Werbung Im Öffentlich- Rechtlichen Hörfunk

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Werbung Im Öffentlich- Rechtlichen Hörfunk Media Perspektiven 2/2015 | 50 zweiten Finanzierungspfeiler des öffentlich-recht- Historische Entwicklung vor dem Hintergrund lichen Rundfunks, die Werbung. der aktuellen medienpolitischen Diskussion Ergänzend zu einer Senkung des Rundfunkbei- Werbeverzicht bei trags fordern Lobbyisten des privaten Rundfunks ARD und ZDF würde Werbung im öffentlich- eine weitere Werbereduzierung im öffentlich-recht- Rundfunkbeitrag rechtlichen Hörfunk lichen Rundfunk, die langfristig ein völliges Werbe- monatlich um verbot einleiten soll. Über die zu erwartenden 1,26 Euro erhöhen Von Christian Breunig* finanziellen Folgen eines kompletten oder teilwei- sen Verzichts auf Werbung bzw. Sponsoring im öf- fentlich-rechtlichen Rundfunk hatte die KEF be- Radiowerbung gibt es Die meisten Landesrundfunkanstalten strahlten bald reits im Januar 2014 einen Sonderbericht vorge- in der ARD schon seit nach ihrer Gründung Ende der 1940er bzw. zu Beginn legt. Demnach würde ein Verzicht auf Werbung mehr als 60 Jahren der 1950er Jahre Radiowerbung aus und setzten und Sponsoring bei ARD und ZDF (Fernsehen und damit das Fundament für die Mischfinanzierung Hörfunk) auf der Berechnungsgrundlage der Jahre des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – eine Tradi- 2013 bis 2016 für jeden Beitragszahler zu einer tion, die bis in die Weimarer Republik zurückreicht. deutlichen Erhöhung des Rundfunkbeitrags um Mit dem Beginn der Radiowerbung in der ARD 1,26 Euro pro Monat führen. (3) Die unabhängige wurden (ergänzend zur Fernsehwerbung) alle be- KEF wacht also über die Ausgaben des öffentlich- deutenden Wirtschaftsmarken in Deutschland in den rechtlichen Rundfunks und konnte auch deshalb Markt eingeführt. Die ARD hat außerdem die Wer- eine Senkung des Rundfunkbeitrags vorschlagen, bewirkung des Radios wissenschaftlich nachge- weil ARD und ZDF über zusätzliche Werbeeinnah- wiesen, wodurch auch die wirtschaftlichen Voraus- men verfügen. setzungen für die in den 1980er Jahren aufkom- Da sich die aktuelle medienpolitische Diskussion menden Privatradios gelegt wurden. vor allem mit der Mischfinanzierung des öffent- Im Rahmen der aktuellen medienpolitischen Dis- lich-rechtlichen Hörfunks befasst, soll die Radio- kussion über die Werbung im öffentlich-rechtlichen werbung nachfolgend im Mittelpunkt der Betrach- Rundfunk lohnt es sich, die historischen Hinter- tung stehen. gründe der Radiowerbung näher zu beleuchten. Hierzu soll zunächst der medienpolitische Hinter- Der Verband Privater Rundfunk und Telemedien VPRT fordert grund dargestellt werden. (VPRT) fordert seit vielen Jahren ein komplettes Werbereduktion im Werbeverbot bzw. neuerdings nur noch eine Re- öffentlich-rechtlichen Medienpolitischer Hintergrund: duzierung der Werbung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk Finanzierung des ö.-r. Rundfunks Rundfunk. (4) Wenig überraschend sah der VPRT Im Februar 2014 hat die Kommission zur Ermitt- Ende Februar 2014 die erwarteten Mehreinnah- lung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) men der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ihren 19. Bericht vorgelegt. Sie hat dort ausge- als „Chance zur Werbereduktion bei ARD und ZDF“. führt, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkan- Dies „würde sowohl den privaten Medien im Wett- stalten – bedingt durch den seit Januar 2013 ein- bewerb helfen als auch das Programmprofil der geführten haushalts- (bzw. unternehmens-) bezo- öffentlich-rechtlichen Programme schärfen.