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Ein 40 Jahre alter Traum wird wahr – Reise in den National Park

Stefan Pierdzig

Abb. 1: Küstenabschnitt südlich Otter Point.

Egal, ob nun der Portugiese Cardoso im gendtraum erzählte, ermunterte mich, Der folgende Reisebericht erhebt keine Jahr 1846 oder der Afrikaforscher das Vorhaben in die Tat umzusetzen. Die hochwissenschaftlichen Ansprüche, son- David Livingstone anno 1859 für sich beste aller Ehefrauen gab, voller Ver- dern möchte in Bild und Wort die fan- reklamieren können, als erste Europäer ständnis für mein kühnes Vorhaben, grü- tastischen Eindrücke unter und über den Malawisee erreicht zu haben, beide nes Licht, ich überlegte, was ein gutes Wasser wiedergeben und dem einen ahnten sicherlich nicht, welchen biolo- Ziel am See sein könnte (der Lake Ma- oder anderen Mut machen, seinen eige- gischen Schatz der See in Form seiner lawi National Park), organisierte die nen Traum zu verwirklichen. Wir wer- Artenvielfalt birgt. Reise, und Ende Mai 2017 ging‘s los. den nicht jünger!

Mir ging es nicht viel anders, als ich als Schüler Ende der 1970er Jahre in einem gigantischen 120-cm-Vollglasaquarium meine ersten „Malawis“ pflegte (heute würde man sagen: quälte) und mir mit Nachzuchten, die ich an das lokale Zoogeschäft verhökerte, Futter und Zu- behör kaufte. Es gab noch kein Internet, der Mergus-Aquarienatlas bot damals nur unzureichende Informationen über die Lebensräume und Haltungsbedin- gungen der Cichliden aus dem See, und nur gelegentlich fand man ein paar Infos in einer Aquarienzeitschrift.

Auf alle Fälle nistete sich bei mir damals der Gedanke ein, irgendwann einmal Abb. 2: Blick auf Domwe, der größten Insel im Nationalpark, und Ilala Gap, den etwa 20 m breiten den See zu besuchen. Andreas Spreinat, Kanal zwischen Insel und Festland. An der Küstenlinie der Fischerort Chembe, links hinter den dem ich vor einiger Zeit von diesem Ju- Zweigen ist die Insel Thumbi West erkennbar. 178 DCG-Informationen 49 (8): 178-185 DCG_Info_08_2018_HR_20180719_DCG_Info 19.07.2018 17:03 Seite 179

Der Malawisee

Der See? Der Malawisee oder auch Njassasee wie Livingstone ihn nannte, ist mit einer Ausdehnung von 29600 km2, einer Länge von knapp 600 km und einer maximalen Breite von 80 km nach europäischen Maßstäben eher ein Meer: Der Bodensee passt flächenmä- ßig fast 60 mal hinein. Auch seine Tiefe ist mit 700 m im Nordteil beeindru- ckend, der Wasserspiegel liegt zurzeit bei 474 m über NN.

