Auf der Altstraße Hallstadt – Erfurt zur Urpfarrei Altenbanz

Bernhard Christoph

Das linienhafte Geländedenkmal

Ein Geländedenkmal quert auf zirka fünf Kilometern Länge das nördliche Stadtgebiet von , den so genannten Banzgau. Die Altstraße Hallstadt - Erfurt nutzt hier das westliche Vorland der Banzberge, um möglichst abseits der ehemals wesentlich feuchteren Niederungen von Itz und (vgl. Grebe 1980, Seite195) den Weg von Süden nach Norden zu finden (Abb. 1). Dabei dürfen wir Hallstadt und Erfurt nicht als Anfangs- und Endpunkt der alten Verbindung ansehen. Vielmehr ist dies nur ein Abschnitt einer Süd-Nord-Achse, deren Beginn am Mittelmeer und deren Ende an Nord- und Ostsee zu suchen sind. Schon in vorgeschichtlicher Zeit fanden Handelsgüter wie der Bernstein den Weg von der Nordseeküste in den Mittelmeerraum. Unsere Region wurde hierbei in direkter Linie durchquert (vgl. Rickhoff 1990, Seite 67, Abb. 31). Einge- bürgert hat sich die Altstraßenbezeichnung Hallstadt - Erfurt, weil beide Orte in historischen Urkunden diesbezüglich erwähnt werden (vgl. Fastnacht 2007, Seite 55).

Altstraßen an sich Anders als die Römerstraßen ist unsere Straße kein Baudenkmal, sie wurde niemals gebaut. Allenfalls dürfen wir an bestimmten Stellen Hilfs- einrichtungen wie Knüppeldämme in feuchten Tallagen vermuten, die heute längst überdeckt sind (Küster 1995, Seite 205ff). Wenn sich auf weiten Teilen der alten Trasse inzwischen befes- tigte Wege befinden, so sind diese Befestigungen erst lange nach dem Verlust der ursprünglichen Bedeutung entstanden, den weitgehend alle Alt- straßen in Folge der Verlagerungen der Verkehrs- ströme in die Tallagen hinnehmen mussten (vgl. Sage 1986, Seite 178). Gemeinsames Merkmal unserer Verbindung von Hallstadt nach Erfurt mit den anderen entsprechend alten und wichtigen

Abb.1 Bereits in den 1970er Jahren hat Klaus Schwarz die frühen Fernwege in unserer Region dargestellt. Auf seiner Zeichnung ist sehr gut zu erkennen, wie die Altstraße Hallstadt-Erfurt auf dem Höhenrücken zwischen Itz und Main, die Banzberge tangierend, verläuft (aus Schwarz 1975, Beilage 41, Auszug).

137 Fernverbindungen ist deren Entstehung durch die Nutzung geeigneter Geländeverhältnisse. Dabei kam es zum einen darauf an, gute Untergrundbedingungen für das Fuhrwerk vorzufinden und zum anderen, die Ziele auf dem möglichst kürzestem Weg zu erreichen. Den Erhalt der dadurch herausgebildeten Trassen, die oft viele Spuren parallel zueinander erzeug- ten, verdanken wir der späteren Grenzziehung und Aufteilung der Grundflächen. Hierbei wurden damals bestehende Wege natürlich freigelassen und verblieben im Besitz des Landesherrn. Nach dem Ende des Alten Reiches übernahmen sie die Gemeinden zur Flächenerschließung, sofern nicht bereits ein abschnittsweiser Ausbau mit Eingliederung im bestehenden Wege- und Straßennetz erfolgt war. Da sich die wesentlichen Verkehrsströme später in Talnähe verlagert hatten, wurden lediglich die für das nun aktuelle System geeignet erscheinenden Abschnitte dieser alten Verbindungen in die neuzeitliche Ausbauphase der Verkehrswege integriert. Die restlichen Trassenverläufe sind meist nur noch als untergeordnete Flurwege zu erkennen, sofern sie nicht vollständig verschwunden sind. Ein schönes Beispiel für den abschnitthaften, neuzeitlichen Ausbau einer alten Fernverbindung in nun untergeordneter Funktion ist die Kreisstraße LIF 2 zwischen Neubanz und Kösten. Zu weiten Teilen ist diese Straße direkter Nachfolger der alten Verbindung aus dem Raum Frankfurt am Main ins Prager Becken (vgl. Schwarz 1975, Abbildung 48 und Beilage 41 sowie Bayerisches Landesvermessungsamt 5831 und 5832, jeweils Ausgabe 2004). Das Freibleiben der Altstraßentrassen bei der Grenzziehung und der Aufteilung der Grundflächen ist ein deutlicher Hinweis auf das hohe Alter dieser Verbindungen. Sie sind wohl meist lange vor der Aufsiedlung vieler Landesteile schon vorhanden gewesen. Die neu hinzukommenden Gren- zstrukturen haben sich offensichtlich an den bereits existierenden Verkehrsstrukturen orientiert. Viele Flur-, Gemeinde-, Kreis- und Landesgrenzen sind heute noch mit Altstraßen in Verbindung zu bringen, indem sie auf weiten Strecken parallel verlaufen und somit die Straße gleichzeitig Grenze ist. Daneben haben die frühen Fernverbindungen sicher die Entstehung vieler Orte ge- fördert, da für die Bewohner mit Dienstleistungen an den Handelsleuten neben der Landwirtschaft ein weiteres Standbein zur Existenzsicherung gegeben war.

Abb. 2 In der Winterlandschaft gut erkennbar: Die durch Bewuchs gesäumte Altstraße kommt von Herreth (am oberen Bildrand in der Mitte) und biegt über den Dächern von Stadel in den Ort ein (Foto: Verfasser).

138 Der Verlauf der Straße im Stadtgebiet von Bad Staffelstein Bei Stadel 600 Meter nordöstlich der Herrether Kirche tritt die Altstraße Hallstadt Erfurt auf der Ortsverbindung zwischen Herreth und Stadel vom Landkreis Coburg in den Landkreis , und damit in das Stadtgebiet von Bad Staffelstein ein (vgl. Bayerisches Landesvermessungsamt 5831, Ausgabe 2004). Die Trasse ist hier durch die befestigte Ortsverbindung erhalten und gesichert (Abb. 2). Sie nutzt dann elegant den Sattel zwischen den beiden Hochpunkten des Herrether Berges, der Höhe 387,9 und der Höhe 376,3 in der Flur Eckstall. Dem nördlichen Ausläufer der Flur Eckstall folgend, führt die Altstraße nach Stadel in das Tal des gleichnamigen Baches (Abb. 3). Am Ortsrand ist die ursprüngliche Eintiefung der ehemals unbefestigten Straße in Form der Hohlgasse noch sehr schön erkennbar. Dem Straßennamen Unter den Linden ist kein Hinweis auf diesen in der Vergangenheit so wichtigen Fernweg zu entnehmen. Dafür wurde die durch die lange Nutzung entstandene Eintiefung des Wegs in der Mitte des 19. Jahrhunderts für die Anlage von Erdkellern genutzt, wie dies auch andernorts an Altstraßen sehr häufig geschehen ist. An der heute gefassten Quelle des Stadelbachs wird so mancher Fuhrmann seinen Durst gelöscht haben, war hier doch feuchter Grund mit entsprechenden Erschwernissen für Mensch und Tier zu überwinden.

Abb. 4 (oben) Zwischen Stadel und Altenbanz liegt diese Wegekapelle an der Altstraße (Foto: Verfasser).

