Beschluss

Zulassungsantrag der wetter.com GmbH für das Fernsehspartenprogramm „wetter.com TV“

Az.: KEK 971

In der Rundfunkangelegenheit

der wetter.com GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer Christoph Kreuzer und Marius Neumann, Reichenaustraße 19 a, 78467 Konstanz, - Antragstellerin -

w e g e n

Zulassung zur Veranstaltung des bundesweit empfangbaren Fernsehspartenprogramms „wetter.com TV“

hat die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) auf Vorlage der Landesanstalt für Kommunikation Baden- Württemberg (LFK) vom 13.06.2018 in der Sitzung am 11.09.2018 unter Mitwirkung ihrer Mitglieder

Prof. Dr. Gounalakis (Vorsitzender), Prof. Dr. Althammer, Becker, Conradt, Prof. Dr. Mailänder, Prof. Dr. Müller-Terpitz, Sagurna, Wagner und Dr. Zimmer

entschieden:

Der von der wetter.com GmbH mit Schreiben vom 26.04.2018 bei der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK) beantragten Zulassung zur Veranstaltung des bundesweit empfangbaren Fernsehspartenprogramms „wetter.com TV“ stehen Gründe der Sicherung der Meinungsvielfalt im Fernsehen nicht entgegen.

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Begründung

I Sachverhalt

1 Zulassungsantrag

Die ProSiebenSat.1 Media SE („ProSiebenSat.1“) hat im Namen und im Auftrag ihrer Tochtergesellschaft wetter.com GmbH mit Schreiben vom 26.04.2018 bei der LFK die Zulassung zur Veranstaltung des bundesweiten Fernsehspartenprogramms wetter.com TV für den maximal möglichen Zeitraum beantragt. Die LFK hat der KEK den Antrag mit Schreiben vom 13.06.2018 zur medienkonzentrationsrechtlichen Prüfung vorgelegt.

2 Programmstruktur und -verbreitung

wetter.com TV ist ein ganztägiges Informationsspartenprogramm mit dem inhaltlichen Schwerpunkt Wetter. Gesendet werden eigenproduzierte moderierte Wettersendungen und begleitende Informationen. Die LFK hatte mit Bescheid vom 14.04.2004 der Antragstellerin, noch firmierend unter wetter.com AG, für das zum damaligen Zeitpunkt noch Meteo TV benannte Angebot die medienrechtliche Unbedenklichkeit nach § 20 Abs. 2 RStV bescheinigt. Die LFK beurteilte das Angebot anhand der damals geltenden Rechtslage nicht als Rundfunk, sondern als (zulassungsfreien) Mediendienst. Aufgrund der linearen Gestaltung der moderierten Wettersendungen soll das Angebot wetter.com TV nunmehr als Rundfunk zugelassen werden. Das Programm wird im Rahmen verschiedener Pay-TV-Pakete von Kabelnetzbetreibern sowie IPTV- und OTT-Anbietern verbreitet, darunter Unitymedia, M7, Deutsche Telekom, und Magine. Das Programm finanziert sich aus Teilnehmerentgelten und Werbung.

3 Antragstellerin und Beteiligte

wetter.com GmbH

Unternehmensgegenstand der Antragstellerin ist u. a. der Betrieb eines Fernsehsenders mit überwiegend meteorologischem Inhalt sowie Produktion, Vertrieb und Verbreitung von wetterbezogenen Medieninhalten in Radio, Fernsehen und sonstigen Medien (XXX…). Sämtliche Anteile des Stammkapitals hält die ProSieben Travel GmbH, eine 100%ige Tochtergesellschaft der ProSiebenSat.1 Digital & Adjacent GmbH. An letzterer hält ProSiebenSat.1 sämtliche Anteile. Zwischen der Antragstellerin und der ProSieben Travel GmbH besteht ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag.

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Die Antragstellerin ist auch Wetterinformationsdienstleister für die Hauptnachrichten der Sender der ProSiebenSat.1-Gruppe, der SAT.1- Regionalfensterprogramme sowie für weitere regionale TV-Sender (u. a. münchen.tv, Rhein-Neckar Fernsehen), Radiosender (u. a. SWR, Charivari) und Zeitungen (FAZ, Badische Zeitung).