Über den Malawisee ist viel geschrieben worden, ich möchte nicht alle weiteren Fakten wiederholen, auf einen Punkt, der mich als Naturwissenschaftler be- sonders interessiert, aber kurz eingehen. Abb. 3: Cichlidengemeinschaft an den Mitande Rocks vor Thumbi West. Der Malawisee liegt wie auch der Tan- ganjikasee im ostafrikanischen Graben- Bezogen auf den heutigen Seespiegel terschiedlichen Mbuna, Copadichromis bruchsystem, einer geologischen Schwäche- gehen in vielen Küstenabschnitten die und Aulonocara besiedelt wurde. zone, die sich von hier aus über das Rote von Mbunas besiedelten Felszonen Meer bis nach Europa in den Rheingra- schon in geringen Tiefen von 5-50 m in Mit geschätzten 1000 Arten – und mög- ben hineinzieht und aus der – Aquarianer, weite Sandflächen über, so dass entspre- licherweise noch vielen weiteren unent- versorgt euch schnell mit Wildfängen! – chende Wasserstandsänderungen zu dra- deckten in für Gerätetaucher schwierig in einigen 10er Millionen Jahren ein matischen Verlusten von Lebensräumen erreichbaren Tiefen unterhalb 50 m – neuer Ozean entstehen könnte. Man ver- und deren Neubesiedelung geführt lebt fast ein Drittel aller bekannten mutet, dass seine Entwicklung vor etwa haben müssen. Diese Erkenntnis führt Cichlidenarten endemisch im Malawi- 8,6 Millionen Jahren (MJ) begann, er ein zu der Annahme, dass die Entwicklung see. Diese Artenfülle und die Rasanz erstes Tiefwasserstadium vor 4,5 MJ er- zumindest eines Teils der Arten und der Artentstehung machen den See zu reichte und in der Zeit von 1,6 - 1 MJ fast Standortvarianten Felsen bewohnender einem „Hotspot“ der Evolutionsfor- völlig austrocknete (DELVAUX 1995). Vor Cichliden – vor allem im flachen Südteil schung und Quell zahlreicher interes- 0,8 MJ begann mit einem weiteren Tief- des Sees – in Zeiträumen von wenigen santer Buntbarsche fürs Aquarium. wasserstadium (IVORY et al. 2016) eine 100 Jahren stattgefunden hat. Kaum vor- Entwicklung, die aus einem (aus einem stellbar! Wie viele Arten müssen in der Man kann nur hoffen, dass der See und Fluss eingewanderten) Tilapiinen (Asta- Vergangenheit wohl bei solchen Ereig- seine Bewohner in ihrer heutigen Form toreochromis alluaudi, JOICE et al. 2011) nissen entstanden und wieder ver- erhalten bleiben und nicht durch Überfi- die heutige Artenfülle an Cichliden ent- schwunden sein? Wie haben Mbuna bei schung, das Aussetzen von Fremdfaunen stehen ließ. der Neubesiedelung des Felslitorals bei (man denke nur an den Victoriasee), Kli- steigendem Wasserstand weite Sandflä- mawandel und Umwelteinflüsse (2014 Noch spannender wird das Ganze, wenn chen überwunden, wo heute schon ein kam es im Norden Malawis nach heftigen man berücksichtigt, dass der See in der 100 m breiter Sandstreifen zwischen Regenfällen zu Überschwemmungen in Folgezeit durch tektonische Erdbewe- zwei Felszonen unterschiedliche Stand- einer Uranmine und einem Fischsterben) gungen und Klimaänderungen wieder- ortvarianten einer Art oder gar unter- negativ beeinflusst werden. holt Wasserspiegelschwankungen von schiedliche Arten hat entstehen lassen? mehreren 100 m unterlag. Auch in jün- Wie kann es sein, dass dieselbe Art, eng Im Bewusstsein der Bedeutung des gerer Zeit (zw. 1150 und 1250 sowie zw. lokalisiert, sowohl auf der West- wie auf Sees und seiner Bewohner wurde 1980 1500 und 1850) lag der Wasserstand bis der Oststeite des Sees vorkommt? der… zu 120 m unter dem heutigen Niveau (OWEN et al. 1990). So berichten SPREI- Im Kleinen ist dieser Vorgang an einem Lake Malawi National Park (LMNP) NAT & MÜLLER (2002) von einem ver- auf einer weiten Sandfläche versunkenen sunkenen Baum in 7 m Tiefe vor Ponton vor Mbamba Bay (Tansania) zu … eingerichtet und seit 1984 auf der Liste Lupingu, wohl einem Relikt aus der aus- beobachten (SPREINAT & MÜLLER 2002), des UNESCO-Weltnaturerbe geführt. Er klingenden, jüngsten Tiefwasserperiode. der innerhalb kürzester Zeit u. a. von un- liegt im Südteil des Sees und umfasst mit DCG-Informationen 49 (8): 178-185 179 DCG_Info_08_2018_HR_20180719_DCG_Info 19.07.2018 17:03 Seite 180

einer Fläche von 90 km2 den nördlichen Teil der Nankhumba-Halbinsel. Geschützt sind große Teile des bewaldeten Berglan- des der Halbinsel sowie ihrer Küstenlinie und der vorgelagerten Inseln. Dazu gehö- ren (vergl. Abb. 4) u. a. im Westen Maleri, Mumbo, Domwe, Thumbi West und Otter Point sowie östlich der Halbinsel auch Boadzulu und Thumbi East. Alles klang- volle Namen, von denen dem interessier- ten „Malawianer“ sicherlich einige bekannt vorkommen.

Im LMNP findet man einige wichtige Lebensräume für Cichliden: das Felsli- toral, kleine, geschützte Buchten, die Fels-Sand-Zone bis hin zu ausgedehnten Sandflächen, z. T. mit großen Vallisne- rienfeldern. Im ufernahen Freiwasser findet man die typischen Vertreter der Utaka-Gruppe (Copadichromis), das uferferne Freiwasser habe ich mal Usipa, der Seesardelle, und den Fischern Abb. 4: Karte des Lake Malawi National Park im Südteil des Sees. Die grün umrandeten Bereiche überlassen. In ihm kommen etwa 300 sind Bestandteil des Parks, die Inseln sind unbewohnt. – Kartendaten @ 2018 Google Cichlidenarten vor (KONINGS 2015). Zu- sollte, eine gute Wahl. Hier finden sich tegriert. Monkey Bay auf der anderen gleich dient der LMNP als Laichplatz einige Unterkünfte in jeder Preisklasse Seite der Halbinsel liegt größtenteils au- für zahlreiche Utakas und entlässt große mit vielversprechenden Bezeichnungen ßerhalb des Nationalparks. Die Bewoh- Jungfischschwärme in den See. wie „The funky “, „Fat Monkeys ner gehen mit Auflagen dem Fischfang Lodge“ oder „Chembe Eagles Nest“. nach (100 m Abstand zur Küste), betrei- Mitten im Nationalpark liegt an einem Im Adlernest schlug ich mein „Basisla- ben etwas Landwirtschaft (überwiegend 5 km langen Sandstrand der Fischerort ger“ auf und bezog eine durchaus kom- Mais) und nutzen die umliegenden Wäl- Chembe (die Region um diesen Ort fortable Hütte direkt am Strand. der zum Brennholz sammeln. Es gibt ein wird auch als Cape Maclear bezeich- paar Geschäfte, Souvenirläden und Res- net), den ich mir als Ziel meiner Reise Chembe und der weiter südlich gelegene taurants. 1875 wurde am Cape Maclear ausgesucht hatte: wie sich herausstellen Ort Masaka sind in den Nationalpark in- die erste Missionarsstation am See ge- gründet, die allerdings nur wenige Jahre später aufgegeben wurde, da 5 der 6 Missionare an Malaria verstarben und außer ein paar Fischern aus Chembe eh niemand da war, den man hätte bekeh- ren können. Heute leben hier Menschen christlichen und islamischen Glaubens friedlich zusammen. Die Bevölkerung ist freundlich, aufgeschlossen und hilfs- bereit. Beim Gang durchs Dorf wurde ich von Scharen von Kindern umlagert, die mir ein fröhliches „chambo, chambo“ zuriefen, sicherlich eine nette Begrüßung.

Ausflüge auf den See

In Chembe gibt es mehrere Tauchsta- tionen, die Ausrüstung vermieten, Abb. 5: Der blanke Horror: Da blutet das Aquarianerherz – auf Stellagen trocknende Utaka, wohl Tauchkurse und Tauchausflüge per überwiegend Copadichromis. Boot zu den Inseln anbieten. Da aus ge- 180 DCG-Informationen 49 (8): 178-185 DCG_Info_08_2018_HR_20180719_DCG_Info 19.07.2018 17:03 Seite 181

sundheitlichen Gründen Gerätetauchen für mich ein Tabu ist, erschlossen sich für mich beim Schnorcheln „nur“ die oberen Meter der Wassersäule, was aber ausreichend ist, um in allen Bioto- pen eine Vielzahl von Cichliden beob- achten zu können. Die Welt, die sich hierbei unter Wasser erschließt, ist ein- fach großartig: Bunter und vielfältiger als man sich vorstellen kann, man schwimmt in einem riesigen, dicht be- setzten Aquarium. Auch über Wasser Abb. 6: Das Dorfleben findet auf und am Wasser statt. Hier wird der tägliche Fang begutachtet, im Hintergrund Stellagen für die Trocknung von Fischen. hat die Gegend, was Fauna und Flora anbelangt, einiges zu bieten.