Abb. 5 (unten) Die Muttergottes mit dem Kind (Foto: Verfasser).

Abb. 3 Die Altstraße von Herreth kommend taucht in das Stadelbachtal ab, dahinter liegt der Höhenzug der Banzberge, rechts die Kuppe der Steglitz, links außen der Kulch (Foto: Verfasser).

Um die Erschwernis kurz zu halten, nimmt der alte Handelsweg in Stadel sofort Kurs auf die Höhe direkt westlich der Steglitz. Er nutzt dafür die natürliche Erosionsrinne am östlichen Ortsrand. Die zugehörige Straßenbezeichnung lautet heute Steglitz. Nach kurzem Aufstieg in östliche Richtung biegt unsere Trasse in Rich- tung Norden um. Sie verläuft hier auf der befe- stigten Flurstraße nach Altenbanz. Etwas seit- wärts, im nur 300 Meter entfernten Waldgebiet Scheidecken, befindet sich ein eisenzeitliches Gräberfeld (vgl. Abels 1991/1992, Seite 19f).

139 An der Steglitz Ob in erster Linie der herausragende Kegel der Steglitz oder die Nähe zum Kloster Banz den Meranierherzog Otto VIII, zum Bau seiner Burg bewegt haben, wissen wir nicht. Einen Schaden Abb. 6 dürfte der adelige Herr aber in der nur 800 Meter Eine einsame Wanderin hat auf der Altstraße die Wegka- westlich vorbei führenden Straße von Hallstadt pelle passiert und strebt der Linde, einem sogenannten nach Erfurt sicher nicht gesehen haben, hätte er Zielbaum (im Hintergrund leicht rechts von der Bildmitte), diese mit der Burg auf der Steglitz doch sehr gut oberhalb von Altenbanz entgegen. Rechts darüber befindet sich die bewaldete Höhe des Kulch (Foto: Verfasser). kontrollieren können.

Bei Altenbanz Auf halber Entfernung zwischen Stadel und Al- tenbanz finden wir direkt neben unserer Straße eine schöne Wegkapelle (Abb. 4). Die Kapelle dürfte im 19. Jahrhundert errichtet worden sein, beinhaltet aber eine Muttergottes mit Kind (Abb. 5), die wohl ins 18. Jahrhundert datiert (Lippert 1968, Seite 218). Als ein Merkmal des alten Handelsweges (Küster 1995, Seite 210) steht die Kapelle am Weinberg genannten westlichen Ausläufer der Steglitz (Abb. 6). Gut 300 Meter danach biegt der befestigte Weg nach Nordosten um und umgeht die Höhe 352. Ursprünglich hat sich die Altstraße in direkter Abb. 7 Flucht fortgesetzt und mündete beim Wegkreuz Am Beginn der nach Altenbanz hinab führenden Hohlgasse am Nordhang der Höhe 352 in die heute noch steht diese Linde, unser Zielbaum (Foto: Verfasser). vorhandene Hohlgasse ein (Abb. 7). Rund 300 Meter der Altstraße wurden aber in den 1960er Jahren der Flurbereinigung zugun- sten vergrößerter Arbeitseinheiten geopfert, sicher ohne Kenntnis der historischen Bedeutung. Sowohl an den Bewuchsmerkmalen als auch in der Brache ist bei günstiger Witterung der alte Trassenverlauf im Feld noch erkennbar (Abb. 8), ebenso im Luftbild. Nach dem Gang über das

140 Abb. 8 Kurz vor Altenbanz wurde die Altstraßentrasse durch die Flurbereinigung auf einer Länge von rund 300 Metern beseitigt. Im Feld in der Bildmitte ist sie jedoch noch erkennbar, und zwar an der leicht diagonal durchlaufenden hellen Linie. In der Verlängerung rechts davon befindet sich die Linde oberhalb von Altenbanz (Foto: Verfasser). unbestellte Feld erreichen wir die Hohlgasse und haben wenige Schritte weiter einen schönen Blick auf Altenbanz mit seiner Kirche (Abb. 9). Hier liegt das frühe Zentrum der Region.

Abb. 9 Der Blick auf Altenbanz, wie er sich den fahrenden Händlern schon vor mehr als eintausend Jahren auf ihrem Weg nach Erfurt bot. Damals gab es jedoch nur einen steinernen Bau, die sich über dem eigentlichen Ort erhebende Kirche (Foto: Verfasser).

141 Abb. 10 Der Weiher von Altenbanz liegt unmittelbar neben unserer alten Verbindung von Hallstadt nach Erfurt. Er kann der Rest einer Niederungsburg sein, auf die einschlägige Flurnamen aus diesem Bereich hinweisen (Foto: Verfasser).

Die Hohlgasse mit Blick auf den Ort endet kurz vor der Überquerung des Katzenbachs, die heute trockenen Fußes gelingt. Natürlich wissen wir nicht, wie dies früher vonstatten ging. Bekannt sind jedoch an vergleichbaren Feuchtstellen Querungshilfen in Form von Bohlen- und Knüppelwegen, die teilweise bis zurück in die Steinzeit reichen und bis 6600 Jahre alt sein können (Fansa 2003, Seite 26ff). Jüngst ist bei Kanalarbeiten in der Dominikanerstraße in Bamberg ein Bohlenweg frei gelegt worden. Die hierfür verwendeten Eichen sind um das Jahr 1099 gefällt worden (Frän- kischer Tag 2010). Noch ein wesentliches Element von Altstraßen kann in Altenbanz eine Rolle gespielt haben. Fluss- und Talübergänge wurden häufig von Burgen überwacht (Küster 1996, Seite 208). Flurnamen im Bereich der Bachquerung weisen auf eine Befestigung hin (Fastnacht 2007, Seite 29). Bezeichnungen wie am Burganger und der Burgseeacker in der Flur Bühl lassen auf eine abgegangene Niederungsburg schließen, wie wir sie zum Beispiel in Gemünda (Lippert 1968, Seite 115) oder bei Schönbrunn (Motschmann 1997, Seite 17ff) als Bodendenkmäler noch sehen können. Der südlich von Altenbanz gelegene Weiher (Abb. 10) bestand schon zu Zeiten der vermessungstech- nischen Uraufnahme des Geländes im Jahre 1855 (vgl. Bayerisches Landesvermessungsamt 1855) und kann als letzter Überrest der ehemaligen Was- serburg (Abb. 11) betrachtet werden, sofern uns die Flurnamen keinen Streich spielen. Burgen dieser Art sind zeitlich im Hochmittelalter einzuordnen (vgl. Burger-Segl 2006, Seite 30ff).

Abb. 11 So ähnlich könnte eine mögliche Burg im Weiher von Altenbanz ausgesehen haben. Die dargestellte Anlage ist eine Rekon- struktion der vollständig aus Holz errichteten Niederungsburg Haus Meer aus dem 11. Jahrhundert, in einem Altrheinarm bei Büderich gelegen (aus Scholkmann 2009, Seite 47). Wenn auch nicht ausschließlich, so wurden Holzkonstruktionen in manchen Fällen bis ins Spätmittelalter angewendet. Mit der Holzbauweise wäre das vollständige Verschwinden einer solchen Anlage bei Altenbanz zu erklären, da deren Bestandteile nach Aufgabe der Nutzung sich in natürlicher Weise auflösen und das Gelände in der Folge durch auftretende Hochwässer mit Schlamm überdeckt wird. Nach der geologischen Karte hat die Talfüllung, also der direkte Feuchtbereich, südlich von Altenbanz eine Breite von rund 100 Metern (vgl. Bayerisches Geolo- gisches Landesamt 5831, 1970). Dies wäre für eine entsprechende Niederungsburg völlig ausreichend gewesen. Erhalten bleiben in solch einem Fall letztlich nur weitergenutzte Bereiche, wie z. B. ein Teil des ehemaligen Burggrabens, der noch als Fisch- und Löschweiher dienen kann.

142 Abb. 13 Der Ausschnitt aus einer vom Verfasser erstellten Karte (Christoph 2004, Seite 132) mit rekonstruierten Altstraßen- trassen zeigt die zentrale Lage von Altenbanz innerhalb des frühen Straßennetzes. Straßen, die nachweislich mindestens dem Frühmittelalter entstammen sind in brauner Farbe dargestellt. In Grün sind die mindestens mittelalterlichen Trassen gezeichnet. Die verschiedenfarbigen Dreiecke markieren die Stan- dorte von Befestigungsanlagen aus unterschiedlichen Zeithorizonten. Abb. 12 Südlich von Herreth verläuft die Alttrasse Frankfurt-Prag von Auf dem Urkatasterplan von Altenbanz (Bayerisches Landesver- West nach Ost. Der darüber befindliche horizontale Strich messungsamt 1855) aus dem Jahre 1855 ist die Altstraße Hall- ist die Luftlinienverbindung dieser beiden Orte. stadt Erfurt noch gut im Ortsbild zu erkennen. Von Süd (im Plan Annähernd von Süden nach Norden ist die Verbindung Hall- unten) nach Nord durchquert sie das Dorf. Im Ortskern, dort wo stadt-Erfurt erkennbar. Die zugehörige Luftlinienverbindung das Gelände ansteigt, finden wir die Aufteilung in zwei parallele ist ebenfalls enthalten. Äste, möglicherweise der Rest eines Wegefächers. Südlich der Ortschaft, unmittelbar neben der Altstraße, befindet sich der Dorfweiher, eventuell das Überbleibsel eines Burg- grabens.

Nach dem Bach erreichen wir am Stadeler Weg die moderne Bebauung von Altenbanz. Unsere Altstraße führt in zwei Ästen durch den Ort, einmal über die Laurentiusstraße und als andere Vari- ante durch den Weg Am Gässla (Abb. 12). Man mag an einen alten Wegefächer, den Rest eines ehemaligen Wegebündels denken, bei dem mehrere Wegetrassen an Hängen parallel entstanden sind (Küster 1996, Seite 206). Somit wäre die Straße älter als der Ort, dessen Straßenbild sich dann an den vor der Gründung vorhandenen Gegebenheiten orientiert hätte. Zwischen dem frühen fränkischen Königshof Hallstadt und dem südlich anschließenden Königshof Forchheim (Burger-Segl 2006, Seite 22) liegen 26 Kilometer. Beide Orte dürfen als Übernach- tungsstation an der Altstraße gelten. Übertragen wir diesen Ansatz von Hallstadt nach Norden, so ergibt sich für das in 25 Kilometer Luftlinie entfernte Altenbanz der wahrscheinlich nächste Übernachtungsort auf dem Weg nach Erfurt. Der Blick auf die topografische Karte ergänzt die historische Verkehrskomponente für Altenbanz dahingehend, dass die alten und direkten Verbindungen zwischen Sesslach und Isling bzw. ebenso über Altenbanz führen, wir es demnach mit einem frühen Verkehrsknoten zu tun haben, von dem heute wenig zu spüren ist (Abb. 13). Die beiden Äste der Altstraße Hallstadt Erfurt im Ortsbild von Altenbanz, Am Gässla und Lau- rentiusstraße, vereinigen sich nach Überwindung des Anstiegs kurz vor der Kirche. Immer noch befinden sich dort zwei Gasthöfe, direkt im Kreuzungsbereich mit der Verbindung zwischen Sess- lach und Isling in Richtung Weismain.

143 Nach der Ortsgrenze zieht die Altstraße sanft bergwärts auf der Ortsverbindungsstraße in Rich- tung Zilgendorf weiter. Wie alte Karten belegen (vgl. Bayerisches Landesvermessungsamt 5831, Ausgabe 1958), zweigte noch vor gut 50 Jahren auf Höhe des Weilers Voreichen die Verbindung nach Tiefenroth im spitzen Winkel ab, gleichzeitig unsere alte Fernstraße Hallstadt-Erfurt. Der Abzweig wurde erst im 20. Jahrhundert 400 Meter weiter bergwärts verlegt, um aus Gründen der Sicherheit des motorisierten Verkehrs und zur Bereinigung der Flur senkrecht auf die heutige Straße zu münden. Damit ist wieder knapp ein halber Kilometer Altstraße unter Ackerflächen verschwunden.

Am Kulch Auf der Linie der geschotterten Ortsverbin- dungsstraße führt nun die Trasse über 1300 Meter Länge weiter Richtung Nordosten. Sie verläuft ziemlich gleichbleibend auf der Höhen- linie 360 Meter über Normalnull und annähernd mittig zwischen Zilgendorf und dem Kulch, dem nördlichsten und mit 483 Metern über Meeresniveau höchsten Banzberg, hindurch. Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang die auf langer Strecke gegebene Über- schaubarkeit der Straße von dem ehemals stark befestigten Berg aus (Abb. 14) (vgl. Abels 1986, Seite 182f). 600 Meter nördlich des Kulch er- reicht unsere Altstraße die Stadtgebietsgrenze (Abb. 15). Sie hat kurz vorher noch die nach Osten umbiegende Ortsverbindungsstraße ver- lassen und ist, die Waldabteilung Lichtenholz tangierend in einen nach Nordosten gerichteten Wiesenweg eingebogen (Abb. 16). Auf 400 Me- tern Länge sind nun Wiesenweg, Stadtgrenze und Altstraßentrasse identisch, bevor letztere sich nach Osten wendet. Über die Höhe 396 und dem Röderberg hat die Altstraße Hallstadt Erfurt auf noch vorhandenen Feld- und Waldwe- gen mit der Ortsflur von schon das Gebiet der Kreisstadt Lichtenfels erreicht (vgl. Bayerisches Landesvermessungsamt 5831, Ausgabe 2004).

Abb. 14 Der Kulch trägt eine Befestigungsanlage mit Vorburg wie sie das Bild aus dem Archäologischen Führer Oberfranken zeigt (aus Abels 1986, Seite 182). Vom Verfasser wurde die Darstellung farbig ergänzt, um die Anlage leichter verstehen zu können. Verstürzte Holzerdemauern sind in Rot nachgezeichnet, vorgelagerte Gräben in Blau (es waren allerdings keine Wassergräben). Störungen durch Steinbrüche sind in Grün hervorgehoben. Der zu vermutende Mauerverlauf im Bereich der Steinbrüche wurde gestrichelt. Eine Toranlage ist vor Ort nicht mehr feststellbar. Das Tor zur Hauptburg lag wahrscheinlich im Westen und wurde wohl durch Steinbrucharbeiten zerstört. Dr. Abels nimmt an, dass die Burg in ottonischer Zeit, also im 10. Jahrhundert, errichtet wurde.

