnis der Men- 38.4 schen. Da aber keine Gemeinschaft ohne Tu- Jean-Jacques Rousseau (1712 –1778) gend und ohne gute Sitten bestehen kann, so Emile ou l’Education. Amsterdam, Marc-Michel muß jeder Bürger einen Teil seines Eigennutzes Rey, 1773. Duodez. 5 Bde. in 12°. Mit 5 Kup- dem seiner Mitbürger opfern.« ferstichen von Duflos nach Eisen (Kat. 15.3). Der dadurch beeindruckte d’Alembert lobte Marmorierte Kalblederbände der Zeit. Frühe Friedrichs Schrift als »ein Lehrbuch der patrioti- illustrierte Ausgabe des epochemachenden Er- schen Moral«. ziehungsromans (EA 1762). Lit.: L/K 351. In Rousseaus Werk verbinden sich die aufklä- rerischen Reformideen mit schwärmender Natur­ verehrung. Infolge der Veröffentlichung wurde gegen den Autor Haftbefehl in Frankreich erlas- sen. Rousseau flüchtete in das schweizerische Fürstentum Neuchâtel (Neuenburg), das damals preußisches Hoheitsgebiet war. Der tolerante König ließ Rousseau über seinen dortigen Re- genten Asyl gewähren, obwohl er Rousseaus Auffassungen ablehnte. Friedrich hat die Bedeutung Rousseaus, vor allem seiner Emile, nach Goethe das »Natur­ evangelium« der Pädagogik, wohl nicht erkannt. Er konnte das Werk nicht zu Ende lesen. Seine knappe Anmerkung lautete: »Das ist ein Wiederkäuen von Sachen, die man längst kennt … Nichts Originelles, wenig gedie- genes Denken, viel Unverschämtes« (Siehe auch Formey, Kat. 30)

38.5 Friedrichs Briefe über die Vaterlandsliebe Lettres sur l’amour de la patrie ou correspon- dance d’Anapistemont et de Philopatros. Berlin, chez G. J. Decker & La Haye, P. J. Gosse, 1779. Mit gestochener Kopfvignette. Halblederband der Zeit. Seltene Erstausgabe. In den Briefen über die Vaterlandsliebe wen- det sich Friedrich gegen die neue Richtung der 38.5 französischen Spätaufklärung (nach 1760), vor allem gegen die Enzyklopädisten Diderot, Hol- bach, Helvétius und Rousseau. Letztlich vertei-

80 38.2 »Bibel des Materialismus«

81

Deutsche Aufklärung

»Sapere aude! Habe Muth dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! Ist also der Wahlspruch der Aufklärung.« Kant (Kat. 39.3)

Mit der deutschen Frühaufklärung kam Friedrich der Große durch das Studium des Werkes von Christian Wolff (Kat. 16.4) in Kontakt, das ihm sein Freund Ulrich von Suhm ins Fran- zösische übersetzte. Begeistert schrieb Friedrich an Voltaire: »Endlich beginne ich die Mörgenröte eines Tages zu erblicken.« Voltaire lehnte den Determinismus Wolffs ab und beeinflußte Friedrich mit seinen am Em- pirismus John Lockes (Kat. 16.3) orientierten Aufklärungsgedanken. Berlin wurde zu dem maßgeblichen ort der deutschen Aufklärung. Das berühmte Dreigestirn der sog. Berliner Aufklärung bestand aus Lessing, Mendelssohn und Nicolai. Die Berliner Aufklärer trafen sich in Lesegesellschaften und politischen Zirkeln, etwa in dem 1749 gegründeten »Montagsclub«. Ihr Publikationsorgan war die bekannte Berlinische Monatsschrift, in der Mendelssohn und Kant ihre berühmten Aufsätze über die Aufklärung veröffentlichten. Friedrich der Große hatte keinen engeren Austausch mit den Berliner Aufklärern, deren Werke er wohl nicht kannte. Mit seinen Maßnahmen (Toleranzgebot, teilweise Abschaf- fung der Zensur, Verzicht auf Folter bei Gerichtsverfahren usw.) schaffte der aufgeklärte König aber wichtige Voraussetzungen für die deutsche Aufklärung. Auch das noch zu Friedrichs Lebzeiten veröffentlichte erste Hauptwerk des berühmten Königsberger Philosophen Immanuel Kant, die Critik der reinen Vernunft (1781), war dem König nicht bekannt. Friedrich stimmte jedoch einer ministeriellen Vorlage zu, die 1770 die Berufung Kants zum Professor für Logik und Metaphysik an die Universität in Königsberg vorschlug. Mit dem Aufklärer Christian Garve hingegen, dem Professor für Mathematik und Logik in Leipzig, Übersetzer und Buchhändler in Breslau, führte der König eine eingehende Unter­redung, als er 1785 in Breslau zu Besuch war.

39.1 39.2 Antoine Pesne (1683 –1757) Kronprinz Friedrich in Rheinsberg »Der Tag vertreibt die Finsternis«. Deckengemäl- Kupferstich und auch Radierung von Gottfried de für den Konzertsaal (Spiegelsaal) des Rheins- ­Arnold Lehmann. Plattengröße: 196 × 240 mm. berger Schlosses, 1740. Ausschnitt aus dem Mit- Bildlegen­de: »Friedrich der Große als Kronprinz telteil. Fotografie Roland Handrick, SPSG. zu Rheinsberg. Im Jahre 1735.« Der die Finsternis vertreibende Apoll perso- Friedrich, der unter einem Baum steht, nifiziert nicht nur die Förderung der Künste, er ­betrachtet die über dem Schloß Rheinsberg mit bedeutet auch Aufklärung im philosophischen den beiden Türmen aufgehende Sonne. Die Sinn (H. Börsch-Supan). Abb. links ­gezeigten Schloßtürme allerdings gab es im ­Jahre 1735 noch gar nicht.

83 »Frédéric le Philosophe«

39.1

39.2 39.3

Das Bild ist symbolisch zu verstehen. In der des Verstandes, sondern der Entschließung und barocken Herrscherikonographie ist die Sonne des Muthes liegt, sich seiner ohne Leitung eines ein Symbol für den Herrscher (z. B. der »Sonnen- anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Muth könig« Ludwig XIV). Hier hat die aufgehende dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! Ist Sonne wohl eine doppelte Bedeutung: Hinweis also der Wahlspruch der Aufklärung.« auf den kommenden Herrscher Friedrich, der 1740 den Thron bestieg, und auf den aufgeklär- 39.4 ten Kronprinzen, der sich selbst »Frédéric le Phi- Gotthold Ephraim Lessing (1729 –1781) losophe« nannte. Abb. oben Porträt-Kupferstich von L. Stichling nach Anton Graff (1736 –1813). Plattengröße: 257 × 212 mm. 39.3 Es handelt sich um das bekannteste Lessing- Das Publikationsorgan Porträt. Anton Graff war der berühmteste deut- der Berliner Aufklärung sche Porträtmaler seiner Zeit. Er malte auch ei- Berlinische Monatsschrift. Hrsg. von F. Gedike nes der besten Porträts des alten Königs, das und J. E. Biester. Vierter Band. Julius bis Decem- in dessen Arbeitszimmer in Sanssouci über ber 1784. Berlin, Haude und Spener, 1784. Mit ­dem Dokumentarschrank mit Uhrenaufsatz hängt. gestochenem Frontispiz von D. Berger nach De Abb. S. 85 Launay (Gebr. Montgolfier). Pappband der Zeit, 39.5 die bedruckten Broschuren eingebunden. Erste Moses Mendelssohn (1729 –1786) Ausgabe. Porträt-Kupferstich von M. Steinla, Gotha 1821. Enthalten sind diverse Aufsätze und Ge- 242 × 198 mm. dichte, insbesondere von Moses Mendelssohn Mendelssohn schrieb in den Literaturbrie- (S. 193 – 200) Ueber die Frage: Was heißt aufklä- fen eine schöne Rezension der durch einen ren? Ueber das sittlich und physisch Gute sowie Raubdruck 1760 in der Öffentlichkeit bekannt von Immanuel Kant (S. 481 – 494) der berühmte gewordenen Gedichte Friedrichs des Großen Aufsatz über die Beantwortung der Frage: Was (Kat. 57.4), die eigentlich nur für einen kleinen ist Aufklärung?, der mit den berühmten Sätzen privaten Kreis von Freunden bestimmt waren: beginnt: »Sie werden selten bei einem Dichter so viel Phi- »Aufklärung ist der Ausgang des Menschen losophie, erhabene Gesinnungen, Kenntniß des aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. menschlichen Herzens, Natur in den Gemälden Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines und Gleichnissen, und so viel Zartheit in den Verstandes ohne Leitung eines anderen zu be- Empfindungen angetroffen haben als hier; und, dienen. Selbstverschuldet ist die Unmündigkeit, was an einem Werke des Genies die größte und wenn die Ursache derselben nicht am Mangel seltenste Zierde ist, die reine Sprache des Her-

84 39.4 39.5

39.6 39.8

85 »Frédéric le Philosophe«

zens, welche sich nie verleugnet und sich nie durch die Kunst nachahmen läßt …« Mendelssohn bedauerte aber in seiner Würdi- gung, daß der König sich nicht der deutschen, sondern der französischen Sprache bedient hatte. Friedrich soll später die Rezension, nach Übersetzung ins Französische, mit Befriedigung zur Kenntnis genommen haben. Mendelssohn erhielt 1763 vom König durch Vermittlung des Marquis d’Argens den ›Schutzbrief‹, der für den dauernden Aufenthalt eines Juden in Preußen erforderlich war. Abb. S. 85

39.6 Friedrich Nicolai (1733 –1811) Porträt-Schabkunstblatt von J. E. Haid, Augs- burg 1780, nach D. Chodowiecki. Plattengröße: 223 × 140 mm. (Zu Nicolai und zu dem seiner Meinung nach positiven Einfluß des Königs auf die deutsche Aufklärung, siehe Kat. 101). Abb. S. 85 39.7 Christian Garve (1742 –1798) Fragmente zur Schilderung des Geistes, des Cha- rakters, und der Regierung Friedrichs des zwey- ten. Breslau, Korn, 1798. 2 Halblederbände der Zeit. Erste Ausgabe der aufschlußreichen, kriti- schen Mitteilungen über den großen König. Der Spätaufklärer Garve wurde neben Men- delssohn berühmt, da er es verstand, philoso- phische Erkenntnisse populär umzusetzen. Er 39.8 lernte den König 1785 in Breslau kennen. Die Christian Garve (1742 –1798) wiederholten Begegnungen veranlaßten ihn zu Porträt-Kupferstich in Punktiermanier von J. Chr. den Fragmenten über den vielseitigen König, Gottschick nach Anton Graff. Plattengröße: in denen er die unterschiedlichen Facetten von 190 ×120 mm. Abb. S. 85 dessen Charakter herausstellt. In seinem Vor- wort (Band 1, XI f.) stellt Garve fest: 39.9 »In der That waren die Talente dieses Königs Immanuel Kant (1724 –1804) so mannigfaltig und so geschmeidig: daß er Porträt-Lithographie von S. L. 1824 nach einer Hand­ zugleich Dichter, speculativer Philosoph, Ge- zeichnung von Schnorr von Karolsfeld 1789 n. d. schichtschreiber, feiner Weltmann, angenehmer Natur. 385 × 275 mm. Gesellschafter für schöne Geister und Gelehrte, Kant nannte das »Zeitalter der Aufklärung« das einer der ersten praktischen Geschäftsmänner, »Jahrhundert Friedrichs«. Das war von ihm nicht im Fache der Privat- und öffentlichen Haus- als Schmeichelei gedacht. Vielmehr anerkannte haltung, Soldat, Feldherr, und geschickter Un- der Philosoph, daß der große König die Frei- terhändler seyn konnte, ohne daß eine dieser heit gewährt hatte, von der Vernunft öffentlich Verrichtungen der andern geschadet hätte.« Gebrauch zu machen. Ein Jahr nach Friedrichs Beachtenswert ist das Kapitel »Ueber den lit­ Tod wurde Kant in die Berliner Akademie auf- terarischen Charakter Friedrichs des zweyten« genommen. (Bd. 2, S. 13ff.). Zu Kants berühmter Definition der Aufklä- Lit.: Goedeke IV/1, 511, 33; Henning 74; Borst 803. rung siehe Kat. 39.3. Abb. oben

86 Gesprächspartner und Vorleser des Königs

Die Vorleser spielen im Leben des Literaten Friedrich eine bedeutende, wenn auch unspek- takuläre Rolle. Sie sind im engeren Sinne keine Vorleser (das trifft eigentlich nur auf den letzten Vorleser Dantal zu), sondern eher literarische Gesellschafter des Königs, der ihnen seine Werke oder Auszüge aus seiner Lektüre vorlas, um diese zu diskutieren. Der Vorleser übernahm hin und wieder auch Funktionen eines literarischen Privatsekretärs, Buchan- käufers oder Bibliothekars. Die Abgrenzung zu Friedrichs weiteren Gesprächspartnern und Gästen der Tafelrunde ist nicht immer einfach. So erhielt La Mettrie den Titel Vorleser, obwohl er das eigentlich gar nicht war. Auch der in diesem Zusammenhang immer wieder als erster Vorleser Friedrichs genannte Jordan übernahm das Vorlesen nur aushilfsweise. Von den Vorlesern sind neben Claude Étienne Darget (1746 – 1753) vor allem von Be- deutung Henri Alexandre de Catt (1758 – 1780) und Charles Dantal (1784 – 1786). Ihre Auf- zeichnungen ermöglichen einen tiefen Einblick in die Persönlichkeit des Königs und seine literarischen Interessen.

40.1 Friedrich der Große. Epistel an Darget. 1749 Claude Étienne Darget war Friedrichs ­Vorleser und Sekretär von 1746 bis 1753. Der König übersandte sein komisches Heldengedicht Le Palladion (Kat. 57.8) 1749 zur Drucklegung an Darget, zusammen mit einem humorvollen Ge­ dicht, in dem sich Friedrich über sich selbst und seine Reimkunst lustig macht (Werke, Bd. X, S. 93): »Nein, nein, Du hast’s schwer! Ein ärgerliches Amt ist’s, der Sekretär Eines Herrn zu sein, der ein Dichter gern wär, als Schöngeist sich fühlt, Der bis in die Nacht Liest, schreibt und Gedichte macht …«

40.2 Henri Alexandre de Catt (1725 –1795) Porträt: »Bildnis eines Unbekannten«. Öl auf Leinwand von J. M. Falbe (1709 –1782). Bild- größe 147 × 113,5 cm. Es wird von J. Kunisch in ­einem Aufsatz über die Vorleser des Königs als Er lud de Catt ein, in seine Dienste als Vorle- ein Porträt de Catts angesehen (siehe unten). ser einzutreten. De Catt übernahm das Amt im Henri de Catt kam aus der französischen März 1758 während des Siebenjährigen Krieges Schweiz und studierte in Holland Staatsrecht im Breslauer Hauptquartier. Zurückhaltend und und Geschichte. Dort traf er den inkognito rei- diskret blieb er 20 Jahre in Friedrichs Diensten. senden König. Friedrich war von der umfassen- Der König erlaubte de Catt, die fast täglich den Bildung des jungen Mannes beeindruckt. geführten Gespräche aufzuzeichnen. Aus seinen

87 »Frédéric le Philosophe«

Tagebüchern und Memoiren sowie aus anderen sonders Literarischen Stunden. Berlin, Dietrich Quellen entstanden die berühmten Gespräche, Reimer, 1912. Zuerst erschienen 1791. Neu hrsg. die den Zeitraum von 1758 bis 1762 umspannen. von Bernhard Groundstroem. Marmorierter Der große Biograph des Königs, Reinhold Koser, Papp­band. gab 1884 erstmals den französischen Original- Dantal war der letzte Vorleser Friedrichs und text heraus. wahrscheinlich der einzige, der tatsächlich nur Der König schenkte de Catt mehrere der für vorlas. Er war Mitglied der französischen Kolo- ihn kostbar in Ziegenleder gebundenen Bücher nie in Berlin, Lehrer am Potsdamer Waisenhaus (Kat. 70.3 und 71.2). und später Professor für französische Sprache Lit.: Johannes Kunisch. Henri de Catt. Vorleser an der Ingenieur-Akademie in Potsdam. Fried- und Gesprächspartner Friedrichs des Großen. rich bat Dantal erstmals am 23. Oktober 1784 In: Zeitenwende? Preußen um 1800, hrsg. von in das Schloß Sanssouci. Er hatte dem König Eckart Hellmuth u. a., Stuttgart 1999, S. 229 – 250. »meistens alle Tage, bis kurz vor seinem Tode, täglich einige Stunden« vorzulesen (v. Dohm, 40.3 a. a. O., Bd. V, S. 193). Friedrichs Gespräche mit de Catt In seiner Schrift schildert Dantal detailliert, Henri Alexandre de Catt. Friedrich der Große. was er dem König in den beiden letzten Jah- Gespräche mit Catt. Verdeutscht und heraus­ ren seines Lebens vorlas. Auffallend ist, daß gegeben von Willy Schüßler. Vollständige Aus- Friedrich überwiegend die klassischen Autoren gabe mit 2 Bildnissen und 2 Karten. Leipzig, In wählte, vor allem Cicero, Demosthenes, Homer, der Dieterisch’schen Verlagsbuchhandlung, 1940. Isocrates, Livius, Lukrez, Quintilian, Sueton, Ta- Halblederband der Zeit mit Rückenvergoldung. citus sowie Werke der Rhetorik und Geschich- Die Gespräche erlauben einen einzigartigen te. Daneben ließ er sich philosophische Werke Einblick in die Persönlichkeit des Königs und und solche der französischen Literatur vorlesen, in seine literarischen und philosophischen Vor- besonders von Bayle, Molière, Montesquieu stellungen, vor allem während der existenziell und immer wieder Voltaire. Interessant sind die schwierigsten Phasen seines Lebens im Sieben- knappen und treffenden Kommentare Fried- jährigen Krieg. Die deutsche Übersetzung von richs, die Dantal ebenfalls wiedergibt. Beispiels- Wilhelm Schüßler erschien erstmals in Leipzig weise warf der König ein, als Dantal aus dem 1926 und ist als Taschenbuchreprint (DTV, Mün- Geschichtsbuch von Hainaut über den franzö- chen 1981) erhältlich. sischen König St. Louis und seine Volksliebe vorlas (S. 25): 40.4 »Das heiß‘ ich eine schöne Volksliebe des Lud- Charles Dantal (1759 –1799) wigs, daß er es hinschickte, um es [auf Kreuz­ Friedrich der Einzige in seinen Privat- und be- zügen] umbringen zu lassen.«

Werke Friedrichs des Großen in Einbänden der Zeit

88 41.1 Friedrich der Große als Kronprinz, um 1739 »Unter seinem Namen sind verschiedene französische Prosawerke erschienen; sie besitzen eine Eleganz, eine Kraft, ja selbst eine Reinheit des Ausdrucks, die man bei einem Manne bewundern würde, der von der Natur einen trefflichen Geist erhalten und sein Leben in der Hauptstadt verbracht hat. Seine Dichtungen, die man uns unter dem Titel ›Werke des Philosophen von Sanssouci‹ beschert hat, sind voll von Gedanken, Wärme und großen, starken Wahrheiten.«

Denis Diderot (1713 – 1784) III Friedrich – der Schriftsteller

63.1 TAFEL 5

Die Werke Friedrichs des Großen Der große König ist als Literat heute nahezu vergessen. Theodor Schieder stellt dazu fest: »Friedrich von Preußen spielt in der deut- schen Literatur als Autor keine Rolle«, Wert und Bedeutung von Fried- richs Geschichtsschreibung werden jedoch ausdrücklich betont. Und der australische Historiker Christopher Clark attestiert Friedrich, »die vielleicht attraktivste und eleganteste Geschichte Preußens geschrie- ben« zu haben. In seiner Zeit war der aufgeklärte König ein Bestsellerautor, wie wir heute sagen würden. Friedrichs Werke erreichten hohe Auflagen und 43.1 wurden in die meisten Weltsprachen übersetzt, der Antimachiavell Originalhandschrift sogar ins Lateinische. Mit dem Erscheinen dieses staatspolitisch be- des Antimachiavell deutendsten Werkes wurde Friedrich weiten Teilen der deutschen ­Öffentlichkeit als aufgeklärter Fürst bekannt. Zum Antimachiavell werden die französische Urschrift Friedrichs (La Réfutation du Prince de Machiavel) und mehrere Ausgaben, einschließlich der französischen und deutschen Erstausgabe ausge- stellt. Hierzu wird ein Originalschreiben Friedrichs gezeigt, das dieser kurz vor seiner Thronbesteigung an Voltaire ­richtete mit der Bitte um ­Bearbeitung,­ Kritik und anonyme Veröffentlichung. Ein besonders kostbares Buch ist das große Geschichtswerk Denk- würdigkeiten zur Geschichte des Hauses Brandenburg aus der Privat- presse des Königs »Au Donjon du Château« im Berliner Stadtschloß, 49.5 Histoire das als illustrierte Prachtausgabe 1751 erstmals in kleinster Auflage de Brandebourg gedruckt wurde (Kat. 49.4). Bemerkenswert ist ferner das Exemplar der in seiner Privatpresse in kleiner Auflage hergestellten General- Principia vom Kriege von 1753 aus dem Erstbesitz des Feldmarschalls Kurt Christoph Graf von Schwerin (Kat. 60.3). Die berühmte Abhand- lung über die deutsche Literatur ist hier zusammengebunden mit drei der wichtigsten Gegenschriften deutscher Kritiker (Tafel 7).

The works of The great king’s literary works are nearly forgotten today. As Theodor Schieder states: «Frederick of Prussia plays no part in German litera- ture«. However, Schieder places great emphasis on the importance of the king’s historical writings.

57.6 Poesien Frederick the Great was a best-selling author at the time and his works were translated into most major languages. His best know work Anti- Machiavel was even translated into Latin. In the exhibited original letter to Voltaire Frederick concerns himself with the anonymous publication of his Anti-Machiavel. Another exquisite book is the great historical work Mémoires de la maison de Brandebourg from the king’s private press »Au Donjon du Château« in its very rare luxury edition of 1751 (Cat. 49.4). Also noteworthy is the unique copy of General-Principia vom Kriege, also printed at the king’s private press (1753), here addressed to Field Mar- shall Christoph Graf zu Schwerin swearing him to secrecy (Cat. 60.3). Frederick’s famous treatise on German literature (1780) is in our copy 60.3 bound with three of the most important refutations­ by German critics General-Principia (Table 7). der Schriftsteller

Philosophische und politische Werke

»Der Antimachiavell ist die theoretische Verteidigung dessen, was er später in der Praxis gezwungen war zu verletzen, die Verteidigung der human-aufklärerischen Ideen einer tugendhaften, maßvollen, auf Wohlfahrt der Untertanen, auf Frieden und Gerechtigkeit bedachten Staatsführung …« Kindlers Neues Literatur Lexikon

Der Antimachiavell ist Friedrichs bekanntester Text. Es ist sein zweites Werk, das er noch als Kronprinz in Rheinsberg schrieb (1739). Friedrich hatte Machiavellis Werk Der Fürst (1532) über Machterlangung und Machterhaltung von einem moralischen Standpunkt aus gelesen und somit den italienischen Autor zumindest teilweise mißverstanden. Er ent- schloß sich, ­Machiavellis Lehre von der Staatsraison im Geiste aufgeklärter Humanität zu widerlegen. Dabei konnte sich der Kronprinz gleichwohl Situationen vorstellen, in denen das Staatswohl Vorrang vor moralischen Prinzi­pien hat. Es sind dies »traurige Notlagen …, in denen ein Fürst nicht umhin kann, seine Verträge und Bündnisse zu brechen, nur soll das dann auf gute Art geschehen, mit rechtzeitiger Benachrichtigung der Verbündeten, und nie ohne daß das Landeswohl und eine starke Notwendigkeit es gebieterisch erheischen.« Voltaire wurde mit der Korrektur und Herausgabe des Antimachiavell beauftragt. Nach Friedrichs Thronbesteigung am 31. Mai 1740 sollte Voltaire jedoch die Verbreitung wegen des brisanten Inhalts unbedingt verhindern (Brief vom 27. Juni 1740): »Um Himmels willen, kaufen Sie die ganze Ausgabe des Anti-Machiavel auf …« Der König ahnte wohl, daß die in seinem Werk zum Ausdruck gebrachte Humanität und der Friedenswille sich nicht mit der Realität des angetretenen Herrscheramtes ver- einbaren ließen. Die theoretisch formulierten Ansichten widersprachen insbesondere der Eroberungsabsicht, die Friedrich kurz darauf in den Schlesischen Kriegen verwirklichte. Voltaire konnte jedoch das Erscheinen des Werkes im September 1740 in Den Haag (und London) nicht mehr verhindern. Er brachte daher die von ihm überarbeitete Fassung im Oktober 1740 ebenfalls in Den Haag heraus. Das Werk fand reißenden Absatz. 38 Ausgaben erschienen bereits zu Lebzeiten Fried- richs. Der Bibliograph Knoll konnte bis 1803 insgesamt 63 Ausgaben, davon 34 französische, 15 deutsche, vier englische, zwei italienische, je eine holländische, lateinische, russische und schwedische nachweisen. Es handelt sich dabei fast durchweg um Raubdrucke, die ohne Genehmigung des Königs meist im Ausland gedruckt wurden.

93 der Schriftsteller

der Schriftsteller

41.1 Laveaux. Vie de Frédéric II. Roi de Prusse. Straß- Das Porträt: burg 1788. Friedrich der Große als Kronprinz, um 1739 Die Darstellung zeigt den König mit einem da­ Öl auf Leinwand, um 1739 von Antoine Pesne runter aufgeschlagenen Anti-Machiavel, seinem 1739 (1662 –1744) und Werkstatt. 143 ×109 cm. in Rheinsberg verfaßten Jugendwerk (Kat. 43.1). Der Hofmaler Psene malte alle seine authen- tischen Bildnisses des Königs vor dessen Thron- 42 besteigung (1740). Das Originalgemälde von Niccolo Machiavelli (1469 –1527) 1738/39, das ehemals im Hohenzollern-Museum Le Prince. Troisième Edition revue, corrigée, in Berlin hing, ist verschollen. Danach ist das hier & augmentée par le Traducteur. Amsterdam, abgebildete Gemälde von Pesne und ­sei­­ner Werk- Wettstein, 1686. Mit einem gestochenen Fronti- statt geschaffen worden: Kniestück des Kron- spiz-Porträt und einer Holzschnitt-Titelvignette. prinzen en face in der Paradeuniform seines Lederband der Zeit. Ruppiner Regiments Nr. 15 mit Brustpanzer und Der Fürst des Niccolo Machiavelli ist eines der Orden vom Schwarzen Adler mit Brustband. berühmtesten Werke der frühen Neuzeit. Neben Lit.: Katalog Preußen Museum Minden, Veit Grundsätzen und Maßregeln fürstlichen Han- Veltzke (Hrsg.), Macht und Dienst, 1993, Nr. 1.5, delns enthält es eine Analyse der nationalstaat- S. 20 f. mit Zuschreibung. Siehe auch Brustbild lichen Regierungen, die Machiavelli auf seinen von 1736 (E. Berckenhagen, Antoine Pesne, Ber- Reisen kennenlernte. Ausgehend vom Studium lin 1958, Nr. 115h). Abb. S. 89 der Menschheit begründete er die moderne po- Leihgabe Preußen Museum Minden litische Wissenschaft. Er war – und insoweit ist er modern – an den vorgefundenen Fakten in- 41.2 teressiert, nicht an Idealbildern. Friedrich II., König von Preußen Friedrich besaß drei Exemplare der ­Œuvres Kupferstich von F. Huot nach Johann Heinrich ­Machiavellis von 1743 (V. 478 b.c., S. 537a., Br. 126). Ramberg, 1788, mit der Bildlegende: »Fréderic II. Lit.: Graesse IV, 327. Carter/Muir. Bücher die die Roi de Prusse«. Plattengröße: 175 × 127 mm. Aus: Welt verändern. Nr. 63.

41.2 42

94 43.1 Originalhandschrift des Antimachiavell, hier die Vorrede (Avant propos) zu Friedrichs Widerlegung des Prinzen von Machiavel: La Réfutation du Prince de Machiavel der Schriftsteller

­(Widerlegung des Prinzen von Machiavel). Ber- lin, 1. Februar 1740. Berühmt wurde der Satz im ersten Kapitel (siehe links die markierte Stelle), der für sein naturrechtliches Herrschaftsver- ständnis kennzeichnend ist. In deutscher Über- setzung: »Ein Fürst ist keineswegs ein unumschränkter Herr der Völker, die unter seiner Botmäßigkeit stehen, weit gefehlt, er ist unter denselben nicht mehr als der erste Diener.« Die bekannten Anfangssätze der auf Seite 95 abgebildeten Vorrede lauten in der deutschen Übersetzung: »Machiavellis ›Fürst‹ bedeutet hinsichtlich der Moral dasselbe wie Benedikt Spinozas Werk auf dem Gebiet des Glaubens. Spinoza untergrub die Fundamente des Glaubens und erstrebte nichts Geringeres, als die ganze Religion zu ver- nichten; Machiavelli verdarb den Charakter der Politik und unternahm es, die Lehren der gesun- den Moral zu untergraben.« Die ursprüngliche französische Fassung wurde erstmals vollständig 1848 in den Œuvres (Bd. 8) von Preuss (Kat. 64.3) veröffentlicht. Eine voll- ständige Übersetzung der Réfutation erschien erst im 6. Band der »Potsdamer Ausgabe« im ­Jahre 2007 (siehe Einführung vor Kat. 64). 1. GstA PK, VI. HA NL Friedrich II, von Preußen, S. 1 (1. Kapitel). 2. Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kul- turbesitz.

43.2 Eigenhändiges Schreiben Friedrichs an Voltaire Friedrich, Kronprinz von Preußen. Eigenhändi- ger Brief mit Unterschrift. Berlin, 3. Febr. 1740. Quart. 2 ¼ Seiten. Der Kronprinz sandte Voltaire, der sich zur Bearbeitung und Herausgabe des Antimachia- vell bereit erklärt hatte, den Rest seines Manu- skriptes mit der Bitte um Korrektur und Kritik: » … je vous envoye par cet ordinaire la lie de mon travail, en vous priant de me faire part de la Critique que Vous en férez, je suis resolu 43.1 de revoir et corigér sans amour propre tout ce que vous jugeréz indigne d’etre presenté au 43.1 public … « Friedrichs Originalhandschrift Das Werk soll anonym erscheinen, da er frei des Antimachiavell über zahlreiche Fürsten spreche. Die überflüssi- Eigenhändiges Manuskript in französischer gen Beleidigungen sollten gestrichen und Fehler Sprache der Réfutation du Prince de Machiavel korrigiert werden:

96 »Faites donc main basse sur toutes les injures que Vous trouveréz superflues, et ne me passéz point de fautes contre la pureté de la Langue.« Die zwei von Friedrich mit schwarzer Tinte dick durchgestrichenen Zeilen am Ende der er- sten Seite wurden von dem Voltaire-Bibliogra- phen Bestermann rekonstruiert: »Je voudrais que le vieux machiavéliste relié dans la pourpre romaine vous assignât Berlin pour le lieu de votre exil.« (Mir wäre es recht, wenn der greise, in Roms Purpur gewickelte Machiavellist Ihnen Berlin als Exil zuwiese.) Mit dem ›Machiavellisten‹ ist Kardinal André- Hercule de Fleury gemeint, der Leiter der fran- zösischen Außenpolitik. Lit.: Bestermann, Nr. 2037, allerdings Transkrip- tion nicht ganz genau. (Siehe die Transkription des ganzen Original- schreibens und die deutsche Übersetzung von H. Pleschinski im Anhang). Abb. rechts u. unten

43.2

43.2

97 der Schriftsteller

43.3 Überarbeitung begeistert. Auch blieb Friedrichs Erste französische Ausgabe Autorschaft nicht lange verborgen. des Antimachiavell Provenienz: Großherzogliche Bibliothek Neu­ Examen du Prince de Machiavel, avec des ­notes strelitz (Stempel auf Titel verso). Exlibris auf Historiques & Politiques. Londres, Guillaume Spiegel: »EA« unter Krone. Abb. S. 100 Mayer, 1741 (Sept. 1740). Pappband der Zeit mit Lit.: Barbier I, 215 f.; Preuss 186; L/K 287. Rückenschild. Erste Ausgabe, die aufgrund der von Voltaire zunächst revidierten Fassung und 43.5 anschließend (nach Abbruch der Beziehung Raubdruck des Antimachiavell zu J. van Duren) von Bruzen de Martinière vor- Anti-Machiavel, ou Essai de Critique sur le genommenen Bearbeitung anonym und ohne Prince de Machiavel, publié par Mr. de Voltaire. ­Autorisierung des Königs veröffentlicht wurde. Kopenhagen, Jacques Preuss, 1740. Mit gesto- Obwohl im Impressum mit 1741 datiert, er- chener ­Titelvignette. Titel in Rot und Schwarz. schien das Werk bereits Ende September 1740, Lederband der Zeit. Barbier zufolge sowohl mit der Verlagsangabe Einer von mehreren Raubdrucken im Jahr der »Londres, Guillaume Mayer«, wie hier, als auch Erstausgabe. Mit dem Vorwort des Herausgebers mit der Angabe »Den Haag, Jean van Duren« mit Voltaire, Friedrichs Avant-Propos und Inhalt wie lediglich unerheblichen Unterschieden. in Kat. 43.3, nur ohne den Avis de l’editeur. Lit.: Barbier II, 357: »Les différences qu’offrent Lit.: L/K 289. Abb. S. 100 ces deux éditions sont insignifiantes«; L/K 291 (290: J. van Duren): »Ist derselbe Druck, wie obi- 43.6 ge Ausgabe von van Düren ... . Dieselbe Titel­ Erste deutsche Ausgabe des Antimachiavell vignette«; Preuß, Friedrich der Große als Schrift- Anti-Machiavel oder Prüfung der Regeln Nic. steller, S. 182. Abb. S. 99 Machiavells von der Regierungskunst eines Für- Privatbesitz sten. Göttingen, Universitets [sic] -Buchhandlung, 1741. Mit gestochener Titelvignette, Vignetten in 43.4 Kupfer und Holz gestochen im Text. Lederband Voltaires Ausgabe des Antimachiavell der Zeit. Erste deutsche Ausgabe. Anti-Machiavel ou Essai de critique sur le Prin- Die Übersetzung folgt der Londoner Ausgabe ce de Machiavel, publié par Mr. de Voltaire. A la von Mayer (Kat. 43.3). Mit dem Erscheinen sei- Haye, Aux dépens de l’éditeur, 1740 (Oktober). nes staatspolitisch bedeutendsten Werkes wurde Lederband der Zeit. Seltene erste von Voltaire Friedrich weiten Teilen der deutschen Öffent- herausgegebene Fassung. Sie stellt eine überar- lichkeit als aufgeklärter Fürst bekannt. beitete und auf eigene Kosten herausgegebene Lit.: L/K 307 Abb. S. 100 Version der ersten, nicht autorisierten Ausgabe von Jean van Duren dar. 43.7 Voltaire ersetzte in seiner Bearbeitung den Zweite deutsche Ausgabe des Antimachiavell Ausdruck »le premier domestique« durch die Anti-Machiavel oder Prüfung der Regeln Nic. abgeschwächte Formulierung »le premier ma- Machiavells. Von der Regierungskunst eines gistrat« (statt »der erste Diener« lautete die For- Fürsten mit historischen und politischen An- mulierung nun »der erste Beamte«). In seinem merkungen. Aus dem Französischen übersetzet. »Avis de l’Éditeur« weist Voltaire auf die erheb- Zweyte Auflage Welcher eine Uebersetzung nach lichen Unterschiede zu den Ausgaben von van der Ausgabe des Herrn von Voltaire und das Duren (Kat. 43.3) hin. Die vorliegende Ausgabe ­Leben Nic. Machiavells beygefüget ist. Göttingen, erschien ebenfalls mit dem Druckvermerk »Pier- Universitäts-Buchhandlung, 1742. Mit gestoche- re Paupie«. ner Titelvignette, Vignetten in Kupfer und Holz Friedrich, der sich nach seiner Thronbestei- gestochen im Text. Lederband der Zeit. Verbes- gung von seinem ursprünglichen Text distan- serte zweite der im Vorjahr erschienenen ersten zierte, war weder von der Erstausgabe van Du- deutschen Auflage, selten. rens (Mayers) noch von Voltaires ohne seinen In dieser mit Sorgfalt bearbeiteten ­Ausgabe ausdrücklich erteilten Auftrag vorgenommene steht unter dem Text die Version Voltaires

98 43.3 Erste Ausgabe des Antimachiavell

(Kat. 43.4) in kleiner Type. Wie der Herausgeber ditisque diversarum editionum discrepantibus in seiner Mitteilung »An den Leser« feststellt, hat locis in lucem editus. Amsterdam, J. Waesberg, Voltaire viele der im ursprünglichen Text ent- 1743. Mit gestochener Titelvignette. Lederband haltenen Stellen weggelassen. Diese sind hier der Zeit mit hübscher Dentelle-Vergoldung auf durch einen waagrechten Strich markiert. Der den Deckeln. Haupttext wurde folglich nach der Ausgabe von Seltene erste lateinische Übersetzung des An- van Duren (= Mayer, siehe oben Kat. 43.3) gefer- timachiavell, herausgegeben von J. Fr. Behrendt. tigt. Darunter zweispaltig die deutsche Überset- Lit.: L/K 319 und S. 57, Nr. 2. Abb. S. 100 zung von Niccolo Machiavellis Werk (Kat. 42). Lit.: L/K 308. à

43.8 Weitere Traktate Friedrichs zu philosophischen Erste lateinische Ausgabe des Antimachiavell und politischen Fragen: Kat. 38.3: Kritik des Sys­ Anti-Machiavellus, sive specimen disquisitionum tems der Natur und Kat 38.5: Briefe über die ad principem Machiavelli, Latine conversus, ad- ­Vaterlandsliebe.

