11. Jahrgang · Heft 4/2007

• Gemeinsam gegen feste Beltquerung • Editorial: Die Zukunft der Knicklandschaft • Gewässerschutz auf der Kippe • Eiderstedt: Blauer Brief aus Brüssel • Nisthilfen für Turmfalken im Kreis Plön • A 20: Unzureichender Schutz von Fledermäusen • Interview mit Karl Kugelschafter • Erste Hilfe für Fledermäuse • Leserbrief: Lokale Bündnisse

Magazin des NABU Schleswig-Holstein 4/07

IMPRESSUM Herausgeber: NABU Schleswig-Holstein www.nein-zur-beltquerung.de Färberstraße 51, 24534 Neumünster Tel. 04321-53734, Fax 5981 Internet: www.NABU-SH.de E-Mail: [email protected]

Spendenkonto: Sparkasse Südholstein BLZ 230 510 30 Dänen und Deutsche kämpfen gemeinsam Konto-Nr. 285 080 Ende Juni ist sie nun gefallen, die seit Jahren unzählige Male vertagte politische Entscheidung Ver trieb: für die feste Fehmarnbeltquerung.Vorausgegangen ist ein nicht enden wollendes Verwirrspiel Beilage Naturschutz heute & und Gepoker um die Verteilung der finanziellen Lasten zwischen Deutschland und Däne- NABU Schleswig-Holstein mark. Am Ende hat das Königreich Dänemark den Knoten schließlich durchgeschlagen und Auflage: 15.500 Exemplare sich bereit erklärt, den Löwenanteil des finanziellen Risikos für das voraussichtlich (!) insge- Internet: www.Betrifft-Natur.de samt 5,5 Milliarden teure Bauwerk zu tragen.

