» Denn was du denken kannst, das kannst du auch vollbringen « Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

MASTERARBEIT

Zur Erlangung des Mastergrades an der Kultur- und Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Salzburg

Gutachter: Univ.-Prof. Dr. Werner Michler

Fachbereich: Germanistik Verfasserin: Alexandra Rothenbuchner, BA

SALZBURG 2018 Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

Inhaltsverzeichnis

Einleitung ...... 3

1 .Betty Paoli und Frauen im österreichischen Journalismus zwischen 1848 und der Jahrhundertwende ...... 5 1.1 Zur Biografie Betty Paolis ...... 5 1.2. Zur Situation der Frau in der literarischen Öffentlichkeit der zweiten Jahrhunderthälfte . . .14 1.2.1 Frauen und Bildung ...... 18 1.2.2 Frauen in Bewegung ...... 21 1.2.3 Frauenzeitschriften ...... 24 1.2.4 Frauen im Journalismus ...... 25

2 . Publizistische Arbeiten Betty Paolis ab 1848 ...... 45

3 . Betty Paolis Feuilletons im Vergleich – Eine Analyse ihrer Texte unter Heranziehung thematisch ähnlicher Artikel zeitgenössischer Autoren ...... 60 3.1 Über weibliche Erziehung ...... 61 3.2 Unsere Moden ...... 67 3.3 Die neue Hauptstadt Italiens ...... 74

Fazit ...... 78

Literaturverzeichnis ...... 79

Abstract ...... 91

Eidesstattliche Erklärung ...... 92

– 2 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

Einleitung

Der Journalismus im 19. Jahrhundert ist ein Bereich, der – auf den ersten Blick – vor allem von Männern dominiert zu sein scheint. Sichtet man die Sekundärliteratur zu diesem Thema, sind Männer als Verfasser von Artikeln, Männer als Herausgeber von Zeitungen und Zeit- schriften, Männer als Thema der Beiträge und Männer als Leser die ersten, auf die man stößt. Erst ein zweiter Blick offenbart, was von der Forschung lange übergangen worden ist: dass auch Frauen in der zweiten Jahrhunderthälfte zunehmend Anteil am Journalismus hatten. Eine Frau, die dabei besonders hervortritt, ist Betty Paoli, eigentlich Elisabeth Glück1. Nach ihren ersten Erfolgen als Lyrikerin verfasst sie zu einer Zeit, in der das weibliche Geschlecht in der Öffentlichkeit kaum ein Recht hat, sich zu äußern, vermehrt von Kunstkritiken und Feuilletons. Ab der Zeit der Revolution 1848 bis in die 1880er Jahre ist sie mit ihren Artikeln nicht nur in der journalistischen Öffentlichkeit präsent, sondern schafft es, Einfluss auf die öffentliche Meinung zu nehmen. Paoli äußert sich zur politischen Situation 1848, fordert als eine der ersten Frauen öffentlich eine bessere Bildung und Erwerbsmöglichkeiten für unver- heiratete Frauen und nimmt mit ihren Kunstkritiken Einfluss auf die Literatur- und Theater- rezeption ihrer Zeit.

[I]hre reiche Lebenserfahrung, ihre durch bittere Leiden und schwere Heimsuchungen nie getrübte Menschenliebe, gepaart mit seltenem Scharfblick und warmer Begeisterungs- fähigkeit, ließen sie als wertvollste Bundesgenossen erscheinen. Sie war ja nicht allein die damals vielberühmte lyrische Dichterin mit der überschäumenden Feuerseele und der himmelstürmenden Phantasie, sondern sie umfaßte zugleich mit nimmermüdem Interesse und unerschrockener Gesinnung alle politischen und sozialen Fragen des Tages.2

Diese Beschreibung Paolis von Helene Bettelheim-Gabillon – Freundin Paolis und Heraus- geberin einer Sammlung von Aufsätzen der Journalistin – ist wohl nicht als objektive Cha- rakteristik zu betrachten. Hinter den überschwänglichen Phrasen verbirgt sich jedoch das Bild einer vielseitig interessierten und gebildeten Frau, die sich, wenngleich sie radikale Emanzipationsbestrebungen ablehnte, nie mit der zeitgenössischen Rolle der bürgerlichen Frau zufrieden gab.

1 Vgl. Schmid-Bortenschlager, Sigrid: Österreichische Schriftstellerinnen, 1800 – 2000: Eine Literaturgeschichte. Darmstadt: WBG (Wiss. Buchges.), 2009, S. 38. 2 Bettelheim-Gabillon, Helene: Sozialpolitische Gedanken Betty Paolis. In: Jahrbuch der Grillparzergesellschaft 28, (1928), S. 72.

– 3 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

Zur besseren Einordnung von Paolis Arbeit soll im Folgenden dargestellt werden, vor wel- chem gesellschaftlichen Hintergrund Betty Paoli zu schreiben begann und mit welchen Hin- dernissen sie konfrontiert war. Dabei wird ein Blick auf die allgemeine Situation der Frau in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts geworfen, insbesondere auf die Frage nach deren Erwerbsmöglichkeiten, mit welcher sich Paoli in ihren Feuilletons mehrfach beschäftigt. Im Zuge dieses allgemeinen Teils wird auch gezeigt, dass Betty Paoli nicht die Einzige war, die sich im Laufe dieser Jahrhunderthälfte zunehmend in Zeitungen und Zeitschriften äußerte. Dabei wird ein Überblick über jene Frauen gegeben, die in der Forschungsliteratur Erwäh- nung finden, aus welchen Verhältnissen sie stammten, zu welchen Themen und in welchen Medien sie publizierten. Der Fokus wird dabei auf jene Frauen gelegt, die bis um das Jahr 1900 regelmäßig in Erscheinung traten. Ein Blick auf die nach 1900 journalistisch tätigen Frauen – zu jener Zeit beginnt die journalistische Tätigkeit von Frauen allmählich zuzuneh- men – würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen.

Das zweite Kapitel der vorliegenden Arbeit wird sich verstärkt mit Betty Paolis journalis- tischem Schaffen beschäftigen. Es soll nicht nur einen Überblick über die Themenbereiche geben, mit denen sich Paoli im Laufe ihres Lebens beschäftigt hat, sondern auch ihre Moti- vation für das Schreiben beleuchten und Entwicklungen in ihrer Arbeit aufzeigen. Abschlie- ßend werden im dritten Kapitel drei von Betty Paolis Feuilletons – »Über weibliche Erzie- hung«, »Unsere Moden» sowie »Die neue Hauptstadt Italiens« – anhand eines Vergleiches mit verschiedenen zeitgenössischen Zeitungstexten näher betrachtet. Basierend auf den Er- kenntnissen der allgemeinen Kapitel soll gezeigt werden, inwiefern Paolis Texte im zeitge- nössischen Diskurs bleiben und wo sie sich aus der Masse herausheben.

– 4 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

1. Betty Paoli und Frauen im österreichischen Journalismus zwischen 1848 und der Jahrhundertwende

1.1 Zur Biografie Betty Paolis

Bin ich einmal todt und es will sich Jemand die Mühe nehmen, meine Biographie zu schreiben, so kann ich es, leider! nicht hindern, aber so lange ich noch auf Erden wandle, fühle ich nicht den min- desten Beruf, vor dem Publikum eine Art General- beichte abzulegen. Biographien noch lebender Per- sonen müssen entweder lügen – oder lückenhaft sein; wenn dies nicht, sind sie noch schlimmeres: Eine Entweihung, die man seinem eigensten Wesen zufügt, um die Neugier und Klatschsucht der plum- pen Masse zu befriedigen.3

4

Diese Sätze schrieb Betty Paoli im Juli 1856 in einem Brief an den Feuilletonredakteur und Herausgeber des »Österreichischen Lloyd«, Leopold Kompert. Zeitlebens hat sie sich gegen das Erscheinen einer Biografie ihrer selbst gewehrt und so ist über Betty Paolis Leben heu- te vieles nicht bekannt oder widersprüchlich überliefert. Dazu zählt bereits ihr Geburtstag, der in der Forschungsliteratur zumeist mit dem 30.12.1814, vereinzelt aber auch mit dem 30.12.1815 angegeben wird.5 Paoli wurde als Barbara Elisabeth Glück in Wien geboren. Ihr Leben beginnt

zum Zeitpunkt des Wiener Kongresses. Metternich brillierte und baute unter Ferdinand II., dessen Starrheit vom aufgeklärten Absolutismus des Joseph II. weit entfernt war, sein re- aktionäres ‹System› auf. In Österreich herrschten Biedermeier und Vormärz, Bespitzelung und unterdrückte Presse.6

Trotzdem sollte sich das in bürgerlichen Verhältnissen geborene Mädchen später zu einer der ersten Journalistinnen Österreichs entwickeln. Auf dem Weg dorthin hatte Paoli jedoch mit zahlreichen Hindernissen zu kämpfen. Ihre Mutter, eine Belgierin, war mit einem Wie- ner Militärarzt verheiratet. Allerdings soll nicht dieser, so heißt es in verschiedenen Quellen

3 Hock, Stefan: Briefe Betty Paolis an Leopold Kompert. In: Jahrbuch der Grillparzer-Gesellschaft 18 (1908), S. 201. 4 ÖNB/Bildarchiv PORT_00000925_01. 5 Vgl. Feest, Katharina: Konstruktion von Weiblichkeit im Werk von Betty Paoli anhand ausgewählter Gedichte, Novellen und Artikel. Masterarbeit, Graz, 2015, (masch.), S. 34. 6 Geber, Eva (Hrsg.): Betty Paoli. Was hat der Geist denn wohl gemein mit dem Geschlecht? Wien: Mandelbaum, 2001, S. 10.

– 5 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli der Sekundärliteratur,7 ihr leiblicher Vater gewesen sein, sondern ein ungarischer Adeliger. Aus dem Taufschein geht nur hervor, dass Paoli nach siebenmonatiger Ehe als Tochter von Theresia, geborene Grünnagel, und Anton Glück, einem Oberarzt des Feldspitals 23, geboren worden sei.8 Anton Glück starb zwei Jahre nach der Geburt des Mädchens und hinterließ die Familie gut versorgt. Wie Helene Bettelheim-Gabillon, langjährige Freundin Paolis, Es- sayistin und Feuilletonistin, in ihrer Charakteristik Betty Paolis schreibt, sei die Mutter aber nicht fähig gewesen, »ihrer hochbegabten Tochter eine ihrer würdige Erziehung angedeihen zu lassen und ihr ansehnliches Vermögen angemessen zu verwalten.«9 Paoli beklagte spä- ter selbst ihre mangelhafte Erziehung. Die offizielle Schulbildung war für Mädchen zu dieser Zeit mit dem Abschluss der Volksschule beendet, »privater Fremdsprachenunterricht und eigene Lektüre waren die einzigen Möglichkeiten, Bildung zu erwerben«10. Eine Tatsache – wie später in dieser Arbeit noch behandelt werden wird – unter der viele Mädchen, die sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts dem Schreiben widmeten, gelitten haben. Das gilt auch für Betty Paoli. Sie musste sich ihr Wissen ebenfalls zu einem großen Teil im Selbststu- dium aneignen. Das Thema »weibliche Erziehung« hat sie in ihren Texten immer wieder be- handelt – sowohl in ihrer Lyrik als auch in mehreren Zeitungsartikeln, die in Kapitel 2 und 3 dieser Arbeit noch näher betrachtet werden sollen.

Als Betty Paoli gerade 15 Jahre alt ist, verliert ihre Mutter bei verschiedenen Spekulations- geschäften das gesamte Vermögen, und das Leben, wie Paoli es kannte, war vorbei. Von die- sem Zeitpunkt an war sie gezwungen, selbst für ihren Unterhalt zu sorgen – ein Umstand, der auch ihre Arbeit und ihre Haltung zum Thema des Frauenerwerbs beeinflussen wird. Als 1864 in Konkurrenz zur »Presse« die »Neue Freie Presse« gegründet wurde, nützte Paoli dieses Medium, um sich in den folgenden Jahren mehrfach öffentlich mit der Situation von Frauen in der Öffentlichkeit auseinanderzusetzen. Zwar war Paolis Haltung in der Frauen- frage – wie der historische Feminismus zeitgenössisch bezeichnet wurde11 – keine kämpfe-

7 Vgl. dazu u. a. Geber: Betty Paoli. S. 10.Gürtler & Schmid-Bortenschlager: Eigensinn und Widerstand. S. 36. 8 Vgl. Wozonig, Karin S.: Die Literatin Betty Paoli. Weibliche Mobilität im 19. Jahrhundert. Wien: Löcker, 1999, S. 196. 9 Bettelheim-Gabillon, Helene: Zur Charakteristik Betty Paolis. Nach alten und neuen Quellen. In: Glossy, Carl (Hrsg.): Jahrbuch der Grillparzer-Gesellschaft. X. Wien: Carl Konegen Verl., 1900, S. 193. 10 Gürtler, Christa & Schmid-Bortenschlager, Sigrid: Eigensinn und Widerstand: Schriftstellerinnen der Habsburgermonarchie. Wien: Ueberreuter, 1998. S. 36. 11 Vgl. Riesenfellner, Stefan: Minna Kautskys politische Tendenzliteratur zwischen Marxismus, Darwinismus und Feminismus. Ein Überblick. In: Riesenfellner, Stefan (Hrsg.): Minna Kautsky. Beiträge zum literarischen Werk. Wien: Verl. für Gesellschaftskritik, 1996. S. 2.

– 6 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli rische, und sie kritisierte nicht die der Frau in der Gesellschaft zugewiesene Rolle, doch sie hielt diese schlicht für unrealistisch.12 Mehrfach forderte sie den Zugang von Frauen zu Bil- dung und die Möglichkeit einer Erwerbstätigkeit für unverheiratet gebliebene Frauen. Auf ihre Artikel zu diesem Thema soll zu einem späteren Zeitpunkt noch genauer eingegangen werden. Paolis Haltung zu diesem Thema ist zweifellos auch durch ihre persönlichen Erfah- rungen geprägt. Einen Einblick in ihre Gefühlswelt hinsichtlich ihrer eigenen Erziehung, ihrer Stellung als Frau und der Schwierigkeiten, denen die Journalistin in der Gesellschaft selbst kontinuierlichen gegenüber stand, gibt Betty Paoli aber weniger in ihren feuilletonis- tischen und essayistischen Zeitungsbeiträgen, als vielmehr in einem biografischen Gedicht mit dem sprechenden Titel »Kein Gedicht«:

O wäre mir das heitre Los gefallen, / Das still beglückend andern Frauen fällt, / In schir- mender Beschränkung hinzuwallen / Durch eines engen Kreises kleine Welt;

Mein Herz gleich einer Blume zu verschließen / Vor jedem Sturm und jedem Weh der Zeit, / Des Lebens Freuden harmlos zu genießen / In ahnungsloser Unbefangenheit!

Doch anders hat sich mein Geschick gewendet, / Ein Kampfplatz nur war meine Lebens- bahn; / Der Kindheit Blütenruh ward mir entwendet / Und hingeopfert einem eitlen Wahn!

In starrem Zwang verflossen jene Tage, / In strenge Regeln ängstlich eingeschult, / Indes- sen meines jungen Herzens Klage / Um frische Luft und Sonnenlicht gebuhlt.

Ich rang dawider, doch es war vergebens, / Und als ich nun entwachsen jener Zucht, / Das drang die feindlich finstre Macht des Lebens / Wild auf mich ein mit ihrer ganzen Wucht.

[…]

Was ich bedurfte, mußt’ ich selbst erringen, / Auskämpfen selber jeden herben Streit, / Und drückend lasteten auf meinen Schwingen / Die schweren Fesseln der Notwendigkeit.

Weh jedem, der in seinem Thun und Lassen / Dem inneren Gesetz nicht folgen kann! / Mein Unglück läßt sich in zwei Worte fassen: / Ich war ein Weib und kämpfte wie ein Mann! […]13

Auch in privaten Korrespondenzen sprach Paoli im Laufe der Jahre mehrmals das Schreiben als Broterwerb an und nütze dies auch als Rechtfertigung für ihre journalistische Tätigkeit, die von Zeitgenossen zumeist als minderwertig im Vergleich zu literarischem Schaffen be- trachtet wurde.

Der Bankrott der Mutter markiert den Anfang eines Lebenswegs, dessen Stationen oft von der Notwendigkeit des finanziellen Verdienstes geprägt waren. Paoli versuchte zunächst als Erzieherin für sich und ihre Mutter zu sorgen. Dann erhielt sie eine Stelle als Gouvernante

12 Vgl. Geber: Betty Paoli. S. 36. 13 Paoli, Betty: Kein Gedicht. In: Paoli, Betty: Gedichte. Zweite vermehrte Auflage. Pesth: Wigand 1845, S. 35ff.

– 7 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli in einem russischen Haus nahe der polnischen Grenze. Um 1830, schreibt Bettelheim-Gabil- lon, sei es gewesen, als Paoli gemeinsam mit ihrer Mutter Wien verließ. Die Arbeit, die Paoli angenommen hatte, habe sie dazu verpflichtet, die Erziehung eines jungen Mädchens zu lei- ten, dafür habe sie ihre Mutter mit in das russische Haus bringen dürfen. Doch bald sei Pao- lis Mutter krank vor Heimweh geworden und so habe die Tochter versucht, den Vertrag mit der russischen Familie zu lösen. Weil dies nicht möglich war, hätten die Frauen keine andere Möglichkeit gesehen, als zu fliehen. Letztlich starb Paolis Mutter jedoch noch während der Reise. Die 16-Jährige blieb allein in Galizien und fand eine Anstellung bei polnischen Adeli- gen. Bis 1835 blieb sie bei der Familie, ihre Arbeit »dürfte ihr Raum gelassen haben, denn sie fand Gelegenheit, sich weiterzubilden und mit ihren literarischen Arbeiten zu beginnen«14. 1832 und 1833 veröffentlichte Paoli erste Gedichte in Prager und Wiener Zeitungen.15 Ihr erstes Gedicht in Friedrich Witthausers »Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode« – »An die Männer unserer Zeit« zeichnete sie mit »Betty Glück« und begann damit, was Karin Wozonig Paolis »literarische Selbstschöpfung«16 nennt.

Halb Scherz, halb Ernst

Spotten hör’ ich Euch und zürnen ob der Frauen Wankelmuth / Ob in zarten Mädchen- herzen gar zu leicht entbrannter Glut, / Ob der Leere, die da waltet in so manches Weibes Sinn, / Und wie leicht es Lieb’ und Treue gibt für Erdenlust dahin;

Ob der Flachheit und des Unwerths uns’rer jetz’gen Frauenwelt, / Wie sie einzig nur ver- ehren, was dem Auge wohlgefällt; / Wie sie – doch genug der Frevel! Rede stehen will ich Euch / Eurer Klage Antwort geben, und sie werde Euch sogleich.

Lästert feindlich nicht die Frauen! Schmäht Ihr sie, so schmäht Ihr Euch, / Denn es sind der Frauen Herzen einem reinen Spiegel gleich: / Selber ist er ohne Makel, doch das Spiegel- bild seyd Ihr; / Will nun dieses nicht gefallen, ey, was kann das Glas dafür?

Seht, es ähneln Frauenherzen ungeschliffenem Demant: / Bildet liebend ihn und sorglich eine kunstverständ’ge Hand, / Wird er klare Strahlen sprühen, wird er leuchten hell und hehr, / Wird er Glanzeswogen werfen, wie ein glutentflammtes Meer.

Doch wie anders, wenn den Demant unberuf’ne Hand verdarb, / Wenn durch ungeschick- tes Walten all’ sein Glanz gar schnell erstarb; / Traun! der Stein war wunderprächtig, aber dennoch ist er hin, / Weil dem Mann, der ihn behandelt, fehlte kunstgewandter Sinn.

Ihr seyd uns’re Herr’n und Meister! Ja, wir bilden uns an Euch, / Um von Euch geliebt zu werden, möchten wir Euch werden gleich, / Ey, und seltsam ist es, wahrlich! daß wir, Euer Conterfey, / Nun das Ziel von Euerm Zürnen und von Eurer Spötteley.

14 Geber: Betty Paoli. S. 13. 15 Vgl. Bettelheim-Gabillon, Helene: Betty Paolis gesammelte Aufsätze. Wien: Verlag des literarischen Vereins in Wien, 1908, S. 8. 16 Wozonig, Karin S.: Self-fashioning und Anekdote. Betty Paoli und ihre Biographien: In: Kurz Stephan (Hrsg.): Der Dichter und sein Germanist. Wien: nap, 2012. S. 97.

– 8 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

Sollen Frauen sich veredeln, möget edler werden Ihr, / Möget bannen aus dem Busen wil- der Leidenschaften Gier, / Mögt zuvor erst selber werden, wie die Frauen sollten seyn, / Fehlerfrey und ohne Mängel, und im Herzen treu und rein.

Ob dies jemals wird geschehen? Ach, ich glaub’ es nimmermehr! / Manches Jahr noch wird sich senken in der Ewigkeiten Meer, / Doch wohl nimmer wird man schauen, daß Ihr fühlt, wie’s unrecht sey, / And’rer Fehler zu bekritteln, wenn man selbst nicht fehlerfrey.17

In diesem Gedicht übt Paoli milde Kritik an der zeittypischen Zuschreibung von weiblicher moralischer Überlegenheit, welche die Erwartung von sittsamem und regelkonformem Ver- halten in sich trägt. Die Textaussage ist allerdings, wie Karin Wozonig es formuliert, »nicht originell«, sondern nimmt teil am Diskurs der Moralisierung weiblichen Verhaltens, der seit der Aufklärung an sozialregulativer Macht gewann.18

Paoli bemühte sich in ihrem literarischen Schaffen um »eine kunstvolle Selbstbildung mit dem Zweck der Selbstermächtigung, die Herstellung einer Person mit kreativer Freiheit, die nur in losem Bezug zu den biographischen Fakten steht«19. Paolis »literarische Selbstschöp- fung« diente der Rechtfertigung ihrer Arbeit als Lyrikerin und Journalistin, denn »sie [hat- te] den Nachteil, dass die literarische Kreativität im weiblichen bürgerlichen Normverhalten nicht vorgesehen war. Zu schreiben und vor allem: zu veröffentlichen gefährdete die weib- liche Rolle und ihre Identität als Frau«20. Mit diesem Streben nach einer Legitimation ihres Schaffens steht wohl auch ihre bereits erwähnte Abneigung gegen das Erscheinen einer Bio- grafie über sie selbst in Zusammenhang.

Betty Paoli kehrte 1835 nach Wien zurück. Dort begann sie ihre journalistische Tätigkeit, um die es im Verlauf dieser Arbeit hauptsächlich gehen wird, mit Beiträgen in der »Wiener Zeitschrift«. Daneben veröffentlichte sie Gedichte und Novellen, arbeitete als Übersetzerin und gab Unterricht. 1841 veröffentlichte sie im »Pest«-Verlag ihre erste Gedichtsammlung »Gedichte«, die ein großer Erfolg wurde und sie in der Wiener Gesellschaft – mittlerweile unter ihrem Pseudonym »Betty Paoli« – bekannt machte. Wie Marie von Ebner-Eschenbach in einem Nachruf formulierte, enthob sie dieser Erfolg allerdings noch nicht der Sorge um ihre materielle Existenz. Gesichert habe sie diese durch ihre journalistische Tätigkeit sowie

17 Glück, Betty: An die Männer unserer Zeit. In: Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode, 25. August 1832. 18 Vgl. Wozonig, Karin S.: Self-fashioning und Anekdote. S. 97. 19 Ebd. S. 96 20 Ebd. S. 98.

– 9 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli die Unterrichtsstunden in Stilistik und Literaturgeschichte, welche sehr gut honoriert wor- den seien.21

Dem Ruhm von »Gedichte« hatte es Paoli jedoch zu verdanken, dass sie im selben Jahr, also 1841, eine Anstellung als Gesellschafterin des Ehepaars Henriette und Josef Wertheimer be- kam, »die einen bekannten Wiener Salon führten«22. Hier traf sie etwa mit Franz Grillpar- zer zusammen, der sie laut Helene Bettelheim-Gabillon in einer Kritik den »ersten Lyriker Österreichs«23 nannte. Den von ihr so bewunderten lernte sie ebenfalls hier kennen. Auch Ottilie von Goethe, Leopold Kompert, Ernst von Feuchtersleben, Hieronymus Lorm und zahlreiche andere Berühmtheiten verkehrten im Haus der Wertheimers.24 Mit ei- nigen ihrer Bekanntschaften aus dieser Zeit sollte Paoli zeitlebens einen regen Briefwechsel führen. So auch mit Adalbert Stifter, der ihr 1843 die Position als Gesellschaftsdame und Vor- leserin bei Fürstin Maria Anna Schwarzenberg vermittelte. Paoli und die dem Hochadel an- gehörende Witwe des Feldmarschalls Karl Philipp Fürst von Schwarzenberg »wurden enge Vertraute, sie reisten viel und die Fürstin unterstützte Paolis literarische Arbeit.«25 Paoli schrieb 1856 über die Fürstin:

Groß war der Gewinn, den ich aus dem beständigen Verkehr mit dieser wahrhaft außeror- dentlichen Frau zog. Ich gewann namentlich an geistigem Überblick und Verständnis der Menschen […]. Es ist wenig Gutes in mir, dessen Ausbildung ich nicht ihr verdanke. Was die Erziehung in mir versäumte, hat der Verkehr mit diesem ganz großen und reinen Cha- rakter nachgeholt.26

Mit ihrem Sohn, Friedrich Fürst zu Schwarzenberg27, der selbst schriftstellerisch tätig war, stand Paoli von Beginn der 1840er Jahre bis zu seinem Tod 1870 in regem brieflichen Kon- takt.28 Paoli lebte mit der Fürstin in Böhmen und in Wien und nützte die Jahre neben der Er- weiterung ihrer Bildung und ihres Netzwerkes zu anderen bedeutenden Persönlichkeiten vor

21 Vgl. Ebner-Eschenbach, Marie von: Betty Paoli. In: Neue Freie Presse. Morgenblatt, 22. Juli 1894. S. 1-2. 22 Klaus & Wischermann: Journalistinnen. S. 39. 23 Bettelheim-Gabillon: Betty Paolis gesammelte Aufsätze. S. 9. 24 Vgl. ebd. S. 15. 25 Klaus & Wischermann: Journalistinnen. S. 40. 26 Bettelheim-Gabillon: Betty Paolis gesammelte Aufsätze. S. 10. 27 Schwarzenberg thematisierte in seinen literarischen Texten unter anderem seine Reisen sowie seine militärischen Erfahrungen als Oberstleutnant. Als sein bekanntestes Werk gilt »Aus dem Wanderbuche eines verabschiedeten Lanzknechts« (5 Bde., Wien 1844-48). Er gilt als Repräsentant der österreichischen Offiziersdichtung. Vgl. dazu: Kühlmann, Wilhelm u. a. (Hrsg.): Killy Literaturlexikon: Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraumes, Berlin u. a.: de Gruyter, 2., vollst. überarb. Aufl., Bd. 10, 2011. S. 674. 28 Vgl. Bettelheim-Gabillon: Betty Paolis gesammelte Aufsätze. S. 13.

– 10 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli allem für ihr literarisches Schaffen. 1843 erscheint die bereits erwähnte Gedichtsammlung »Nach dem Gewitter«, im folgenden Jahr die dreibändige Novellensammlung »Die Welt und mein Auge«. 1845 folgt »Romancero«. Im Mai 1846 ersuchte Paoli dann bei Friedrich von Schwarzenberg um Urlaub und finanzielle Unterstützung für eine Reise:

Ich bin so leidend, und auch geistig so gestört, daß ich das dringende Bedürfniß fühle, et- was zu thun um meine Gesundheit wieder zu erlangen und mich wieder auf mich selbst zu besinnen. Eine, wenn auch nur kurz dauernde Reise würde mich diesen Zweck wohl am sichersten erreichen lassen […], daß ich dort die physische und geistige Stärkung finde, die ich hoffe, erquickt und erfrischt zurückkehren, um meinen Pflichten besser zu genügen, als mir’s in meinem jetzigen krankhaften Zustand möglich wäre. So wie ich jetzt bin, kann mein Umgang Niemandem auf der Welt zur Zerstreuung und Erheiterung dienen […].29

In der Sekundärliteratur gibt es verschiedene Ansichten über die Gründe für Paolis Worte in dem hier zitierten Brief – genannt werden etwa Liebeskummer oder ein Zerwürfnis mit der Fürstin30. Letzteres zweifelt zumindest Helene Bettelheim-Gabillon in ihrer Einleitung zu den gesammelten Aufsätzen Paolis an.31 Welche Gründe Paoli auch hatte, sie führten sie für mehr als ein halbes Jahr nach Italien. Kaum anderthalb Jahre nach ihrer Rückkehr zu ihrer Arbeitgeberin, im April 1848 – also kurz nach dem Ausbruch der Märzrevolution, die Pao- li anfangs begrüßt, bald aber ob mancher mitangesehener Lynchszene auf der Straße vehe- ment abgelehnt hatte32 – stirbt die Fürstin von Schwarzenberg. Damit verliert Betty Paoli Stellung und Unterkunft und muss erneut von vorne beginnen.

Das Revolutionsjahr wurde damit auch zu »einem persönlichen Einschnitt in Paolis Le- ben«33. Zwar arbeitete Paoli, wie Elisabeth Klaus und Ulla Wischermann schreiben, auch nach 1848 noch für kurze Zeit als Gesellschafterin – ab 1849 bei Gräfin Bünau in Dahlen bei Dresden und ab 1852 bei der Gräfin Bagréef-Speransky in Wien –, doch aus finanziellen Gründen ging die Nachfrage nach Gouvernanten zunehmend zurück. Nach der Revolution 1848 konnten oder wollten sich viele österreichische Familien die Dienste einer Gesellschaf- terin nicht länger leisten. Dies hatte auch Paoli erkannt, die am 8. Mai 1848 an Fürst Fried- rich von Schwarzenberg schrieb:

29 Bettelheim-Gabillon: Betty Paolis gesammelte Aufsätze. S. 29. 30 Vgl. Gürtler & Schmid-Bortenschlager: Eigensinn und Widerstand. S. 39. 31 Vgl. Bettelheim-Gabillon: Betty Paolis gesammelte Aufsätze. S. 30. 32 Vgl. Geber: Betty Paoli. S. 17. 33 Klaus & Wischermann: Journalistinnen. S. 40.