99 der Schriftsteller

43.4 43.6

43.5 43.8

100 Flugschriften und Pamphlete

44 geweihter aus Wien über die Ziele und Zwecke Flugschrift gegen Österreich der habsburgischen Politik Aufklärungen in die (Friedrich der Große). Lettre d’un Secretaire Provinz schickt ... Zu diesem Zwecke werden du Comte Caunitz à un Secretaire du Comte mit großer Geschicklichkeit die in Deutsch- Cobentzel. Traduit de l’Allemand. A Liège, chez land verbreiteten Befürchtungen für die Unab- Bassompièrre, 1758. Quart. Pappband. Erste hängigkeit der kleineren Reichsfürsten und für Aus­gabe. das Bestehen des Protestantismus genährt und Diese sehr seltene satirische Flugschrift aus Preußen als der Vorkämpfer beider Interessen dem Siebenjährigen Krieg (nicht in der SBB) bezeichnet« (Cauer). Einer der zentralen, dem ist ein fingiertes Schreiben des österreichischen Wiener Staatskanzler untergeschobenen Sätze Staatskanzlers Wenzel Anton Graf Kaunitz lautet: ­(1711–1794) an den österreichischen Residenten »Unser Plan beschränkt sich nie auf die Erobe- Graf Cobentzel in Brüssel. Der König wollte da- rung Schlesiens, sondern ging stets auf die völ- mit dem real existierenden Plan des Grafen Kau- lige Zerschmetterung des Königs von Preußen nitz entgegenwirken, Preußen auf das Niveau aus, damit keine Macht in Deutschland dem eines unbedeutenden, »sekundären« Fürsten- Kaiserhofe mehr Einhalt gebieten und er seine tums zu reduzieren. Das Schreiben wurde von Herrschaft fest begründen kann. Alle geistlichen Friedrich zu politischen Propagandazwecken Fürsten sind unsere Kreaturen …« verbreitet. Der fingierte Text ist weder aus dem (Werke, Bd. V, S. 200). Deutschen übersetzt, noch ist er in Lüttich er- Lit.: L/K 517. schienen. »Die Fiction ist eben die, daß ein Ein-

101 der Schriftsteller

45.1 45.2

45.1 46 Kaiserin Maria Theresia (1717–1780) Flugschrift gegen die Pompadour Porträt-Kupferstich von F. L. Schmutzer nach Mar- und Maria-Theresia tin de Maytens mit Legende: »Roman. Imperatrix (Friedrich der Große). Lettre de la Marquise de Hungaricae et Bohemiae &c. Regina Archidux Pompadour à la reine de Hongrie. 1759. Quart. Austriae &c. &c.». Plattengröße: 267 × 197 mm. 2 Seiten. Ohne Druckort. Seltene erste Ausgabe. Trotz der zu politischen Zwecken eingesetz- Diese anonym erschienene Flugschrift war ten Flugschriften gegen die Kaiserin, sprach eine beißende Satire gegen Madame de Pom- Friedrich im übrigen, etwa in seinen Testamen- padour, die Mätresse des französischen Königs, ten von 1752 und 1768 stets mit großer Hoch- und Maria-Theresia von Österreich-Ungarn. achtung von Maria Theresia. Ebenfalls nicht Friedrich läßt in dem fiktiven Brief die Pompa- ohne Respekt sagte er an anderer Stelle: dour der Königin von Ungarn vorschlagen, die »Einmal haben die Habsburger einen Mann, und freie Liebe in ihren Ländern zu gestatten. dieser ist eine Frau.« Marquis d’Argens schreibt dazu an Friedrich (Briefe, S. 218): 45.2 »Ich habe den Brief an die Königin gelesen; das ist Wenzel Anton Graf Kaunitz-Rietberg zugleich die witzigste und beißendste Satire.« (seit 1764 Fürst). Kupferstich von Mansfeld nach Friedrich verfolgte das politische Ziel, Maria- Vinazer. Plattengröße 160 ×107 mm. Theresia gegen das verbündete Frankreich auf- Kaunitz leitete ab 1753 als Staatskanzler die zubringen. Lit.: L/K 516. österreichische Außenpolitik. 1756 schloß er mit Frankreich ein Defensivbündnis, das später in ein ­Offensivbündnis umgewandelt wurde.

102 47 ko« (Goncourt). Ihr ­Interesse an der Philosophie Madame de Pompadour (1721–1764) der Aufklärung und dem Kulturleben ihrer Zeit Stahlstich von Masard nach Steuben (um 1840). betont der Maler La Tour in seinem berühm- Nach einem Pastel von Maurice-Quentin de la ten Pastel: die Marquise mit Notenblättern in Tour (1755), gouachiert von Joanna Lisik. der Hand, die Gitarre im Hintergrund, auf der Jeanette-Antoinette Poisson entstammte dem Konsole ein Globus und Voltaires Henriade bürgerlichen Pariser Mittelstand. Sie genoß (Kat. 18), Montesquieus Esprit des Loix und ein eine vorzügliche Ausbildung. 1745 wurde sie Band der berühmten Encyclopédie von Diderot ›Maîtresse-en-titre‹ des Königs Ludwig XV., der und d’Alembert. . ihr den Titel Marquise verlieh und dazu das Die Pompadour, von wesentlichem Einfluß ­Besitztum Pompadour schenkte. Hochkultiviert am französischen Hof, war eine entschiedene und elegant nannte man sie »Königin des Roko- Gegnerin Friedrichs.

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103 TAFEL 6

Historische Schriften Die Geschichtsschreibung Friedrichs des Großen war für seine Zeit ausgesprochen modern. Er ging von dem Grundsatz der Wahrhaftig- keit aus und bemühte sich, alle verfügbaren Quellen zu erforschen. Dabei werden, von Voltaire inspiriert, nicht nur Leben und Helden­ taten der Vorfahren beschrieben, sondern vor allem die wirtschaft­ liche, kulturelle und gesellschaftliche Entwicklung des Landes.

49.6 Von Friedrichs Denkwürdigkeiten des Hauses Brandenburg wurde der Friedrich der Große Markt in den Jahren 1750 – 51 überschwemmt. Es existieren nicht we- niger als 30 verschiedene Zusammendrucke (Raubdrucke). Der König ließ daher 1751 eine Ausgabe in Quart mit Kupferstichen von Georg Friedrich Schmidt in seiner Privatpresse »Au Donjon du Château« (Im Turm des Schlosses) herstellen. Von dieser außerordentlich seltenen Prachtausgabe, die nur für seinen privaten Gebrauch bestimmt war, privilegierte der König den Verleger Neaulme zu zwei nicht vollstän- digen Buchhandelsausgaben. Sein historisches Werk setzte Friedrich fort mit der Geschichte der bei- den ersten Schlesischen Kriege und der Geschichte des Siebenjährigen Krieges (1756 – 1763). Ergänzend schrieb er über die Erste Polnische Teilung von 1772. Nach einer weiteren Überarbeitung (Endfassung 49.4 Memoires 1775) wurde der Text unter dem neuen Titel Histoire de mon temps (Geschichte meiner Zeit) im Jahre 1788 veröffentlicht. Die Geschichts- schreibung des Königs findet ihren Abschluß mit der Darstellung des Bayrischen Erbfolgekrieges von 1778.

Historical Writings The historiography of Frederick the Great was decidedly modern for his time. His basic principle was truthfulness and he did his best to exhaust all sources available to him. Most notable are his skills of por- trayal, inspired by Voltaire, not only of the lives and heroic deeds of his forefathers but of the economic, cultural and social development of the country.

49.3 Pracht einband In 1750 – 51, the market was flooded by Frederick’s Mémoires de la maison de Brandebourg. There were at least 30 unauthorized edi- tions in circulation. Consequently the king commissioned a quarto edition in 1751 with etchings by Georg Friedrich Schmidt, published in a small edition with the imprint »Au Donjon du Château« (from the castle-tower) for his private use. The publisher Neaulme was granted the privilege to print two incomplete new editions of this extremely rare deluxe edition for the public. Frederick continued his historical work with the history of the first two Silesian Wars and the Seven Years’ War (1756 – 1763). In addition, he wrote about the First Polish Partition of 1772 and published a re- vised version (final version 1775) under the new title Histoire de mon 49.6 (I) temps (History of My Time), published in 1788. His final work dealt Mémoires with the Bavarian War of Succession of 1778. Historische Schriften

48 Der Auszug reicht bis zum Großen Kurfürsten Das Porträt: Friedrich der Große Friedrich Wilhelm (1640). In Aufbau und Dar- Schabkunstblatt von J. A. Pfeffel (1715 –1786) stellung hat sich Duhan (Kat. 7). Friedrich stark nach Christian Wolffgang mit Bildunterschrift: von Voltaires Siècle de Louis XIV (Kat. 20.1) an- »FRIDERICUS Dei gratiae Rex Borussiae, Mar- regen lassen, das er als Manuskript schon lan- chio Brandenburgensis Sacri Romani Imperii ge vor der Veröffentlichung (1752) zum Lesen Archi-Camerarius et Elector etc.« Bez. unten erhielt. Theodor Schieder zu Friedrichs histori- links: Christian Wolffgang pinx. Berolini, unten schen Schriften: rechts: J. A. Pfeffel excudit Aug. Vind. Sch. (Augs- »Die historischen Schriften König Friedrichs von burg, nach 31. Mai 1740). Bildgr.: 455 × 327 mm. Preußen können – abgesehen von ihren Irrtü- Leihgabe Wolfgang J. Kaiser mern im einzelnen, ihren Fehlern und Flüch- Vorbild für das traditionelle Porträt des Königs tigkeiten – durchaus als Quelle herangezogen von Christian Wolffgang war das Brustbild des werden …« Hofmalers Antoine Pesne, das dieser 1739/1740 In dem Vorwort zu den Denkwürdigkeiten von Friedrich malte und das sicher sein berühm- (1742) geht Friedrich auf die Grundsätze ein, auf testes Porträt des Königs war. Pesnes Gemälde denen seine Geschichtsschreibung aufbaut: wurde sehr oft kopiert und bildete die Vorlage »Viele haben Geschichte geschrieben, aber sehr für zahllose Stiche. wenige haben die Wahrheit gesagt … Ich halte Die Darstellung zeigt den jungen König (fast mich sogar für verpflichtet, der Nachwelt eine Kniestück) mit den traditionellen Symbolen der wahre und exakte Darstellung der Ereignisse Macht (Harnisch, Helm, Feldherrenstab, Herme- zu geben, die ich selbst gesehen habe … Ori- lin mit Band und Stern des Schwarzen Adleror- ginalurkunden, Briefe wie Verträge, werden die dens).Die Darstellung ist ein klassisches Beispiel von mir berichteten Tatsachen rechtfertigen.« für das traditionelle Herrscherporträt, bei dem (Werke, Bd. II, S. 1) die Repräsentation und nicht die Individualität Ferner enthält der Band u. a. die Eröffnungs- des Dargestellten im Vordergrund steht. rede des Präsidenten der Berliner Akademie Lit.: Campe 324 (Abb. 65); Börsch-Supan in: Maupertuis (Kat. 27), Friedrichs Gedächtnisre- J. G. Prinz von Hohenzollern, a. a. O., S. 156; den (Eloges) auf Jordan (Kat. 12.2), Baron von Hilde­brand, a. a. O., S. 123 f., Taf. 21. Abb. S. 115 Keyserlingk (Kat. 12.2) und Duhan (Kat. 7). Lit.: L/K 73. Abb. S. 64

»Lobpreis lag mir fern, 49.2 ich wollte Geschichte schreiben.« Raubdruck der Denkwürdigkeiten Friedrich der Große Mémoires pour servir à l’histoire de Brande- 49.1 bourg. Au Donjon du Chasteau [sic]. Avec Pri- Erstdruck von Friedrichs vilège d’Apollon (d. i. normalerweise Berlin, Denkwürdigkeiten des Hauses Brandenburg Königliche Druckerei, Chr. Fr. Henning im Apo- Mémoires pour servir à l’histoire de Brandebourg thekerflügel, Stadtschloß, hier jedoch ein franz. (bis 1640. Mit dem Avant-Propos). In: Histoire de Raubdruck).1750. l’Académie Royale des Sciences et Belles Lettres. Das Werk erschien unter dem Vortitel Œuvres Année 1746. Berlin, A. Haude, 1748, S. 335 – 377. du Philosophe de Sans-Souci. 2 Bände (ursprüng- Quart. Kupferstich-Vignette auf Titel, 8 gesto- lich 3 Bde., der Bd. mit dem Heldengedicht »Le chene und gefaltete Tafeln mit Münzbildern des Palladion« (1749) wurde von König zurückgezo- Königs. Brauner Kalblederband der Zeit. Erster gen). Mit zwei gefalteten genealogischen Tafeln. auszugsweiser Abdruck der Denkwürdigkeiten. Marmoriertes Kalbleder der Zeit.

105 49.4 der Schriftsteller

Das Exemplar ist höchstwahrscheinlich ein Die Auflage bestand höchstwahrscheinlich ausländischer Raubdruck, wohl aus Paris, wor- nur aus 74 Exemplaren, wie man einer Rech- auf die im Französischen mögliche, aber in nung des Buchbinders Krafft vom 25. Novem- Friedrichs Privatdruckerei (Kat. 49.4) nicht be- ber 1751 entnehmen kann. Danach hat Krafft nutzte Schreibweise »chasteau« schließen läßt. 74 Exemplare der Mémoires auf dem Kgl. Schloß Lit.: Nicht in L/K. Abb. S. 114. brochiert. Heute sind diese Exemplare praktisch unauffindbar. Es gibt weder eines im Bestand 49.3 der Staatsbibliothek zu Berlin noch in der be- Raubdruck der Denkwürdigkeiten deutenden Privatsammlung von Gerhard Knoll Mémoires pour servir à l’histoire de Brande- (heute in der SPSG). Das Werk ist das einzige bourg. Berlin, Ambroise Haude, 1750. 2 Teile in der Geschichtswerke Friedrichs, das zu seinen 1 Bd. Mit Titelvignette »Justitia über den Wolken«. Lebzeiten und mit seinem Wissen veröffentlicht Roter Maroquineinband mit hübscher Goldbor- wurde (Droysen I., a. a. O., S. 83). düre (Fasenen und kleine Schmuckstempel) auf Der Band enthält im einzelnen: Mémoires; Deckeln. Wappenexlibris Hatches Trower. De la superstition et de la religion; Des moeurs, Ein vom König nicht autorisierter Nachdruck. des coutumes, de l’industrie etc.; Du gouverne- Der Teil I enthält: Avant-propos; Mémoires bis ment ancien et moderne du Brandebourg; Du zum großen Kurfürsten. Teil II enthält: Schluß militaire depuis son institution jusqu’à la fin du der Mémoires; Des moeurs etc.; De la supersti- règne de Frédéric-Guillaume I. (Denkwürdigkei- tion etc. Bemerkenswert sind die letzten Sätze ten; Aberglauben und Religion; Sitten, Gebräu- über die Toleranz: che und Industrie, Fortschritt des Menschengei- »Le faux zèle est un tyran qui dépeuple les stes in Künsten und Wissenschaften; Regierung provinces. La tolérance est une tendre mère qui Brandenburgs einst und jetzt; Das Heerwesen le rend florissantes.« von seinen Anfängen bis zur Regierung Fried- Der falsche Eifer ist ein Tyrann, der Länder ent- rich Wilhelms I.). völkert; die Toleranz ist eine zärtliche Mutter, Das Werk ist eines der elegantesten Erzeug- die für ihr Wohlergehen und Gedeihen sorgt. nisse deutscher Buchkunst im 18. Jahrhundert. (Werke, Bd. I, S. 201). Abb. S. 112 (Zu den schönen Illustrationen Schmidts ­siehe Kat. 66.1.) Abb. S. 106, 107, 109, 152 49.4 Lit.: L/K 82. Die seltene Erstausgabe aus Friedrichs Privatdruckerei 49.5 Mémoires pour servir à l’histoire de la maison Erste Buchhandelsausgabe de Brandebourg. Au Donjon du Château. 1751 Mémoires pour servir à l’histoire de la maison de (Berlin, gedruckt von Chr. Fr. Henning im Apo- Brandebourg. Berlin et La Haye, Jean Neaulme, thekenflügel des Stadtschlosses). Quart (unbe- 1751. Avec Privilège de S. M. Prussienne. Quart. schnitten). Mit gestochenem Frontispiz, gest. Mit 35 Kupfern der niederländischen Künstler Titelvignette, 2 gefalteten gest. Karten, 2 gef. Jacob von Schley und Simon Fokke (Kat. 66.2). gest. Stammtafeln sowie 29 Textkupfer von G. F. Prachtvoller Wappeneinband für den Grafen Schmidt und 14 gest. Initialen. Interimsumschlag Schönborn (E.E.C.D.S.). der Zeit, in Schatulle. Erste vom König autorisierte Buchhandels- Erste vollständige Originalausgabe, eines der ausgabe, erweitert und korrigiert. Der illustrierte wenigen Werke des Königs, das in seiner Schloß- Luxusdruck war vom König für die Öffentlich- druckerei »Au Donjon du Château« entstand. Es keit bestimmt. Abb. S. 109–111, 230 handelt sich um eine »vom König selbst besorg- Lit.: L/K 83. te vollständige Prachtausgabe« (Preuß). Sie er- schien nur in kleinster Auflage, sie ist daher von allergrößter Seltenheit. Der Privatdruck diente dem König als exklusives Geschenk.

108 49.5

49.4

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49.5

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49.6 Frühe deutsche Ausgabe Merkwürdigkeiten zur Brandenburgischen Ge- schichte. Aus dem Französischen übersetzt. Ber- lin, Haude und Spener, 1761. Mit gestochener Titelvignette und gest. Porträt des Königs. Halb- lederband der Zeit. Provenienz: W. Lichtenstein. Eine der frühen Übersetzungen der Mémoires in drei Teilen bis 1740. Der Übersetzer ist nicht bekannt. Der Band enthält ferner die Abhand- lung Gründe, Gesetze einzuführen, oder abzu- schaffen, Lobschriften auf General von Golze, Herrn von Bork, Herrn von Keyserlingk, Herrn von Knobelsdorff, Herrn von Jordan und Herrn La Mettrie. Abb. S. 113 Lit.: Nicht inL/K; Fromm 28116.

Beispiele von Nach- bzw. Raubdrucken: I Mémoires... De Main de Maître. Imprimé Pour la Satisfaction du Public. 1751/1750. 2 Bde. in 49.3 1 Wappeneinband der Zeit. – Abb. des Titels mit Vignette »Justitia« auf Tafel 6. L/K 87. Abb. S. 114 II Die Bände behandeln den Ersten und Zwei- Mémoires ... De Main de Maître. Imprimé Pour ten Schlesischen Krieg. Darin geht es nicht nur la Satisfaction du Public. 1758. 4 Bde. in 1 Halb- um die Ereignisse zu Friedrichs Zeit, sondern lederband der Zeit. Nebst Anhang: Receuil de um seine eigene Geschichte. Gerd Heinrich quelques autres pièces ... 1758. 4 Kupfer-Por- schreibt hierzu (a. a. O., S. 107): träts: Friedrich II., Kurfürst Friedrich Wilhelm, »Man wird wohl darin nicht fehlgehen, daß der Friedrich I. und Friedrich Wilhelm I. Abb. S. 114. König Woche für Woche seine Regierung tage- L/K 91. buchartig und in Stichworten kommentierte und III dann für sich und die Nachwelt zusammenfaßte. Mémoires ... Nouvelle édition ... 3 Bde. Londres, Schreibend bannte er die flüchtige, die eilende John Nourse, 1767. Enthält in Bd. 3: De la Super- Zeit.« stition et de la religion; Des moeurs, des coutu- Der König gibt ein beredtes Beispiel seiner mes, de l’industrie, des progrès de l’esprit hu- Fähigkeit zu Selbstkritik, wenn er bei der Be- main dans les arts et dans les sciences; Du gou- handlung des Zweiten Schlesischen Krieges vernement ancien et moderne de Brandebourg; feststellt: Dissertation sur les raison d‘établir ou d’abroger »Kein General beging in dem Feldzuge von 1744 les loix. – Abb. des Titels nebst Kupfer-Vignette mehr Fehler als der König.« gestochen von N. Meer – L/K 98. Abb. S. 114. Der deutsche Aufklärer Garve (Kat. 39.6) charakterisiert treffend den Unterschied von 50 Friedrichs Stil und Darstellungsweise zu Voltaire Geschichte meiner Zeit (Briefe von Garve an Weiße, Teil I, S. 345): Histoire de mon temps. 1746. In: Oeuvres posthu- »Was den königlichen Autor, sowie seinen Mei- mes de Fréderic II, roi de Prusse. 15 Bände. Ber- ster, Voltaire zuerst unterscheidet, ist die Deut- lin, Voss et fils et Decker et fils, 1788 (Kat. 64.1). lichkeit. Nichts Gesuchtes oder Gekünsteltes Hier Band I und II: Fortsetzung der bis 1740 im Styl, und doch alles gut gesagt. Doch die geführten Denkwürdigkeiten (Kat. 49). Teil I ist Deutlichkeit liegt nicht bloß im Styl, sondern 1742, Teil II 1746 beendet worden. Erstausgabe. vornehmlich in der Exposition der Sachen.«

112 49.6

51 53 Geschichte des Siebenjährigen Krieges Bericht über den »Kartoffelkrieg« 1778 Histoire de la guerre de sept ans. 1763. In: Œuvres Mémoires de la guerre de 1778. – Correspon­ posthumes de Fréderic II, roi de Prusse. 15 Bän- dance de l’empereur et de l’impératrice reine de. Berlin, Voss et fils et Decker et fils, 1788 avec le roi au sujet de la succession de la Bavière. (Kat. 64.1). Hier Band III und IV. In: Oeuvres posthumes de Fréderic II, roi de Erste Ausgabe der Geschichte des Sieben- ­Prusse. 15 Bände. Berlin, Voss et fils et Decker jährigen Krieges von 1756 –1763, die Friedrich et fils, 1788 (Kat. 64.1). Hier Band V. Erste Aus- schon 1763 zu schreiben begann. gabe beider Werke. In den Texten geht es um den Bayrisch- 52 österreichischen Erbfolgekrieg Friedrichs gegen Denkwürdigkeiten von 1763 bis 1775 Österreich. Als 1777 mit dem Tod des Kurfürsten Mémoires depuis la paix de Hubertusbourg 1763 Maximilian III. die bayrische Linie des Hauses jusqu’à la fin du partage de la Pologne 1775. . Wittelsbach erlosch und Joseph II. von Öster- In: Oeuvres posthumes de Fréderic II, roi de reich das Erbe beanspruchte, kam es wegen ei- Prusse. 15 Bände. Berlin, Voss et fils et Decker ner möglichen Gefährdung des Gleichgewichtes et fils, 1788 (Kat. 64.1). Hier Band V. Erste Aus- 1778 zum Konflikt zwischen Friedrich und Jo- gabe über die Begebenheiten vom Hubertusbur- seph II. Kriegshandlungen blieben ­jedoch aus. ger Frieden 1763 bis zum Ende der Polnischen Aufgrund der »Ausfuragierung«, d. h. der Versor- Teilung 1775. Der Band enthält ferner: gung des Militärs durch die Landbevölkerung, De ce qui c’est passé de plus important depuis­ wurde der Krieg im Volksmund auch »Kartoffel- 1775 jusqu’à 1778, also einen Bericht über die krieg« genannt. wichtigsten Ereig­nisse von 1775 bis 1778.

113 der Schriftsteller

49.2 49.6.I

49.6.II 49.6.III

114 48 Friedrich II., König von Preußen, 31. Mai 1740

115 der Schriftsteller

Elogen / Gedächtnisreden

Von den zehn bekannten Elogen, die der König auf seine Freunde, Gesellschafter und verdienstvolle Persönlichkeiten verfaßte und in der Berliner Akademie verlesen ließ, fan- den oben bereits die Gedächtnisreden auf den Grafen Keyserlingk (Kat. 49.1), den Lehrer Duhan de Jandun (Kat. 49.1) und den Geheimrat Jordan (Kat. 49.1) Erwähnung. Zwei wei- tere verdienen besondere Beachtung: die Reden auf Prinz Heinrich d. J. und Voltaire. Sie zählen zu Friedrichs schönsten Elogen.

54.1 54.2 Prinz Heinrich der Jüngere (1747–1767) Gedächtnisrede auf Prinz Heinrich d. J. Holzschnitt-Vignette von Adolph von Menzel Éloge du prince Henri de Prusse. (Mit deutscher (Kat. 106.1). Übersetzung von Walter Elze vorgebunden:) Ge- Prinz Heinrich der Jüngere war der zweite denkrede auf Prinz Heinrich. Potsdam, Rütten Sohn des Kronprinzen August Wilhelm, des & Löning Verlag, 1941. jüngeren Bruders Friedrichs. Als der Kronprinz Friedrich brachte in der Eloge auf den jung bereits 1757 starb, wurde dessen ältester Sohn verstorbenen Neffen seine große Trauer über Friedrich Wilhelm Kronprinz. Friedrich fühlte den Verlust zum Ausdruck (S. 57, dt. S. 23): sich dem offensichtlich begabteren jüngeren »Nicht das Werk des Glücks achtete man im Sohn August Wilhelms mehr verbunden. Walter Prinzen Heinrich, vielmehr das Werk der Natur, Elze bemerkt hierzu: vielmehr die Gaben des Geistes, vielmehr die »Im Prinzen Heinrich wird ein Wunschbild Fried- Eigenschaften des Herzens, vielmehr das Ver- richs Wirklichkeit und willig bot der König die- dienst des Menschen selbst.« sem Neffen jede Hilfe im Gang seiner Entwick- lung.« Als Heinrich nur zwanzigjährig an den Blat- tern starb, ließ der tief trauernde König seine ergreifende Gedenkrede in der Akademie verle- sen (Kat. 54.2). Abb. oben

116 55 Abb.: Faksimile eines Auszuges des Manuskripts Éloge de Voltaire, von Friedrichs Éloge de Voltaire mit seinen lu à l’académie royale … de Berlin, dans une ­eigenhändigen Korrekturen (aus: Kat. 90). Die assemblée publique extraordinairement convo- deutsche Übersetzung aus Werke, Bd. 8, S. 234, quée pour cet objet, le 26 novembre 1778. In: lautet: Œuvres, S. 50 – 68. »Schon waren seine Tragödie ›Ödipus‹ und ei- In dem bewegenden Nachruf auf den Geistes- nige liebenswürdige Gesellschaftsgedichte in fürsten Voltaire, den Friedrich am 26. November die Öffentlichkeit gedrungen, als in Paris eine 1778 in der Berliner Akademie verlesen ließ, anstößige Verssatire gegen den Herzog von ging er mit keinem Wort auf die menschlichen ­Orleans, den damaligen Regenten von Frank- Zerwürfnisse und Enttäuschungen ein. Der Kö- reich, erschien. Ein gewisser La Grange, Ver- nig vertiefte sich vielmehr in das bewunderte fasser dieses dunklen Machwerks, wußte den Lebenswerk des französischen Geistesfürsten. Verdacht von sich abzulenken, indem er es für Die deutsche Übersetzung der Gedächtnis­rede ein Werk Voltaires ausgab. Die Regierung han- befindet sich in Band 8 der Werke, S. 232 – 247: delte übereilt. Der junge Dichter wurde unschul- »Man kann sagen, wenn der Ausdruck erlaubt dig verhaftet und in die Bastille gesteckt, wo ist, daß Voltaire allein eine ganze Akademie auf- er mehrere Monate blieb. Da aber die Wahrheit wog ... [Friedrich schließt den Nekrolog mit der früher oder später doch ans Licht kommt, so Aussicht, daß] Voltaires Ruhm von Zeitalter zu wurde der Schuldige bestraft und Voltaire als Zeitalter wachsen und sein Name unsterblich gerechtfertigt freigelassen.« sein wird«.

117 der Schriftsteller

56 osität der Darstellung sind beeindruckend, Jean-Antoine Houdon (1741–1828) nicht ohne Grund gilt Houdon als der beste Porträtbüste Voltaires in Marmor. 1778. 74 cm Bild­hauer seiner Zeit in Paris. Friedrich kaufte hoch. 1781 die Büste durch Vermittlung seines Freun- Leihgabe Berlin-Brandenburgische Akademie der des d’Alembert und schenkte sie der Berliner Wissenschaften. Akade­mie. Die Büste entstand wenige Monate vor Vol­ Lit.: Hohenzollern, a. a. O., S. 92 f. taires Tod in Paris. Die Lebendigkeit und Virtu­

118 Die Gedichte des Philosophen von Sanssouci

»Die Dichtkunst war für diesen König eine wahre Leidenschaft« Dieudonné Thiébault (Kat. 90)

Friedrich der Große betonte wiederholt, daß er Gedichte nur zu seiner persönlichen Un- terhaltung schreibe. An Marquis d’Argens schrieb er am 22.Oktober 1762: »Wer nicht wie Racine schreibt, sollte auf die Poesie verzichten. Aber man sagt, die ­Poeten seien Narren, und das ist meine Entschuldigung. Und Sie werden zugeben, daß diese Narr- heit für die Öffentlichkeit ungefährlich ist, besonders wenn der Poet die Welt nicht zwingt, seine Werke zu lesen, wenn er Verse macht, nur um sich selbst zu unterhalten, und wenn er der erste ist, sein schwaches Talent einzugestehen.« Die im 18. Jahrhundert sehr viel weiter als heute verbreitete Reimkunst diente Friedrich aber darüber hinaus zur »Alltagsbewältigung« (Ziechmann), vor allem in den schweren Stunden des Siebenjährigen Krieges. Friedrichs Gelegenheitspoesie war zunächst nur für Freunde, also nur für eine begrenzte Öffentlichkeit bestimmt. Hin und wieder schwingt sich seine Reimfreude zu großer Dichtkunst auf, etwa wenn er in gefahrvoller Lage Verse an Voltaire von ergreifender Schlichtheit schreibt (Brief vom 9. Oktober 1757):

»Pour moi, menacé du naufrage, »Ich, vom Schiffbruch rings umdroht, Je dois, en affrontant l’orage, Trotzen muß ich dem Verderben, Penser, vivre et mourir en roi.« Muß als König denken, leben, sterben.«

Auch die Gedichte Über den Zufall (Werke, a. a.O., Bd. X, S.118 –125) und Die Kriegs- kunst (Werke, a. a.O., Bd. VI, S. 385 – 424), zwei der wichtigsten Poeme Friedrichs, sollen offensichtlich nicht der Unterhaltung und Erheiterung dienen. Die berühmte dreibändige Erstausgabe der Œuvres du Philosophe de Sanssouci von 1749 mit den Illustrationen von Georg Friedrich Schmidt, in kleinster Auflage gedruckt, wurde zurückgezogen. Grund war das komische Heldengedicht Das Palladion im ersten Band. Heute existiert kein Exemplar mehr. Der korrigierte Neudruck erschien 1750 als erster Band der dreibändigen Neuausgabe Oeuvres du Philosophe de Sanssouci in Friedrichs Privatpresse »Au Donjon du Château«. Die von Voltaire korrigierte 2. Auflage wurde in zwei Bänden 1752 herausgegeben, ebenfalls »Au Donjon du Château«. Von dieser Ausgabe existieren nur ganz wenige Exemplare. Das Werk mußte wegen kompromittierender Formulierungen nach dem Tod oder Weg- gang des Empfängers dem König zurückgegeben werden. Da Voltaire bei der Abreise aus Potsdam 1753 sein Exemplar (an dem er mitgearbeitet hatte!) mitnahm, wurde er in Frank- furt am Main festgenommen, und die Rückgabe des Bandes erzwungen. Trotz der Vorsichtsmaßnahmen des Königs erschienen Raubdrucke in Frankreich. Fried- rich erfuhr davon Anfang 1760 im Lager von Freiberg. Er korrigierte sofort die kritischen Passagen und ließ das Werk dann als Poésies diverses von Voss in Berlin 1760 veröffent­ lichen.

119 der Schriftsteller

57.2 Werke des Philosophen von Sans Souci Œuvres du philosophe de Sans Souci. Au Don- jon du Château. Avec Privilège d’Apollon. 1750. 3 Bände. Quart. Mit Kupfern von G. F. Schmidt. Band I: Le Palladion; Bd. II: Préface, Odes, Épî- tres; Bd. III: Épîtres familières, Pièces diverses, Lettres, Pièces académiques, Eloges, Dissertation sur les raisons d’établir ou abroger les loix. Von Band I (Le Palladion) existieren nur noch wenige Exemplare, sieben ungebundene im Charlottenburger Schloß und zwei in Maro- quin gebundene Exemplare aus der Bibliothek von Sanssouci (L/K 165). Von einem dieser Ex- emplare wurde 1985 ein Faksimile hergestellt (Kat. 57.8). Abb.: Faksimile des Titels S. 123.