ProSiebenSat.1

3.2.1 Sämtliche Anteile der Antragstellerin hält ProSiebenSat.1. ProSiebenSat.1. hält zudem sämtliche Anteile der ProSiebenSat.1 TV Deutschland GmbH, die die Fernsehvollprogramme ProSieben und sowie die Fernsehspartenprogramme , SAT.1 Gold, ProSieben MAXX und veranstaltet. Die ProSiebenSat.1 TV Deutschland GmbH hat darüber hinaus eine Lizenz für ein weiteres bundesweites Fernsehspartenprogramm bei der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) beantragt (vgl. Beschluss der KEK vom 11.09.2018, Az.: KEK 976). Sie hält außerdem sämtliche Anteile an der Sat.1 SatellitenFernsehen GmbH, der Veranstalterin des Programms SAT.1, und der ProSiebenSat.1 Pay TV GmbH, die die Pay-TV-Programme ProSieben FUN, und SAT.1 emotions veranstaltet. Die ProSieben Sat.1 Sports GmbH, eine weitere 100%ige Tochtergesellschaft von ProSiebenSat.1, veranstaltet das Pay-TV- Programm ranFIGHTING und hält mittelbar 57,5 % der Anteile der DOSB New Media GmbH, der Veranstalterin des Sportspartenprogramms Sportdeutschland.TV. ProSiebenSat.1 ist zudem mittelbar in Höhe von 33 % an der adspree media GmbH beteiligt, die Online-Gaming-Portale betreibt und eine Rundfunklizenz für das Livestream-Angebot ProSieben Games hält.

3.2.2 ProSiebenSat.1 ist neben der RTL Group die größte private TV- Sendergruppe in Deutschland. Kerngeschäftsfeld ist das werbefinanzierte Fernsehen. Neben dem Bereich der Fernsehveranstaltung ist ProSiebenSat.1 u. a. in den Bereichen TV- Produktion (Red Arrow Entertainment Group), Online (Senderauftritte, Video-on-Demand-Portal Maxdome, Sender-Apps und senderübergreifende 7TV-App, Multi-Channel-Network Studio71, Foren, Communities, Spiele etc.), Vermarktung (SevenOne Media), Musiklabel (Starwatch Entertainment) sowie Venture & Commerce (über die 74,9%ige Beteiligung an der NuCom Group) tätig. Hinsichtlich der satzungsrechtlichen Bestimmungen und weiteren Medienaktivitäten wird auf den Beschluss der KEK i. S. ProSiebenSat.1 vom 05.12.2017, Az.: KEK 937, I 2.2.1 und 2.2.2, verwiesen.

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3.2.3 ProSiebenSat.1 hat mit Schreiben vom 16.08.2018 für ihre Tochtergesellschaften Beteiligungsveränderungen gegenüber den zuständigen Landesmedienanstalten – darunter auch die LFK – angezeigt. Das diesbezügliche Verfahren unter dem Aktenzeichen KEK 983 ist derzeit bei der KEK anhängig. Danach besteht bei ProSiebenSat.1 aktuell folgende Aktionärsstruktur:

Capital Group Companies, Inc.: 9,98 % BlackRock, Inc.: 5,72 % Eigenbesitz: 1,70 % Streubesitz: 82,60 %. Zu den genannten Aktionären und ihren weiteren Medienbeteiligungen vgl. Beschluss der KEK i. S. ProSiebenSat.1 vom 05.12.2017, Az.: KEK 937, I 2.3 und 2.4.

Die nachfolgende Grafik gibt eine Übersicht über die Beteiligungsverhältnisse:

Veranstalterbeteiligungen und zuzurechnende Programme der ProSiebenSat.1 Media SE im bundesweiten Fernsehen

Capital Group Companies, Inc. Streubesitz 100 82,60 von der Capital Research 9,98 and Management Company ProSiebenSat.1 Media SE 100 ProSiebenSat.1 Digital & verwaltete Fonds 1,70 % in Eigenbesitz Adjacent GmbH wetter.com GmbH 100 ProSieben Travel 100 BlackRock, Inc. 5,72 GmbH wetter.com TV