Tatort Gräberfeld, der vorgeschichtliche Friedhof am Fuß der Steglitz Im Waldgebiet Scheidecken, zirka 600 Meter ostsüdöstlich der Ortsmitte von Stadel und 500 Meter südwestlich der Bergspitze der Steglitz, befindet sich ein Grabhügelfeld, das bereits im 19. Jahrhundert unsachgemäß ergraben wurde (Abb. 17). Ende der 1980er Jahre fand dort ein Sondengänger einen Knotenring aus frühkeltischer Zeit und

144 Abb. 15 Vor dem nördlichsten Banzberg lässt sich die Altstraße zwischen Stadel und Altenbanz gut durch die in der Böschung verbliebenen Schneereste erkennen. In der Bildmitte leicht links ist wieder der Zielbaum von Altenbanz zu sehen (Foto: Verfasser).

Abb. 16 Auf einem einfachen Wiesenweg verläuft heute die Altstraße in Richtung der Waldabteilung Lichtenholz und zeigt damit ihre verloren gegangene Be- deutung. Allerdings ist der unscheinbare Weg immer noch Grenze zwisch- en den Städten Bad Staffelstein und Lichtenfels (Foto: Verfasser).

145 Abb. 17 Vor der imposanten Kuppe der Steglitz (hier in der Ansicht von Westen) liegt im Wald in der rechten Bildhälfte der vorge- schichtliche Friedhof (Foto: Verfasser).

einen eisernen Koppelring. Beide Funde sind mit hoher Sicherheit Grabbeigaben und lagen am Fuße eines Grabhügels. Daraufhin wurde selbiger Hügel vom Bayerischen Landesamt für Denk- malpflege, Außenstelle Seehof, zu Beginn der 90er Jahre untersucht. Es gelang den Archäologen Reste des Scheiterhaufens, auf dem der Tote verbrannt wurde, unter der Grablege nachzuweisen. 16 Gefäße waren in die über der Stelle des Totenfeuers angelegte hölzerne Grabkammer ein- gestellt, alle aus der Stufe Hallstatt D, also um 550 v. Chr.. Hierunter befanden sich Schöpfbecher und Trinkschalen. In drei Gefäßen war Leichenbrand des Beerdigten deponiert. Dies sind die aus dem Scheiterhaufen herausgelesenen menschlichen Überreste der Verbrennung. Ein Gefäß ent- hielt Tierknochen, wohl die Überreste von Speisebeigaben für die Reise in ein anderes Leben. Zwei Eisenmesser konnten im Bereich der ehemaligen Grabkammer gefunden werden und außerdem weitere Tierknochen. Die Grabkammer befand sich unter einem mit fünf Metern Durchmesser eher kleinen Erdhügel, der mit Steinplatten abgedeckt war. Wie die Ausgräber weiter feststellen konnten, wurde in diesem Grabhügel wenige Jahre nach dem ersten ein weiteres Grab eingetieft und neu überdeckt, so dass sich der Hügel auf zehn Meter Durchmesser vergrößerte. Diesmal war es keine Brandbestattung. Aufgrund der Skelettfunde muss es sich bei der neuen Grablege um eine so genannte Doppelbestattung, bei der zwei Personen gleichzeitig beerdigt wurden, gehandelt haben. Die an dem Grabhügel verursachten Störungen durch antike Grabräuber sowie Beschädigungen aus der jüngeren Vergangenheit haben es den Archäologen unmöglich gemacht, die Befunde sauber zu ermitteln. Vor allem die Beigaben sind den Beerdigten nicht mehr eindeutig zuzuordnen. Erschwert wurde die Klärung des Sachverhalts auch durch noch später in den Grabhügel eingebrachte so genannte Nachbestattungen. Von den Nachbestattun- gen konnten drei Individuen anhand von Skelettresten festgestellt werden. Diese drei Personen

146 Abb. 18 Abb. 19 Der von Hilmar Tschierske erstellte Lageplan zeigt die Reste der Meranierburg Das 15 cm lange bronzezeitliche Rasier- auf der Steglitz (aus Tschierske 1973/1974, Seite 39). messer von der Steglitz (aus Abels 1989, Seite 72). waren allerdings äußerst ungewöhnlich umgelagert. Die neuzeitlichen Grabräuber warfen sie in den für die Beraubung erforderlichen Schacht, nachdem sie die Beigaben an sich genommen hatten. Ein ähnliches Schicksal erlitt eines der Skelette der vorgenannten Doppelbestattung. Diese Person hatte man nicht sehr lange nach der Beisetzung, also noch in antiker Zeit, wohl zum Zweck der Beraubung auf die Seite gerollt, ebenfalls eine unwürdige Störung der Totenruhe (Abels 1991/1992, Seite 19f). Die wissenschaftliche Ausgrabung nur eines Grabhügels des Gräberfeldes am Fuße der Steglitz beweist den fragwürdigen Umgang mancher Menschen mit ihrer Kultur und ihrer Geschichte, sowohl in antiker als auch in jüngerer Zeit. Moderne Sondengänger pflegen aus Habgier und Abenteuerlust diese unselige Tradition.

Die Kuppe der Steglitz als Forschungsobjekt Der Bergkegel der Steglitz liegt 1150 Meter östlich der Ortsmitte von Stadel und 1500 Meter südsüdöstlich der Kirche von Altenbanz. Die Bergspitze hat eine Höhe von 441 Metern über dem Meeresspiegel und somit ist der durch das Tal des Mühlbachgrabens von den übrigen Banzbergen getrennte Gipfel der niedrigste. Trotzdem ist die Steglitz von drei Himmelsrichtungen aus weithin sichtbar. Lediglich im Osten sind die anderen Banzberge wie eine Wand vor den Kegelberg gestellt. Seine Kuppe wird von der Braunjuraformation des Eisensandsteins, dem Dogger Beta, gebildet (vgl. Bayerisches Geologisches Landesamt 5831, 1970) und sie ist derzeit voll bewaldet. Am Ende der 1230er Jahre ließ Herzog Otto VIII. von Andechs-Meran auf dem Bergkegel eine Burg errichten, deren Fläche ein Areal von 30 mal 70 Metern umfasste (Burger-Segl 2006, Seite 102ff). Mit dem Burgenbau wurden wohl viele Spuren älterer Besiedelung zerstört. Helmar Tschirske aus Lichtenfels (vgl. Lehmann 1991/92, Seite 12f) hat sich von 1969 bis 1971 intensiv mit dem Berg beschäftigt. Neben der Vermessung des ehemaligen Burgplateaus (Abb. 18) sind von ihm im Auftrag des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege eine Serie von Sondagen durchgeführt worden, um Funde für die zeitliche Einordnung menschlicher Aktivitäten auf dem Gipfel zu gewinnen. Parallel dazu hat das Landesamt selbst einen Schnitt durch einen Wall im Südosten des Burgbereiches ausgeführt (Tschierske 1973/1974, Seite 35ff). Die bei diesen Unternehmungen gewonnenen Funde zeigen Siedlungsspuren der Jungsteinzeit,

147 der Spätbronzezeit, des Frühmittelalters und erwartungsgemäß des Hochmittelalters. Ebenso waren noch Relikte des Spätmittelalters und sehr viele Keramikfragmente aus der Zeit zwischen 1700 und 1750 zu finden. Damit ist aber der Fundreigen noch nicht abgeschlossen. Ende der 1980er Jahre wurde auf dem Berg ein Gürtelbeschlag aus vergoldetem Kupfer mit Emailleeinlage gefunden, der ins 9. Jahr- hundert datiert wird (Abels 1989/1990, Seite 24). Als bisher wertvollster und schönster Fund ist jedoch ein vollständig erhaltenes Rasiermesser (Abb. 19) aus der mittleren Bronzezeit mit einer Länge von 15 Zentimetern anzusehen. Das 1989 gefundene Stück wird von Dr. B.-U. Abels, damals Leiter der Außenstelle Schloss Seehof des Landesamtes für Denkmalpflege, in das 15. Jahrhundert v. Chr. datiert und ist mit 3500 Jahren das älteste in Oberfranken bisher bekannt gewordene Rasiermesser. Der Archäologe betrachtet das Objekt als Weihgabe an eine Gottheit (Abels 1989, Seite 72f). Dies würde die Steglitz zumindest für die mittlere Bronzezeit zu einem Ort kultischer Handlungen erheben, vergleichbar anderen Naturdenkmälern wie Felstürmen, Höhlen oder Quellen. In diesem Zusammenhang darf auf die noch nicht vollständig ausgewertete Ausgrabung am Hohlen Stein (Abb. 20) bei Schwabthal hingewiesen werden. Wegen der Fundumstände wird an dem Felsblock auf einen solchen Ort geschlossen (Seregely/Link 2008, Seite 15ff). Zusammenfassend lässt sich für die Steglitz bemerken: Eine wissenschaftliche Ausgrabung auf dem Berggipfel kann Antworten geben auf die Frage der Besiedlung in der Jungsteinzeit, in der Bronzezeit und in der Urnenfelderzeit. Sie kann klären, ob der Gipfel zu bestimmten Zeiten ein Opferplatz gewesen ist. Weiterhin könnte festgestellt werden, ob dem hochmittelalterlichen Bur- genbau des Meranierherzogs eine ältere Befestigung, z. B. im Frühmittelalter, vorausgegangen ist. Der wertvolle Gürtelbeschlag aus dem 9. Jahrhundert ließe sich damit erklären. Wir könnten mehr über die Bauweise und den Grundriss der Meranierburg erfahren. Letztlich wäre sicher auch zu ermitteln, warum bei den Funden aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine starke Häufung von Keramiken auf der Steglitz auftritt.

Altenbanz im Frühmittelalter Wollte man dem vorstehenden Thema gerecht werden, so wären Bilder und umfassende Berichte aus der Zeit des 5. bis 10. Jahrhunderts erforderlich. Da wir derlei Dinge nicht besitzen, erlauben nur die überkommenen Strukturen, wenige Urkunden, eine Ausgrabung im Bereich der Kirche und vergleichende Befunde aus anderen Gebieten kleinste Einblicke. Orientierung erhalten wir aus dem Wissen um die geringe Bevölkerungsdichte in unserer Region im Frühmittelalter, deren Ursache in der hohen Kindersterblichkeit von 44% zu finden ist, wie sie bei den Ausgrabungen am Reihengräberfeld von Weismain festgestellt werden konnte (Schwarz 1984, Seite 88). Das Lebensalter erwachsener Männer lag dort zwischen 30 und 50 Jahren (Schwarz 1984, Seite 116). Frauen starben im Frühmittelalter und bekanntlich bis in die Zeiten der modernen Medizin häufig im Kindbett, zwischen der Geschlechtsreife und 30 Jahren (vgl. Pescheck 1993, Seite 43). Altenbanke wird erstmals im 9. Jahrhundert erwähnt, wobei wir von einem Schreibfehler ausgehen müssen und eigentlich Altenbance gemeint war (Fastnacht 2007, Seite 29). Später gab es auch die Bezeichnung Dorfbanz. Banz bedeutet Gau oder Bezirk, ist aber als Begriff dafür bereits seit dem 11. Jahrhundert nicht mehr in Gebrauch (Geldner 1951, Seite 14). Anders als viele Orte am Obermain liegt Altenbanz nicht um den Bach, sondern am Südhang knapp oberhalb des feuchten Grundes, inmitten fruchtbarer Schwarzerdeböden (vgl. Bayerisches Geologisches Landesamt 5831, 1970 ). Stellen wir uns nun die Ansicht des Ortes vor, die ein Händler am Anfang des 9. Jahrhunderts auf der Altstraße von Hallstadt her kommend von der Anhöhe gegenüber gehabt haben mag:

148 Direkt vor sich die hinab in den feuchten Grund und dann hinauf in das Dorf führende unbefestigte und ausgefahrene Straße. Wohl weniger als zwei Hand voll so genannter Haufenhöfe waren zu sehen. In solchen umzäunten Gehöften fanden sich jeweils das Wohnhaus, der Stall, der Speicher und die Scheune (Küster 1995, S. 180 und Sage 1986, Seite 183f). Den Speicher können wir uns als erhöhten Pfostenbau vorstellen, wie er für das 7. Jahrhundert durch Ausgrabungen nachgewiesen ist (Pescheck 1993, Tafel 87). Wohnhaus und Stall waren meist eine Einheit und wie alle Gebäude mit in den Boden eingelassenen tragenden Holzpfosten ausgestattet (Babucke 2006, Seite 259f).

Auch ein Grubenhaus war jeweils Bestandteil der Hofstellen (Pescheck, wie vor). Dieser Haustyp hatte eine Größe von 8 bis 12 m² und reichte zirka 0,5 bis 1,0 m in den Boden. Nicht vollstän- dig geklärt ist seine Funktion, Vorratshaltung oder handwerklicher Gebrauch kommen dafür in Frage (Eggenstein 2008, S. 118f). Nahe liegend ist die Nutzung als Weberei, da die natürliche Bodenfeuchte das auf den Webstühlen zu verarbeitende Material flexibel hielt (Babucke 2006, Seite 260). Einzig ein Gebäude aus Stein wäre zu sehen, erhöht und am nördlichen Dorfrand stehend, die Kirche (Abb. 21). Den Händler, der erstmals diese Straße befuhr, mag die Steinkirche überrascht haben, kannte er doch von vergleichbaren Orten nur Holzkirchen. Unsere Kenntnis von der Steinkirche in Altenbanz verdanken wir der archäologischen Ausgrabung des Jahres 1970 (Schwarz 1975, Seite 368f). Vier Bauphasen konnten festgestellt werden (Abb. 22), die erste entstand um das Jahr 800, zu Zeiten der Kaiserkrönung Karls des Großen. Sie ist damit die älteste nachgewiesene Steinkirche im Landkreis Lichtenfels. Spuren einer hölzernen Kirche fanden sich in Altenbanz nicht. In Kleinlangheim in Unterfranken wurde noch die zweite Kirche in Holzbauweise errichtet, als in Altenbanz die Steinkirche schon stand (Schwarz 1975, Seite 374f). Selbst in konnten bei den Ausgrabungen des Jahres 1982 keine Reste einer Steinkirche dieses Alters gefunden werden (Abels 1981/1982, Seite 21f). Lediglich in Amlingstadt hätte unser Händler zu Anfang des 9. Jahrhunderts sowohl eine Steinkirche, als auch entsprech- ende dörfliche und topografische Verhältnisse vorgefunden (Schwarz 1975, Seite 361ff). Unsere frühe Steinkirche jedenfalls war Mittelpunkt einer wohl im 9. Jahrhundert gegründeten Würzburger Urpfarrei (Lippert 1968, Seite 19) mit einem Sprengel zwischen Baunach, Itz und Main, der sich auf einer Länge von zirka 30 Kilometern von Süden nach Norden ausdehnte (Abb. 23). Der Pfarrsprengel dieser Urgemeinde hatte damit eine ungewöhnliche Größe. Mit hoher Sicherheit können ihm 43 Wohnplätze, das sind Weiler, Gehöftgruppen oder Ortschaften, zugeordnet werden. Vermutlich waren es aber rund doppelt so viele (Schwarz 1975, Seite 370). Die begrenzten Ausgrabungen des Jahres 1970 in und, in noch kleinerem Umfang, außerhalb der Kirche erbrachten aber einen weiteren wichtigen Befund: Unter den Fundamenten der ältesten Bauphase lagen Gräber (Abb. 24). Alleine die acht auf engem Raum gefundenen Grablegen lieferten den Nachweis: Die Kirche war in einen alten Ortsfriedhof hineingestellt worden (Schwarz 1975, Seite 368). Anhand der Überschneidung von Gräbern konnte für Altenbanz die dichte Bele- gung des Platzes festgestellt werden. Zwei gefundene Eisenmesser ermöglichen die Datierung in die Karolingerzeit.

Kennzeichen karolingisch-ottonischer Friedhöfe ist die unmittelbare Ortsrandlage (Schwarz 1975, Seite 366). Wenn nun, wie in Altenkunstadt, Amlingstadt und Altenbanz nachgewiesen, daraus Ortskirchen entstanden, dann liegen diese Kirchen demzufolge auch nicht in der Ortsmitte. Somit wäre es für den Bereich unseres Landkreises interessant zu erforschen, ob die ebenfalls in Ortsrandlage befindlichen Kirchen von Staffelstein, Uetzing und Isling auch in karolingischen Friedhöfen entstanden sind. Diese Nachweise stehen noch aus, sollten aber bei Baumaßnahmen im Umfeld der Kirchen möglichst geführt werden, immerhin geben sie wichtige Aufschlüsse über den Verlauf der Christianisierung unserer Heimat.

149 Abb. 20 Ausgrabungen am Hohlen Stein in den Jahren 2007 und 2008 sollten das urgeschichtliche Ritualgeschehen an diesem exponierten Platz erforschen (Foto: Verfasser).

Die im Bau befindliche Eisenbahnlinie von nach Erfurt - moderner Nachfolger einer alten Straße Der Verlauf der Altstraße Hallstadt-Erfurt folgt im Wesentlichen der Wasserscheide zwischen Main und Itz, sie ist unverkennbar eine frühe Süd-Nord-Verbindung. Die Bevölkerungszunahme in den Tälern führte über die Zeiten zu einer schrittweisen Verlegung der alten Trassen von den Hochflächen der Mittelgebirge K( üster 1995, Seite 205) in die Talräume. Ein Nachfolger der Alt- straße nach Erfurt ist in unserer Region die heutige Bundesstraße 4 samt aller vorhergehender Ausbaustufen. Mit Hilfe der topografischen Karten der verschiedenen Ausgabejahre kann sehr schön deren Verlagerung von der Höhe herab verfolgt werden. Ein Prozess, der sich über meh- rere Stufen vollzog. Heute befindet sich die Schnellstraße in den Itzauen und ist aufgrund der technischen Möglichkeiten trotzdem hochwasserfrei. Mit der Wiedervereinigung der beiden ehemaligen deutschen Teilstaaten ist nun ein neues Projekt, eine Eisenbahnlinie, in den Fokus gerückt. Bereits durch den Namen erklärt sich die Richtung der im Bau befindlichen Bahnlinie. Das Projekt Deutsche Einheit Nr. 8.1 Nürnberg-Erfurt umfasst 83 Kilometer Ausbaustrecke von Nürnberg nach Ebensfeld und 107 Kilometer Neubaustrecke zwischen Ebensfeld und Erfurt, einschließlich der Querung des Thüringer Waldes (DB ProjektBau 2009). Eisenbahntechnisch erhält die neue Bahnlinie, die in Bayern als Ausbaustrecke zu weiten Teilen parallel der Altstrecken Nürnberg-Bamberg (Streckennummer 5900) und Bamberg-Hof (Nummer 5100) geführt wird, die Streckennummer 5919. Dabei stehen die ersten beiden Ziffern für den Bahnknoten 59, das ist Nürnberg. Die beiden anderen Ziffern sind lediglich eine um- laufende Nummerierung der von diesem Knoten abgehenden Bahnlinien, wie vergleichsweise 5903, Nürnberg Schirnding. Neubaustrecke bedeutet in unserem Fall die Trassierung für eine Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h, zweigleisig und elektrifiziert, sowie mit fester Fahrbahn. Die Gleise sind nicht mehr auf Schwellen im Schotterbett verlegt, sondern in einer massiven Stahlbetonplatte verankert. Entsprechend soll auf dieser Strecke der hochwertige Reise- und Güterverkehr abgewickelt werden, vor allen Dingen werden die schnellen Intercityexpress-Züge (ICE) der Deutschen Bahn

150 Abb. 21 So kann man sich die erste Kirche von Altenbanz vorstellen (aus Winter- gerst 2007, Seite 245). Das Dach ist mit Holzschindeln gedeckt, da bei der Ausgrabung wohl keine Dachziegel gefunden worden sind (Wintergerst 2007, Seite 243). Abb. 22 Der Ausgrabungsbefund von 1969 zeigt die Grundrisse der vier fest- gestellten Kirchenbauten (aus Schwarz 1975, Seite 369).

Abb. 23 Mit der Karte von Klaus Schwarz wird deutlich, wie groß der Einzugs- bereich der Urpfarrei Altenbanz gewesen ist (aus Schwarz 1975, Seite 370).

151 Abb. 24 Die Gräber des karolingischen Friedhofes von Altenbanz, wie sie bei der Ausgrabung erfasst wurden (aus Schwarz 1975, Seite 368). Sie lagen unter den Fundamenten der ersten Kirche. Die roten Symbole markieren die gefundenen Eisenmesser. hierauf fahren. Damit vergleichbar ist die zwischen Nürnberg und Ingolstadt bereits seit 2006 in Betrieb befindlichen 89 Kilometer lange Schnellfahrstrecke 5934, die nach selbigen Regeln erbaut wurde. Von den 34 Kilometern Neubaustrecke Ebensfeld-Erfurt auf bayerischer Seite liegen 10,2 Kilometer im Stadtgebiet von Bad Staffelstein, davon sind 4,9 Kilometer Tunnelstrecke (Abb. 25). Somit liegt fast die Hälfte der Trasse im Gebiet der Adam-Riese-Stadt unter Tage. Zwischen der Kreisstraße LIF 20 und der Ortsverbindungsstraße von Unterneuses nach Niederau sowie unmittelbar neben der bestehenden Bahnlinie Bamberg Hof verlässt die ICE-Trasse beim zukünftigen Bahnkilometer 84,9 das Gebiet der Marktgemeinde Ebensfeld (Abb. 26). Mittels einer 12 Meter langen Eisenbahnbrücke wird die LIF 20 zwischen Wiesen und Unterzettlitz gekreuzt. Ein Damm durchquert die Mainaue, lediglich unterbrochen von der 219 Meter langen Mainbrücke östlich von Wiesen. Der Erdkörper endet mit der 88 Meter langen Flutbrücke bei der Kreisstraße LIF 7, nordöstlich von Wiesen. Bereits 150 Meter weiter beginnt bei Bahnkilometer 87,4 der Tunnel Eierberge mit seinem Südportal. Auf einer Länge von 3756 Metern unterquert die Röhre (Abb. 27) nun nicht, wie man aufgrund des Namens vermuten könnte, die Eierberge, sondern den Sattel zwischen den Eierbergen und den Banzbergen. Die Eierberge werden lediglich tangiert, ohne deren Kammlinie zu berühren. Trotzdem erreicht der Tunnel eine maximale Tiefe von 70 Metern unter Gelände (DB ProjektBau 2010). Östlich von Herreth verläuft das längste Ingenieurbauwerk im Stadtgebiet auf einer Strecke von rund 900 Metern parallel zur Landkreisgrenze und verlässt dabei zweimal für wenige Meter unseren Landkreis. Nordwestlich von Stadel tritt die Bahnlinie bei Kilometer 91,1 wieder ans Tageslicht (Abb. 28), direkt auf dem Gelände der frühneolitischen Siedlung von Püchitz, einem ehemaligen Dorf der ältesten bäuerlichen Kultur Europas (vgl. Abels 1983/1984, Seite 11). Diese linearbandkeramische Siedlung ist an den Seitentälern zwischen Itz und Main nichts einmaliges. Von ehrenamtlichen Mitarbeitern des Landesamtes für Denkmal- pflege wurden hier in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mehrere Plätze mit vergleichbaren Strukturen entdeckt (Abb. 29). Neben Püchitz sind dies die Fundstellen bei Eggenbach, Draisdorf, Gleußen und Zilgendorf (Köcheler 1992, Seite 13). Im Auftrag des Landesamtes wurde das linearbandkeramische Dorf von Püchitz in Teilbereichen ergraben, und zwar dort wo dessen Überreste, das sind die knapp unter der Oberfläche liegenden Erdgruben, Pfostenlöcher und Artefakte, durch den 650 Meter langen Eisenbahneinschnitt im Anschluss an das Nordportal des Tunnels Eierberge zerstört worden wären. Es war flächenmäßig

152 Abb. 27 So wird die Röhre der drei Tunnel im Stadtgebiet von Bad Staffelstein aussehen, wenn diese fertig gestellt sind (aus DB ProjektBau 2010).

Abb. 25 Die neue Bahnlinie Nürnberg-Erfurt im Bereich der Stadt Bad Staffelstein (aus DB ProjektBau 2009, Auszug) mit den Tunneln Eierberge, Kulch und Lichtenholz. Während der Bauzeit gilt eine eigene Kilometrierung, die mit dem Kilometer Null im Bahnhof Ebensfeld beginnt. Mit Abschluss der Baumaßnahmen erfolgt die Änderung in die eigentliche Streckenkilometrierung. Im nebenstehenden Text wurde vom Verfasser die endgültige Kilometrierung gewählt.

Abb. 26 Auf dem Bild ist links die im Bau befindliche neue Bahntrasse kurz nach der Abzweigung von der bestehenden Bahnlinie Bamberg-Hof, rechts am Bildrand, bei Niederau, zu sehen. Im Hintergrund liegen die Banzberge mit der Steglitz (Foto: Verfasser).

153 Abb. 28 Das Bild zeigt das zukünftige Nordportal des Tunnels Eierberge nordwestlich von Stadel im April 2011. In diesem Bereich fanden im Jahre 2010 die archäologischen Untersuchungen zum linearbandkeramischen Dorf statt (Foto: Verfasser).

eine der größten archäologischen Ausgrabungen der vergangenen Jahre in Bayern. Unmittelbar nach dem Einschnitt wird die neue Bahn mittels einer 90 Meter langen Brücke gleich- zeitig über den Stadelbach und die Ortsverbindungsstraße von Stadel nach Püchitz geführt um dann in geringem Abstand und annähernd parallel zur Kreisstraße LIF 1 dem nächsten Tunnel zuzustreben. Ab Kilometer 92,7 und rund 800 Meter westlich der Kirche von Altenbanz verschwin- den zukünftig die ICE-Züge im Südportal (Abb. 30 und 31) des 1331 Meter langen Tunnels Kulch, jedoch nicht ohne vorher die Ortsverbindungsstraße von Püchitz nach Altenbanz nordöstlich der Kapelle zu unterkreuzen. Zirka einen Kilometer westlich des namensgebenden Banzberges befindet sich das Nordportal des Tunnels Kulch. Wie am Tunnel Eierberge, so schließt auch hier ein Einschnitt, diesmal allerdings in doppelter Länge an. Er verläuft in einem Abstand von rund 200 Metern westlich der Altstraße Hallstadt-Erfurt und endet erst am Südportal des Tunnels Lichtenholz bei Bahnkilometer 95,3. Der Einschnitt verbindet somit Tunnel mit Tunnel. Dem die Einwohner von Zilgendorf zukünftig vor Lärm schützenden Erdbauwerk fällt ein Teil der wertvollen Kopfweidenallee zum Opfer, die östlich des Ortes auf 400 Metern Länge eine vom Berg Kulch kommende natürliche Erosionsrinne mit Quelle säumt (Abb. 32). Sieben Prachtexemplare der betroffenen Bäume wurden ausgegraben und am neuen Pfad der Flechtkultur zwischen Lichtenfels und Michelau wieder eingepflanzt (Stadt Lichtenfels 2010, Seiten 9 und 96). Nach nur 200 Metern Tunnelstrecke wird die Stadt- und Landkreisgrenze überschritten, das Nordportal der 931 Meter langen Röhre liegt schon weit im Coburger Land.

154 Zusammenhänge Mit Beginn der bäuerlichen Kultur, zirka 5500 v. Chr., entstehen zwischen Itz und Main eine Rei- he von Dörfern. Die Lage dieser Siedlungen wird zweifelsohne durch topografische Bedingungen bestimmt. Für den Getreideanbau bestens ge- eignete Flugsandböden, auch Lös oder regional Melm genannt, sind hierbei ausschlaggebend. Jedoch liegen alle diese neolithischen Fundplät- ze ebenso in Sichtweite der Altstraße Hallstadt- Erfurt. Wenn auch die Selbstversorgungsquote in der landwirtschaftlich geprägten Lebensweise zu jener Zeit extrem hoch gewesen sein wird, so sind doch manche Güter des alltäglichen Bedarfs von außerhalb, also über den Handel herangeschafft worden. Dies gilt für schleifbares Steinmaterial des Grundgebirges zur Erstellung von Steinbeilen, welches aus dem Fichtelge- birge und dem Frankenwald stammt. Es gilt für Roteisenstein zur Gewinnung von Farbstoffen, für quarzhaltige, harte Sandsteinarten zur Her- stellung von Handmühlen sowie für hochwer- tigen, gut spaltbaren Silex zur Produktion von Messern und Sicheln. Inwieweit hierzu unsere Altstraße, vielleicht nur als Saumpfad, genutzt wurde, wissen wir nicht (Abb. 33). Mit dem steigenden Warenaufkommen in den Metallzeiten treten Rad und Wagen als Trans- portmittel in Erscheinung. Metallerze sind nur an bestimmten Örtlichkeiten vorhanden und mussten transportiert werden, ebenso wie hoch- Abb. 29 wertige Halb- und Fertigprodukte. Die Funde von Siedlungsplätze und Fundpunkte der ersten bäuerlichen der Kuppe der Steglitz und aus dem Gräberfeld Kultur, der sogenannten Linearbandkeramik, zwischen Itz und Main, aufgezeichnet nach der Auswertung der Ortsakten an deren Fuße belegen zumindest die menschli- des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege in Schloss che Anwesenheit zu den Metallzeiten. Ohne die Seehof bei Bamberg. Der Punkt 5 ist die Siedlung bei Stadel Handelsgüter wird jene Bevölkerung aber nicht (Karte: Verfasser). ausgekommen sein. Für vorgeschichtliche Friedhöfe setzt sich immer mehr die Meinung durch, dass neben Straßen beerdigt wurde (vgl. Bakker/Knoche 2003, Seite 22ff), wie dies für die Römer in Süddeutschland bereits nachgewiesen ist (Rasbach/Hüssen 2002, Seite 269ff). Die Nähe des frühkeltischen Gräber- feldes in der Waldabteilung Scheidecken kann als Hinweis auf das hohe Alter unserer Straße gewertet werden, zumal sich die Rahmenbedingungen für Fernverkehrswege seit der Erfindung des Rades bis in das Frühmittelalter nicht wesentlich verändert haben. Mit der Siedlung Altenbanz, deren Altersnachweis durch die Ausgrabungen an der Kirche bereits für das Frühmittelalter gelingt, ist die Altstraße untrennbar verbunden. Über das Alter des Ortes mit karolingischem Ortsfriedhof und um 800 n. Chr. hineingebauter Steinkirche erschließt sich uns das Mindestalter der Straße. Wegen der bereits mehrere Jahrtausende vorangegangenen menschlichen Präsenz sollte ein weit höheres Ausgreifen unseres Fernweges in die Historie offen diskutiert werden (Abb. 34).

155 Auf nur fünf Kilometern Länge durchquert die alte Fernverbindung das Stadtgebiet. Begleitet wird sie dabei aber von vier derzeit bekannten und abgegangenen Burgen aus unterschiedlichen Zeithorizonten. Alleine dieser Umstand lässt die Gewichtung, die der Süd-Nord-Achse in unserer Region ehemals zuteil wurde, erahnen. Nennen wir diese Burgen von Süd nach Nord: 1. Das Klosters Banz erwuchs aus einer hochmittelalterlichen Burg der Schweinfurter Grafen (Hotz 1993, Seite 1). 2. Auf dem Plateau nördlich des Klosters lag die karolingisch-ottonische Mittelpunktsburg (Schwarz 1975, Seite 393). 3. Der Bestand der Meranierburg auf der Steglitz war nur von kurzer Dauer (Burger-Segl 2006, Seite 103). 4. Am Kulch sind heute noch die imposanten Wallreste und Gräben der frühmittelalterlichen Befestigungsanlage zu erkennen (vgl. Abels 1986, Seite 182f). Für eine Vorgängeranlage zur hochmittelalterlichen Befestigung auf der Steglitz gibt es bisher keinen Nachweis. Auch die Flurnamen und der Weiher beweisen für Altenbanz noch keine Nie- derungsburg am südlichen Ortsrand. Kategorisch ausschließen kann man beide Anlagen aber auch nicht, wodurch deren Anzahl beachtlich in die Höhe getrieben werden könnte.

Abb. 30 Das zukünftige Südportal des Tunnels Kulch mit seinem Namensgeber, dem Berg Kulch im Hintergrund (Foto: Verfasser).

156 Abb. 31 Am zukünftigen Südportal des Tunnels Kulch lässt sich im April 2011 der Baustand erkennen. Lediglich die Kalotte, der obere Bereich des Tunnel, ist aufgefahren, Strosse und Sohle werden noch folgen (Foto: Verfasser).

Abb. 32 Die Kopfweidenallee bei Zilgendorf mit dem Schutzzaun zur Baustelle der Bahntrasse hin (Foto: Verfasser).

157 Die bis in unsere Tage wirksame Effizienz der topografisch vorgegebenen Trassenführung von Hallstadt nach Erfurt bekommen wir mit der neuen Bahnlinie Ebensfeld-Erfurt zu spüren, deren nahe und paralle Lage zur Altstraße im Stadtgebiet von Bad Staffelstein schon etwas verblüfft. Ob die Weiternutzung alter Fernwegetrassen in Form von Bundesautobahnen und Eisenbahn- schnellfahrstrecken richtig ist, werden vielleicht einmal unsere Kinder oder Enkel wissen.

Abb. 33 Diese Pfeilspitze besteht aus einem ortsfremden Material. Dessen Weg zum Bestimmungsort kam von Norden, war mehr als 500 Kilometer lang und führte durch unsere Heimat (Foto: Martina Enzmann).

Abb. 34 Am 6. September 1981 fand Rosemarie Christoph aus Bamberg auf einem Feld unmittelbar nördlich des frühkeltischen Grabhügelfriedhofes bei Litzendorf-Naisa (vgl. Abels 1993) eine rote Pfeilspitze (Foto: Martina Enzmann). Von der Machart her ist sie als spätneolithisch bis bronzezeitlich einzustufen. Das über 4000 Jahre alte Artefakt mit flächiger Retuschierung und eingezogener Basis wurde vom Verfasser zwar als aus nordischem Flint hergestellte Geschossspitze erkannt, nähere Informationen zur Herkunft waren in den vergangenen fast 30 Jahren aber nicht zu bekommen. Erst im Januar 2011 erschien eine Reportage in einer Fachzeitschrift, in der über den roten Feuerstein von Helgoland berichtet wurde (Hartz/Segschneider 2011, Seite 64f). Die dort abgebildeten Fundstücke haben alle Merkmale des Materials dieser Pfeilspitze, insbesondere die honigfarbenen Schlieren in der sonst roten Grundfarbe. Offensichtlich gab es vom Spätneolithikum bis zur Bronzezeit wegen jenem Rohstoff von der Hochseeinsel aus einen regelrechten Exportboom. Der rote Helgoländer Flint hatte sein Hauptver- breitungsgebiet in den heutigen Niederlanden, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Dänemark sowie den benachbarten friesischen Inseln. Jedoch sind einzelne Stücke auch weiter im Landesinneren aufgetaucht, wie das edle Objekt eindrucksvoll belegt. Der Weg von Helgoland nach Litzendorf führte zuerst über das offene Meer, dann wohl über einen Flusslauf weiter nach Süden. Spätestens aber ab den Mittelgebirgen, aus denen z. B. die Werra entspringt, musste über Land transportiert werden, um zum späteren Fundort zu gelangen. Unsere Fernverbindung zwischen Itz und Main wäre hierfür geeignet gewesen. Die Pfeilspitze aus dem wertvollen roten Kreideflint ist ein schönes Beispiel für die hohe und weit in die Vergangenheit zurückreichende Bedeutung der von Norden nach Süden orientierten Fernhandelswege in unserer Region.

158 Die ehemalige Burganlage der Steglitz präsentiert sich heute völlig unspektakulär; noch zu erkennen am unruhigen Re- lief sind Eingang und Umfang der Befestigungsanlagen; die behauenen Steinquader wurden im Laufe der Jahrhunderte vollständig abtransportiert; die letzten erst in jüngster Zeit. Auffallend auf dem kleinen Plateau sind die Baumarten Eiche, Bergahorn und Ulme, die oft alte und ehemalige Burganlagen bedecken. Die Wälder an den Abhängen hingegen werden von standortsgemäßen Buchen beherrscht.

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Bernhard Christoph, Schafrangen 7, 96215 Lichtenfels-Klosterlangheim

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