Redaktion: Hermann Schultz ie Hinterlandanbindung auf schleswig- Aber auch von anderer Seite wird dem Projekt Prof. Dr. Rudolf Abraham Dholsteinischer Seite, deren Kosten derzeit künftig der Wind sehr stark entgegenwehen. Ingo Ludwichowski auf voraussichtlich rund 840 Millionen Euro Denn angesichts der zu erwartenden Beein- Carsten Pusch beziffert werden, soll mit Hilfe einer kleinen trächtigungen des Vogelzuges – jährlich pas- Finanzspritze durch die EU von deutscher sieren rund 90 Millionen skandinavische und Gestaltung und Herstellung: Seite finanziert werden. Woher die hierfür sibirische Zugvögel den Fehmarnbelt – sowie Lürssen Brügmann Werbeagentur erforderlichen Eigenmittel kommen sollen, ist des gesamten marinen Ökosystems durch den jedoch unklar. Allein das Land Schleswig-Hol- Bau und den Betrieb der Brücke – wird der Der NABU Schleswig-Holstein stein wird mit seinem Anteil von rund 60 Mil- NABU auch weiterhin mit allen rechtlichen übernimmt keine Gewähr für lionen Euro die Grenzen seiner finanziellen Mitteln gegen den Bau der festen Fehmarn- unaufgefordert eingesandte Leistungsfähigkeit zwangsläufig überschreiten beltquerung kämpfen. Wenn nötig wird er Manuskripte, Fotos und andere müssen. auch den Klageweg beschreiten. Dabei kann Unterlagen. Die Redaktion behält Klar ist hingegen, dass sich die deutsche der NABU übrigens auf die Unterstützung sich Kürzungen und die journa- Seite durch den weitgehenden Rückzug aus dänischer Partner, der Dansk Ornitologisk listische Bearbeitung aller Beiträge der Finanzierungsverantwortung auch ihre Forening DOF sowie auf Danmarks Natur- vor. Mit Verfassernamen gekenn- Mitspracherechte hat abkaufen lassen. Denn fredningsforening DN, der größten dänischen zeichnete Beiträge müssen nicht die wer bezahlt bestimmt die Musik! Und folge- Naturschutzorganisation, zählen. Meinung des NABU Schleswig- richtig sollen Planung, Bau und Betrieb der Nachdem bereits im vergangenen Jahr ein Holstein oder der Redaktion wieder- Brücke ausschließlich durch den Meistbieten- Treffen auf einem Fährschiff der Scandlines- geben. den, das Königreich Dänemark, erfolgen. Reederei stattgefunden hat, sind hochrangige Inwieweit deutsche Interessen und Belange Vertreter der drei insgesamt weit mehr als eine Erscheinungsweise: bei alledem überhaupt berücksichtigt werden, halbe Million Mitglieder zählenden Natur- Vierteljährlich ist also völlig offen. schutzorganisationen Ende September 2007 Der NABU hat unterdessen seine Kritik an in Kopenhagen zusammenkommen, um über Redaktionsschluss der nächsten diesem völlig sinnlosen Infrastrukturprojekt die weiteren strategischen Schritte zu beraten. Ausgabe: 1. Dezember 2007 wiederholt sehr deutlich bekräftigt. So hat Unterdessen wird im Internet unter NABU-Präsident Olaf Tschimpke, der die www.Nein-zur-Beltquerung.de die E-Mail- Insel Fehmarn Anfang Juli diesen Jahres Protestkampagne gegen die feste Fehmarn- besuchte, noch einmal unmissverständlich belt-Querung, die der NABU im September vor den unvorhersehbaren Folgen für Natur, 2006 gestartet hat, fortgeführt. Weit mehr als Landschaft, Arbeitsplätze und Tourismus auf 7.000 Menschen aus allen Teilen Europas und Deutschlands Ferieninsel Nr.1 gewarnt. Der darüber hinaus haben sich gegen das Projekt Präsident des Bundesamtes für Naturschutz, ausgesprochen und angekündigt, diese Brücke Hardy Voigtmann, hat sich ebenfalls bei im Falle der Realisierung nicht zu nutzen. Titelbild: einem Ortstermin deutlich gegen das Projekt Thomas Behrends ausgesprochen. Aber auch im Hinblick auf Wirtschaftlich- Natürliche Küstendynamik an der Ostseeküste, hier im Bereich des keitsaspekte droht dem Bauwerk ein Fiasko. Ingo Ludwichowski Truppenübungsplatzes Putlos. Auch So ist angesichts der im Zuge des Klimawan- Geschäftsführer NABU Schleswig-Holstein die Küstengewässer der Nord- und dels zu erwartenden Zunahme von Stark- Färberstr. 51 Ostsee sind Bestandteil der Europäi- windereignissen davon auszugehen, dass die 24534 Neumünster schen Wasserrahmenrichtlinie und sol- len bis zum Jahre 20015 einen guten Brücke während eines erheblichen Teils des Tel. 04321-953073 ökologischen Zustand erreichen. Jahres nur von PKW genutzt werden kann. [email protected]

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Editorial Die Zukunft der Knicklandschaft