57.3 Raubdruck Œuvres du philosophe de Sans-Souci. Potzdam (sic) 1760. Duodez mit sehr kleiner Schrift. Halb- lederband der Zeit. Provenienz: Prinz Ludwig zu 57.1 »Schrift als Bild«. Windisch-Graetz, Sárospatak (Wappen-Exlibris). Detailansicht stark vergrößert Es handelt sich bei diesem Exemplar höchst- wahrscheinlich um einen Raubdruck, unten ist der Titel des ersten Bandes mit Préface, Odes [X], Épîtres [XX] und L’art de la guerre abgebildet. 57.1 Lit.: L/K 170 ; Borst 105; Preuß 125 f. Das Porträt: Friedrich der Große zu Pferd »Schrift als Bild« Mikrographische Darstellung von Emanuel List- nau, 1760. Feder in Braun und Gold, Lavierun- gen mit Pinsel in Braun, Hintergrund rot aquarel- liert. Blattgröße: 512 × 355 mm. Über dem nach links reitenden König Schriftband: »FRIDERICUS MAXIMUS / REX BORUSSIAE, ELECTOR BRAN- DENBURGENSIS / SUPREMUS DUX SILESIAE, / ETC. ETC. ETC.« Leihgabe Privatbesitz. Die gesamte Darstellung Friedrichs ist kurioser­ ­ weise aus Miniatur-Schriften zusammengesetzt. Die Gesichtslinien und Konturen der Darstellung bestehen aus kleinen Sätzen aus dem Buch der Weisheit (siehe oben vergrößerter Ausschnitt). Der König wird als weiser und gerechter Regent in panegyrischer Absicht dargestellt. Lit.: Nadine Rottau in: Ausstellungskatalog Schrift als Bild, Kupferstichkabinett SMB Berlin 2010, Nr. 138, wo dieses seltene Blatt erstmals ausgestellt wurde. Abb. oben und S. 121

120 57.1 Friedrich der Große. Mikrographisch aus Schriften zusammengesetzt

121 der Schriftsteller

57.4 57.5 Raubdruck: »Lyoner Ausgabe« Nachdruck der »Lyoner Ausgabe« Poésies du philosophe de Sans-Souci. Nouvelle Œuvres du philosophe de Sans-Souci. Potsdam Édition. Conforme à celles avouées par l’Auteur, et se trouve à Amsterdam, chez J. H. Schneider, et plus ample d’un tiers; avec des Variantes très- 1760. Duodez. Starkes Büttenpapier. Mit Kupfer- curieuses qui ne se trouvent dans aucune des Titelvignette von J. C. Philips (Büste Friedrichs Editions publiées jusqu’à present. A Sans-Souci, mit Insignien der Macht und Dichtkunst. Im 1760. 2 Bände. Mit teilweise in Rot gedruckten Hintergrund Schloß Sanssouci). Pergament- Titeln. Marmorierte Lederbände der Zeit. band der Zeit. ­Provenienz: Christian Ernst Graf Es handelt sich hierbei um einen Raubdruck, zu Stolberg (mit schönem Wappenexlibris und die sog. Lyoner Ausgabe. Preuß merkt dazu ­an, es ­Bibliotheksstempel). Abb. S. 240 sei ein ehrloser Nachdruck, der die »satirischen Ein Nachdruck der Lyoner Ausgabe­ (Kat. 57.4). Gedichte des Königs auf gekrönte Häupter und Dieser Nachdruck des Raubdruckes aus Lyon ihre anrügigen Diener« enthält (Kat. 105, S. 125 f.). (L/K 169) lag Friedrich vor, als er sich an die Marquis d’Argens zeigt sich hingegen nur verär- Korrektur der kompromittierenden Passagen gert über den Dieb, nicht über den Raub der machte und die Neuauflage unter dem TitelPoe- Gedichte selbst, da diese für alle Freunde des sies diverses veranlaßte (Kat. 57.6). selbständigen Denkens eine Freude darstellten: Inhalt: Préface; Odes [X]; Épîtres [XX]; L’Art »Je ne suis faché que de l’action de voleur et de la guerre. point du tout du vol, puisque ce livre sera les délices de tous les gens qui pensent … « Inhalt: Avis de l’éditer; Préface; Odes [X]; Pièces diverses; Lettres en vers et en prose; Épîtres fami- lières [X]; L’art de la guerre. In B. II: Épîtres [XX]. Lit.: L/K 174: »Lyoner-Ausgabe«.

122 57.2

123 der Schriftsteller

57.6 Als der König Anfang 1760 im Lager von Frei- Erste vom König autorisierte berg erfuhr, daß Raubdrucke seiner nicht für die Buchhandelsausgabe der Poesien Öffentlichkeit bestimmten poetischen Werke in Poësies diverses. Berlin, Voss, 1760. Quart. Mit Frankreich kursierten, beschloß er, umgehend Frontispiz und großer Titelvignette gezeichnet eine eigene, bereinigte Ausgabe zu veröffentli- und gestochen von J. W. Meil, 39 gestochene In- chen. Da nur ein Exemplar eines Nachdruckes itialen, 8 Kopf- und 25 Schlußvignetten von G. F. der Lyoner Ausgabe (Kat. 57.5) aufzutreiben war, Schmidt, davon 12 nach Le Sueur. Lederband benutzte der König diesen ›Raubdruck eines der Zeit. Raubdruckes‹, korrigierte sofort die kompromit- Die Prachtausgabe enthät Vignetten von J. W. tierenden Passagen und ließ dann das abgeän- Meil (Kat. 66.3) und Georg Friedrich Schmidt derte Werk unter dem neuen Titel Poésies diver- (Kat. 66.1), die vorher teilweise für die Privat- ses noch im gleichen Jahr in Berlin veröffent- ausgabe von 1750 –1752 Verwendung fanden. lichen, zunächst in Oktav (L/K 180) und kurz Es handelt sich um die erste von Friedrich revi- danach als illustrierte Prachtausgabe in Quart dierte und für die Öffentlickeit bestimmte Aus- wie hier. Das Werk wurde mit großem Erfolg gabe seiner Gedichte. verkauft, mindestens 6000 Exemplare (L/K 179).

124 An den Marquis d’Argens schrieb Friedrich im Friedrichs Palladion ist ein witziges Helden- März 1760 nach Erscheinen der Poesies diverses gedicht, eine Satire auf die österreichischen ein Gedicht, dessen letzte Strophe lautet (Werke, Gegner, die »Ausgeburt einer Karnevals-Laune« Bd. 10, S. 169): (Friedrich). Nach Ziechmann zählt es »zu den »Reißt mich künftig die Dichtwut hin Höhepunkten des literarischen Schaffens des Und läßt mein müd gewordner Sinn Königs«. Noch einmal Glut aus der Asche steigen, Im Mittelpunkt der gereimten sechs Gesän- Daß mir ein lustiges Verslein gelingt, ge steht der französische Gesandte Marquis de So sorg‘ ich, daß es nicht weiterdringt. Valory am preußischen Königshof und sein Se- Nicht für das Publikum will ich schreiben, kretär Claude Etienne Darget, der 1746 Vorle- Nur meinen Freunden die Zeit vertreiben!« ser Friedrichs wurde. Im Zweiten Schlesischen Krieg nahmen österreichische Panduren bei 57.7 einem Überfall auf eine preußische Stellung Poesien des Weltweisen von Sans Souci Darget gefangen, in dem Glauben, den franzö- Uebersezet nach dem Sylbenmaas [sic] des sischen Gesandten in ihrer Macht zu haben. Die ­Originals. I. Theil. Bern, gedruckt bey Victor Schilderung der Befreiung Dargets war nicht Emanuel Hortin, 1769. Mit Holzschnitt-Kopf- ganz frei von Blasphemien und anderen verba- und Schlußstücken. Auf besserem Papier. In len Anzüglichkeiten. Pappband mit Rückenschild. Dem König war daher sehr daran gelegen, Inhalt: Vorrede (wohl des Übersetzers) und 17 daß das komische Heldengedicht nicht über den gereimte Episteln (hier ›Gedichte‹ genannt), u. a. engsten Freundeskreis hinaus bekannt wurde. an den Prinzen von Preußen, Graf Rothenburg, Weder Valory noch Voltaire, die beide wieder- Marquis d’Argens, Graf Gotter, Schwester Wil- holt um ein Exemplar baten, sahen das Epos. helmine, Algarotti, Chazot, den Vorleser Darget. (Zu den Kupferstichen von G. F. Schmidt siehe Es ist unbekannt, ob der in der Vorrede ange- Kat. 66.1.). kündigte zweite Teil erschienen ist (L/K 212). Abb.: Faksimile des Titelblatts der Oeuvres du Philosophe de Sans Souci, 1750 (Kat. 57.2), 57.8 S. 123. Friedrichs Heldengedicht Palladion Le Palladion: Poème grave. In: Œuvres du Phi- losophe de Sans Souci, Tome Premier. Au Don- jon du Château. Avec Privilège d’Apollon. 1750. 2 Bde. Quart. Dunkelblaues Original-Kunstleder in Schuber. Numerierter Faksimiledruck nach dem Original im Besitz der Verwaltung der Staat- lichen Schlösser und Gärten (Schloß Charlotten- burg), Berlin, o. J., Nr. 330 von 999 Exemplaren. Mit einem vorzüglichen Kommentarband, hrsg. und erläutert von Jürgen Ziechmann. Edition Ziechmann Bremen 1985. Eine deutsche Über- setzung befindet sich zu Beginn des Kommen- tarbandes; aus: Supplement zu den hinterlasse- nen Werken Friedrichs, Band I, Köln 1790. 57.6 Schlußvignette von G. F. Schmidt Palladion bezeichnet ein Kultbild der Göttin Athene, das auf der Burg in Troja als Schutz vor Eroberung aufbewahrt wurde. Odysseus muß- te es rauben, um danach Troja einnehmen zu können.

125 TAFEL 7

Über die Deutsche Literatur Als die deutsche Aufklärung bereits ihren Höhepunkt erreicht hatte und die Genies der Weimarer Klassik begannen, ihr ruhmreiches Ka- pitel zu schreiben, erschien 1780 des Königs Abhandlung Ueber die deutsche Litteratur, in der er ein vernichtendes Urteil fällt. Seine Aus- führungen entsetzten das intellektuelle, literarische Deutschland. Kri- tiken und heftige Gegenschriften ließen nicht lange auf sich warten. Die Schrift enthält eine Analyse und zugleich Vorschläge, wie den be- 58.1 anstandeten Zuständen abgeholfen werden könne. Dabei untersucht Friedrich mehr den Zustand der Bildung und der deutschen Sprache, als die eigentliche Literatur. Er zeigt sich überzeugt, daß man in einer Sprache nur dann gut schreiben könne, wenn diese ausgebildet und verfeinert sei. Demgegenüber findet er in Deutschland eine »halb- barbarische Sprache, in so viele verschiedene Dialekte vertheilt, als Deutschland Provinzen hat«. Sucht man nach einer Erklärung für Friedrichs Blindheit gegenüber den tatsächlichen Verhältnissen, so wird man berücksichtigen müssen, daß er sich in seinem Verständnis von Sprache nahezu ausschließlich an dem eleganten Stil des Französischen orientierte. Außerdem ist 58.1(II) bekannt, daß diese Schrift auf frühere Formulierungsentwürfe zurück- greift, möglicherweise aus dem Jahr 1752.

On German Literature When German enlightenment was already at its peak and the greats of the Weimar Classics had begun to write their glorious chapter, the king published his De La Littérature Allemande in 1780 in which he delivers a damning judgement. Even though his final prognosis for German poetry is a positive one, his deliberations must have shoc- ked intellectual, literary Germany. The reaction – strong criticism and fierce refutations – was quick to come. The treatise contains an analysis coupled with suggestions on how to remedy the situation. He is convinced that you can only express yourself well in a language that is fully formed and refined. In Ger- 58.2 Deutsche many, he finds»a semi-barbaric language which has as many dialects Erstausgabe as it has provinces«. He recommends reading the great writers of the ancient world and of French literature, which subsequently would require better teachers, schools and universities. When looking for an explanation for Frederick’s blindness vis-à-vis the actual situation in Germany, one has to take into consideration that he thought and wrote almost exclusively in French. Furthermore, this treatise goes back to earlier drafts, possibly from 1752. The great dawn of German literature in the second half of the 18th century seems to have passed him by almost completely. Nevertheless, as Goethe stated, the king stimulated German literature in quite a different way (see quote Cat. 59.10) 59.10 Goethe Über die deutsche Literatur

58.1 II. (Justus Möser) (Friedrich der Große) Ueber die deutsche Sprache und Literatur. An De la Littérature Allemande; des defauts qu’on einen Freund. Hamburg, B. G. Hoffmann, 1781. peut lui reprocher; quelles en sont les causes; Das überwiegende Befremden der damaligen et par quels moyens on peut les corriger. Berlin, Geisteswelt bringt der Osnabrücker Historiker Decker, 1780. Angebunden sind drei zeitgenös- Justus Möser sehr viel deutlicher zum Ausdruck, sische Kritiken (siehe unten I – III). Halbleder- wenn er auf die Orientierung des Königs am einband der Zeit. Erste Ausgabe. französischen Vorbild hinweist und das Nach- Unterstellt man die Mitteilung Baron Bielfelds ahmen fremder Nationen mit einer Kopie ver- (Kat. 59.9) und die Vermutung Mösers (siehe gleicht, »die man um deswillen geringer als ihre unten II.) als zutreffend, Friedrichs Schrift sei Originale schätzt, weil der Kopist natürlicher bereits Mitte des Jahrhunderts konzipiert wor- Weise immer mehr oder weniger ausdrückt, als den, ist die Prognose für die deutsche Literatur der rechte Meister empfunden hat; es macht uns am Ende seiner Abhandlung von erstaunlicher unwahr …«. Hellsichtigkeit: Möser empfiehlt demgegenüber, daß wir »Wir werden unsere klassischen Schriftsteller ha- »durch­aus mehr aus uns selbst und aus unse- ben; jeder wird sie zu seinem Besten gern lesen. rem Boden ziehen, als wir bisher gethan ha- Unsere Nachbarn werden deutsch lernen, die ben, und die Kunst unsrer Nachbarn höchstens Höfe werden es mit Vergnügen sprechen, und nur in so weit nutzen, als sie zur Verbesse- es kann wohl kommen, daß unsere fein und rung unserer eigenthümlichen Güter und ihrer vollendet gewordene Sprache sich zugunsten Kultur dienet«. unserer guten Schriftsteller von einem Ende Möser findet andererseits eine Erklärung für ­Europas bis zum anderen ausbreitet …« Friedrichs Unkenntnis des Aufschwungs der Die damalige Geisteswelt zeigte sich betrof- deutschen Literatur in der zweiten Hälfte des 18. fen über den erst 1780 veröffentlichten Essay Jahrhunderts in der Vermutung, daß die königli- des Königs. L/K 42. Abb. S.: 128 che Abhandlung »weit früher niedergeschrieben In diesem interessanten Sammelband zum fri- als gedruckt« worden sei. dericianischen Literaturstreit befinden sich von III. Johann Michael Afsprung den unterschiedlichen Reaktionen, die Fried- Bemerkungen über die Abhandlung von der richs Schrift hervorgerufen hat, drei der bedeu- teutschen Litteratur. Frankfurt am Main, Eichen- tendsten, jeweils in erster Ausgabe angebun- bergische Erben, 1781. den: In den Bemerkungen wirft der radikaldemo- I. Johann Friedrich Wilhhelm Jerusalem kratische Publizist Johann Michael Afsprung Ueber die Teutsche Sprache und Literatur. An (1748 –1808) Friedrich vor, die deutsche Sprache Ihro königliche Hoheit die verwitwete Herzogin nicht genug zu kennen. Diese habe aufgrund von Braunschweig und Lüneburg. Berlin 1781. eines reichen Wortschatzes, der noch durch die Diese Stellungnahme stammt von dem Hofpre- Möglichkeit der Zusammensetzung und Beu- diger und Bibliothekar Johann Friedrich ­Wilhelm­ gung unendlich vergrößert wird, eine Freiheit Jerusalem (Vater des Legationssekretärs Karl Wil- in der Wortfügung, die befähige, »die feinste helm Jerusalem, dessen Selbstmord in Goethes Gedankenverbindung zu bezeichnen. Welche Leiden des jungen Werthers eines der biographi­ Sprache unserer Nachbarn hat so viel Freiheit in schen Versatzstücke bildet). Seine Kritik ist sehr der Wortfügung, wie unsere Sprache?« verhalten, da sie im Auftrag von Philippine Char- Lit.: G. Berger. De la littérature allemande, in: lotte Herzogin von Braunschweig-Wolfenbüttel, Panorama der fridericianischen Zeit. Edition der Schwester des Königs, geschrieben wurde. Ziechmann, Bremen 1985, S. 239 – 242.

127 der Schriftsteller

58.1 58.2

58.2 58.3 Erste deutsche Ausgabe Ludwig Gomperz (Friedrich der Große). Ueber die deutsche Lit- Briefe über die deutsche Sprache und Litteratur, teratur, die Mängel die man ihr vorwerfen in Beziehung der Abhandlung über die deut- kann; die Ursachen derselben und die Mittel sche Litteratur, die Mängel, die man ihr vorwer- sie zu verbessern. Berlin, Decker, 1780. Moder- fen kann, die Ursachen davon, und die Mittel sie ner Per­ga­mentband. Provenienz: Hans Merkle zu verbessern. Aus dem Französischen. Danzig, (1913 – 2000). Flörke, 1781. Moderner Pappband. Seltene Erst- Friedrichs berühmte Schrift über den Zustand ausgabe. der deutschen Literatur erschien noch im selben Gomperz Erwiderungsschrift war die einzige, Jahr in deutscher Übersetzung von Chr. Wilhelm die Friedrich einer ehrenden Erwähnung wür- von Dohm, ebenfalls beim königlichen Hof- digte. Abb. S.129 drucker Decker (L/K 432). Eine weitere Über- Lit.: Meusel I, 191. setzung stammt aus der Feder von Leonhard Meister (Kat. 58.4).

128 58.3 58.4

58.4 58.5 Leonard Meister (Hrsg. u. Übers.) Domenico Caminer Friedrich des Grossen wolthätige Rücksicht auch Storia della vita di Federigo II il Grande, re di auf Verbesserung teutscher Sprache und Litte- Prussia, Elettore di Brandemburgo, &c. Tratta ratur. Zürich, Orell, Geßner, Füßli und Komp., da Originali, e Classici Documenti. Venezia, 1787. Rotes quergenarbtes Saffianleder mit hüb- Francesco Pitteri, 1787. 5 Bände in Originalbro- scher Goldprägung. Erste Ausgabe. schur. Mit 3 Kupferstichen (Porträts von Fried- In seiner wohlwollenden Stellungnahme geht rich, seinem Bruder Heinrich und seinem Nach- der Schweizer Literat und Professor Leonard folger Friedrich Wilhelm II.) und 5 gestochenen Meister (1741–1811) zu Beginn auf die merk- Titeln mit Vignette (siehe unten). würdigen Umstände ein, insbesondere auf ein Bemerkenswert ist der Abdruck von Fried- Gespräch des Königs mit seinem Staatsminister richs Schrift Ueber die deutsche Litteratur in von Hertzberg, die zum Abfassen der königli- italienischer Übersetzung: Sopra la Letteratura chen Schrift geführt haben. In einem Nachtrag Tedesca, suoi diffetti, cagioni loro, e mezzi per stellt er die Bedeutung Friedrichs für die Ent- corregerli (Bd. V, S. 208 – 257). wicklung der Literatur in Deutschland heraus. Der König habe mit seiner aufgeklärten Einstel- lung die Rahmenbedingungen für die Entwick- lung des geistigen Lebens geschaffen, nämlich: »Sicherheit, Freyheit und Toleranz« Das Buch enthält zudem Meisters neue Überset- zung der Schrift Friedrichs (L/K 437).

129 der Schriftsteller

59.2 59.7

59.5 59.10.I

130 Was kannte Friedrich von der deutschen Literatur?

In seiner Schrift über die deutsche Literatur räumt der König ein, daß Deutschland Philo­ sophen gehabt habe, die einem Vergleich mit den Alten standhielten. Sein Urteil über die deutsche Literatur fällt weit negativer aus. Lediglich in der kleinen Gattung der Fabel lobt er Gellerts Nähe zu Aesop und Phädrus. Canitz heißt Friedrich gut, weil dieser Horaz nachahmt. Zu den Idyllen Gessners bemerkt er, daß er diesen die Werke des Tibull, ­Catull und Properz vorziehe. Die öffentlichen Schauspiele sind für den König Ausdruck des schlechten deutschen Geschmacks, der sich nicht an den antiken Größen orientierte. So verstießen die Stücke eines Shakespeare wider alle Regeln des Aristoteles, der die Einheit der Zeit, des Ortes und der Handlung fordert. Goethes einige Jahre zuvor auf den Theatern erschienenes Schauspiel Götz von Berlichingen sei wiederum eine »abscheuliche Nachah- mung jener schlechten englischen Stücke«. Auch wenn Friedrich einige der ihn oder seine Kriege verherrlichenden Schriften bzw. die Lyrik patriotischer Dichter wie etwa die begei- sterten Gedichte von Ewald von Kleist oder Johann Gleim gekannt haben sollte, war ihm grundsätzlich alle Verherrlichung seiner Person zuwider.

59.1 Leipzig u. Berlin, Haude, 1727. Erste Gesamtaus- Christian Fürchtegott Gellert (1715 –1769) gabe, veranstaltet von dem Dresdner Hofpoeten Sämtliche Schriften. Leipzig, Weidmann Erben, J. U. König mit dessen Essay Von dem guten 1769. 3 Teile in 1 Band. Brauner Lederband der ­Geschmack in der Dicht- und Redekunst auf den Zeit. Mit gestochenem Frontispiz und drei gest. Seiten 227– 322. Titelvignetten. Erste Ausgabe. Friedrich nannte die Gedichte des Canitz Der erste Teil enthält »Fabeln und Erzählun- »supportable«, ein Kompliment, wenn man die gen«, darin die Fabel »Der Maler« (S. 121 f.), wel- kritische Einstellung des Königs zur damaligen che der Dichter dem König bei einem Treffen in deutschen Literatur bedenkt. Leipzig 1760 erzählt haben soll. Friedrich hielt Lit.: Goedeke III, 346, 2k; von Faber du Faur 1962. Gellert für den vernünftigsten aller deutschen Gelehrten (Kat. 95): 59.4 »le plus raisonnable de tous les savants Johann Wilhelm Gleim (1719 –1803) allemands«. Preussische Kriegslieder. In den Feldzügen 1756 und 1757 von einem Grenadier. Berlin, Voss 59.2 (1758). 12°. Mit gestochenem Frontispiz und Ti- Porträt Christian Fürchtegott Gellert telvignette von J. W. Meil (Kat. 66.3) sowie 8 gest. Schabkunstblatt von Johann Elias Haid (1775) Musikbeilagen. Kalblederband der Zeit. Erste nach Anton Graff, Brustbild im Oval, mit Bild­ Ausgabe. le­gende »CHRISTIANUS FÜRCHTEGOTT GELLERT / Laut Goethe nahmen die berühmten Gre- Poeta et Auctor / simplex, rectus, venustus.« Plat- nadierlieder unter den deutschen Gedichten tengröße: 220 ×140 mm. Abb. S. 130 deswegen einen so hohen Rang ein, »weil sie mit und in der Tat entsprungen sind, und noch 59.3 überdies, weil an ihnen die glückliche Form, Friedrich Rudolph von Canitz (1654 –1699) als hätte sie ein Mitstreitender in den höchsten Gedichte … Nebst dessen Leben und einer Un- Augenblicken hervorgebracht, uns die vollkom- tersuchung Von dem guten Geschmack in der menste Wirksamkeit empfinden läßt«. Dicht- und Rede-Kuns t … von Joh. Ulrich König.

131 der Schriftsteller

59.4 59.7

Gegen den Vorwurf, er strebe nach Beloh- 59.6 nung durch den König, verwahrte sich Gleim Anna Luise Karsch mit dem treffenden Reim: (gen. Karschin, 1722 –1791) Auserlesene Gedichte. Berlin, G. L.Winter, 1764. »Von meinem Friedrich wär ich ein Mit einem gestochenen Porträt von G. F. Schmidt Schmeichler? Ich? (Kat. 66.1), 1 Titelvignette sowie 14 gest. Vignet- Aus dessen Munde sich kein Wort ergeben darf, ten von Johann Wilhelm Meil (Kat. 66.3). Erste das nicht das Herz auch spricht? Gedichtsammlung der Berliner Dichterin, die Bedenkt: Mein Lob ist deutsch, und Deutsches Gleim veranstaltete. Vorzugsausgabe auf besse- liest er nicht!« rem Papier und mit den Vignetten von Meil, die in der normalen Ausgabe fehlen. 59.5 Gleim erklärte die Karschin zur deutschen Porträt Johann Wilhelm Gleim Sappho. Friedrich empfing sie am 11. August Kupferstich von F. M. Schreyer nach Johann Hein­­ 1763. Dabei soll er mit ihr ein Gespräch über die rich Ramberg. Dresden um 1780. 270 × 202 mm. Dichtkunst geführt haben. Die Karschin ­faßte Halbfigur von vorn mit Schreibfeder in der Hand. dieses Gespräch in einem Gedicht zusammen: Im Hintergrund preußische Grenadiere. Geschichte der Unterredung mit dem Philosoph Abb. S. 130 von Sanssouci.

132 59.7 Gessner. Nouvelles Idylles. Zürich 1777. In einem Prachteinband von Christian Samuel Kalthoeber

59.7 Ausgabe der beiden ersten Contes von Diderot Salomon Gessner (1730 –1788) und Gesamtausgabe der Idyllen von Gessner. (Diderot) & Gessner. Œuvres traduits de l’Alle­ Der Schweizer Rokokomaler, Kupferstecher mand. Contes moraux et Nouvelles Idylles. Zü- und Dichter Gessner (1749 – 50: Buchhändler- rich, chez l’auteur, 1777. 2 Bücher in 1 Quart- lehrling in Berlin), thematisierte in seiner da- Band. Mit 2 gestochenen Titeln, 20 gest. Tafeln, mals vielgepriesenen Dichtung die idyllische 6 gest. Vignetten und 33 culs-de-lampe. Landschaft und die Hirtenpoesie. Friedrich be- In einem prachtvollen blauen Maroquinband saß ein französisches Exemplar der Idylles von der Zeit. Höchstwahrscheinlich wurde der Band 1730 in seinem Weinbergschloß (V. 638). von dem Berliner Buchbinder Christian Samuel Kalthoeber († ca. 1818) gebunden, der nach Lon- Abb.: Porträt Salomon Gessner. don auswanderte und dort einer der bedeutend- Schabkunstblatt von Joh. Elias Haid, Augsburg sten Buchbinder wurde. Wappenexlibris. Erste 1774. 258 ×170 mm. Abb. S. 130

133 der Schriftsteller

59.8 59.8

59.8 59.9 Ewald von Kleist (1715 –1759) Johann Jakob Freiherr von Bielfeld Sämtliche Werke. Wien 1765. 2 Bde. Mit gesto- (1717–1770) chenem Frontispiz und 2 gest. Titelvignetten Progrès des Allemands; dans les Sciences, les Bel- von Asner. Rote Maroquinbände der Zeit, auf les-Lettres & les Arts. Leiden & Leipzig, Bassom- Deckelmitte gräfliches Wappensupralibros.­Erste pièrre, 1763. Mit mehrfach gefalteter gestoche- Wiener Ausgabe der gesammelten Werke. ner Karte Allemagne littéraire. Rotes Halb­leder Die Werke des Ewald von Kleist (Großonkel der Zeit. Dritte, erheblich erweiterte Ausgabe Heinrichs von Kleist) sind hier mit einer wür- (EA 1752). digenden Schilderung seines Todes als Offizier Das Werk enthält allgemeine Ausführungen des preußischen Heeres in der Schlacht bei Bielfelds über deutsche Wissenschaftler, Histo- ­Kunersdorf im Siebenjährigen Krieg versehen. riker, Kritiker, Künstler und Schriftsteller, unter Die vorliegende Ausgabe enthält sein Haupt- anderem über Canitz, Hagedorn, Gellert, Gleim werk Der Frühling (EA 1749 bzw. überarbeitet und die Karschin. Bielfeld gibt einen Anhalts- 1756), das in mehrere Sprachen übersetzt zu punkt dafür, daß Friedrichs Abhandlung Ueber ­einem Welterfolg wurde. Ferner ist die bekannte die Deutsche Litteratur bereits erheblich früher Ode an die preussische Armee (Bd. I, S. 16 –19) konzipiert wurde als dann gedruckt. Siehe hier- aufgenommen. zu auch Möser (Kat. 58.1, II). Die zu Lebzeiten des Autors begeisterte Rezep­­ (Siehe auch Kat. 12.2 –12.3.) Abb. S. 135 tion seines Werkes geriet bald in den Schatten des Interesses an seiner Person, die das Vorbild für die Figur des Majors von Tellheim in Les- sings Minna von Barnhelm abgab (KNLL).

134 59.9 59.10

59.10 und die Taten des Siebenjährigen Krieges in die Johann Wolfgang Goethe (1749 –1832) deutsche Poesie. Jede Nationaldichtung muß Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand. schal sein oder schal werden, die nicht auf dem Ein Schauspiel. (Frankfurt am Main) 1773. Halb- Menschlich-Ersten ruht, auf den Ereignissen der lederband der Zeit. Erste Ausgabe. Völker und ihrer Hirten, welche beide für einen Das Drama erreichte eine sensationelle Wir- Mann stehen. Könige sind darzustellen in Krieg kung mit der Uraufführung am 14. April 1774 in und Gefahr, wo sie eben dadurch als die Er- Berlin. Vermutlich hörte Friedrich damals zum sten erscheinen, weil sie das Schicksal der Aller- ersten Mal von Goethe und dessen erstem Dra- letzten bestimmen und teilen und dadurch viel ma. Der junge Autor wurde mit einem Schlag interessanter werden als die Götter selbst, die, berühmt und die Epoche des »Sturm und Drang« wenn sie Schicksale bestimmt haben, sich der begann. Teilnahme derselben entziehen.« Abb. oben Goethe setzte sich später mit der Wirkung Friedrichs des Großen auf die deutsche Literatur 59.10.I auseinander: Porträt: Johann Wolfgang von Goethe »Der erste Wahre und höhere eigentliche Le- Kupferstich von F. Weber. 140 × 126 mm. bensgehalt kam durch Friedrich den Großen Abb. S. 130

135 der Schriftsteller

Militärische Schriften

Friedrich der Große war ein überaus produktiver Militärschriftsteller. In der Zeit von 1748 bis 1781 verfaßte er über 30 militärische Arbeiten. Er war allerdings kein Militärtheoretiker im eigentlichen Sinne. Er verband die Eigenschaften des militärtechnisch wie theoretisch versierten Feldherrn mit denen des politischen Lenkers des Staates, was ihm im Krieg zu seinem Vorteil gereichte, etwa im Vergleich zu dem österreichischen »Nur-Militär« Daun. Die ›Kriegskunst‹ wurde in die politischen Zielsetzungen eingebunden und bildete eine Unterform seines philosophischen Denkens: keine Tapferkeit ohne Klugheit; jede Nieder- lage als Grundlage, um die seelischen Widerstandskräfte zu mobilisieren; keine Vernich- tungsschlachten, es sei denn unbedingt zum eigenen Überleben, d.h. für den Fortbestand des Staates erforderlich. Friedrich schrieb über Taktik und Strategie, Logistik, Ausrüstung, Truppenführung, über die verschiedenen Heeresgattungen usw. Hervorzuheben ist sein Hauptwerk über die Kriegsführung, die ausnahmsweise in deut- scher Sprache gedruckten General-Principia vom Kriege, in die seine Erfahrungen aus den ersten beiden Schlesischen Kriegen einflossen. Das Werk wurde 1753 den Truppenführern mit der Verpflichtung zugestellt, es geheim zu halten. In den Kriegswirren gelangte es1760 in österreichische Hände. Danach erschienen französische und weitere Übersetzungen. Der Schriftsteller und General Fürst von Ligne (Kat. 91) urteilte: »Das ist das beste militärische Werk, das ich kenne.« Seine in den drei Schlesischen Kriegen gesammelten Erfahrungen schreibt er fort in den Grundsätzen der Lagerkunst und Taktik von 1770. In weiteren wichtigen Schriften wie in der Geschichte des Siebenjährigen Krieges (1763, vgl. Kat. 51) und Das politische Testament (1752 u. 1768, vgl. Kat. 62.1 u. 2) hält er seine wichtigsten militärischen ­Erkenntnisse fest.

60.1 Ein Glücksfall ist Chodowieckis Gouachema- Das Porträt: Friedrich der Große zu Pferde lerei des alten Königs zu Pferde von 1773 und Anonyme Kopie nach Daniel Chodowiecki 1775, nach der die ausgestellte Gouache gefer- (Kat. 66.5), Gouache auf Papier, 188 × 166 mm. tigt wurde. Chodowiecki, der Friedrich häufig Obwohl alle Welt glaubt, eine genaue Vorstel- bei den Frühjahrsmanövern sah, schuf danach lung von dem Aussehen des alten Königs zu ha- die bekannteste und populärste graphische Dar- ben, ist sein wirkliches Konterfei nur annähernd stellung des alten Königs in der Wachtparade bekannt. Denn nach seiner Thronbesteigung (Kat. 61): ein hagerer Greis mit rundem Rücken, 1740 ließ sich Freidrich höchstwahrscheinlich nicht der Herrscher als Repräsentationsfigur, nicht mehr porträtieren. Als Ausnahme wird sondern der ›Alte Fritz‹, gezeichnet aus mensch- immer wieder das Gemälde von Johann Georg lich, bürgerlicher Sicht. Lavater bemerkt hierzu: Ziesenis von 1764 genannt, was aber umstritten »Die Stellung ist nicht des muthigen Helden. ist (siehe Hannesen, a. a. O., Anm. 2). Nahezu ­Lasten von Jahren und Thaten, von Sorgen und alle Bildnisse sind von den bekannten Jugend- Entwürfen scheinen auf seinen Schultern zu porträts des Hofmalers Pesne und von Knobels- ­liegen …« dorffs ›abgeleitet‹ oder nach seinem Tod an die Das Profilbildniss des Königs mit der geraden bekannte Totenmaske des Königs von Johann Linie von Stirn und Nase ist von dem Gemälde Eckstein (Kat. 92.2) ›angenähert‹. von Knobelsdorff und den danach gefertigten Porträts (Kat. 87) beeinflußt. Abb. S. 137

136 60.1 Friedrich der Große. Gouache nach Daniel Chodowiecki

137 der Schriftsteller

60.2 60.3 Friedrich der Große zu Pferde Seltene erste Ausgabe der Generalprinzipien aus Miniatur-Kupferstich von W. H. Mewes nach der Privatdruckerei des Königs ­Daniel Chodowiecki mit umlaufender Legen- Die General-Principia vom Kriege, appliciret auf de: »FRIEDRICH. II. KÖNIG v PREUSSEN. – W. H. die Tactique und auf die Disciplin, derer Preu- Mewes sculpsit Magdeburgi«. Blattgr. 78 × 62 ßischen Trouppen. (Berlin, Au Donjon du Châ- mm. Plattengr. 26 × 23 mm; Rückseite: Stempel teau,) 1753. Quart. Mit 13 gestochenen ­Tafeln, ­»Koenigliches Kupferstichkabinett« mit Adler 3 Blatt Manuskript, Titel, 214 Seiten, 1 Bl. Hand- und »B.S.O.« und Veräußerungsstempel: »B / schriftlicher Index auf hinterem Vorsatz. Grau- Veräussert / 1925 / K. K.« (siehe unten). schwarz marmorierter Pappband der Zeit mit Außerordentlich seltener Miniaturstich, wohl orangefarbenem Rückenschild. Unbeschnitten. der kleinste Fridericus-Stich (Vorlage für das Ex- Exlibris und Bibliotheksstempel. In Schuber. Er- libris des Sammlers, dort allerdings im Gegen- ste Ausgabe (L/K 609). Abb. S. 139 sinn, siehe Abb. auf vorderem Vorsatz). Das ausgestellte Exemplar enthält zusätzlich Die Miniatur ist eingelegt unter Glas in einem ein Begleitschreiben an Feldmarschall Kurt Chri- Maroquineinband nach dem Vorbild der Fried- stoph Graf von Schwerin »Mein lieber General rich-Einbände des königlichen Buchbinders Feld Marschall…«, eigenhändig von Friedrich Krafft für die Bibliothek in Sanssouci mit dem signiert, datiert 30. Januar 1753 (siehe den voll- goldgeprägten Signum V (= Vigne, d. h. Weinberg). ständigen Text im Anhang) Abb. S. 142. Es handelt sich um die berühmte Darstellung Friedrich schrieb sein militärisches Haupt- des alten Königs zu Pferde, die Chodowiecki werk auf Französisch und ließ es lediglich in erstmals 1773 für Baron Maltzahn malte (ver- kleiner Anzahl für seine Generäle ins Deutsche schollen) und 1775 für den Schweizer Haupt- übersetzen. Erst 1753 wurde es in seiner Privat- mann Landre in Zürich als Gouache wiederholte druckerei im Berliner Stadtschloß Au Donjon (siehe Kopie Kat. 60.1). du Château (Kat. 67.4) gedruckt. Am 23. Januar Lit.: Campe 287; nicht bei Kaiser; nicht bei Klu- 1753 veranlaßte Friedrich die Aushändigung des xen; nicht bei Sydow. Werkes als streng geheime »Truppenführung« an seine Generäle, zusammen mit einer hand- schriftlichen Kabinettsorder, die den Empfänger zur höchsten Geheimhaltung verpflichtete (sie- he Anhang). Die Armee war für Friedrich nicht Selbstzweck (wie vielleicht noch für seinen Vater), sondern Instrument zur Machterhaltung. Das bringt er bereits in den Anfangssätzen der Generalprin- zipien auf den Punkt: »Die Kriege, welche von Mir geführet worden, haben Mir die Gelegenheit gegeben, daß ich über die Principia dieser grossen Kunst reflec- tiret habe, durch welche verschiedene Reiche und Staaten empor gebracht, verschiedene her- gegen gestürzet und übern Hauffen geworffen worden. Die Römische Krieges-Disciplin, welche jetzo nur noch bey Uns subsistiret, muß uns bewegen, daß wir auch in diesem Stücke ihrem Exempel nachahmen, und uns im Kriege eine beständige Meditation davon machen, im Frieden aber uns in der Uebung erhalten.«

138 60.3

139 der Schriftsteller

60.3

In den Außenrändern der Seiten 5, 6 und 9 Diese Darstellung, die in vielen Bildern aufge- sind eigenhändige französische Randbemer- griffen wurde, auch von Chodowiecki, zeigt den kungen enthalten, wohl von Schwerin, der des Feldmarschall wie er mit der Fahne in der Hand Französischen mächtig war (siehe oben; zum vor seinem Regiment beim Angriff auf Prag 1757 Vergleich siehe das unten erwähnte Faksimile fiel. Er war einer der besten Heerführer Fried- eines französischen Schreibens des Feldmar- richs, dessen Tod dieser tief betrauerte. Zu den schalls, Kat. 60.4). militärischen Meriten seines Feldmarschalls äu- Das Werk ist im Original von größter Selten- ßerte sich Friedrich Ende 1744 gegenüber dem heit (nicht in der SBB). Es existiert nur in weni- französischen Gesandten, gen Exemplaren. »er glaube nicht, daß es jemand in der Welt Bedeutende Provenienz: 1. Feldmarschall Kurt gebe, der tapferer oder brauchbarer am Tage Christoph Graf von Schwerin. 2. Preußisches der Schlacht sei, als Schwerin.« Kriegsministerium Berlin (ein beiliegendes Lit.: G. B. Volz. Graf Kurt-Christoph Schwerin. In: Schreiben vom 2. August 1820 übermittelt das Hohenzollern-Jahrbuch 1910, S. 37–72, wo auf Buch der nachfolgenden Bibliothek). 3. Biblio- S. 51 ein Faksimile eines französischen Schrei- thek des Kaiser-Franz-Garde-Grenadier-Regi- bens des Feldmarschalls an den König vom ments Nr. 2. Abb. S. 139, 140, u. 142 5. Oktober 1747 einmontiert ist. Abb. S. 141

60.4 60.5 Feldmarschall Kurt Christoph Erster französischer Raubdruck Graf von Schwerin (1684 –1757) Instruction Militaire du Roi de Prusse pour ses Holzschnitt von E. Kretzschmar nach Adolph généraux traduite de l’allemand par Faesch. Menzel, Bildgröße: 263 × 214 mm. In: Aus Königs Avec XIII Planches. Francfort & Leipsic 1761. ­Friedrichs Zeit. Kriegs- und Friedens-Helden. Mit ­Titel mit Vignette. Mit 13 gefalteten Kupfertafeln. Holzschnitt-Illustrationen von A. Menzel, in Holz Ohne die »Remarques«. Pappband. Erste franzö- geschnitten von E. Kretzschmar. sische Ausgabe. Friedrich ernannte Schwerin, der unter sei- Der Übersetzer der militärischen Instruktio- nem Vater schon zum General befördert wurde, nen Friedrichs, der sächsische Oberstleutnant einen Monat nach eigenem Regierungsantritt Faesch, dem durch Zufall ein deutsches Manu- zum Feldmarschall und Grafen. Im Ersten Schle- skript der Instruktionen in die Hände fiel, weist sischen Krieg siegte Schwerin in der Schlacht in seinem Vorwort auf den wesentlichen Unter- bei Mollwitz 1741.