– 11 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

[…] ich habe nicht die entfernteste Aussicht, eine für mich passende Stelle zu finden. Alles schränkt sich ein, und da ist leider keine Nachfrage nach einem solchen Luxusartikel wie ich, ebenfalls leider! einer bin.34

In Folge dessen bemüht sich Paoli, vermehrt als Journalistin Fuß zu fassen. Sie sollte ihre Tätigkeit im Journalismus später mehrfach als lediglich notwendigen Broterwerb bezeich- nen und erachtete ihre Lyrik als bedeutender.35 Quantitativ gesehen überstieg ihr journalis- tisches Werk am Ende ihres Lebens ihr literarisches aber um ein Vielfaches. Noch 1848 ver- öffentlichte Paoli vier Feuilletons in der »Presse«, die sogenannten »Deutschen Briefe«. Alle vier Beiträge sind in Briefform abgefasste Kommentare zur politischen Situation und gleich- zeitig Reiseberichte, denn Paoli hatte Wien verlassen und bereiste Deutschland. Ein Grund für diese Reise waren ihre Bemühungen, Korrespondentin bei der »Augsburger Allgemei- nen Zeitung« zu werden, für die sie bereits mehrere Artikel geschrieben hatte. Dies teilte sie auch Fürst von Schwarzenberg am 21. Juli 1848 in einem Brief mit:

Einige Aufsätze, die ich der Augsburger Allgemeinen zuschickte, verschafften mir von Sei- ten der Redaktion die Aufforderung, zu ferneren Beiträgen, ich will nun versuchen, ob ich nicht ein fixes Engagement bei ihr finden könnte, was sich mündlich leichter abmachen lässt als schriftlich.36

Es sollte ihr allerdings erst einige Jahre später gelingen, die Stelle als Korrespondentin zu bekommen. Ab 1852 kam Paoli wieder nach Wien und fand schließlich eine Stellung beim »Wiener Lloyd«, nach seiner Einstellung dann bei der »Österreichischen Zeitung«.37 Ge- gründet und herausgegeben wurden beide Zeitungen von Eduard Warrens. Ins Auge ge- fasst hatte Paoli diese Möglichkeit bereits im August 1853, wie sie erneut an den Fürsten von Schwarzenberg schrieb:

Was ich später beginnen werde, steht noch nicht als bestimmter Plan vor mir, doch hoffe ich, dass mir Warrens eine Anstellung in seinem Blatte geben wird, wenn wir uns näm- lich über die Bedingungen vereinigen können. Vielleicht wäre ein solcher Wirkungskreis für meine Individualität am passendsten, an Arbeit und auch an Verdruß und Ärger wird es darin nicht fehlen.38

Es gelang Betty Paoli allerdings erst nach einigen Kämpfen, ihren Plan in die Tat umzuset- zen. Dies brachte sie zwischenzeitlich in solch finanzielle Nöte, dass sie sogar auf ein früher

34 Bettelheim-Gabillon: Betty Paolis gesammelte Aufsätze. S. 43. 35 Klaus & Wischermann: Journalistinnen. S. 40. 36 Bettelheim-Gabillon: Betty Paolis gesammelte Aufsätze. S. 50. 37 Vgl. Gürtler & Schmid-Bortenschlager: Eigensinn und Widerstand. S. 40. 38 Bettelheim-Gabillon: Betty Paolis gesammelte Aufsätze. S. 77f.

– 12 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli gemachtes Angebot des Fürsten zurückgreifen und diesen um finanzielle Unterstützung bit- ten musste:

Werden Sie mir zürnen, wenn ich es wage, die Hilfe, die Sie mir, als ich Gräfin Bünau ver- ließ, anboten, für jetzt in Anspruch zu nehmen? […], daß ich von einer harten Nothwen- digkeit gedrängt sein muß, um Ihnen mit einer solchen Bitte lästig zu fallen. Meine Stel- lung war nie derart, daß ich Ersparniße hätte machen können, meine gegenwärtige Lage ist geradezu mißlich, denn Warrens will erst später ein bestimmtes Übereinkommen mit mir treffen.39

Schließlich aber bekam Paoli ein festes Engagement beim »Lloyd« und war in den kommen- den Jahren für das Theater- und Kunstreferat zuständig. »Ungefähr 70 Buch-, Theater- und Ausstellungsrezensionen in einem Jahrgang des ‹Lloyd› sind die Folge«40, schreibt Karin Wozonig dazu. Mit besonderer Vorliebe habe Betty Paoli das Referat über das Burgtheater geführt, heißt es bei Helene Bettelheim-Gabillon. Dort war seit 1850 ihr Leipziger Freund Heinrich Laube Direktor, der sich darum bemühte, das Repertoire von Grund auf zu erneu- ern. So kam es, dass sich für Paoli zu dieser Zeit noch eine weitere Erwerbsmöglichkeit für die kommenden Jahre auftat. Unter dem Pseudonym »Branitz« übersetzte sie zahlreiche Sa- lonstücke aus dem Französischen.41

In den folgenden Jahren machte sich Betty Paoli einen Namen als Feuilletonistin und pu- blizierte neben dem »Lloyd« – sowie nach dessen Einstellung der »Österreichischen Zei- tung« – in verschiedenen in- und ausländischen Zeitungen und Zeitschriften. 1855 mach- te sie schließlich die Bekanntschaft von Ida Fleischl-Marxow und deren Mann. In Ida sollte sie schnell eine Freundin und in deren Haushalt in Baden bei Wien ein dauerhaftes Zuhau- se bis zu ihrem Tod am 5. Juli 1894 finden. Die beiden Frauen bildeten gemeinsam mit Marie von Ebner-Eschenbach ein Trio, das sich regelmäßig zum Tarock traf, und Ida Fleischl-Mar- xow wurde so die erste Kritikerin der beiden berühmtem österreichischen Dichterinnen.42 In den fast vierzig Jahren bei Ida Fleischl-Marxow veröffentlichte Paoli zwar weiterhin Novel- len und Gedichte – ihre letzte Gedichtsammlung »Neueste Gedichte« erschien 187043 ‒, am Ende ihres Lebens war sie aber vor allem für ihre journalistischen Beiträge bekannt.

39 Bettelheim-Gabillon: Betty Paolis gesammelte Aufsätze. S. 78f. 40 Wozonig, Karin S.: Betty Paoli, Journalistin. In: Geber, Eva (Hrsg.): Betty Paoli. Was hat der Geist denn wohl gemein mit dem Geschlecht? Wien: Mandelbaum, 2001, S. 71. 41 Vgl. Gürtler & Schmid-Bortenschlager: Eigensinn und Widerstand. S. 41. 42 Vgl. ebd. S. 41f. 43 Vgl. Wozonig, Karin S.: Die Schwester Lenaus? Betty Paoli und der Weltschmerz. In: Cosgrove, Mary & Richards, Anna (Hrsg.): Sadness and Melancholy in German-Language Literature and Culture. Rochester, NY: Camden House; 2012, S. 88.

– 13 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

1.2 Zur Situation der Frau in der literarischen Öffentlichkeit der zweiten Jahrhunderthälfte

Zum besseren Verständnis soll zuerst geklärt werden, wie Journalismus zur Zeit Betty Pao- lis eigentlich definiert wird, denn zu jener Zeit, welche in dieser Arbeit behandelt wird, war Journalismus nicht gleich Journalismus und befand sich in vielen Bereichen im Wandel. Wie Elisabeth Klaus und Ulla Wischermann ausführen, hatte die Pressegeschichte in der Zeit von 1750 bis 1850 den Begriff des »schriftstellerischen Journalismus« geprägt.44 Freie Schrift- stellerinnen und Schriftsteller prägten während dieser rund hundert Jahre den Inhalt vieler Zeitschriften und »der Übergang zwischen schriftstellerischer und journalistischer Tätig- keit war fließend«45. Der Fokus lag hier oft nicht auf der Vermittlung der Nachricht, son- dern auf der Einbettung derselben in größere Schilderungen oder räsonierende Erörterun- gen.46 Ab 1848/49 begann sich in Deutschland und Österreich langsam der »redaktionelle Journalismus« zu etablieren. »Zeitungen und Zeitschriften wurden nun in spezifische Rub- riken unterteilt und von – immer häufiger fest angestellten – JournalistInnen in verschiede- nen Ressorts arbeitsteilig erstellt.«47 Wie Elisabeth Klaus und Ulla Wischermann in ihrem Buch ausführen, war dies auch der Zeitpunkt, ab dem die Tätigkeit von Frauen in der Ta- ges- und Wochenpublizistik deutlich zunahm. Wie im Verlauf der Arbeit noch gezeigt wird, trifft diese Aussage auf Österreich allerdings nur bedingt zu. Klaus und Wischermann bezie- hen sich hier vor allem auf Deutschland, wo sich ab diesem Zeitpunkt Nachweise für diverse journalistisch tätige Frauen aufführen lassen.48 In Österreich setzt diese Entwicklung etwas später ein, und ist – wie ebenfalls noch ausgeführt wird – fast untrennbar mit der stärker werdenden Frauenbewegung verknüpft. In der Forschungsliteratur, die sich mit der Presse- landschaft in den ersten Jahren nach der Revolution 1848 beschäftigt, finden sich kaum Hin- weise auf regelmäßig journalistisch publizierende Frauen. Nur ein Name taucht bereits zu diesem Zeitpunkt auf: Betty Paoli.

Ehe sich diese Arbeit den Ursachen für den Mangel an publizistisch tätigen Frauen zuwen- det, soll sich im Folgenden noch ein kurzer Exkurs mit einer journalistischen Textsorte be-

44 Vgl. Klaus & Wischermann: Journalistinnen. S. 23. 45 Ebd. S. 23. 46 Vgl. Wilke, Jürgen: Journalismus, 17. Juni 2013, http://ieg-ego.eu/de/threads/europaeische-medien/journalismus (Abruf: 08.08.2018). 47 Klaus & Wischermann: Journalistinnen. S. 23. 48 Vgl. dazu Kapitel 1.2.4

– 14 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli schäftigen, von der im Laufe dieser Arbeit noch häufig zu hören sein wird: dem Feuille- ton. Immerhin ist dies jene journalistische Gattung, deren Publikation durch Frauen ab 1848 am häufigsten belegt ist. Auch Betty Paoli schrieb hauptsächlich für den Feuilletonteil von Zeitungen, was bereits im Revolutionsjahr 1848 mit der Veröffentlichung der später noch genauer betrachteten »Deutschen Briefe« begann. Doch worum handelt es sich nun beim Feuilleton? »Wenn Sie wissen wollen, was ein Feuilleton ist, fragen Sie um Himmels willen keinen Feuilletonisten. Er wird Ihnen eine unbrauchbare Antwort geben«49, heißt es dazu bei Nowak und Haller in »170 Jahre ‹Die Presse›«. »Ein Feuilleton [ist] die Unsterblichkeit eines Tages« soll etwa der bekannte Wiener Feuilletonist Ludwig Speidel in einer Rede ge- sagt haben, wie die »Neue Freie Presse« am 5. Februar 1906 in einem Nachruf auf ihn berich- tet.50 Andreas Wildhagen schreibt dazu: »Die Vorstellung, was ein Feuilleton war, [.] war den Feuilletonisten […] abhanden gekommen«51. Kurz gesagt, war das Feuilleton, anders als heute, da die großen Tages- und Wochenzeitungen ihre Kulturseiten »Feuilleton« nennen, im 19. Jahrhundert der Raum unter dem Strich.

Persönlich gezeichnet und beginnend mit Seite eins, was die hohe Einschätzung dessen, was dorthin platziert wurde, bezeugt, zog sich das Feuilleton hinüber in den gleichen Raum der nächsten, manchmal der übernächsten Seite. Die individuelle Stimme unterhalb des Strichs kontrastierte mit dem nichtgekennzeichneten redaktionellen Teil oberhalb des Strichs.52

Es war der »literarische, schöngeistige, unterhaltende, belehrende und kritische«53 Bereich der Zeitung, mit breit gefächerten Themen, vom Reisebericht über die Kunstkritik und den Nachruf bis hin zur Gesellschaftsanalyse. Das Feuilleton sollte witzig geschrieben werden, ohne dabei oberflächlich zu sein. »Der improvisatorische, impressionistische und ‹causie- rende› Charakter […] darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß der Verfasser nicht allein

49 Nowak, Rainer & Haller, Günther: 170 Jahre »Die Presse«. 1848 und die Geburt des Zeitungslesers. Weltblatt »Neue Freie Presse«. Die Blüte des Feuilletons. Geschichte des Inserats. Alltag der Journalisten. Freunde und Feinde. Wien: »Die Presse«-Verlags-Ges.m.b.H. & Co KG, 2018. S. 45. 50 Vgl. W.: Ludwig Speidel. In: Neue Freie Presse. Abendblatt. 5. Februar 1906. S. 1. 51 Wildhagen, Andreas: Das politische Feuilleton Ferdinand Kürnbergers: Themen u. Technik einer literarischen Kleinform im Zeitalter des deutschen Liberalismus in Österreich. Frankfurt am Main [u. a.]: Lang, 1985. S. 151-152. 52 Rossbacher, Karlheinz: Literatur und Liberalismus: zur Kultur der Ringstraßenzeit in Wien, Wien: Jugend & Volk, 1. Aufl., 1992. S. 82. 53 Nowak & Haller: 170 Jahre »Die Presse«. S. 45.

– 15 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli unterhalten, sondern […], auf gleichsam spielerische Weise, aufklären und belehren will.«54 In der Jubiläumsschrift »170 Jahre ‹Die Presse›« heißt es zusammengefasst:

Zeitgeistig, aber nicht seicht, plaudernd aber nicht substanzlos, humoristisch und doch ernst, von beißender Ironie und gleichzeitig mit einem Schuss Sentimentalität, es beginnt mit einer scheinbaren Nebensächlichkeit und entwickelt dennoch sein Thema mit unan- gestrengter Stetigkeit, vor allem aber muss es interessant und fesselnd sein. Ein Feuille- ton, bei dem man bei der Hälfte aufhört zu lesen, hätte nie geschrieben werden dürfen.55

In der Feuilletonforschung werden heute hauptsächlich die Namen von Männern genannt, wenn es um herausragende Verfasser dieser Gattung geht: darunter Ludwig Speidel, Daniel Spitzer, Ferdinand Kürnberger, Peter Altenberg, Alfred Polgar, Franz Hessel, Victor Aubur- tin, Kurt Tucholsky, Alfred Kerr oder Joseph Roth.56 Wie in dieser Arbeit hervorgehen wird, handelt es sich aber auch um jenes Ressort, in dem Frauen zwischen 1848 und der Jahrhun- dertwende besonders häufig publizierten.

»Besonders häufig« ist dabei natürlich in Relation zu den von Frauen publizierten Texten in Zeitungen und Zeitschriften allgemein zu sehen. Denn, wie bereits angesprochen, finden sich vor allem zu Beginn der zweiten Jahrhunderthälfte nur wenige Hinweise auf journa- listisch tätige Frauen. Ursachen für den Mangel an Frauen im österreichischen Journalis- mus sind vor allem in der Gesellschaft zu suchen. Besonders in bürgerlichen Gesellschafts- schichten, wie ihnen auch Paoli angehörte, galt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein Dasein als Ehefrau und Mutter als Bestimmung der Frau. Wer dieser nicht nachkam, sah sich häufig mit Vorwürfen konfrontiert. »Der so erzeugte Schuldkomplex hinsichtlich des Schreibens führt zu apologetischen Argumenten auch bei den Autorinnen, die wie Paoli […] die literarische Produktion als Einnahmequelle betreiben mußten.«57 Die Erwerbstätigkeit der Frauen war im Bürgertum schlicht nicht vorgesehen. Besonders die »Frau aus dem ge- hobenen Bürgerstand [war] ein Hauptrepräsentationsgegenstand, Beruflosigkeit in Imitie- rung aristokratischer Verhaltensweisen standesbedingt, auch bei beengten materiellen Ver-

54 Arnold, Heinz Ludwig: Grundzüge der Literaturwissenschaft. München: Deutscher Taschenbuch Verlag, 8. Auflage, 2008. S. 362. 55 Ebd. S. 45. 56 Vgl. Kernmayer, Hildegard u. a.: Perspektiven der Feuilletonforschung. Vorwort. In: Zeitschrift für Germanistik, 1. Januar 2012, Vol. 22 (3). S. 495. 57 Fliedl, Konstanze: Auch ein Beruf. »Realistische« Autorinnen im 19. Jahrhundert. In: Brinker-Gabler, Gisela (Hrsg.): Deutsche Literatur von Frauen. München: Beck, 1988, Bd. 2. S. 74.

– 16 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli hältnissen«58. Eine Tatsache, die Paoli und andere Journalistinnen ihrer Zeit immer wieder kritisiert und teilweise aktiv dagegen angekämpft haben. Dennoch blieben die äußerlichen und psychischen Arbeitsbedingungen von Frauen bis weit in das 20. Jahrhundert hinein alles andere als günstig.59 Betty Paoli hatte über viele Jahre hinweg damit zu kämpfen, von ihrer schriftstellerischen und journalistischen Arbeit leben zu können. Ähnlich ging es auch ande- ren Frauen, die im Zuge dieser Arbeit noch Erwähnung finden werden, etwa Ada Christen, Irma von Troll-Borostyáni oder Berta von Suttner.

Obwohl 1848 auch in Österreich manche Frauen die »Gunst der Stunde nutzten, [um] für ihre Emanzipationsbestrebungen«60 einzutreten – so etwa »Karoline von Perin[, die] im Au- gust des Revolutionsjahres […] die Gründung des ›Wiener demokratischen Frauenverein‹ [initiierte]«61 –, existieren aus den ersten Jahren nach der Revolution wenige Zeugnisse von Frauen im österreichischen Journalismus. Auch ist in den Medien wenig über die Frauener- werbsfrage diskutiert worden. Der Journalismus war eine von Männern dominierte Berufs- welt, in der Frauen und Frauenthemen wenig Platz hatten. Betty Paoli konzentrierte sich in ihren Zeitungsbeiträgen ebenfalls lange auf Kulturkritiken und andere, in dieser Hinsicht unverfängliche Themen. Erst viel später, um 1865, als sie sich längst einen Namen gemacht und bei den Fleischl-Marxows ein sicheres Zuhause hatte, begann sie, sich öffentlich mit der Frauenerwerbsfrage auseinanderzusetzen. Zu dieser Zeit erstarkte langsam die Frauen- rechtsbewegung in Österreich und auch andere Frauen veröffentlichten – besonders ab den 1870er/1880er Jahren – Artikel zu diesen Themen. Betrachtet man in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Zahl der publizierenden Frauen, die sich in irgendeiner Form für Frau- enrechte einsetzten, könnte man überspitzt sagen: »am Beginn von beinahe allen weiblichen Schreib-Karrieren steht die Unzufriedenheit mit der Weiblichkeitsrolle, die die Gesellschaft für sie vorgesehen hat«62.

58 Fritsch, Cornelia: Emilie Mataja. Ein Beitrag zur Forschung der österreichischen Frauenliteratur um 1900. In: Zeman, Herbert (Hrsg.): Die österreichische Literatur. Ihr Profil von der Jahrhundertwende bis zur Gegenwart (1880 – 1980); 1. Graz, Austria: Akad. Dr.- u. Verl.-Anst., 1989, S. 805. 59 Vgl. Tebben, Karin: Soziokulturelle Bedingungen weiblicher Schriftkultur im 18. und 19. Jahrhundert. Zur Einleitung. In: Tebben, Karin: Beruf: Schriftstellerin. Schreibende Frauen im 18. und 19. Jahrhundert, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1998. S. 34. 60 Ebd. S. 32. 61 Rossbacher: Literatur und Liberalismus. S. 322. 62 Gürtler & Schmid-Bortenschlager: Eigensinn und Widerstand. S. 10.

– 17 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

1.2.1 Frauen und Bildung

Untersucht man jene Gründe, aus denen sich Frauen zu dieser Zeit dem Journalismus oder dem Schreiben im Allgemeinen zuwandten, sind vor allem zwei zu nennen: die eigene Selbst- verwirklichung und die Notwendigkeit des selbstständigen Broterwerbs. Schreiben war für Frauen eine wichtige Erwerbsmöglichkeit, weil ihnen die meisten Berufe im bürgerlichen Milieu verschlossen waren, darum ging es ihnen auch oft weniger um künstlerische Selbst- verwirklichung als ihren männlichen Kollegen.63 Im Liberalismus, in dessen Blütezeit die Anfänge der Frauenbewegung in Österreich fielen, waren viele Männer noch von einer »Na- turgegebenen ewigen Ungleichheit der Geschlechter«64 überzeugt. Frauen wurden als »von Natur aus emotional und praxisbezogen, als unfähig zu rationalem Handeln und abstraktem Denken«65 angesehen. Angeblich wissenschaftlich erwiesene Behauptungen, wie dass Frau- en ein kleineres Gehirn hätten, unterstützten diese Anschauung. In dieser Atmosphäre ver- sprach für bürgerliche Frauen, die gezwungen waren, den Unterhalt für sich und ihre Familie selbst zu verdienen, »noch am ehesten die künstlerische Laufbahn […] einen Weg aus dem Dilemma […]. Alternative Lebensentwürfe ließen sich am besten in den eigenen vier Wän- den durchsetzen, [zum Beispiel] als Schriftstellerin.«66 Die Arbeit in der der Fabrik galt für bürgerliche Töchter hingegen als unstandesgemäß.67

Ein Umstand, der jedoch viele Frauen in Österreich an eigenständiger Arbeit hinderte, war mangelnde Bildung. Denn eine qualifizierte Bildung und Ausbildung für einen Beruf war ihnen versperrt.68 Dieses Thema war für viele der heute in der Forschung noch bekannten Journalistinnen ein Problem. Mädchen aus dem bürgerlichen Milieu, aus dem die meisten Journalistinnen – ebenso wie ihre männlichen Kollegen – kamen, wurden ihre gesamte Jun- gend hindurch dazu erzogen, dass sie später einem Mann zu gefallen sein mögen, wie Bet- ty Paoli in ihrem Feuilletonartikel »Eine Zeitfrage« schreibt. Ihre Allgemeinbildung, Natur- wissenschaften und so weiter blieb dabei jedoch auf der Strecke. Die weibliche Schulbildung war meist mit der Volksschule – wenn überhaupt – beendet.

63 Vgl. Gürtler, Christa & Veits-Falk, Sabine: Irma von Troll-Borostyáni (1847 – 1912): Vorkämpferin der Frauenemanzipation [Publikation zur Ausstellung], Salzburg: Salzburg-Museum, 2012, S. 45. 64 Rossbacher: Literatur und Liberalismus. S. 320. 65 Friedrich, Margret: »Ein Paradies ist uns verschlossen .«: zur Geschichte der schulischen Mädchenerziehung in Österreich im »langen« 19. Jahrhundert, Wien: Böhlau [u. a.], 1999. 66 Tebben, Karin: Soziokulturelle Bedingungen weiblicher Schriftkultur. S. 38. 67 Vgl. Rigler, Edith: Frauenleitbild und Frauenarbeit in Österreich: vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis zum Zweiten Weltkrieg, Wien [u. a.]: Verl. für Geschichte und Politik [u. a.], 1976. S. 28 68 Vgl. ebd. S. 28

– 18 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

Frauen standen kaum Möglichkeiten zum Broterwerb offen. Manche, wie Betty Paoli, wa- ren beispielsweise als Gesellschafterinnen tätig. Auch der Beruf der Erzieherin war eine der »wenigen Erwerbsmöglichkeiten für unverheiratete Frauen«69. Jene Frauen, die sich ihren Lebensunterhalt mit schriftstellerischen und journalistischen Tätigkeiten erwarben, waren zumeist Autodidaktinnen, die versucht hatten, sich im Selbststudium möglichst viel Bildung anzulesen. Betty Paoli oder Adelheid Popp sind hier nur als zwei Beispiele von vielen zu nen- nen. Auch Irma von Troll-Borostyáni, auf die später noch näher eingegangen werden soll, widmete sich im Laufe ihres Lebens einem intensiven Selbststudium, obwohl sie als Mäd- chen wesentlich besseren Zugang zu Bildung hatte, als manch andere. Ihre Mutter, Josefine von Appeltauer – verheiratet mit dem Zollbeamten Otto Ritter von Troll ‒, war, wie Chris- ta Gürtler schreibt, eine sehr gebildete Frau, die Wert auf die Erziehung ihrer Töchter legte. Sie unterrichtete Irma, die eigentlich auf den Namen Marie getauft war und sich erst später anders nannte, und ihre Schwester Wilhelmine, solange es ihr Gesundheitszustand erlaubte, selbst und schickte Irma von 1862 bis 1864 in das Benediktinerinnenkloster am Nonnberg, welches Mädchen in Salzburg zu dieser Zeit als einziges Institut Zugang zu höherer Bildung gewährte. Ein nervöses Fieber zwang Troll-Borostyáni allerdings nach zwei Jahren, die Aus- bildung dort abzubrechen.70 Nach ihrer eigenen Gesundung nutzt Irma die Zeit an der Sei- te der kranken Mutter zu intensivem Selbststudium, wie sie ihrer Schwester in einem Brief mitteilt:

Seitdem aber Fräulein Brie (englische Lehrerin) bei uns ist, habe ich so viel zu tun und zu lernen, daß es mir, sogar nach Einsicht der Mutter, nur am Donnerstag, da gibt mir Brie keine Stunde, möglich ist, diese Flickstunde einzuhalten. Englisch arbeite ich täglich ca. 3 Stunden, Aufgaben der Kompositionslehre nehmen viel Zeit weg, singen muss ich na- türlich auch, schwimmen en somme fast zwei Stunden, hernach vierhändiges Spiel, Kom- positionsunterricht, Singakademie, Geselligkeit, Französisch, Italienisch, interessante Lek- türe […].71

Über das Pensum anderer Autodidaktinnen dieser Zeit ist leider nur wenig bekannt, viele dürften aber schlicht nicht die Zeit für solch intensive Studien gehabt haben, da sie, anders als in Troll-Borostyánis Fall, selten von der Familie dabei unterstützt wurden. Dennoch fin-

69 Gürtler, Christa: Irma von Troll-Borostyáni. Ungehalten. Vermächtnis einer Freidenkerin. Salzburg; Wien: Müller, 1994 (Salzburger Bibliothek Bd. 2), S. 12. 70 Vgl. ebd. S. 9f. 71 Troll, Wilhelmine von (Hrsg.): Ausgewählte kleinere Schriften. Mit einer Lebensskizze von Hans Widmann, Leipzig: Spohr, 1914, S. 11-12.

– 19 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli den sich in der Sekundärliteratur zu zeitgenössischen Schriftstellerinnen immer wieder Aus- sagen darüber, dass sich diese vor allem durch intensive Lektüre weitergebildet hätten.72

Auch eine der Wegbereiterinnen der Emanzipation des 19. Jahrhunderts, Auguste von Lit- trow, kritisierte 1868 die mangelnde Frauenbildung. Littrow war selbst eine sehr selbststän- dige Frau, die – anders als viele andere – in eine weltoffene Umgebung hineingeboren wor- den war und in ihrem Elternhaus eine ausgezeichnete Erziehung genossen hatte.73 Unter dem männlichen Pseudonym Otto August stellte sie in »Die soziale Bewegung auf dem Ge- biete der Frauen« die »Ursachen und Manifestationen der Probleme dar, mit denen Frauen in der Habsburgermonarchie Mitte der 1860er Jahre zu kämpfen hatten«74. Dabei bezog sie sich nicht nur auf das bürgerliche Milieu, sondern auch auf die Arbeiterschicht. Sie mach- te deutlich, dass ihrer Ansicht nach die »Umwandlung sozialer Verhältnisse, aus denen sich für Frauen die Unmöglichkeit ergibt, durch ihrer Hände Arbeit ihren Unterhalt zu erwerben, während Zeit und Umstände dies dringend erfordern«75, den Problemen vieler Frauen im 19. Jahrhundert zugrunde liege. Dazu schrieb sie weiter:

Wenn aus einer Zusammenstellung des Preises der notwendigsten Bedürfnisse und des höchsten Tagelohns für weibliche Arbeiten hervorgeht, daß die Ausgaben nicht durch die Einnahmen gedeckt werden können, so ahnen nur wenige, welch ein entsetzlicher Sinn in dieser unscheinbaren Tatsache liegt, zu welcher Folge sie Anlaß, zu welchen Verbre- chen sie Anstoß gibt und welchen Fluch von entwürdigenden Consequenzen sie nach sich zieht. Die Unfähigkeit der Frauen, unter den gegenwertigen Bedingungen ihrer Erziehung und ihres Unterrichtes, durch Arbeit einen ehrlichen Erwerb zu finden, erzeugt aber in den unteren und ärmeren Schichten der Bevölkerung ein Elend, das in immer größeren Dimensionen den verderblichsten und schädlichsten Einfluß auf jene allgemeine Sittlich- keit ausübt.76

Auguste von Littrow äußerte sich in ihrer Schrift auch kritisch zur Mädchenbildung, wie dies beispielsweise auch Paoli in ihrem Artikel »Über weibliche Erziehung« von 1869 tut. Wäh- rend der Staat für die Erziehung und den Unterricht des Mannes sorge, bleibe die Ausbil- dung der Frauen unberücksichtigt. Töchter würden, falls sie außer dem ersten Schulunter-

72 Vgl. dazu etwa Gürtler & Schmid-Bortenschlager: Eigensinn und Widerstand. S. 7: »[…] beschreiben die Möglichkeit, zu lesen und sich dadurch die Welt anzueignen, als ihre einzige Chance. Die Schulbildung aller Frauen – vom Arbeiterkind Adelheid Popp bis zur adeligen Marie von Ebner- Eschenbach – lässt mehr als zu wünschen übrig. Sie alle sind Autodidaktinnen, haben sich ihre oft stupende Bildung mühsam durch Lektüre im Selbststudium erworben.« 73 Scheider, Angela: Auguste und Carl von Littrow: Detailstudie einer bürgerlichen Familie des 19. Jahrhunderts. Univ., Diss., Wien, 1999, (masch.), S. 58. 74 Ebd. S. 58. 75 August, Otto: Die soziale Bewegung auf dem Gebiete der Frauen, Hamburg: Hoffmann und Campe, 1868, S. 2. 76 Ebd. S. 2.

– 20 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli richt weitere Bildung erhielten, oft vielseitig, aber dafür sehr oberflächlich unterrichtet. Eine Entwicklung der Intelligenz würde nicht nur nicht stattfinden, so Littrow, sondern durch die Störung selbstständigen Denkens unterdrückt und behindert.77

Auguste von Littrow übte in ihrer Arbeit aber nicht nur Kritik, sie hatte auch Vorschläge, wie die Situation der Frauen zu verbessern sei. Mit diesen sollten Frauen etwa neue und auch bessere Erwerbschancen erschlossen werden. So sollten den Frauen Arbeiten und Erwerbs- tätigkeiten, wie Spinnen, Weben, Nähen und Ähnliches, welche sie im Laufe der Zeit ver- loren hätten, wieder zugänglich gemacht werden. Durch besseren Unterricht sollten Frauen lernen, die ihnen zufallenden Arbeiten so zu leisten, dass sie durch die Qualität ihrer Arbeit den Markt wieder gewinnen könnten. Außerdem sollten sie die Möglichkeit erhalten, sich bisher von Frauen noch nicht betretene Berufswege zu erschließen, etwa die Pflege von Kranken.78

1.2.2 Frauen in Bewegung

Es war diese mangelnde Gleichberechtigung in Bezug auf Bildung aber auch im Bereich der Arbeit oder Politik, welche die Frauen zunehmend dazu veranlasste, öffentlich für ihre Rech- te einzutreten. Manche eher zurückhaltend und konservativ, wie etwa Betty Paoli, andere fordernd und mit revolutionären Vorstellungen, wie Irma von Troll-Borostyáni. Bereits seit dem Vormärz hatten sich Frauen an den Forderungen für mehr Freiheiten und Gleichbe- rechtigung beteiligt, jedoch war nach der Revolution schnell klar geworden, dass die meis- ten demokratisch gesonnenen Männer zwar durchaus die Unterstützung der Frauen für ihre eigenen Forderungen willkommen geheißen hatten, das Versprechen der Demokratie für sie jedoch nicht gelten sollte. In Österreich ebenso wie in Deutschland kam es daraufhin zu- nehmend zu Protesten vonseiten der Frauen, die den »Liberalismus beim Wort seiner eige- nen Ansprüche und Argumentationsmuster«79 nahmen und forderten, das Versprechen von Gleichheit und Freiheit auch für die Frauen zu verwirklichen.«80 Außerdem begann sich zu- nehmend abzuzeichnen, dass die Notwendigkeit für viele unverheiratet gebliebene Frauen, sich ihren Unterhalt mit eigener Arbeit zu verdienen, nicht länger mit den gesellschaftlichen Konventionen vereinbar war. Besonders nach der Wirtschaftskrise 1873 begann eine Ausei-

77 Vgl. August, Otto: Die soziale Bewegung auf dem Gebiete der Frauen. S. 35f. 78 Vgl. ebd. S. 60. 79 Rossbacher: Literatur und Liberalismus. S. 80 Vgl. Klaus & Wischermann: Journalistinnen. S. 23.