an kann es kaum glauben, dass diese mung unserer Heimatlandschaft? Was werden MLandesregierung, die seinerzeit mit der die vielen Urlaubsgäste sagen, die auch wegen Begründung der Verwaltungsvereinfachung der strukturreichen Kulturlandschaft hier in den geltenden Knickerlass ersatzlos kassierte Schleswig-Holstein Urlaub machten? und mitteilen ließ, dass der Gesetzestext aus- Außer diesen landschaftsästhetischen As- reiche, nun dabei ist, einen neuen Knickerlass pekten darf nicht vergessen werden, dass die vorzubereiten. Knicks als linienhafte, mit Saumbiotopen Im Gegensatz zu dem früheren Knickerlass, ausgestattete und untereinander vernetzte der schwerpunktmäßig Pflegemaßnahmen Landschaftsbestandteile eine herausragende zum Erhalt der Knicks festlegte, ist der neue ökologische Bedeutung für die Vernetzung Knickerlassentwurf eine Anleitung zum Ver- verschiedener Biotope haben, die, sollten sie schieben und Beseitigen von Knicks, wenn zukünftig wegfallen, der bereits durch das dies aus wirtschaftlichen Gründen – die je- umfangreiche Straßennetz verursachten Ver- doch nicht weiter konkretisiert werden – inselung noch weiter Vorschub leisten. erforderlich ist. Während der alte Knickerlass Auch die Unteren Naturschutzbehörden ein Verschieben oder gar Beseitigen von lehnen den Knickerlassentwurf in der vor- Knicks eigentlich gar nicht vorsah, weil die liegenden Form ab. Das Landwirtschafts- negativen ökologischen Auswirkungen sol- ministerium erklärte am 24. September 2007 cher Maßnahmen bekannt waren und weil „Der Landesregierung ist der Erhalt unserer deshalb das seinerzeitige Landesnaturschutz- schleswig-holsteinischen Knicklandschaft ein gesetz eine Vernichtung von Knicks grund- wichtiges Anliegen“ Wenn dem wirklich so ist, sätzlich untersagte, eröffnet der neue Knicker- sollte die Landesregierung diesen Knickerlass- lassentwurf diese Möglichkeit. Darüber entwurf kommentarlos zurücknehmen. hinaus ist es nun nicht mehr zwingend erfor- derlich, dass bei einer Neuanlage von Knicks Der NABU wird sich intensiv dafür einsetzen! diese mit dem bestehenden Knicknetz ökolo- gisch verbunden werden müssen. Nun hat es eine öffentliche Auseinander- Mit freundlichen Grüßen setzung über diesen geplanten Knickerlass gegeben, in der das Landwirtschaftsminis- terium sich fast ausschließlich dazu äußerte, dass es sich hierbei nicht um einen Erlass sondern nur um eine „Handreichung für die Hermann Schultz Ausgestaltung von Ausgleichsmaßnahmen“ NABU Landesvorsitzender handele. Damit hat das Landwirtschafts- ministerium auch deutlich gemacht, worum es ihm in dem neuen Knickerlassentwurf wichtig ist: Es geht dem Landwirtschafts- ministerium nicht um Schutz, Pflege und Erhaltung bestehender Knicks nein, es geht um Ausgleichsmaßnahmen für vernichtete Knicks. Damit wird der großräumigen Verände- rung der schleswig-holsteinischen Knickland- schaft Tür und Tor geöffnet. Angesichts des geplanten gewaltigen Ausbaus von Biogas- anlagen mit ihrem ungeheuren Bedarf an hochwertigen Ackerflächen für den intensiven Maisanbau ist es natürlich einfacher, dies in einer knickarmen, ausgeräumten Landschaft zu verwirklichen. Aber – so muss man sich fragen – wollen wir Schleswig-Holsteinerinnen und Schles- wig-Holsteiner eine solche radikale Ausräu-

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Europäische Wasserrahmenrichtlinie Geht der Gewässerschutz in Schleswig-Holstein den Bach runter?

Die Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) verliert in Schleswig-Holstein zunehmend an Dynamik. Damit könnte eine historische Chance zur Wiederherstellung naturnaher und sauberer Gewässer vertan werden. Kritik am Kurswechsel der Landesregierung üben die an der Umsetzung der Richtlinie mitwirkenden Naturschutzorganisationen BUND, LNV,NABU und WWF.

ie im Jahr 2000 in Kraft getretene DEuropäische Wasserrahmenrichtlinie ver- pflichtet sämtliche Mitgliedsstaaten der EU, ihre Gewässer – Grundwasser, Flüsse, Seen und Küstengewässer – bis 2015 in einen Foto: Sabine Reichle „guten ökologischen Zustand“ zu versetzen. „Wasser ist keine übliche Handelsware, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt werden muss“ (Wasserrahmenrichtlinie, 1. Erwägungsgrund). Die für Gewässer typischen Tier- und Pflan- zenarten sollen sich entwickeln können, Belastungen mit Nähr- und Schadstoffen reduziert werden, ausreichendes sauberes Trinkwasser zur Verfügung stehen und Schä- den durch Hochwasserereignisse durch mehr Raum für die Gewässer verhindert werden.