“ Der genen Rundfunkbeitrag statt der vorherigen geräte- VPRT erneuerte für den Hörfunkbereich seine be- abhängigen Rundfunkgebühr (1) – im Vergleich zu reits mehrmals vorgebrachte Forderung „eine[r] den Ist-Erträgen aus Teilnehmergebühren 2009 bis Harmonisierung der Werbung analog zum [so ge- 2012 für den Zeitraum 2013 bis 2016 mit Mehr- nannten] NDR-Modell – 60 Minuten auf einem Pro- einnahmen in Höhe von 1,381 Mrd Euro rechnen gramm.“ (5) Dies würde jedoch – wie von ARD- können. (2) Deshalb empfahl die KEF eine Senkung Seite kritisiert – auf einen Werbekahlschlag im des Rundfunkbeitrags ab 2015 um 73 Cent pro ARD-Hörfunk hinauslaufen und letztlich die gesamte Monat von 17,98 Euro auf dann 17,25 Euro. Die Gattung Radio marginalisieren. (6) Ministerpräsidentenkonferenz der Länder folgte dem Vorschlag der KEF teilweise und verständigte sich Ein Werbeverbot oder eine Reduzierung der Wer- Wirtschaftliche im März 2014 auf eine Absenkung des Rundfunk- bung im öffentlich-rechtlichen Hörfunk hätte gra- Bedeutung beitrags um 48 Cent auf 17,50 Euro ab April 2015. vierende Auswirkungen nicht nur auf die Finanzie- der Werbung Voraussetzung hierfür ist die Ratifizierung einer rung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und den im ö.-r. Hörfunk Änderung des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages Wettbewerb in der Hörfunkvermarktung, sondern durch die Länderparlamente. insbesondere auf die Bedeutung der Gattung Radio Damit war die medienpolitische Debatte über die als Werbemedium und somit auch für die Zu- zukünftige Finanzierung des öffentlich-rechtlichen kunfts- und Wachstumsperspektiven der privaten Rundfunks hinsichtlich der Höhe des Rundfunkbei- Radiosender und für die werbungtreibenden Un- trags beendet, nicht jedoch im Hinblick auf den ternehmen. Denn nach einem Gutachten des Mar- kenverbands und der Organisation Werbungtrei- bende im Markenverband würde „eine Reduzierung von Werbung in den ARD-Radioprogrammen … * Media Perspektiven. die Medialeistung von Radio nachhaltig schwächen Werbung im öffentlich-rechtlichen Hörfunk 51 | Media Perspektiven 2/2015 und Hörfunk als Werbeträger komplett in Frage Beginn der Radiowerbung stellen.“ (7) Die Folge wäre darüber hinaus „eine in der Weimarer Republik Gefährdung von Arbeitsplätzen für die mittelstän- Werbung ist mit dem Medium Radio (damals „Rund- Bereits erste dische Markenartikelindustrie“. (8) Dies gilt vor funk“ genannt) seit der ersten Sendestunde ver- Radiosendung allem auch für das bevölkerungs- und wirtschafts- bunden. Am 29. Oktober 1923 nahm die Berliner enthielt Werbung starke Bundesland Nordrhein-Westfalen mit einer Rundfunkgesellschaft mit der „Funkstunde Berlin“ Vielzahl von mittelständischen Unternehmen. Nach ihren Sendebetrieb auf. Unmittelbar nach den be- den Ergebnissen einer Studie zu den potenziellen rühmten Worten von Friedrich Georg Knöpfke, ei nem Folgen von Werbereduzierungen bei den Hörfunk- der Direktoren der Berliner Rundfunkgesellschaft, programmen des WDR könnten „wichtige Zielgrup- („Achtung, Achtung – hier ist die Sendestelle Ber- pensegmente, wie junge und ältere kaufkräftige lin im Voxhaus auf Welle 400 Meter. Meine Damen Hörer, … so gut wie gar nicht [mehr] werblich an- und Herren, wir machen Ihnen da von Mitteilung, gesprochen werden.