Der Nationalsozialismus Und Lateinamerika Institutionen – Repräsentationen – Wissenskonstrukte I

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Der Nationalsozialismus Und Lateinamerika Institutionen – Repräsentationen – Wissenskonstrukte I Sandra Carreras (Hrsg.) Der Nationalsozialismus und Lateinamerika Institutionen – Repräsentationen – Wissenskonstrukte I Ibero-Online.de / Heft 3, I IBERO-ONLINE.DE El Instituto Ibero-Americano Fundación Patrimonio Cultural Prusiano es un centro interdisciplinario que se dedica al intercambio científico y cultural con América Latina, España y Portugal. Alberga la mayor biblioteca especializada en Europa en cuanto al ámbito cultural iberoamericano. Asimismo, es un lugar de investigación extrauniversitaria, y tiene como objetivo la intensificación del diálogo entre Ale- mania e Ibero-América. En la serie IBERO-ONLINE.DE se publican textos provenientes de conferen- cias y simposios llevados a cabo en el Instituto Ibero-Americano. La serie se pro- pone difundir los resultados de las actividades científicas del Instituto más allá del contexto local. Las publicaciones de la serie IBERO-ONLINE.DE se pueden bajar en formato PDF de la página web del Instituto: <http://www.ibero-online.de>. A pedido especial, los textos de la serie también pueden ser publicados en versión impresa. Das Ibero-Amerikanische Institut PK(IAI) ist ein Disziplinen übergreifend konzi- piertes Zentrum der wissenschaftlichen Arbeit sowie des akademischen und kultu- rellen Austauschs mit Lateinamerika, Spanien und Portugal. Es beherbergt die größte europäische Spezialbibliothek für den ibero-amerikanischen Kulturraum, zugleich die drittgrößte auf diesen Bereich spezialisierte Bibliothek weltweit. Gleichzeitig erfüllt das IAI eine Funktion als Stätte der außeruniversitären wissen- schaftlichen Forschung sowie als Forum des Dialogs zwischen Deutschland, Euro- pa und Ibero-Amerika. In der Reihe IBERO-ONLINE.DE werden in loser Folge Texte auf der Grund- lage von Vorträgen und Symposien veröffentlicht, die am Ibero-Amerikanischen Institut PK stattgefunden haben. Die Reihe dient der Diffusion der Ergebnisse wis- senschaftlicher Veranstaltungen des Ibero-Amerikanischen Institutes und soll zu deren Verbreitung über den regionalen Rahmen und die Teilnehmerinnen und Teil- nehmer der Veranstaltungen hinaus beitragen. Die Publikationen der Reihe IBERO-ONLINE.DE können über die Homepage des IAI im PDF-Format heruntergeladen werden: <http://www.ibero-online.de>. Sie werden bei Bedarf auch als Druckversion aufgelegt. Composición/Satz: Anneliese Seibt 1ª edición/1. Auflage 2005 © Ibero-Amerikanisches Institut Preußischer Kulturbesitz, Potsdamer Str. 37, 10785 Berlin ISBN 3-935656-20-3 Inhalt Sandra Carreras Einleitung................................................................................................................. 4 Ulrike Bock Deutsche Lateinamerikaforschung im Nationalsozialismus – Ansätze zu einer wissenschaftshistorischen Perspektive....................................................... 7 Antonio Sáez-Arance Das Frühwerk Richard Konetzkes und der Nationalsozialismus .......................... 23 Felix Brahm Das Deutsch-Dominikanische Tropenforschungsinstitut 1937-1940. Basis für eine deutsche Kolonie in der Dominikanischen Republik oder “Experimentierfeld” für koloniale Aufgaben in Afrika? .............................. 35 Andrés H. Reggiani Medicina y Kulturpolitik en la era del nacionalsocialismo: la Academia Médica Germano-Ibero-Americana (1936-1939)................................. 57 Sandra Carreras* Einleitung Die Erforschung der Beziehungen zwischen dem Nationalsozialismus und Latein- amerika stand lange Zeit im Zeichen der Geschichte der zwischenstaatlichen und wirtschaftlichen Beziehungen. Demgegenüber wird heute erkannt, dass weitere Ansätze und Perspektiven nicht nur möglich sondern geradezu geboten sind, um die Komplexität des Themas annähernd zu erfassen. Mit dem erklärten Ziel, den Austausch zwischen den Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen, die über verschiedene Aspekte dieser Thematik arbeiten, zu intensivieren, wurde am 28. und 29. Mai 2004 die Arbeitstagung “Der Nationalsozialismus und Lateinamerika. Institutionen – Repräsentationen – Wissenskonstrukte” vom Ibero-Amerikanischen Institut PK in Berlin veranstaltet. Insgesamt bot die Tagung durch ihren Workshop-Charakter Gelegenheit, den Stand und die Ergebnisse neuerer bzw. noch laufender Forschungsarbeiten zu prä- sentieren und gemeinsam Arbeitsmethoden und weitere Fragestellungen zu disku- tieren. Dabei wurde klar, dass die Einordnung und Bewertung der Beziehungen zwischen Deutschland und Lateinamerika in der Zeit des Nationalsozialismus ei- nen breiteren Zeithorizont erfordert: Nur unter Einbeziehung früherer und späterer Entwicklungen kann der Betrachter Brüche und Kontinuitäten identifizieren. Dies ist vor allem im Bereich der Wissenschaftsgeschichte besonders wichtig, um das Selbstverständnis