Von Vorreiterrolle im Gewässer- schutz verabschiedet Auch der Schutz wassergebundener Landökosysteme gehört zu den Zielen der WRRL. Die Ent- wässerung von Feuchtgrünland und Niedermoorböden wie hier in der Nähe von Rümpel bei Bad Grundsätzlich haben die in der AG Wasser- Oldesloe sollte damit eigentlich der Vergangenheit angehören. rahmenrichtlinie zusammengeschlossenen Naturschutzorganisationen den bisherigen Weg der Umsetzung der europäischen Vor- Umsetzungsprozess lässt das Land jedoch in gefordert, flächendeckend alle Gewässer zu gaben, vor allem hinsichtlich der Öffentlich- seinem Engagement nach und verabschiedet verbessern, konzentriert sich das zuständige keitsbeteiligung begrüßt. Viele ehrenamtliche sich vor allem zugunsten der intensiv ausge- Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Mitarbeiter in den Arbeitsgruppen vor Ort richteten Landwirtschaft aus seiner Vorreiter- ländliche Räume (MLUR) auf die Renaturie- bringen sich seit Jahren mit Engagement, rolle im Gewässerschutz. Naturschutzfachli- rung weniger ausgewählter Vorranggewässer Zeit und Fachkenntnis in die Umsetzung che Notwendigkeiten weichen zunehmend mit möglichst öffentlichkeitswirksamen Vor- der WRRL ein. In dem seit 2001 laufenden den Nutzerinteressen. Statt, wie von der EU zeige-Projekten.

Kritik am Konzept der Die Arbeitsgruppe Wasserrahmenrichtlinie der Naturschutz- Vorranggewässer organisationen Schleswig-Holstein Dem Konzept der Vorranggewässer liegt, so Die Naturschutzorganisationen BUND, LNV, NABU und WWF haben frühzeitig erkannt, das zuständige Ministerium, die Notwendig- dass die Umsetzung der Ende 2000 in Kraft getretenen EU-WRRL eine Bündelung aller keit zugrunde, die drastisch reduzierten Kräfte erfordert. Im Jahr 2001 gründeten sie daher eine gemeinsame Arbeitsgruppe, die Finanzmittel zur Umsetzung der WRRL nur seitdem die Umsetzung im Land begleitet. Zu den Aufgaben gehören die politische Lobby- auf bestimmte Gewässer zu konzentrieren. arbeit zum Gewässerschutz sowie die Koordination und Betreuung der ehrenamtlichen Was erst einmal gut klingt, stellt sich in der NaturschutzmitarbeiterInnen in den 33 Bearbeitungsgebietsgruppen, die das Umwelt- Praxis als erheblicher Hemmschuh bei der ministerium 2001 mit der Umsetzung der WRRL betraut hat. Auch die bundesweite Gewässerrenaturierung im Sinne der WRRL Zusammenarbeit zum Thema mit anderen Naturschutzorganisationen gehört zu den heraus. Denn die Konzentration der Maßnah- Tätigkeiten. Die BINGO! Umweltlotterie unterstützt projektbezogen diese wichtige Arbeit men soll gerade an den Fließgewässern erfol- der Naturschutzorganisationen. gen, die bereits jetzt für einen relativ guten ökologischen Zustand bekannt sind. Gewäs-

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ser, deren ökologischer Zustand bedenklich ist Zustand sei optimal, das gute ökologische oder in denen beispielsweise die Populationen Potenzial somit ausgeschöpft. Unabhängig typischer Fließgewässerarten zu verschwinden von den Ergebnissen der Untersuchung der drohen, werden nun in der Reihenfolge der biologischen Qualitätskomponenten wird der Maßnahmenplanung nach hinten geschoben. jetzige Zustand als optimaler Zustand defi-