100 100 100 ProSiebenSat.1 Digital ProSiebenSat.1 GmbH Pay TV GmbH ProSiebenSat.1 TV ProSiebenSat.1 Sports 33,0 ProSieben FUN Deutschland GmbH GmbH gamigo AG Samarion SE ProSieben ran FIGHTING kabel eins CLASSICS 100 51,26 100 kabel eins SAT.1 emotions 57,5 ElbSpree Media Holding GmbH sixx DOSB New Media 100 GmbH SAT.1 Gold adspree media GmbH Sportdeutschland.TV Sat.1 Satelliten ProSieben MAXX Fernsehen GmbH ProSieben Games kabel eins Doku SAT.1 100 Deutscher Olympischer 27,5 weiteres Sportbund e.V. (DOSB) Spartenprogramm 15,0 GIP Media Productions GmbH

Programm, das der ProSiebenSat.1 Media SE zuzurechnen ist

II Verfahren

Die Vollständigkeitserklärung der Veranstalterin liegt vor. Der LFK wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

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III Medienkonzentrationsrechtliche Beurteilung

1 Bestätigungsvorbehalt der KEK

Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 RStV bedürfen private Rundfunkveranstalter einer Zulassung. Fragestellungen der Sicherung der Meinungsvielfalt werden von der KEK nach Vorlage durch die zuständige Landesmedienanstalt beurteilt, §§ 36 Abs. 4, 37 Abs. 1 RStV.

2 Zurechnung von Programmen

Das Programm wetter.com TV wird der Antragstellerin als Veranstalterin und der ProSieben Travel GmbH gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 RStV sowie der ProSiebenSat.1 Digital & Adjacent GmbH und ProSiebenSat.1 gemäß § 28 Abs. 1 Satz 2 RStV i. V. m. §§ 15, 16 AktG zugerechnet.

ProSiebenSat.1 sind auch die Programme ProSieben, kabel eins, sixx, SAT.1 Gold, ProSieben MAXX, kabel eins Doku und RanFIGHTING gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. RStV zuzurechnen. Zudem werden ProSiebenSat.1 als Konzernobergesellschaft die Programme SAT.1 emotions, ProSieben FUN, kabel eins CLASSICS, SAT.1 und Sportdeutschland.TV gemäß § 28 Abs. 1 Satz 2 RStV i. V. m. §§ 15, 16 AktG zugerechnet. Diese Programme sind umgekehrt auch der Antragstellerin zuzurechnen (arg. e §§ 28 Abs. 1 Satz 3, 29 Satz 2 RStV).

Aktionären von ProSiebenSat.1 sind die Programme nicht nach § 28 RStV zuzurechnen.

3 Vorherrschende Meinungsmacht

Ein Unternehmen darf eine unbegrenzte Anzahl von bundesweiten Fernsehprogrammen veranstalten, sofern es dadurch keine vorherrschende Meinungsmacht erlangt (§ 26 Abs. 1 RStV).

Zuschaueranteile

Bei der Bestimmung des Zuschaueranteils des jeweiligen Programms sind gemäß § 27 RStV alle deutschsprachigen Programme des öffentlich- rechtlichen Rundfunks und des bundesweit empfangbaren privaten Rundfunks zu berücksichtigen. Die KEK legt bei der Ermittlung der Zuschaueranteile gemäß der Übergangsvorschrift des § 34 RStV vor allem die Daten der AGF Videoforschung zugrunde.

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Die ProSiebenSat.1 zuzurechnenden Programme erreichten in der Referenzperiode von April 2017 bis März 2018 einen Zuschaueranteil in Höhe von insgesamt 17,6 %.

Programme Zuschaueranteile in % April 2017 bis März 2018 SAT.1 6,5 SAT.1 Gold 1,5 ProSieben 4,4 ProSieben MAXX 0,7 sixx 0,8 kabel eins 3,4 kabel eins Doku 0,3 kabel eins CLASSICS 0,0 ProSieben FUN 0,0 SAT.1 emotions 0,0 wetter.com TV 0,0  ProSiebenSat.1 Media SE 17,6

Quelle: Schreiben der Antragstellerin vom 26.04.2018, dort angegebene Quelle: AGF in Zusammenarbeit mit GfK, TV Scope, Zuschauer ab drei Jahren

Der Abruf von linear sowie zeitversetzt angebotenen Programminhalten im Internet findet noch keine Berücksichtigung in den ausgewiesenen Zuschaueranteilen. In dem Verfahren i. S. ProSiebenSat.1, Beschluss der KEK vom 05.12.2017, Az.: KEK 937, hat ProSiebenSat.1 mitgeteilt, dass die Anzahl der Livestream-Aufrufe (Views) für die Sender SAT.1, ProSieben, kabel eins, kabel eins Doku, sixx, ProSieben MAXX und SAT.1 Gold sowie für das Web-TV-Programm Sportdeutschland.TV im Durchschnitt bei 470.000 Views pro Monat (9/2016 - 8/2017) lag. Für das Web-TV-Programm ranFIGHTING liegen keine Nutzungszahlen vor.