– 21 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli nandersetzung mit der ökonomischen Versorgung von bürgerlichen Frauen, nachdem »of- fensichtlich geworden war, dass nicht alle Frauen […] von männlichen Familienernährern versorgt […] werden konnten – verursacht etwa durch sinkende Heiratsraten, Tod, Miss- erfolg des Ehemanns, oder durch wirtschaftliche Krisen«81. Wie Waltraud Heindl in ihrem Aufsatz über das Frauenbild und die Frauenbildung der Wiener Moderne schreibt, bedeute- te der Schwarze Freitag des Jahres 1873 für viele Frauen des österreichischen Bürgertums einen Schock, und

sie mußten klar erkennen, daß sie nichts gelernt hatten, was sie einsetzen konnten, um den Unterhalt der Familie zu bestreiten. So fein Gesang, Klavierspiel und Handarbeiten, Fertigkeiten, die die meisten bürgerlichen Frauen im Laufe ihrer Erziehung erworben hat- ten, die Mußestunden des bürgerlichen Lebens verschönten, zum nutzbringenden Brot- erwerb waren diese Fächer nur beschränkt geeignet. Die Fremdsprachen (meist Franzö- sisch und Englisch), die zur selbstverständlichen Bildung »höherer Töchter« gehörten, ermöglichten höchstens den Gouvernantenberuf, der bestimmt nicht zu den Traumzielen von Frauen gebildeter und wohlhabender bürgerlicher Schichten gehörte.82

Damit war für viele Frauen klar, dass sich etwas ändern musste. Auch wenn sie mit einigem männlichen Widerstand zu rechnen hatten, begannen sie, sich gezielt für ihre Forderungen einzusetzen. Zu den Hauptthemen der Frauenbewegung dieser Zeit zählten der Zugang zu Bildung und Studium, die Erwerbsarbeit der Frauen, die Arbeitsbedingungen der Proletarie- rinnen, Fragen von Sittlichkeit und Sexualpolitik, die rechtliche Gleichstellung von Frauen und hier vor allem die Forderung nach dem Frauenstimmrecht.83 Um ihre Ziele zu erreichen, schlossen sie sich zunehmend in Vereinen zusammen: Ab Mitte der 1890er-Jahre entstanden sowohl in Österreich als auch in Deutschland diverse Frauenberufsverbände und eine bür- gerlich-gemäßigte, eine radikale, eine proletarische sowie eine konfessionelle Frauenbewe- gung.84 Zwischen den Strömungen gab es allerdings immer wieder Spannungen und viele unterschiedliche Ansichten zu einzelnen Themen. Ein anschauliches Beispiel für die Diver- genzen innerhalb der Frauenbewegung ist etwa der für Juni 1892 geplante Frauentag. Die- ser hätte eigentlich neben der Diskussion über Bildungsfragen und Berufstätigkeit auch zur Gründung eines Frauenvereins zur Mobilisierung für das Frauenstimmrecht führen sollen.85

81 Friedrich, Margret: Das Recht der Frauen auf Erwerb. In: Neissl, Julia und Kurz, Agnes (Hrsg.): Geschlecht und Arbeitswelten. Beiträge der 4. Frauen-Ringvorlesung an der Universität Salzburg. Salzburg, 1998, S. 16. 82 Heindl, Waltraud: Frauenbild und Frauenbildung in der Wiener Moderne. In: Fischer, Lisa & Brix, Emil (Hrsg.): Die Frauen der Wiener Moderne: [eine Veröffentlichung der Österreichischen Forschungsgemeinschaft]. Wien [u. a.]: Verl. für Geschichte und Politik, 1997, S. 22f. 83 Vgl. Klaus & Wischermann: Journalistinnen. S. 104. 84 Vgl. ebd. S. 104. 85 Vgl. Gürtler, Christa & Veits-Falk, Sabine: Irma von Troll-Borostyáni. S. 70.

– 22 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

Jedoch fand dieser Frauentag aus nicht völlig geklärten Ursachen nicht statt. Laut Hauptin- itiatorin Auguste Fickert sagten vier der geladenen Referentinnen ab, weil sie sich mit den Forderungen nicht identifizieren konnten – der Publizist und sozialdemokratische Politiker Engelbert Pernerstorfer erklärte die Absage des Frauentages wiederum damit, dass einige der Frauen die Teilnahme von sozialdemokratischen Arbeiterinnen befürchtet und dagegen Vorbehalte gehabt hätten.86 Denn »[o]bwohl es viele private Kontakte und einen regen Aus- tausch zwischen den Akteurinnen gab, wurde die Grenze zwischen bürgerlicher und prole- tarischer Frauenbewegung streng gezogen, und es kam selten zu einer Zusammenarbeit«87.

Trotz der Unstimmigkeiten innerhalb der Frauenbewegung verzeichneten die Akteurinnen um die Jahrhundertwende zunehmend Erfolge. Die Mobilisierung der frauenbewegten Ak- teurinnen hatte auch auf den österreichischen Journalismus einen nicht zu unterschätzen- den Einfluss und ist damit fast untrennbar mit dessen Entwicklung verbunden:

Hand in Hand mit der Mobilisierung der Frauenbewegung expandierte ihre Presse. Fast jeder Verein unterhielt ein publizistisches Organ, aber auch die allgemeine Presse begann verstärkt von der sog. Frauenfrage Notiz zu nehmen und veröffentlichte Artikel frauenbe- wegter Akteurinnen und Journalistinnen. […] Es gibt zahlreiche Hinweise, dass viele Jour- nalistinnen der ‹ersten Stunde› aus Frauenbewegungskontexten stammten.88

Um 1900 war die Blütezeit der Frauenbewegung. Medienhistorisch kann um die Jahrhun- dertwende von einer »Entfesselung der Massenkommunikation hin zur Entstehung der mo- dernen Presse«89 gesprochen werden. Zeitungen und Zeitschriften expandierten, in Wien entwickelte sich zudem die bekannte »Kaffeehauskultur«, in der die Zeitung bekanntlich eine zentrale Rolle einnahm. Die Entwicklung der Presse hatte erwartungsgemäß auch Ein- fluss auf den Beruf der Journalistinnen und Journalisten. Die Massenpresse bot Frauen neue Möglichkeiten. Besonders frauenbewegte Autorinnen waren vermehrt journalistisch tätig und gründeten eigene Bewegungsorgane, arbeiteten für Frauenzeitschriften, Familienjour- nale und Frauenbeilagen oder versuchten in der Tagespresse Fuß zu fassen.90

86 Vgl. Gürtler, Christa & Veits-Falk, Sabine: Irma von Troll-Borostyáni. S. 70. 87 Klaus & Wischermann: Journalistinnen. S. 105. 88 Ebd. S. 66. 89 Ebd. S. 105. 90 Vgl. ebd. S. 105.

– 23 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

1.2.3 Frauenzeitschriften

Möglichkeiten, für Frauen, in Zeitschriften und Zeitungen zu publizieren gab es also auch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert einige. Neben den klassischen Wochen- und Tages- zeitungen, in denen vor allem Betty Paoli publizierte,91 boten sich für Frauen zu beginn die verschiedenen Modezeitschriften an, wo sie sich zu spezifischen weiblichen Themen äußern konnten.

Vor allem in der sogenannten Modepresse war es üblich und erwünscht, dass sich Frauen – Angehörige des ‹moralischen Geschlechts› – mit einigem sittlichen Ernst zu ihren urei- gensten Themen – Haushaltsführung, Kindererziehung, Handarbeit, Sittsamkeit – äußer- ten, selbstverständlich in Form von unbezahltem Dienst an der Menschheit.92

Auch Betty Paoli bewegte sich zu Beginn ihrer journalistischen Karriere auf dem Gebiet der Modepresse und »schrieb vor 1848 Theaterrezensionen für die ‹Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode›, die publizistischen Möglichkeiten waren jedoch zu der Zeit durch die Zensur stark eingeschränkt«93. Diese Form der öffentlichen Äußerung war kaum mit der Art und Weise zu vergleichen, in der Paoli später für Tageszeitungen schrieb. Fami- lien- und Modezeitschriften fanden allerdings gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine beson- ders weite Verbreitung, die »Wiener Mode« hatte etwa 1888 eine Auflage von 180.000 Ex- emplaren, wohingegen beispielsweise die Arbeiterinnen-Zeitung um 1900 nur 5.500 Hefte auflegte. Allerdings bestanden all diese Zeitschriften nur sehr kurz und verschwanden dann wieder.94

Mit der Zeit entwickelten sich aber immer mehr Frauenzeitschriften, die zunehmend in Be- zug mit den Frauenbewegungen standen. Allerdings erging es »[d]em Medium Frauenzeit- schrift […] in der Vergangenheit wie den Frauen, die für Zeitschriften tätig waren: Sie blie- ben weitgehend unberücksichtigt. Frauenzeitschriften wurden von Literaturwissenschaftlern und Literaturwissenschaftlerinnen oftmals nur herangezogen, um verschollene Schriftstel- lerinnen aufzuspüren oder das damalige Frauenbild zu rekonstruieren.«95 Laut Christa Bit- termann-Wille und Helga Hofmann-Weinberger, die zwei der wenigen Forscherinnen und

91 Dazu zählten vor allem die »Presse«, die »Neue Presse«, der »Lloyd« und die »Allgemeine Österreichische Zeitung«, die im Laufe der Arbeit noch mehrfach Erwähnung finden werden. 92 Wozonig: Betty Paoli, die Lyrikerin als Journalistin. S. 65. 93 Wozonig, Karin S.: Die Literatin Betty Paoli: Weibliche Mobilität im 19. Jahrhundert. Wien: Löcker, 1999, S. 43. 94 Vgl. Bittermann-Wille, Christa & Hofmann-Weinberger, Helga: Von der Zeitschrift »Dokumente der Frauen« zur Dokumentation von Frauenzeitschriften. In: Medien und Zeit 15 (2000) H. 2, S. 55. 95 Ebd. S. 61.

– 24 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

Forscher sind, die sich bereits vor einigen Jahren mit dem Thema Frauenzeitschriften ausei- nanderzusetzen begannen, waren im 19. Jahrhundert vier Frauenzeitschriftenarten typisch:

die unterhaltenden, die ein Abklatsch der Moralischen Wochenblätter sind; die Modema- gazine, die durch die Verbesserung der Druck- und Bildqualität Aufschwung erlebten; die politisch engagierten Presseerzeugnisse, die feministische Forderungen aus der Frauen- bewegung proklamierten; [und] […] die leicht verdaulichen Familienblätter, die eine Mi- schung aus Belehrung und Unterhaltung bieten96.

Bittermann-Wille und Hofmann-Weinberger nennen daneben die Möglichkeit, die Zeit- schriften nach ihrem Inhalt einzuteilen, nämlich in feministische Frauenpresse, sozialisti- sche Frauenpresse, christlichsoziale Frauenpresse und kommerzielle Frauenpresse. Welche dieser Einteilungsvarianten man auch wählt, ihnen bleibt eins gemeinsam: In der Forschung blieben sie bislang, wie bereits erwähnt, größtenteils unbeachtet. Die Datenbank »Ariadne« der Österreichischen Nationalbibliothek bemüht sich seit einiger Zeit um eine Dokumenta- tion der Frauenzeitschriften und erstellt zu einem Bestandsverzeichnis der Zeitschriften In- haltsverzeichnisse über die Beiträge und Artikel in denselben.97

1.2.4 Frauen im Journalismus

Forschungsliteratur speziell zu Frauen im Journalismus zwischen 1848 und der Jahrhundert- wende gibt es nur wenig, und die »Arbeiten von Journalistinnen wurden in der Kommuni- kationswissenschaft sehr spät zum Forschungsthema« 98. Eine fundierte Aussage über die Zahl der journalistisch tätigen Frauen zu treffen, ist aufgrund der Quellenlage kaum mög- lich. Tatsache ist, dass ein Großteil der Frauen, die zu dieser Zeit schriftstellerisch tätig wa- ren – besonders wenn sie sich in ihrem Werk mit sozialen Themen beschäftigt haben – auch in Zeitungen und Zeitschriften publiziert hat. Journalistinnen im engeren Sinne waren aber nur die wenigsten von ihnen. Wie bereits erwähnt, fand in der Zeit nach 1848 ein Übergang vom »schriftstellerischen Journalismus« hin zum »redaktionellen Journalismus« statt. Im- mer noch wurden in vielen Zeitungen zahlreiche literarische Texte abgedruckt und so ist bei derartigen Erwähnungen oft nicht klar, um welche Textsorten es sich genau handelte. Denn

96 Bittermann-Wille & Hofmann-Weinberger: Von der Zeitschrift »Dokumente der Frauen« zur Dokumentation von Frauenzeitschriften. S. 53. 97 Vgl. https://www.onb.ac.at/forschung/ariadne-frauendokumentation/bestandsrecherche/ frauenzeitschriften/ (Abruf: 22.10.2018). 98 Vgl. Haas, Hannes: Empirischer Journalismus: Verfahren zur Erkundung gesellschaftlicher Wirklichkeit. Wien: Böhlau, 1999. S. 244.

– 25 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli publizierte eine Frau in dieser oder jener Zeitung, hieß das nicht automatisch, dass sie jour- nalistische Artikel für dieselbe schrieb – oft publizierte sie in dieser Zeitung oder Zeitschrift eine Erzählung, eine Novelle oder vielleicht auch einen Roman in Fortsetzung, was bei der- artigen Erwähnungen in der Sekundärliteratur oft nicht auf den ersten Blick ersichtlich wird. In der nachfolgenden Betrachtung von publizierenden Frauen ist der Begriff »journalistisch tätig« daher teils sehr weit gefasst.

Wie Christa Gürtler und Sigrid Schmid-Bortenschlager in ihrer Untersuchung von Schrift- stellerinnen der Habsburgermonarchie angeben, haben alle von ihnen betrachteten Schrift- stellerinnen »neben ihren belletristischen Werken auch Sachtexte geschrieben, häufig haben sie regelmäßig für Zeitungen und Zeitschriften gearbeitet, sowohl als Kritikerinnen als auch fürs Feuilleton«99. Im Folgenden soll ein Überblick über die publizistische Tätigkeit einiger Zeitgenossinnen Betty Paolis gegebenen werden.

Eine der lange vergessenen journalistisch tätigen Frauen ist die 1847 in Salzburg geborene und in dieser Arbeit bereits mehrfach erwähnte Irma von Troll-Borostyáni, die kämpferisch frauenrechtlerische, aber auch generell sozialkritische Abhandlungen in österreichischen und deutschen Zeitschriften publizierte.100 Die Wiener »Neue Freie Presse« schrieb in einem Nachruf, sie sei die »erste Vorkämpferin der Frauenemanzipation in Österreich«101 gewesen. Nachdem sie früh gegen Geschlechternormen rebelliert hatte – Troll-Borostyáni trug kurz geschnittene Haare und wie auf erhaltenen Fotos zu sehen ist, Hemden mit Stehkragen und Masche, Männersakkos sowie Hosen102 – zog sie 1870 nach Wien, wo sie eine Karriere als Pianistin anstrebte. Außerdem nahm sie Schauspielunterricht – später gab sie die Schauspie- lerei auf Drängen der Familie auf – und begann zu schreiben. »Unter dem Decknamen Leo Bergen erschienen ihre Skizzen in angesehenen Tagesblättern«103. Über ihre journalistische Arbeit für Zeitschriften und Zeitungen ist nur wenig bekannt, in den 1890er Jahren finden sich aber regelmäßig Essays Troll-Borostyánis in »Ethische Kultur: Wochenschrift zur Ver- breitung ethischer Bestrebungen«. Die Zeitschrift »Ethische Kultur« war Publikationsorgan des 1892 von Bürgern und Bürgerinnen in Berlin gegründeten Vereins der »Deutschen Ge-

99 Gürtler & Schmid-Bortenschlager: Eigensinn und Widerstand. S. 14. 100 Vgl. Lämmereiner, Judith: Irma von Troll-Borostyáni: eine Vorkämpferin der österreichischen Frauenbewegung, Salzburg, 1979, (masch.), S. 31. 101 Nachruf Irma von Troll-Borostyáni. In: Neue Freie Presse, 24. Februar 1912. S. 9. 102 Vgl. Gürtler & Veits-Falk: Irma von Troll-Borostyáni. S. 10. 103 Widmann, Hans: Irma von Troll-Borostyáni. Das Leben einer Dichterin und Denkerin. In: Troll, Wilhelmine von (Hrsg.): Ausgewählte kleinere Schriften von Irma v. Troll-Borostyáni. Mit einer Lebensskizze von H. Widmann. Leipzig: Spohr, 1914. S. 19.

– 26 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli sellschaft für ethische Kultur« und erschien von 1893 bis 1936 mit verschiedenen Unter- titeln.104 Die Gesellschaft hielt nicht nur eine Verbesserung der Lebensbedingungen und rechtliche Gleichheit aller Frauen und Männer für unerlässlich, sondern ebenso eine frei- heitliche Persönlichkeitsentwicklung,105 was Irma von Troll-Borostyáni durchaus angespro- chen haben dürfte – ebenso wie umgekehrt ihre Ideen die Redaktion der »Ethischen Kultur«. So veröffentlichte Troll-Borostyáni beispielsweise in der am 28. April 1894 erschienenen Ausgabe den Text »Bemerkungen zur Frauenfrage«,106 in dem sie unter anderem die Ehe als Liebesbund propagiert und für bessere Bildung für Frauen eintritt.

Ich habe schon des öfteren Gelegenheit genommen, darauf hinzuweisen, von welch uner- meßlicher Tragweite für das individuelle und für das allgemeine Wohl es sei, soziale Zu- stände zu schaffen, in welchen die Ehe zu dem werden könnte, was sie allein sein sollte und was sie in unserer heutigen Gesellschaft so selten ist, zu einem Liebesbunde, und von welch sittlich und physisch degenerierender Wirkung auf die elementare Zusammenset- zung und Entwicklung der kommenden Geschlechter es ist, daß dieses Bündnis in den meisten Fällen aus allen möglichen, dem einzigen ethisch berechtigten Motive sympathi- schen Impulses fernab liegenden Beweggründen geschlossen wird. […] [N]ur dann kann die Ehe die Pforte zu solcher Hingebung werden, wenn bei Mann und Weib keine ande- ren Motive, als freie Herzenswahl, ihr entgegenführen. Und nur dann kann dieser einzige zu Recht bestehende Beweggrund zur Geltung kommen, wenn Mann und Weib als gleich freie und gleich berechtigte Wesen einander gegenüberstehen […]. Als notwendige Vor- aussetzung gleicher Freiheit und gleicher Rechte für Mann und Frau muß selbstverständ- lich auch gleiche charakterbildende Geistesentwicklung erkannt werden. […] [U]m das allgemeine Bildungsniveau der Gatten handelt es sich […], dessen Gleichheit erforderlich ist, damit zwischen Mann und Frau jene geistige Harmonie bestehen könne, welche allein es ist, die deren Verbindung eine der Vergänglichkeit des Augenblicks trotzende Dauer der Liebe und seelischer Befriedigung zu verleihen vermag.107

Beides sind Themen, mit denen sich Troll-Borostyáni in ihrer schriftstellerischen Tätigkeit vermehrt auseinandersetzt. Ein großer Teil ihrer eigenständigen Publikationen108 widmet sich emanzipatorischen Forderungen. »Zum Dreh- und Angelpunkt in ihrem Streben nach Geschlechtergerechtigkeit wird die Forderung nach einer umfassenden Verbesserung von

104 Vgl. Schramm, Hilde: Meine Lehrerin, Dr. Dora Lux. Vierter Exkurs: Zeitschrift und Gesellschaft ethische Kultur 1931 – 1936. https://www.rowohlt.de/fm/634/Schramm_Exkurs_4.pdf (Abruf: 09.08.2018), S. 1. 105 Vgl. ebd. S. 3. 106 Vgl: Troll-Borostyáni, Irma von: Bemerkungen zur Frauenfrage. In: Ethische Kultur. Wochenschrift zur Verbreitung ethischer Bestrebungen, 17 (1894), https://www.digizeitschriften.de/dms/img/?PID=ZDB024430897_0002%7CLOG_0165 (Abruf: 09.08.2018). 107 Ebd. S. 129f. 108 Insgesamt erschienen zu ihren Lebzeiten 19 Bücher. Neben ihren sozialpolitischen Texten habe sie, so heißt es bei Gürtler und Schmid-Bortenschlager (S. 132), Novellen und Romane geschrieben. Auch vielen ihrer nichtfiktionalen Texte lagen dabei journalistische Rechercheverfahren zugrunde, wie etwa die Auswertung der einschlägigen Literatur oder die Zusammenstellung von Statistiken. Vgl. dazu Klaus & Wischermann: Journalistinnen. S. 94.

– 27 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli weiblicher Erziehung und Bildung: Mädchen sollen nicht länger […] ‹abgerichtet›, sondern ‹unterrichtet› werden.«109 Ihre Ideen hat Troll-Borostyáni auch über den »Allgemeinen Ös- terreichischen Frauenverein« (AÖFV) vermittelt, sie hielt Vorträge und schrieb etliche Arti- kel für die feministischen Zeitschriften »Das Recht der Frau« und die »Dokumente der Frau- en«.110 Trotz ihrer Veröffentlichungen in diesen Medien sparte Irma von Troll-Borostyáni in ihren Essays und Zeitschriftenartikeln nicht mit Kritik an der österreichischen und deut- schen Frauenbewegung, die ihr zu wenig radikal und zu uneinheitlich war.111

Irma Troll-Borostyáni setzte sich nicht nur für die Rechte der Frauen im Allgemeinen, son- dern auch für jene von Prostituierten ein und recherchierte direkt vor Ort im Wiener Pros- tituiertenmilieu. »In Männerkleidung und von einem sicheren Freunde begleitet, besucht sie die prunkvollen Hallen des geschmückten Elends der Elendsten ihres Geschlechtes«, schrieb dazu Hans Widmann, einer ihrer ersten Biografen.112 Die Erfahrungen, die sie dort machte, haben auch ihre späteren Ansichten zur Frage der Prostitution, welche sie in verschiedenen Zeitschriftenartikel thematisierte,113 geprägt. 1893 veröffentlichte sie dann unter dem Pseu- donym »Veritas« eine Schrift mit dem Titel »Die Prostitution vor dem Gesetz. Ein Appell an’s deutsche Volk und seine Vertreter«. In diesem Text prangert sie die Zustände in den Bordellen an und erklärt den Druck des Kapitalismus zum Hauptgrund für Frauen, sich zu prostituieren.114

Nur die Durchführung der wirtschaftlichen und gesetzlichen Gleichstellung der Ge- schlechter und zugleich eine der Arbeit eines jeden ausreichenden Erwerb sichernde Um- gestaltung der wirtschaftlichen Ordnung kann es dahin bringen, das weibliche Geschlecht dem auf vielen Hunderttausenden drückenden Joche der Schande zu entziehen.115

Einen Zeitschriftenartikel zu einem ganz anderen Thema publizierte Troll-Borostyáni in der »Ethischen Kultur« am 23. Februar 1895. In »Heldentum«116 geht es um den Untergang des

109 Gürtler & Veits-Falk: Irma von Troll-Borostyáni. S. 17. 110 Vgl. Schmölzer, Hilde: Rosa Mayreder: ein Leben zwischen Utopie und Wirklichkeit, Wien: Promedia, 2002. S. 95. 111 Vgl. Lämmereiner, Judith: Irma von Troll-Borostyáni. S. 31. 112 Widmann, Hans: Irma von Troll-Borostyáni. S. 19. 113 Vgl. Klaus & Wischermann: Journalistinnen. S. 94. 114 Vgl. Veritas: Die Prostitution vor dem Gesetz. Ein Appell an’s deutsche Volk und seine Vertreter. Leipzig: Robert Claußner, 1893. S. 11. 115 Ebd. S. 11. 116 Troll-Borostyáni, Irma von: Heldentum. In: Ethische Kultur. Wochenschrift zur Verbreitung ethischer Bestrebungen, 8 (1895), https://www.digizeitschriften.de/dms/img/?PID=ZDB024430897_0003%7CLOG_0079 (Abruf: 09.08.2018).

– 28 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

Bremer Schnelldampfers »Elbe« auf der Fahrt nach Amerika und den Heldenmut, den sie dem Kapitän des gesunkenen Schiffs anhand von Aussagen der Überlebenden zuschreibt.

Diesem [dem Kapitän des am Unfall beteiligten englischen Kohledampfers; Anm.d.A.] gegenüber steht der Kommandeur des vernichteten deutschen Dampfers, Kapitän v. Goef- fel, der nach dem Eintritt der gräßlichen Katastrophe mit dem Heldenmute treuesten, auf- opferndsten Pflichtbewußtseins alles aufbot, um die seiner Leitung und seinem Schutze überantworteten Passagiere zu retten. Die kleine Zahl der Überlebenden erklärte einstim- mig, daß der während des Untergangs der »Elbe« nicht von der Kommandobrücke wei- chende Kapitän alles im Bereiche seiner Macht gelegene that, um die in diesen verhäng- nisvollen Augenblicken so notwendige Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten und die Rettung der Bedrohten zu bewerkstelligen.117

Der Text ist ein Zeugnis dafür, dass Irma Troll-Borostyáni, entgegen des Eindrucks, der auf den ersten Blick in der Sekundärliteratur über sie entsteht, nicht nur über soziale und Eman- zipationsthemen geschrieben hat. In ihrem journalistischen Schaffen scheint sie sich – zu- weilen – auch anderen Themen gewidmet zu haben. Neben ihrer regelmäßigen Tätigkeit für die »Ethische Kultur« hat Troll-Borostyáni im Laufe ihres Lebens theoretische sowie bellet- ristische Texte in zahlreichen verschiedenen Zeitschriften, wie »Die Gesellschaft«, »Frank- furter Zeitung«, »Die Kritik«, »Neues Leben«, »Die Mutter«, »Neue Bahnen«, »Der Salon« oder »Der Freidenker« veröffentlicht.118

Wie ein Großteil der journalistisch tätigen Frauen im 19. Jahrhundert musste sich auch Irma von Troll-Borostyáni mit der Schreiberei ihren Lebensunterhalt verdienen. Ihr Vater hatte nach seinem Tod kein Vermögen hinterlassen und von ihrem Mann, dem ungarischen Jour- nalisten Nandor von Borostyáni, von dem Irma trotz eines angeblich guten Verhältnisses zwischen beiden, einen Großteil ihrer Ehe getrennt lebte, schien sie erst nach dessen Tod eine kleine Pension zu erhalten, die eine Erleichterung ihrer finanziellen Misere bedeute- te.119 »Wie schwierig das finanzielle Überleben gerade für Schriftstellerinnen war, deren In- teressen in der Verbreitung ihrer emanzipatorischen Anliegen lag, zeigen zahlreiche Briefe und Ansuchen Troll-Borostyánis.«120

Wie mit zahlreichen anderen Mitgliedern der Frauenbewegung korrespondierte Troll-Bo- rostyáni regelmäßig mit der Frauenrechtlerin und späteren Friedensnobelpreisträgerin Ber- tha von Suttner. Diese war im Zuge ihres Engagements für verschiedene Zeitschriften tätig

117 Troll-Borostyáni, Irma von: Heldentum. S. 62. 118 Vgl. Gürtler, Christa: Ungehalten. S. 235 sowie Gürtler; Veits-Falk: Irma von Troll-Borostyáni. S. 118. 119 Vgl. Gürtler & Schmid-Bortenschlager: Eigensinn und Widerstand. S. 130f. 120 Gürtler & Veits-Falk: Irma von Troll-Borostyáni. S. 45.

– 29 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli und so kamen zu ihren in Buchform veröffentlichten Werken noch zahlreiche Vorträge so- wie unzählige Essays und Zeitungsartikel.121 Bereits während ihrer Zeit in Georgien ver- fasste sie ab 1876 Artikel für verschiedene Blätter in Deutschland. Ihr erstes Feuilleton mit dem Titel »Fächer und Schürze« publizierte sie etwa in der Wiener »Presse«.122 Die Suche nach Zeitungen und Verlegern erwies sich für Suttner jedoch als schwierig. Lange Postwe- ge und mangelnde persönliche Kontakte zu Redakteuren in Westeuropa erforderten viel Ge- duld, Hartnäckigkeit und Optimismus.123 Die Gründe für ihre Tätigkeit für Zeitungen wa- ren zu diesem Zeitpunkt eindeutig finanzieller Natur. Auch für sie diente der Journalismus also in erster Linie dem Broterwerb. In den folgenden Jahren publizierte sie immer wieder in verschiedenen Zeitschriften. 1882 erschien beispielsweise ihr Fortsetzungsroman »Hanna« in der »Gartenlaube«, 1884 veröffentlichte sie ein Selbstporträt an der »Neue Illustrirte Zei- tung«.124 Im ersten Heft der 1885 erstmals erschienenen Zeitschrift »Die Gesellschaft. Rea- listische Wochenschrift für Literatur, Kunst und öffentliches Leben« des Münchener Schrift- stellers Michael Georg Conrad wurde ihr in Dialogform gehaltener Aufsatz »Wahrheit und Lüge» an erster Stelle gedruckt.125 Wie viele zeitgenössische Journalistinnen hat auch Bertha von Suttner anfangs unter einem Pseudonym, nämlich »B. Oulet«, publiziert und sich erst Anfang der 1880er Jahre als Autorin zu erkennen gegeben.126

Später diente das Schreiben, wie bei anderen engagierten Frauen der Zeit, auch bei Bertha von Suttner zur Verbreitung eigener Ideen. Denn von Suttner war nicht nur Frauenrechtle- rin, sondern setzt sich auch in besonderem Maße für die Friedensbewegung ein. Auf Betrei- ben von Alfred Hermann Fried, einem aus Wien stammenden Buchhändler in Berlin, gab von Suttner ab 1892 die Zeitschrift »Die Waffen nieder!« heraus.

Ihre bisher nicht voll ausgeschöpfte journalistische Begabung hatte mit der Redigierung dieser Revue ein reiches Feld der Betätigung gefunden. Sie schrieb […] Berichte über Kon- gresse, und Konferenzen, […] nahm Stellung zu den Ereignissen des Tages […], publizierte Aufrufe, schrieb Kritiken, Reportagen und Interviews, wie [zum Beispiel] ein solches mit dem Grafen Murawjew, dem russischen Minister des Äußeren, der bei der Vorbereitung

121 Biedermann, Edelgard: Nicht nur »Die Waffen nieder!«: Bertha von Suttner. In: Tebben, Karin: Deutschsprachige Schriftstellerinnen des Fin de siècle. Darmstadt: Wiss. Buchges., 1999. S. 313. 122 Hamann, Brigitte: Bertha von Suttner: Kämpferin für den Frieden, Wien: Brandstätter, 1. Aufl., vollst. überarb. und neu bebilderte Ausg., 2013. S. 55. 123 Vgl. ebd. S. 59. 124 Vgl. ebd. S. 58 u. 62. 125 Vgl. Kempf, Beatrix: Bertha von Suttner: eine Frau kämpft für den Frieden, Freiburg i. Br., Wien [u. a.]: Herder, Gekürzte Neuausg., 1979. S. 25. 126 Vgl. Klaus & Wischermann: Journalistinnen. S. 149.