Sie können bei der Prioritätenfestlegung in niert. Weitere Überlegungen zur Verbesserung Foto: Thomas Behrends der Bewirtschaftungsplanung sogar ganz her- der Gewässer werden damit im Keim erstickt ausfallen. Besonders wenig mobile und daher und der einseitigen Bevorzugung der Land- ausbreitungsschwache Artengruppen wie wirtschaft untergeordnet. Großmuscheln oder Köcherfliegen könnten in diesen Abschnitten aussterben. Die Siche- Verbesserung der Gewässer- rung der lokalen Artenvielfalt von Wasser- strukturen notwendig pflanzen, Fischen und Wirbellosen ist aber von besonderer Bedeutung für die ökologi- Um den von der EU geforderten guten ökolo- sche Funktionsfähigkeit vieler Gewässer. gischen Zustand der Gewässer bis 2015 zu Als Folge einer unsachgemäßen Gewässer- Gerade an vorgeschädigten Gewässern ist es erreichen, muss in Schleswig-Holstein das unterhaltung liegen ausgebaggerte Groß- daher wichtig, erkannte negative Einflüsse so Augenmerk besonders auf die flächendecken- muscheln auf dem Ufer der Neuwührener Au. schnell wie möglich abzustellen oder abzu- de Verbesserung der Gewässerstruktur gelegt mildern. werden. In den vergangenen Jahrzehnten wurden die Bäche und Flüsse ihrer meisten Hindernis für wandernde Fische und Wirbel- Vernachlässigung der natürlichen Strukturen beraubt: Mäander lose darstellen. Dies ist auch ein wichtiger Marschengewässer fielen der Begradigung zum Opfer, Bach Aspekt bei der Umsetzung der Ziele der begleitende Gehölze wurden gerodet, Steine, WRRL, darf aber nicht darauf beschränkt Die jetzt vom Land geplante Vorgehensweise Kiesel, Wasserpflanzen, Laub und Totholz aus werden. Derartige technische Projekte lassen offenbart am Beispiel der überwiegend dem Bachbett entfernt. Diese Strukturen sind sich hervorragend planen, umsetzen und der als künstlich eingestuften Marschengewässer jedoch notwendige Lebensgrundlagen für die Öffentlichkeit erfolgreich vermitteln. Damit einen mangelnden Willen des Umweltminis- Pflanzen- und Tierwelt, die die ökologische werden allerdings punktuell umfangreiche ters zur flächenhaften Umsetzung der WRRL. Funktionsfähigkeit der Gewässer ausmachen Geldmittel gebunden, die dann für Maßnah- Die Vorgabe des MLUR zur Erreichbarkeit des und ihnen die biologische Selbstreinigungs- men in der Fläche nicht mehr zur Verfügung guten ökologischen Potenzials in den Mar- kraft erhalten. Der Focus der meisten bereits stehen. Folglich unterbleibt an vielen Bächen schengewässern stellt eine Handlungsanwei- umgesetzten oder in Planung befindlichen und Flüssen die dringend notwendige Verbes- sung zum Nichtstun dar. Laut MLUR sei unter Verbesserungsmaßnahmen liegt seitens des serung der Lebensraumqualität. Nach der heutigen Gesichtspunkten ein Optimum an Landes in der Wiederherstellung der Durch- vom Land geforderten Kosteneffizienz sollte Ökonomie und Ökologie an den Marschenge- gängigkeit an Querbauwerken wie Sohlab- aus Sicht der Naturschutzorganisationen ein wässern erreicht. Der aktuelle ökologische stürzen, Wehren oder Mühlen, die bisher ein Schwerpunkt auf die Verbesserung der Was- Foto: Thomas Behrends

Ist hier eine regelmäßige Gewässerunterhaltung überhaupt notwendig? Für viele Bäche und Flüsse gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, wie durch eine reduzierte oder unterlassene Unterhaltung sehr viel für die ökologische Gewässerentwicklung erreicht werden könnte. Dazu zählen z.B. Stromstrichmahd, Beschränkung der Mahd auf eine Böschungsseite oder eine Unterhaltung nur bei Bedarf.