“ (9) Außerdem hätte eine dass am heutigen Tage der Unterhaltungsrundfunk- Angebotsschwäche in Nordrhein-Westfalen „… dienst mit Verbreitung von Musikvorführungen auf zwangs läufig auch Auswirkungen auf den nationa- drahtlos-telefonischem Wege beginnt. Die Benut- len Hörfunkwerbemarkt.“ (10) Profiteure von frei zung ist genehmigungspflichtig …“) (16) folgte werdenden Budgets wären nicht die Tageszeitun- eine Live-Sendung des „Unterhaltungsrundfunks“. gen, sondern eher die aufstrebenden Onlineange- Drei der insgesamt zwölf Musikstücke spielte man bote. (11) Im Radiolager gäbe es im Falle einer jedoch nicht live, sondern sie wurden, wie aus- Reduzierung der Werbezeit beim WDR nur Verlierer: drücklich vermerkt wurde, auf „Voxplatten“ wieder- Neben dem WDR selbst die Werbewirtschaft in NRW, gegeben. Es folgte eine Durchsage, wonach zur die nationale Werbewirtschaft sowie die privaten Begleitung der Musikstücke ein Steinway-Flügel Hörfunkanbieter und ihre Eigentümer. (12) benutzt worden sei. (17) Auch wenn es zu Beginn des Rundfunks in Private Radiosender: In der Öffentlichkeit kaum beachtet, gibt es in Deutschland noch keine Tariflisten zur Abrechnung Unbegrenzte Deutschland für die privaten Radiosender keinerlei der Werbezeiten gab, so war die Erwähnung der Werbedauer seit 2010 zeitliche Beschränkung für Werbeausstrahlungen beiden Firmen doch von geschäftlichem Wert. Dies mehr. Im April 2010 wurden mit Inkrafttreten des hat der damalige Direktor der Vox Grammophon 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrages die Vor- GmbH, Kurt Magnus, später bestätigt. So seien die schriften über die „Dauer der Werbung“ für den Kapitaleinlagen der Vox Grammophon GmbH bei privaten Rundfunk (§ 45 RStV) liberalisiert. Die der Gründung der „Radio Stunde“ unter anderem neue Überschrift „Dauer der Fernsehwerbung“ sig- als Gegenleistung für das Recht gegeben worden, nalisiert, dass bei den Privatanbietern nur noch die bei den Ansagen das Voxhaus zu nennen. (18) Dauer der Fernsehwerbung (maximal 20 % der Allerdings soll der damalige Staatssekretär im Sendezeit pro Stunde) geregelt ist, nicht jedoch die Reichspostministerium und „Vater des deutschen Hörfunkwerbung. (13) Damit wurde den Privatra- Rundfunks“, Hans Bredow, auf diese Art der Wer- dios neben der unbeschränkten Gesamtwerbedauer bung, die Programm und Werbung miteinander ein weiterer wesentlicher Wettbewerbsvorteil ein- verband, ablehnend reagiert haben. (19) geräumt. Allerdings strahlen die privaten Radio- sender kaum mehr als zehn Minuten Werbung pro Zwecks Aufbaus der Sendeanlagen und Aufrecht- Werbung sollte Sendestunde aus, da „mehr als acht Minuten Wer- erhaltung des technischen Sendebetriebs für den Refinanzierung der bung/Stunde [hinsichtlich der Akzeptanz beim Pu- damals neuen Rundfunk waren Anfang der 1920er Sendeanlagen dienen blikum] bereits als programmunverträglich gelten.“ Jahre erhebliche Investitionen notwendig. Um diese (14) Im Falle einer
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