– 30 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

zur ersten Haager Friedenskonferenz eine große Rolle spielte. Dieses Interview veröffent- lichte auch die ‹Neue Freie Presse› in Wien am 25. Oktober 1898 […].127

Dennoch hatten Bertha von Suttner und ihre Familie immer wieder mit finanziellen Schwie- rigkeiten zu kämpfen. Mit ihrer Arbeit für »Die Waffen nieder!« verdiente sie kaum Geld und so veröffentlichte sie immer wieder literarische Arbeiten oder publizierte Artikel in zahlreichen anderen Zeitungen und Zeitschriften. Auch von den jährlichen Friedenskonfe- renzen berichtete sie für verschiedene Medien.128

Bertha von Suttner hat im Laufe ihres Lebens für zahlreiche renommierte nationale und internationale Zeitungen geschrieben, darunter die Wiener »Neue Freie Presse«, das »Neue Wiener Tagblatt«, das »Neue Wiener Journal«, »Die Zeit«, die »Österreichische Rund- schau«, die »Frankfurter Zeitung«, das »Berliner Tagblatt«, die »New Yorker Staatszei- tung«, die »Woche«, der »Pester Lloyd«, der »Secolo«, der »Courier Européen« oder die »Friedens-Warte«.129 Daniela Lackner erwähnt in ihrer Diplomarbeit »Die Frauenfriedens- bewegung in Österreich zwischen 1899 und 1915« beispielsweise einen Artikel mit dem Ti- tel »Der nächste Friedenskongress in Rom«, den Suttner 1891 an die »Neue Freie Presse« ge- sandt hatte. Dieser sei im Grunde ein Appell an alle Unterstützer der Friedensidee gewesen, ein Zustimmungsschreiben zur Konstituierung eines Friedensvereins zu schicken.130 Bertha von Suttner leistete »[a]ls Unterhaltungsjournalistin wie als politische Journalistin […] einen wichtigen Beitrag zur Eroberung des journalistischen Berufsfeldes durch die Frauen.«131

Eine weitere Schriftstellerin, die sich wie Betty Paoli ihren Lebensunterhalt mit dem Journa- lismus zu verdienen versuchte, war Ada Christen. Sie war als »Mitarbeiterin vieler Tagesblät- ter«132 tätig und verdiente sich durch »ihre Beiträge für verschiedene Zeitschriften bereits vor ihrem Durchbruch als Schriftstellerin ihren Lebensunterhalt«.133 Sie war beispielsweise »vom Herbst 1868 an Journalistin und Theaterkritikerin für die Österreichisch-ungarische Wehrzeitung ‹Der Kamerad› und schrieb für die Preßburger Zeitschrift ‹Donau› Briefko-

127 Kempf: Bertha von Suttner. S. 48. 128 Vgl. Hamann: Bertha von Suttner. S. 128 129 Vgl. Kempf: Bertha von Suttner. S. 51 130 Vgl. Lackner, Daniela: Die Frauenfriedensbewegung in Österreich zwischen 1899 und 1915. Diplomarbeit, Wien, 2008, (masch.), S. 89. 131 Klaus & Wischermann: Journalistinnen. S. 151. 132 Nigg, Marianne (Hrsg.): Biographien der österreichischen Dichterinnen und Schriftstellerinnen. Ein Beitrag zur deutschen Literatur in Österreich. Korneuburg: Kühkopf, 1893, S. 12. 133 Vgl. Oser, Birgit: Ada Christen – Betty Paoli. Möglichkeiten weiblichen Schreibens im 19. Jahrhundert, Diplomarbeit, Wien, 2005 (masch.), S. 90.

– 31 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli lumnen unter dem sprechenden Namen ‹Satanella›«134. In letzterer veröffentlichte sie 1869 und 1870 die »Wiener Briefe«, die von Prostitution, Frauenhandel, Aristokratie, Klerus und kulturellen Themen berichten, welche jeweils satirisch aus der Sicht der Teufelstochter be- urteilt werden.135 Im Gegensatz zu anderen zeitgenössischen Autorinnen und Autoren, die sich zumindest zu Beginn ihrer literarischen Laufbahn gegen die kommerzielle Verwertung ihrer schriftstellerischen Produktion wehrten, ihr Talent missachtet sahen und ihr Auftreten in Feuilletons als »missliebigen, aber einzigen Weg, Geld zu verdienen«136, auffassten, setzte Ada Christen gleich zu Beginn ihrer literarischen Laufbahn auf »unterschiedliche Möglich- keiten der Tagesschreiberei und paßte ihre Texte den jeweiligen Blättern an«137. So arbeitete sie auch für den »Pester Lloyd«, das »Neue Wiener Tagblatt«, die »Illustrierten Plauderei- en über Politik, Tagesereignisse, Literatur, Kunst, Wissenschaft und Volkswirtschaft« oder den »Salon«. Um zu einer Mitarbeit in der »Neuen Freien Presse« zu kommen, widmet sie ihren Prosaband »Vom Wege« Anna von Thaler, der Mutter Karl von Thalers, der damals Re- dakteur der Zeitung war.138 Die öffentliche Anerkennung war im Vergleich zu literarischen Buchveröffentlichungen allerdings gering und so versuchte Ada Christen ihre Tätigkeit für die Presse unter anderem durch Pseudonyme zu verheimlichen.139 Wie bei vielen anderen Frauen ihrer Zeit, ist auch bei Ada Christen die mangelnde Schulbildung ein Thema. Sie selbst beklagte sich über ihre schlechte Orthografie und hat sich im Laufe ihres Lebens wohl viel im Selbststudium beigebracht,140 da sie »nur eine Grundbildung erhielt«141 und »auf- grund der Armut, die der Tod ihres Vaters hervorgerufen hat[te], schon früh zum Familien- einkommen beitragen«142 musste.

Eine weitere Frau, die ihr Schreiben von Beginn an unter dem »Aspekt des Gelderwerbs«143 sah, war die verarmte Bürgerliche, Angelika Aurora Rümelin – besser bekannt als Wanda von Sacher-Masoch, die Ehefrau Leopold von Sacher-Masochs. Sie verfasste während des Briefwechsels mit ihrem späteren Gatten einige Feuilletons und Novellen, die von diesem er-

134 Rossbacher: Literatur und Liberalismus. S. 356-357. 135 Grabenweger, Elisabeth: Schriftstellerei als Geschäft. Ada Christens Briefe an Julius Campe. In: Sichtungen. Wien: Praesens, Jg. 6/7, 2003/04. S. 168. 136 Vgl. ebd. S. 167. 137 Ebd. S. 167. 138 Vgl. ebd. S. 167. 139 Vgl. ebd. S. 169. 140 Vgl. Oser, Birgit: Ada Christen. S. 92f. 141 Rossbacher: Literatur und Liberalismus. S. 356. 142 Grabenweger: Schriftstellerei als Geschäft. S. 159. 143 Gürtler & Schmid-Bortenschlager: Eigensinn und Widerstand. S. 111.

– 32 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli folgreich an Zeitungen vermittelt wurden und ihr einige Gulden einbrachten.144 Erschienen waren ihre Beiträge unter anderem im »Neuen Pester Journal«145.

Eine zweite Frau, der Leopold von Sacher-Masoch beim Publizieren ihrer Arbeiten in Zeitun- gen half, war Emilie Mataja, besser bekannt unter ihrem seit 1875 verwendeten146 männli- chen Pseudonym »Emil Marriot«. Das Mädchen aus einer aufstrebenden Wiener Kaufmanns- familie begann früh Gedichte und Dramen zu schreiben, wandte sich bald dem Roman zu, wurde aber trotz erster in Zeitungen platzierter Artikel von ihrer Familie in ihrem Wunsch, Schriftstellerin zu werden, nicht unterstützt. Mataja schrieb selbst über ihr Verhältnis zu ihrer Mutter:

Es war ein steter Kampf zwischen meiner Mutter und mir. Sie hatte in ihrer Mädchenzeit ein Geschäft geleitet und war im Prinzip durchaus nicht gegen Frauenarbeit und Erwerb. Aber zu meiner schriftstellerischen Begabung, für die ja noch kein Beweis erbracht war, fehlte ihr jedes Vertrauen.147

Einen offenen Bruch mit ihrer Familie scheuend, begann Marriot Korrespondenzen mit Re- dakteuren und Schriftstellern. So kam sie auch in Kontakt mit Leopold von Sacher-Masoch, den sie als ihren »geistigen Führer«148 bezeichnete, und der ihre Texte an verschiedene Zei- tungen weiterleitete. Bereits vor Beginn ihres Briefwechsels arbeitete sie für ein kleines Blatt für Hausfrauen, bekam dafür aber lange kein Honorar.149 1871 erschien ihre erste Arbeit unter dem Pseudonym Emil Marriot in einer Wiener Tageszeitung.150 Sacher-Masoch hatte ihr zu einem männlichen Pseudonym geraten, auf ihren Vorschlag »Emil Marriot« antworte- te er in einem Brief am 3. Juli 1875: »Mit dem Autornamen Emil Marriot bin ich einverstan- den, er klingt ganz hübsch«151.

144 Vgl. Gürtler, Christa: Damen mit Pelz und Peitsche. Zu Texten von Wanda von Sacher-Masoch. In: Klugsberger, Theresia u. a. (Hrsg.): Schwierige Verhältnisse. Stuttgart: Heinz, Akad. Verl., 1992. S. 73. 145 Vgl. Österreichisches Biographisches Lexikon ab 1815, Sacher-Masoch, Wanda von. http://www.biographien.ac.at/oebl/oebl_S/Sacher-Masoch_Wanda_1845_1932.xml (Abruf: 13.08.2018). 146 Vgl. Urbach, Reinhard: Über »Emil Marriot«/Emilie Mataja (1855 - 1938). In: Literatur und Kritik. Salzburg: Müller, 2013, H. 475-476. S. 103. 147 Marriot, Emil (Emilie Mataja): Mein Werdegang. In: Farin, Michael (Hrsg.): Seiner Herrin Diener: Briefe an Emilie Mataja, München: Belleville, Dt. Erstausg., 1987. S. 134. 148 Ebd. S. 138. 149 Vgl. ebd. S. 136. 150 Vgl. Stekl, Hannes: Emilie Mataja (1855-1938). In: Stekl, Hannes (Hrsg.): »Höhere Töchter« und »Söhne aus gutem Haus«. Wien u. a.: Böhlau, 1999, S. 55. 151 Farin, Michael (Hrsg.): Seiner Herrin Diener: Briefe an Emilie Mataja, München: Belleville, Dt. Erstausg., 1987. S. 82.

– 33 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

Emilie Mataja gehört zu jenen Frauen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, von denen bekannt ist, dass sie regelmäßig für eine einzelne Zeitung schrieben. Mataja arbeitete bei der »Wiener Allgemeinen Zeitung« an dem für Frauen am ehesten zugänglichen Ressort, dem Feuilleton, mit, wofür sie rund 30 Jahre lang Beiträge lieferte152. Ergeben hatte sich diese An- stellung durch ihre Bekanntschaft mit Rudolf Valdek, die im Zuge des Misserfolgs ihrer ers- ten Romanveröffentlichung »Egon Talmors« 1880 Zustande gekommen war.153 Valdek war Feuilletonist bei der gerade neu gegründeten »Wiener Allgemeinen Zeitung« und bot ihr an, Skizzen für den feuilletonistischen Teil der Zeitung zu schreiben.154 »Über die Mitarbeit am Feuilleton [konnte] sich Emilie Mataja ein literarisches Publikum sichern, das auch ihren übrigen Werken zugute [kam].«155 Viele ihrer literarischen Arbeiten erschienen zunächst in Zeitungen und Zeitschriften, so etwa der Roman »Familie Hartenberg«, der zuerst in der »Wiener Allgemeinen Zeitung« als Fortsetzung gedruckt wurde.156 Marriot setzte sich in ihren Schriften auch für die Frauenfrage ein, und publizierte in Frauenzeitungen wie dem »Lehrerinnen-Wart« und der »Österreichischen Frauenzeitung«.157 Auch bei Marriot ist der Aspekt des Broterwerbs nicht zu verleugnen. Zwar lebte sie bis zu ihrem Tod bei der »ge- haßte[n] Familie«158, die Arbeit als Schriftstellerin und Journalistin ermöglichte ihr aber eine gewisse Selbstständigkeit.

Die Rezeption von Helene von Druskowitz konzentriert sich – wie bei vielen der hier Erwäh- nung findenden Frauen – nicht auf ihre Tätigkeit für Zeitungen und Zeitschriften, sondern erwähnt diese meist nur in einem Nebensatz. Allerdings stellt sich bei der Forschung über die Österreicherin, die nach der Matura mit ihrer Mutter nach Zürich übersiedelte, wo Frau- en seit 1867 zum Studium zugelassen waren,159 und als zweite Frau überhaupt zum Doktor

152 Vgl. Österreichisches Biographisches Lexikon: Mataja, Emilie. http://www.biographien.ac.at/oebl/oebl_M/Mataja_Emilie_1855_1938.xml (Abruf: 13.08.2018). 153 Marriot: Mein Werdegang. S. 140. 154 Vgl. ebd. S. 140. 155 Bittermann-Wille, Christa & Hofmann-Weinberger, Helga: Erstklassige Schriftstellerinnen zweiter Güte? Literarische Bestseller österreichischen Autorinnen vom 19. Jahrhundert bis zum Zweiten Weltkrieg. In: Rachinger, Johanna: Historische Bestseller. Biblos. Beiträge zu Buch, Bibliothek und Schrift. Wien: Phoibos Verlag, 2005, S. 30. 156 Vgl. Marriot: Mein Werdegang. S. 141. 157 Vgl. Frauen in Bewegung: 1848 – 1938: Emilie Mataja, Biografie. http://www.fraueninbewegung.onb.ac.at/Pages/PersonDetail.aspx?p_iPersonenID=8674818 (Abruf: 13.08.2018). 158 Gürtler & Schmid-Bortenschlager: Eigensinn und Widerstand. S. 147. 159 Vgl. Polt-Heinzl, Evelyne: Helene von Druskowitz (1856-1918), Literatur und Kritik. Salzburg: Müller, 2007, Heft 419-420, S. 103.

– 34 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli der Philosophie promovierte,160 generell die Problematik, dass »akribische Detailarbeit und detektivischer Spürsinn«161 erforderlich sind, um Informationen zu ihrem Leben und Werk zu finden. Zwar gibt es mittlerweile einige Aufsätze über sie, jedoch existieren

kaum biografische Dokumente oder Zeugnisse von Helene von Druskowitz […]. [Man] wird verwiesen auf Biografen (vornehmlich zu Nietzsche), die Rückschlüsse über ihre Per- son bestenfallserahnen lassen. Ferner auf psychiatrische Gutachten, sowie Beschreibun- gen zu ihrer Person, die als Marginalien in einen von ihr weiterführenden Kontext einge- bunden sind162.

Bekannt ist über Helene von Druskowitz’ Schreiben, dass ihre Aufsätze zum Teil in Organen der Frauenrechtsbewegung publiziert worden sind. In einer noch existierenden Krankenge- schichte heißt es, sie verfasse »in unleserlicher Schrift meist konfuse androphobe Aufsätze, die indes trotzdem wegen ihres wütenden Tones von frauenrechtlerischen Zeitschriften ab- gedruckt werden«163. Bis 1903 scheint Druskowitz mit verschiedenen Verlegern und Frau- enzeitschriften in Verbindung zu stehen, für welche sie die genannten (jedoch nicht über- lieferten) »androphoben Artikel« verfaßte.164 Druskowitz war in der Frauenrechtsthematik

gegen eine Mädchenbildung, wie sie in den humanistischen Gymnasien vorgesehen war, indem sie die Einführung der modernen Sprachen und praxisbezogenen Unterricht forder- te. Sie wandte sich hauptsächlich gegen das Schiller’sche Frauenideal und die Zwangsehe und schloss sich den Sittlichkeitspostulaten einer freien Gesellschaft an.165

Ursula Kubes-Hofmann nennt in ihrem Aufsatz »Traum und Wirklichkeit der Helene von Druskowitz« zwei Artikel, die Druskowitz in einer Zeitung oder Zeitschrift veröffentlicht hat. So verweist die Autorin auf eine Rezension, die Druskowitz über Marie von Ebner-Eschen-

160 Druskowitz studierte ab 1874 in Zürich Philosophie, klassische Philologie, Archäologie, Orientalistik, Germanistik und moderne Sprachen. In Österreich waren Frauen zu diesem Zeitpunkt noch nicht zum Universitätsstudium zugelassen. Vgl. Gürtler & Schmid-Bortenschlager: Eigensinn und Widerstand. S. 157. 161 Keintzel, Brigitta: Helene von Druskowitz. In: Wir sind die Ersten, die es wagen: Biographien deutschsprachiger Wissenschafterinnen, Forscherinnen, intellektueller Frauen / [Bundesministerium für Unterricht und Kunst, Abt. Präs. 3. Red.: Ilse Korotin. Autoren: Karl Fallend, u. a.]. Wien: Bundesministerium für Unterricht und Kunst, Abt. Präs. 3, 1993, S. 36. 162 Ebd. S. 36. 163 Kubes-Hofmann, Ursula: »Etwas an der Männlichkeit ist nicht in Ordnung.« Intellektuelle Frauen am Beispiel von Rosa Mayreder und Helene von Druskowitz. In: Fischer, Lisa & Brix, Emil (Hrsg.): Die Frauen der Wiener Moderne: [eine Veröffentlichung der Österreichischen Forschungsgemeinschaft]. Wien [u. a.]: Verl. für Geschichte und Politik, 1997, S. 129. 164 Vgl. Zintzen, Christiane: Auf der Überholspur in die Nervenklinik. Helene Druskowitz (1856-1918). In: Aspetsberger, Friedbert (Hrsg.): Geschlechter: Essays zur Gegenwartsliteratur. Innsbruck [u. a.]: Studien- Verl., 2001. S. 68. 165 Kubes-Hofmann, Ursula: Traum und Wirklichkeit der Helene von Druskowitz. In: Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften 25 (2014), H. 3, S. 168.

– 35 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli bachs »Erzählungen« für die »Neue Züricher Zeitung« verfasst habe.166 Außerdem schrieb sie über Theodor Gottlieb von Hippels Text »Über die bürgerliche Verbesserung der Wei- ber« in der Zeitschrift »Neue Bahnen«.167 Druskowitz schrieb unter diversen Pseudonymen wie »Adalbert Brunn«, »H. Foreign«, »E. René«, »Ventravin«, »H. Sakkorausch«, »H. Sak- rosankt«, »von Calagis« oder »Erna«.168

Die Frauenrechtlerin Rosa Mayreder verfasste Texte für Zeitungen und Zeitschriften zuerst unter verschiedenen Pseudonymen. Als »Franz Arnold« schrieb sie Kunstkritiken in der »Neuen Freien Presse«,169 als »Eremo« ab 1849 erste Erzählungen, wie der in der »Wiener Neuen Revue« gedruckte Text »Sein Ideal« oder der in der »Neuen deutschen Rundschau« erschiene Beitrag »Adam und Lillith«.170 Bald begann sie jedoch, sich sozialkritischen The- men zuzuwenden. Da die publizistischen Medien ihrer Zeit »nicht gerade für feministische Inhalte aufgeschlossen waren, gründeten Auguste Fickert, Marie Lang und Rosa Mayre- der die Zeitschrift ‹Dokumente der Frauen›«171. Am 8. März 1899 erschien die erste Ausga- be dieser Zeitschrift, vier von Rosa Mayreders Essays wurden darin erstmals publiziert.172 »Dokumente der Frau« brachte im Gegensatz zu anderen Zeitschriften für Frauen keine Mode, Kochrezepte, Kosmetik oder Familienberatung, dafür regelmäßig Diskussionsbeiträ- ge und Artikel zu Themen des Rechts, der Politik, Erziehung, Berufsberatung, Kunst und Kultur.173

Zentrale Themen des Blattes waren die Frauenrechtsbewegung, das Wahlrecht für Frauen und die Debatte der Sittlichkeit und Prostitution. Das Verbreitungsgebiet der ‹Dokumente der Frauen› erstreckte sich […] über Russland, Holland, England, Frankreich und Italien. Dies zeigt auch die Mitarbeit internationaler Autorinnen wie Ellen Key oder Anna Schapi- re. Auch Männer waren als Autoren willkommen und schrieben wiederholt Kommentare zur rechtlichen Stellung der Frau.174

166 Vgl. Kubes-Hofmann, Ursula: Traum und Wirklichkeit der Helene von Druskowitz. S. 166. 167 Vgl. ebd. S. 167. 168 Vgl. Zintzen: Auf der Überholspur in die Nervenklinik. S. 71. 169 Vgl. Gürtler & Schmid-Bortenschlager: Eigensinn und Widerstand. S. 175. 170 Vgl. Schmölzer, Hilde: Rosa Mayreder: ein Leben zwischen Utopie und Wirklichkeit, Wien: Promedia, 2002. S. 105. 171 Gürtler & Schmid-Bortenschlager: Eigensinn und Widerstand. S. 178. 172 Die in »Dokumente der Frau« erschienen Artikel waren »Frauenvereine« (1. Bd., S. 36, 1899), »Zur Physiologie des weiblichen Geschlechts« (1. Bd., S. 66, 1899), »Die weibliche Schönheit« (1. Bd., S. 119, 1899) und »Familienliteratur« (2. Bd., S. 543, 1900). Vgl. dazu Sangar, Prity: Publizistische Aktivitäten innerhalb der alten österreichischen Frauenbewegungen: untersucht am Beispiel von Rosa Mayreder, Adelheid Popp und Hanny Brentano, Salzburg, 2012, (masch.), S. 101. 173 Vgl. Schmölzer: Rosa Mayreder. S. 125. 174 Lackner, Daniela: Die Frauenfriedensbewegung in Österreich. S. 76.

– 36 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

Der Zeitschrift war jedoch, wie vielen anderen publizistischen Organen der Frauenbewe- gung der Jahrhundertwende, kein langes Leben beschieden. Bereits im Herbst 1899 gab es Streitereien wegen ideologischer Differenzen zwischen den Herausgeberinnen; Mayreder und Fickert verließen die Redaktion und Marie Lang führte die Zeitschrift bis 1902 alleine weiter.175

Auch in anderen feministischen Frauenzeitschriften wurden Beiträge Mayreders publiziert. So erschienen einige Essays im Monatsblatt »Die Frau« sowie in der »Frauenzukunft« und in »Das Neue Frauenleben«.176 Für Letztere verfasste sie auch immer wieder Artikel. Außer- dem schrieb sie gelegentlich für die von Helen Stöcker herausgegebene Zeitschrift »Die neue Generation« und veröffentlichte Jugenderinnerungen als Feuilletons in diversen Zeitungen wie der »Neue Freien Presse« oder der »Volkszeitung«.177 Viele ihrer Vorträge wurden zu- dem in »Recht der Frau« gedruckt.178 Im Gegensatz zu vielen anderen hier behandelten Frau- en, war Rosa Mayreder allerdings nicht gezwungen, sich mit dem Schreiben ihren Lebens- unterhalt zu verdienen. Aufgrund eines Erbes von ihrem Vater sowie ihres Ehemannes war sie zu keiner Erwerbstätigkeit gezwungen und konnte es sich leisten, nur aus ihrer Neigung heraus zu schreiben.179 Gemeinsam hatte Mayreder mit vielen journalistisch tätigen Frauen hingegen, dass sie sich viel Wissen im Selbststudium aneignete. Harriet Anderson schreibt dazu, das »Regime der Selbsterziehung, das sie als Halbwüchsige betrieb«180, habe an Maso- chismus gegrenzt.

Maria Janitschek, die als uneheliche Tochter in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen war, begann ihre schriftstellerische Karriere 1878 unter dem Pseudonym Marius Stein, nachdem sie mit ihrer Mutter von Ungarn nach Graz übersiedelt war.181 Janitschek gehört zu jenen Schriftstellerinnen der Jahrhundertwende, für die Schreiben eine der wenigen ihnen offen-

175 Vgl. Schmölzer: Rosa Mayreder. S. 129. 176 Vgl. Sangar: Publizistische Aktivitäten innerhalb der alten österreichischen Frauenbewegungen. S. 93. 177 Vgl. ebd. S. 102. 178 Vgl. ebd. S. 101. 179 Vgl. Lackner, Daniela: Die Frauenfriedensbewegung in Österreich. S. 179. 180 Anderson, Harriet: Der Feminismus des Sich-Erinnerns. Zum Verhältnis zwischen dem Persönlichen und dem Politischen in Autobiographien der österreichischen Frauenbewegung um 1900. In: Amann, Klaus & Wagner, Karl (Hrsg.): Autobiographien in der österreichischen Literatur. Von bis Thomas Bernhard. Innsbruck, Wien: Studien-Verlag, 1998. S. 68. 181 Vgl. Klugsberger, Theresia/Schmid-Bortenschlager Sigrid: Wider die Eindeutigkeit: Marie Janitschek. In: Tebben, Karin: Deutschsprachige Schriftstellerinnen des Fin de siècle. Darmstadt: Wiss. Buchges., 1999. S. 181.

– 37 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli stehenden Möglichkeiten bot, einer tristen sozialen Situation zu entkommen.182 In Graz ver- öffentlichte sie erste journalistische Arbeiten in Zeitungen, wie der »Modernen Dichtung« und der »Wiener Rundschau«.183 Weitere journalistische Arbeiten der Schriftstellerin sind aus späteren Jahren bekannt, als sie bereits in Deutschland lebte. So stand Janitschek in Ber- lin in Kontakt zur bürgerlichen Frauenbewegung, obwohl die Individualistin dieser eher kritisch gegenüberstand. »Von 1895 bis 1902 erscheinen [in der Zeitschrift ‹Die Frau›] […] zwölf Publikationen von Maria Janitschek, meist Auszüge aus ihren Werken […], die […] als Aufmacher und Vorabdrucke präsentiert werden.«184 Auch ein Artikel in der Zeitschrift »Die Zukunft« von 1904 wird in der Sekundärliteratur erwähnt, darin plädierte sie dafür, dass Schriftsteller ihre Namen nicht mehr unter ihre Werke setzen sollen.185

Eine besondere Stellung unter den hier erwähnten journalistisch tätigen Frauen nimmt Adel- heid Popp ein. Geboren 1869 als 15. Kind einer Weberfamilie mit dem Namen Adelheid Dwo- rak,186 kam sie im Gegensatz zu vielen anderen schreibenden Frauen nicht aus dem Bürger- tum, sondern aus der Arbeiterschicht. Sie besuchte nur kurz eine Schule, da sie nach dem Tod ihres Vaters früh gezwungen war, zum Unterhalt der Familie beizutragen. Geld verdien- te sie als Näherin, Dienstmädchen und Fabrikarbeiterin. Ihre schulische Bildung beschränk- te sich daher auf ein Minimum – wie viele andere konnte sie sich Wissen nur autodidak- tisch durch Lektüre aneignen. Später betonte Popp mehrfach die Bedeutung des Lesens und die Rolle der Literatur für ihre eigene Entwicklung.187 Ab 1889 besuchte Popp regelmäßig die Parteiversammlung der »Sozialdemokratischen Arbeiterpartei« und appellierte dort an die Delegierten, sich besonders der Arbeiterinnen anzunehmen. Indirekt der Auftakt für ihr journalistisches Arbeiten, denn Victor Adler wurde bald auf ihre rhetorischen Fähigkeiten aufmerksam: Er ermutigte sie, ihre Erfahrungen aufzuschreiben und seine Frau unterrichtete Popp im Lesen und Schreiben.188 »Ich hatte ja nur drei Jahre die Schule besucht, von Ortho- graphie und Grammatik hatte ich keine Ahnung und meine Schrift war wie die eines Kindes,

182 Vgl. Klugsberger, Theresia/Schmid-Bortenschlager Sigrid: Wider die Eindeutigkeit. S. 181. 183 Vgl. Schmidjell, Christine: Janitschek, Maria. In: Kühlmann, Wilhelm (Hrsg.): Killy Literaturlexikon. Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraumes. 2., vollständig überarbeitete Auflage. Berlin, New York: Walter de Gruyter, 2009, Bd. 6. S. 103. 184 Maria Janitschek. https://www.literaturportal-bayern.de/autorinnen-autoren?task=lpbauthor.default&pnd=117078719. 185 Vgl. Gürtler & Schmid-Bortenschlager: Eigensinn und Widerstand. S. 193. 186 Vgl. Matschiner, Arno: Popp, Adelheid. In: Kühlmann, Wilhelm (Hrsg.): Killy Literaturlexikon. Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraumes. 2., vollständig überarbeitete Auflage. Berlin, New York: Walter de Gruyter, 2009, Bd. 9. S. 301. 187 Vgl. Sangar: Publizistische Aktivitäten innerhalb der alten österreichischen Frauenbewegungen. S. 117. 188 Vgl. Klaus & Wischermann: Journalistinnen. S. 134.

– 38 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli da ich ja nie Gelegenheit gehabt hatte, zu üben«189, schrieb Popp später über die Notwendig- keit dieses Unterrichts. Von diesem Zeitpunkt an verfasste Adelheid Popp regelmäßig Arti- kel für verschiedene, insbesondere sozialistische Zeitschriften, darunter die »Arbeiter-Zei- tung», »Die Unzufriedene« oder »Die Wählerin«.190 Auch in den »Dokumenten der Frau« kam Popp zu Wort.191 1892 beschloss der Parteivorstand die als Beilage zur »Arbeiter-Zei- tung« erschienene »Arbeiterinnen-Zeitung« in Österreich als eigenständige Zeitschrift her- auszugeben. 1893 wurde die Redaktion Adelheid Popp übertragen.192 In der ersten Ausgabe der »Arbeiterinnen-Zeitung« beschrieb Popp die Ziele und Aufgaben des Blattes.