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Die massiv ausgebaute Schwale bei Gönnebek oberhalb Neumünster. Fehlende Gewässerstrukturen, entfernte Erlengehölze sowie der intensive Maisanbau bis an die steile Böschungskante heran mit direktem Nährstoffeintrag ins Gewässer lassen einer fließgewässertypischen Lebensgemein- schaft keine Chance. serqualität und Habitatstrukturen im und am So beweisen die Sperrungen etlicher Badestel- Die vom Land vorgesehenen Maßnahmen, Gewässer gelegt werden. Die Umstellung oder len an schleswig-holsteinischen Seen in die- die erheblichen Belastungen des Grundwas- wo möglich Reduzierung bis hin zur Einstel- sem Sommer (z. B. am Lanker See, Brahmsee, sers zu reduzieren, sind völlig unzureichend. lung der vielfach unnötigen intensiven oder Westensee oder Postsee) das Gegenteil. Die Die Belastungen des Grundwassers sollen übertriebenen Gewässerunterhaltung wäre so Nährstoffbelastung in vielen Gewässern ist nach Auffassung des MLUR durch eine Be- eine kosteneffiziente und wirksame Maßnah- immer noch zu hoch. Vor allem die diffusen ratung der Landwirte, durch „Blüh- und me. Erfreulicherweise zeigen einige Wasser- Einträge von landwirtschaftlich genutzten Schonstreifen“ und eine Winterbegrünung und Bodenverbände im Land, dass dies Flächen machen den Seen zu schaffen. Drin- der Felder behoben werden. Als Instrument umsetzbar ist. Sie praktizieren bereits eine gend notwendig wären eine verstärkte Anlage für den Gewässerschutz ist dies nicht einmal Extensivierung der Gewässerunterhaltung von Pufferstreifen entlang der Gewässer und ein Tropfen auf den heißen Stein: Die Gewäs- oder haben für bestimmte Gewässer eine Förderung naturschonender Wirtschafts- serschutz-Beratung soll nur auf freiwilliger (-abschnitte) die Unterhaltung eingestellt und weisen. Es ist jedoch gerade im Bereich des Basis erfolgen, die angebotenen Agrarumwelt- zeigen damit einen verantwortungsvollen stofflichen Gewässerschutzes kein Wille programme sind für die Landwirte wenig Umgang mit den Beitragsmitteln ihrer Mit- erkennbar, an die Nutzungen auf den unmit- attraktiv und werden daher wohl nicht nach- glieder. Trotz dieser regional guten Ansätze telbar angrenzenden Flächen heranzugehen, gefragt. Demgegenüber stehen aktuelle Ent- finden landesweit erhebliche Unterhaltungs- sei es durch eine Anpassung der guten fach- wicklungen in der Landwirtschaft, die das maßnahmen mit Hilfe von Baggern an und in lichen Praxis in der Landwirtschaft oder Konfliktpotential „WRRL – diffuse Stoffein- den Gewässern statt. Nach dem Motto „Das durch verstärkte Kontrollen – und dies trotz träge“ verschärfen. Dazu zählt der stark haben wir schon immer so gemacht“ wird WRRL, trotz neuer Grundwasserrichtlinie, zunehmende Anbau von Gülle intensivem damit zugunsten eines schnellen Wasserab- trotz novellierter Dünge-Verordnung und Mais und der Umbruch von Dauergrünland flusses die gesetzlich vorgeschriebene Ent- trotz europäischer Vorgaben zur Reduzierung sowie die zunehmende Nutzung von Stillle- wicklung einer gewässertypischen Tier- und des Pflanzenschutz-Einsatzes. Doch ohne ein gungsflächen zur Erzeugung von Biomasse. Pflanzenwelt verhindert. Gewässer begleiten- Zurückfahren der Intensität der Landbewirt- Hinzu kommt eine stärkere finanzielle Förde- de Erlengehölze werden immer wieder unter- schaftung werden die Gewässer den guten rung von neuen, großen Tiermastanlagen. drückt oder Großmuschelbänke zerstört, die ökologischen Zustand nicht erreichen. Insgesamt erfolgt die Fördermittelverteilung Gewässersohle beeinträchtigt und damit jegli- che Eigenentwicklung der Gewässer unter- bunden.

Verbesserung der Wasserqualität vorrangig

Sträflich vernachlässigt werden nach Wahr- Foto: Thomas Behrends nehmung der Naturschutzorganisationen Anstrengungen zur Verbesserung der Wasser- qualität. Die Aussage des MLUR in seinen Pressemitteilungen, dass die Gewässer „auf- grund der verbesserten Abwasserreinigung überwiegend eine Wasserqualität aufweisen, Bachneunaugen benötigen zum Laichen Sand- und Kiesbänke und verbringen nach dem Schlupf mehrere Jahre vergraben im sauerstoffdurchströmten Sand und Kies. Durch gezielte Maßnahmen die das Vorkommen der relevanten Arten an und in den Gewässern könnten solche Anblicke in Schleswig-Holstein wieder häufiger wer- ohne weiteres zulässt“ stimmt nur zum Teil. den. Lachsbach bei Neustadt.