Die KEK geht davon aus, dass sich der Zuschaueranteil der ProSiebenSat.1 zuzurechnenden Programme derzeit auch bei Einbeziehung der linear und zeitversetzt angebotenen Inhalte im Internet nicht maßgeblich verändern würde, da sich der Gesamtmarkt dann um die Onlineangebote aller Sender, insbesondere der RTL- Gruppe und der öffentlich-rechtlichen Programme, sowie der reinen Web-TV-Sender vergrößern würde.

Berücksichtigung der Regional- und Drittfenster

3.2.1 Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.01.2014, Az.: 6 C 2.13, sind bei der Prüfung nach § 26 RStV Bonuspunkte für Regional- und Drittfenster vorab von dem zurechenbaren Zuschaueranteil abzuziehen. Nach Feststellungen der KEK genügen die im Programm SAT.1 veranstalteten Regionalfensterprogramme in Hamburg und Schleswig-Holstein (Beschluss der KEK i. S. SAT.1 Norddeutschland vom 09.12.2014 und 14.04.2015, Az.: KEK 803-1 und -2), Bremen und

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Niedersachsen (Beschluss der KEK i. S. SAT.1 Norddeutschland vom 13.02.2018, Az.: KEK 952_954), Hessen (Beschluss der KEK i. S. TVIIIa vom 10.07.2018, Az.: KEK 966), Rheinland-Pfalz (Beschluss der KEK i. S. TVIIIa vom 08.04.2014, Az.: KEK 774) und Nordrhein-Westfalen (Beschluss der KEK i. S. WestCom vom 09.12.2014, Az.: KEK 799) gegenwärtig den Anforderungen des RStV. Hinsichtlich der Erfüllung der jeweiligen rundfunkstaatsvertraglichen Voraussetzungen wird auf die genannten Beschlüsse verwiesen. Bezüglich des Regionalfensters der Privatfernsehen in Bayern GmbH & Co. KG in Bayern konnte die KEK keine Prüfung vornehmen. Deren ursprünglich bis zum 31.12.2017 befristete Lizenz gilt mit Änderungsgesetz zum Bayerischen Mediengesetzes vom 20.12.2016 als unbefristet (Art. 26 Abs. 2 Satz 1 und 2 BayMG). Die BLM hat daher nur eine Zuweisungsentscheidung zu Gunsten der Veranstalterin für weitere acht Jahre getroffen. Eine Benehmensherstellung mit der KEK ist in diesem Zusammenhang nicht erfolgt.

3.2.2 Ob Bonuspunkte für die Regionalfenster anzurechnen sind, kann jedoch angesichts des in diesem Verfahren zugrunde zu legenden Zuschaueranteils von 17,6 % dahinstehen: Eine Prüfung der Vermutungstatbestände des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV entfällt, weil der dafür erforderliche Schwellenwert von 25 % Zuschaueranteil nicht erreicht wird. Da der Zuschaueranteil deutlich unter 20 % liegt, muss nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch eine Prüfung des Grundtatbestands des § 26 Abs. 1 RStV unterbleiben. Demnach ist auch die Frage, ob (weitere) Bonuspunkte für die Einräumung von Sendezeit für unabhängige Dritte im Sinne des § 26 Abs. 2 Satz 3 RStV auf den Zuschaueranteil anzurechnen sind, nicht entscheidungsrelevant.

Abschließende Feststellung

Nach dem dargelegten Sachverhalt gibt es keine Anhaltspunkte für die Entstehung vorherrschender Meinungsmacht. Der beantragten Zulassung des Programms wetter.com TV stehen Gründe der Sicherung der Meinungsvielfalt daher nicht entgegen.

Gounalakis Althammer Becker Conradt Mailänder Müller-Terpitz Sagurna Wagner Zimmer

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