140 schied dieser Schrift von den damals üblichen ›Generalprinzipien‹ anderer Heerführer hin: »… on verra que l’Auteur a fondé ses principes sur les experiences, que ses campagnes lui ont fournies.« (Man sieht, daß der Autor seine Prinzipien auf Erfahrungen gründet, die ihm seine Feldzüge geliefert haben.) Das Kartenmaterial enthält Darstellungen der Aufmarsch-, Schlachtpläne, etc., insbesondere auch der berühmten »Schiefen Schlachtordnung« auf Tafel IX (»Attaque … en ordre de bateille ob- lique«). Diese Schlachtordnung ist eine spezielle Spielart der Lineartaktik, deren Anwendung in der Schlacht bei Leuthen am 5. Dezember 1757 den preußischen Fahnen zu einem spektaku­ lären Sieg verhalf und die Friedrich zusammen- gefaßt beschrieb: »Man verweigert dem Feinde den einen Flügel und verstärkt den, der angreifen soll.« 60.4

General-Principia vom Kriege Holzstich-Vignette zu den Generalprinzipien, die der König seinen Generalen überreicht. Aus: Adolphe Menzel. Illustrations pour les Œuvres de Frédéric-le-Grand. Gravées sur bois par O. Vogel. Berlin, R. Wagner, 1882, Bd. IV, 184 (Kat. 106.2).

141 der Schriftsteller

60.3 Originalschreiben Friedrichs des Großen an den Generalfeldmarschall Graf von Schwerin, eigenhändig signiert

142 61 Daniel Chodowiecki. König Friedrich’s II. Wachtparade in Potsdam, 1777

143 der Schriftsteller

Testamente

»Friedrichs echte und hingebende Sorge für das Wohlergehen seiner Untertanen ist in jeder seiner Schriften zu erkennen.« George P. Gooch

Anlaß für die Errichtung des politischen Testaments war keine Todesahnung Friedrichs, sondern die in seinem Hause gepflegte Tradition, die Erfahrungen schriftlich zusammen- zufassen. Dies war zu seiner Zeit weithin Brauch in europäischen Herrscherhäusern. Die Testamente haben letztlich die gleiche Aufgabe wie die militärischen Schriften (deren we- sentlicher Inhalt an zentraler Stelle in die Testamente einging). Vereinfacht ausgedrückt soll der Nachwelt der Weg gewiesen werden, den preußischen Staat zu verbessern und groß zu machen. Daher werden alle Bereiche des Staates (Verwaltung, Justiz, Finanzen, Steuern, Wirtschaft, Außenpolitik, Heerwesen) sowie die Prinzenerziehung behandelt. Das Testament vom 7. November 1768 schließt mit dem Satz: »Zum mindesten hielt ich es für meine Pflicht, meine Gedanken schriftlich niederzulegen, damit die Nachwelt sie liest und nach reiflicher Überlegung das verwirft, was sie für ver- kehrt hält, aber das annimmt, was sie von Nutzen für den Staat hält, dem mein Leben und meine Arbeit gewidmet war.«

61 In seinem umfangreichen Testament des König Friedrich’s II. Wachtparade ­Jahres 1752 äußerte sich Friedrich umfassend Kupferstich von Daniel Chodowiecki, 1777. über den Staat. Die Schrift geht von einem Bildgröße: 230 × 305 mm. ­Regierungssystem aus, das völlig auf den Regen- 1777 fertigte Chodowiecki nach der berühm- ten zugeschnitten ist und ausschließlich in des- ten Einzeldarstellung des alten Königs zu ­Pferde sen Hand ruht. Volz faßt das Testament als eine (Kat. 60.1) die Radierung König Friedrich’s II. »systematische politische Lehrschrift« zusammen. Wachtparade in Potsdam. Friedrich Nicolai Zu Beginn steht der markante Satz (Übersetzung ­äußerte sich 1790 zu Chodowieckis Darstellung von Fr. von Oppeln-Bronikovski): des alten Königs: »Die erste Bürgerpflicht ist, seinem Vaterland »Die Stellung, welche er zu Pferde hatte, war zu dienen. Ich habe sie in allen verschiedenen vortrefflich und ungezwungen, so daß man nie Lagen meines Lebens zu erfüllen gesucht. Als müde wurde, ihn reiten zu sehen.« Träger der höchsten Staatsgewalt hatte ich die Lit.: Campe 543; Engelmann 196; Kaiser 125; Gelegenheit und die Mittel, mich meinen Mit- Kluxen 115 f. Abb. S. 143 bürgern nützlich zu erweisen,« Leihgabe Wolfgang J. Kaiser Weiter unten heißt es: »Ich beabsichtige mit der Niederschrift dieses 62.1 politischen Testamentes lediglich, der Nachwelt Politisches Testament 1752 meine Erfahrungen mitzuteilen.« »je fais cet ouvrage l’année 1752 … au Mois de Ein Kapitel widmet der König der Prinzen- Juillet« erziehung. Interessanterweise weichen seine Faksimile-Ausschnitt aus dem handschriftlichen Vorstellungen wesentlich von der eigenen Er- Testament. ziehung ab, wenn er fordert, dem Kind Freiheit (Original im GStA PK, BPH Urk. III, 1 Nr. 21) einzuräumen, Fehler machen zu können:

144 62.1 Friedrichs Politisches Testament 1752

145 der Schriftsteller

»Deshalb wünsche ich, daß man dem Knaben Wohl der Gesellschaft zu arbeiten, deren Glied die Freiheit ließe, alles zu tun, was er will, daß er ist. Seit ich zur Leitung der Staatsgeschäfte sein Erzieher ihm nicht überall nachfolgte, aber berufen ward, habe ich mich mit allen Kräften, seine Streiche tadelte und streng bestrafte«. die mir die Natur verliehen, und nach meiner schwachen Einsicht bemüht, den Staat, den zu 62.2 regieren ich die Ehre hatte, glücklich und blü- Politisches Testament 1768 hend zu machen … Gern und ohne Bedauern Im wesentlichen wie das politische Testament gebe ich meinen Lebensodem der wohltätigen von 1752. Die Veränderungen sind zeitbedingt. Natur zurück, die ihn mir gütig verliehen hat, Die beiden Testamente von 1752 und von 1768 und meinen Leib den Elementen, woraus er be- (1769) sind sicherlich die bedeutendsten Doku- steht. Ich habe als Philosoph gelebt und will als mente dieser Textgattung im 18. Jahrhundert. solcher begraben werden, ohne Trauergepränge und Leichenpomp.« 62.3 Die persönlichen Testamente Friedrichs Persönliches Testament 1769 wurden erst Ende des 19. bzw. Anfang des Faksimile des eigenhändigen Testamentes des 20. Jahrhunderts veröffentlicht. Beachtenswert Königs in französischer Sprache vom 8. Januar ist vor allem, daß hier erstmals in aller Deut- 1769. 2 ½ Seiten. Oben mit Stempel (Steuerstem- lichkeit zwischen Staatseigentum und Allodial- pel: acht Groschen) und Privatsiegel FR (Frede- vermögen (Privat­vermögen) des Königs unter- ricus Rex) unter Krone. Das Original befindet schieden wird. Friedrich weist seinen Nachfol- sich im Geheimen Staatsarchiv in Berlin. ger darauf hin: Dieses persönliche Testament ergänzt die bei- »Die Staatseinkünfte habe ich stets als Bundes­ den großen Testamente von 1752 und 1768. Es lade betrachtet, die keine profane Hand anzu- trägt den zwischenzeitlich erfolgten Todesfällen tasten wagte. Die öffentlichen Einkünfte sind und Veränderungen Rechnung. Der berühmte nie für meine eigenen Bedürfnisse benutzt wor- Einleitungssatz lautet in deutscher Übersetzung den.« (Werke, Bd. VII, S. 287): Auch insoweit unterschied sich Friedrich be- »Unser Leben ist ein kurzer Übergang von unse- achtlich von seinen herrschenden Kollegen und rer Geburt bis zu unserem Tode. In dieser kur- war ein Vorbild für die Zukunft. zen Frist ist es dem Menschen bestimmt, für das Abb. S. 147

146 62.3 Friedrichs Persönliches Testament 1769

147 der Schriftsteller

63.1 Friedrich der Große schreibend in seiner Bibliothek. Kupferstich von Georg Friedrich Schmidt

148 Korrespondenz mit Freunden und den »ersten Geistern der Zeit«

»Sein Stil ist knapp, markig und lebendig. Sei- ne Worte sind treffend, kraftvoll, niemals unbe- stimmt, seine Darstellungsweise ist feurig, voll Hohn oder voll von Begeisterung, seine Sätze haben Tempo und Dichtigkeit. Die ›Schlagsahne‹ ist nicht nach seinem Geschmack, doch scheut er vor volkstümlichen, ja groben Ausdrücken nicht zurück, wenn sie drastisch wirken.« Pierre Gaxotte Friedrich der Große »war neben allem anderen einer der emsigsten und brillantesten Brie- feschreiber seiner Zeit« (Hans Schumann). Die Ausgabe der Œuvres von Preuß (Kat. 64.3) enthält über 3000 Briefe an die Familie, Freunde und die »ersten Geister seiner Zeit« (Dide­ rot); nicht mitgerechnet sind die in der »Politischen Korrespondenz« (46 Bände) veröf- fentlichten Briefe. Die hier getroffene kleine Auswahl beschränkt sich auf die Briefe, die Friedrichs literarische Neigung beleuchten und einen Einblick in die facettenreiche Persön- lichkeit des großen Königs geben. Von den zahlreichen Briefen, die Friedrich zeit seines Lebens verfaßte, zählen die an Voltaire und d’Alembert »zum Besten, was er überhaupt geschrieben hat« (Martin Fontius). Zudem sind die Briefwechsel mit seiner Lieblingsschwester Wilhelmine und seinem Bruder Heinrich, mit dem Freund d’Argens, dem Kammerdiener Fredersdorf sowie dem sächsi- schen Diplomaten und Freund Suhm von herausragendem Interesse.

63.1 63.2 Das Porträt: Friedrich schreibend François-Marie Arouet, in seiner Bibliothek seit 1718 Voltaire (1694 –1778) Kupfer von G. F. Schmidt (Kat. 66.1), Kopf­vig­ Kupferstich von J.G. Sturm, Nürnberg um 1765 nette mit der Darstellung Friedrichs an seinem nach einer Zeichnung von Boufflers in Ferney Schreibtisch rechts am Fenster, links drei Genien, 1765. Plattengröße: 138 × 85 mm. Abb. S. 150 die einen Globus und die Wahrheit entschleiern, Der Stich zeigt den alten Voltaire mit Schreib- im Hintergrund ein Bücherschrank (aus: Poësies feder und einem Brief an seinem Schreibtisch in diverses, Kat. 57.6). Ferney. Voltaire hatte 1759 das Gut Ferney im Über die Briefe Friedrichs an Voltaire urteilt französischen Jura unmittelbar an der Schweizer Hans Pleschinski: Grenze als Alterssitz gekauft. Von hier aus un- »Die französischen Briefe des Königs, jedem terhielt der in ganz Europa berühmte »Patriarch Franzosen sofort als hohe Schreibkunst erkenn- von Ferney«. einen umfangreichen Briefwechsel bar, gehören zu den besten Stücken von Litera- (in seinem Leben insgesamt mehr als 20.000 tur in Deutschland im 18. Jahrhundert.» Briefe), vor allem mit Friedrich dem Großen.

149 der Schriftsteller

Es handelt sich um das einzigartige Doku- ment des (mit Unterbrechung) von 1736 bis zum Tode Voltaires 1778 geführten faszinie- renden Dialoges der beiden »vielleicht außer- gewöhnlichsten Männer auf dem Thron und in der Literatur, die die Natur hervorgebracht hat« (Vorwort zu den Korrespondenz-Bänden 84-87 der Kehler-Ausgabe der Werke Voltaires). Die ca. 700 Briefe, die heute bekannt sind, sind ein großartiges Dokument der Aufklärung und ge- ben »ein wesentliches Zeugnis darüber, was sie waren und was sie sein wollten.« (Christiane Mervaud, a. a. O., S. 265). In einem der ersten Briefe an Voltaire schreibt der 25jährige Kronprinz (8. Febr. 1737): »Sie würden mir eine Freude machen, Monsieur, wenn Sie Ihre Einwände gegen die Metaphy- sik Wolffs für mich festhalten würden. Ich hoffe, ­Ihnen in Kürze den Schluß des Werks schicken zu können. Ich vermute, Sie werden es über die Definition, die er vom einfachen Ding gibt, angreifen … Am Schluß seiner Metaphysik behauptet Wolff die Existenz einer vom Leib getrennten Seele; … Er scheint an die Ewigkeit der Welt zu glauben, wiewohl er davon nicht so klar redet, wie es zu 63.2 wünschen wäre. Was man, meinem geringen Auffassungsver- mögen nach, Handfestes zu diesem Komplex 63.3 sagen kann, ist, daß die Welt in der Zeit oder Friedrich der Große. Briefwechsel mit Voltaire. bezüglich fortwährenden Geschehens ewig ist, Herausgegeben von R. Koser und H. Droysen. daß aber Gott, der außerhalb der Zeit ist, vor 3 Bände. Leipzig, Hirzel, 1908 –1910. In: Publi- allem übrigen dagewesen sein muß … Die me- cationen aus den Preußischen Staatsarchiven, taphysischen Fragen bleiben jenseits unseres Bde. 81, 82 und 86. Begriffsvermögens. Vergebens suchen wir die Historisch-kritische Edition des Briefwechsels Dinge, die unser Begreifen übersteigen, zu ent- Friedrichs mit Voltaire, dem geistigen Haupt der schlüsseln, und in dieser törichten Welt gilt die Aufklärung. Text in Französisch nach den ver- wahrscheinlichste Mutmaßung als das hervor­ bürgten Originalen bzw. deren früheren Abdruc- ragendste System.« ken, herausgegeben von dem wohl bedeutend- (Auszug in deutscher Übersetzung von Hans sten Friedrich-Spezialisten des 19. Jahrhunderts Pleschinski, Nr. 8). Reinhold Koser zusammen mit Hans Droysen. Basierend auf dieser Ausgabe erschien 1992 Abb. rechts: Faksimile der Seite 2 des eigenhän- eine ausgezeichnete Übersetzung von Hans digen Originalschreibens Friedrichs an Voltaire ­Pleschinski Aus dem Briefwechsel Voltaire – Fried- vom 8. Februar 1737, aus: W. J. Kaiser (Hrsg.), Le rich der Große (a. a. O.) mit einer lesenswerten ­Siècle de Voltaire, S. 105 –107. Schlußbemerkung des Übersetzers.

150 63.3 Eigenhändiges Schreiben des Kronprinzen Friedrich an Voltaire, 8. Februar 1737

151 der Schriftsteller

63.4 Zum Tod des Bruders und Kronprinzen Au- Friedrich an seine Schwester Wilhelmine gust Wilhelm, mit dem Heinrich eng verbun- »Philosoph aus Neigung, den war, schrieb der König aus dem Lager von Staatsmann aus Pflicht.« Pross­nitz am 25. Juni 1758 an Heinrich: Wilhelmine, die Lieblingsschwester Friedrichs (Kat. 5 u. 83), war eine der geistreichsten Frauen »Ich habe aus Berlin eine traurige und mir völ- ihrer Zeit. Sie korrespondierte mit Voltaire und lig unerwartete Nachricht erhalten – die vom anderen europäischen Persönlichkeiten. Fried- Tode meines Bruders. Ich bin um so tiefer be- rich und Wilhelmine pflegten zeit ihres Lebens eindruckt, als ich ihn zärtlich liebte, und ich einen intensiven Briefwechsel. Der Auszug aus führte allen ­Ärger, den er mir verursachte, auf Friedrichs Brief vom 21. Februar 1756 aus Pots- schlechten Rat und sein cholerisches Tempera- dam enthält die bekannte, vorstehend zitierte ment zurück … Ich kenne Deine Liebe für ihn. Selbstcharakterisierung: Ich hoffe, daß Du nach dem ersten Schmerz al- les tun wirst, was eine starke Seele tun kann, »Liebe Schwester, Dein Brief hat mir erst ganz nicht um einen Bruder, der immer einen Platz in meine innere Ruhe wiedergegeben, die durch unserem Herzen haben wird, zu vergessen, son- meine Angst um Deine kostbare Gesundheit ge- dern um das Übermaß an Kummer zu mäßigen, stört war. Ich gestehe, daß ich aus allen Wolken das Dir verhängnisvoll werden könnte … Be- fiel, als ich eine Lorbeerkrone aus Deiner Hand nutze Deine Vernunft und Deine Philosophie als empfing… Nur Deine übermäßige Nachsicht mit die einzigen Mittel, durch die Leiden erträglich mir könnte Dir eine Illusion über mich machen. werden, für die es keine Heilung gibt. Denke Aber, meine Schwester, wenn ich wieder zu mir an den Staat und an unser Land, die vielleicht komme, so finde ich nur einen armen Menschen, noch dem größten Unglück ausgesetzt werden. zusammengesetzt aus einer Mischung von Gut Denke auch daran, daß die Menschen sterblich und Böse, oft sehr unzufrieden mit sich selbst, sind, daß auch unsere zärtlichsten Bande vom der herzlich gern ein höheres Verdienst haben gemeinsamen Schicksal unserer Gattung nicht möchte, als er hat, der, zum Privatmann geschaf- ausgenommen sind … Ich mache mir Sorge Dei- fen, sich gezwungen sieht zu repräsentieren, netwegen. Ich wünsche Dir ein langes Leben Philosoph aus Neigung, Staatsmann aus Pflicht, und gute Gesundheit, und ich hoffe, daß die kurz einen Menschen, der verpflichtet ist, alles Vielzahl Deiner Beschäftigungen und der Ruhm, zu sein, was er nicht ist, und der kein anderes den Du gewinnst, Dir eine Ablenkung von Din- Verdienst hat als eine religiöse Hingabe an seine gen verschaffen, die Dir nur das Herz brechen Aufgaben. Hier, meine liebe Schwester, hast Du und Dich niederwerfen können …« meine Generalbeichte, nach der ich wohl auf (Übersetzung aus: Otto Bardong, a. a. O., meine Lossprechung rechnen kann … » Nr. 243) (Übersetzung aus: Otto Bardong, a. a. O., Nr 187)

63.5 Friedrich an seinen Bruder Prinz Heinrich von Preußen (1726 –1802) Kupferstich von J. F. Bause (1779) nach Ant. Graff. Plattengröße: 227 × 203 mm. Abb. S. 153 »Heinrich wirkte auf viele Betrachter wie ein al- ter ego des Königs, auch äußerlich. Gleichwohl blieb er ihm stets unterlegen und hat daran schwer getragen.« (Gerd Heinrich, 1986). Trotz des häufig angespannten Verhältnisses mit sei- nem Bruder Heinrich, traute der König ihm als einzigen zu, die Armee zu führen, sollte ihm etwas zustoßen. 49.4

152 63.5 Prinz Heinrich von Preußen

153 der Schriftsteller

63.6 Suhm war von 1720 bis 1730 Gesandter Sach- Friedrich der Große. Mein lieber Marquis! sens am preußischen Königshof in Berlin. Er Sein Briefwechsel mit Jean-Baptiste d’Argens gehörte seit Ende der 1720er Jahren zu den Ver- während des Siebenjährigen Krieges. Ausge- trauten des Kronprinzen. Suhm machte Friedrich wählt, kommentiert und mit einer Einführung mit dem Gedankengut des großen Aufklärungs- versehen von Hans Schumann. Zürich, Manesse philosophen Christian Wolff (Kat. 16.4) bekannt. Verlag, 1985. (Zu Marquis d’Argens s. Kat. 34). Abb. S. 155 Der Briefwechsel gibt einzigartige Einblic- ke in die Gemütslage Friedrichs während des 63.8 ­Siebenjährigen Krieges. Christian Gottfried Kör- Correspondance familière et amicale de ner, wichtiger Freund und Förderer Friedrich Frédéric Second, Roi de Prusse avec Schillers, schrieb im März 1789 hierzu an den U. F. de Suhm Dichter: 2 Bände. Berlin, Vieweg, 1787. Auf starkem »Von Friedrichs Werken lies vor allen Dingen ­Büt­tenpapier. Zwei hellbraune Kalblederbände seine Briefe an den Marquis d’Argens aus dem der Zeit. Provenienz: Friedländsche Bibliothek. Siebenjährigen Kriege; mir sind sie das Liebste Erste Ausgabe. unter dem, was ich davon gelesen habe.« Der Briefwechsel zwischen dem preußischen In einem besonders hoffnungslosen Augen- Kronprinzen Friedrich und dem sächsischen blick des Krieges, nachdem Friedrich mehrere Diplomaten und Freund Ulrich Friedrich von Niederlagen erlitten und enge Freunde ebenso Suhm ist hier erstmals veröffentlicht, und zwar wie nahe Angehörige verloren hatte, schrieb Frie­ als Supplement zu den Œuvres du Philosophe de drich an d’Argens am 28. Mai 1759 (S. 139 f.): Sans-Souci, 1787. Hier dankt der Kronprinz dem »… Ich weiß fast nicht mehr, ob es auf Erden Freund Suhm für die Übersetzung der Wolff- noch ein Sanssouci gibt; wo der Ort auch lie- schen Schrift (Ruppin, 14. April 1736): gen mag, für mich paßt der Name nicht mehr. »Mein lieber Diaphanes, wie könnte ich Ihnen Kurz, mein lieber Marquis, ich bin alt, traurig genug für all die Mühe danken, die Sie sich und grämlich. Hin und wieder leuchtet meine mir zuliebe geben? Ich versichre Sie meiner alte Fröhlichkeit wohl noch auf, aber es sind herzlichen Dankbarkeit dafür. So bin ich denn nur Funken, die mangels einer nährenden Koh- schließlich mit Ihrer Hilfe bis zum einfachen lenglut verglimmen, es sind Blitze, die durch und unteilbaren Wesen gelangt. Ich bin entzückt dunkle Wetterwolken flammen. Ich rede die von der Kraft von Wolffs Denken, und jetzt, wo Wahrheit; wenn Sie mich sähen, fänden Sie die ich mich nach dieser Art von Beweisführung Spuren dessen, was ich einst war, nicht mehr. zu bilden beginne, erkenne ich ihre Stärke und Sie sähen einen alt und grau gewordenen Mann, Schönheit. der die Hälfte seiner Zähne verloren hat, einen Ohne Ihre Bescheidenheit zu verletzen oder der Mann ohne Heiterkeit, ohne Feuer und ohne Wahrheit zu nahe zu treten, kann ich versichern, Phantasie, mit einem Wort, einen Schatten, der daß ich Ihre Übersetzung vorzüglich gefun- weniger darstellt als die Spuren von Tusculum, den habe. Denn ich will Ihnen gestehen, daß von dem die Architekten so viele phantastische die Neugier mich trieb, mir das deutsche Ori- Pläne entworfen haben, weil die Ruinen fehlen, ginal von Wolffs »Metaphysik« anzusehen, und die ihnen den Grundriß von Ciceros Wohnung ich habe es mit dem verglichen, was Sie mir angeben könnten. Das ist übrigens weniger das freundlichst davon übersetzt haben: nirgends, Werk der Jahre als des Kummers, es ist der trau- finde ich, hat es durch Ihre Übersetzung gelit- rige Anfang der Hinfälligkeit, die der Herbst un- ten, Sie können mich überzeugen (Sie besitzen seres Lebens unweigerlich mit sich bringt … . die Gabe dazu), die deutsche Sprache habe ihre Schönheit und ihre Energie, aber Sie werden mir 63.7 nie beweisen können, daß sie so wohlklingend Porträt Ulrich Friedrich von Suhm (1691–1740) ist wie die französische …« Aus: Historisch genealogischer Calender auf das (Übersetzung aus: Otto Bardong, a. a. O., Nr. 38) Jahr 1795. Berlin 1794. 88 × 50 mm. Pergament- Lit.: L/K 558. band der Zeit.

154 63.9 Schreiben des Königs an Fredersdorf, April 1754

63.7 63.8

155 der Schriftsteller

Antoine Pesne. Michael-Gabriel Fredersdorf. Öl auf Leinwand. 85 × 69 cm. Privatbesitz

63.9 ter Freund, der Friedrichs Hausstand leitete und Die Briefe Friedrichs des Großen an seinen die königliche Privatschatulle verwaltete. Der vormaligen Kammerdiener Fredersdorf. umgängliche und verläßliche Fredersdorf genoß Hrsg. und erschlossen von Johannes Richter. das volle Vertrauen Friedrichs. Berlin, H. Klemm, 1926. Der Briefwechsel von 1745 bis 1756 zeigt das Mit zwei farbigen Abbildungen und fünf freundschaftliche Verhältnis und insbesondere Brief-Faksimiles. Hablederband der Zeit. Exli- die liebevolle Fürsorge des Königs für seinen bris F. Pollack-Parnau. Erste Ausgabe. hypochondrischen Freund, dem er mit dem Michael-Gabriel Fredersdorf (1708 –1758) be- Rittergut Zernickow bei Rheinsberg ein unge- kleidete das Amt des ›Geheimen Kämmerers‹. wöhnlich großes Geschenk machte. Von dort Tatsächlich aber war er mehr: ein hochgeschätz- kam das oben erstmals veröffentlichte Porträt

156 32.1

Fredersdorfs von Antoine Pesne (Abb. links) im Schreiben Friedrichs vom 18. Oktober 1770 Erbgang auf den derzeitigen Eigentümer. (Œuvres XXIV, S. 557– 562, Nr. 87), in dem der Die (nicht vollständige) Korrespondenz, auf ­König erstaunlich modern argumentiert, wenn die der Herausgeber Richter erstmals im Jahre er die letzten Fragen anschneidet, »die weder 1924 stieß, zeichnet ein beeindruckendes Bild ich noch Sie jemals ganz begreifen werden … der warmherzigen und einfühlsamen Seite des Aber wenn es gilt, in dieses Labyrinth einzutre- Königs. Ausgestellt (Abb. S. 155) ist ein Faksi­ ten, so kann nur der Faden der Vernunft uns mile des eigenhändigen Schreibens des Königs führen. Diese Vernunft zeigt mir so erstaunliche an Fredersdorf (April 1754, Nr. 179): Verhältnisse in der Natur und zeigt mir so auffal- »wohr [wenn] heüte gegen mittag die Sone lende und einleuchtende Endursachen, daß sie Scheint, So werde ich ausreiten. Kome doch mich zwingt zuzugestehen, daß ein denkendes am fenster! ich wolte Dihr gerne Sehen; aber Wesen über dem All waltet, um den allgemeinen das fenster mus feste zu bleiben und in der Ca- Gang der Maschine in Ordnung zu halten. Ich mer mus Stark feüer Seindt! ich Wünsche von denke mir dieses denkende Wesen als Lebens- hertzen, daß es sich von tage zu tage mit Dihr und Bewegungsprinzip … Das System einer besseren Möghe. gestern habe ich Deine besse- Schöpfung aus dem Nichts ist widersprechend rung Celebrirt mit 2 butteillen ungerschen wein und folglich ungereimt.« … gottbewahre! Fch« (Übersetzung aus: Otto Bardong, a.a. O.,Nr. 295)

63.10 à Korrespondenz mit d’Alembert, 1765 –1782 Zu Jean le Rond d’Alembert siehe Kat. 32.1. Weitere Korrespondenz: Kat. 8.2 und Kat. 43.2.

157 der Schriftsteller

Gesamtausgaben

64.1 »Es ist doch etwas Einziges um diesen Menschen.« Goethe nach der Lektüre des 1. Bandes der Werke

Die erste Gesamtausgabe der Werke Friedrichs des Großen erschien postum als Œuvres de Frédéric II, 1788/89 bei Voss & Decker (Berlin) in insgesamt 25 Bänden. Es ist die voll- ständigste Ausgabe, weil einige Manuskripte später in dieser Vollständigkeit nicht mehr zur Verfügung standen. Dennoch fehlen erhebliche Teile, da Friedrichs schriftlicher Nachlaß weitgehend verschleudert wurde und zum Teil völlig verschwand (Hans Droysen). Selbst die unter Preuß’ Leitung 1846 bis 1857 von der Preußischen Akademie der Wis- senschaften herausgegebene 30bändige Werksausgabe, die bis heute maßgebliche kritische Werkausgabe, hier als Œuvres zitiert, hat weder alles vorhandene Material verwertet (es fehlt z. B. die gesamte politische und militärische Korrespondenz), noch wurde ein Ver- zeichnis der damals vorhandenen handschriftlichen und gedruckten Überlieferungsträger angelegt (G. Knoll). Das Editionsunternehmen der Politischen Correspondenz Friedrichs des Großen ­( 46 Bände, Berlin 1879 – 1939, 1 weiterer Band Köln 2003) ist bis heute unvollendet. Der letzte Versuch, eine umfassende Gesamtausgabe in Deutsch zu veranstalten, liegt nun auch schon 100 Jahre zurück. Es handelt sich um die zehnbändige Werkausgabe von Gustav Berthold Volz (1912 –1914), die ebenfalls nicht die wünschenswerte Vollständigkeit aufweist. Sie wird in diesem Katalog zitiert als Werke (s. Abb. der »Fürstenausgabe« S. 159). Zum 300. Geburtstag des Königs beabsichtigt das Historische Institut der Universität Potsdam eine deutsch-französische Gesamtausgabe der Schriften Friedrichs des Großen herauszubringen. Als erster Band der »Potsdamer Ausgabe« erschien 2007 Band VI »Philo- sophische Schriften«. Die Herausgeber teilen in ihrem Vorwort mit, es handele sich »nicht um eine historisch-kritische Ausgabe im klassischen Sinn, sondern um eine Studien- und Leseausgabe, die die Schriften Friedrichs des Großen zugänglicher machen und in ihrem historischen Kontext situieren will.« Der Band enthält erstmals in deutsch den vollständigen Urtext der Réfutation du Prince de Machiavel (in der Ausgabe der Werke von 1912 noch unvollständig).

158 64.4 Die »Fürstenausgabe« der Werke in Maroquin-Leder

159 der Schriftsteller

64.1 Œuvres posthumes de Frédéric II, roi de Prusse. 15 Bände. Berlin, Voss et Decker, 1788. In Band 1 das Porträt Friedrichs nach F. C. Frisch, gestochen von D. Berger (1788). Erste Ausgabe. Provenienz: aus der Fürstl. Bibliothek Oettingen- Wallerstein (Stempel). L/K 1A. Friedrichs Werke wurden von Guillaume de Molines unter der Leitung von J. Ch. von ­Woellner, dem Günstling und Minister von ­König Friedrich Wilhelm II. herausgegeben. Die wegen Unvollständigkeiten kritisierte Ausgabe ist nach Auffassung von Joh. D. E. Preuß, dem Herausgeber der Œuvres (Kat. 64.3), dennoch wichtig, da sie trotz aller Fehler schon damals alles mitgeteilt habe, »was Friedrichs geistigen und sittlichen Charakter zu bezeugen durchaus geeignet ist«. (Kat. 105, S. VI –VIII) Abb. S. 158

Dto. 4 Bde. 1789 (Mémoires, Anti-Machiavel, Mélanges, Épîtres …). L/K 1B. 64.3 Dto. 6 Bde. Suppléments aux Œuvres post- humes de Frédéric II. Roi de Prusse. Pour servir de suite à l’édition de Berlin. Cologne (=Berlin, Die bis heute maßgebliche Werkausgabe, hier Voss & Decker) 1789. L/K 1C. zitiert als Œuvres. König Friedrich Wilhelm IV. ließ 200 Exemplare dieser Ausgabe in Folio von 64.2 Menzel illustrieren, von denen einige wenige in Erste Ausgabe der deutschen Übersetzung Ganzmaroquin gebunden und vom König ver- Friedrichs II. Königs von Preußen hinterlaßene schenkt wurden. L/K 4. Abb. S. 29 historische Werke. 1788 – 89. 6 Teile. (Dazu als Fortsetzung:) Friedrichs II. Königs von Preußen 64.4 hinterlaßene Werke. 9 Teile. 1788. Zusammen 15 Fürstenausgabe der Werke Teile in 8 Bänden. In Band I ein gestochenes Die Werke Friedrichs des Großen. Herausgege- Porträt des Königs von Göz nach Daniel Chodo- ben von Gustav Berthold Volz, mit Illustrationen wiecki. Pappband der Zeit mit Rückenschild. von Adolph von Menzel, deutsch von Fr. von Erste Ausgabe der deutschen Übersetzung Oppeln-Bronikowski u. a. Berlin, Reimar Hob- der Werke Friedrichs, der Übersetzer ist nicht bing, 1912 –1914. bekannt. L/K 19. Prachtvolle Sonderausgabe der Werke Fried- richs des Großen. In 10 Bänden in Folio in ­rotes 64.3 Maroquin mit Deckel- und Rückenvergoldung Die maßgebliche Werkausgabe (Hrsg. Preuß) handgebunden. Œuvres de Frédéric le Grand. 16 Bände in 36 Diese Vorzugsausgabe, die sog. Fürstenaus­ Teilen und Anhang (gebunden in 14 Bänden). gabe, wurde in 440 Exemplaren auf reinem Berlin, Imprimerie Royale (Rudolf Decker), handgeschöpften Büttenpapier gedruckt. Dies 1846 –1856. Quarto. Mit 9 Kartenskizzen und 8 ist das 363. Exemplar. Daneben gab es eine Aus- Falttafeln, 14 mehrfach gefalteten lithographi- gabe in Leinen und eine in Halbleder. schen Karten sowie einigen Handschriften-Fak- Abb. S. 159 similes. In geglätteten Kalblederbänden der Zeit mir reicher floraler Rückenvergoldung.