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Übergangsgewässer sind Wasserkörper im Be- Forderungen der reich von Flussmündungen, die einen gewis- Naturschutzorganisationen sen Salzgehalt aufweisen, aber im Wesentli- BUND, LNV, NABU, WWF chen von Süßwasserströmungen beeinflusst werden. • Flächendeckende Umsetzung der Über die Flüsse gelangen überschüssige Wasserrahmenrichtlinie statt Reduktion Nährstoffe aus der landwirtschaftlichen Flä- auf wenige Vorranggewässer chennutzung in die Küstengewässer und dann • Verbesserung der Gewässerstrukturen ins Meer. Ergänzt durch Stickstoffeinträge aus durch Zulassen von mehr eigen- der Luft führt dies zu einer Überdüngung mit BUND Schleswig-Holstein dynamischer Entwicklung den bekannten Folgen wie Algenblüten und Dr. Ina Walenda • Einbringen von Steinen, Totholz und Sauerstofflöchern auf dem Meeresboden. Das Tel. 0431-6606050 Zulassen von Gehölzaufwuchs an Ostseewasser enthält heute etwa achtmal [email protected] Fließgewässern mehr Phosphor und viermal mehr Stickstoff • Schonende Unterhaltung der als vor 100 Jahren. So sind auch bei den Fließgewässer Küstengewässern zu hohe Nährstoffbelastun- • Verbesserung des Binnenhochwasser- gen ein Hauptgrund für die Einstufung in den LNV schutzes durch das Einbeziehen der „schlechten Zustand“. Gerade wenn sich der Niederungen und Talräume als natür- Zustand der Küstengewässer verbessern soll, liche Überschwemmungsflächen muss im Bereich der Landwirtschaft effektiv • Berücksichtigung der Entwicklungs- gehandelt werden. Aufgrund der Ballung möglichkeiten der Marschengewässer anthropogener Nutzungen waren und sind • Erhöhte Anstrengungen zum Schutz die Übergangs- und Küstengewässer zudem der Übergangs- und Küstengewässer weiteren zahlreichen Beeinträchtigungen aus- • Ausreichende Finanzierung von gesetzt. Hierzu zählen die Unterbindung einer Landesnaturschutzverband LNV Maßnahmen natürlichen Küstendynamik an Nord- und Achim Peschken • Umbau des Agrarförderungssystems Ostsee, eine zu intensive Fischerei sowie die Tel. 0431-93027 mit ausschließlicher Förderung ungelenkte Tourismusentwicklung. [email protected] umweltgerechter Anbauverfahren Letztlich geht es auch um die finanziellen • Ökologische Qualitätskriterien für den Mittel, die zur Umsetzung der WRRL in Biomasseanbau Schleswig-Holstein zur Verfügung gestellt • Erhalt des Grünlandes werden. Im Jahr 2006 kürzte die Landesregie- rung die Mittel zur Umsetzung der Wasser- rahmenrichtlinie. Statt 75 % setzt das Land im „Zukunftsprogramm für den ländlichen jetzt nur noch 50 % der Grundwasserabgabe Raum“ nach dem „Gießkannenprinzip“ an- zweckgebunden für die Umsetzung der Richt- stelle einer vom Steuerzahler gewünschten linie ein, die gekürzten Mittel verschwinden Lenkungswirkung in Richtung Umwelt-, Kli- im allgemeinen Landeshaushalt. Mit knapp 6 ma- und Gewässerschutz. So wie es jetzt läuft, Millionen Euro pro Jahr sind die verbindli- bremst die Landesregierung den Gewässer- chen Vorgaben der EU realistischer Weise Umweltstiftung WWF, Fachbereich schutz aus. Nitrat, seit Jahrzehnten Grund- jedoch nicht umzusetzen. Mittel für den Naturschutz-Flächenmanagement wasserproblemstoff Nr. 1, aber auch Pflanzen- Gewässerschutz zu kürzen zeugt von politi- Sabine Reichle schutzmittel werden so ein Dauerproblem in scher Kurzsichtigkeit, denn die Kosten für Tel. 04542-6267 den Gewässern bleiben. die Abwasserreinigung und die finanziellen [email protected] Dabei ist der von der EU definierte Grenz- Folgen von Hochwasserereignissen belasten wert für Nitrat ausschließlich humantoxiko- öffentliche und private Haushalt deutlich logisch begründet: Diese Konzentration ist stärker. Von Seiten der EU drohen dann aller- nur für den gesunden erwachsenen Menschen dings nach Ablauf der Fristen für die Umset- unschädlich. Aus ökotoxikologischer Sicht, zung der WRRL empfindliche finanzielle also zum Schutz der Gewässer und ihrer Sanktionen, die zu Lasten aller Steuerzahler Lebensgemeinschaften vor Eutrophierung gehen. durch Nitrat-Einträge, weisen schon geringere Durch die laufende Umsetzung der WRRL Nitratwerte auf eine übermäßige Belastung in Schleswig-Holstein ist vieles „in Fluss“ hin. geraten, doch alle Akteure müssen dafür sor- gen, dass diese einmalige Chance für die Schutz der Übergangs- und Gewässer nicht im wahrsten Sinne des Wortes NABU Schleswig-Holstein Küstengewässer „den Bach runtergeht“. NABU Landesstelle Wasser Carsten Pusch Übergangs- und Küstengewässer sind neben Thomas Behrends Flüssen, Seen und Grundwasser ebenfalls ein Tel. 04522-2173 wichtiges Schutzobjekt der europäischen [email protected], WRRL. Dies wird in der öffentlichen Dis- [email protected] kussion nicht genügend wahrgenommen.

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EU-Vogelschutzgebiet Eiderstedt Blauer Brief für schlechten Grünlandschutz

Im Juli 2007 erhielt die Bundesregierung den von allen Fachleuten längst erwarteten Brief von der EU-Kommission, in dem diese erneut die unzureichende Umsetzung der Vogelschutzrichtlinie in Deutschland bemängelte. Die Mahnschreiben 2003 und 2006 zeigten nicht die gewünschte Wirkung. Nach wie vor haben die Bundesländer zu wenig Schutzgebiete zum Netz Natura 2000 gemeldet. Die Kommission kündig- te nunmehr an, die Bundesrepublik Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof zu verklagen. Wesentlicher Auslöser der Klage, über deren Ausgang keine Zweifel bestehen können, ist auch die anhaltende Weigerung der schleswig-holsteinischen Landesregierung, dem Feucht- grünland auf der Halbinsel Eiderstedt den rechtlich gebotenen und aus fachlichen Gründen dringend notwendigen Schutz zukommen zu lassen. Zur Erinnerung: auf Eiderstedt hat die Landesregierung mit 2.800 ha nur etwa ein Zehntel der schutzwürdigen Fläche zum Netz Natura 2000 gemeldet. In ersten Stellungnahmen kündigte die Landesregierung dazu lediglich an, die Klageschrift der EU gründlich zu prüfen und dann weiter zu entscheiden.

anteil von sogar nur noch 62,8 %. Dies stellt einen historischen Tiefststand dar. Im Rah- men des sich über mehr als zehn Jahre hinzie- henden Meldeprozesses wurde auf Eiderstedt

Foto: Jürgen Nelting mehr Grünland umgebrochen, als derzeit in

Schutzgebieten aufgenommen ist. Ursache für Foto: NABU/Tom Dove den fortschreitenden Verlust des Grünlands ist neben fehlenden Schutzmaßnahmen vor allem der Umstand, dass die Agrarförderung das Grünland weiterhin benachteiligt, aber Kiebitz – ein charakteristischer Brutvogel des auch der neue Boom der Biogasanlagen. Auf Gebietes. Eiderstedt sind bereits vier Biogasanlagen in Betrieb, eine weitere Anlage ist in Planung und auch für Anlagen im weiteren Umland men folgt. