Unser Geschäftsmodell Hat Sich Total Gewandelt«
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STRATEGIE & INNOVATION → Smudo »Unser Geschäftsmodell hat sich total gewandelt« Autor: Christian Thunig „Die Fantastischen Vier“ sind in zwei Jetzt ist Fanta 4 auf der ganzen Linie mit VW liiert. Aber sind Musik und Auto grundsätzlich kompatibel? Jahrzehnten zu einer Marke und der SMUDO: Ich finde das schon schwierig, Auto und Musik zusammenzubringen. Aber VW steht von allen Automobil- deutschen Rap-Band Nummer eins herstellern der Musik noch am nächsten: durch das VW- avanciert. Aber auch eine solche Marke eigene Talentnetzwerk Sound Foundation, die Golf- Serien „Bon Jovi“, „Genesis“ und „Pink Floyd“ in der Vergan genheit, muss verjüngt und relauncht werden. Limousinen-Services im Umfeld von Musikveranstaltungen Und wie in anderen Branchen hat sich und Seal, der als Testimonial ja mit Heidi Klum unterwegs ist. Und zu guter Letzt bin ich selber im Rennsport aktiv. auch für die Künstler das Geschäfts- Und Ihr Testimonial-Engagement für Word of Warcraft? modell komplett verändert. Wie sehen Sie das vor dem Hintergrund der Spielsucht- Diskussion? Das R&B macht einen leicht abgewetzten Eindruck. In dem SMUDO: Ich habe, seitdem ich neun Jahre bin, Videospiele Bistro in Hamburg sitzt ein angenehm normaler Geschäfts- gespielt, als Teenager habe ich sogar selber welche program- mann und Familienvater, Sänger Smudo von den „Fantasti- miert. Ich finde es eine supergeile Kunstform. Das ist eine schen Vier“, Deutschlands bester Rap-Formation. Taggenau der größten Entertainmentbranchen auf der Welt. World of zum 20-jährigen Bühnenjubiläum am 7. Juli 2009 treffen wir Warcraf t ist in erster Linie ein großartiges Spiel und deshalb dort in der Nähe seiner Wohnung den Frontman. Smudo per Definition suchtgefährdend. Ein spannendes Buch legt weiß genau, was den Markenkern von den „Fantas“, wie sie man auch nicht einfach beiseite. Sucht in elektronischen sich selbst gerne nennen, ausmacht, was die Marke aushält Medien wird in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. und wie sie am besten gesteuert wird. Erst der Erfolg von WoW hat dieses Thema in eine breite Öffentlichkeit gebracht. Die Testimonial-Kampagne mit Rap und Celebrity-Werbung klingt komisch zusammen? War William Shatner, Mr. T, Jean Claude van Damme und Ozzy die erste Hürde, Werbung zu machen, nicht hoch? Osbourne war in den USA der Renner, und ich war total stolz SMUDO: Das stimmt. Ich persönlich war zunächst auch ein darauf, als deutsches Pendant erstmals gefragt worden zu großer Gegner. Und dann auch noch Autofirmen – das ist sein. Und Geld gab es auch, aber das spielte nur in zweiter doch der Teufel! Aber als die Hemmung weg war und wir Linie eine Rolle, und es war auch nicht viel. In erster Linie bei Toyota gesehen haben, dass wir unsere eigene Marke fand ich es einfach cool. künstlerisch transportieren und unsere eigenen Spots ma- chen können, fanden wir das dann sehr nützlich. Wir haben Also Geld ist nicht so wichtig? auch immer schon mit verschiedenen Medien gearbeitet SMUDO: Wenn ich ein Angebot nicht so cool finde, dann und für Premiere beispielsweise 1993 eine Fernsehsendung überlege ich, inwieweit ich mich argumentativ darin zu- gemacht oder daneben eine Radioshow in Stuttgart. Auch die rechtfinde, sodass ich es in Bezug auf mein Image und meine Bühnentechnik und -optik machen wir in Eigenregie. Wir betriebswirtschaftlichen Interessen vereinbaren kann. Denn haben auch früher unsere Spots selbst gedreht für unsere ich verdiene natürlich auch gerne Geld … Konzerte. Aus Jux haben w ir deshalb öf ter davon gesprochen, eine eigene Agentur zu gründen mit all den romantischen Haben Sie Einflussmöglichkeiten oder Gestaltungsspiel- Vorstellungen vom Werbungmachen … räume bei der Konzeption der Werbespots? 68 absatzwirtschaft 8/2009 Breites Interessenspektrum: Smudo ist Flieger, Rennfahrer, Schauspieler und Synchronsprecher. Seit 2003 ist der Sänger und Texter der Fanta 4 im Rateteam der SWR-Show „Sag die Wahrheit“. In jungen Jahren hat er sogar Computerspiele programmiert. SMUDO: Das ist der Deal, dass wir viel mit gestalten können. über Plattenverkäufe hereinbekommt, brauchen Künstler Damals bei Toyota beispielsweise fanden wir die Vorschläge, heute notwendigerweise Werbe- und Sponsoringpartner. die die Agentur uns gemacht hatte, nicht gut. Aber man hatte uns gebeten, dass wir uns dennoch mit der Agentur arran- Gibt es eine Zukunft für die Tonträgerindustrie? gieren. Also haben wir der Agentur 25 Filme, die wir mit SMUDO: Es zeichnet sich schon heute deutlich ab, dass nicht unserem Regisseur gemacht hatten, vorgelegt. Die konnten mehr der Tonträger die Wertschöpfung ist, sondern der dann auswählen und es Toyota vorstellen. Die haben wir Künstler und seine Aktivitäten und was er sonst an Marke- übrigens außerordentlich ausgef lippt gestaltet. Und alle, ting verkaufen kann. Und das muss nicht nur ein Werbespot insbesondere Werber, die ich kenne, haben sich gewundert, sein. Das kann alles Mögliche sein, wie ein Auftritt auf dem dass ein in Werbedingen eher als konventionell positioniert Coca-Cola-Festival in Berlin. Das ist eine eiskalte Marketing- geltender Hersteller so etwas mitmacht. angelegenheit, es ist aber auch eine kulturelle Veranstaltung am Brandenburger Tor, die mit Musik assoziiert wird und Und beim VW-Spot? zu der 100 000 Menschen kommen. Und Coca-Cola bezahlt SMUDO: Beim GTI-Spot bin ich allerdings erst ganz spät stolze Gagen, weil es auch Werbung ist. angefragt worden, weil zunächst irgendein Schauspieler vorgesehen war. Aber auf höherer Ebene wurde dann ent- Finden das Künstler für ihr Image nicht eher schädlich? schieden, dass man gerne einen hätte, der für was steht. In SMUDO: Ich f inde es f ürs Image nur mäßig bedenklich. Um- diesem Zusammenhang ist dann mein Name gefallen. Den gekehrt ist ein Festival, bei dem nicht ersichtlich ist, wer es vorgelegten Spot fand ich sehr gut, weil ich das Gefühl hatte, sponsert, so ungewöhnlich, wie wenn auf dem Rummelplatz dass ich dabei sehr gut wegkomme. Und da wir sowieso mit keine Lichter leuchten. Alle Aktivitäten hängen irgendwie an VW zusammenarbeiten, war es glaubwürdig. Wie wichtig sind eigentlich Werbeverträge? SMUDO: Letztlich hat sich unser Geschäftsmodell total ↘ gewandelt. 1997/98 zeichnete sich schon ab, dass mit dem powered by Plattenverkauf einfach nicht mehr nennenswert zu verdie- Smudo live nen war. Im Jahre 2003 mussten wir dann schließlich auch beim Radio Day unser Plattenlabel „Four Music“ an Sony verkaufen. Heute ist es das Livegeschäft, womit wir unser Geld verdienen. Die Wer übrigens Smudo live erleben möchte, kann dies auf Platten bewerben eigentlich nur noch das Livegeschäft und dem diesjährigen Radio Day am 22. September in Köln den Künstler selbst. Allerdings müssen wir in der Wahrneh- tun. Bei dem Branchenevent, das unter dem Motto „Ideas mung live gegen internationale Stars antreten wir Christina für Ears“ steht, wird das Bandmitglied der Fantastischen Aguilera oder Justin Timberlake mit Bühnen, die ein Schwei- Vier im Dialog mit Amir Kassaei, Kreativchef bei DDB und negeld kosten, die sie aber über die ganze Welt tragen und ADC-Vorstandssprecher, das Thema Kreativität beleuchten: sich dadurch besser rechnen können. Wir spielen nur „GAS“, einerseits die Perspektive des Künstlers mit den dazugehö- Germany, Austria, Switzerland, daher amortisiert sich die rigen Freiheiten, andererseits die des originellen Werbers, Bühne bei uns nicht in der Weise, müssen aber trotzdem auf der nach Kundenwünschen und quasi auf Kommando ideen - dem Top-Level mithalten. Mittlerweile müssen wir etwa das reich sein muss. ← Dreifache dessen ausgeben, was w ir vor f ünf Jahren ausgege- Mehr unter www.radioday.de ben haben. Um das abzufedern, und weil man das nicht mehr absatzwirtschaft 8/2009 69 STRATEGIE & INNOVATION → Smudo »Vom Plattenverkauf leben wir nicht, sondern von Veranstaltungen und Sponsoring.« Testimonial-Einsatz: GTI-Kampagnen-Vorstellung mit (v. l.) Rennfahrer Hans- Joachim Stuck, Volkswagen-Markenvorstand Christian Klingler und Smudo. Marken, und das ist heute das Geschäft. Die Plattenfirmen verdienen in diesen Beruf mischen und denen man abkauft, stehen dagegen mit dem Rücken zur Wand. Sie haben nur dass sie das ehrlich meinen, was sie da machen. Dieses ganze Tonträger zu verkaufen. Sie haben nicht mal die Rechte, die Ding ist die Marke Fanta 4. Jetzt sind wir allerdings in einer Musik zu versenden, und sie haben auch die Merchandising- spannenden Phase, ob wir die Zielgruppe, die mit der Marke rechte nicht und erst recht nicht die Marketingrechte. Das groß geworden ist, über die Ränder hinaus ausdehnen kön- haben die Verlage. nen. Oder bleiben w ir eingefroren in unserer Zielgruppe und werden einfach nur mit ihr älter? Die Herausforderung ist Also haben die Plattenfirmen eigentlich keine Chance … jetzt, in die jeweils jüngere und ältere Generation hineinzu- SMUDO: Das Buzzword vor zwei Jahren war, 360-Grad- wachsen. Wir haben mit den letzten Alben auch viele junge Verträge zu machen, wo sie alles für die Bands machen, und Leute mitgenommen, die ja oft automatisch durch entspre- das auch noch als Dienstleistung für die Künstler verkau- chenden Charterfolg rekrutiert werden. fen. Ich halte das zwar aus Plattenfirmensicht für logisch, aber aus Künstlersicht für wenig sinnvoll. Uns wurde 1990 Haben Sie über die Jahre die Marke justiert? auch Merchandising von unserer Plattenfirma angeboten. SMUDO: Ab 1995 haben wir so ein Bewusstsein dafür bekom- Das haben wir abgelehnt. Zum einen wollten wir das selber men und gelernt, auch mal eine übergeordnete Perspektive machen, zum anderen waren wir nicht sicher, ob