der involvierten wissenschaftlichen Institutionen und Disziplinen sowie die aus ihnen hervorgegangenen Wissenskonstrukte, die heute noch zum Teil weiterleben, zu hinterfragen. Anknüpfend an die Aufarbeitung der Geschichte des Ibero-Amerikanischen Instituts1 wurde während der Tagung über die Rolle weiterer Institutionen und Wissenschaftler berichtet, die sich in Deutsch- land während der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft mit Lateinamerika befassten. Die Austauschprozesse zwischen lateinamerikanischen und deutschen Akademikern wurden auch in Betracht gezogen. Ulrike Bock beschreibt die Ent- wicklung der deutschen Lateinamerikaforschung zwischen 1917 und 1944 im Hin- blick auf die Wechselwirkungen zwischen Wissenschaft, Gesellschaft und Politik. Nach dem Ersten Weltkrieg war die Lateinamerikaforschung vorrangig an den Interessen der Wirtschaft ausgerichtet. Sie wurde primär an außeruniversitären Einrichtungen betrieben, so den Ibero-Amerikanischen Instituten in Hamburg (1917) und Berlin (1930) sowie dem Geographischen Institut in Kiel. Während der dreißiger Jahre war die Beschäftigung mit Lateinamerika zum größten Teil von der deutschen Kulturpropaganda und Erforschung des Deutschtums in der Region ge- prägt. Mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges stieg der Legitimationsdruck jeg- licher wissenschaftlicher Betätigung, die nicht unmittelbar in Verbindung mit dem Kriegsgeschehen stand. In diesem Zusammenhang wurden mehrere wissenschaftli- che Großprojekte ins Leben gerufen, an denen sich auch Lateinamerikaforscher beteiligten. Ziel dieser Projekte war vor allem, die angebliche Allgemeingültig- * (Dr. Phil.), Wissenschaftliche Angestellte am Ibero-Amerikanischen Institut PK, Berlin. 1 Aus Anlass seines 70-jährigen Bestehens hat das Ibero-Amerikanisches Institut seine eigene Rolle während des Dritten Reiches untersucht und offen gelegt in dem von Reinhard Liehr, Gün- ther Maihold und Günter Vollmer herausgegebenen Sammelband Ein Institut und sein General. Wilhelm Faupel und das Ibero-Amerikanische Institut in der Zeit des Nationalsozialismus (Bibliotheca Ibero-Americana, 89), erschienen 2003 beim Verlag Vervuert, Frankfurt am Main. Einleitung 5 keit der nationalsozialistischen Kategorien und Paradigmen regional zu verifizieren und universal zu etablieren. Themenwahl und Forschungsperspektive waren poli- tisch motiviert. Im Jahre 1940 erfolgte die Einbeziehung Lateinamerikas in die neu gegründete Auslandswissenschaftliche Fakultät in Berlin. Auch hier stand nicht das Wissen über die Region im Vordergrund, vielmehr sollte diese als Raum zur An- wendung “einer politischen Grundwissenschaft” dienen. So fand die Professionali- sierung der Landeskunde sowie der geschichtswissenschaftlichen Beschäftigung mit Lateinamerika im Rahmen von vornehmlich politisch motivierten Forschungs- interessen statt. Bezug nehmend auf diesen Zusammenhang bietet Antonio Sáez-Arance eine wissenschafts- und historiographiegeschichtliche Einordnung des Frühwerks Ri- chard Konetzkes (1897-1980), der unbestritten als Vater der modernen historischen Lateinamerikaforschung in Deutschland gilt. Schon in den zwanziger Jahren be- schäftigte sich Konetzke mit Spanien und seinen Kolonialgebieten im Rahmen seiner Forschungen zur Geschichte der internationalen Beziehungen; gleichzeitig widmete er sich auch der Geschichte des Auslandsdeutschtums. Seine Werke gehö- ren zweifellos nicht der Kategorie der ideologisierten Kampfliteratur an; seine be- wusste Abgrenzung von einer propagandistischen Publizistik sowie der Versuch, auf hohem Niveau wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse zu vermitteln, sind unbestreitbar. Andererseits weisen seine Schriften Züge auf, die dem charakteristi- schen Sprachduktus der nationalsozialistischen Geschichtsschreibung entsprechen. So präsentiert er “das spanische Volk” als überzeitlich handelndes Subjekt und sieht die “Volksgemeinschaft” durch “Einheit”, “Glaube” und “Unbedingtheit” konstituiert. Rassistische sowie tendenziell antisemitische Aussagen sind oft in scheinbar sachliche Argumentationen eingebettet und können nur im Kontext einer bewussten Annäherung an den nationalsozialistischen Diskurs verstanden werden. Das Interesse an Lateinamerika blieb in Deutschland während der dreißiger und vierziger Jahre nicht auf das Gebiet der Geistes- und Kulturwissenschaften be- schränkt. Die Region wurde auch als ein Art Experimentierfeld für naturwissen- schaftliche und medizinische Forschungszwecke in Betracht bezogen. Vor diesem Hintergrund untersucht Felix Brahm die Geschichte des Deutsch-Dominikani- schen Tropenforschungsinstituts (DDTFI), das 1937 in “Ciudad Trujillo” (Santo Domingo) eingeweiht wurde. Ungeachtet der finanziellen Beteiligung der domini- kanischen Regierung und des nach außen getragenen Bildes eines Gemeinschafts- projekts fungierte das Institut hauptsächlich als eine Forschungsstation
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