160 8.3 Johann Christoph Frisch. Friedrich der Große mit seiner Feldbibliothek, 1783 w

»Wenn ich ein Buch bestelle, so meine ich damit, daß man es mir in der schönsten, korrektesten und kostbarsten Ausgabe schicken soll.«

Friedrich der Große an seinen Vorleser Darget IV Friedrich – Liebhaber des schönen Buches

65.1 TAFELder S chriftsteller8

Erwerb, Illustration und Druck der Bücher des Königs Friedrich bezog einen großen Teil seiner Bücher aus Paris. Er beauf- tragte mit der Anschaffung literarische Agenten in der französischen Hauptstadt. Gewünscht waren die bestmöglichen Ausgaben in einem guten Einband: »une belle édition et l’exemplaire proprement relié«. Friedrichs Berliner Buchhändler waren Bourdeaux und Pitra. Häufig beauftragte er seine Vorleser und Gesprächspartner mit den Bestellun- gen, beispielsweise Henri de Catt (Kat. 40.2). Für die künstlerische Ausstattung seiner eigenen Werke betraute der 65.2 Friedrichs König hauptsächlich Georg Friedrich Schmidt, den er 1744 zum Hof- Briefe an Pitra kupferstecher berief. Weitere Stecher waren Jacob van Schley und Simon Fokke sowie Johann Wilhelm Meil. Friedrich richtete sich eine private Druckerei im Apothekenflügel des Berliner Schlosses ein. Die dort hergestellten Bücher tragen alle den Druckvermerk »Au Donjon du Château« (Im Turm des Schlos- ses) in Erinnerung an die für den Schloßturm in Rheinsberg geplante, aber nicht verwirklichte Druckerei. Als Direktor amtierte Ludwig von Beausobre, Drucker war Christian Friedrich Henning. Daneben ließ der König für seinen Privatgebrauch auch bei Neaulme oder Decker 65.3 Berliner in Berlin drucken. Buchhändler

Acquisition, Illustration and Printing of the King’s Books Frederick acquired many of his books in Paris by means of literary agents. He wanted the best possible editions in good bindings: »une belle édition et l’exemplaire proprement relié«. Frederick’s booksellers in Berlin were Bourdeaux and Pitra. Frequent- ly he commissioned his conversation partners or readers, for example Henri de Catt (Cat. 40.2). The artistic decoration of the king’s own works was entrusted to 57.6 Privatpresse »Au Donjon ­Georg Friedrich Schmidt, who was appointed court engraver in 1744. du Château« Other engravers included Jacob van Schley, Simon Fokke and Johann Wilhelm Meil. Frederick installed a private printing press in the apothecary wing of the Berlin palace. All books printed there had the imprint »Au Donjon du Château« (from the castle-tower) in commemoration of the printing press he had planned but not realized for the tower of Rheinsberg Castle. Louis de Beausobre was its director and Christian Friedrich Henning its printer. Most books printed in the private royal press had small editions and were printed exclusively for the king and his friends. 67 Vignette von Georg Friedr. Schmidt

164 Buchhändler des Königs

65.1 Das Porträt: Friedrich der Große, um 1775 Aquarell auf Elfenbein von Anton Friedrich ­König (1722 –1787). 93 × 69 mm. Privatbesitz Anton Friedrich König war Mathematiker, dann Stecher und schließlich Miniaturmaler. Er war ein Schüler von Antoine Pesne. Seit 1767 war er am Hofe Friedrichs des Großen als ­könig­licher Hofbildnismaler tätig. Er fertigte in größeren Mengen Miniaturbildnisse Friedrichs, die dieser dann zu Geschenkzwecken verwen- dete. Auffallend sind hier die sprechenden Augen des Königs, der dem Betrachter entgegenzutre- ten scheint, um ihn mit seiner nach links wei- senden Hand auf etwas aufmerksam zu machen (siehe Abb. auf Umschlag). Lit.: Drei Varianten des Bildnisses in: Johann G. Prinz von Hohenzollern, a. a. O., S. 128 f. Abb. S. 163

65.2 Königs ist ein Satz aus dem Jahr 1785 auf dem Friedrichs Briefe an Pitra ersten Schriftstück: Nouvelles lettres inédites de Frédéric II. à son »Je Voudrois avoir tout les Livres si, Reliez en libraire Pitra, tant autographes que lettres de ­Maroquin Federic« Cabinet, enrichies de fac simile, Accompagnées (Ich wünsche alle Bücher in Maroquin-Leder de notes historiques de l’éditeur. Berlin, J. G. Um- ­gebunden. Friedrich) lang, 1823. Faksimile-Tafel, Titel mit gestoche- Das zweite Schriftstück enthält eine Bestel- ner Vignette von J. W. Meil. Blauer Pappband lung von vier Büchern: der Zeit. Unbeschnitten. Provenienz: Schloß- 1 Lettres persanes (Persische Briefe) – 2 Tuscu- Bibliothek Carow (Stempel auf Umschlag). Erste lanes (Tusculanische Gespräche) – 3 Campagnes Ausgabe. de Turenne (Feldzüge des Turenne) – 4 Candide Die Korrespondenz mit dem Buchhändler (Voltaires Kandide, Kat. 24) ­Pitra, der zur französischen Kolonie in Berlin Bei den Persischen Briefen handelt es sich gehörte, ist für die Bücherleidenschaft Fried- um das berühmte Werk Montesquieus von 1721 richs höchst aufschlußreich. Von 1780 an war (Kat. 13.7). Die Tusculanischen Gespräche ist Pitra Friedrichs einziger Buchlieferant, da der ­eines der bedeutendsten philosophischen ­Werke Buchhändler Bourdeaux (Kat. 65.3), nach dem Ciceros, in denen der Begründer toleranter Siebenjährigen Krieg fast alleiniger Lieferant, Menschlichkeit im Abendland die philosophi- dem König zu teuer wurde. sche Gedankenwelt der Griechen den ­Römern Das lithographierte Faksimile zeigt eigenhän- vermittelt. dige Bestellungen und Anmerkungen Friedrichs Lit.: Dorn, Meil 517; B. Krieger, a. a. O., S. 32f. auf einer von seinem Sekretär erstellten Deside- und S. 124 mit Abb. der Anmerkungen rata-Liste. Bezeichnend für die Bibliophilie des Abb. oben und S. 166

165 Liebhaber des Buches

Liebhaber des Buches

65.2

65.3 bevor dieser zu Pitra wechselte (Kat. 65.2), weil Werbeschild der Kgl. Buchhändler Bourdeaux ihm zu teuer wurde. Auch damals Bourdeaux & Fils, Buchhändler des Königs schien die Werbung nicht immer einzuhalten, und des Hofes in Berlin. Auf dem Vorsatz von was sie versprach. Voltaires Preisschrift Prix de la justice et de l’humanité. Londres 1778. Der Werbetext in deutscher Übersetzung lautet: »Dieses Buch wurde von BOURDEAUX & SOHN verkauft, Buchhändler des Königs & des Hofes in Berlin, wo man ein komplettes Angebot von Büchern aus allen Gebieten und von den be- sten Autoren findet, seien sie Griechen, Lateiner, Franzosen, Engländer oder Italiener, alle in Ori- ginalausgaben, würdig die vornehmsten Biblio- theken zu schmücken. Sie werden dem Käufer zu den bestmöglichen Preisen und Bedingun- gen angeboten.« Der Berliner Buchhändler Bourdeaux war zu- nächst nahezu alleiniger Lieferant des Königs,

166 Ausschnitt aus einem Bücherschrank der »Bibliotheca Fridericiana«, von links oben nach rechts unten: General-Principia (Kat. 60.3), Mémoires pour servir a l’histoire de Brandebourg (49.1 – 5), Œuvres du philosophe de Sans Souci (57.2 –7), Extraits de Dictionaire de Bayle (16.6), die sechs für den König in rotes Ziegenleder gebundenen Werke (70.1-71.2), De la Littérature Allemande (58.1-4), zwei Einbände für die Königliche Bibliothek Berlin mit dem goldgeprägten Monogramm »FR« (72.1 – 2), Œuvres posthumes de Frédéric (64.1), etc.

167 Liebhaber des Buches

66.1 (57.6) »Der sieg­reiche Held im Kreise seiner Familie« Kupferstich-Vignette von Georg Friedrich Schmidt

168 Illustratoren des Königs

Schmidt war der bedeutendste Berliner Kupferstecher der fridericianischen Zeit. Seine Ausbildung erfolgte in Berlin und Paris, wo er 1742 in die Académie Royale aufgenommen wurde. 1743/44 wurde er vom König nach Berlin als Hofkupferstecher zurückberufen. Ihm oblag die künstlerische Ausstattung der in kleinster Auflage in der Privatdruckerei des Kö- nigs »Au Donjon du Château« hergestellten Mémoires pour servir à l’histoire de la maison de Brandebourg (Kat. 49.4). Zudem war er mit der künstlerischen Gestaltung des Palladion von 1749 betraut (Origi- nal verschollen, neu gedruckt 1750, siehe Kat. 57.8): diese 18 Kupferstiche von G. F. Schmidt sind kaum bekannt und kommentiert. Jeder der sechs Gesänge wird mit einem Hauptblatt eingeleitet sowie einer Kopf- und Schlußvignette ausgestattet. Außerdem gibt es sechs ­figürliche Anfangsinitialen. Es wird immer noch gerätselt, wer der Zeichner der dilettan- tisch wirkenden Illustrationen ist. In dem Kommentarband zum Faksimiledruck des Palla- dion vermutet Helmut Börsch-Supan, daß die mit dem Schleier des Geheimnisses versehe- ne Autorschaft des Zeichners auf den König selbst verweist. Zu dem von Friedrich revidierten und als illustrierte Prachtausgabe für die Öffentlich- keit bestimmten Gedichtband Poësies diverses von 1760 (Kat. 57.6) hat Schmidt 39 gestoche- ne Initialen, 8 Kopf- und 25 Schlußvignetten (aus früheren Werken Friedrichs) beigetragen. Hier »feiert Schmidts Illustrationskunst seine größten Triumphe. Die sechs großen histori- schen Vignetten und ebensoviel große historische Culs de lampe gehören zu dem Besten, was Schmidt geleistet hat« (Seidel, a. a. O., S. 211). Das Schlußstück zum 5. Gesang des ­Gedichtes L’Art de la guerre (siehe nebenstehende Abb.) vermittelt eine geradezu bürger- liche Behaglichkeit, die den französischen Illustrationen fremd war. Chodowiecki wurde der herausragendste Künstler derartiger Vignetten (Kat. 66.5).

66.1 holländische Künstler: Jacob van Schley, ein Georg Friedrich Schmidt (1712 –1755) Schüler Picarts, und ­Simon Fokke. Beide waren Abb. 1: Vignette von G. F. Schmidt, Der sieg­reiche als versierte Zeichner und Stecher vornehmlich Held im Kreise seiner Familie; aus Friedrichs für die Buchillustra­tion ­tätig. Poësies diverses (Kat. 57.6). Abb. S. 168 Abb. unten und S. 230 Abb. 2: Vignette von G. F. Schmidt: »FR« mit schreibendem Putto; aus: Mémoires (Kat. 49.4), Blatt XX. Abb. S. 152

66.2 Jacob van Schley (1715 –1779) und Simon Fokke (1712–1784) Für die Öffentlichkeit ließ Friedrich die Mé- moires von dem Buchhändler Jean Neaulme im gleichen Jahr in Berlin und Den Haag drucken (Kat. 49.5). Den Buchschmuck besorgten zwei

169 Liebhaber des Buches

66.3

66.3 66.5 Johann Wilhelm Meil (1733–1805) Daniel Chodowiecki (1726 –1801) Meil, Erfinder und Stecher von Buchillustratio- Chodowiecki kam 1743 von Danzig nach Ber- nen, war hauptsächlich im Dienste des Berliner lin. Er schuf bekannte Friedrich-Darstellungen, Verlegers Voß tätig. Für Voß schuf er das Titel- bei denen die bürgerliche Sichtweise besticht, kupfer zu Gleims berühmtem Band Preußische hauptsächlich im Kleinformat für Bücher und Kriegslieder (Kat. 59.4). Für den König illustrier- Kalender. te er zusammen mit G. F. Schmidt die Poësies Am berühmtesten wurde seine Abbildung der ­diverses von 1760. Wachtparade von 1777 (Kat. 61) und die wieder- Abb.: Titelvignette aus Kat. 57.6. holt gouachierte Einzeldarstellung daraus, die den alten Fritz zu Pferde zeigt (Kat. 60.1). Zwei 66.4 weitere große Blätter wurden sehr populär: das Blaise Nicolas Le Sueur (1716 – 1783) eine mit dem sitzenden und das andere mit dem Der französische Zeichner Le Sueur kam 1748 an der Tafel Friedrichs eingeschlafenen Gene- von Paris nach Berlin. Er lieferte die meisten ral Ziethen (Kat. 100, siehe auch Chodowieckis Vorlagen für die Kupferstiche von G. F. Schmidt ­Illustrationen zu Steins Charakteristik des Königs, in den Mémoires und L’Art de la guerre. Kat. 102, und zu Voltaires Kandide, Kat. 24).

170 Drucker des Königs

49.4 60.3

67 4. Die General-Principia vom Kriege. 1753 Friedrichs Privatpresse »Au Donjon du Château« (siehe Kat. 60.3) (Im Schloßturm) 5. Extrait tiré des commentaires du chevalier Fo- In gereimter Form bat Friedrich seinen Vor- lard sur l’histoire de Polybe. 1753 leser Darget, das satirische Heldengedicht Le 6. Reflexions sur les talents militaires et sur le ca- Palladion (Kat. 57.8) in seiner Privatpresse »Au ractère de Charles XII. Donjon du Château« im Berliner Schloß zum 7. Pièces académiques: des Königs Beiträge zu Druck zu bringen: den Jahrgängen der Histoire de l’académie »dans le donjon du château portez ce bourimé 8. Verschiedene Schriften: (siehe Droysen, et que dans quelques jours je le vois imprimé.« ­a. a. O.) (In den Turm des Schlosses tragt dieses Friedrichs Reflexionen über Karl XII. von Reimwerk, auf daß ich es in einigen Tagen Schweden war die nachweislich letzte Schrift, gedruckt sehe.) die in seiner Druckerei »Au Donjon du Château« In seiner Privatpresse »Au Donjon du Châ- gedruckt wurde. Was aus Friedrichs Schloßdruc- teau« ließ der König folgende Werke drucken. kerei nach dem Siebenjährigen Krieg geworden Sie tragen alle den auf ihn verweisenden Ver- ist, läßt sich nicht feststellen (Droysen, a. a. O., merk »Avec Privilège d’Apollon«: S. 91). 1. Oeuvres du Philosophe de Sanssouci. 3 Bände. 1750 (Es existiert kein Exemplar von 1749) Abb.: Titel zu den Mémoires (Kat. 49.4) mit dem 2. Mémoires pour servir à l’histoire de la maison Aufdruck »Au Donjon du Château« de Brandebourg. 1751 (siehe Kat. 49.4) Abb. oben 3. Korrigierte neue Auflage: Oeuvres du Philoso- phe de Sanssouci. 1752 (L/K 168)

171 Liebhaber des Buches

68 Edition Royale und den Privatdruck als »Edition Royale« be- Ovide. Œuvres, ses amours, son art d’aimer … zeichnen. Er beauftragte hierzu andere Drucker, Edition Royale (Den Haag, Neaulme) 1750. wie ­beispielsweise im vorliegenden Fall Neaul- 2 Bände. Mit 2 ­ Titelvignetten, gezeichnet und me in Den Haag. Neaulme druckte vermutlich gestochen von P. Tanjé, sowie einigen Initialen, nur 12 Exemplare Ovids (vgl. Graesse V, 86). Kopf- und Schlußstücken in Holzschnitt. Rote Davon befanden sich fünf in Friedrichs Privatbi- Ziegenlederbände der Zeit für Friedrich den bliotheken (P. 191 nur 1 Bd.; S. 358; S. 358a; 358b Großen gebunden von Krafft, Berlin (Beschrei- und Br. 72). Die anderen wurden wohl wie die- bung und Abb. siehe Kat. 70.1). ses Exemplar verschenkt. Friedrich las Ovid sogar im Winterquartier Wie sehr sich der bibliophile König selbst um während des Siebenjährigen Krieges. Hiervon die Herstellung der Bücher kümmerte, läßt sich berichtet de Catt in seinen Gesprächen, in einem Schreiben an Graf Algarotti vom 29. Ok- denen er die vorliegende Ausgabe erwähnt tober 1739 entnehmen: (a. a. O., S. 453). Friedrich ließ sich einige der »Sobald ich die ersten Blätter des Vergil wer- von ihm bevorzugten Klassiker wie z. B. die de erhalten haben, werde ich das Format des Werke des Horaz (1747) oder Ovids (1750) in ­Papiers auswählen und die Zeichnungen und französischer Übersetzung und kleiner Anzahl Vignetten machen lassen, welche das Werk ver- für seinen persönlichen Gebrauch herstellen schönern ­sollen.«

172 69.1 Prachteinband des Pariser Meisters Derome le Jeune für Friedrich den Großen mit dem preußischen Staatswappen

173 Liebhaber des Buches Tafel 9

Einbände für Friedrich den Großen

Die französische Buchbindekunst erreichte im 18. Jahrhundert einen einsamen Höhepunkt. Das galt besonders für die hocheleganten Handeinbände der Pariser Meister, die hinsichtlich Qualität und Ele- ganz führend waren. Sog. reichere Pariser Einbände fanden sich auch in Friedrichs Bibliotheken, da während seiner Rheinsberger Zeit die in Paris gekauften Bücher meist auch dort gebunden wurden. In späteren Jahren ließ Friedrich seine Bücher bevorzugt durch den Berliner Buchbinder Krafft, seltener durch den Potsdamer Meister Rochs fertigen. Sie sollten zwar nicht so aufwendig und teuer wie die Pariser Einbände hergestellt werden, jedoch wünschte er sie gut und 69.1 Derome d. J. fein gebunden. Der König gab genau vor, wie seine Einbände auszusehen hatten: Verwendung roten Leders einheimischer Hausziegen (das afrikani- sche Ziegenleder Maroquin war ihm zu teuer), das besonders haltbar ist und sich gut für die Goldprägung eignet: hier eine einfach gewun- dene Randleiste auf den Deckeln (entsprechend dem Zopfstil der Zeit auch Zopfbordüre genannt), ein Buchstabenaufdruck zur Unterschei- dung der Bibliotheken auf der Vorderdeckelmitte, ein Kurztitel und gegebenenfalls eine Bandnumerierung auf dem Buchrücken sowie ein Floralstempel in den übrigen Rückenfeldern (zwei ineinander 80.3 Berliner verschlungene stilisierte Blumen), die Rückenbünde von Goldfileten Buchbinder Krafft eingefaßt, Stehkantenvergoldung, mehrfarbiges Schneckenmarmor- papier auf Spiegel und Vorsatz, handgestochene Kapitale in grüner Seide, Leseband in grüner Seide, Goldschnitt.

Bindings for Frederick the Great The art of bookbinding in France was at its peak in the 18th ­century. The Parisian bindings were unsurpassed in terms of their quality and elegance. Frederick’s libraries contained a number of Parisian bin- dings as most of the books acquired during his stay at Rheinsberg Castle came from Paris and were bound there.

70.3 Vorsatz- In later years, Frederick’s books were primarily bound by the Ber- marmorpapier lin bookbinder Krafft, although occasionally by the Potsdam binder Rochs. The king wanted them «proprement reliés«, i.e. properly and finely bound but less elaborate and costly than the Parisian bindings. Frederick stipulated that they should be made with red goatskin from Brandenburg (as African goatskin, such as from Morocco [morocco- leather] was too expensive) to a special design: the covers framed by a small gilt roll border (›Zopfbordüre‹); in the centre of the upper cover (after 1771) with a gilt letter to distinguish the private libraries of the king; the spine raised on five bands marked by double gilt fillet, in the second compartment a morocco label with gilt-lettered title, whilst 72.1 Einband für die in the others a gilt fleuron made of two intertwined stylized flowers; Königl. Bibliothek doublures and endleaves of marbled paper; and gilt edges.

174 Französische Einbandkunst

Die ausgewählten Beispiele stammen aus den Stilepochen Louis Quinze und Louis Seize, und zwar aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, in Deutschland Rokoko, Zopf und Klassizismus genannt. Die im Rokoko für die Kleidung herrschende Spitzen-Mode (»den- telles«) übertrug sich auch auf die Buchgestaltung, wo man die Buchdeckel mit schwingen- den Spitzenbordüren (»fers à dentelles«) schmückte. In die freie Mitte wurde manchmal das Wappen oder das Monogramm des Besitzers eingeprägt. Einer der berühmtesten Buchbin- der dieser Zeit war Nicolas-Denis Derome le Jeune, dessen reicher Dentelle-Stil sich gegen Ende seiner Schaffensperiode in den schlichteren klassizistischen Stil wandelte.

69.1 69.2 Nicolas-Denis Derome, Nicolas-Denis Derome, gen. Derome le Jeune (1731–1790) gen. Derome le Jeune (1731–1790) Der prachtvolle rote Maroquinband stammt aus Der makellose und hochelegante Einband der frühen Phase Deromes, der 1761 Meister stammt aus der Spätphase Deromes. Die be- wurde. Der Spitzen-Dekor zur Einfassung der schwingte, reiche Deckelgestaltung des Rokoko Deckel wurde mit verschiedenen Einzelstem- (Kat. 69.1) wandelt sich hier in den vornehmen, peln kunstvoll auf die Deckel geprägt. zurückhaltenden Einbandschmuck der klassizi- Auf die königliche Provenienz des Einbandes stischen Ära im letzten Viertel des Jahrhunderts. verweisen das große Staatswappen Preußens Apfelgrünes Maroquin mit dreifacher Goldfilete auf der Deckelmitte und der gekrönte Preußen- auf den Deckeln mit kleinen Rosetten auf den Adler in den Ecken. Das läßt zudem darauf Ecken, in der Deckelmitte Allianzwappen der schließen, daß es sich um ein Widmungs- bzw. russischen Zarin Maria Feodorovna; Rücken-, Geschenkexemplar an Friedrich den Großen Steh- und Innenkantenvergoldung; pinkfarbige handelt (siehe Krieger, a. a. O., S. 31). Den hier Seidenmoirée-Spiegel und Vorsätze; Goldschnitt. ausgestellten, kostbar gebundenen und reich Buchbinderetikett (Abb. S. 176). Zwei Exlibris. verzierten französischen Luxuseinband über- Inhalt: Ximenes, Augustin Marie, marquis de wies der König an die Königliche Bibliothek (1716 –1817). Œuvres. Nouvelle édition revue et (der Vorgängerin der Staatsbibliothek). corrigée. Paris 1772. (Zusammengebunden mit:) Inhalt: Trublet. Essais sur divers sujets de lit- Amalazonte, tragédie. Paris 1755). Sammlung térature et de morale. Paris 1749. Der König verschiedener Briefe, darunter Schreiben an besaß eine Ausgabe Trublets von 1754 im Neu- Voltaire und dessen Antwort, die hier erstmals en Palais (S. 498), dort mit dem Signum S über veröffentlicht wurden. dem preußischen Staatswappen in einem etwas Provenienz: Aus der Bibliothek der Dorothée- schlichteren Dentelle-Einband aus Paris (siehe Sophie-Augusta von Württemberg, zweite Frau Abb. Sonnenburg, a. a. O., S. 51). des russischen Zaren Paul I.; sie nahm in Ruß- Staatsbibliothek zu Berlin, Abteilung Historische land den Namen Maria Feodorovna an. Vor der Drucke: 4° Ebd 139B-2 Abb. S. 173 Krönung machte das junge Paar 1781–1782 eine Europareise über Paris und Berlin, wo es Fried- rich den Großen, den Großonkel von ­Maria ­Feodorovna besuchte. Abb. S. 176

175 Liebhaber des Buches

69.2

69.2 Binderetikett

176 Berliner und Potsdamer Einbände des Königs

»Friedrich der Große war ein ­Feinschmecker des Buches. Ein Einbandliebhaber, der Einbände um ihrer selbst willen sammelte, ist er nicht gewesen.« Lutz Sonnenburg

Die Hofbuchbinder Krafft und Rochs mußten die Einbände nach fest vorgegebenen Di- rektiven des Königs fertigen (siehe Tafel 9). Daher scheinen ihre Bücher auf den ersten Blick in gleicher Weise gebunden zu sein. Bei Kat. 71.1 und 71.2 werden jedoch einige kleine Unterschiede zu den Einbänden bei Kat. 70.1– 3 angesprochen, die vielleicht eine Zuschreibung auf den jeweiligen Buchbinder ermöglichen. In der Einbandliteratur findet sich hierauf kein Hinweis. Bogdan Krieger macht lediglich zum unterschiedlichen Preis eine Anmerkung. Beispielsweise nahm Krafft 1763 für einen Oktavband 3 bis 4 Taler, wo- hingegen Rochs nur 1 Taler 12 Groschen verlangte (B. Krieger, in: Sonderausstellung der Hausbibliothek, S. 75 f.). Zur Frage der Bibliothekszuordnung der für den König gebundenen Bücher, die hier gezeigt werden, ist anzumerken, daß der in den Tafeln 9 und 10 erwähnte Buchstaben- aufdruck auf der Deckelmitte, das sog. Signum, erst nach 1771 in Buchbinderrechnungen auftaucht (Krieger, S. 31). Die nachstehenden fünf Werke sind jedoch alle vor 1771 gedruckt und für den König gebunden worden (und daher ohne Signum), sodaß eine Zuordnung zu einer bestimmten privaten Bibliothek Friedrichs nicht möglich ist, falls sie nicht ohnehin gleich vom König verschenkt wurden.

70.1 70.3 71.1 71.2 70.2

177 Liebhaber des Buches

70.1 Einband des Berliner Meisters Krafft für Friedrich den Großen

178 Der königliche Buchbinder Krafft, Berlin

70.1 Die Werke des Ovid Ovide. Œuvres. Edition Royale (Den Haag, ­Ne­aulme) 1750. 2 Bände. 8° (194 × 111 mm). Rotes Ziegenleder mit der typischen Gold- prägung für Friedrich den Großen, höchstwahr- scheinlich hergestellt von dem Hofbuchbinder Krafft, Berlin. Ein von Krafft identisch gebunde- nes Exemplar der Œuvres Ovids, aber mit dem Signum P (Potsdamer Stadtschloß) auf dem Vor- derdeckel bildet Krieger ab (a. a. O., S. 34). Es handelt sich um ein äußerst seltenes Exemplar des Privatdrucks, den Friedrich in kleinster Auf- lage für sich herstellen ließ (Kat. 68). Provenienz: 1. Friedrich der Große, der das Buch verschenkte (?). 2. Wappenexlibris auf vor­derem Innendeckel: Dr. Jur. Freiherrn C. von Heyl zu Hernsheim. 3. Auf leerem Vorblatt, ­Titel und Seite ein Bibliotheksstempel »ML« unter Krone (?). Abb. S. 172, 178 70.2 Louis de Beausobre Le Pyrrhonisme raisonnable. Berlin, Étienne de Bourdeaux, libraire du Roi et de la Cour, 1755. Duodez (129 × 73 mm). Der Einband, wie Kat. 70.1, gebunden von Krafft, Berlin. Louis de Beausobre (1730 –1783), Schriftstel- ler in Berlin, wurde vom König zum »Reviseur und Censor von gewissen Büchern so zu Berlin gedrucket werden …« und zum Direktor seiner Privatdruckerei im Berliner Stadtschloß ernannt (Tafel 8). Er war ein Schützling des Königs, der ihm den Eintritt in die Berliner Akademie ver- schaffte (B. Krieger, a. a.O., S. 17 und Anm. 2). Er war der zweite Sohn des bekannten königlichen Hofpredigers Isaac de Beausobre, dessen Pre- digten den König beeindruckten. Das Buch handelt von dem ›vernünftigen Pyr- rhonismus‹, einer Variante des Skeptizismus, die auf den antiken Philosophen Pyrrhon von Elis zurückgeht. Es enthält eine gedruckte Widmung, mit der der Autor seine Essays dem König hul- digend zu Füßen legt: 70.1 Innendeckel »Je mets, Sire, aux pieds de Votre Majesté ces foib- mit Marmorpapier auf Vorsatz les essais; daignéz les regarder comme l’hommage und Exlibris d’un cœur pénétré de vos bontés … «

179 Liebhaber des Buches

70.3 70.3

70.3 »Le roi m’a donné ce livre à Breslau janvier Geschenkexemplar des Königs 1762« Jean-Baptiste Boyer, Marquis d’Argens. Ocellus (Der König hat mir dieses Buch in Breslau Lucanus en grec et en françois avec des disserta- ­Januar 1762 geschenkt). tions sur les principales questions de la Metaphi- Möglicherweise hat der König das Buch kurz sique, de la Phisique, & de la Morale des anciens; nach dem Tod der Zarin Elisabeth (5. Januar qui peuvent servir de suite à la Philosophie du 1762) seinem Vorleser de Catt geschenkt. Als der Bons Sens. Berlin, Haude et Spener, Libraires de König Ende 1761 die Meldung erhielt, daß die la Cour et de l’Académie Roiale des Sciences, Zarin schwer erkrankt sei, sagte er zu de Catt: 1762. Oktav (165 × 95 mm). »Sie werden sehen, daß sie nicht stirbt, und daß Der Einband, wie Kat. 70.1 gebunden von ich gegen das Unwetter weiter ankämpfen muß. Krafft, Berlin. Hier zusätzlich mit Innenkanten- Ich gehe eine Wette ein, daß sie wieder gesund vergoldung, was bei den anderen vier ausge- wird.« stellten fridericianischen Einbänden nicht der De Catt war anderer Ansicht. Sie schloßen eine Fall ist. Wette ab und der König versprach seinem Vor- Der Marquis d’Argens hat mehrere lateini- leser für den Fall, daß er verlieren sollte, ein sche Werke während des Siebenjährigen Krie- Geschenk. ges übersetzt. Die Übersetzung des Traktats des 2. »R« (?). Unter dem Eigentumsvermerk ist ein Ocellus Lucanus über »Die Natur des Weltalls« alter handschriftlicher Zettel eines späteren Be- wurde vom König und der Öffentlichkeit gut sitzers montiert mit der Aufschrift: »Diese Zeilen aufgenommen. sind von der Hand von Catt. R.« Hier handelt es sich um eines der seltenen 3. »Karl Hein: Siegfrd. Roedenbeck in Berlin« Buchgeschenke des Königs. Die Provenienz ist (Stempel auf Titelrückseite). hier nachweisbar: Lit.: de Catt, a. a. O., S. 453 und S. 516; siehe 1. Geschenk des Königs an seinen Vorleser auch den Versteigerungskatalog seiner ca. 4000 Henri Alexandre de Catt (Kat. 40.2), siehe den Bücher vom 2. Mai 1825 durch den Königl. Auk- handschriftlichen Eigentumsvermerk auf dem tionskommissarius Bratring, Nr. 1865; B. Krieger, vorderen leeren Blatt verso: a. a. O., S. 36 f. Abb. oben und S. 181

180 Der königliche Buchbinder Rochs, Potsdam

71.1 (Edme Mallet) Essai sur l’étude des Belles-lettres. Paris, Ganeau, 1747. Oktav (165 × 100 mm). Rotes Ziegenleder der Zeit, gebunden für Friedrich den Großen, möglicherweise von Rochs, Potsdam. Dieser und der folgende könig- liche Einband (Kat. 71.2) weisen einige kleine Unterschiede zu den anderen drei höchstwahr- scheinlich von Krafft gefertigten Einbänden auf (Kat. 70.1–70.3): Rücken ohne goldgeprägte Bor- düre an Kapital und Schwanz sowie geringfügig unterschiedliches Fleuron in den Rückenfeldern; das Ziegenleder weniger griffig und von gerin- gerer Qualität als bei den vorher beschriebenen Einbänden (was den geringeren Preis der Roch- schen Einbände erklären würde, siehe oben die Einführung vor Kat. 70.1). Der Abbé Mallet (1713 –1755) war Hofmei- ster (d. i. Lehrer) von Lalive de Jully. Trotz seiner ­orthodoxen Ansichten in Fragen der Religion, arbeitete er mit an der Encyclopédie und verfaß- te für die ersten Bände mehrere Beiträge. 1. Geschenk des Königs an die Königliche Bi- bliothek (?). 2. Königliche Bibliothek: auf Titel verso roter Stempel »Ex Biblioth. Regia Beroli- nensi.«. 3. Französischer Sammler C. Dubois: auf innerem Vorderdeckel Exlibris »Ex Bibliotheca C. Dubois.« (um 1830).

70.3

181 Liebhaber des Buches

71.2 len, welcher Kleist der 2. Besitzer des Buches Geschenkexemplar des Königs war. Die Familie Kleist (neben der Familie von Pierre Estève. Origine de l’Univers. Berlin 1748. Wedel) stellte die höchste Zahl von Offizieren in Oktav (158 × 90 mm). der preußischen Armee. Roter Ziegenlederband für den König, mögli- 3. Kleines Foto eines französischen Offiziers cherweise gebunden von Rochs, Potsdam. Ein- Ende des 19. Jahrhunderts auf Vorsatz verso. band wie Kat. 71.1. Erste Ausgabe. Exlibris. 4. Leihgabe Jörg Geller (Exlibris). Das Erstlingswerk von Pierre Estève (1720 – 1790) handelt vom Ursprung des Universums. Provenienz: 1. Buchgeschenk des Königs, hier an seinen ­geschätzten Vorleser Henri Alexandre de Catt mit handschriftlicher Notiz von de Catt auf dem vorderen Vorsatz verso: »present du Roi Juin 1763« (Geschenk des Königs Juni 1763) (Zu de Catt siehe Kat. 70.3 und Kat. 40.2.) 2. »De l’auction de Catte / Lecteur du Grand Frédéric / appartient presentement au Capit: de Kleist« eigenhändig von Hauptmann von Kleist auf Vorsatz vermerkt. Wir konnten nicht feststel-

182 75.1 Ausschnitt aus Friedrichs Bibliothek im Schloß Charlottenburg

183 Liebhaber des Buches

Buchgeschenke an den König & Bücher für die Königliche Bibliothek

Bücher, die der König als Geschenk erhielt und die nicht seinen Vorstellungen entsprachen (mit Wappensupralibros versehene, reich verzierte Luxuseinbände oder Werke, die er nicht mehr benötigte), gab Friedrich meist an die Königliche Bibliothek oder Freunde ab. Bei den folgenden zwei Bänden handelt es sich trotz der Goldprägung »FR« (Fridericus Rex) nicht um Buchgeschenke an den König, sondern um Werke, die während der Regie- rungszeit Friedrichs für die öffentliche Königliche Bibliothek angeschafft wurden. Beide Werke enthalten den Bibliotheksstempel der Königlichen Bibliothek. Hierzu siehe Fr. Wilken (a. a. O., S. 109, Fußnote 1): »Sämtliche während der Regierung Friedrichs des Zweiten für die Königliche Bibliothek angeschafften und neu gebundenen Bücher sind entweder auf der vorderen Seite oder dem Rücken des Bandes in Gold mit den verschlungenen Buchstaben »F R« unter der Königlichen Krone bezeichnet.«

72.1 feldzug Voltaires, der zur Rehabilitierung und Abbé de Brumore Entschädigung der Familie Calas führte. Der (d. i. Louis Guyton de Morveau) Autor Abbé de Brumore (1738 –1786) war mit Drames nouveaux Les Calas, en trois actes & en Voltaire bekannt. Abb. S. 185 prose. Les Salver, ou la faute réparée, en trois ­actes & en vers. Berlin, Decker, 1778. 72.2 Hellbraunes Kalbleder der Zeit auf fünf Bün- Jean Sylvain Bailly den mit reicher Rückenvergoldung, im 1. Rüc- Lettres sur l’Atlantide de Platon et sur l’ancienne kenfeld goldgeprägtes Monogram »FR« unter Histoire de l’Asie. Pour servir de suite aux Let- Krone. Goldfileten auf Deckeln. Auf Titelrück- tres sur l’origine des Sciences. Adressé à M. de seite zwei Bibliotheksstempel der Königlichen Voltaire. London, Elmesly & Paris, Debure, 1779. Bibliothek Berlin »Ex Biblioth. Regia Berolinen- Braunes Leder der Zeit auf fünf Bünden mit si« und »Vend. Ex Bibl. Reg. Berol.« (Verkaufs- Floralvergoldung, auf Vorderdeckelmitte ein stempel). Erste Ausgabe. goldgeprägtes Monogramm »F R« unter ­Krone. Der reizvolle Einband mit den königlichen Auf Titelrückseite zwei Bibliotheksstempel der Initialen F(ridericus) R(ex) verweist auf den Be- Königlichen Bibliothek Berlin »Ex Biblioth. ­Regia stand der Königlichen Bibliothek. Das Exemplar Berolinensi.« und »Vend. Ex Bibl. Reg. ­Berol.« wurde während der Regierungszeit Friedrichs (Verkaufsstempel). des Großen angeschafft. Die Königliche Biblio- Die Königliche Bibliothek verkaufte Dublet- thek befand sich in der sog. »Kommode«, dem ten, um mit dem Erlös ihre Bestände weiter Gebäude neben der Staatsoper Unter den Lin- auszubauen. Die veräußerten Exemplare tragen den, und war für eine interessierte Öffentlich- den hier abgebildeten Ex-Stempel. keit zugänglich. Friedrich bemühte sich sehr um Die fiktiven Briefe Baillys knüpfen an­Kritias die Königliche Bibliothek, 1770 übernahm er an, das unvollendete Alterswerk Platons, das selbst die Leitung. bruchstückhaft die politische Struktur des alten Bei dem Werk handelt es sich um ein Dra- Atlantis schildert. Der fiktive Charakter des pla- ma über die unglückliche französische Familie tonischen Atlantis-Mythos wurde mißverstanden Calas und das Fehlurteil zu Jean Calas. Gegen und brachte in der Folge umfängliche Sekundär- dieses richtete sich der berühmte Propaganda- literatur hervor (KNLL 13, 382). Abb. S. 185

184 72.1 72.2

72.1 72.2

185 »Die einzigen Feste, die ich in meinem Alter schätze, sind gute Bücher.«

Friedrich der Große an Voltaire

»La bibliothèque, c’est l’homme«

Friedrich dem Großen zugeschrieben V Friedrich und seine sechs privaten Bibliotheken

80.4 Liebhaber des Buches TAFEL 10

Die königlichen Privatbibliotheken Die sechs privaten Bibliotheken Friedrichs des Großen befanden sich jeweils in unterschiedlichen Gebäudeteilen der Schlösser. Der König bevorzugte die Unterbringung im Rundkabinett wie in Berlin und Sanssouci. In Charlottenburg und im Neuen Palais standen die Bü- cherschränke in einer Galerie, in Potsdam diente das Schlafzimmer als Standort. Die Zuordnung der Bände erfolgte spätestens seit 1771 durch den goldgeprägten Aufdruck eines Signum, d. h. eines die Bibliothek kennzeichnenden Buchstabens: 75.2 Schreibzimmer Berliner Stadtschloß – Potsdamer Stadtschloß: P – Weinbergschloß Sans, Souci: V – Neues Palais in Sanssouci: S – Berliner Stadtschloß: B (manchmal mit Blätterverzierung) – Breslauer Stadtschloß: B, BR oder B in Kartusche (nur wenige Bücher) Die Bücher in Charlottenburg trugen kein Signum. Der König besaß in seinen Bibliotheken insgesamt über 7000 Bän- de, die zeitweilig zusammengestellten Reise- und Feldbibliotheken (Kat. 8.2) nicht mitgerechnet. Zeitgenössische Bestandsverzeichnisse sind nicht erhalten. Der beste Nachweis findet sich bei Bogdan Krie- 79.2 Bibliothek ger, der aber keine vollständige Aufstellung des Bestandes zum Zeit- im Neuen Palais punkt von Friedrichs Tod gibt. Heute sind nur noch die drei Biblio- theken im Schloß Charlottenburg, im Schloß Sanssouci und im Neuen Palais in Potsdam erhalten.

Frederick the Great’s Private Libraries Frederick the Great had six private libraries. He preferred his books to be displayed in a round room, as in Berlin and Sanssouci. In Char- lottenburg Palace and the New Palace in Sanssouci the book cases stood in a gallery, whilst in the Potsdam Palace, they were in the king’s bedroom. 80.1 Friedrich Since 1771 at the latest all books were marked with a gilt letter deno- der Große im Park von Sanssouci ting the relevant library: – Potsdam City Palace - P – Sanssouci Palace -V (vigne – vineyard) – New Palace in Sansscouci - S – Berlin City Palace - B (sometimes decorated with leaves) – Breslau City Palace - B, BR or B in cartouche (very small holding) – Books housed in Charlottenburg Palace were not marked The king held more than 7000 books in his libraries, not counting the temporary travel and battlefield libraries. Contemporary invento- ries do not exist. The best document is by Bogdan Krieger although 80.3 Bibliothek it does not contain a complete stock list at the time of Frederick’s in Sanssouci death.

188 Die PrivatBibliotheken

Friedrichs Bibliothek im Schloß Charlottenburg

73

Die Bibliothek befindet sich im ersten Obergeschoß des Neuen (Ost)Flügels, der von ­Georg W. von Knobelsdorff 1740 – 1745 erbaut wurde. Sie ist galerieartig zum Garten gele- gen, die boisierten Wände sind graugrün gehalten und mit Silberdekor ausgestattet. Die beiden Deckengemälde von Antoine Pesne Minerva als Beschützerin der Künste und Alle- gorie der Dichtkunst und Musik wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört. Die Bücher sind in sechs mit Zedernholz furnierten Schränken mit geschliffenem Glas untergebracht. Darüber befinden sich14 antike Büsten auf Konsolen aus der Sammlung des Kardinals Melchior de Polignac, die der König 1742 erworben hatte. Die Bücher tragen kein Signum. Die Signierung wurde erst nach dem Bau von Sans- souci eingeführt, als sich Friedrich nur noch selten im Charlottenburger Schloß aufhielt und viele der dortigen Bücher nach Sanssouci überführt worden waren. Der Bücherbestand war gering, nach Bogdan Krieger umfaßte er nur ca. 190 Titel, meist naturwissenschaftli- chen Inhalts, die aus der Rheinsberger Zeit stammen. Seit 1895 gehören die Bücher zur »Königlichen Hausbibliothek«. Teile des Bestandes sind seit 1945 verschollen. Außerdem stehen seit 1992 im Knobelsdorff-Flügel auch Bücher aus dem Stadtschloß Potsdam mit dem Signum P (ca. 440 Titel).

189 Die Privatbibliotheken

Die Privatbibliotheken

74

73 75.1 Schloß Charlottenburg von Gartenseite Bibliothek im Schloß Charlottenburg Fotografie Hans Bach, SPSG. Abb. S. 189 Ausschnitt. Lutz Sonnenburg SBB-PK. Abb. S. 183 74 Bibliothek im Schloß Charlottenburg Unbekannte Fotografie. SPSG. Abb. oben

190 Friedrichs Bibliothek im Berliner Stadtschloß

Die Bibliothek befand sich im ersten Geschoß der nord-östlichen Ecke des Schlosses, zur Spreeseite hin gelegen (Raum 6). Das ehemalige Schreibzimmer Friedrichs des Großen hatte einen runden Grundriß, der an das Turmkabinett in Rheinsberg erinnert (Kat. 11.2). Es wurde nach Entwürfen von Johann August Nahl (1710 – 1781) und Johann Michael Hop- penhaupt (1709 – ca. 1755) dekoriert und im Jahre 1746 fertiggestellt. Das ursprünglich blaßgrün gestrichene Schreibzimmer Friedrichs malte man im 19. Jahrhundert für Königin Elisabeth blau, wie auf der Abbildung (Gouache von P. Graeb) zu sehen ist. Wände und Deckenkuppel wurden reich mit Goldornamenten verziert. Nicolai (a. a. O., S. 871) beschreibt das Inventar: Tische und Trümeaux (Wandspiegel) golden; Stüh- le, Kaminschirm, spanische Wand in rotem Damast mit Gold; an der Wand das Bild der Madame Barbarini von Pesne (heute in Schloß Charlottenburg). Friedrich, der seinen Lebensmittelpunkt in Potsdam-Sanssouci hatte und sich meist nur zur Karnevalszeit oder zu offiziellen Anlässen in Berlin aufhielt, nutzte die Bibliothek des Stadtschlosses kaum. Die Bücher tragen das Signum B (mit Blätterverzierung). Laut Krieger befanden sich nur 260 Bände in dieser Bibliothek. Nach Friedrichs Tod ging der Bestand in die Büchersammlung Friedrich Wilhelms II. über. In der Planung zum Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses wird die Rekonstruktion von Friedrichs Schreibzimmers vorgeschlagen (vgl. Das Berliner Schloss und seine Innenräu- me / Gedanken zur Planung und Rekonstruktion. Berlin Forum Stadtbild 2006).

75.2 Schreibzimmer im Berliner Stadtschloß Gouache von Paul Graeb. 331 × 280 mm. Abb. S. 192 75.3 Einband des Berliner Buchbinders Krafft mit dem Signum »B« (mit Blattverzierung) für Friedrichs Bibliothek im Berliner Stadtschloß. Ca. 180 ×130 mm. Lutz Sonnenburg SBB-PK.

à

Den ersten Bestandskatalog nahezu aller Bücher des Königs schrieb Bogdan Krieger, Friedrich der Große und seine Bücher. Berlin 1914.

191 Die Privatbibliotheken

75.2 Schreibzimmer Friedrichs des Großen im Berliner Stadtschloß

192 Friedrichs Bibliothek im Breslauer Stadtschloß

Der König erwarb 1750 von Baron Heinrich Gottfried von Spätgen das ›Palais Spätgen‹, das 1719 als Residenz für den Kanzler des Breslauer Bischofs entstanden war. Friedrich errichtete einen neuen Flügel für sein Breslauer Stadtschloß mit einer Wohnung, in der sich neben Musik-, Schlaf- und Schreibzimmer die Bibliothek befand: grüne Boiserie mit vier ­paarweise aufgestellten, verglasten Schränken mit geschnitzten und vergoldeten Kar- tuschen und ovalen allegorischen Medaillons in der Mitte mit Puttenreliefs (Hoppenhaupt d. Ä.). Der Schranktyp fand später auch im Neuen Palais Verwendung (Kat. 79.2). Die Bücher tragen das Signum B, BR oder B in einer Kartusche. Der Bestand ist bei Krieger nicht angegeben, war aber wohl erheblich; 1930 war er noch nahezu erhalten, seit 1945 sind die Bücher verschollen.

76 Friedrich am Arbeitstisch Holzstich nach einer Illustration von Adolph Menzel zur Geschichte Friedrichs des Großen von Franz Kugler. Leipzig 1840 (Kat. 106.1). Vor- liegend ein limitierter Abzug von dem Original- holzstock, den der Verlag E. A. Seemann 1922 erwarb. Dieser Abzug stammt aus einer handnu- merierten bibliophilen einmaligen Ausgabe des VEB E. A. Seemann Verlag Leipzig 1983.

193 Die Privatbibliotheken

Die drei großen Bibliotheken in Potsdam

77 Grundriß der Königlichen Residenzstadt Potsdam Kolorierter Kupferstich nach einer Zeichnung von Carl Ludwig Oesfeld. Berlin, Nicolai, 1786. 310 × 420 mm. Die drei Schlösser Friedrichs des Großen in Potsdam, in denen sich seine drei großen Privatbibliotheken befinden, sind rot markiert: rechts das Stadtschloß, links das Neue Palais und in der Mitte das Weinbergschloß Sanssouci. Leihgabe Wolfgang J. Kaiser

78.1 Einband des Berliner Buchbinders Krafft für Friedrich den Großen mit dem Signum P für Friedrichs Bibliothek im Potsdamer Stadtschloß. Lutz Sonnenburg SBB-PK.

194 Potsdamer Stadtschloß

78.2 Schlafzimmer mit Bibliothek im Stadtschloß Potsdam

Das Stadtschloß Potsdam war im Winter der Hauptwohnsitz Friedrichs des Großen. Die Bibliothek hatte einen Bücherbestand von etwas über 1000 Bänden mit dem Signum P. Sie waren in zwei hellblauen Rokoko-Schränken mit silbernen Ornamenten im Schlafzimmer untergebracht. Am Ende des Zweiten Weltkrieges sind die Bestände zum großen Teil ver- loren gegangen. Der Rest von 440 Titeln befindet sich heute im Schloß Charlottenburg. Das Stadtschloß brannte 1945 aus. Die Reste wurden 1960 gesprengt und abgetragen. 2002 wurde das Fortunaportal (ehemaliges Eingangstor) wiederhergestellt, u. a. auf Initiati- ve von Günther Jauch. Der Wiederaufbau des restlichen Schlosses ist derzeit im Gange.

195 Die Privatbibliotheken

79.2 Friedrichs Bibliothek im Neuen Palais in Sanssouci

196 Neues Palais in Sanssouci

79.1

Nach dem Siebenjährigen Krieg ließ der König das Neue Palais erbauen, wo er schon 1765 im Südflügel eine Wohnung bezog. Die Boiserie ist matt grün gehalten. Wie in Charlotten- burg befindet sich die Bibliothek in einem galerieartigen Raum. Die vier Bücherschränke tragen stark geschweifte Aufsätze mit holzgeschnitzten, vergoldeten Rosetten, ähnlich wie in Breslau, darauf vier antike Büsten (u. a. Cicero und Drusus). Die Bibliothek enthielt 2147 Bände mit dem Signum S (in roten Ziegenledereinbänden, infolge der Sonnenein- strahlung am Rücken heute ausgebleicht), 45 Karten, Pläne, Städteansichten und Porträts. Zwei Kommoden mit antiken Mosaikplatten bewahrten Folio-Werke von Vitruv, Palladio, Piranesi, Bianchini, Patte, etc. Heute befinden sich im Neuen Palais 594 Titel aus dem 18­ . ­Jahrhundert, 57 aus dem 17. und 3 aus dem 16. Jahrhundert.

79.1 »Ansicht des Neuen Schlosses bey Potsdam« Altkolorierter Kupferstich, Bildgröße: 67 × 85 mm. Aus: J. D. F. Rumpf. Beschreibung ... der Königli- chen Schlösser Berlin, Charlottenburg, Schön- hausen in und bey Potsdam. Berlin 1796. Bd. II, Titelvignette. Leihgabe Wolfgang J. Kaiser

79.2 Bibliothek im Neuen Palais Fotografie Roland Handrick, bpk/SPSG B-B.

79.3 Einband des Berliner Buchbinders Krafft für Friedrichs Bibliothek im Neuen Palais von Sanssouci mit dem Signum S. 180 × 130 mm. (S. 527). Lutz Sonnenburg. SBB-PK.

197 Die Privatbibliotheken

80.1

198 Das Weinbergschloß Sans, Souci

80.2

»Dort auf des Hügels luft’ger Spitze, Wo weit das Auge schwelgt in freien Sichten, Ließ sich der Bauherr zum erhabenen Sitze Mit Fleiß und Kunst das Haus errichten.« Friedrich der Große an Marquis d’Argens Die Lieblingsbibliothek Friedrichs des Großen ist wegen der einzigartigen künstlerischen Gestaltung sowie aufgrund des umfangreichen Bestandes (2288 Bände mit dem Signum V=Vigne=Weinberg) seine bedeutendste Privatbibliothek. Darüber hinaus gilt sie als die schönste fürstliche Privatbibliothek des 18. Jahrhunderts und als eine der gelungensten Schöpfungen des fridericianischen Rokoko. Die Bibliothek ist in einem Rundkabinett wie in Rheinsberg untergebracht, »comme à Rheinsberg«, wie auf Friedrichs Skizze zu lesen ist. Sie ist an der Ostseite des Schlosses gelegen und durch einen schmalen Gang mit Arbeits- und Schlafzimmer verbunden. Die Boiserie besteht aus braunem Zedernholz mit vergoldeten Bronzeornamenten. Sie enthält vier verglaste Bücherschränke mit oben stark geschwungener Kante, die in die Wände ein- gelassen sind (Höhe 1,62 m). Eine Schrankhälfte dient als Tür zu dem kleinen Gang. Links dane­ben befindet sich eine Spiegelnische mit Bank und Schreibtisch, von dem man durch die gegenüber liegende Fenstertür die berühmte Figur »Betender Knabe« im östlichen Git- terpavillon sehen kann. Rechts neben dem Eingang der Bibliothek ist ein Kamin unter einem großen Spiegel, gegenüber eine zweite Fenstertür. Vier Büsten (Homer und Seneca sowie vermutlich Sokrates und Äschylos aus der Polignac-Sammlung) stehen auf Konsolen an der Wand über den Schränken. Darüber befinden sich große ovale Goldbronzereliefs

199 Die Privatbibliotheken mit Sinnbildern der Architektur, der Malerei, der Musik und der Astronomie. Mittig auf der flachen Kuppeldecke glänzt eine vergoldete Sonne, das Freimaurer-Symbol der Aufklärung und das barocke Zeichen der absoluten Macht. Die Decke zieren eine reiche Goldorna- mentierung (Stuck) und ein großer Kristall-Lüster. Der intarsierte Boden in Einlegearbeit spiegelt den Dekor der Decke wider: in der Mitte eine große Rocaille (Muschelwerk), von der Strahlen in unterschiedlichen Hölzern ausgehen. Auf dem Kamin steht eine Büste des Königs, die der italienische Bildhauer Bartolomeo Cavaceppi 1770 nach einem Modell schuf, das bereits zuvor anläßlich eines Besuches beim König angefertigt wurde. Dieses Gesamtkunstwerk einer Bibliothek wurde vermutlich von Knobelsdorff zusam- men mit dem König selbst entworfen. Die Ausführung lag zunächst in den Händen von Johann August Nahl (Directeur des Ornements). Nach 1746 kamen die Holzbildhauer Joh. Michael und Joh. Christian Hoppenhaupt hinzu sowie die Bildhauer J. B. Benckert und G. F. Ebenhech, die Stukkateure Joh. Michael Merck und Carl Joseph Sartori, die alle in der Hofbildhauerwerkstatt von Christian Glume koordiniert wurden. Das Werk war am 1. Mai 1747 fertiggestellt. In den Bücherschränken befinden sich neben den braunen »Pariser Einbänden« aus der Kronprinzenzeit (aus Rheinsberg, siehe Kat. 11.2) die in rotes Ziegenleder von Krafft (Berlin) oder Rochs (Potsdam) gebundenen und mit dem Signum V auf dem Vorderdeckel versehenen Einbände; insgesamt 2288 Bände. Heute sind in Schloß Sanssouci nur noch 653 Titel erhalten. Es handelt sich dabei vornehmlich um antike Schriftsteller in französischer Übersetzung und französische Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts. Lit.: Hans-Joachim Giersberg. Die Schloßbibliotheken Friedrichs des Großen. 1993

80.1 Das Porträt: Friedrich der Große zu Pferde im Park von Sanssouci Kupferstich von Meno Haas (1752 –1833), Mit- glied der Akademie der Bildenden Künste ­Berlin, nach Ludwig Wolf (1776 –1832), 1808. ­Bildgröße: 614 × 415 mm. Bildunterschrift: »Friedrich der Große König von Preußen / Gebohren den 24 Januar 1712 zu Berlin, Gestorben in Sanssouci bei Potsdam den 17 August 1786.« Lit.: Campe 184 mit Abb. 176 Abb. S. 198

80.2 Das Weinbergschloß Sanssouci Ölgemälde von Charles Silva Dubois (1668 –1753). Supraporte im Konzertzimmer in Sanssouci. Fotograf Hillert Ibbeken, SPSG. Abb. S. 199

80.3 Einband des Berliner Buchbinders Krafft mit dem Signum »V« für Friedrichs Bibliothek im Schloß auf dem Weinberg (=vigne), wie das Schloß Sanssouci zuerst genannt wurde. Ca. 180 ×130 mm. (V 369). Lutz Sonnenburg. SBB-PK.

200 80.4 Friedrichs Bibliothek in Sanssouci w

»Sein Beispiel kan Ihnen lehren, daß es gar wohl beisammen bestehen kan, ein König und dabey ein Gelehrter zu seyn.«

Wippel, (Kat. 85)

»Was ich an Bildung des Geistes und an Weltkenntnis besitzen mag, erhielt ich in dieser Zeit, durch den Einfluß der freymüthigen unbefangenen Denkungsart, welche dieser große König begünstigte, und die sich hauptsächlich von seinen Landen aus … in das übrige Deutschland ausbreitete, wo ihr seitdem so herrliche Früchte zu danken sind.«

Friedrich Nicolai (Kat. 101) VI Die geistige Gestalt Friedrichs im Urteil seiner Zeit und der Nachwelt

81 Die Privatbibliotheken TAFEL 11

Die geistige Gestalt Friedrichs Zeitgenössische, zuverlässige Zeugnisses über die geistige Gestalt des Königs sind spärlich. Die nur beschränkt zuverlässigen Memoiren der Lieblingsschwester Wilhelmine behandeln lediglich die Jugendjahre Friedrichs. Voltaires Denkwürdigkeiten sind als Ausdruck seiner Ra- che für die Verhaftung durch Friedrichs Residenten in Frankfurt nur bedingt aussagekräftig. 60.1 Der ›Alte Fritz‹ Die persönlichen Erinnerungen von Dieudonné Thiébault geben ei- nen meist zuverlässigen Einblick in das Wesen des Königs und seine Denkungsart. Das gilt auch für die Aufzeichnungen des Fürsten von Ligne, des Grafen Mirabeau und des Arztes Zimmermann, allerdings mit dem Unterschied, daß sie Friedrich den Großen nur während we- niger Audienzen erlebt haben, wohingegen Thiébault zwanzig Jahre in Berlin lebte und den König häufig traf. Die weiteren Beispiele sind teilweise überschwengliche Lobschriften, gehässige Schmähschriften oder sachlichere Schriften von Autoren, die den König jedoch nicht 84 Voltaires persönlich kennen gelernt haben. Denkwürdigkeiten Schließlich werden einige wichtige Sammlungen von Anekdoten vorgestellt, die schon zu Lebzeiten Friedrichs zahlreich entstanden, ebenso wie dazu passende graphische Darstellungen, die den König als den volkstümlichen, bürgernahen ›Alten Fritz‹ zeigen. Manche Ge- schichten haben einen historischen Kern. Die glaubhaftesten Erzäh- lungen stammen von Büsching und Nicolai. Andere hingegen trugen ohne Wirklichkeitsbezug zur frühen Legendenbildung bei.

The King’s Character by Contemporary 93 Der alte König and Posthumous Accounts von J. J. Tassaert Contemporary, authoritative reports about the King’s character are rare. The memoirs written by his favourite sister Wilhelmine are not wholly reliable and only deal with Frederick’s youth. Voltaire’s Mé- moires are motivated by revenge for his humiliating treatment in Frankfurt and are, therefore, only of limited relevance. Dieudonnée Thiébault’s memoirs provide a better insight into the King’s character and mentality. The accounts by Prince Ligne, Count Mirabeau and the physician Zimmermann are also perceptive but are 92.2 Friedrich nach based on brief audiences with Frederick the Great, whereas Thiébault der Totenmaske von Eckstein had lived in Berlin for two decades. Further example include either gushing eulogies, spiteful diatribes or more sober papers by writers who had never actually met the king. To conclude, some important collections of anecdotes are shown which appeared in great numbers after the Seven Years’ War, together with graphic depictions of the king as the likable, populist »Old Fritz«. Some stories were rooted in history. The most reliable accounts came from Büsching and Nicolai. Others, however, bore little relation to reality and only contributed to the creation of legend. 101 Nicolai

204 Auswahl zeitgenössischer Autoren

81 Unbekannter und höchstwahrscheinlich uni- Das Porträt: Friedrich der Große, ca. 1785 kaler Probedruck von Cunegos Porträt Friedrichs Öl auf Leinwand. Nach Edward Francis Cun- des Großen: stehende Figur des alten Königs, ningham (1741–1793). 81 × 65,5 cm. Brustbild im Hintergrund das Neue Palais in Potsdam. mit dem Schwarzen Adler Orden. Mit den Zeitangaben des Stechers: 10. Juli bzw. Der schottische Maler Cunningham erhielt 8. August 1786. Etwa eine Woche später, am seine Ausbildung in Italien. Er arbeitete in Pa- 17. August 1786 starb der König. Die Radierung ris, Petersburg und London. 1783 kam er nach wurde danach vervollständigt und 1787 veröf- Berlin, um den Besuch des Herzogs von York, fentlicht, mit der Unterschrift: »Cunningham pin- eines Sohnes König Georgs III. von England, xit / Cunego sculpt / se vend à Berlin chez Jean bei Friedrich dem Großen in Gemälden fest- Marc Pascal. 1787.« und dem Titel »Frederic II zuhalten. Bekannt ist vor allem die Rückkehr Roi de Prusse«. Friedrichs des Großen vom Manöver um 1787 Campe, a. a. O., S. 14: »Mit zwei Ölbildern des (Schloß Sanssouci). Das vorliegende zeitgenös- englischen Malers … schließt die Reihe der wich- sische Porträt ist nach einem nicht mehr auf- tigsten Porträts, die als Vorlage für den größten findbaren Gemälde Cunninghams (ca. 1785) ge- Teil der nach dem Siebenjährigen Kriege verfer- fertigt worden. Das Original ist heute nur noch tigten Bildnisstiche des Königs gedient haben … bekannt als Porträtstich von Domenico Cunego Domenigo Cunego, der Stecher des frühesten von 1787 (Kat. 82). Das Gemälde wird erstmals Kinderbildnisses Friedrichs mit seiner Lieblings- in Deutschland ausgestellt. schwester Wilhelmine von Antoine Pesne …, Provenienz: Thomas Villiers, 1st Earl of Cla- hat 1786/87 auch diese letzten, zu Lebzeiten des rendon (1709 –1786), englischer Botschafter am Königs gemalten Altersbilder gestochen (s. Abb. Hof in Dresden (1738 –1742). Das Gemälde ist 167 und 168).« Nach Campe (a. a. O., S. 19, XXII) postum von der Familie des Earl erworben wor- ist das vorerwähnte Gemälde Cunninghams, das den im Hinblick auf das ihm vom preußischen Cunego als Vorbild für den vorliegenden Stich König 1782 verliehene Recht, den preußischen diente, verschollen (siehe Kat. 81). Adler in seinem Wappen zu tragen. Villiers, den Abb. S. 206 der König schätzte, war in die Friedensverhand- Lit.: Campe Nr. 128. lungen zwischen dem sächsischen Kurfürsten und dem König von Preußen eingeschaltet. 83 Lit.: Campe, a. a. O., S. 14 und S. 19, XXII; R. Gib- Wilhelmine Markgräfin von Bayreuth bon, Catalogue of Portraits in the Collection of Mémoires de Frédérique Sophie Wilhelmine, Mar- the Earl of Clarendon, Wallace 1977, Nr. 68 und grave de Bareith, … L’année 1706 jusqu’à 1742. S. 62 ff.; Hildebrand, a. a. O., S. 124. Abb. S. 207 Écrits de sa main. Brunswic, Frédéric Vieweg, 1810. 2 Halblederbände der Zeit mit Rückenver- 82 goldung. Erste Ausgabe. Friedrich der Große, 1786 Mit spitzer Feder schrieb Friedrichs Lieblings- Probedruck einer Radierung von Domenico Cu- schwester ihre berühmten, aber wenig zuver- nego (Verona 1727 – Rom 1794), teils in Mezzo- lässigen Memoiren. »Die Markgräfin schont mit tinto-Manier, vor der Schrift und vor Vollendung, ihrer scharfen märkischen Zunge … weder Kind lediglich Unterschrift in Spiegelschrift links: »Adi noch Kegel und ist, eingeweiht in alle, selbst 10 Luglio 1786 Berlino« und rechts: »Adi 8 Ago- in die intimsten Intrigen der hervorragendsten sto 1786 dato l’aqua« (später von der Platte ent- Höfe ihrer Zeit, urwüchsig bis zum Äußersten.« fernt). Plattengröße: 670 × 410 mm; Blattgröße: (Hayn-G. II, 448). Wilhelmine schildert im Detail 710 × 530 mm (unbeschnitten). Sehr selten. das katastrophale Verhältnis des Vaters zu ihrem

205 Im Urteil der Zeit

Im Urteil der Zeit

82 Domenico Cunego. Unbekannter Probedruck einer Radierung in Mezzotinto-Manier, vor der Schrift. 670 × 440 mm

81 Edward Francis Cunningham. Friedrich der Große, um 1785 w

206

Im Urteil der Zeit

83 84 85

Bruder Friedrich, wobei sicherlich etwas über- te die Schrift. Zwei ohne sein Wissen durch sei- zeichnet wird (siehe auch Kat. 5): nen Sekretär Wagnière angefertigte Kopien des »Nicht die geringste Erholung war ihm vergönnt; Manuskripts wurden jedoch postum publiziert. die Musik, die Lektüre, die Künste und Wissen- Goethe bezeichnete das verleumderische Trak- schaften galten ebenso als Verbrechen, die ihm tat als »Muster aller Schandschriften«. untersagt waren. Niemand wagte es, mit ihm Voltaire berichtet u. a. über die »philosophi- zu reden; kaum, daß er die Königin besuchen schen« Soupers an Friedrichs Tafel, an der mit ­durfte; sein Leben war das traurigste der Welt.« viel Esprit über alles gesprochen wurde und kein Thema ausgespart blieb (außer Politik): 84 »Nie und nirgends in der Welt hat man mit so Voltaires Denkwürdigkeiten viel Freiheit von allen Arten des menschlichen Mémoires pour servir à la vie de Mr. de Voltaire. Aberglaubens gesprochen und nie sind sie mit Ecrits par lui-même. (o. O. – Berlin oder Dres- mehr Witz und Verachtung behandelt worden … den ?) 1784. Mit Vignette auf Titelblatt und Blatt 3. Wer hinzu käme und uns hörte, müßte glauben, Pappband des 19. Jahrhunderts. Erste Ausgabe die sieben Weisen Griechenlands im Bordell zu (? bzw. im Jahr der Erstausgabe). hören.« In den wohl zwischen 1753 und 1759 ge- Lit.: Bengesco II, 1642 mit ausführlicher Darstel- schriebenen Denkwürdigkeiten aus dem Leben lung der Entstehung und Veröffentlichung. des Herrn de Voltaire, aufgezeichnet von ihm selbst erfährt man recht wenig über Voltaire, 85 hingegen viel über Friedrich den Großen. Das (J. J. Wippel) kleine Werk ist eine Abrechnung mit dem König, Gelehrte Geschichte des Weltweisen zu ­Sans-Souci. die Voltaire ganz unter dem Eindruck des Frank- (Berlin?) 1763. Mit gestochenem Frontispiz und furter Vorfalls schrieb (wo Voltaire festgehalten hübschem Rokoko-Titel. 1763. Halblederband wurde, da er einen Gedichtband des Königs der Zeit mit Rückenschild und Rückenvergol- mitgenommen hatte, siehe oben Dritter Teil: Die dung. Erste Ausgabe. Gedichte des Philosophen von Sanssouci). Es handelt sich wohl um das erste deutsche In diesem Licht muß man die scharfen For- Werk, das sich mit der literarischen Tätigkeit mulierungen und Überzeichnungen relativiert Friedrichs beschäftigt. Enthalten sind Beiträge betrachten. Voltaire selbst ließ das Manuskript zu einem intellektuellen Lebensbild des Kö- auch nicht veröffentlichen, sondern er verbrann- nigs mit zahlreichen Zitaten aus seinen Werken.

208 Schwerpunkte sind Voltaire und der Antimachia- vell. Im Vorwort heißt es: »Sein Beispiel kan Ihnen lehren, daß es gar wohl beisammen bestehen kan, ein König und dabey ein Gelehrter zu seyn.« Lit.: Holzmann/Bohatta VI, 5326.

86 (B?) Tischreden des Weltweisen zu Sans-Souci. (Ohne Druckort) 1761. In marmoriertem Papp­band der Zeit. Erste Ausgabe. Diese Anekdotensammlung mit Zitaten Fried- richs des Großen gibt die Gespräche des Königs mit Gottsched (S. 38 ff.) und mit Gellert (S. 63 f.) wieder. Der König zeigte sich zufrieden mit Gel- lerts Vortrag einer Fabel und wandte sich dar- aufhin an den Dichter: »… wenn ich hier bleibe, so muß er öfter wieder kommen, und seine Fabeln mitbringen, und mir »Wenn man den Fürsten im Profil sieht, so hat daraus vorlesen.« man eine einzige gerade Linie.« Das Vorwort ist unterzeichnet von »B … , der Daran orientierte sich auch das berühmte angibt, in die Schule des Philosophen Friedrich Profilbildnis, das Daniel Chodowiecki von dem gegangen zu sein, ferner, daß ohne ihn die alten König fertigte (Kat. 60.1). »Schlacht bey Torgau … gewis nicht gewonnen Lit.: Thieme-Becker, Bd. 36, S. 295; ­Hildebrand, worden« wäre (S. 6). Möglicherweise handelt S. 99 –103; Hohenzollern, S. 126. es sich dabei um Friedrichs Adjutanten Georg Heinrich von Berenhorst, der behauptete, dem 88.1 König das Leben gerettet zu haben, als dieser Anton Friedrich Büsching von einer Musketenkugel getroffen ohnmächtig Wöchentliche Nachrichten von neuen Land- vom Pferd zu fallen drohte (vgl. Duffy, a. a. O., charten, geographischen, statistischen und hi- S. 309). storischen Büchern und Sachen. Berlin, Haude Lit.: L/K 275. Siehe hierzu Kat. 59.1 und 95. & Spener, 1773 –1779. 7 Lederbände der Zeit. Erste Ausgabe. 87 Die ersten sieben Jahrgangsbände (von 15) Franz Xaver Würth (1749 –1813) enthalten neben Beiträgen zur Archäologie, Kopf in Profil nach rechts. Gipsrelief auf blau- Astronomie, Geografie, Wirtschaft, Kultur, Rei- getöntem Gips im Rahmen. 192 × 192 mm. Oben- sen etc. mehrere Rezensionen von Buchneu- laufende Legende »Frideric II Borus Rex«. Unten heiten. Von Interesse sind die Besprechungen signiert: »F: X: Würt: F:« Wien, um 1777. der Werke einiger Mitglieder der königlichen Vorbild für das Kopfrelief war das für die Tafelrunde und der Berliner Akademie, z. B. von Friedrich-Ikonographie wichtige Porträt des Bielfeld, Euler, Formey und Charles Guichard Kronprinzen Friedrich, das Georg Wenzeslaus (genannt Quintus Icilius). Friedrich der Große von Knobelsdorff (1699 –1753) 1737 malte. Auf- findet mehrmals Erwähnung, so in der Mittei- fallend ist die gerade Linie von Stirn und Nase. lung über die Verlesung seiner Eloge de Voltaire Gegen die Auffassung, Knobelsdorff habe die am 26. Nov. 1778 in der Akademie (Kat. 55) mit gerade Linie im Bemühen um hoheitsvolle Wir- kurzer Inhaltsangabe und der Anmerkung: kung entsprechend dem antiken Schönheits­ »Einen größeren Lobredner kann und wird ideal besonders herausgearbeitet, spricht die Voltaire nicht bekommen.« Bemerkung des Vorlesers Henri de Catt in sei- Der Jahrgang VII (S. 355 f.) enthält die Nach- nem Tagebuch: richt vom Druck der Schrift Friedrichs über die

209 Im Urteil der Zeit

89.1 89.2

Vaterlandsliebe Lettres sur l’amour de la patrie »In Berlin herrschte eine große Freiheit im Reden (Kat. 38.5) beim Hofbuchdrucker Decker in Ber- und Schreiben; sie artete oft selbst in Frechheit lin mit einer kurzen Inhaltsangabe und einem aus. Niemals sind mehr Schmähschriften gegen kuriosen Hinweis auf die ›Preiswürdigkeit‹: »Sie einen Fürsten erschienen; aber nie hat er einen kostet nur 6 gr.« (= Groschen). deswegen bestraft.« Lit.: Barbier II, 73. 88.2 (Jacques-Antoine Hippolyte, 89.1 Comte de Guibert) Porträt des Honoré-Gabriel Riquety, Éloge du Roi de Prusse. Par l’Auteur de l’Essai Comte de Mirabeau (1749 –1791) Général de Tactique. A Londres (d. i. Paris) 1787. Lithographie von Ligny und Dupaix nach einer Marmorierte Interimsbroschur. Erste Ausgabe Zeichnung von P. Sudré. Bildgr.: 213 × 181 mm. dieses Ehrengedächtnisses an den König. Mirabeau, der eine herausragende Rolle in Guibert (1743 –1790), Marschall und Kriegs- der Französischen Revolution von 1789 spielte, theoretiker, wurde berühmt durch sein Essai kam von Januar 1786 bis Januar 1787 zweimal général de tactique (1772). Er besuchte im Jahre nach Berlin und Potsdam, um die Verhältnisse 1773 den König, der von seinen militärischen am preußischen Hofe zu erkunden. Seine Ein- Kenntnissen beeindruckt war. drücke veröffentlichte er in dem sieben Bände Guibert beschreibt eingehend die Kriegsfüh- umfassenden Werk über die preußische Monar- rung und Verwaltungstätigkeit Friedrichs des chie (Kat. 89.2). Großen. Zudem beleuchtet er die literarischen Interessen dieses unermüdlichen Geistes und 89.2 weist auf seine mitunter durchaus geglückten Honoré Gabriel Riqueti, Comte de Mirabeau Verse hin: »quelquefois des vers heureux«. Zur De la monarchie prussienne, sous Frédéric le allgemeinen Redefreiheit und der Toleranz des Grand. 7 Bände. London (d. i. Paris, Lejay), 1788. Königs merkt Guibert an: Braune Kalblederbände der Zeit mit reicher ­Rückenvergoldung. Erste Ausgabe.

210 Detail aus enthalt in Berlin berichtet er nicht nur über sei- Kat. 65.1 ne Tätigkeit in der Berliner Akademie, sondern auch umfassend über seine Begegnungen mit dem König, der königlichen Familie und Fried- richs Freunden sowie über die Regierung, das Militärwesen, die Wissenschaften usw. In den Ausführungen zu den literarischen Aktivitäten seines Herren schreibt er u. a. über dessen Lei- denschaft für Racine und die Poesie allgemein (Band I, S. 112): Mirabeau traf Friedrich den Großen 1786 »La poésie était pour ce roi l’objet d’une véritab- zweimal, wenige Monate vor seinem Tode. Laut le passion …« seinem im übrigen nur bedingt glaubwürdigen (Die Dichtkunst war für diesen König eine Bericht stellte er dem König die Frage, warum ­wahre Leidenschaft). der deutsche Caesar nicht Augustus geworden Das erste Faksimile in Bd. III zeigt einen Aus- sei und die literarische Revolution nicht geför- zug der Handschrift der Éloge de Voltaire mit dert habe. Darauf gab der König die bemerkens- handschriftlichen Korrekturen Friedrichs. werte Antwort: Abb. S. 117. »Was hätte ich wohl für die deutschen Schriftstel- 91 ler tun können, was der Wohlfahrt gleich käme, Charles Joseph Prince de Ligne die ich ihnen erwies, indem ich mich nicht um Mémoires et mélanges historiques et littéraires. sie kümmerte und ihre Bücher nicht las?« Paris, A. Dupont, 1827. 5 Bände. Mit einem ge- Und Mirabeau kommentierte später: stochenen Porträt des Autors (Bd. II) und einem »Ich halte das Unglück für sehr gering, daß der gefalteten Faksimile-Schreiben des Autors. Erste deutschen Literatur die Unterstützung der Gro- Ausgabe. ßen gefehlt. Es ist mit der Schriftstellerei wie In Bd. I (S. 3 – 40) dieser Sammlung von mit dem Handel: Sie haßt den Zwang, und der Schriften des Fürsten von Ligne (1735 –1814) Zwang ist der unerfreuliche Begleiter der Großen.« wird dem König ein literarisches Denkmal ge- Lit.: Theodor Schieder, a. a.O., S. 465-472. setzt (erstmals als Mémoires sur le Roi de Prusse Frédéric le Grand 1789 in Berlin erschienen). 90 De Ligne, geboren in Brüssel, österreichischer Dieudonné Baron de Thiébault Feldmarschall, vorübergehend in russischen Frédéric-le-Grand, sa famille, sa cour, son gou- Diensten, aber vor allem berühmter franzö- vernement, son académie, ses écoles, et ses amis, sischer Literat, gilt als einer der geistreichsten généraux, philosophes et littérateurs, ou Mes Männer seiner Zeit. Er hielt sich vom 11. bis Souvenirs de vingt ans de séjour à Berlin. Paris zum 13. Juli 1780 in Potsdam auf, wo er den Kö- u. Leipzig, Bossange, 1827. 5 Bände. Mit 2 Litho- nig besuchte, den er bereits 10 Jahre früher zum graphien sowie 2 Faksimiles mit Handschrift des ersten Mal in Begleitung von Kaiser Joseph II. Königs und des Verfassers. Halblederband mit 2 getroffen hatte. Rückenschildern. Blaue Original-Broschur ein- » … Kunst, Krieg, Medizin, Literatur, Religion, gebunden. Spätere Auflage (EA 1804). Philosophie, Moral, Geschichte und Gesetzge- Der Schriftsteller Thiébault (1733 –1807) unter- bung kamen abwechselnd zur Sprache. Anek- richtete an der neugegründeten Ritterakademie doten über geistreiche Leute früherer Zeiten, (Académie des Nobles) in Berlin, wohin er 1765 ihre Fehler, Voltaires Verirrungen, Maupertuis’ auf Vermittlung d’Alemberts kam. Er gewann Herrschsucht … Unerschöpflich mannigfaltig das Vertrauen des Königs, der ihn auch an die und anziehend floß die Rede von seinen Lippen Akademie der Wissenschaften berief. Thiébault …, auf denen eine unaussprechliche Anmut lag.« bearbeitete die Texte, die der König zur Veröf- (Deutsche Übersetzung aus: Gespräche Fried- fentlichung in der Akademie bestimmte. richs des Großen, hrsg. von Oppeln-Bronikow- In seinen aufschlußreichen Persönlichen ski und Volz, Berlin 1919). Erin­­ne­rungen an einen zwanzigjährigen Auf-

211 Im Urteil der Zeit

92.2 Johannes Eckstein (ca. 1755 –1822) Friedrich der Große, König von Preußen ­­­(† 1 7 . August 1786). Büste aus weißglasiertem Meißener Porzellan. Blaue Schwertermarke und Prägezeichen »Weis«, signiert Kranichbein, (ca. 1934). Höhe 290 mm, Breite 220 mm. Mon- tiert auf altem Holzsockel. Friedrich der Große weigerte sich nach sei- ner Thronbesteigung beharrlich, einem Maler oder Bildhauer zu sitzen. Daher ist die von dem Potsdamer Bildhauer Eckstein unmittelbar nach des Königs Tod abgenommene Maske für die postume Darstellung des Königs von gro- ßer Bedeutung (siehe Kat. 93, 106.3). Eckstein fertigte danach im Auftrage des Thronfolgers FriedrichWilhelm II. eine Gipsbüste, Vorbild für mehrere Abgüsse und Porzellandarstellun- gen, vornehmlich der KPM und wie hier der Meißener Porzellan-­Manufaktur. Die nach der Eckstein-Maske gefertigten Gigpsabdrücke ka- men in Preußen vor ­allem in den 30 er Jahren des 19. Jahrhundert sehr in Mode. Abb. S. 213 92.1 à Johann Georg Ritter von Zimmermann Zu weiteren zeitgenössischen Urteilen über Fragmente über Friedrich den Grossen zur Friedrich siehe Baron Bielfeld (Kat. 12.3), ­Geschichte seines Lebens, seiner Regierung, und ­Moses Mendelssohn (Kat. 39.5), Christian ­Garve seines Charakters. Leipzig, Weidmann, 1790. (Kat. 39.7), Immanuel Kant (Kat. 39.9) und Bd. III. Marmorierter Lederband der Zeit. Erste ­Johann Wolfgang von Goethe (Kat. 59.10). Ausgabe. Der Schweizer Arzt und Schriftsteller wurde im Sommer 1786 an das Krankenbett Friedrichs gerufen, worüber er mehrere Bücher verfaßte. Er schildert sein Zusammentreffen mit dem König, wobei er meist mehr über sich selbst als über den König erzählt. Dennoch sind der Schrift Details über Friedrichs private Neigungen, vor ­allem über seine Passion für die Literatur und das Verseschreiben zu entnehmen (S. 389 f.): »Die Musen begleiteten ihn, wie die Helden des Alterthums, in seine Lager und auf seinen Mär- schen. Er machte Verse, wenn auch der Feind vor ihm stand, und zuweilen am Abend vor ­einer Schlacht … und der geplagte Held errang sich dadurch nicht nur, auf eine seiner innern und äussern Grösse angemessene Art eine gute Stunde, sondern er erhub sich in derselben aus einem Zustand von Niedergeschlagenheit zu neuer unüberwindlicher Kraft und Grösse. Im tiefsten Unglück machte Friedrich seine schön- 103 sten Verse.«

212 92.2 93 Im Urteil der Nachwelt

Hinsichtlich seines Nachruhms gab sich Friedrich der Große keinen großen Illusionen hin. So schreibt Friedrich an Voltaire am 31. Jan. 1773 (Max Hein, a. a. O.): »Aber wenn ich auch die Ruhmbegierde bei mir eingestehe, so glauben Sie doch nicht, ich wähnte, die Fürsten hätten den größten Anteil am Nachruhm. Ich glaube vielmehr, daß die großen Schriftsteller, die das Nützliche mit dem Angenehmen zu paaren wissen, die belehren, indem sie unterhalten, den dauerhaften Ruhm genießen werden … Man spricht hundertmal von Vergil, Horaz und Ovid und nur einmal von Augustus und dann auch noch selten zu seiner Ehre.«

93 Das Porträt: Der alte König Brustbild nach halblinks in ovalem Rahmen. Schabkunstblatt von J. J. Tassaert nach Henriette Félicité Tassaert, von vier Platten in Farben ge- druckt. Plattengröße: 348 × 280 mm. 1790. Hier in dem äußerst seltenen ersten Zustand. Das Schabkunstblatt von Jean Joseph Fran- çois Tassaert (1765 –1835) wird als das schönste in Farben gestochene Altersbildnis Friedrichs des Großen angesehen. Laut Campe ist es der »farbenprächtigste Farbdruck, den es von Fride- ricus Porträts gibt.« Das Brustbild ist von Henri- ette F. Tassaert, der Schwester des Stechers und Schülerin Chodowieckis, nach den ikonogra- phisch besten Vorbildern, den bekannten Alters­ portäts des Königs von Friedrich Wilhelm Bock und Anton Graff gemalt worden. Lit.: Campe 432a (»1re Planche«); Hannesen 25; H. von Sydow 78f. (dort zweiter Plattenzu- stand). abb. S. 214 Privatbesitz

94 (Anon.) Kurzgefaßte Lebensgeschichte des höchstseeligen Das kleine Werk ist ein Beispiel der einfachen Königs von Preussen Friedrich II. des Grossen. ›Volksbücher‹, wie sie nach Friedrichs Tod große Mit Erlaubnis der Obern. Augsburg, Johann Verbreitung fanden und mehr der Legendenbil- Georg Bullmann, 1786. Interimsbroschur. Mit dung als der wirklichen Darstellung des Königs schönem Frontispiz-Kupfer: Fridericus II. Borus- dienten. Hier wird kurioserweise von dem Kö- sorum Rex. Stehende Figur des alten Königs mit nig, der bekanntlich nur deutsch und franzö- Dreispitz grüßend und Krückstock in der Linken. sisch sprach, behauptet: Gestochen von Heiß nach S. Mansfeld. Bild­ »Friedrich redete mit Anmut und Beredsamkeit größe: 145 × 90 mm. (Campe 276, Abb. 160). alle lebenden Sprachen.«

215 Im Urteil der Nachwelt

Im Urteil der Nachwelt

95 A.* Das besondere Leben und Character des bewun- derten und verewigten preußischen Königes Friedrich des Großen unpartheyisch beschrieben. (Wien) 1787.4 Teile in 1 Bd. (von 2). Interims­ einband der Zeit. Mit Monogramm-Exlibris unter Krone auf Titelblatt. Seltene erste Ausgabe. In dieser anonymen Anekdotensammlung wird im 3. und 4. Teil über die »Unterredung des Königs und Professor Gellerts« Ende 1760 in Leipzig berichtet: » … der verewigte König unterredete sich mit ihm von vier bis gegen sechs Uhr von den schö- nen Wissenschaften, von der Litteratur und der Methode, womit er seine Hypochondrie curiret hatte, und mit welcher der Herr Professor Gel- lert die seinige auch curiren sollte.« Es folgt die Wiedergabe des weiteren Ge- sprächs. Darin trägt Gellert dem König die Fa- bel ›Der Maler‹ vor (siehe Kat. 86 mit Zitat; siehe auch das Gellertsche Werk, das die vorerwähnte Fabel enthält, Kat. 59.1). Lit.: Henning 70. 96 96 (Anon.) Anekdoten und Karakterzüge aus dem ­Leben öffentliche Sachen in gemeinem Gebrauch« sei- Friedrich des Zweiten. Berlin, Unger, 1787. Halb­ en). Dieser Grundsatz wurde später in das Allge- lederbände der Zeit. Erste Ausgabe dieser meine Preußische Landrecht übernommen. ­anonym erschienenen Anekdotensammlung Aus den Akten und der Korrespondenz des (Bd. VI –VIII und Bd. XVII). Bd. VII in Pappband Königs mit den Richtern wird zitiert, darunter der Zeit aus der Schloßbibliothek Carow. Friedrichs grundsätzliches Rechtsverständnis Die wichtige Anekdotensammlung enthält in (S. 48 f.), »daß in meinen Landen einem jeden, Bd. VII die bekannte Geschichte vom Müller er sei vor­nehm oder gering, prompte Gerechtig- Arnold. Dem Wassermüller Arnold wurde von keit wiederfahren, und nicht zum Faveur [Gun- dem Landrat von Gersdorf, der weiter oberhalb sten] ­eines Größeren gedrückt, sondern einem der Mühle einen Karpfenteich anlegte, das Was- jeden ohne Unterschied des Standes, und ohne ser abgegraben, sodaß Arnold die Pacht nicht alles Ansehen der Person eine unparteiische Ju- mehr zahlen konnte. stiz administriret werden soll.« Nachdem die Justiz dem Grundeigentümer in Nach Nicolai (Kat. 101, Bd. I, S. 79) ist diese allen Instanzen Recht gab, schaltete sich der Kö- Anekdotensammlung »… noch immer die beste nig selbst in den Prozeß ein, weil er irrtümlich Sammlung«. annahm, die Richter hätten das Recht zuungun- sten des Müllers Arnold gebeugt. Diese hatten aber nach dem Buchstaben des Gesetzes richtig entschieden. Der König vertrat demgegenüber den schon im Römischen Recht bekannten Grundsatz, wo- nach Eigentum in bestimmten Fällen Schranken unterworfen sei (also hier »fließende Gewässer

216 97 99 D. Anton Friederich Büsching Anekdotische Darstellung: Character Friedrichs des zweyten, Königs von Friedrich II. in Lissa Preussen. Karlsruhe, Schmied, 1789. Späterer Kupferstich von Anton Wachsman nach Karl Pappband. Zweite Auflage, aber erster Separat- Friedrich Hampe, um 1800. druck. Blattgröße: 214 × 260 mm. Bildunterschrift: Diese bedeutende Schrift zum Alltag Fried- »Nach der Schlacht bey Leuthen zog der König richs des Großen enthält von Augenzeugen an der Spitze zweyer Grenadierbataillone in Lis- dokumentierte Berichte über die Lebensweise, sa ein, um Nachtquartier zu nehmen. Der Ort Speisen, Tischsitten, Kleidung, Sprachkennt- war von Oesterreichern besetzt, welche aus den nisse Friedrichs, vor allem über seine geistigen Fenstern auf die Preußen feuerten. Der König Interessen und seine Handbibliothek (S. 65 – 69). ritt nach dem Schlosse: … Bon soir Messieurs! Büsching erstellt ein frühes und für das spätere Gewiß vermuthen Sie mich hier nicht. Kann Bild des Königs wichtiges Porträt. Über dessen man hier auch noch mit unterkommen?« Dichtkunst lesen wir (S. 61 ff.): Eine der populärsten und wohl am häufig- »Er war ein Dichter, nicht ein blosser Versema- sten ­illustrierten Anekdoten über den Mut und cher, wie Voltaire Ihn nannte, denn seine Verse die Geistesgegenwart des Königs (siehe auch enthalten nicht nur artige, sondern auch witzige, Kat. 102), wonach der König nur begleitet von malerische, und erhabene Gedanken.« einem kleinen Kreis von Offizieren und Husa- ren in dem Lissaer Schloß angekommen und durch sein sicheres Auftreten die dort in Über- zahl anwesenden Österreicher überlistet und ei- ner möglichen Gefangennahme entgangen sei. Der Vorfall entspricht allerdings so nicht ganz der Wahrheit. Laut eines Schreibens des Schloß- 98 eigentümers Baron von Mudrach an einen Ver- (Josef Richter) wandten drei Tage nach der Schlacht waren Leben Friedrich des Zweiten, Königs von Preus- zwar zutreffend einige österreichische Offiziere sen, skizzirt von einem freymüthigen Manne. zu dieser Zeit noch im Schloß, um ihre Verlet- Amsterdam (d.i. Wien, Wucherer) 1789. 4 Teile zungen verbinden zulassen. Von ihnen ging in 2 Bdn. Marmorierte Pappbände. Erste Aus- jedoch für den König keine Gefahr aus, als er gabe. mit kleinem Gefolge in das Schloß kam, um bei Dies ist die berühmte Friedrich-Biographie dem ihm bekannten Baron sein Abendessen ein- des Wiener Aufklärers und Satirikers Richter. zunehmen (vgl. Gerd Heinrich, a. a. O., S. 142). Die von dem Bibliographen Hayn-Gotendorf Auch Nicolai gibt diese bekannte Anekdote getroffene Feststellung, es handele sich um wieder, ohne allerdings auf den Wahrheitsgehalt eine »berüchtigte, von kleinlicher Gehässigkeit näher einzugehen (Kat. 101, Heft 3, S. 227–243). diktierte Schmähschrift«, wird dem Buch nicht Leihgabe Wolfgang J. Kaiser Abb. S. 221 in allen Punkten gerecht. Der Autor analysiert im einzelnen das Werk Friedrichs, z.B. wenn er 100 wenig schmeichelhafte Äußerungen über Maria- Ziethen an der Tafel Friedrichs des Großen Theresia in dessen Schriften dem an anderer Kupferstich von Daniel Chodowiecki. Platten- Stelle ausgesprochenen Lob der Standhaftigkeit größe: 423 × 536 mm. der jungen, vom Unglück gebeugten Fürstin ge- Bildunterschrift: »Friedrich und Ziethen. Lasst genüberstellt und anmerkt (Bd. II, S. 27): ihn schlafen, er hat lange genug für uns ge- »Es kommen in Friedrichs Werken mehr solche wacht«. gemeine Ausdrücke vor; die aber sicher nur Es handelt sich um das zusammen mit der nach einer erhaltenen Schlappe, oder in einem Wachtparade (Kat. 61) populärste Bild, das Cho- Anfall von satirischer Laune, oder gleich nach dowiecki anekdotenhaft vom ›Alten Fritz‹ schuf. Tisch niedergeschrieben wurden.« Lit.: Hayn-G. II, 452.

217 Im Urteil der Nachwelt

Der Bibliograph Engelmann merkt hierzu an: »Ziethen an der Tafel Friedrich’s II. schlafend. Der König en face sitzt mit drei Generalen an einem Tische und zeigt auf den Rechts sitzen- den eingeschlafenen Ziethen. Hinter dem Stuhle des Königs stehen zwei Kammerhusaren und Rechts und Links hinter Stühlen zwei Lakeien. Rechts weiter nach hinten sieht man noch zwei Bediente vom Rücken.« 1800 wurde das Bild Chodowieckis in die »Galerie vaterländisch-historischer Darstellun- gen«, einer Ausstellung der Berliner Akademie, aufgenommen. Die anekdotenhafte Darstellung des an der königlichen Tafel eingeschlafenen Husaren­ generals Hans Joachim von Zieten (1699 –1786), des populärsten unter Friedrichs Generalen, ist nicht belegt. Chodowiecki hat seinem Bild wohl die historisch nachgewiesene Anekdote zugrun- degelegt, nach der Friedrich der Große 1760 bei einer Rast auf dem Marsch von Schweidnitz nach der Lausitz den schlafenden Zieten nicht schlafenden Zieten; im 5. Heft: Aehnlickeit der stören ließ. Das beschreibt in Briefe Trajans und Friedrichs; im 6. Heft: Von la seinem berühmten Gedicht »Der alte Zieten‹‹: Mettrie; sowie das Inhaltsverzeichnis »über alle sechs Hefte« (vor dem 6. Heft). Bibliotheksstem- Einst mocht‘ es ihm nicht schmecken, pel Propstey Salzwedel. Erste Ausgabe. Und sieh, der Zieten schlief, Die recht gut recherchierte Sammlung enthält Ein Höfling wollt‘ ihn wecken, zum Teil außerordentlich amüsante Anekdoten Der König aber rief: über Friedrich den Großen und seine Umge- »Laßt schlafen mir den Alten, bung sowie Besprechungen der zeitgenössi- Er hat in mancher Nacht, schen Schriften über den König, u.a. von Mira- Für uns sich wach gehalten, beau (Kat. 89.2) und Zimmermann (Kat. 92.1). Der hat genug gewacht.« Der Autor Friedrich Nicolai (1733 –1811), be- kannter Berliner Verleger, Buchhändler, Literat, 1800 wurde das Bild Chodowieckis in die Freund Lessings und Mendelssohns (Kat. 39.6), »Galerie vaterländisch-historischer Darstellun- legte mit den Anekdoten die umfangreichste frü- gen«, einer Ausstellung der Berliner Akademie, he Materialsammlung über Leben und Legende aufgenommen. Friedrichs des Großen und das geistige Berlin Lit.: Campe 550; Engelmann 948; H. v. Sydow vor. 104/105. Abb. S. 219 In seiner Vorrede (Bd. I, S. X) schreibt der Ber- Leihgabe Wolfgang J. Kaiser liner Aufklärer: »Was ich an Bildung des Geistes und an Welt- 101 kenntnis besitzen mag, erhielt ich in dieser Zeit, Friedrich Nicolai (Hrsg.) durch den Einfluß der freymüthigen unbefan- Anekdoten von König Friedrich II. von Preussen genen Denkungsart, welche dieser große König und einigen Personen, die um ihn waren. Berlin begünstigte, und die sich hauptsächlich von sei- u. Stettin, 1788 –1792. 6 Bde. 5 Halblederbände nen Landen aus … in das übrige Deutschland der Zeit mit Goldprägung »Athenaeum« auf Vor- ausbreitete, wo ihr seitdem so herrliche Früchte derdeckel sowie ein Pappband (aus der Biblio- zu danken sind.« thek von der Schulenburg-Beetzendorf). Enthält Lit.: Nicolai-Kat. Wolfenbüttel N. 84; Goedeke IV, u. a. im 4. Heft: Von engländischen Büchern 503, 28. über K. Fr. II., Buchdruckerey in Berlin; Vom

218 100

102 103 Daniel Chodowiecki Julius Friedrich Knüppeln Acht Blätter zu Stein’s Charakteristik Friedrich’s II., Gemälde von Friedrich dem Einzigen. Leipzig, 1800. Kupferstiche. 2 unbeschnittene Blätter mit Hilscher, 1792. Mit gestochenem Frontispiz von je vier Darstellungen. Plattengröße 212 x134 mm. Kohl (nach Wille), Holzschnitt-Titelvignette. At- Größe der einzelnen Bilder: ca. 90 × 50 mm. traktiver roter Lederband der Zeit. Erste Aus­ Zu Steins Werk fertigte Chodowiecki anekdo- gabe. tische Szenen aus den Schlesischen Kriegen, die Der Autor hatte bereits 1788 ein panegyri- den König in verschiedenen Situationen zeigen sches Loblied mit dem Titel Der Geist Friedrichs und ihm dabei Aussprüche in den Bildunter- des Einzigen geschrieben. Er stand damit am An- schriften zuschreiben. Es ging dabei offensicht- fang der Legendenbildung und des Geniekults lich weniger um Authentizität als um die Dar- um den zwei Jahre zuvor verstorbenen preußi- stellung des geistesgegenwärtigen, tapferen und schen König. mit seinen Soldaten verbundenen Feldherren, Lit.: Nicht bei Henning, der nur eine spätere siehe etwa die Unterschrift zu Bild 1: »Wahrhaft Ausgabe kennt; Campe 210, Kat. 251. Abb. S. 212 mich jammert der rechtschaffene Mann« oder zu Bild 4: »Bonsoir Messieurs! Gewiß vermuthen Sie mich hier nicht« (vgl. Kat. 99). Abb. S. 221 Lit.: Engelmann 944 II und 974 II.

219 Im Urteil der Nachwelt

104 106.1 Johann D. E. Preuß (1785 –1868) Franz Kugler / Adolph Menzel Friedrich der Große. Eine Lebensgeschichte. Ber- Geschichte Friedrichs des Großen. Gezeichnet lin, Nauck, 1832-34. 4 Bände & 4 Bände Urkun- von Adolph Menzel. Leipzig, J. J.Weber, 1840. denbuch. 8 Halblederbände mit hübscher Rüc- Titel und Frontispiz in Holzstichtafeln, 398 kenvergoldung und mit marmorierten Pappdec- teils ganzseitige Holzschnitt-Illustrationen nach keln. Erste Ausgabe. Zeichnungen von Adolph Menzel. Braunroter Diese erste ausführlichere Friedrich-Biogra- Maroquinband der Zeit mit reicher Romantiker phie ist eine gründlich recherchierte Darstellung Gold- und Blindprägung. Erster Druck der er- des Lebens und Wirkens des Königs. Auf die sten Ausgabe. hier interessierende literarische Tätigkeit Fried- Dies ist das bekannteste Volksbuch über richs geht Preuß in seinem separat geschrie- Friedrich den Großen mit Menzels berühmtem benen Werk (Kat. 105) detailliert ein. Die erste Illustrationswerk. Die Ausgabe enthält die bei- grundlegend wissenschaftlich fundierte Lebens- den noch während des Druckes vom könig­ geschichte des Königs enthält einen wichtigen lichen Hofe unterdrückten ›anstößigen‹ Illustra- Dokumententeil, was dieses Werk bis heute be- tionen (S. 44 f.), die sich auf das lockere Leben deutend macht. am sächsischen Hof Augusts des Starken bezie- Lit.: Henning 76. hen. Dank umfangreicher Quellenstudien und 105 seines großen pschychologischen Einfühlungs- Johann D. E. Preuß vermögens gelang es dem jungen Menzel Friedrich der Große als Schriftsteller. Vorarbeit (1815 –1905), Friedrich und seine Zeit für den zu einer echten und vollständigen Ausgabe sei- Betrachter lebendig werden zu lassen. Das Werk ner Werke. Berlin, Veit, 1837. Moderner Lein- selbst, das viele Anekdoten ungeprüft verarbei- wandband. Erstausgabe. tet und eine Tendenz zum Heroenkult erkennen Diese grundlegende Arbeit des Historikers läßt, wurde vor allem durch Menzels großarti- ­Johann David Erdmann Preuß ist nach eigenem ge Kunst ein Erfolg und machte den Maler be- Bekunden als »eine Art literarischer Biographie« rühmt. angelegt worden. Gedacht war sie als Vorarbeit »Adolph Menzel nahm sich der Darstellung des für die angestrebte vollständige Ausgabe der Lebens Friedrichs des Großen mit solcher ma- Werke, die dann 1846 –1856 in 30 Bänden er- teriellen Breite und psychologischen Tiefe des schien (Œuvres, Kat. 64.3). Über die literarische Studiums und dazu mit solcher Genialität des Seite Friedrichs schreibt Preuß auf S. 105: künstlerischen Gestaltens an, daß die Kunst »Beide, die Gedichte, wie die Briefe des Königs durch ihn tatsächlich einen Beitrag zum Ver- zeigen die ungewöhnliche Fruchtbarkeit seines ständnis der schwierigen Persönlichkeit des Kö- Geistes, eine seltene Fülle historischer Bildung, nigs lieferte, wenn er auch manche legendäre einen tiefen Schatz von Welt- und Menschen- Anekdote übernahm. Menzel hat sich mit dieser kenntniß. Sollten wir auch der Philosophie des Leistung als der bedeutendste deutsche Histori- Monarchen in denselben nicht überall beipflich- enmaler des 19. Jahrhunderts ausgewiesen.« ten, sein edles Herz wird uns immer rühren, er (Helmut Börsch-Supan). mag die Tugend erheben, oder das Laster gei- Lit.: Bock, Menzel 428 – 815; Rümann 1359. ßeln, die Thorheit belachen, oder Wahn und Heuchelei enthüllen: denn was den Menschen 106.2 irgendwie berührt, bietet ihm Stoff zu dichte- Adolphe Menzel rischer oder brieflicher Mittheilung, in denen Illustrations pour les Œuvres de Frédéric-le- immer das eigene Herz sich auf die liebenswür- Grand. Gravées sur bois par O. Vogel, A. Vogel, digste Weise öffnet.« Fr. Unzelmann et H. Müller. 200 Feuilles avec texte de L. Pietsch. 4 Tomes. Berlin, R. Wagner, 1882.

220 102 102

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221 Im Urteil der Nachwelt

106.3 Wilhelm Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen Adolph Menzel geführt hat. Der Fürst berichtete von der Über- Nach einer Zeichnung Menzels von 1850 in: führung des Sarges Friedrichs des Großen von »Aus König Friedrichs Zeit. Kriegs- und Friedens- Marburg auf die Burg Hohenzollern im Jahre Helden.« Gezeichnet von Adolph von Menzel 1952. Beim Transport sei der Sarg aufgebrochen. und in Holz geschnitten von Eduard Kretz- Der für die Reparatur hinzugezogene Schreiner schmar, 1886; hier auf Seide gedruckt. Bildgrö- habe telefonisch bei ihm angefragt, ob er die Be- ße: 258 × 217 mm. sichtigung des einbalsamierten Königs vor dem Menzel suchte in seinen Arbeiten, vor allem erneuten Versiegeln des Sarges wünsche. Dabei auch über die fridericianische Zeit, die »größt- habe er die große Ähnlichkeit des erstaunlich mögliche Authenticität«. Seine Arbeiten beruhen gut erhaltenen Gesichtes des Königs mit den auf genauen Studien. Es kann davon ausge- Zeichnungen und Bildnissen von ­Adolph Men- gangen werden, daß Menzel die Totenmaske zel feststellen können: »Es war, als habe der Friedrichs des Großen von Johannes Eckstein Künstler die Leiche gesehen.« (vgl. »Vichy’s Last (Kat. 92.2) kannte und sein Friedrichbild daran Stand: A Prince’s story«, in: Financial Times vom orientierte. Dieser realistische Ansatz erklärt 5. Oktober 1996). vielleicht auch die bis in unsere Zeit andauernde In seinem Testament vom 8. Januar 1769 Beliebtheit der Menzelschen Friedrich-Bildnisse. (Kat. 62.3) verfügte der König: Die ausgestellte Darstellung zeigt den König mit »Ich habe als Philosoph gelebt und will als sol- einem durchgeistigten, freundlichen Gesicht, cher begraben werden, ohne Trauergepränge stehend in seiner Lieblingsbibliothek in Sans- und Leichenpomp ... Man bestatte mich in Sans- souci, ein wie uns scheint passendes Abschluß- souci auf der Höhe der Terassen in einer Gruft, bildnis für diesen Katalog über die literarisch- die ich habe herrichten lassen ...« philosophisch-bibliophile Seite des Königs. Des Königs Wunsch ist erst im Jahre 1991 in Zur staunenswerten Ähnlichkeit der Menzel- Erfüllung gegangen, als sein Sarg nach langen schen Friedrich-Bildnisse mit der historischen Umwegen nach Potsdam zurückkehrte und in Figur ist ein Interview erwähnenswert, das der seiner Gruft auf den Schloßterrassen beigesetzt englische Schriftsteller und Friedrich-Biograph wurde. Abb. S. 223 Giles MacDonogh am 14. Mai 1996 mit Friedrich

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Anhang

Anhang

Transkripktionen & Übersetzungen

Transkription des französischen Schreibens Friedrichs an Duhan de Jandun (Kat. 8.2)

»le 2 d’Oct 1745. Mon cher Duhan Je suis pillé Totallement, Je Vous prie de M’acheter et faire rellier Boilo [Boileau], in octavo la belle edition avec les Notes, peutetre La trouverai vous dans la biblioteque de Jourdan, le Discours sur l’histoire universele de Bosuet, oct: Les Tusculanes de Ciceron. Les Philipiques et les Catilinaires. Lucien traduit d’ablancour, l’edition derniere de Voltaire en 5 petit Volumes, L’edition de la Henriade de l’an 28, ou 32. apart, Horace de La Traduction de pelerin, 2 vol. in 8vo. Les poesies de Gresset, la bonne et derniere edition de Chaulieu grand 8vo, Rousseau la belle edition in 8vo beau papier. Feuquiere 8vo. Les deux dernieres campagnes de Turene petit 8vo, Le poeme de Fontenoy, Les lettres persannes, 2 petit volumes. Faite Moy le plaisir Mon cher De me trouvér ces livres et de me Les envoyér promptement, je Crois que Vous trouverez cet assortiment dans la biblioteque de Mon cher Jourdan. Adieu Mon Amy, j’en ai rechapé belle Le 30eme, ce qui me procure le plaisir de Vous assurer ­encore une fois de La tendre amityé et de la reconoisance que j’ai pour Vous Federic«

Übersetzung des Schreibens Friedrichs an Duhan »den 2. Oktober 1745. Mein lieber Duhan, Ich bin vollständig ausgeplündert worden. Ich bitte Sie, mir den Boileau zu kaufen und binden zu lassen., und zwar die gute Ausgabe mit den Anmerkungen in Oktav; vielleicht finden Sie folgende Bücher in der Bibliothek von Jordan: Die Abhandlung über die Universalgeschichte von Bossuet in Oktav. Die Tuskulanischen Gesprä- che von Cicero. Die Philippiken und Catilinarien [Ciceros]. Lukian [Lukianos von Samosata] übersetzt von d’Ablancourt. Die letzte Ausgabe Voltaires in fünf kleinen Bänden. Die Ausgabe der Henriade aus dem Jahr 1728 oder 1732. Horaz in der Übersetzung von Pelegrin in zwei Oktavbänden. Die Poesien von Gresset. Die gute letzte Ausgabe von Chaulieu in Großoktav. Rousseau, und zwar die schöne Ausgabe in Oktav auf gutem Papier. Feuquières in Oktav [Memoires sur la ­guerre?] Die beiden letzten Feldzüge Turennes in Kleinoktav. Das Gedicht von Fontenoy [Voltaire]. Die Persischen Briefe [Montesquieu] in zwei kleinen Bänden. Seien Sie so freundlich, mein Lieber, diese Bücher für mich zu suchen und mir umgehend zuzu- schicken; ich glaube, Sie finden diese Auswahl in der Bibliothek meines lieben Jordan. Adieu, mein Freund. Ich habe mich am 30. doch noch gut aus der Affäre gezogen [30. Septem- ber 1745, Schlacht bei Soor, wo der König zwar seine Reisebibliothek verlor, aber die Schlacht ge- gen die Österreicher und Sachsen gewann], was mir das Vergnügen verschafft, Sie nochmals meiner zarten Freundschaft und meiner Dankbarkeit zu versichern. Friedrich«

224 Transkription des französischen Schreibens Friedrichs an Voltaire (Kat. 42.3)

»à Berlin ce 3 de Fev: 1740 Mon cher Ami. Je vous aurais repondu plus tot si la situation facheuse dans la quelle je me trouve me l’avoit permis; malgré le peu de tems que j’ai à moi, j’ai pourtant trouvé le moyen d’achever l’ouvrage sur Machiavel dont vous avez les commencemens, je vous envoye par cet ordinaire la lie de mon travail, en vous priant de me faire part de la critique que vous en ferez, je suis resolu de revoir et de corriger sans amour propre tout ce que vous jugerez indigne d’etre presenté au public: Je parle trop librement de tout les grands princes pour permettre que l’Antimachiavel paraisse sous mon nom. Ainsi j’ai resolu de le faire imprimer après l’avoir corrigé comme l’ouvrage d’un anonyme; faites donc main basse sur toutes les injures que vous trouverez superflues, et ne me passez point les fautes contre la pureté de la langue. J’attends avec impatience la tragedie de Mahomet achevée et retouchée. Je l’ai vue en son crepus- cule, que ne sera-t- elle point en son midi? Vous revoila donc à votre phisique, et la Marquise à ces process, en verité mon cher Voltaire vous etes deplacéz tout les deux; nous avons milles physiques en Europe, mais nous n’avons point de poète et aucun historien qui vous aproche, et lon voit en Normandie cent Marquises plaider mais aucune qui s’aplique à la Philosophie. Retournez, je vous prie à votre Histoire de Louis 14, et faites venir de Cirey vos manuscripts et vos livres pour que rien ne vous arête; Valori dit qu’on vous a exile de France comme perturbateur de la Religion Catolique, et j’ai dit qu’il en avoit menti: [Es folgen zwei durchgestrichene Zeilen, laut Bestermann:] Je voudrais que le vieux machiavéliste relié dans la pourpre romaine vous assignât Berlin pour le lieu de votre exil. Mes desirs sont pour Remusberg comme les votres pour Cirey, je languais de retourner saluer mes penates. Le pauvre Cesarion est toujours malade il ne saurait vous repondre.

Presque trois mois de maladie Valent un siècle de tourmens; Par les maux son ame engourdie Ne voit, ne connait plus que la douleur des sens. Les charmans acords de ta lire, Mélodieux, forts et touchants, Ont sur ses esprits plus d’empire Qu’Hippocrate, Galien, et leurs medicamens. Mais, quelque dieu qui nous inspire, Tout est en vain sans la santé; Lorque le corps souffre martire, L’esprit ne peut non plus écrire, Que l’aigle veut voler, privé de liberté.

Consolez moi mon cher Voltaire par vos charmans ouvrages, vous acuserez d’en etre infatigable, mais je suis dans le cas de ces persones qui pour avoir beaucoup d’acide dans l’estomac, ont besoin d’une nouriture plus frequente que les autres. Je suis bien aise qu’Algarotti ne perde point le souvenir de Remusberg, les persones d’esprit n’y serons jamais oubliées, et je ne desespere pas de vous y voir. Nous venons de voir ici un petit ours en pompons, c’est une princesse Russiene qui ne tient de l’humanité que l’ajustement elle est la fille du Pr: Cantimir. Rendez s’il vous plait ma lettre à la Marquise, et soyez persuadé que l’estime que j’ai pour Vous ne finira jamais. Federic.«

225 Anhang

Übersetzung des Schreibens Friedrichs an Voltaire (Kat. 42.3) »Berlin, 3 Februar 1740 Mein teurer Freund, ich hätte Ihnen früher geantwortet, wenn die ärgerliche Lage, in der ich mich befinde, es zugelassen hätte. Trotz der wenigen Zeit, die ich für mich habe, fand ich Möglichkei- ten, das Werk über Machiavell, dessen Anfang Sie bekommen haben, zu beenden. Mit dieser Post bekommen sie die Hefe meines Tuns, und ich bitte Sie, mich Ihre Kritik wissen zu lassen. Ich bin entschlossen, ohne Eigenliebe alles durchzusehen und zu korrigieren, was Sie für nicht veröffent- lichungswürdig erachten. Ich spreche zu freimütig über alle bedeutenden Fürsten, um gestatten zu können, daß der ­Antimachiavell unter meinem Namen erscheint. So habe ich mich entschlossen, ihn nach der Korrektur als das Werk eines Anonymus drucken zu lassen. Legen Sie also Hand an alle Beleidigungen, die Sie für überflüssig halten, und lassen Sie keine Verstöße gegen die Reinheit der Sprache durchgehen. Ungeduldig warte ich auf die abgeschlossene und überarbeitete Mahomet-Tragödie. Ich sah ih- ren Sonnenaufgang; wie wird sie sich erst im Mittagslicht ausnehmen! Sie sind also wieder bei Ihrer Physik und die Marquise bei ihren Prozessen. Mein Lieber Voltaire, im Grunde sind Sie damit beide auf dem falschen Posten. Wir haben tausend Physikusse in Europa, aber wir haben keinen Dichter und keinen Historiker, der an Sie heranreicht, und es prozessieren in der Normandie hundert Mar- quisen, doch keine widmet sich der Philosophie. Kehren Sie, ich bitte Sie, zu Ihrer Histoire de Louis XIV zurück und lassen Sie sich aus Cirey Ihre Folianten und Manuskripte kommen, daß nichts Sie aufhalte. Valory bemerkte, Frankreich hätte Sie als Verwirrer des katholischen Glaubens ausgewiesen, und ich habe gesagt, daß er löge. Mir wäre es recht, wenn der greise, in Roms Purpur gewickelte Machiavellist Ihnen Berlin als Exil zuwiese. Mein Sehnen zieht gen Remusberg, wie Ihres gen Cirey. Ich schmachte danach, dort meine Schutz- götter zu grüßen. Der arme Caesarion ist immer noch krank; er könnte Ihnen nicht antworten.­

Fast drei Monate der Krankheit Wiegen wie ein Jahrhundert der Qual: Seine Seele, von Leiden betäubt, Sieht, kennt nur die Schmerzen der Sinne noch. Deiner Leier zauberische Akkorde, Melodisch, stark und rührend, Haben über seine Geister mehr Macht Als Hippokrates, Galen und ihre Arzneien. Doch gleich welcher Gott uns beseelt, Ohne Gesundheit ist alles umsonst; Wenn der Körper Martyrium leidet, Kann der Geist nicht mehr schreiben, Daß, der Freiheit beraubt, der Adler fliegen will.

Trösten Sie mich, mein lieber Voltaire, mit Ihren bezaubernden Werken. Sie werden mich ankla- gen, unersättlich zu sein, aber mit mir ist es wie mit jenen Leuten, die häufiger Nahrung brauchen als andere, weil sie in ihrem Magen zu viel Säure haben. Es tut mir wohl, daß Algarotti sich weiterhin Remusbergs entsinnt. Hier werden Menschen mit Geist niemals vergessen, und ich lasse die Hoffnung nicht fahren, Sie hier zu sehen. Wir hatten hier einen kleinen Bären mit Rüschen: eine russische Prinzessin, bei der sich das Menschliche im Putz zeigt; es ist die Tochter des Fürsten Cantemir. Übergeben Sie bitte meinen Brief der Marquise und seien Sie versichert, daß die Hochachtung, die ich für Sie hege, ohne Ende ist. Federic«

(Übersetzung Pleschinski, a. a.O., S. 156 –158)

226 Transkription des Schreibens Friedrichs des Großen an Generalfeldmarschall Kurt Christoph Graf von Schwerin (Kat. 60.3)

»Mein lieber General Feldmarschall Graf von Schwerin. Da ich vor gut gefunden einigen Meiner Of- ficiers Meine reflexions über den Krieg in besonderen Vertrauen zu communiciren; So habe Ich nicht anstehen wollen, Euch ein gedrucktes Exemplar davon hierbey zu fertigen zu laßen. Bey Erstehung deßen werdet Ihr sogleich finden, wie höchst nothwendig es sey, daß Ihr Euch zuvor den Inhalt deßen wohl bekannt machet, zugleich aber auch solches als das größeste Geheimnis so Ich Euch anvertrauen kann, haltet, und alle erdenkliche precautiones [Vorsichtsmaßnahmen] nehmet, damit solche niemahlen außer Euch zu keines Menschen Gesichte kommen, noch verlohren gehen, am allerwenigsten aber jemahls in Feindes Händen kommen könne. Eure Pflicht und Ehre repondiren Mir davon, daß Ihr das jenige so Ich in solchen Briefe wovon schreiben laßen, wohl und genauest beobachtet, als weshalb ich fordere, daß Ihr solches auch nicht einmahl jemanden, er sei wer er wolle, zu Gesichte kommen laßen, oder auch nur Euch äußern lasset sollet, daß Ihr solches Brief von Mir bekommen, oder in Händen habet; Inzwischen Ihr auch alle Vorsorge tragen sollet, daß auch vor Euren dereinst erfolgenden Tode, dieses Brief annoch (?) von Euch selbst versiegelt und firmirt an Mich wieder richtig eingeliefert werden müßte. Ich bin Euer wohlaffectionirter König, Berlin, 30. Januar 1753. Fch«

Transkription der Kabinettsorder vom 23. Januar 1753 (Kat. 60.3)

»Seine Königliche Majestät versichern Sich gantz zuverläßig von denjenigen, welchen Sie gegenwärti- ges Brief zustellen, daß Er auf seine Ehr, Reputation und Pflicht, solches auf das sorgfältigste in acht nehmen werde, damit selbiges niemanden weiter, er sey auch wer er wolle, zu Gesichte komme, noch jemahlen verlohren gehen müße. Solte es geschehen, daß es zu einer Campagne käme, so wird hoffentlich der Besitzer dieses Briefes sich den Inhalt deßen schon so bekannt gemachet haben, damit es wohl verwahrlich zurück bleiben, mithin durch keinen Zufall in Feindes Hände gerathen könne noch müße. Wenn Er krank werden, und in Gefahr kommen solte mit Tode abzugehen, welches Gott doch lange verhüten wolle! So muß er sorgfältig veranstalten, daß Dir das Brief wohl versiegelt, und gleich nach seinem Tode an Seine Königl. Majestät Selbst wieder eingeschicket werde.

Berlin, den 23. January 1753.«

227 Anhang

Zeittafel

1702 Gründung der Königlichen »Societät der Wissenschaften« in Berlin unter Leitung des Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz 1712 24. Jan.: Geburt Friedrichs, seit 1740 Friedrich II., König in Preußen 1713 Thronbesteigung Friedrich Wilhelms I. (sog. Soldatenkönig) 1721 Friedrich beginnt französische Romane zu lesen 1728 Friedrich reist mit seinem Vater zum Fürstentreffen nach Dresden 1730 Fluchtversuch Friedrichs, Kriegsgerichtsprozeß und Haft auf Festung Küstrin. Hinrichtung des Freundes Hans Hermann von Katte vor Friedrichs Augen. Beginn der Verwaltungsschulung in Küstrin 1733 Friedrich heiratet Prinzessin Elisabeth Christine von Braunschweig-Bevern 1736 Umzug des Kronprinzen nach Schloß Rheinsberg. Erstes Schreiben an Voltaire 1737 Algarotti: Il Newtonianismo per le dame (Kat. 33.2) Umbau des Schlosses Rheinsberg durch G. W. von Knobelsdorff, Rundraum-Bibliothek im Klingenberg-Turm 1738 Friedrich schreibt den Essay Considérations sur l’état présent du corps politique de l’Europe 1739 Friedrich schreibt den Antimachiavell: La Réfutation du Prince de Machiavel (Kat. 43.1) 1740 31. Mai: Tod des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. und Regierungsantritt Friedrichs II., religiöse Toleranz und Abschaffung der Folter. Friedrich bittet Voltaire, das Erscheinen des Antimachiavell in Den Haag zu verhindern; wird ohne Autorisierung Friedrichs im September von Jean van Duren in Den Haag (und zeitgleich in London) veröffentlicht (Kat. 43.3). 11. Sept.: Erstes Zusammentreffen Friedrichs mit Voltaire auf Schloß Moyland bei Kleve. Der König wählt Schloß Charlottenburg zur Residenz; er beauftragt G. W. von Knobelsdorff mit dem Ausbau des Neuen Flügels (bis 1746): Wohnung und Bibliothek im Obergeschoß. 20. Okt.: Regierungsantritt Maria Theresias. Okt.: Publikation einer überarbeiteten Fassung des Antimachiavell durch Voltaire in Den Haag (Kat. 43.4). Nov.: Voltaire reist in diplomatischer Mission für Kardinal Fleury nach Berlin. 16. Dez.: Friedrich marschiert in Schlesien ein. Beginn des Ersten Schlesischen Krieges (bis 1742). Beginn des Österreichischen Erbfolgekrieges (bis 1748) 1741 Bündnis mit Frankreich; Schlacht bei Mollwitz. Erste deutsche Ausgabe des Antimachiavell (Kat. 43.6) 1742 Schlacht bei Chotusitz und Frieden von Berlin: Österreich tritt Ober- und Niederschlesien an Preußen ab. Wahl des bayerischen Kurfürsten zum römisch-deutschen Kaiser Karl VII. 1743 30. Aug.–12. Okt.: Voltaire ist Gast des Königs in Berlin. Chodowiecki kommt nach Berlin 1744 24. Jan.: Feier zur Neugründung der Akademie der Wissenschaften. Umbau des Stadtschlosses Potsdam samt Bibliohek durch Knobelsdorff. Zweiter Schlesischer Krieg

228 1745 Friede von Dresden, Österreich bestätigt den Besitz Schlesiens. Baubeginn Schloß Sanssouci. Friedrich schreibt den Fürstenspiegel für den in Berlin erzogenen Herzog Karl Eugen von Württemberg. Friedrich bittet seinen ehemaligen Lehrer Duhan (Kat. 8.1), ihm umgehend eine neue Reisebibliothek zu besorgen, nachdem seine Feldbibliothek nach der Schlacht bei Soor geplündert wurde (Kat. 8.2) 1746 Friedrich schreibt die Geschichte seiner Zeit Histoire de mon temps (Kat. 50). Fertigstellung des runden Schreibzimmers im ersten Geschoß an der Spreeseite des Berliner Stadtschlosses, das auch als Bibliothek diente. Friedrich ernennt den französischen Mathematiker Maupertuis zum Präsidenten der Akademie der Wissenschaften in Berlin 1747 Beginn der Tafelrunde in Sanssouci 1748 Erster auszugsweiser Abdruck von Friedrichs Mémoires pour servir à l’histoire de Brandebourg, in: Histoire de l’Académie Royale des Sciences et Belles Lettres, Berlin (Kat. 49.1) 1749 Friedrich verfaßt das komische Heldengedicht Le Palladion, in dessen Mittelpunkt der französische Gesandte Maquis Valory und sein späterer Vorleser Darget stehen (Kat. 57.8) 1750 Voltaire bis 1753 am Hofe Friedrichs des Großen. Veröffentlichung von Friedrichs Mémoires pour servir à l’Histoire de la maison de Brandebourg in seiner Privatdruckerei im Berliner Stadtschloß »Au Donjon du Château« (Kat. 49.4). Der König erwirbt Palais Spätgen in Breslau, Ausbau zum Schloß, Bibliothek 1752 Erstes Politisches Testament Friedrichs (Kat. 62.1). Veröffentlichung der von Voltaire korrigierten Neuauflage der Œuvres du Philosophe de Sans Souci (hrsg. in 2 Bänden von Voltaire) 1753 23. März: Voltaire verläßt Berlin nach Zerwürfnis mit dem König. Bei Zwischenaufenthalt in Frankfurt am Main wird Voltaire von dem preußischen Residenten festgehalten, weil er ein Exemplar des von ihm überarbeiteten Gedichtbandes Œuvres du Philosophe de Sans-Souci dem König nicht zurückgegeben hatte. Friedrich läßt Die General-Principia vom Kriege in seiner Privatpresse drucken (Kat. 60.3) 1756 –1763 Siebenjähriger Krieg 1757 Gespräch Friedrichs mit dem Literaturprofessor Johann Christoph Gottsched in Leipzig 1758 Friedrich veröffentlicht anonym seine satirische Flugschrift Lettre d’un Secretaire du Comte Caunitz à un Secretaire du Comte Cobentzel (Kat. 44) 1759 Friedrich veröffentlicht anonym seine satirische Flugschrift Lettre de la Marquise de Pompadour à la Reine de Hongrie (Kat. 46). Voltaire veröffentlicht seinen satirischen Roman Candide (Kandide, Kat. 23) 1760 Begegnung mit Christian Fürchtegott Gellert in Leipzig (Kat. 59.1) 1763 Friedrich II. schreibt die Geschichte des Siebenjährigen Krieges in französischer Sprache: Histoire de la guerre de sept ans (Kat. 51). Baubeginn des Neuen Palais in Potsdam. Friedrich kauft in Berlin eine Porzellanmanufaktur: Königliche Porzellan-Manufaktur (KPM) 1764 Friedrich empfängt d’Alembert (Februar) und Casanova (Juni) 1765 Friedrich bezieht seine neue Wohnung im Südflügel des Neuen Palais, Bibliothek in galerieartigem Raum

229 Anhang

1767 Gedenkrede Friedrichs auf seinen Neffen Prinz Heinrich d. J. in der Akademie: Éloge du Prince Henri de Prusse (Kat. 54.2) 1768 Friedrich verfaßt sein Politisches Testament (Kat. 62.2) 1772 27. Jan.: Friedrichs Abhandlung Über den Nutzen der Wissenschaften und Künste wird in der Akademie in französischer Sprache verlesen 1777 Friedrich schreibt den Essai sur les formes de gouvernement et sur les devoirs des souverains (Theorie des aufgeklärten Absolutismus) 1778 26. Nov.: Friedrichs Gedächtnisrede Éloge de Voltaire wird in der Akademie in französischer Sprache verlesen (Kat. 55) 1778/79 Bayerischer Erbfolgekrieg zwischen Preußen und Österreich 1779 Friedrich beendet die Geschichte vom Hubertusburger Frieden bis zur Ersten Polnischen Teilung: Mémoires depuis la paix de Hubertusbourg 1763 jusqu’à la fin du partage de la Pologne 1775(Kat. 52), die Geschichte des bayerisch-österreichischen Erbfolgekrieges: Mémoires de la guerre de 1778 (Kat. 53), die Briefe über die Vaterlandsliebe: Lettres sur l’amour de la patrie (Kat. 38.5) 1780 Friedrich veröffentlicht die Abhandlung über die deutsche Literatur De la Littérature Allemande in französischer (Kat. 58.1) und deutscher Sprache (Kat. 58.2) 1781 Friedrich schenkt der Berliner Akademie die Büste Voltaires von Houdon (Kat. 56) 1784 Begegnung mit dem Philosophen Christian Garve in Breslau (Kat. 39.7) 1786 Begegnung mit Comte de Mirabeau (Kat. 89.2) und Prince de Ligne (Kat. 91). 17. August: Tod Friedrichs des Großen; Beisetzung in der Potsdamer Garnisonskirche; Sarkophag kommt 1952 von Marburg auf die Burg Hohenzollern bei Hechingen; 1991 wird der Sarkophag in die ursprünglich von Friedrich hierfür vorgesehene Gruft neben dem Weinbergschloß Sanssouci überführt

49.5

230 Literaturhinweise

Quellen

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Darstellungen

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233 Anhang

Register

Äschylos 199 Chodowiecki, Daniel 136 –138, 143, Afsprung, Johann Michael 127 144, 170, 217, 219 Akademie der Wissenschaften 62 – 65, 211 Cicero 58, 165 Akakia 76, 77 Cunego, Domenico 205, 206 D’Alembert, Jean-Baptiste 63, 70, 80, 157 Cunningham, Edward Francis 203, 205 – 207 Algarotti, Francesco 63, 71, 72, 125 Anti-Machiavel 92-100 Dantal, Charles 87, 88 d’Argens, Jean Baptiste Darget, Claude Étienne 87, 125, 162 de Boyer 48, 63, 73, 125, 154, 180 De la Littérature Allemande 126 –129 Arnold (Wassermüller) 216 De l’esprit 78, 79 Au Donjon du Château Derome, Nicolas-Denis, (Privatdruckerei) 107, 108, 138, 171 gen. le Jeune 173 –-175 Aufklärung 83 – 86, Dictionaire historique et critique (Bayle) 48 Diderot, Denis 63, 70, 90, 133 Bailly, Jean Silvain 184 Dohm, Chr. Wilhelm 128 Bayard-Orden 35 Dubois, Charles Silva 199, 200 Bayle, Pierre 47– 49 Duhan de Jandun, Jacques Egide 24, 27, 57 Baquoy, Pierre Charles 51 Beausobre, Louis de 179 Eckstein, Johannes 212 Bélisaire 39 Edition Royale 172 Berlinische Monatsschrift 83, 84 Eisen, Charles-Dominique 42 Bibliotheken 188 – 201 Ekel, F. C. 28 Schloß Charlottenburg 189, 190 Elisabeth Christine, Königin von Preußen 34 Berliner Stadtschloß 191, 192 Elogen (Gedächtnisreden) 116 Breslauer Stadtschloß 193 Emile ou l‘Education 64, 80 Potsdamer Stadtschloß 194, 195 Encyclopédie 70 Neues Palais in Sanssouci 196, 197 Epikur 45, 48 Weinbergschloß Sanssouci 198 –201 Erasmus 45 Bielfeld, Jakob Friedrich von Estève, Pierre 182 35, 68, 134, 209 Euler, Leonhard 63 f., 209 Boileau, Nicolas 36, 37 Examen critique du Système Bourdeaux & Fils 166 de la Nature 79 – 81 Breslauer Stadtschloß (KPM) 68 Briefwechsel mit Voltaire 150 Falbe, Joachim Martin 21, 22 Brumore, Abbé 184 Fénélon, François 37 Büsching, Anton Friedrich 209, 217 Fokke, Simon 169 Fontane, Theodor 218 Caminer, Domenico 129 Förster, Friedrich 23 Candide 56, 165 Formey, Samuel 64, 209 Canitz, Friedrich Rudolph von 131 Fredersdorf, Michael-Gabriel 155, 156 Catt, Henri Alexandre de 87, 88, 180,182 Friedrich Wilhelm I., Chasot, Isaak Franz Egmont König von Preußen 21, 27 Vicomte de 66, 125 Friedrich Wilhelm, Chaulieu, Guillaume Abbé de 38 Kronprinz von Preußen 74 Chaumont 57 Frisch, Johann Christoph 25, 161

234 Garve, Christian 85, 86 Königliche Bibliothek 184 Geller, Jörg 182, 240 Königliche Porzellan-Manufaktur Gellert, Christian Fürchtegott 131 (KPM) 68, 69 General-Principia vom Kriege 138 –141 Krafft, Berliner Hofbuchbinder Gessner, Salomon 130, 133 177–180 Gilberg, A. 68 Krüger, J. C. 28 Gleim, Johann Wilhelm 131 Kugler, Franz 33, 220 Goethe, Johann Wolfgang von 80, 130, 135 Götz von Berlichingen 135 La Mettrie, Julien Offray de 63, 73, 74 Gotter, Friedrich Gustav Graf von 74, 125, Largillière, Nicolas de 28 Graff, Anton 84, 85, 86, 131, La Tour, Maurice-Quentin de 103 Gravelot, Hubert 37, 39, 42, 57 Leibniz, Gottfried Wilhelm 45 f., 63 Gresset, Jean Baptiste Louis 38 Lessing, Gotthold Ephraim 63, 84, 85 Guibert, Jacques-Antoine H., Le Sueur, Blaise Nicolas 170 Comte de 210 Lettre de la Marquise de Pompadour 102 Lettre du Comte Caunitz à un Secretaire 101 Haas, Meno 21, 200 Lettre d’un academicien de Berlin 76, 77 Heinrich, Prinz von Preußen 152, 153 Lettres juives 73 Heinrich d. J., Prinz von Preußen 116 Lettres persanes 39, 165 Henriade 51 Lettres sur l’amour de la patrie 80 Helvétius, Claude Adrien 63, 78, 79 Ligne, Charles Joseph Prince de 211 Histoire de mon temps 112 Lisik, Joanna 103 Histoire de la guerre de sept ans 113 Lissa 217, 221 Holbach, Paul H. D. Baron von 63, 79 Listnau, Emanuel 120 Homer 57, 199 Locke, John 83 Homme machine 73 Luise Dorothea, Hoppenhaupt, Michael Herzogin von Sachsen-Coburg-Altenburg 52 und Johann Christian 200 Lukrez 45, 57 Horaz 45 Lyoner Ausgabe 122 Houdon, Jean-Antoine 118 Machiavelli, Niccolo 94 Il Newtonianismo per le dame 71, 72 Mahomet le Prophète 54 Mallet, Abbé 181 Jerusalem, Friedrich Wilhelm 127 Maria Theresia, Kaiserin/Königin 102 Jordan, Charles Etienne 25, 34 Marillier, Pierre-Clement 42 Joseph II., röm.-dt. Kaiser 113 Marc Aurel, röm. Kaiser 45 Maria Feodorovna, Zarin 174 Kalthoeber, Christian Samuel 133 Marmontel, Jean François 39 Kandide 56 Materialismus 73, 79 Kant, Immanuel 83, 84, 86 Maupertuis, Karsch, Anna Luisa, gen. Karschin 132 Pierre-Louis Moreau de 63 – 65, 77 Katte, Hans Hermann, von 20 Mauvillon, Eléazar de 24 Kaunitz, Wenzel Anton Graf von 101, 101 Maximilian III., Kurfürst von Bayern 113 Keith, George, Lord Marschall 66, 68 Meil, Johann Wilhelm 170 Keith, James, Feldmarschall 66, 68 Meister, Leonard 129 Keyserlingk, Dietrich Graf von 34 Meißener Porzellanmanufaktur 212 Kleist, Johann Ewald von 134 Mémoires pour servir à l’histoire de Knobelsdorff, la Maison de Brandebourg 104 –114 Georg Wenzeslaus von 189, 200, 209 Mémoires depuis la paix Knüppeln, Julius Friedrich 219 de Hubertusbourg 113 König, Anton Friedrich 163, 165 Mémoires de la guerre de 1778 113

235 Anhang

Mémoires pour servir à la vie de Rousseau, Jean Jacques 29, 80 Mr. De Voltaire 208 Rumpf, J. D. F. 197 Mendelssohn, Moses 63, 83, 84, 85 Menzel, Adolph 35, 67, 141, 193, 220, 22, 223 Schleuen, I. D. 34 Merkwürdigkeiten Schley, Jacob van 169 zur Brandenburgischen Geschichte 113 Schmidt, Georg Friedrich 73, 148, Metamorphoses 58 149, 168, 169 Mirabeau, Honoré-Gabriel Comte de 210, 211 Schnorr von Karolsfeld 86 Mithridates 35 Schwerin, Kurt Christoph Graf von Möser, Justus 127 140 –142 Molière, Jean Baptiste Poquelin 38 Seneca, L. Ä. 60, 199 Monsiau, Nicolas 51 Socrates 199 Montesquieu, Charles de Sécondat, Sophie Dorothea, Königin von Preußen 21 Baron de 39, 165 Spätgen, Heinrich Gottried Baron von 193 Moreau, Jean-Michel 42 Stille, Christoph Ludwig von 33, 66, 68 Motte Fouqué, Heinrich August de la 35 Stoa 45 Suhm, Ulrich Friedrich von 154, 155 Nahl, Johann August 200 Sulzer, Johann Georg 63 Neuchâtel 80 Système de la nature 79, 81 Nicolai, Friedrich 63, 83, 84, 85, 202, 217 Tacitus 60 Odyssée 57 Tafelrunde von Sanssouci 66 –76 Oesfeld, Carl Ludwig 194 Tassaert, Henriette 215 Œuvres du philosophe de Sans-Souci 119 –125 Tassaert, J. J. 215 Œuvres posthumes de Frédéric II, Télémaque 37, 42 roi de Prusse 160 Testamente 144 –147 Ovid 58, 68, 179 Theodicée 45 Thiébault, Diedonné Baron de 211 Palladion 125 Tischreden des Weltweisen Pesne, Antoine 21– 23, 26, 28, 33, 82, zu Sans-Souci 209 89, 105, 156, 189 Trublet 174 Pfeffel, J. A. 105 Picart, Bernard 41 Ueber die deutsche Litteratur 126 –129 Pitra 165 Plutarch 60 Ver-Vert 38 Poesies diverses 124 Vergil 172 Polignac-Sammlung 189, 199 Villiers, Thomas, Earl of Clarendon 205 Pöllnitz, Carl Ludwig von 74 Voltaire, François-Marie Arouet de Pompadour, Jeanette-Antoinette Poisson, 28, 50 – 56, 63, 76, 77, 96-99, 104, Marquise de 102, 103 105, 117, 118, 149, 150, 165, 208 Preuß, Johann David Erdmann 160, 220 Preussische Kriegslieder 131 Wachsmann, Anton 217 Wachtparade in Potsdam 143, 144, 170 Racine, Jean 35, 37 Watteau, Antoine 41 Ramberg, Johann Heinrich 94, 132 Werke Friedrichs des Großen 160 Reisebibliothek 24, 25 Wilhelmine von Preußen, Markgräfin Rheinsberg, Schloß 26, 28, 33ff., 83, 84 von Bayreuth 23, 33, 152, 205, 208 Richter, Josef 217 Wippel, J. J. 208 Rochs, Potsdamer Hofbuchbinder 181, 182 Wolff, Christian 44 – 46, 63, 83 Rothenburg, Friedrich Rudolf Graf von Wolffgang, Christian 105 66 –68 Würth, Franz Xaver 209

236 Ximenez, Augustin Marie 174 Ziethen, Hans-Joachim von 217, 218 Zimmermann, Zeitalter Ludwigs XIV. 52 Johann Georg Ritter von 212

Bildnachweis

David Hall, Nidderau/Windecken: Kat. 63.9 Abb. S. 156 Tania Reh, Berlin: Kat. 11.6 Abb. S. 28; 8.3 Abb. S. 161; S. 167 Alle anderen Aufnahmen stammen von Christoph Anzeneder, Berlin, und Heiko Wolfraum, Frankfurt, außer: Berlin, bpk Bildagentur für Kunst, Kultur und Geschichte: Kat. 2, 3, 11.1, 11.5 (Gerard Le Gall), 26.2, 40.2, 78.2, 79.2 (Roland Handrick), 80.4 (Reto Güntli) Berlin, Geheimes Staatsarchiv PK: S. 96 Berlin, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg: Frontispiz auf S. 4 (Leo Seidel), Kat. 11.2, 11.3 (Roland Handrick), 12.2 (3), 39.1 (Roland Handrick), 73 (Hans Bach), 74, 80.2 (Hillert Ibbeken) Berlin, Staatsbibliothek PK: Kat. 69.1; Bücherschrank im Schloß Charlottenburg auf Umschlag und Kat. 75.3, 78.1, 79.3, 80.3 (Lutz Sonnenburg) Minden, Preußen Museum Nordrhein-Westfalen: S. 89

Kurzbiographie des Autors

Wolfgang J. Kaiser, geboren 1941. Studium der Rechtswissenschaften in Tübingen und Münster sowie der Verwaltungswissenschaften in Paris. Seit 1975 in Frankfurt am Main als Industriejurist und ab 1980 als Rechtsanwalt tätig. Herausgeber und Mitarbeiter des Kataloges FRIEDRICH DER GROSSE. Sein Bild im Wandel der Zeiten. Frankfurt am Main 1986 (Ausstellung im Historischen Museum Frankfurt) und des deutsch-französischen Kataloges LE SIECLE DE VOLTAIRE. Friedrich der Große – Voltaire. Aufklärung – Lumières. Frankfurt am Main 1995 (Ausstellung in der Schirn Kunsthalle Frankfurt). Seit 2003 Direktor der Tusculum Rare Books Limited in London. Der Autor lebt in London und Berlin.

237 Anhang

Impressum

Der Katalog erscheint anläßlich des 300. Geburtstages Friedrichs des Großen und der Ausstellung »Die Bücher des Königs: FRIEDRICH DER GROSSE – Schriftsteller und Liebhaber von Büchern und Bibliotheken« Eine Ausstellung mit der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz Kurator: Wolfgang J. Kaiser

Herausgeber: Wolfgang J. Kaiser Konzeption und Katalog: Wolfgang J. Kaiser Lektorat: Maite K. Hagen, Richard Graf Korff Schmising Übersetzungen: Agnes Braunschweig, Mechthild Offermanns, Lavinia Singer Gestaltung: Gabriele Linke, Wolfgang J. Kaiser Umschlag: Wolfgang J. Kaiser Fotos: Christoph Anzeneder, Berlin; Heiko Wolfraum, Frankfurt am Main Druck und Bindung: Schleunungdruck GmbH, Marktheidenfeld Ausstellungsgestaltung: Stephan Rosenthal, Elisabeth Fischbach Restauratorische Betreuung: Prinzessin Felizitas zur Lippe, Magdalena Weidringer Plakat: Stephan Rosenthal

Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme Titeldatensatz für dieses Buch ist bei Die Deutsche Nationalbibliothek erhältlich: http://dnb.d-nb.de

Printed in Germany Alle Rechte vorbehalten

EDITION KAISER Brigitte Reh, Berlin Copyright © 2011 Wolfgang J. Kaiser, Berlin ISBN 978-3-00-036005-3 www.die-buecher-des-koenigs.de

Die EDF Deutschland GmbH hat sich an der Finanzierung des Kataloges und der Ausstellung maßgeblich beteiligt. Wir danken herzlich für die großzügige Unterstützung.

Weiter bedanken wir uns vielmals für die Förderung des Projektes bei der Pfizer Deutschland GmbH. »Pflicht eines jeden guten Bürgers ist es, dem Vaterlande zu dienen und zu bedenken, daß er nicht allein für sich auf der Welt ist, sondern daß er zum Wohle der Gesellschaft, in die die Natur ihn gestellt hat, arbeiten muß. Ich habe mich bemüht, diese Pflicht nach meinen schwachen Kräften und Einsichten zu erfüllen, seitdem ich nach dem Tode meines Vaters zum ersten Amt dieses Staates gelangt bin.«

Friedrich der Große

»Das Leben, mein lieber Darget, ist eine hundsföttische Sache, wenn man alt wird. Entweder man muß sich entschließen, auf der Stelle umzukommen, oder sich Stück für Stück dahinsterben zu sehen. Aber bei alledem gibt es eine Art, glücklich zu sein; man muß sich ideell verjüngen, von seinem Körper absehen und sich bis zum Ende des Stücks eine innere Heiterkeit erhalten und die letzten Schritte des Pfades mit Blumen bestreuen.«

Friedrich der Große Exlibris

57.3 13.6 32.2

25.3 59.7 57.5

58.2 71.2

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