Es sollte Arbeiterinnen und die Öffentlichkeit über die Lage, die elenden Arbeitsverhält- nisse und die Ausbeutung der Arbeiterinnen aufklären, ihre Interessen vertreten sowie ein Mittel für Betroffene sein, sich zu artikulieren und Beschwerden einzureichen. Eine wei- tere Aufgabe der Zeitung war die Erziehung der Frauen zur politischen Betätigung, Stär- kung der Solidarität unter proletarischen Frauen sowie auch unter männlichen und weib- lichen Arbeitenden.193

Popp ging in den zahlreichen von ihr geschriebenen Artikeln immer wieder von ihren eige- nen Erinnerungen und Erfahrungen aus und entwickelte daraus ihre Forderungen. Sie ge- hörte zu jenen Frauen, die nicht explizit den Berufswunsch Journalistin oder Schriftstellerin hatten. Vielmehr machten die Umstände – ihr Engagement für die Situation der Arbeiterin- nen, aber sicher auch die Notwendigkeit, Geld zu verdienen – Popp zur Publizistin. »Ihr ge- lang es aber, ihre journalistischen und politischen Aktivitäten effektiv zu vereinen.«194

Auguste Fickert war ebenfalls eine jener Frauenrechtlerinnen, die versuchten, »die Öffent- lichkeit mit ihrer journalistischen und publizistischen Arbeit zu verändern«195. Die Lehre- rin war Repräsentantin des radikalen Flügels der bürgerlichen Frauenbewegung und setzte sich für das Frauenwahlrecht, für eine Reform des Ehe- und Familienrechtes, für die Zulas- sung der Frauen zum Hochschulstudium, für die Schulreform sowie die Unentgeltlichkeit des Unterrichtes ein.196 Sie veröffentlichte in verschiedenen Vereinszeitschriften Artikel zur

189 Gürtler & Schmid-Bortenschlager: Eigensinn und Widerstand. S. 216. 190 Vgl. Sangar: Publizistische Aktivitäten innerhalb der alten österreichischen Frauenbewegungen. S. 131. 191 Vgl. Schmölzer: Rosa Mayreder. S. 125. 192 Vgl. Sangar: Publizistische Aktivitäten innerhalb der alten österreichischen Frauenbewegungen. S. 128. 193 Ebd. S. 129. 194 Ebd. S. 132. 195 Klaus & Wischermann: Journalistinnen. S. 109. 196 Vgl. Pionierinnen der Frauenbewegung. Auguste Fickert. http://www.demokratiezentrum.org/themen/ genderperspektiven/pionierinnen/pionierinnen-frauenbewegung-gallery.html?index=1396 (Abruf: 14.08.2018)

– 39 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

Gleichberechtigung von Frauen und war später selbst als Herausgeberin diverser Zeitschrif- ten tätig: 1893 gründete sie gemeinsam mit Rosa Mayreder und Marie Lang den »Allgemei- nen Österreichischen Frauenverein« (AÖFV),197 woraufhin Fickert begann, die Beilage »Das Recht der Frau. Organ für die moderne Frauenbewegung«, für die »Volksstimme«, die Par- teizeitung der kleinen demokratischen Partei, zu gestalten.198 »1896 wurde die Beilage jedoch aufgrund von Differenzen eingestellt, und bis 1898 erschienen lediglich schmale Kolumnen über die Tätigkeit des AÖFV im Hauptteil des Blattes.«199 Fickert veröffentlichte daraufhin kurzzeitig die Vereinsnachrichten in der Berliner Zeitschrift »Die Frauenbewegung«, ehe sie im März, wie bereits weiter oben erwähnt, gemeinsam mit Mayreder und Lang die »Doku- mente der Frau« herausgab.200 Beiträge hat sie selbst für diese Zeitschrift allerdings nur zwei verfasst.201 »Nach einem Zerwürfnis mit Marie Lang und der Einstellung der ‹Dokumente der Frauen› [gab] sie zwischen 1902 und 1910 die Zeitschrift ‹Neues Frauenleben› [zuvor ‹Lehrerinnen-Warte›, Anm. d. A.] allein heraus«202 und gestaltete die Zeitschrift inhaltlich nach ihren eigenen Vorstellungen. Dafür verfasste sie, ebenso wie für diverse internationa- le Zeitungen, regelmäßig Artikel.203 Rubriken wie »Aus der Frauenbewegung«, »Für Frieden und Völkerverständigung« oder »Rechtsschutz« trugen ihre Handschrift.204

Kurz vor der Jahrhundertwende begann sich in Wien die Sozialdemokratin Therese Schlesin- ger publizistisch und politisch für eine bessere Gesellschaft einzusetzen.205 Die 1863 gebore- ne Wienerin trat mit 31 Jahren dem »Allgemeinen Österreichischen Frauenverein« (AÖFV) bei. Dort verfasste Schlesinger, die durch Privatunterricht eine umfassende Bildung genos- sen hatte, »Artikel für die wöchentliche Vereinsbeilage in der Zeitung ‹Volksstimme› des Demokraten Ferdinand Kronawetter, wurde Mitglied der Vereinsleitung, respektive Vizeprä- sidentin, und stieg zur Versammlungs-Rednerin auf«.206 Mit den Artikeln in der »Volksstim- me«, in denen sie sich insbesondere für die Rechte der Arbeiterschaft und für eine offene Bil-

197 Vgl. Schmölzer: Rosa Mayreder. S. 81. 198 Vgl. Klaus & Wischermann: Journalistinnen. S. 110. 199 Ebd. S. 110. 200 Vgl. Schmölzer: Rosa Mayreder. S. 124. 201 Vgl. Sangar: Publizistische Aktivitäten innerhalb der alten österreichischen Frauenbewegungen. S. 101. 202 Frauen in Bewegung: 1848-1938: Auguste Fickert. http://www.fraueninbewegung.onb.ac.at/Pages/ PersonDetail.aspx?p_iPersonenID=11257304 (Abruf: 14.08.2018). 203 Vgl. Klaus & Wischermann: Journalistinnen. S. 110f. 204 Vgl. ebd. S. 111. 205 Vgl. Langenbucher, Wolfgang R.: Sensationen des Alltags: Meisterwerke des österreichischen Journalismus, Wien: Ueberreuter, 1992, S. 146. 206 Hauch, Gabriella: Schreiben über eine Fremde. Therese Schlesinger (1863 Wien – 1940 Blois bei Paris). In: Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften, 2 (2008), H. 2, S. 103.

– 40 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli dungspolitik einsetzte, begann ihre publizistische Karriere.207 »Als Journalistin publizierte sie in zahlreichen österreichischen und deutschen Zeitungen wie ‹Der Kampf›, ‹Lichtstrah- len›, ‹Neue Zeit› und in der feministischen Presse.«208 Auch in der Zeitschrift »Dokumen- te der Frau« erschienen Beiträge von Schlesinger.209 Zwar ist auch bei Therese Schlesinger in der Sekundärliteratur nur wenig zu finden, was sich speziell mit ihren journalistischen Arbeiten befasst, doch ist es – wohl aufgrund ihrer späteren politischen Bekanntheit und der Tatsache, dass sie vor allem nach der Jahrhundertwende noch einige Artikel in Zeitun- gen und Zeitschriften verfasst hat – einfacher, einen Überblick über ihre journalistischen Beiträge zu bekommen. Denn sogar im Internet findet sich ein leicht zugänglicher Eintrag mit Werksangaben.210 Die Vollständigkeit derselben ist allerdings nicht belegt und relativ unwahrscheinlich.

Eine der wichtigsten Schriftstellerinnen für die österreichische Arbeiterbewegung war Min- na Kautsky. 1837 in kleinbürgerlichen Verhältnissen geboren, hat auch Kautsky das Thema Bildung früh in ihre eigenen Hände genommen und sich Vieles durch Lesen selbst erwor- ben. Nach nur einjähriger Schulbildung »zwang sie die Dürftigkeit ihrer Schulkenntnisse später zum jahrelangen Selbststudium«211. An ihre damalige Lektüre erinnerte sie als über 70-jährige in einer autobiografischen Skizze, die in der sozialistischen Wochenschrift »In freien Stunden« erschien.212 Mit den Ideen der sozialdemokratischen Bewegung, für die sie sich bald ebenso wie für die Themen der Frauenfrage einsetzen sollte, kam sie durch ihren ältesten Sohn Karl in Berührung. Minna Kautsky gilt als eine der ersten Romanschriftstelle- rinnen der deutschsprachigen sozialistischen Literatur,213 ihr umfangreiches Werk umfasst aber auch Novellen, Erzählungen, Romane und Theaterstücke214. Ihr Sohn Karl schickte ihre ersten literarischen Arbeiten an Wilhelm Liebknechts sozialdemokratisches Unterhaltungs-

207 Vgl. Langenbucher, Wolfgang R.: Sensationen des Alltags. S. 422. 208 Ebd. S. 422. 209 Vgl. Schmölzer: Rosa Mayreder. S. 125. 210 Vgl. Schlesinger Therese, geb. Eckstein. Parteifunktionärin (SDAP) und Schriftstellerin. https://www.univie.ac.at/biografiA/daten/text/bio/Schlesinger_Therese.htm (Abruf: 16.08.2018). 211 Riesenfellner: Minna Kautskys politische Tendenzliteratur. S. 2. 212 Vgl. Gürtler & Schmid-Bortenschlager: Eigensinn und Widerstand. S. 64. 213 Vgl. Michler, Werner: Zwischen Minna Kautsky und Hermann Bahr: Literarische Intelligenz und österreichische Arbeiterbewegung vor Hainfeld (1889). In: Amann, Klaus (Hrsg.): Literarisches Leben in Österreich 1848 – 1890. Wien: Böhlau, 2000, S. 94. 214 Vgl. Riesenfellner: Minna Kautskys politische Tendenzliteratur. S. 9.

– 41 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli blatt »Neue Welt«,215 wo 1876 Kautskys Erzählung »Ein Proletarierkind«216 und 1881 die zwei ihrer Handlung nach zusammengehörigen Romane »Die Schwestern« und »Herrschen oder Dienen« veröffentlicht wurden.217 Anschließend publizierte sie in rascher Folge Roma- ne und Erzählungen. Essays und Literaturkritiken Minna Kautskys wurden vor allem in der theoretischen Zeitschrift »Die Neue Zeit« ihres Sohnes Karl gedruckt.218 Darunter waren Arbeiten über »Das deutsche T[!]eater der Neuzeit« (1884) und über den Dramatiker Fried- rich Hebbel (1887)219 sowie Aufsätze zu verschiedenen Themen, wie über den technischen Fortschritt – »Von der elektrischen Ausstellung« (1883) – über den Vogelschutz (1884) und den Spiritismus (1884)220. Die Rezensionen befassten sich mit Gedichten von Martin Greif (1883), dem Roman »Das Gemeindekind« von Marie von Ebner-Eschenbach (1888), dem Ro- man »Schnee« des norwegischen Autors Alexander Kielland (1889) und einer Ausstellung des russischen Malers Wassili Wereschagin (1886).221

Zu ihrem Roman »Die Alten und die Neuen« hat Kautsky eingehende Recherchen über »die Arbeits- und Lebensbedingungen der Salzarbeiter im Salzkammergut«222 angestellt. Die in der »Neuen Zeit« erschienene Sozialreportage »Staatsarbeiter und Hausindustrie im Salz- kammergut« (1885) sowie eine Studie über den Bauernphilosophen Konrad Deubler (1886)223 waren dokumentarische Vorarbeiten für diesen Roman. Der Artikel »Staatsarbeiter und Hausindustrie im Salzkammergut« erschien wie viele andere Texte unter Kautskys männ- lichen Pseudonym »Wilhelm Wiener«. Weitere Arbeiten hat Kautsky etwa im »Oesterrei-

215 Vgl. Riesenfellner: Minna Kautskys politische Tendenzliteratur. S. 7. 216 Vgl. Müller, Heidy Margrit: Sozialkritik und Zukunftshoffnung. Minna Kautsky. In: Tebben, Karin: Deutschsprachige Schriftstellerinnen des Fin de siècle. Darmstadt: Wiss. Buchges., 1999. S. 205. 217 Vgl. Ertl, Eva: Minna Kautsky: von den Anfängen weiblicher Literaturproduktion im Umfeld der sozialdemokratischen Bewegung, 1989, (masch.), S. 19. 218 Vgl. Michler, Werner: Zwischen Minna Kautsky und Hermann Bahr. S. 106. 219 Vgl. Kautsky, Minna: Das deutsche T[!]eater der Neuzeit I, II. In: Die Neue Zeit, 2. Jg. (1884), S. 66-74; S. 107-112.; Kautsky, Minna: Friedrich Hebbel I, II, III. In: Die Neue Zeit. 5. Jg. (1887), S. 193-204; S. 247-255, S. 314-322. 220 Vgl. Anonym (=Minna Kautsky): Von der elektrischen Ausstellung. In: Die Neue Zeit. 1. Jg. (1883), S. 555- 564; Wiener, Wilhelm (= Minna Kautsky): Ueber Spiritismus. In: die Neue Zeit. 2. Jg. (1884), S. 272-279. Wiener, Wilhelm (=Minna Kautsky): Der Vogelschuz[!]. In: die Neue Presse. 2. Jg. (1884), S. 303-309. 221 Vgl. Kautsky, Minna: Greif, Martin. Gedicht. In: Die Neue Zeit. 1. Jg. (1883), S. 533; Wiener, Wilhelm (= Minna Kautsky): Wassili Wereschagin. In: Die Neue Zeit. 4. Jg. (1886), S. 27-36; Kautsky, Minna: Das Gemeindekind. In: Die Neue Zeit. 6. Jg. (1888), S. 403-416; Kautsky, Minna: »Schnee« von Alexander Kielland. In: Die Neue Zeit. 7. Jg. (1889), S. 205-216. 222 Michler Werner: Die »sozialen Triebe«. Darwin bei Minna und Karl Kautsky. In: Riesenfellner, Stefan (Hrsg.): Minna Kautsky. Beiträge zum literarischen Werk. Wien: Verl. für Gesellschaftskritik, 1996. S. 278. 223 Vgl. Wiener, Wilhelm (= Minna Kautsky): Staatsarbeiter und Hausindustrie im Salzkammergut I, II. In: Die Neue Zeit. 3. Jg. (1885), S. 22-28, S. 74-83; Kautsky, Minna: Konrad Deubler. In: Die Neue Zeit. 4. Jg. (1886), S. 465-474.

– 42 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli chischen Arbeiter-Kalender« veröffentlicht. Dort publizierte Minna Kautsky neben litera- rischen Arbeiten auch eine vergleichende Studie mit dem Titel »Die Frau im Alterthum« (1890).224

Auch in den Arbeiten über die Schriftstellerin Elsa Asenijeff, die einige Jahre eine Beziehung mit dem Bildhauer, Maler und Grafiker Max Klinger unterhielt, finden sich Hinweise, dass sie vereinzelt in Zeitungen publizierte. Von ihrer Mutter war Asenijeff früh in musisch-wis- senschaftlicher Hinsicht und vor allem in ihren dichterischen Versuchen gefördert wor- den.225 Während ihrer Studienzeit in Leipzig beschäftigte sich Asenijeff dann 1896 mit der Situation der Frau zu dieser Zeit und behandelte dieses Thema auch in der Wiener »Zeit«.226 Zwischen 1896 und 1898 veröffentlichte sie außerdem Artikel in der Münchner Zeitschrift »Die Gesellschaft«.227

Neben den erwähnten, finden sich in der Forschungsliteratur immer wieder einzelne Hin- weise auf weitere Frauen, die für Zeitungen schrieben. Etwa die 1845 geborene Schriftstelle- rin Florentine Galliny, die unter dem Pseudonym Bruno Walden publizierte und als Redak- teurin für die »Wiener Zeitung« arbeitete sowie Feuilletons für zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften schrieb.228 Auch Aglaia von Enderes ist eine von den Frauen, deren Namen heute nur noch die Wenigsten kennen. Sie heiratete 1862 Dr. Karl Ritter von Enderes, Redak- teur der Sport-Zeitung, der sie zur Veröffentlichung ihrer schriftstellerischen Arbeiten ani- mierte. »1863 erschien ihr erstes Feuilleton im ‹Wanderer›, dem eine Reihe anderer feuilleto- nistischer Arbeiten folgte. 1866 veröffentlichte sie in der [Wiener Zeitung] zwei Aufsätze zur Frauenfrage, die großes Aufsehen erregten.«229 Dennoch taucht ihr Name in der Forschungs- literatur de facto nicht auf. Besser ist die Forschungslage bei Enrica von Handel-Mazzetti, die sich »[ä]hnlich wie Emilie Mataja […] neben ihrer belletristischen Literaturproduktion auch

224 Vgl. Kautsky, Minna: Die Frau im Alterthum. Eine vergleichende Studie. In: Oesterreichischer Arbeiter- Kalender (1890), S. 64ff. 225 Vgl. Leskowa, Sylvia: Asenijeff, Elsa. In: Zeman, Herbert [Hrsg.]: Bio-Bibliographisches Lexikon der Literatur Österreichs. Freiburg u. a.: Rombach, 2017, Bd. 1. S. 238. 226 Vgl. Asenijeff, Elsa Maria (geborene Packeny). https://www.leipzig.de/jugend-familie-und-soziales/ frauen/1000-jahre-leipzig-100-frauenportraets/detailseite-frauenportraets/projekt/asenijeff-elsa-maria- geborene-packeny (Abruf: 14.08.2018). 227 Vgl. Spreizer, Christa: In Search of the Überweib. The Journalism of Elsa Asenijeff (1867–1941). In: Spreizer, Christa. Discovering Women‘s History: German-Speaking Journalists (1900-1950). Oxford: Lang, Internationaler Verlag der Wissenschaften, 2014. S. 46. 228 Vgl. Österreichisches Biographisches Lexikon: Galliny, Florentine. http://www.biographien.ac.at/oebl/oebl_G/Galliny_Florentine_1845_1913.xml (Abruf: 21.08.2018). 229 Österreichisches Biographisches Lexikon: Enderes, Aglaia von. http://www.biographien.ac.at/oebl/oebl_E/Enderes_Aglaia_1836_1883.xml (Abruf: 21.08.2018).

– 43 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli als Feuilletonistin [betätigte].«230 Sie veröffentlichte ab 1888 in katholischen Zeitschriften und publizierte in Familienblättern und Vereinsorganen.231

Die ersten Werke Handel-Mazzettis, Fest- und Weihespiele für Laienaufführungen, die große historische Kenntnisse verraten, sowie Anweisungen für Lebende Bilder, wie etwa ‹Frauenspiegel, verfaßt und aufgeführt zur Vermählung weiland der Erzherzogin Marga- rete von Oesterreich 1893›, erschienen in einer vielgerühmten, in katholischen Kreisen und selbst im Kaiserhaus geschätzten Monatsschrift ‹für die christlichen Töchter Öster- reichs», im ‹St. Angela-Blatt. Apostolat der christlichen Tochter›.232

Auch Emma Adler, die Frau des Begründers der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei, Victor Adler, wird in der Sekundärliteratur als Mitarbeiterin einer Zeitschrift genannt, nämlich der von ihrem Mann herausgegebenen Wochenschrift »Gleichheit« (1886 – 1889), der Vorläufe- rin der Wiener »Arbeiter-Zeitung«.233

Bei der Beschäftigung mit journalistisch tätigen Frauen in der zweiten Hälfte des 19. Jahr- hunderts wurde zunehmend deutlich, um welch komplexes Themengebiet es sich dabei han- delt, und dass die genaue Beschäftigung mit allen hier erwähnten Frauen – einigen un- erwähnt gebliebenen – den Rahmen dieser Arbeit bei Weitem sprengen würde. Es hat sich herausgestellt, dass weit mehr Frauen als angenommen auf die ein oder andere Weise jour- nalistisch tätig waren, es jedoch aufgrund der schlechten Quellenlage oft nur durch sehr aufwendige Recherchen, teils wohl überhaupt nicht mehr nachzuvollziehen ist, für wie viele Zeitungen die einzelnen Frauen tatsächlich geschrieben haben und mit welcher Bandbreite an Themen sie sich auseinandersetzten. Klar geworden ist, dass sich ein großer Teil des jour- nalistischen Schaffens im Umfeld der Frauenbewegung abgespielt hat. Eine Zusammentra- gen und genaues Untersuchen aller journalistischer Tätigkeiten der Frauen würde noch Stoff für mehrere Forschungsarbeiten bieten, weshalb hier nur ein Überblick über die Forschungs- lage allgemein und die Tätigkeit einzelner Frauen gegeben werden kann. Ein Anspruch auf Vollständigkeit kann deshalb hier nicht die Zielsetzung sein.

230 Bittermann-Wille & Hofmann-Weinberger: Erstklassige Schriftstellerinnen zweiter Güte? S. 32. 231 Vgl. Sonnleitner, Johann: Handel-Mazzetti, Enrica Freiin von. In: Kühlmann, Wilhelm (Hrsg.): Killy Literaturlexikon. Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraumes. 2., vollständig überarbeitete Auflage. Berlin, New York: Walter de Gruyter, 2009, Bd. 4. S. 639. 232 Doppler, Bernhard: Das Apostolat der christlichen Tochter: Enrica von Handel-Mazzetti. In: Tebben, Karin: Deutschsprachige Schriftstellerinnen des Fin de siècle. Darmstadt: Wiss. Buchges., 1999. S. 237-238. 233 Vgl. Michler, Werner: Zwischen Minna Kautsky und Hermann Bahr. S. 94.

– 44 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

2. Publizistische Arbeiten Betty Paolis ab 1848

Als Lyrikerin hat Paoli in den 1830er Jahren ihren Ruhm begründet, nach 1848 war es jedoch der Journalismus, dem Betty Paoli den deutlich größeren Teil ihrer Zeit gewidmet hat. »Für eine Dichterin ebenso wie für einen Dichter war der Journalismus nicht zu rechtfertigen«234, schreibt Karin Wozonig in ihrem Artikel »Betty Paoli, die Lyrikerin als Journalistin«. »In der Wahrnehmung der Zeitgenossen fiel jede journalistische Tätigkeit gegen die von Paoli ver- tretene Kunstauffassung und die sakralisierte Dichtung stark ab.«235 Diese Ansicht vertrat nach außen hin auch Betty Paoli und sie erklärte ihre Tätigkeit über die Jahre immer wieder mit der Notwendigkeit des Broterwerbs, wie dies im Laufe der zweiten Jahrhunderthälfte auch andere Schriftstellerinnen taten. So gibt es diverse Briefe an Bekannte Paolis, in denen sie dergestalt argumentiert. Und auch für den Journalistenberuf als solchen hat Paoli oft al- les andere als Lob übrig. Ein Brief, in dem diese beiden Positionen Paolis deutlich werden, ist jener an den Fürsten Schwarzenberg vom 29. September 1857:

[…] an gutem Willen meinerseits soll es nicht fehlen, denn nothgedrungen muss ich trach- ten, mir meine Stellung bei dem Blatte zu erhalten und obgleich ich das ganze journalisti- sche Treiben mehr als satt habe. Wenn man auch sich selbst rein weiß, ist es doch peinlich, einer Gilde anzugehören, die alles Erforderliche thut, um bei dem Publikum den letzten Rest von Achtung einzubüßen. Die skandalöse Polemik zwischen Zang und Warrens hat die Journalistik auf Jahre hinaus diskreditiert und da sie in ihren Reihen nur sehr wenige Persönlichkeiten mit unbeflecktem Charakter und wahrhafter Bildung zählt, so werden diese mit den Übrigen in einen Topf geworfen. Wahrlich! wenn ich Hüte und Hauben zu fabrizieren verstände, sollte mich keine Macht auf Erden dazu bringen, für eine Zeitung auch nur eine Zeile zu schreiben.236

Wozonig weist in ihrem Artikel allerdings darauf hin, dass die Bezahlung, beachtet man Be- richte von Marie von Ebner-Eschenbach, einen Großteil der Zeit durchaus eine Ausrede ge- wesen sein dürfte.237 Auch Helene Bettelheim-Gabillon relativiert in ihrer Einleitung zu den »Gesammelten Aufsätzen« Paolis so oft formulierte Abneigung gegen das Journalistenhand- werk: »Trotz dieser aufrichtig gemeinten Entrüstung übte sie ihr ‹Handwerk› freudigst aus, wo sie für Dichtwerke und schauspielerische Leistungen eintreten konnte, die sie begeister-

234 Wozonig: Betty Paoli, die Lyrikerin als Journalistin. S. 57. 235 Vgl. ebd. S. 57. 236 Paoli an Fürst von Schwarzenberg am 29. September 1857 aus Baden. Zitiert nach: Bettelheim-Gabillon: Betty Paolis gesammelte Aufsätze. S. 88. 237 Vgl. Wozonig: Betty Paoli, die Lyrikerin als Journalistin. S. 57.

– 45 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli ten […]«238 Ob nun wahr oder nicht, Paoli war mit der Rechtfertigung ihrer journalistischen Tätigkeit bei ihren Zeitgenossen erfolgreich,239 und konnte sich unter diesem Deckmantel der Schreiberei widmen. Mehrere hundert Beiträge für verschiedene Zeitschriften, wie die »Presse«, die »Neue Freie Presse«, den »Lloyd« und später die »Allgemeine Österreichische Zeitung«, die »Wiener Abendpost« sowie die »Augsburger Allgemeine Zeitung« hat Paoli verfasst.

Weibliche Vorbilder fand Betty Paoli für ihr Vordringen in die von Männern geprägte Be- rufswelt der Journalisten in der Medienlandschaft Deutschlands und Österreichs wohl keine, dafür aber in der französischen.240 Im Gebiet des Feuilletonismus nahm sie Anleihe bei Del- phine de Girardin, Ehefrau des Gründers der französischen Zeitung »La Presse«, wo Girar- din regelmäßig Feuilletons veröffentlicht hatte.241 »Mit ihrem Feuilleton ‹Unsere Manieren› trat Paoli nicht nur im thematischen Bereich in die Fußstapfen Girardins, sondern sie betä- tigte sich hier – wie in anderen Feuilletons – als Chronistin.«242

Zu Paolis ersten bedeutenden journalistischen Veröffentlichungen zählen zweifellos die »Deutschen Briefe« in der »Presse« im Revolutionsjahr 1848. Zwischen Ende August und Anfang Oktober erschienen die vier Kommentare zur politischen Situation im Feuilleton- teil243 der Zeitung. »[D]ass sie in Briefform abgefasst sind, unterstützt zusätzlich die Kompo- nente der Subjektivität, die durch die Textsorte Feuilleton gegeben ist.«244 Außerdem lehnte Paoli sich dabei wohl an die Art der Publikationen Girardins an, die ebenfalls in Briefform publizierte.245 Die ersten beiden dieser Briefe sind nicht an jemanden speziellen gerichtet, die Briefe drei und vier haben hingegen Adressaten: Hieronymus Lorm beziehungsweise Adalbert Stifter. Zugleich handelte es sich bei den »Deutschen Briefen« um Reiseberichte, denn Paoli hatte Wien als Schauplatz der Revolution verlassen und war nach Deutschland

238 Bettelheim-Gabillon: Betty Paolis gesammelte Aufsätze. S. 89. 239 Vgl. Wozonig: Betty Paoli, die Lyrikerin als Journalistin. S. 57. 240 Vgl. Wozonig: Die Literatin Betty Paoli. S. 43. 241 Vgl. ebd. S. 43. 242 Ebd. S. 44. 243 Das Feuilleton erlangte in der Zeit der Zensur einiges an Bedeutung, weil sich dadurch neue Möglichkeiten der Einflussnahme auf die öffentliche Meinung ergaben, etwa durch Theaterkritiken, die, wenn auch vorsichtig, für politische Botschaften genutzt werden konnten. In der »Presse« erhielt das Feuilleton in Bezug auf das Layout erstmals in Österreich einen prominenten Platz. Der Gründer der Zeitung, August Zang, hat dafür das Konzept der französischen »La Presse« übernommen, wo das Feuilleton seit den 1820er Jahren, von der objektiven Berichterstattung durch einen Strich getrennt, auf der Titelseite publiziert wurde. Vgl. dazu Wozonig: Betty Paoli, die Lyrikerin als Journalistin. S. 58f. 244 Ebd. S. 60. 245 Vgl. Wozonig: Die Literatin Betty Paoli. S. 58.

– 46 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli gereist. Wie Paoli in ihrem ersten »Deutschen Brief« schreibt, hatte sie gehofft, dort Gustav Kühne, Heinrich Laube, und Jakob Kaufmann wiederzusehen, die »Öster- reichische Colonie«246, wie die Journalistin sie bezeichnet. Angetroffen habe sie in Leipzig, der Stadt, in der auch der erste Brief verortet ist, allerdings nur Kaufmann. Nach langen Irr- fahrten, so Paoli, sei er nach Leipzig zurückgekehrt,247 allerdings sei er ihr lieber als viele an- dere: »Kaufmann ist einer der Seltenen, die dem Geist und dem Wesen nach bereits in einer höhern Stadt Gottes angehörend, an die dunkle verwirrte Erde nicht mehr Ansprüche stel- len, als an ein zufälliges Absteigequartier.«248

Ihr Entsetzen über die »dunkle verwirrte Erde« hat Paoli bereits im ersten Teil des Briefs ausgedrückt, als sie sich zu den gewalttätigen Auseinandersetzungen während der Revolu- tion in Wien äußerte, deren Zeugin sie geworden war. In diesen »Tagen des Schwankens und Zusammenstürzens«249 habe sie sich für die Reise nach Deutschland entschieden, auch wenn andere dies nicht verstanden hätten. Sie beklagt in ihrem Feuilleton »die Wunden, die mei- nem Vaterlande geschlagen werden, die es mit eigener Hand sich schlägt«250. Wie viele Mit- glieder des Bürgertums hatte Paoli, die der Revolution anfangs positiv gegenübergestanden war, nicht damit gerechnet, dass die Revolution mit Gewalt einhergehen würde. Ihr ging es wie vielen Intellektuellen vor allem um die Presse- und Meinungsfreiheit, mit den Forderun- gen der Studenten und der Arbeiterschaft wollte sie sich nicht solidarisch erklären.251 Um »den Kampfplatz für einige Zeit zu meiden«252, schrieb Paoli in ihrem Brief, sei sie nun nach Deutschland gereist, das ihr Asyl bot »vor dem Despotismus einer mißverstandenen Frei- heit«253. Diese falsche Freiheit thematisiert Paoli auch in ihrem zweiten Brief, diesmal aus Zerbst. »Ihr wollt die Freiheit? Wohlan, auch mein Herz glüht nach ihr! Aber ihr wollt sie um jeden Preis und ich weiß, daß sie nie um den Preis eines Verbrechens erkauft ward.«254 Betty Paolis politische Haltung in den »Deutschen Briefen« ist »patriotisch und reaktio- när«255, das machen auch ihre ausschweifenden Freudenbekundungen über Radetzkys Ein-

246 Paoli, Betty: Deutsche Briefe I. In: Die Presse, 25. August 1848, S. 2. 247 Vgl. ebd. S. 2. 248 Ebd. S. 2. 249 Ebd. S. 1. 250 Ebd. S. 1. 251 Wozonig: Betty Paoli, Journalistin. S. 70. 252 Paoli: Deutsche Briefe I. S. 1. 253 Ebd. S. 1. 254 Paoli, Betty: Deutsche Briefe II. In: Die Presse, 29. August 1848, S. 2. 255 Wozonig: Betty Paoli, die Lyrikerin als Journalistin. S. 60.

– 47 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli marsch in Mailand am Ende des zweiten Briefes deutlich: »[…] ich sah nur mein geliebtes Österreich von neuem Glanz umgeben, den Sieg des Doppeladlers über die verrätherische Schlange, die Mailand im Wappen führt. Laß mich schließen, ich bin zu tief bewegt.«256

Waren die ersten Briefe noch vornehmlich dem politischen Geschehen und Paolis Reise- erfahrungen gewidmet, schrieb sie im vierten der »Deutschen Briefe«, den sie an Adalbert Stifter adressierte, vornehmlich über die Bedeutung der Kunst in Zeiten des politischen Um- bruchs, wie Paoli sie zu dieser Zeit erlebte. Ein Zitat in einer alten Zeitung, das Paoli Adal- bert Stifter zuschreibt und laut dem Religion allein noch höher und heiliger sei als die Kunst, nennt Paoli zu Beginn als Anlass für ihren Brief.257 Mit einigem Pathos schreibt sie im Wei- teren über die Kunst als Religion.258 Vor langer Zeit aber sei es nun schon zum »Bruch zwi- schen Kunst und Leben«259 gekommen und die »in stürmischem Drang ringenden Ideen müssen zur Aufklärung und zum Abschluss gelangt sein, ehe die Kunst den ihr gebührenden Rang im Geistesleben der Völker wieder einnehmen kann«260. Sich selbst und ihre Zeitge- nossen rechnet Paoli dabei der alten Zeit zu, die verschlungen werden müsse, damit die neue Weltordnung entstehen könne.261 Gleichzeitig sieht Paoli darin aber eine glorreiche Zukunft für die Kunst:

So trüb diese Aussichten für die nächste Zukunft scheinen mögen, so lebendig ist doch in meinem Gemüth die Zuversicht auf den endlichen Sieg des Göttlichen, ja es macht mich lächeln, wenn ich die Pessimisten höre, die allen Ernstes glauben, es sei nun mit der Kunst vorüber und vorbei. […] So lassen Sie uns vertrauensvoll die neue Zeit begrüßen und an eine herrliche Zukunft der Kunst glaube, wenn wir auch noch nicht absehen, auf welche Weise sie sich gestalten wird.262

Ein paar Monate später ging Betty Paoli im »Lloyd« vom 1. Februar 1849 in einem Feuilleton mit dem Titel »Kritisches Portefeuille« noch einmal auf das Thema Kunst und Politik ein und forderte: »Die Poesie und ihre ernstere Schwester[,] die Philosophie, müssen Eines werden mit dem Leben; allzulang waren sie von ihm geschieden und wir zehren nun an den bittern Früchten der Trennung«263.