Ich organisierte mir für die Dauer mei- nes Aufenthaltes einen Kajak – unsink- bar und bunt wie das Beiboot der Rainbow Warrior –, um Küste und In- seln zu erkunden, sowie für stolze 10 $ pro Tag eine Zutrittserlaubnis für den Nationalpark. Aber sicherlich gut ange- legtes Geld, da eine Reihe von Rangern ständig per Boot unterwegs ist, um Fi- scher von Küste und Inseln fernzuhal- ten und die wenigen Besucher des Abb. 7a: Tour auf die Nordseite von Domwe. In meinem Kajak war‘s ungemütlich, die örtlichen Parks zu kontrollieren. Fischer zeigten sich unbeeindruckt vom Seegang. Sie winkten ausdauernd und warfen mir ein freundliches „gobäg“ zu, noch eine Vokabel, die sich mir mit meinen paar Brocken Chichewa nicht Nach Frühschwimmen und einem aus- erschloss… giebigen Frühstück ging‘s mit Schnor- wehte mäßig meist aus südöstlicher Zum Abendessen gab es täglich (in hie- chelausrüstung, einem kurzen Neopren- Richtung, konnte aber jederzeit beacht- sigen Wildfang-Preisen habe ich wohl anzug, Fotoapparat und einer kleinen lich auffrischen (der tückische Mwera), ein Vermögen zu mir genommen) Unterwasserkamera (die suboptimale so dass es in meiner Nussschale, vor wohlschmeckenden Fisch aus dem See, Qualität der Unterwasserbilder sehe man allem außerhalb der von den Inseln ge- u. a. Kampango ( meridionalis, mir nach), alles gut verpackt und am schützten Bucht, recht ungemütlich wer- einen Stachelwels), Ncheni (große Boot festgezurrt, bis kurz vor Sonnen- den konnte. Die Sicht unter Wasser ) und Chambo (Oreo- untergang um 18 Uhr täglich aufs Was- betrug kurz nach der Regenzeit etwa 10 chromis, den stattlichsten Buntbarsch ser. Kurz nach Ende der Regenzeit m, am Ende der Trockenzeit sollen an im See). Chambo? Da war doch was! herrschten im Mai/Juni angenehme weiter vom Ufer entfernten Inseln, z. B. Temperaturen (Wasser und Luft etwa 24 bei Likoma, Sichtweiten von 30 m mög- °C). Der See war meist glatt, der Wind lich sein (SPREINAT 2006).

Abb. 7b: Artenarmut an großem Granitblock, Domwe. Abb. 7c: Artenvielfalt über versteckreichem Felsuntergrund aus kleineren Blöcken, Thumbi West. DCG-Informationen 49 (8): 178-185 181 DCG_Info_08_2018_HR_20180719_DCG_Info 19.07.2018 17:03 Seite 182

Abb. 8: Eindrucksvolle Felsformationen an der Südseite von Mumbo. Abb. 9: Der legendäre Otter Point.

Abb. 10: Kleine Bucht an der Westspitze von Domwe. Abb. 11: Südseite von Thumbi West mit Blick auf den Nkhunguni Peak mit 1143 m Höhe.

Das Felslitoral großen Granitblock, an dem seine Be- Auf den Mitande Rocks konnte ich mit wohner relativ schutzlos Strömung, Mühe mein Kajak bergen und miss- Mit Ausnahme der etwa 5 km langen, Wellengang und Fressfeinden ausge- brauchte den Felsen für mehrere Tage sandigen Bucht von Chembe und klei- setzt sind. An vielen Stellen geht die als Schnorchelbasis. Stellvertretend für neren, geschützen Buchten besteht die Felszone schon in wenigen Metern das Felslitoral an anderen Stellen soll die ganze Küstenlinie der Nankhumba- Tiefe, insbesondere im Bereich der gro- hier vorkommende Artengemeinschaft, Halbinsel und der zum Natioanlpark ßen Blöcke, ohne ausgeprägte Über- soweit erkannt, vorgestellt werden. gehörigen Inseln aus anstehenden Fel- gangszone in eine flach abfallende sen und rundlichen Blöcken unter- Sandzone über. Wie es in anderen, tie- Die Artenvielfalt ist hoch und für den schiedlichster Größe. Form und Größe feren Bereichen aussieht, konnte ich Nicht-Fachmann verwirrend. Labeotro- werden von der Gesteinsart bestimmt. aufgrund meiner begrenzten Reich- pheus trewavasae und L. fuelleborni tre- Überwiegend treten helle, grobkörnige weite nicht feststellen. Wen es interes- ten nebeneinander auf, beide recht Granite auf, hier finden sich zum Teil siert: KONINGS (2015) hat die häufig als B- oder OB-Morphen. May- hausgroße Blöcke, selten deutlich klei- Verhältnisse an vielen Stellen des Na- landia zebra und M. callainos, letztere ner als 1 m (besonders eindrucksvoll tionalparks recht gut beschrieben. in großer Zahl, sind ebenso vertreten wie auf Mumbo und am Otter Point zu be- Arten aus den Gattungen Tropheops (u. obachten). An einigen Stellen brechen, entfernt a. prachtvoll gefärbte T. sp. „Red von einem Ufer, kleine Felsriffe durch Cheek“), Pseudotropheus, Melanochro- Aus feinkörnigen Gesteinen entstehen die Wasseroberfläche, z. B. die Zim- mis (M. auratus) und Labidochromis (L. insbesondere in einigen Bereichen von bawe Rocks (westlich der NW Spitze joanjohnsonae, zumindest die typisch Thumbi West kleinere Gerölle von Domwes), Fundort von Othopharynx gefärbten Weibchen konnte ich ausma- Meter-Größe sowie stark zerklüftete lithobates „Sulphur Head“, und zwi- chen). Dazwischen immer wieder große, Unterwasserlandschaften aus festem schen Thumbi West und Chembe die majestätische Petrotilapia (wahrschein- Fels. Hier ist die Arten- und Individu- Mitande Rocks mit einer unglaublichen lich P. nigra und P. tridentiger). Im strö- enzahl deutlich höher als rund um einen Artenvielfalt. mungsreichen, freien Wasser über den 182 DCG-Informationen 49 (8): 178-185 DCG_Info_08_2018_HR_20180719_DCG_Info 19.07.2018 17:03 Seite 183

Abb. 12: Mbuna-Gemeinschaft, Mitande Rocks. Abb. 13: Labeotropheus trewavasae, OB-Morphe.

Abb. 14: Labeotropheus fuelleborni. Abb. 15: Melanochromis auratus.

Abb. 16: Cynotilapia afra. Abb. 17: Maylandia callainos.

Abb. 18: Tropheops sp. Abb. 19: Tropheops sp. „Red Cheek“.

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Abb. 20: Copadichromis chrysonotus. Abb. 21: Aulonocara sp. „Cobue“ beim „Sandhorchen“.

Felsen stehen große Schwärme plank- Fels-Sand-(Übergangs-)Zone Vertreter der Gattungen Tramitichromis tonfressender Mbuna, wohl Vertreter aus und Lethrinops, vereinzelte juvenile der Gattung Cynotilapia. Tyrannochro- Aufgrund der eingeschränkten Tauchtiefe Taeniolethrinops und kapitale Männ- mis macrostoma macht Jagd auf junge konnte ich nur stellenweise die typische chen von Fossorochromis rostratus Mbuna, im freien Wasser vor steilen Fels-Sand-Zone erreichen. Neben einigen sowie deren Weibchen in kleinen Schu- Felswänden stehen kapitale Exemplare Bewohnern des Felslitorals fanden sich len. In ausgedehnten Vallisnerienfeldern von Protomelas spilonotus und P. fene- hier unter anderem auf einzelnen großen finden sich unter anderem Astatotilapia stratus wuseln durchs Riff. Felsen territoriale Dimidiochromis ki- calliptera und Hemitilapia oxyrhynchus, winge, größere Gruppen Aulonocara, u. vereinzelt wurde Nimbochromis livings- Interessanterweise stammen einige a. A. sp. „Cobue“ (ebenfalls aus Davies‘ tonii gesichtet. Arten von Cichliden im LNMP, darun- Exportstation freigesetzte Tiere, ur- ter Tropheops sp. „Red Cheek“ und sprünglich von der mosambikanischen Entlang der Küste sowie auf den Inseln Maylandia callainos, ursprünglich aus Küste bei Cobue, die sich über den gan- Mumbo, Domwe und Thumbi West fin- anderen Regionen des Sees. Sie wurden zen Park verbreiten) sowie vor und über den sich vereinzelte kleine Sandbuch- Mitte der 1970er Jahre an den Mitande großen Felsen Copadichromis chrysono- ten. Typische Sandbewohner waren bis Rocks ausgesetzt, als Henny und Peter tus und C. borleyi. in Tiefen von 5 m selten, jedoch hielten Davies, die ersten kommerziellen Cich- sich hier riesige Schwärme junger Co- liden-Exporteure am See, ihre Anlage Sandzone, Vallisnerienfelder padichromis auf, ein eindrucksvoller in Chembe schließen mussten. Gerade Anblick. M. callainos macht sich an der ganzen Auf etwa 5 km Länge fällt der Sand- Nankhumba Halbinsel breit. strand vor Chembe flach zum See hin In einer kleinen Bucht, am Westende ab. Da zumindest die ersten 100 m ge- von Thumbi West, fand ich in etwa 5 m Durchs Mbuna-Land ziehen kleine schützt sind, ist dieser Bereich nicht, wie Tiefe im Sand ein Stück Holz – so Gruppen recht großer Barben sowie in vielen anderen Küstenabschnitten dachte ich. Als ich es barg, stellte ich Labeo cylindricus. In Felsnischen fin- überfischt, und es konnten schon in fla- fest, dass es sich um den Oberkieferkno- det man die blaue Malawikrabbe (Po- chen Bereichen eine Reihe von Sandbe- chen eines Krokodils handelt, sicherlich tamonautes lirrangensis). wohnern beobachtet werden. Darunter eines ansehnlichen Vertreters seiner Art.

Abb. 22: Lethrinops-Männchen über seiner Sandburg. Abb. 23: Cyathochromis obliquidens.

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Zwar hatte ich mich vorher mehrfach herzlich für die kritische und konstruk- versichert, dass im Park nicht mit Fluss- tive Durchsicht des Manuskripts. Wer pferden und Krokodilen zu rechnen sei, bewegte Unterwasser-Bilder sehen allerdings gelangen gelegentlich in der möchte, suche auf youtube nach Stefan Regenzeit aus einem Hochwasser füh- Pierdzig, Reisetipps gibt’s auf Anfrage renden Fluss einzelne Krokodile in den unter [email protected]. See und manchmal in den Park. Diese verhungern, da sie im klaren Wasser Literatur keine Beute machen können oder wer- DELVAUX, D. (1995): Age of Lake Malawi den von Rangern erschossen. Allerdings (Nyasa) and water level fluctuations - Mus. roy. hätte ich, als schmackhafter Chambo, Afr. centr., Tervuren (Belg.), Dept. Geol. Min., diesem Exemplar in lebendigem Zu- Rapp. ann. 1993 & 1994, 99-108 (1995). stand, dazu übellaunig, weil hungrig, IVORY, SARAH J. et al. (2016): Environmental nicht begegnen mögen. change explains cichlid adaptive radiation at Lake Malawi over the past 1.2 million years – Proceedings of the National Academy of Sci- Leben über Wasser ences, Vol. 113, No. 42, 11895-11900. JOYCE, D.A. et al. (2011): Repeated colonization Auch über Wasser hat der Nationalpark and hybridization in Lake Malawi - Curr. Biol., 21, R108-R109. eine Menge zu bieten. Schreiseeadler nis- KONINGS, A. (2015): The Cichlids of Lake Ma- ten und jagen in beachtlicher Zahl auf den Abb. 26: Oberkieferknochen eines Krokodils. lawi National Park – Cichlid Press, El Paso.

Abb. 24: Schreiseeadler auf Thumbi West. Abb. 25: wasserlaufende Eidechse.

Inseln, Kormorane, Hammerköpfe und den meterlange Distanzen auf dem Was- OWEN, R.B. et al. (1990): Major low levels of Kingfisher dezimieren die Mbuna-Be- ser, um zum nächsten Stein zu gelangen. lake Malawi and implications for evolution rates stände, an den Mitande Rocks konnte ich in cichlid fishes – Proceedings Royal Soc. Lon- große Fischotter bei der Jagd beobachten, Dank don, B240, 519-553. aber leider nicht fotografieren. Am Ufer SPREINAT, A. (2006): Malawisee-Buntbarsche, Teil 2: Arten und Lebensräume - Dähne, Ettlingen. finden sich spätnachmittags große Warane Ich danke Steven Sasin und Andreas SPREINAT, A. & E. MÜLLER (2002): Faszination ein, bunte kleine Eidechsen sitzen auf Spreinat für die Hilfe bei der Bestim- Malawisee – Dähne, Ettlingen, Videofilm. vom Wasser umgebenen Felsen, überwin- mung der Arten, letzterem zudem ganz

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