256 Paoli: Deutsche Briefe II. S. 2. 257 Vgl. Paoli, Betty: Deutsche Briefe IV. In: Die Presse, 4. Oktober 1848, S. 1. 258 Vgl. Wozonig: Betty Paoli, die Lyrikerin als Journalistin. S. 61. 259 Paoli: Deutsche Briefe IV. S. 2. 260 Ebd. S. 2. 261 Vgl. ebd. S. 2. 262 Ebd. S. 2. 263 Paoli, Betty: Kritisches Portefeuille. In: Lloyd, 2. Februar 1849, S. 2.

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In den folgenden Jahren publizierte Paoli weiterhin in den gemäßigten bürgerlich-liberalen Blättern wie der »Presse« und dem »Lloyd«, nach dessen Einstellung 1854 auch in der »All- gemeinen Österreichischen Zeitung«.264 Einer der Feuilletonbeiträge dieser Jahre, den Paoli selbst offenbar für sehr gelungen hielt, war der am 17. Juni 1852 im Lloyd erschienene Ar- tikel über den deutschen Philologen und Lyriker Heinrich Stieglitz. Immerhin hat sie selbst den Beitrag laut Helene Bettelheim-Gabillon für eine durch diese herausgegebene Samm- lung von Paolis Aufsätzen bestimmt. Der Artikel ist ein scharfsinniges Porträt über einen Mann, mit dem Paoli laut eigenen Angaben während eines längeren Venedigaufenthaltes 1846 täglichen Kontakt gehabt hatte.265

Seine Stirn war hoch und frei, die etwas tief liegenden Augen glänzend und lebhaft, der Mund weich und gütig; aber mein scharfer Instinkt fühlte die Absichtlichkeit, deren Stem- pel seine äußere Erscheinung trug, rasch heraus, und diese war’s, die mich im ersten Mo- ment unangenehm berührte. Sein Organ war von ungemeinem Wohlklang, allein seiner Art zu sprechen merkte man allzu deutlich an, das jedes Worte auf den Effekt berechnet war, der gerade dadurch verloren ging […]266, schildert Paoli ihren ersten Eindruck und scheut nicht davor zurück, manch eitles Gehabe des Porträtierten zu entlarven, nur um wenig später dennoch Sympathie für ihn zu beken- nen und nach einer Erklärung für seine »oft ans Unerträgliche grenzenden Wunderlichkei- ten«267 zu suchen.

Das größte Mißgeschick, das einen jungen Dichter treffen kann, hatte Stieglitz getroffen: Sein erstes literarisches Auftreten hatte einen Erfolg, der weder mit dem Wert seiner Leis- tung noch mit dem ihm überhaupt zuteil gewordenen Maß an poetischer Kraft in irgend- einem Verhältnis stand.268

Ein hartes Urteil, das Paoli jedoch nicht im eigentlichen Sinn als Kritik nützt, sondern ge- schickt einsetzt, um den Betreffenden in Schutz zu nehmen: »Ich nenne dies ein großes Miß- geschick, weil es die Zukunft dessen, den es trifft, hoffnungslos zerrüttet und vergiftet« 269. Stieglitz’ Schicksal gibt Paoli in ihrem Artikel auch Anlass zur Kritik an der Literaturrezep- tion und den Journalen der Zeit: »Er war nur das Produkt einer literarischen Koterie, einer jener gegenseitigen Vergötterungsanstalten, wie es deren in Norddeutschland viele gibt. Sein

264 Wozonig: Betty Paoli, die Lyrikerin als Journalistin. S. 61. 265 Vgl. Paoli, Betty: Heinrich Stieglitz. In: Der Lloyd, 17. Juni 1852. Zitiert nach:Bettelheim-Gabillon : Betty Paolis gesammelte Aufsätze. S. 162f. 266 Ebd. S. 164. 267 Ebd. S. 165. 268 Ebd. S. 165. 269 Paoli: Heinrich Stieglitz. Zitiert nach: Bettelheim-Gabillon: Gesammelte Aufsätze. S. 165.

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Name ging durch die Journale, aber seine Werke blieben dem Herzen der Nation fremd.«270 Der Artikel Paolis über Heinrich Stieglitz ist zweifellos ein gelungenes Porträt eines Mannes, der bei den Menschen um sich herum mit seinem Schicksal271 und seinen Eigenheiten einen Zwiespalt zwischen Abneigung und Mitgefühl hervorrief. So ist diese Zerrissenheit auch in Paolis Text zu erkennen, auch sie schwankt zwischen Nachsicht und vernichtender Kritik und erklärt, eine solche »Mischung aus Egoismus und Güte«272 nicht begreifen zu können.

Wie bereits angesprochen, hat Paoli auch durch das Theater- und Kunstreferat beim »Lloyd« zahlreiche Essays und Kritiken zu künstlerischen Themen für das Feuilleton geschrieben, die in dieser Arbeit nicht alle behandelt werden können, etwa die 1850 im »Lloyd« erschienen »Pariser Eindrücke«, zu denen unter anderem in zweiteiliges Feuilleton über den Maler Ary Scheffer gehörte. Einen Essay über den letzten Auftritt der Schauspielerin Sophie Schröder auf der Bühne des Burgtheaters hatte Paoli selbst für eine posthume Publikation vorgese- hen.273 Wie Wozonig zusammenfasst, blieb Paoli bei diesen Beiträgen mit ihrem Urteil

immer im Rahmen der konservativen Kunstkritik, demonstrierte dabei jedoch den Willen, eine eigenständige Meinung zu vertreten und ihre Urteile zu begründen. […] Beinahe allen ihren Artikeln stellte sie eine allgemeine Betrachtung über künstlerische Qualität voran, die sie auch dazu nutzte zu betonen, daß ‹schlechte›, vor allem aber mittelmäßige Werke keiner Besprechung wert seien. […]274.

Politische Feuilletons konnte Paoli in den Jahren nach der bürgerlichen Revolution keine weiteren veröffentlichen.275 Ab den 1860er Jahren setzte Betty Paoli sich aber wieder ver- mehrt mit gesellschaftlichen und sozialen Themen auseinander. In ihrem Artikel »Eine Zeit- frage« am 4. November 1865 in der im Jahr zuvor gegründeten »Neuen Freien Presse« be- schäftigte sich Paoli erstmals auch journalistisch mit der Frauenfrage:

Wer kennt nicht die Redensarten, mit denen die sozialen Pharisäer jeden Versuch des Weibes, sich durch Arbeit eine Stellung zu erringen, als unstatthaft zurückzuweisen pfle- gen? Die Richtigkeit ihrer Einwürfe braucht kaum bewiesen zu werden; Tag für Tag fin-

270 Paoli: Heinrich Stieglitz. Zitiert nach: Bettelheim-Gabillon: Gesammelte Aufsätze. S. 167. 271 Stieglitz hatte bereits in jungen Jahren mit psychischen Problemen zu kämpfen. Diese verschlimmerten sich während seiner Ehe zusehends, woraufhin sich seine Frau Charlotte das Leben nahm. Angeblich in der Hoffnung, ihn durch den Schmerz aufzurütteln und zu retten. Vgl. Kummer, Friedrich: Stieglitz, Heinrich Wilhelm August. In: Allgemeine Deutsche Biographie (1893), S. [Onlinefassung] http://www.deutschebiographie.de/pnd119396289.html (Abruf: 18.08.2018). 272 Paoli: Heinrich Stieglitz. Zitiert nach: Bettelheim-Gabillon: Gesammelte Aufsätze. S. 172. 273 Vgl. Wozonig: Betty Paoli, die Lyrikerin als Journalistin. S. 62. 274 Wozonig: Die Literatin Betty Paoli. S. 69ff. 275 Vgl. ebd. S. 62.

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det sie ihre nicht selten tragische Widerlegung. Wir haben es zur Genüge gehört, daß das Weib nur für den engen Kreis der Häuslichkeit geschaffen sei […]. Nicht die theoreti- sche Richtigkeit dieser Sätze will ich bestreiten, dem praktischen Leben gegenüber wer- den sie jedoch zu holen Phrasen, die keine Not zu lindern, keiner Bedrängnis abzuhelfen vermögen.276

Paoli weist damit auf die Tatsache hin, dass zu dieser Zeit das bürgerliche Ideal, von der Frau als bloße Ehefrau und Mutter kaum mehr aufrechtzuerhalten ist. Wie bereits besprochen, waren viele Frauen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts darauf angewiesen, sich ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen, sei es, weil sie unverheiratet geblieben waren oder weil ihre Ehemänner oder Familien nicht die nötigen finanziellen Mittel aufbringen konn- ten. Besonders Frauen aus bürgerlichen Verhältnissen standen kaum berufliche Möglichkei- ten offen, ein Umstand den Paoli kritisiert. Gleichwohl ist sie in ihren Forderungen weniger radikal als manche Zeitgenossinnen und auch zu Beginn dieses Artikels erklärt sie, der prin- zipiellen Idee der Frau als Ehefrau und Mutter positiv gegenüberzustehen. Sie sei nur nicht mit der Realität vereinbar.

Es tut nicht Not, dass ihr den Frauen die Opfer aufzählt, die sie bringen, wenn sie ihrem natürlichen Berufe entsagen […]. Tief und schmerzlich empfinden sie den Widerspruch zwischen ihrem eigensten Wesen und dem Lebensweg, den ein hartes Schicksal sie gehen heißt. […] Wenn sie sich dennoch zu diesen Opfern entschließen, die ihrem Herzen, ihrem Naturell, ihrem Hang zu gefallen gleich schwer werden, geschieht es aus keinem anderen Grunde, als weil ihnen kein Ausweg bleibt.277

Betty Paoli hatte selbst kein einfaches Leben und so ist nicht schwer zu glauben, dass sie in diesen Zeilen auch aus eigener Erfahrung argumentiert. Auch sie hat das Leben – die Mut- ter hatte früh alles Geld der Familie verloren278 - dazu gezwungen, einen Beruf zu ergreifen. Sie kann also nachvollziehen, was es für eine Frau im 19. Jahrhundert bedeutete, nicht als Ehefrau und Mutter zu leben, sondern sich als berufstätige Frau selbst ihren Lebensunterhalt verdienen zu müssen. Die größte Schwierigkeit, die sie dabei aber für junge Frauen sah, wa- ren nicht die gesellschaftlichen Idealvorstellungen, sondern das überholte Bildungssystem für Mädchen. Dies ist ein Thema, das Paoli in all ihren Essays zur Frauenfrage immer wie- der aufgreift.

Sie [die Stellung der Frau, Anm. d. A.] ist die natürliche Folge einer verkehrten Erziehung, die es ganz unterlässt, sie für das praktische Leben auszubilden. […] [I]m Allgemeinen

276 Paoli, Betty: Eine Zeitfrage. In: Neue Freie Presse, 4. November 1865, S. 1. 277 Ebd. S. 1. 278 Bettelheim-Gabillon: Zur Charakteristik Betty Paolis. S. 193.

– 51 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

lehrt man die Mädchen zwar eine Menge Dinge, aber fast nichts so gründlich, so systema- tisch, dass sie wirklich Vorteil daraus ziehen könnten.279

Auch in späteren Essays zur Frauenfrage nimmt sie diese Kritik wieder auf – etwa in dem Artikel »Über weibliche Erziehung«, den Paoli am 4. Juni 1869 in der »Neuen Freien Pres- se« veröffentlicht hat. Hier formuliert sie ihre Kritik im Vergleich zum früheren Text sogar noch deutlicher. Eine genaue Betrachtung des Beitrages folgt in Kapitel 3. Paoli beschränkt sich in ihren Artikeln aber nicht nur auf Kritik am bestehenden System, sie präsentiert dem Leser auch »ihre ganz konkrete Vorstellung von der Zukunft der Mädchenbildung«280. Die- se dürfe sich nicht darauf beschränken, genug zu wissen, um sich einen Mann zu erobern.281 Vielmehr müssten Mädchen, die gute geistige und künstlerische Anlagen zeigen, mit der gleichen Sorgfalt erzogen werden, wie Knaben. Mädchen mit durchschnittlicher Begabung solle man hingegen praktische Kenntnisse beibringen und sie bei der Entwicklung speziel- ler Kenntnisse unterstützen.282 In späteren Essays entwickelte Paoli ihre Ideen noch wei- ter. Dabei zeigt sie auch ihre Kenntnis der Situation der Frauen in anderen Staaten. Mehr- fach erwähnt sie die Verhältnisse in Frankreich und England, wo Frauen »weit mehr soziale Freiheiten genießen als bei uns«283 und die Möglichkeit hätten, »sich einen ihren Fähigkei- ten entsprechenden Wirkungskreis zu wählen, einen Beruf auszuüben, ohne Anstoß zu er- regen«284. Der französische Unterrichtsminister habe zudem die Errichtung von Gymnasien für die weibliche Jugend vorgeschlagen, wie Paoli in »Die weibliche Erziehung« erklärt.285 Auch verweist sie auf Frankreich und die Schweiz, wenn sie den Staat dazu auffordert, den Frauen nach deren Vorbild weitere Erwerbsquellen zu erschließen, »indem er […] seine Post- , Stempel- und Telegraphen-Bureaux zum Theil von Frauen verwalten ließe […]«286.

Einen sehr genauen Blick wirft Paoli 1869 auch auf die Situation in Amerika. Ihr Essay »Wis- sen ist Macht« erschien am 16. Dezember 1869 in der »Neuen Freien Presse« und beschäf- tigt sich eingehend mit der Situation der Frauen im dortigen Bildungswesen – teils mit sehr positiver Bewertung der dortigen Verhältnisse, teils jedoch auch mit Ablehnung zu großer Freiheiten. Paoli offenbart in dem Text eine reflektierte Einschätzung der europäischen, ins-

279 Paoli, Betty: Eine Zeitfrage. S. 2. 280 Wozonig: Betty Paoli, die Lyrikerin als Journalistin. S. 65. 281 Vgl. Paoli, Betty: Eine Zeitfrage. S. 2. 282 Vgl. ebd. S. 2. 283 Ebd. S. 1 284 Ebd. S. 1. 285 Vgl. Paoli, Betty: Über weibliche Erziehung. In: Neue Freie Presse, 4. Juni 1869, S. 2. 286 Paoli, Betty: Ein Wort Pombals. In: Neue Freie Presse, 12. August 1866, S. 2.

– 52 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli besondere der österreichischen Gesellschaft, wenn sie bekennt, dass viele der Freiheiten in Amerika lebender Frauen in der heimischen Gesellschaft aus damaliger Sicht nur schwer umzusetzen wären. Über gemischte Schulen schreibt Paoli beispielsweise:

Ob eine solche Gemeinschaft auch bei uns zulässig wäre? Vorläufig sicher nicht. In Europa nimmt das Weib von Geburt an eine so untergeordnete Stellung ein, dass der Knabe das Mädchen nicht als ebenbürtig betrachten kann.287

Diese untergeordnete Stellung stellt Paoli im Folgenden noch präziser heraus, indem sie die Frauen in Österreich in Vertreterinnen zweier wenig schmeichelhafter Klassen unterteilt und die Frage stellt, wie ihre Söhne sie angesichts dieser Tatsache achten sollten:

Wenn auch dem Namen nach verheiratet, sind sie in Wahrheit meistens nur entweder Wirtschafterinnen oder Odalisken [Haremssklavinnen, Anm. d. A.], arme Lasttiere, denen man jede häusliche Sorge und Pflege aufbürdet, oder allerliebste unnütze Dinger, die man wie Papageien in einen vergoldeten Bauer sperrt, um sich in müßigen Stunden an ihnen zu ergötzen. Können die Söhne so kläglich gestellter Mütter in ihnen die Würde des Ge- schlechtes achten lernen?288

Bei aller Reflexion der untergeordneten Stellung der Frau lag es der Journalistin Betty Pao- li jedoch stets fern, eine radikale Änderung in der österreichischen Gesellschaft zu fordern, wie dies etwa Irma von Troll-Borostyáni tat. Paoli fordert in keinem ihrer journalistischen Artikel politische Rechte für Frauen,289 sondern beschränkte sich »auf den Protest gegen die Bildungsatrophie und die soziale Stigmatisierung der Frau«290. Damit war Paoli jedoch nicht alleine, denn die literarischen Modelle standen in der Frauenliteratur häufig erheblich hinter den vor und nach 1848 entwickelten theoretischen Positionen zurück.291

Dass sich an Paolis gemäßigter Einstellung zur Frauenfrage auch in ihren späteren Jahren nichts änderte, zeigt Paolis unveröffentlichtes Manuskript »Die Wandlungen der Frauenfra- ge«. Der Aufsatz, den Eva Geber in ihrem Buch »Was hat der Geist denn wohl gemein mit dem Geschlecht?« der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht und einem Tagebuchein- trag von Marie von Ebner-Eschenbach folgend auf 1885 datiert hat, kritisiert radikale An- sichten zur Frauenfrage, welche auf eine »vermeintliche Befreiung von der Tyrannei der

287 Paoli, Betty: Wissen ist Macht. In: Neue Freie Presse, 16. Dezember 1869, S. 1. 288 Ebd. S. 2. 289 Vgl. Wozonig: Betty Paoli, die Lyrikerin als Journalistin. S. 65. 290 Fliedl: Auch ein Beruf. S. 79. 291 Vgl. ebd. S. 79.

– 53 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

Männer«292 bedacht seien. Sie begrüßt in diesem Text hingegen, dass die Frauenfrage in Ös- terreich im Laufe der Jahre aus »der Sphäre der philosophischen und der dichterischen Spe- kulation auf den Boden der Wirklichkeit herabgestiegen«293 sei und nun nach einer prakti- schen Lösung, nämlich der Entwicklung der Erwerbsfähigkeit von Frauen, suche. Darüber hinaus zeigt Betty Paoli in diesem Essay auf, dass bereits Erfolge auf diesem Weg – den sie selbst mehr als 15 Jahre zuvor bereits gefordert hatte – zu verzeichnen seien:

In den großen Städten Deutschlands und Österreichs wurden Vereine gegründet, die sich die Aufgabe stellten, junge Mädchen in Spezialschulen für verschiedene Berufszweige, die bis dahin als ein Monopol der Männer gegolten hatten, ausbilden zu lassen. Es geschah mit dem besten Erfolg. Dank diesen Vereinen ist es nicht nur einer großen Anzahl von Mädchen und Frauen gelungen, sich eine unabhängige Existenz zu schaffen, sondern, was noch mehr ist, es wurde damit auch der Beweis erbracht, daß das weibliche Geschlecht bei richtiger, will sagen, systematischer Unterweisung sich sehr wohl die zu einem gedeihli- chen Fortkommen nötigen Kenntnisse und Geschicklichkeiten an eignen kann. In früherer Zeit fand man sich damit ab, die vorherrschende Unzulänglichkeit weiblicher Leistungen auf Rechnung der weiblichen Natur zu setzen; jetzt täuscht man sich nicht länger darüber, daß vornehmlich die vollkommene Planlosigkeit der Unterweisung schuld daran war und häufig noch ist.294

Eines jener Feuilletons Paolis, das in der Forschung bisher wenig Beachtung fand, ist jenes über »Moderne Ehen«, das am 19. März 1867 in der »Neuen Freien Presse« erschien. Der Ar- tikel behandelt die vermehrten Eheschließungen zwischen Aristokraten und Frauen, welche eine der darstellenden Künste ausübten, also etwa Schauspielerin, Sängerin oder Tänzerin waren. Der Text ist auch insofern interessant, als Paoli in vielen anderen ihrer Kulturfeuil- letons bemüht war, »den tadellosen bürgerlichen Lebenswandel und besonders die vorbild- liche Ehe«295 einer behandelten Schauspielerin hervorzuheben und ihr dichterisches Talent zu nützen, um die bürgerliche Integrität der Person vor deren Beruf zu retten.296 In »Moder- ne Ehen« hingegen kommen die Schauspielerinnen vor allem gegen Ende nicht besonders gut weg. Anlass für Paolis Feuilleton ist ein Telegramm der »Berliner Montagszeitung«, in welchem als »besondere Merkwürdigkeit [berichtet wird], daß an dem Tage […] kein Prinz, Fürst oder Graf eine Schauspielerin, Sängerin oder Tänzerin geheiratet habe«297. Paoli geht daraufhin der Frage nach, welche Gründe es denn haben könnte, dass die Zahl solcher Ehen

292 Paoli, Betty: Die Wandlungen der Frauenfrage. Zitiert nach: Geber: Betty Paoli. S. 119. 293 Ebd. S. 119. 294 Ebd. S. 120. 295 Wozonig, Karin S.: Betty Paoli und die schönen Frauen. In: Nestroyana, Wien: Lehner, 29 (2009); H. 1 – 2, S. 80. 296 Vgl. ebd. S. 80. 297 Paoli, Betty: Moderne Ehen. In: Neue Freie Presse, 19. März 1867, S. 1.

– 54 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli so zugenommen habe. Die Verbreitung demokratischer Ideen als Hintergrund verwirft sie als erstes, denn Standesvorurteile bestünden weiterhin unvermindert, »so lange es sich um die Töchter von Beamten, Kaufleuten, Bankiers«298 und vieler anderer handele. Auch zuneh- mende Sittlichkeit als Grund verwirft Paoli schnell.299 Die Phantasie ist es, was Paoli schließ- lich als Triebfeder für die Männer benennt, welche sich mit Schauspielerinnen vermählten: »Die Phantasie! ja da liegt’s! Keine Prosa der Gegenwart vermag sie in der Brust des Men- schen auszurotten […]. Auf ihre Forderungen gründete sich die Herrschaft der Theaterda- men.«300 Männer allen Standes hätten, so Paoli, zumeist nur Politik, Industrie und Börsen- spekulationen im Kopf und auch die Frauen der höheren Stände seien eher bereit »ihre Hand irgendeinem Scheusal [zu reichen], wenn eine solche Heirat ihnen eine glänzende Stellung sichert«301. In der Hand der Theaterdamen hingegen liege der Schlüssel zu einer abenteuer- lichen Welt, welche den »Fanatiker der Nützlichkeits-Theorie wie den Blasierten durch ihre Fremdartigkeit«302 anziehe. Nun aber kommt Paolis Angriff gegen das Verhalten der Schau- spielerinnen: Denn diese würden nur ihre Habsucht und ihren Ehrgeiz befriedigen wollen und zum Erreichen ihrer Ziele Tränen, Klagen, Vorwürfe, ja Ohnmacht und Krämpfe als Mit- tel einsetzen. »[N]ächstens werden auch Selbstmordversuche an die Reihe kommen.«303 Und darin sieht Paoli nun abschließend die tröstliche Seite für die übrigen Ehestandskandidatin- nen, derer viele zu ihrer Leserschaft gezählt haben dürften: Die Männer, meint Paoli, müss- ten diese Geschichte bald satt bekommen und sich entschließen, eher »ein junges, schönes, unbescholtenes Mädchen zur Frau zu wählen, als eine verblühte und verlotterte Tochter der Grande Bohème«304. Der Artikel liefert einige interessante Aspekte sowohl in Bezug auf die gesellschaftlichen und sozialen Verhältnisse der Zeit, in der er entstanden ist – etwa den Um- gang mit Ständevorurteilen und die Hintergründe für Eheschließungen – als auch hinsicht- lich Paolis Blick auf die Künstlerinnen dieser Zeit. Denn er offenbart eine durchaus kritische Sicht auf das Verhalten mancher Künstlerinnen, der nur schwer mit ihrem Bemühen, wie etwa in »Juli Rettich, Lebens- und Charakterbild«, vereinbar ist, die Autonomie der Berufs-

298 Paoli, Betty: Moderne Ehen. S. 1. 299 Vgl. ebd. S. 1. 300 Ebd. S. 2. 301 Ebd. S. 2. 302 Ebd. S. 2. 303 Ebd. S. 2. 304 Ebd. S. 2.

– 55 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli schauspielerin, welche Paoli faszinierte, in Einklang mit dem bürgerlichen Weiblichkeitspos- tulat zu bringen.305

Betty Paoli beschäftigte sich im Verlauf ihres journalistischen Schaffens immer wieder mit verschiedenen gesellschaftlichen Themen – die Frauenfrage war nur eines von diesen. An- dere Artikel der Journalistin, welche ein weit breiteres Wirkungsfeld als all ihre Kollegin- nen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte, beschäftigen sich beispielsweise 1867 bis 1869 in einer Reihe von Feuilletons in der »Neuen Freien Presse« mit den Gründen der mangelnden Geselligkeit im damaligen Wien als »einem Symptom des überhandnehmen- den Materialismus«306, mit Mode, die nur »die Hässlichen begünstigt«307, mit mangelnden Manieren308 oder den Nachteilen sowie dem Zauber der Stadt Wien im Allgemeinen309. In diesen Artikeln zeichnet sie einen pointierten, teils überspitzt formulierten Querschnitt der Wiener Gesellschaft, und glänzt dabei mit nichts weniger als vornehmer Zurückhaltung. In »Unsere Mode« tut sie etwa ihre sehr eindeutige Meinung zu diversen Trends kund, wenn sie über Frisuren schreibt, die manchen Frauen nur dazu dienen könnten, über die »kübel- ähnliche Bildung ihres Kopfes«310 hinwegzutäuschen. Auch das Thema Füße lässt sie nicht unbeachtet:

Und die Aristokratie der kleinen Füße! Welche Beschränkungen muss sie sich nicht gefal- len lassen! – Einst galt ein schmaler, zarter Fuß, mit graziös gewölbtem Spann und feinem Knöchel, für einen Reiz, der manche Unvollkommenheit aufwog. […]; ein plumper Fuß ward selbst an Schönheiten ersten Ranges als störender Uebelstand bedauert. Um auch diesen von der Natur verliehenen Vorzug zu annullieren, führte die Mode die überlangen und überweiten Kleider ein. Niemand kann errathen, ob dem Fuß, den sie verbergen, der Pantoffel Aschenbrödel’s passen würde, oder ob seine Bekleidung eine Stoffzugabe von anderthalb Ellen erfordert.311

Manche Aussagen in diesen Texten machen ob ihrer pointierten Formulierungen auf den zeitgenössischen Leser einen durchaus humoristischen Eindruck, wenngleich sie in der da- maligen bürgerlichen Gesellschaft wohl für einigen Ärger sorgten. Dazu zählt etwa Paolis Aussage über die Anarchie der Speisestunde in Wien in ihrem Feuilleton »Unsere Stadt«:

305 Vgl. Wozonig: Betty Paoli und die schönen Frauen. S. 80f. 306 Paoli, Betty: Unsere Geselligkeit. In: Neue Freie Presse, 13. Juni 1867, S. 2. 307 Paoli, Betty: Unsere Moden. In: Neue Freie Presse, 25. April 1867, S. 1. 308 Paoli, Betty: Unsere Manieren. In: Neue Freie Presse, 17. April 1869, S. 1ff. 309 Paoli, Betty: Unsere Stadt. In: Neue Freie Presse, 1. Mai 1869, S. 1f. 310 Paoli: Unsere Moden. S. 1. 311 Ebd. S. 1.

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In allen anderen Städten gibt es eine gewisse Speisestunde, der sich Jedermänniglich be- quemt. Sei diese spät, wie in London oder Paris, oder früh, wie in den meisten deutschen Städten, gleichviel, sie gilt für Alle und wird von Allen eingehalten. In Wien herrscht da- rin die vollkommene Anarchie. Man ist genöthigt, die Speisestunde seiner sämtlichen Be- kannten – Jeder hat eine andere – genau im Kopfe zu behalten, wenn man nicht zugleich mit der Suppe bei ihnen erscheinen will. Die Stunde, zu der man in Wien zu Tische geht, variirt von 1 bis 6 Uhr. Man glaubt kaum, wie viele Störungen und wie großen Zeitverlust diese Planlosigkeit nach sich zieht.312

Paoli hat sich im Laufe ihrer Jahre als Journalistin ein gewisses Selbstvertrauen erworben, das sich auf die Art und Weise, wie sie in ihren Feuilletons Kritik übt, auswirkt. Zwar hat sie mit dieser auch in ihren früheren Texten nicht gespart, sie allerdings oft stärker hinter poe- tischen Formulierungen und Gleichnissen verborgen. »Nachts pflegen die Nachtigallen, am Morgen die Lerchen zu singen, was ist es doch an der Zeit, daß beide schweigen?«313 Viel- leicht ist es aber auch ein wenig dem neuen Medium, in dem sie immer häufiger publiziert, geschuldet, dass sich ihr Ton geändert hat. 1864 hatten Max Friedländer und Michael Eti- enne, zuvor leitende Redakteure der »Presse«, die »Neue Freie Presse« als Konkurrenzzei- tung zu jener gegründet.314

Ohne Zangs Einflussnahme bildeten sich […] bald die Spezialitäten – Feuilleton und poli- tische Leitartikel – für die die NFP [Neue Freie Presse, Anm.d.A.] Weltruf erlangen sollte, heraus. Nicht nur die Redakteure zogen das neue Blatt vor, sondern auch die Leser, was man an den eindruckvollen Auflagenzahlen, die die Zeitung zur bedeutendsten und meist- gelesenen Tageszeitung bis in die Zwischenkriegszeit hinein machten, ablesen kann: 1864 waren es 10.000 Stück, 1870 schon 25.000, 1890 40.000, 1901 erreichte sie mit 55.000 ihren Höhepunkt vor dem Ersten Weltkrieg.315

Betty Paoli schrieb in den folgenden Jahren häufig für diese Zeitung, deren erste – und für lange Zeit einzige – Feuilletonistin sie war.316 Neben einigen bereits erwähnten Feuilletons zur Frauenfrage veröffentlichte die in diesem Medium auch zahlreiche Reiseberichte, bei- spielsweise im Winter 1870/71 acht Feuilletons unter dem Titel »Reisestationen« in denen sie unter anderem ihre aktuellen Eindrücke Venedigs mit denen ihrer Reise in den 50er Jah- ren vergleicht317. »Alle weiteren Reisestationen – die letzte erschien im März 1871 – handeln

312 Paoli: Unsere Stadt. S. 1f. 313 Paoli: Deutsche Briefe. S. 1. 314 Vgl. Nowak & Haller: 170 Jahre »Die Presse«. S. 19. 315 Lobarzewski, Sandra: »Frauenthemen« in der Neuen Freien Presse und in Der Reichspost im Jahr 1919. Wien, 2008, (masch.), S. 12. 316 Vgl. ebd. S. 64. 317 Paoli, Betty: Reisestationen II. In: Neue Freie Presse, 3. Januar 1871, S. 1f.

– 57 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli von Rom.«318 Nach Paolis Abschied von dieser Stadt kam im Juli des Jahres noch ein kriti- sches Feuilleton über dieselbe und ihre neue Rolle als Hauptstadt Italiens hinzu: Der Beitrag »Die neue Hauptstadt Italiens« vom 15. Juli 1871 kann durchaus als thematischer Abschluss der »Reisestationen« betrachtet werden.319

Als Journalistin und Kunstkritikerin war Betty Paoli zu ihrer Zeit bei vielen hoch angesehen. Sie hatte sich einen Namen gemacht, das wird auch deutlich, wenn man die Gedenkrede von Joseph Lewinsky auf sie liest:

Wenn ich überdenke, was Betty Paoli im Laufe von dreissig Jahren über lyrische, dramati- sche und bildende Kunst geschrieben, kann ich den dringendsten Wunsch nicht unterdrü- cken, dass die durch persönliche Freundschaft ausgezeichnete und durch das eigene Talent berufene Persönlichkeit nicht nur die gesichteten Poesien, sondern auch einen grossen Theil jener Aufsätze bewahre, welche Paoli über die Künste geschrieben. Es gibt nur we- nige deutsche Bücher, welche eine so tiefe Einsicht in das Wesen der Kunst eröffnen.320

Auch Helene Bettelheim-Gabillon bekräftigt den Verdienst Paolis auf diesem Gebiet, wenn sie schreibt, dass diese sich »dem Tagesgeschmack vorauseilend«321 für wenig beachtete Künstler wie Otto Ludwig, Annette von Droste-Hülshoff, Conrad Ferdinand Meyer und an- dere eingesetzt habe. Paoli hat sich im Laufe der Jahre zweifellos eine gewisse Macht als Li- teraturkritikerin erworben und diese auch, wie sich im vorangegangenen Überblick über ihr journalistisches Schaffen, der freilich an dieser Stelle nur einen Teil ihres umfangreichen Werks erwähnen konnte, für soziale und gesellschaftskritische Themen, wie die Frauenfrage genützt. Damit erschloss sie »der aufkeimenden ersten Frauenbewegung [sicherlich] einen gewichtigen und seriösen Ort öffentlichen Diskurses«322 – auch wenn sie selbst viele Forde- rungen der Frauenbewegung kritisierte.

So produktiv sie in ihrer Arbeit als Journalistin zu ihrer Zeit auch gewesen war, so schnell verschwand ihr Name später wieder aus dem öffentlichen Diskurs. Betty Paoli erging es nicht besser als anderen journalistisch tätigen Frauen ihrer Zeit. Die Forschung beschäftig- te sich viele Jahre nicht mit ihrem Wirken und so tauchte der Name Betty Paoli lange nicht mehr in der Literatur auf. Karin Wozonig ist es zu verdanken, dass die österreichische Jour- nalistin heute wieder an Bekanntheit gewinnt. Eva Geber hat mit ihrem Buch »Betty Paoli.

318 Wozonig, Karin S.: »So streifet mein Begehren, hin durch die weite Welt […].« Betty Paoli auf Reisen. In: Revue Austriaca (2006), H. 62, S. 121. 319 Wozonig: Die Literatin Betty Paoli. S. 65. 320 Lewinsky, Joseph: Gedenkrede auf Betty Paoli. Wien: Knöpflmacher, 1895, S. 18. 321 Bettelheim-Gabillon, Helene: Zur Charakteristik Betty Paolis. S. 227. 322 Geber: Betty Paoli. S. 63.

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Was hat der Geist denn wohl gemein mit dem Geschlecht?« wieder einige Aufsätze, die sich mit der Frauenfrage oder Frauen in Paolis literaturkritischem Schaffen beschäftigen, leichter zugänglich gemacht. Dennoch bezieht sich, wie bei anderen Schriftstellerinnen ihrer Zeit, auch bei Paoli ein großer Teil der mittlerweile vorhandenen Sekundärliteratur mit ihrem Wirken als Dichterin. Wie die vorliegende Arbeit zeigt, ist es jedoch vor allem die journalis- tische Arbeit Betty Paolis zu einer Zeit, in der Frauen nur wenige Möglichkeiten zur öffentli- chen Meinungsäußerung hatten, die sie von anderen schreibenden Frauen nach 1848 abhebt.

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3. Betty Paolis Feuilletons im Vergleich – Eine Analyse ihrer Texte unter Heranziehung thematisch ähnlicher Artikel zeitgenössischer Autoren

Betty Paoli hat als Journalistin trotz aller Schwierigkeiten, mit denen sie als Frau in diesem Beruf zu kämpfen hatte, über eine Vielzahl an Themen geschrieben und sich im Bereich des Feuilletons neben ihren Kunstkritiken immer wieder mit gesellschaftlichen Fragestellungen auseinandergesetzt. Im letzten Kapitel diese Arbeit sollen drei ihrer Feuilletons mit einigen Texten von Zeitgenossen Paolis verglichen werden. Als Erstes bot sich dafür natürlich das Thema der Frauenfrage, genauer, der weiblichen Erwerbstätigkeit, an. Es handelt sich dabei um einen Bereich, über den von Paolis Zeitgenossen häufig diskutiert wurde. Exemplarisch für Paolis andere Artikel zu diesem Thema soll hier der Text »Über weibliche Erziehung« genauer betrachtet werden. Ihm gegenübergestellt werden zwei Feuilletons, die im selben, beziehungsweise im folgenden Jahr, erschienen sind. Als zweites Feuilleton ist ein Beitrag Paolis gewählt worden, in dem sie sich besonders pointiert mit dem Thema Mode befasst. Ein Bereich, den Paolis Zeitgenossen besonders gerne feuilletonistisch behandelten. In den großen österreichischen Zeitungen, wie der »Presse« oder »Neuen Freien Presse«, sind um 1870 immer wieder Beiträge dazu zu finden. In der folgenden Analyse soll gezeigt werden, inwiefern sich Paoli mit ihrem Artikel »Unsere Moden« vom 25. April 1867 in der »Neuen Freien Presse« von anderen abhebt. Zuletzt soll Paolis Feuilleton »Die neue Hauptstadt Ita- liens« vom 15. Juli 1871 in der »Neuen Freien Presse« näher betrachtet werden. Wie bereits erwähnt ist dieses als thematischer Abschluss ihrer »Reisestationen« zu betrachten. Jedoch geht die Betrachtung über einen Reisebericht hinaus, Paoli kommentiert hier auch die poli- tische und wirtschaftliche Situation des Landes wenige Monate nach der Ernennung Roms zur neuen Hauptstadt des italienischen Reichs. Ihrem Text gegenübergestellt wird ein sechs Monate später ebenfalls in der »Neuen Freien Presse« erschienenes Feuilleton, das zeigt, wie sich die Situation in Rom in den folgenden Monaten entwickelt hatte und inwieweit diese von Paolis Vorhersagen abweicht.

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3.1 Über weibliche Erziehung

Der erste feuilletonistische Beitrag Paolis, der hier mit einigen zeitgenössischen Artikeln verglichen werden soll, ist der am 4. Juni 1869 in der »Neuen Freien Presse« erschiene Text »Über weibliche Erziehung«. Zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung hat Betty Paoli bereits mehrfach über die Frauenfrage geschrieben oder diese in einem ihrer Feuilletons zumindest anklingen lassen. Ihr erster größerer Artikel zu diesem Thema, »Eine Zeitfrage«, erschien rund dreieinhalb Jahre früher und ist im vorangegangenen Kapitel mehrfach angesprochen worden. 1869 ist das Thema der Frauenerwerbsfrage bereits ein häufig diskutiertes. Ein Jahr zuvor erschien Auguste von Littrows Arbeit über »Die soziale Bewegung auf dem Gebiete der Frauen«. Ein Beitrag zur Frauenfrage, der auch in der Presse mehrfach besprochen wor- den ist, beispielsweise in einem Feuilleton der Zeitung »Die Debatte und Wiener Lloyd«, ge- zeichnet von einem »Dr. Wagner«,323 welcher der Verfasserin weitgehend zustimmt. Auch mehrere andere Bücher beschäftigten sich mittlerweile mit dem Thema – die weiter oben er- wähnte Aglaia von Enderes besprach unter anderem einige davon für die »Neue Freie Pres- se«.324 Tatsächlich scheint zum Zeitpunkt der Publikation von »Über weibliche Erziehung« in den liberalen Medien bereits ein Großteil der sich zu Wort Meldenden für eine Änderung der weiblichen Erziehung zu sein – auch wenn die Gegner dieser Entwicklung immer wieder in Nebensätzen Erwähnung finden. In Details sind aber durchaus Unterschiede zu Paoli zu finden. Exemplarisch für die Beiträge zu diesem Thema rund um das Jahr 1869 werden hier ein Feuilleton aus der »Debatte«, sowie eines aus der »Wiener Zeitung« genauer betrachtet.

Betty Paoli nützt ihren Artikel »Über weibliche Erziehung« dazu, die von ihr bereits mehr- fach geforderte Änderung der Mädchenbildung genauer zu präzisieren und eigene Vorschlä- ge zu bringen, wie diese zu verbessern sei. Zu Beginn ihres Artikel steht aber die mehrfach geäußerte Kritik am bestehenden System. Mit einer Erzählung über einen alten Mann, der, resultierend aus seinem eigenen Bildungsmangel, nun die Erziehung seiner Söhne mit eiser- ner Hand und unter dem Leitsatz »Man muß seine Kinder etwas lernen lassen, wenn es auch nichts ist«325 vorantreibt, leitet Paoli gekonnt und anschaulich ihre Kritik ein. Denn nach demselben Leitsatz, so ihr Vorwurf, scheine es, würde man zumeist auch in der Mädchen- erziehung vorgehen:

323 Vgl. Dr. Wagner: Für die Frauen. In: Die Debatte und Wiener Lloyd, 28.August 1868. 324 Vgl. Enderes, Aglaia von: Literatur der Frauenerwerbfrage. In: Neue Freie Presse, 22. Juni 1869. 325 Paoli, Betty: Über weibliche Erziehung. In: Neue Freie Presse, 4. Juni 1869, S. 1.

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Der ganze Unterricht, den die Mädchen, mit seltenen Ausnahmen, erhalten, ist ein leeres Scheinwesen und ungleich mehr geeignet, ihre guten Anlagen zu ersticken, als sie zu ent- wickeln. Unwesentliches wird in den Vordergrund gerückt, das Wichtigste hingegen acht- los beiseite liegen gelassen. Unwesentlich nenne ich die Kenntnisse, die den inneren Men- schen unberührt lassen, wichtig jene, deren Erwerbung das Denk- und Urteilsvermögen stärkt und steigert. Diese Letzteren werden bei der Erziehung von Mädchen so gut wie gar nicht berücksichtigt. Und dann klagt man über die Oberflächlichkeit der Frauen, über ihren Mangel an Logik und Konsequenz!326

Diesen Vorwurf teilen auch andere. Die österreichische Schriftstellerin Marie von Najmájer, eine weitere Frau, deren Tätigkeit für Zeitungen in der Forschung bisher keine besondere Beachtung fand, hat am 7. April 1870 ein Feuilleton mit dem Titel »Zur Frauenfrage« in der »Wiener Zeitung« veröffentlicht und ist dabei ebenfalls auf den Vorwurf der Oberflächlich- keit in der Mädchenbildung eingegangen:

In früherer Zeit genügte ihnen [den Frauen, Anm. d. A.] vielleicht ihr natürlicher Ver- stand, um über etwas zu urtheilen; der Unterricht aber, den sie jetzt erhalten, die soge- nannte moderne ‹Bildung›, die ihnen einen flüchtigen Blick auf die Oberfläche jeder Wis- senschaft und Kunst thun lässt, ohne ein tieferes Verständnis herbeizuführen, ist eher geeignet, ihre Begriffe zu verwirren, als ihr Urtheil zu bilden.327

Beide Autorinnen sind sich einig: Nicht nur was gelehrt wird, ist den Mädchen von gerin- gem Nutzen, sondern vor allem auch wie es gelehrt wird. Besonders aber kritisieren beide Autorinnen, auf erstaunlich ähnliche Weise, für welchen Zweck diese Art der Erziehung die- nen soll. »Worauf richtet man bei dem Unterricht eines jungen Mädchens das Hauptaugen- merk?«328, fragt Betty Paoli 1869. »Dass es mehrere fremde Sprachen geläufig sprechen lerne und sich so viele literarische Kenntnisse aneigne als nötig, um an dem Teetische eine nicht gar zu missliche Rolle zu spielen.«329 Bei Najmájer klingt dieser Vorwurf ganz ähnlich, wenn auch etwas ausführlicher dargelegt: Die derzeitige Bestimmung der Mädchen sei es, der Ge- sellschaft vorgeführt zu werden und dazu verlange man, dass sie

aus dem Kindesalter tretend, vier Sprachen geläufig sprechen, alle schönen Künste in einem Anfluge von Virtuosität betreiben und über die Klassiker urtheilen sollen. Dabei sollen sie sich in der Gesellschaft gewandt benehmen, ‹geistreich› conversiren und ihre lückenhaften Kenntnisse sehr geschickt, mit einer Art von Kriegslist auskramen – denn bloß deshalb sind sie ja unterrichtet worden.330

326 Paoli, Betty: Über weibliche Erziehung. S. 1. 327 Najmájer, Marie von: Zur Frauenfrage. In: Wiener Zeitung, 7. April 1870, S. 96. 328 Paoli: Über weibliche Erziehung. S. 1. 329 Ebd. S. 1. 330 Najmájer: Zur Frauenfrage. S. 97.

– 62 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

Najmájer geht im Gegensatz zu Paoli allerdings soweit, diese Praxis nicht nur als ungeeig- net für eine Stärkung von Denk- und Urteilsvermögen zu bezeichnen,331 sondern als schäd- lich für Psyche und Gesundheit der Mädchen.332 »An die Stelle jener Lehrgegenstände, die mit solcher Oberflächlichkeit betrieben ganz nutzlos sind, und der frühen gesellschaftlichen Schulung, die nur die Unnatur großzieht«, so fordert sie, werde »hoffentlich ein anspruchs- loser, gründlicher Elementarunterricht treten«.333 Hier findet sich ein nicht unwichtiger Unterschied zwischen Paolis Herangehensweise an das Thema und dem der Najmájers. Im Gegensatz zu dieser, die einen großen Teil ihres Textes einer Betrachtung der »Natur der Frau« und ihrer »Bestimmung« widmet,334 hat Betty Paoli in ihrem Text ganz konkrete Vor- stellungen davon, wie die Bildung künftig aussehen soll. Bei Najmájer bleibt es bei den be- reits zitierten Anregungen.

Betty Paoli begnügt sich in diesem Artikel nicht mehr mit allgemeinen Forderungen und stellt zu Beginn ihrer Vorschläge klar, dass das »Maß dessen, was Mädchen lernen sollen, […] selbstverständlich nur von den individuellen Fähigkeiten und persönlichen Verhältnis- sen bestimmt werden [könne]«335. Eine Forderung bleibe aber für alle Mädchen dieselbe, nämlich, dass die Wissenschaften, »welche den Gedanken- und Anschauungskreis eines ju- gendlichen Geistes zu erweitern vermögen, vor allen andern, ja geht es nicht anders, auf Kosten aller anderen betrieben werden sollen.«336 Zu allererst nennt sie dazu die Naturwis- senschaften. Denn die Unwissenheit über die Gesetze der physischen Welt würden Frauen auch im Alltag, etwa beim Kochen oder am Krankenbett ihrer Kinder, beeinträchtigen.337 Um Irrtümer zu vermeiden, bräuchten die Frauen »nicht etwa Medizin zu studieren, sondern nur etwas Chemie und Physik zu lernen [….]«338. Die Gründung eines Gymnasiums für Mädchen

331 Vgl. Paoli: Über weibliche Erziehung. S. 1. 332 Vgl. Najmájer: Zur Frauenfrage. S. 97. 333 Ebd. S. 97. 334 Najmájer beschreibt in ihrem Artikel unter anderem den Schwerpunkt im Charakter der Frau in ihrem Verhältnis zum Mann, wohingegen der des Mannes im Verhältnis zur Außenwelt liege; unter der »Tugend des Mannes« sei sein Mut, für seine Überzeugungen einzutreten zu verstehen, unter der »Tugend der Frau«, ihre Reinheit der Sitten und Treue. Diese Würde könne die Frau in jedem Stande und bei jedem Bildungsgrade bewahren. Außerdem behandelt sie das Thema der Bestimmung der Frau. Diese sei nicht einfach, einem Mann anzugehören, wie man es der Jugend predige. Es sei »einem Mann anzugehören oder keinem«, wobei sie damit die Entscheidungsmöglichkeit meint, zu heiraten oder den »Liebesreichtum« der ihr für eine Familie mitgegeben sei, für die Menschheit als Ganzes zu verwenden. Man könne ihr dadurch nicht vorwerfen, ihre Bestimmung verfehlt zu haben. Vgl. dazu ebd. S. 97. 335 Paoli: Über weibliche Erziehung. S. 2. 336 Ebd. S. 2. 337 Vgl. ebd. S. 2. 338 Ebd. S. 2.

– 63 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

– Paoli erwähnt dazu einen ähnlichen Vorschlag zuvor in Frankreich, der später noch kurz betrachtet werden soll – erscheint Paoli in ihrem Artikel abschließend als die sinnvollste Va- riante, die Mädchenerziehung künftig zu organisieren:

Die Gründung eines Gymnasiums für Mädchen, die nach wissenschaftlicher Bildung ver- langen, wäre eine heilsame Sache. Die Lehrgegenstände dürften ungefähr dieselben sein wie an den Knaben-Gymnasien, nur müsste auf den Unterricht in den Naturwissenschaf- ten und der Welt-, vor allem der Kulturgeschichte das Hauptgewicht gelegt und die Ma- thematik vornehmlich als geistiges Kräftigungsmittel betrieben werden. Die klassischen Sprachen sollten kein obligater Gegenstand sein, sondern nur die sich eigens zu diesem Cursus Meldenden Unterricht in ihnen erhalten.339

Darin zeigt sich, dass sich Paoli im Laufe der Jahre sehr konkrete Gedanken zu dem Thema gemacht hat. Im Gegensatz zu vielen anderen in diesem Bereich Engagierten, sah sie es nicht nur als ihre Aufgabe, Probleme aufzuzeigen und Kritik zu üben, sondern auch ihr selbst rich- tig erscheinende Lösungsvorschläge zu präsentieren. Darin hebt sie ihr Feuilleton eindeutig von jenem Najmájers ab.

In einem Punkt gleichen sich die Argumente der beiden Frauen jedoch wieder. Nämlich dar- in, welche Vorteile eine bessere Bildung der Mädchen bringe. Sowohl Najmájer als auch Pao- li vertreten die Auffassung, dass eine Frau mit Bildung sowohl eine bessere Gattin als auch eine fähigere Erzieherin für ihre Kinder ist und dass sie bessere Voraussetzungen mitbringt, um sich – wenn nötig – selbstständig ihren Unterhalt zu verdienen.340

Abschließend soll noch ein zweites Feuilleton zu diesem Thema betrachtet werden, nämlich »Die künstlerische Ausbildung der Frau«, erschienen am 25. Mai 1869 in der »Debatte« und gezeichnet mit den Initialen J. H. Auch hier gibt es ein paar Ähnlichkeiten zu Paolis Argu- mentation, doch in erster Linie ist es im Hinblick auf die unterschiedliche Schwerpunktset- zung der Bildung für Frauen interessant. Denn wo Paoli die Naturwissenschaften als wich- tigsten Bereich sieht, argumentiert der Verfasser oder die Verfasserin dieses Textes rein für eine künstlerische Ausbildung. Ob besagter Autor oder besagte Autorin ein Mann oder eine Frau ist, geht aus dem Text nicht eindeutig hervor, verschiedene Formulierungen lassen aber eher auf einen Mann als Verfasser schließen:

Welcher Beschäftigung man sich auch hingeben mag, wirklicher Erfolg in derselben ist immer nur durch fortgesetzte Übung zu erlangen, und es gibt keine Lehre, welche unseren

339 Paoli: Über weibliche Erziehung. S. 2. 340 Vgl. ebd. S. 1 – 3 sowie Najmájer: Zur Frauenfrage. S. 97.

– 64 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

Frauen eindringlicher gepredigt und mehr von ihnen beherzigt werden sollte, als daß sie in Allem, was sie unternehmen, ernst, gründlich und ganz bei der Sache sein müssen.341

Wie Paoli erkennt auch der Autor die Notwendigkeit für Frauen, sich ihren Lebensunterhalt selbst verdienen zu können und glaubt eine Lösung für das Problem zu haben. Während Pao- li allerdings mehr auf eine gute Allgemeinbildung setzt und einen Unterricht fordert, mit- tels dessen sich die Frauen etwa »zu tüchtigen Lehrerinnen«342 ausbilden lassen können, ar- gumentiert der Verfasser dieses Feuilletons einzig für eine »allgemeinere und gründlichere Ausbildung in künstlerischer Hinsicht«343, die Frauen zum Erwerb im Bereich der Kunst und der Kunstindustrie befähigt.

Die künstlerische Ausbildung der Frau ist ein so wichtiger Schritt zur Lösung der Frauen- frage und dabei ein so naturgemäßer, der nirgends Anstoß erregen kann, daß zu erwarten steht, es werde in dieser Richtung im Geben und Empfangen viel geleistet werden; die se- gensreichen Früchte, das lehrt bereits die Erfahrung, bleiben gewiß nicht aus.344

Wie Betty Paoli in vielen ihrer Texte richtet auch dieser Autor seinen Blick auf andere Län- der und nennt erfolgreiche Kunstschulen in England, Frankreich und Deutschland als Bei- spiele und zur Untermauerung seiner Argumentation. Paoli tut dies im hier betrachteten Ar- tikel anhand des bereits angesprochenen Vorschlags des französischen Unterrichtsministers Victor Duruy, der »vor einiger Zeit die Errichtung von Gymnasien für die weibliche Jugend in Vorschlag gebracht [hat]. Wie begreiflich stieß dieses Projekt auf den erbittertsten Wider- stand seitens der klerikalen Partei.«345

Betty Paolis Argumentation in ihrem Feuilleton »Über weibliche Erziehung« zeigt in mehre- ren Punkten Ähnlichkeiten zu anderen journalistischen Artikeln dieser Zeit. Das war sowohl an den beiden betrachteten Feuilletons als auch an diversen anderen Zeitungsberichten346 zu erkennen. Paoli war aber eindeutig bemüht, auch eigene Argumente und Lösungsvorschläge

341 J. H.: Die künstlerische Ausbildung der Frau. In: Die Debatte und Wiener Lloyd, 25. Mai 1869, S. 1. 342 Paoli: Über weibliche Erziehung. S. 2. 343 J. H.: Die künstlerische Ausbildung der Frau. S. 1. 344 Ebd. S. 2. 345 Paoli: Über weibliche Erziehung. S. 2. Über dieses Thema war auch in diversen deutschsprachigen Zeitungen berichtet worden. Eine spätere Erwähnung der Begebenheit findet sich etwa in der Bozener Zeitung am 22. Oktober 1869, wo in dem Artikel »Der Katholizismus in Frankreich« erwähnt wird, dass besagter Minister eine an sich unschuldige Neuerung, die Hebung des Mädchen-Unterrichts betreffend, eingeführt habe. Müttern sei es dabei freigestellt gewesen, ihre Töchter zu diesen Fortbildungskursen zu schicken. Die katholische Kirsche habe jedoch auf Initiative des Bischofs Félix Dupanloup einen »traurigen Kampf« gegen diese Entwicklung geführt. 346 Vgl. dazu z. B. [Unbekannter Autor]: Über weibliche Bildung. In: Neue Freie Presse, 9.12.1869.

– 65 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli zu vermitteln, wie sie auch sonst hohe Ansprüche an ihr eigenes Schaffen stellte, sei es ly- risch oder journalistisch.

– 66 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

3.2 Unsere Moden

Betty Paoli verstand es früh, das Genre des Feuilletons für ihre Zwecke einzusetzen. Sei es, um ihrem Publikum Lektüre und Schriftsteller näher zu bringen, die ihrer Ansicht nach zu Unrecht kaum öffentliche Anerkennung erfuhren, wie beispielsweise Annette von Dros- te-Hülshoff, oder ihre Ideen in der Frauenfrage zu verbreiten. Mit »Über weibliche Erzie- hung« ist ein Feuilleton betrachtet worden, in dem sich Paoli ganz offensichtlich mit Letz- terem beschäftigte. Nun soll ein Artikel analysiert werden, in dem die Journalistin geschickt die Frage der Frauenerwerbstätigkeit in ein anderes, von Frauen und Männern dieser Zeit gerne diskutiertes Thema eingearbeitet hat: »Unsere Moden«. Der Artikel erschien 1867, also zu einer Zeit, als der österreichische Liberalismus gerade seine Hochzeit erreicht hatte.347

»Mit der Etablierung seiner politischen Macht [trat] der Liberalismus in seine behar- rend-konservative Phase, in der sich seine nationalistischen, wenn auch noch nicht völ- kerdeutschen Züge, sein antisozialer Affekt und auch seine Gegnerschaft zur Frauenbe- wegung zeigen.«348

Wie bereits angesprochen, spart Betty Paoli in ihrem Artikel nicht mit Kritik an den zeit- genössischen Modetrends. Das eigentliche Thema des Feuilletons, das, was sie ihren Lesern vermitteln will, ist allerdings die Notwendigkeit praktischerer Kleidung für erwerbstätige Frauen. Dieser Punkt ist es, der Paolis Text von anderen Feuilletons zu Mode in der liberalen Presse unterscheidet. Ihr eigentlicher Beweggrund für das Verfassen des Textes ist nicht die Kritik an verschiedenen Erscheinungsformen der Mode, auch wenn sie diese scheinbar ins Zentrum rückt. Paoli verdeutlicht ihren Rezipienten mit der überspitzten Darstellung von Hüten, Schleppen und Co. vielmehr die Unmöglichkeit diese mit der von ihr bereits mehr- fach geforderten Möglichkeit der Erwerbstätigkeit besonders bürgerlicher Frauen zu verein- baren. Dieser Aspekt ist es, der den Artikel von Paolis anderen Feuilletons zur Frauenfrage abhebt, weswegen er hier näher untersucht werden soll.

Im Folgenden soll gezeigt werden, auf welche Weise Paoli die zeitgenössische Mode darge- stellt und wie sie den Leser damit auf die Wendung ihres Feuilletons – weg von der ironisch überspitzten Kritik hin zu dem belehrenden Teil – vorbereitet hat. Zugleich wird ein Blick

347 Als Geschichte einer politischen Gruppe verstanden hatte der österreichische Liberalismus seine große Zeit zwischen 1860 und 1879. Vgl. dazu: Rossbacher, Karlheinz: Literatur und Liberalismus. S. 44. 348 Ebd. S. 44.

– 67 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli darauf geworfen, wie zeitgenössische Autoren mit dem Thema Mode umgegangen sind und welche Schlüsse sie gezogen haben.

Paoli kritisiert in ihrem Feuilleton zuallererst, dass Mode nicht länger nur den Zweck habe, physische Mängel von Frauen zu kaschieren – sie begünstige »ausschließlich die Hässli- chen«349 und benachteilige schöne Frauen. Ein sicheres Mittel, um sich die Aufmerksamkeit ihrer Leserinnen zu sicher. Zum Beweis ihrer Behauptung präsentiert Paoli denselben eine Sammlung modischer Ästhetiksünden des 19. Jahrhunderts, oder wie Paoli schreibt, »eine Perfidie, die angeklagt werden«350 müsse. Viele der von ihr angeprangerten Modeerschei- nungen finden sich auch in anderen kritischen Texten der Zeit, von männlichen wie weib- lichen Verfassern.

Paoli widmet ihre Aufmerksamkeit zuerst dem Kopf, dessen tadellose Form eine Hauptbe- dingung der Schönheit sei und verdeutlicht mit einer Enumeratio, in welchem Ausmaß ihre Zeitgenossinnen ihre Köpfe »überladen«:

Die Mode aber ist anderer Meinung oder stellt sich wenigstens, als wäre sie es. Sie überla- det den Kopf einer eleganten Dame mit einer Unmasse von Loden und Löckchen, Flechten und Rollen, Blumen, Bändern und Federn, bis er einen Umfang erreicht, der die Grenzen der Carricatur resolut überschreitet.351

Mit dem Kopfschmuck setzen sich in jenen Jahren auch verschiedene andere Autorinnen auseinander. Die preußische Schriftstellerin und Pädagogin Johanne (Jeanne) Sophia Marie von Gayette-Georgens352 veröffentlichte 1870 einen Artikel mit dem Titel »Von der Mode« im »Wiener Salonblatt«, in dem sie schrieb »[d]er höchste Grad der Ueberladung war er-

349 Paoli: Unsere Moden. S. 1. 350 Ebd. S. 1. 351 Ebd. S. 1. 352 Gayette-Georgens hat in ihrem Leben verschiedene Zeitschriften, darunter das 1867 gegründete Journal »Die Frauenarbeit«, die ab 1878 erschienene Monatsschrift »Der Jugend Spiel und Arbeit« und die ab 1886 veröffentlichte Zeitschrift »Zu Hause« herausgegeben. Sie lebte in Österreich und Deutschland und beschäftigte sich früh mit pädagogischen Fragen sowie der Frauenemanzipation, die sie auch in ihren Werken thematisierte. 1856 bis 1863 gab sie die Zeitschrift »Die Arbeiter auf dem praktischen Erziehungsfelde der Gegenwart« heraus und gründete ebenfalls 1856 gemeinsam mit ihrem Mann, dem Pädagogen Jan Daniel Georgens, eine Heil- und Erziehungseinrichtung für geistig behinderte Kinder in Wien. 1867 übersiedelte das Ehepaar nach Berlin, wo Gayette-Georgens Vorträge über »Die Frauen in Erwerb und Beruf« hielt, eine literarische Gesellschaft gründete und mit ihrem Mann die Zeitschrift »Auf der Höhe« herausgab. Vgl. dazu Brinker-Gabler, Gisela u. a. (Hrsg.): Lexikon deutschsprachiger Schriftstellerinnen von 1800-1945. München: Deutscher Taschenbuchverlag, 1986. S. 105 sowie Schöneck, Annette: Gayette, Georgens, Johanne (Jeanne) Sophia Marie von. In: Kühlmann, Wilhelm (Hrsg.): Killy Literaturlexikon. Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraumes. 2., vollständig überarbeitete Auflage. Berlin, New York: Walter de Gruyter, 2009, Bd. 4. S. 124.

– 68 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli reicht«353 und falsches Haar als Beispiel anführte. Vergleicht man Feuilletons verschiedener Verfasserinnen um das Jahr 1870 herum, so ist dies ein Thema, das allgemein Aufmerksam- keit erregte. Auch Paoli kritisierte, dass für die modernen Frisuren selbst das üppigste Haar nicht mehr ausreiche, und die dadurch benachteiligt seien.354 »Der Vortheil steht auf Seiten der mehr oder minder kahlköpfigen, die unter allen Umständen ihr Haar beim Perücken- macher kaufen müssen.«355 Noch überspitzter formulierte es die namentlich nicht genannte Verfasserin eines Feuilletons in der »Debatte« im selben Jahr356:

Unser eigenes Haar kommt kaum mehr in Betracht. Sonst verbarg eine Dame verschämt ihr leider! nothwendiges falsches Zöpflein und frug die vertrauteste Freundin schüchtern, ob die Falschheit bemerkbar sei. Jetzt – haha! die Aufklärung ist vorgeschritten, aber auch die Aufklärung der Männer über unseren Betrug. Je mehr Beulen und Auswüchse am Kop- fe hervorragen, je unverschämter, gleich plump ausgestopften Bälgern die falschen, mit Schafwolle unterlegten Chignons sich am Hinterkopfe recken und strecken, desto elegan- ter und modischer die Coiffüre. […] Manche unserer Schwestern lassen sich eine ganze Wurstkammer am Hinterkopfe fertigen, so dicht liegen dort neben einander die runden, von dünnem Haar überzogenen Wülste. Eine naschige Katze, hungrig obendrein, könnte schon einmal auf den naiven Gedanken kommen, wenn die Puffen mit guter Pomade ge- tränkt sind, ihre Herrin rücklings anzubeißen. Freilich, ehe sie auf den wahren wirklichen Kopf gelangte, könnte sie lange speisen.357

Aber nicht nur die Haare, auch die Hüte, die auf denselben drapiert wurden, gaben den Zeit- genossinnen Anlass für Spott. »Die modernen Hüte, oder vielmehr Deckelchen, sind eine gar schlaue Erfindung«358, schreibt Paoli ironisch.

Alltagsgesichtern verleihen sie den Reiz des Pikanten, unregelmäßigen Zügen sind sie vortheilhaft, weil ihre abenteuerliche Form mit dem capriciösen Schnitt derselben har- moniert. […] Der Widerspruch zwischen einem Antlitz von großartigem Charakter und einem putzigen Hütchen hat geradezu etwas Unheimliches; sein Mißton macht jeden rei- nen Eindruck unmöglich. Die Grisettengesichter mögen sich dieses Sieges über die Töch- ter der Venus von Milo freuen!359

Auch die Autorin in der »Debatte« hatte zum Thema Hut eine eindeutige Meinung und nützt das Mittel der Enumeratio, um eine Auswahl der »grauenhaften Formen« zu nennen.

353 Gayette-Georgens, Jeanne Marie von: Von der Mode. In: Wiener Salonblatt, 6. November 1870, S. 281. 354 Vgl. Paoli: Unsere Moden. S. 1. 355 Ebd. S. 1. 356 Vgl. [Unbekannter Autor]: Humoristische Betrachtungen über die Damentoilette von heutzutage. In: Die Debatte und Wiener Lloyd, 17. Januar 1867, S. 1f. 357 Ebd. S. 1. 358 Paoli: Unsere Moden. S. 1. 359 Ebd. S. 1.

– 69 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

Ja, Madame Mode ist ebenso konfus in als auf dem Kopfe. Welche Hutformen, oft nur De- ckel mit Bändern, drückt sie uns jetzt auf unsere Puffscheitel, falsche Zöpfe und Chignons von grauenhafter Form. Die Tiroler-, Schäfer- und Matrosenhüte sind noch die vernünf- tigsten darunter.360

In beiden Feuilletons kommen noch diverse andere modische Besonderheiten vor – Kritik gibt es aber, wie in zahlreichen anderen zeitgenössischen Artikeln zum Thema Mode, beson- ders für die Schleppe. Bei Paoli sind es vor allem die gut versteckten, großen Füße für die sie, wie bereits zitiert, die weiten Röcke mit Schleppe kritisiert. Sie geht sogar so weit, die Füße zu personifizieren und ihnen ein eigenes Selbstbewusstsein zuzuschreiben.361 Ein An- satz, der so in keinem anderen zeitgenössischen Artikel zu finden ist. In der »Debatte« und anderen Zeitungen ist hingegen die Tatsache, dass die Schleppenträgerinnen mächtig Staub aufwirbeln,362 vordergründig der Anlass für Spott: »Die Dame, welche mit einigen Ellen Zeug mehr, als eine andere, die Gasse kehrt, wie siegesgewiß schreitet sie dahin!«363 Ferdi- nand Kürnberger364 lehrten die Schleppen seinem Feuilleton in der »Presse« nach zu urteilen schon zwei Jahre zuvor das Fürchten:

Die Kometenschweife am Himmel werden künftig nicht mehr so fürchterlich sein, seit die Damenschweife auf Erden, nämlich die Schleppen, der Schrecken der Menschheit sind. Der Staub, welchen diese unberufenen aber unentrinnbaren Kehrbesen aufwirbeln, drohte meinen Geist mit misanthropischer Finsterniß zu umnachten […]365

Kürnberger vergleicht die »Damenschweife«, wie er sie in einem Neologismus nennt, mit »Kometenschweifen«, die weniger zu fürchten seien. Die »Kehrbesen« greift er wenig spä-

360 [Unbekannter Autor]: Humoristische Betrachtungen über die Damentoilette von heutzutage. S. 1. 361 Vgl. Paoli: Unsere Moden. S. 2. 362 Vgl. [Unbekannter Autor]: Kaffeehausplaudereien. In: Wiener Sonntagszeitung, 19. Mai 1867. 363 [Unbekannter Autor]: Humoristische Betrachtungen über die Damentoilette von heutzutage. S. 1. 364 Der Wiener Schriftsteller Ferdinand Kürnberger (1821-1879) wandte sich nach einigen erfolglosen Versuchen als Dramatiker 1848 dem Journalismus zu und wurde später insbesondere für seine politischen Feuilletons bekannt. In Ludwig August Frankls »Sonntagsblättern« schrieb Kürnberger kurze Prosastücke. Er war Mitarbeiter der »Presse«, des »Freimüthigen«, der »Constitutionellen Donauzeitung« und der »Wiener Zeitung«. Während der revolutionären Märzereignisse wurde Kürnberger zu einem politischen Publizisten. Ab Oktober 1864 arbeitete er für das Feuilleton der »Presse«. Gleichzeitig war er auch Mitarbeiter der 1864 neugegründeten »Neuen Freien Presse«. Ein festes Engagement ging Kürnberger jedoch nur für kurze Zeit als Feuilletonleiter der »Nationalzeitung« ein. Kürnberger veröffentlicht seine politischen und literarischen Feuilletons auch in Zeitungen wie »Neues Wiener Tagblatt«, »Wanderer« und »Der Correspondent« – neben seinen publizistischen Hauptbetätigungsfeldern »Presse« und »Neue Freie Presse«. Nach dem preußisch-französischen Krieg 1870 wandte sich Kürnberger auch den deutschen Zeitungen wie der »Berliner Börsenzeitung«, und der Breslauer »Schlesischen Presse« zu. Kürnberger schrieb auch in dem 1871 neugegründeten Wiener Blatt »Deutsche Zeitung«. Dennoch hatte Kürnberger oft Mühe, seinen Lebensunterhalt mit dem Schreiben von Feuilletons zu bestreiten. Vgl. dazu Wildhagen: Das politische Feuilleton Ferdinand Kürnbergers. S. 29–32. 365 Kürnberger, Ferdinand: Der Mode-Philosoph. In. Die Presse, 8. Juni 1865, S. 1.

– 70 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli ter in einer Paronomasie wieder auf, wenn er von einer »wirklichen Kehr- und Kehrichtsei- te«366 schreibt. Das Feuilleton der »Moden-Philosoph« nimmt die »Schleppenpest«367 zum Anlass, das Thema »Mode« und dessen gesellschaftliche Bedeutung ganz allgemein zu be- leuchten. Auch Kürnbergers Argumentation endet in der Forderung nach einer Änderung der weiblichen Mode, allerdings anders, als dies Paoli vorschwebte. Denn er fordert die »re- gierenden Frauen«368 auf, sich nicht länger an der Pariser Mode zu orientieren. Nur sie hät- ten die Möglichkeit, sich dem Zwang zu entziehen, denn anderen Frauen sei es »bei Todes- strafe geboten, die herrschende Mode mitzumachen«369. Paoli und Kürnberger schreiben also an unterschiedliche Zielgruppen. Kürnberger wendet sich an die Aristokratie: »Prac- tisch wie er ist, […] war er es auch in der Wahl seines Organes: er wählte die ‹Presse›, jenes Blatt, welches vor vielen anderen in Hof- und Regierungskreisen mit weltbekannter Vorliebe gelesen wird.«370 Paoli hingegen richtet sich in der »Neuen Freien Presse« insbesondere an bürgerliche Frauen, die sie zu einer praktischeren Mode, welche sich auch zur Arbeit eignet, bekehren will.

Diese unterschiedliche Zielsetzung beruht aber auch auf dem voneinander abweichenden Geschlechterbild. In Kürnbergers Text spiegelt sich das liberalistische Frauenbild wieder. So unterstellt er den »weiblichen Geisterchen«371 etwa, Männern gegenüber ihre Sicht auf die Mode nicht schlüssig argumentieren zu können. Dagegen soll Paolis Feuilleton letztlich ihre Forderung auf das Recht auf Erwerbstätigkeit bürgerlicher Frauen unterstützen. Sie glaubt daran, dass sich die zeitgenössische, überladene Mode bald ändern müsse:

Meine Hoffnung stützt sich auf eine Nothwendigkeit, der in letzter Instanz selbst ein so zäher Gegner wie die menschliche Thorheit wird weichen müssen […]: [S]ie [die Mode, Anm. d. A.] ist im höchsten Grade unpraktisch und erschwert jede Beschäftigung.372

Es sei »eine lächerliche Inconsequenz«373, folgert Paoli, für das Recht auf Arbeit zu kämp- fen und sich gleichzeitig »in einer Weise herauszuputzen, die bei jeder Arbeit stört«374. Da- mit nützt Betty Paoli das Feuilleton ganz im Sinne der weiter oben bereits angeführten Gat-

366 Kürnberger, Ferdinand: Der Mode-Philosoph. S. 1. 367 Ebd. S. 1. 368 Ebd. S. 3. 369 Ebd. S. 3. 370 Ebd. S. 3. 371 Ebd. S. 2. 372 Paoli: Unsere Moden. S. 2. 373 Ebd. S. 2. 374 Ebd. S. 2.

– 71 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli tungsdefinition, nach welcher der Text mit einer scheinbaren Nebensächlichkeit beginnen solle, um mit unangestrengter Stetigkeit sein eigentliches Thema zu entwickeln und zu be- lehren.375 Für Paoli ist die Kritik an der Mode keine Frage des Geschmacks, sondern eine Existenzfrage, der sich Frauen in einer Zeit, in der sie zunehmend auf eigene Erwerbstätig- keit angewiesen sind, stellen müssen. »Können sie dies nicht über sich gewinnen, so mögen sie nach wie vor wandelnde Puppen, decorative Figuren bleiben und die Befriedigung der kläglichen Eitelkeit um den theuren Preis der Achtung vor sich selbst erkaufen.«376

Paoli ist der Überzeugung, dass Frauen die Nothwendigkeit einer Änderung erst selbst einse- hen müssten.377 Dass diese bis dahin hartnäckig an ihren Moden festgehalten hatten, las man nur wenige Wochen später auch in den »Kaffeehausplaudereien« der »Wiener Sonntagszei- tung«, laut der sich allerdings ein Teil der Forderung Paolis bereits zu erfüllen begann: Die Schleppe kam aus der Mode.378 Bei vielen anderen Modeerscheinungen dieser Zeit ging das allerdings nicht so schnell, wie auch die Lektüren von Irma von Troll-Borostyánis Pamphlet »Das Weib und seine Kleidung« aus dem Jahr 1897 verrät. Sie schrieb, 20 Jahre nach Paolis Feuilleton:

Wahrlich, wenn die Männer sich auf ihren Vorteil verständen, hätten sie besser getan, sich anstatt auf das so bald als hinfällig erwiesene Argument eines Gehirngewichtsdefi- zits der Frauen, zum Beweise der geistigen Inferiorität des Weibes, auf dessen hartnäcki- ges Festhalten an der widersinnigen Frauenkleidung, auf die Ab- und Einschnürung des Leibes durch das Panzermieder und auf die naturverleugnende Verhüllung der natürli- chen Gliederung des Körpers durch die vielgeschichteten Stoffmassen des Frauenrockes zu berufen.379

Bis sich Paolis Wunsch nach einer an die notwendige Erwerbstätigkeit angepassten Mode er- füllte, sollte also noch einige Zeit vergehen. Immerhin forderte sie, wenngleich aus heutiger Sicht eigentlich wenig, doch viel von einer zeitgenössischen Mode, die keinen »Sinn für na- türliche Schönheit, […] Geschmack [und] praktischen Verstand […]«380 hatte:

Sie [die Tracht der Zukunft, Anm. d. A.] begünstige nicht die Häßlichkeit auf Kosten der Schönheit, sie gebe anständigen Frauen nicht das Ansehen leichtfertiger Dämchen, sie lasse dem Körper Freiheit der Bewegung, die Unbehindertheit, deren man zu jeder Arbeit

375 Vgl. Nowak/Haller: 170 Jahre »Die Presse«. S. 45. 376 Ebd. S. 2. 377 Paoli: Unsere Moden. S. 2. 378 Vgl. Kaffeehausplaudereien. S. 4. 379 Troll-Borostyáni, Irma von: Das Weib und seine Kleidung. Leipzig: Spohr, 1897, S. 30f. 380 [Unbekannter Autor]: Humoristische Betrachtungen über die Damentoilette von heutzutage. S. 2.

– 72 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

des Geistes wie der Hände bedarf. Lauter Forderungen, von denen die gegenwärtige Mode auch nicht Eine erfüllt.381

381 Paoli: Unsere Moden. S. 2.

– 73 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

3.3 Die neue Hauptstadt Italiens

Betty Paoli hat sich im Laufe ihrer journalistischen Tätigkeit mit vielen verschiedenen The- men auseinandergesetzt und dabei besonders ihre Reiseerfahrungen immer wieder in ihre Arbeit miteinbezogen. Im Folgenden soll deshalb ihr Feuilleton »Die neue Hauptstadt Ita- liens« vom 15. Juli 1871 in der »Neuen Freien Presse« mit einem rund sechs Monate später erschienen Feuilleton in der selben Zeitung verglichen werden, dem mit G. F. gezeichneten Text »Das neue Rom« vom 12. Dezember 1871.

Das Feuilleton »Die neue Hauptstadt Italiens« ist ein besonders kritisches, denn Paoli zwei- felt nicht nur an Roms aktueller Eignung als Hauptstadt Italiens, sondern erkennt dem »düs- tern, bitter verarmten, greisenhaft dahinsiechenden Rom«382 und seinen Bürgern jede Fä- higkeit zur positiven Veränderung ab. Ihre Beobachtungen und Voraussagen gingen so weit, dass sich die Redaktion der »Neuen Freien Presse« bei Abdruck des Textes genötigt sah, da- runter einen Vermerk zur Einordnung des im Text Behaupteten zu platzieren:

Die Betrachtungen haben vom Standpunkte des literarischen Touristen gewiß die volls- te Berechtigung. Aber das politische Schwergewicht liegt nicht darin, sondern in den Er- eignissen, welche die Wahl Roms zur Hauptstadt Italiens unabweislich gemacht haben, und unsere Verfasserin unterschätzt auch die Folgen, welche die Thatsache, daß Rom die Hauptstadt wurde, für Rom selbst haben wird. D. Red.383

Zum Publikationszeitpunkt des Feuilletons was die Errichtung eine Königreichs Italien gut ein Jahrzehnt her. Nur die Hauptstadtfrage blieb, trotz der Proklamation Roms zu derselben, auch nach 1861 noch ungelöst. »In Rom […] behauptete sich mit der weltlichen Herrschaft des Papsttums über den nun auf den historischen Kern des Patrimonium Petri reduzierten Kirchenstaat weiterhin die universale Gegenmacht zum liberalen und nationalen Prinzip […]«384 Mit Frankreich hatte der Kirchenstaat lange Zeit einen starken Beschützer. Wie sehr sich der Klerus darauf verlassen hatte, klingt auch in Paolis Feuilleton an, wenn sie zu Be- ginn von der »angesichts der Weltlage unbegreifliche[n] Zuversicht«385 des Klerus schreibt. Als Frankreich 1870 jedoch den Krieg gegen Preußen verlor, nützte Italien die Gelegenheit und ging im September des selben Jahres militärisch gegen den Kirchenstaat vor – Rom wur-

382 Paoli, Betty: Die neue Hauptstadt Italiens. In: Neue Freie Presse, 15. Juli 1871, S. 3. 383 Vgl. ebd. S. 3. 384 Bauer, Franz J.: Rom im 19. und 20. Jahrhundert: Konstruktion eines Mythos. Regensburg: Pustet, 2009. S. 46. 385 Paoli: Die neue Hauptstadt Italiens. S. 1.

– 74 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli de endgültig zur neuen Hauptstadt des Königreichs, auch wenn noch einige Schwierigkeiten blieben, wie auch in den vorliegenden Zeitungstexten thematisiert wird.

Paoli schrieb ihr Feuilleton eigenen Aussagen zufolge rund dreieinhalb Monate nach ihrer Abreise aus Rom. Zu dieser Zeit, so die Journalistin, habe es noch zahlreiche Ungläubige ge- geben, welche eine Verlegung der Residenz nach Rom angezweifelt hätten.386 Bei Erscheinen des Feuilletons war dieser Schritt allerdings bereits getan, der offizielle Umzug der Regierung nach Rom erfolgte am 30. Juni 1871.387 An der Richtigkeit desselben äußerte Paoli dennoch herbe Kritik und vergleicht Rom mit einer Mumie, die einen Zaubertrank brauche, um wie- der zum Leben erwachen zu können:

Gibt es einen Zaubertrank, der kräftig genug wäre, die verknöcherten Adern dieser Mu- mie mit dem warmen Strome des Lebens zu durchfluthen? Vorläufig ist nur so viel gewiss, da’ die geistigen wie die materiellen Zustände des heutigen Rom im schreienden Wider- spruche mit der Vorstellung stehen, die man sich im übrigen Europa von einer Residenz macht.388

Paoli kritisiert an Rom vordergründig einen Mangel an Reinlichkeit, Wohnlichkeit und öf- fentlichem Komfort,389 und prangerte an, dass die Stadt, in der bereits jetzt Wohnungsnot herrsche, keinesfalls Platz für vierzig- bis fünfzigtausend Menschen mehr habe.390 Tatsäch- lich weisen auch andere Quellen darauf hin, dass »die durch das Bevölkerungswachstum der sechziger Jahre schon akute Wohnraumsituation durch die Übersiedelung des Hofes, der Re- gierung und der sonstigen Zentralverwaltungen dramatisch verschärft werden würden.«391 Vorsichtigen Schätzungen zufolge, habe bereits 1870 Wohnraum für 40.000 Menschen ge- fehlt.392 Tatsächlich nahm die Bevölkerung im ersten Jahrzehnt nach Roms Erklärung zur neuen Hauptstadt um rund 54.000 Menschen zu. Als unmittelbare Folge des Zuzugs kam es zu einem eklatanten Anstieg der Lebenshaltungskosten in allen Bereichen, der notorisch knappe Wohnraum in der Stadt verteuerte sich ebenso wie die Nahrungsmittel, deren Pro- duktion nicht ohne Weiteres der gestiegenen Nachfrage angepasst werden konnte. In erster Linie litten darunter natürlich die wenig kaufkräftigen unteren Volksschichten der einhei-

386 Vgl. Paoli: Die neue Hauptstadt Italiens. S. 1. 387 Vgl. Petersen, Jens: Rom als Hauptstadt des geeinten Italien 1870 – 1914. Politische und Urbanistische Aspekte. In: Quellen und Forschungen aus italienischen Bibliotheken und Archiven. Bd. 64 (1948), S. 263. 388 Paoli: Die neue Hauptstadt Italiens. S. 1. 389 Vgl. ebd. S. 1. 390 Vgl. ebd. S. 1. 391 Petersen: Rom als Hauptstadt des geeinten Italien. S. 270. 392 Vgl. ebd. S. 270.

– 75 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli mischen Bevölkerung.393 Paolis Folgerung, dass sich das ohnehin teure Leben in der Stadt durch die Erklärung zur Hauptstadt noch verteuern würde,394 sollte sich also bewahrheiten.

Die Römer, so Paoli weiter, seien sich im Klaren darüber, dass ihre Stadt eine gründliche Umgestaltung erfahren müsste, doch sei ihnen alles, was ihren »gewohnten Schlendrian«395 durchbreche, verhasst. Sie bezeichnet die Römer als abgelebtes Geschlecht, als apathisch und keiner Initiative fähig; außerdem würden sie jener Tugenden entbehren, die einen Mann zum Bürger machten, nämlich Gemeinsinn, Opferfähigkeit und Ausdauer.396 Paolis Sicht auf die Bürger Roms entsprach auch dem Diskurs ihrer Zeit. Tatsächlich war vielen Römern ob der Herrschaft in ihrer Stadt eine gewisse »achselzuckende Wurstigkeit«397 zu eigen gewor- den, die sich auf ihrer zweitausendjährigen Geschichte voller politischer Wechselfälle grün- dete. Auch eine gewisse auf Tradition und Gewöhnung basierende Anhänglichkeit an den Papst und sein Regime, das mit Wohltätigkeitseinrichtungen für das Notwendigste gesorgt hatte, konnte den Römern attestiert werden. »Dem aufgeklärt-liberalen Zeitgeist des Besitz- und Bildungsbürgers freilich blieb solcherart ideologiefreies Nach-dem-Brot-Gehen stets ein Stein des Anstoßes, und so gab es im Inland wie im Ausland kritische Beobachter genug, die von der Warte moralischer Entrüstung herab streng mit dem Schlendrian und der Teil- nahmslosigkeit der römischen Bevölkerung ins Gericht gingen.«398

Die Aufzählung negativer Eigenschaften Roms ging in Paolis Feuilleton allerdings weiter: Das gesundheitsschädliche Klima mache selbst den Stärksten mürbe, die Kunst sei nur ein Importartikel, die Regierung in zu großen Finanznöten, um die Stadt den Bedürfnissen ent- sprechend zu verändern. Kurz: »[D]ie Politiker sollten sich darüber nicht täuschen, daß kein entwicklungsfähiger Keim in diesem erschöpften, ausgebrannten Boden schlummert«399. Dass Paoli den römischen Boden hier personifiziert und als »erschöpft« und »ausgebrannt« bezeichnet, unterstützt noch ihre Darstellung Roms als Stadt, die nicht den Vorstellungen entsprechen könne, die man sich »im übrigen Europa von einer Residenz«400 mache.

393 Vgl. Bauer: Rom im 19. und 20. Jahrhundert. S. 100–101. 394 Vgl. Paoli: Die neue Hauptstadt Italiens. S. 1. 395 Ebd. S. 2. 396 Ebd. S. 2f. 397 Bauer: Rom im 19. und 20. Jahrhundert. S. 76. 398 Ebd. S. 77. 399 Paoli: Die neue Hauptstadt Italiens. S. 3. 400 Ebd. S. 1.

– 76 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

Paolis Feuilleton zeichnet in vielerlei Hinsicht zweifellos ein überzogenes Bild der Situation Roms, wie auch der bereits zitierte Vermerk der Redaktion der »Neuen Freien Presse« deut- lich macht. Im Weiteren soll nun gezeigt werden, wie der Verfasser des Feuilletons »Das neue Rom« die Stadt einige Monate später schildert und inwiefern es Übereinstimmungen oder Abweichungen zu Paolis Text gibt. Entgegen Paolis Einschätzung, so der Verfasser von »Das neue Rom«, habe die Stadt schleunigst begonnen, »aus einer Ruinenstadt […] eine mo- derne Capitale zu werden«401. »Die alte Schlange hat sich wieder einmal gehäutet«402, so seine Metapher für Roms jüngste Verwandlung. Doch auch er findet, wenngleich froh über die Befreiung von der Macht des Klerus, viele Gründe für Kritik, die auch bei Paoli zu fin- den waren. Etwa die Staatsschulden, mit denen die Regierung weiterhin wirtschaftet oder die Tatsache, dass bei all der regen Bautätigkeit seiner Ansicht nach keinerlei Stil zu entde- cken sei.403 Über die Bürger der Stadt, weiß der Autor zwar nicht so negativ zu berichten wie Betty Paoli, doch Schlendrian und Faulheit attestiert auch er ihnen dem zeitgenössischen Diskurs entsprechend, wenn er schildert, wie Reisende sich besser darauf einstellen sollten, lange auf das Ankommen ihrer Koffer zu warten. Denn die Römer seien zwar »Gentlem[e]n bis auf den niedrigen Beamten, aber daß sie auch brauchbare Beamte [seien], [müssten] sie doch erst noch anders beweisen«404. Betty Paolis Aussage, die Stadt sei zu keiner positiven Veränderung fähig, widerspricht dieses Feuilleton. Auch wenn Rom dem Autor zufolge sechs Monate nach Betty Paolis Feuilleton noch einen weiten Weg vor sich habe:

Und nun gehen Sie einen Schritt abwärts vom Corso und vom Fremdenviertel, und die ganze Lüge der Gewerbethätigkeit, des Reichthums und der Sauberkeit ist mit einem Schlage verschwunden. Überall der alte Schmutz, die alte Verkommenheit.405

401 G. F.: Das neue Rom. In: Neue Freie Presse, 12. Dezember 1871. S. 1. 402 Ebd. S. 1. 403 Vgl. ebd. S. 1. 404 Ebd. S. 1. 405 Ebd. S. 2.

– 77 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

Fazit

Betty Paoli nimmt als Journalistin in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Sonder- stellung ein. Wie sich im Laufe dieser Arbeit gezeigt hat, war Paoli nicht nur die erste Frau, die in Österreich regelmäßig Beiträge, die über rein schriftstellerische Arbeiten hinausgehen, publiziert hat, sie hat auch wesentlich öfter und in einer wesentlich größeren thematischen Bandbreite veröffentlicht. Ihre Leistung ist vor allem vor dem gesellschaftlichen Hintergrund ihrer Zeit eine beachtliche. Denn das Thema Erwerbstätigkeit von Frauen war alles andere als unumstritten, auch im Journalismus:

Noch am Ende des neunzehnten Jahrhunderts war die Diskussion darüber, ob Frauen den Beruf der Journalistin ausüben dürften, noch nicht beendet. Betty Paoli war nicht nur da- mit konfrontiert, dass die Berufsschreiberei neben der Poesie als ehrenrührig, weil dem individuellen Genie nicht entsprechend, empfunden wurde und dass der Stand der Journa- listen geringes Ansehen hatte, sondern auch mit dem Schreib- und Redeverbot für Frauen an öffentlichem Ort. Es gab im 19. Jahrhundert eine klar definierte Auswahl an weiblichen Berufen, wobei der einzig wahre weibliche Beruf jener der Ehefrau und Mutter war; öf- fentliche Wortmeldungen hatten sich im Sinne bürgerlichen Wohlverhaltens tunlichst auf die ‹weibliche Sphäre› zu beschränken.406

Vor diesem Hintergrund war es für Betty Paoli alles andere als leicht, sich ihren Platz in der männlich dominierten Welt des Journalismus zu erkämpfen. Nichtsdestotrotz hat sie sich durch ihr Talent, aber vor allem auch ihre Beharrlichkeit eine besondere Stellung erworben, die es ihr ermöglichte, vielen der ihr am Herzen liegenden Themen, insbesondere der Frau- enerwerbsfrage, Gehör zu verschaffen. Der Vergleich mit anderen zeitgenössischen Texten hat gezeigt, dass sich Paoli in ihren Feuilletons oft am Diskurs der Zeit orientiert hat. Jedoch war sie stets bemüht, die Publikation in Zeitungen auch zur Darstellung ihrer eigenen Ideen zu nützen. Trotz der zahlreichen Beiträge, die Betty Paoli im Laufe ihres Lebens in Zeitschrif- ten veröffentlicht hat, erging es ihr jedoch wie allen anderen Frauen, die in der zweiten Jahr- hunderthälfte journalistisch tätig waren: Ihre Arbeit für Zeitungen und Zeitschriften fand über viele Jahre keine Beachtung in der Forschungsliteratur. Erst seit einigen Jahren beginnt sich eine Trendwende abzuzeichnen.

406 Wozonig: Betty Paoli, Journalistin. S. 74.

– 78 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

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– 89 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

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Bildquelle Österreichische Nationalbibliothek/Bildarchiv PORT_00000925_01.

– 90 – Masterarbeit Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

Abstract

Der österreichische Journalismus im 19. Jahrhundert ist ein Bereich, der – auf den ersten Blick – von Männern dominiert zu sein scheint. Erst ein zweiter Blick offenbart, was von der For- schung lange übergangen worden ist: dass auch Frauen in der zweiten Jahrhunderthälfte zu- nehmend Anteil am Journalismus hatten. Eine Frau, die dabei besonders hervortritt, ist Betty Paoli, eigentlich Elisabeth Barbara Glück. Nach ihren ersten Erfolgen als Lyrikerin tritt sie zu einer Zeit, in der das weibliche Geschlecht in der Öffentlichkeit kaum ein Recht hat, sich zu äußern, zunehmend als Verfasserin von Kunstkritiken und Feuilletons in Erscheinung. Die vorliegende Masterarbeit beschäftigt sich mit den Fragen, wie sich eine Autorin in der männ- lich geprägten, österreichischen Zeitungswelt durchsetzen konnte und wodurch sich Betty Paoli von anderen publizistisch tätigen Frauen ihrer Zeit abhebt. In dieser Masterarbeit wird daher gezeigt, vor welchem gesellschaftlichen Hintergrund Betty Paoli zu schreiben begann und, mit welchen Hindernissen sie konfrontiert war. Dabei wird ein Blick auf die allgemeine Situation von Frauen, besonders bürgerlichen Frauen, in der zweiten Jahrhunderthälfte gewor- fen, insbesondere auf die Frauenerwerbsfrage, mit der sich Paoli in ihren Feuilletons mehrfach beschäftigt hat und die ihr ein wichtiges Anliegen war. Im Allgemeinen Teil wird auch ge- zeigt, dass Betty Paoli, wenngleich die nach heutigem Kenntnisstand erste regelmäßig in Zei- tungen publizierende Frau, nicht die Einzige war, die sich im Laufe dieser Jahrhunderthälfte zunehmend in Zeitungen und Zeitschriften äußerte. Dabei wird ein Überblick über jene Frau- en gegeben, die in der Forschungsliteratur Erwähnung finden, aus welchen Verhältnissen sie stammten, zu welchen Themen und in welchen Medien sie publizierten. Das zweite Kapitel der vorliegenden Arbeit beschäftigt sich verstärkt mit Betty Paolis journalistischem Schaffen. Es liefert einen Überblick über die Themenbereiche, mit denen sich Paoli im Laufe ihres Lebens beschäftigt hat, beleuchtet ihre Motivation für das Schreiben und zeigt Entwicklungen auf. Abschließend werden im dritten Kapitel drei ihrer Feuilletons anhand eines Vergleiches mit verschiedenen zeitgenössischen Zeitungstexten näher betrachtet.

Austrian Journalism in the 19th century is a field that – at first sight – seems to be completely domi- nated by men. A second glance shows though, what research has overlooked for years: More and more women started to take part in Austrian Journalism at the second half of the century. Especially one woman is to be named: Betty Paoli, born as Elisabeth Barbara Glück. After her first success as a -poe tress, Paoli appears increasingly as a writer of art criticisms and features during a time where women were hardly allowed to express their own opinion in public. This Master thesis pursues the questions, how a female writer can prevail against the male shaped Austrian newspaper world and how Betty Paoli differs from other coeval female writers of newspaper articles. The first part of this master thesis shows in front of which social background Betty Paoli started to write and with which obstacles she had to deal. For this purpose the thesis shows the general situation of women at the second half of the 19th century, especially those with a bourgeois background. A specific look is thrown at the “question of women working rights” (Frauenerwerbsfrage), an issue important to Betty Paoli and discussed in her features multiple times. At the general part of this master thesis it is also shown that, even if Paoli was one of the first and most frequent female writers of newspaper articles, there has been a multitude of other women publishing there work in newspapers or journals at the second part of the century. This master thesis is going to give an overview on which women’s names are still known, which issues they wrote about and in which newspapers they published. The second chapter of this master thesis takes a closer look on Betty Paoli’s journalistic work. It gives an overview on the topics which Paoli wrote ab- out, illuminates her motivations for writing and shows developments. Finally the third chapter is com- paring three of Paoli’s features with contemporary articles on the same issues.

– 91 – MASTERARBEIT Publizistisch tätige Frauen zwischen 1848 und der Jahrhundertwende am Beispiel von Betty Paoli

Eidesstattliche Erklärung

Ich erkläre hiermit eidesstattlich [durch meine eigenhändige Unterschrift], dass ich die vorliegen­ de Arbeit selbstständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel verwendet habe. Alle Stellen, die wörtlich oder inhaltlich den angegebenen Quellen entnommen wurden, sind als solche kenntlich gemacht. Die vorliegende Arbeit wurde bisher in gleicher oder

ähnlicher Form noch nicht als Bachelor-/ Master-/ Diplomarbeit/ Dissertation eingereicht.

Salzburg, 7. November 2018 t/?L AJ Rothenbuchner Alexandra

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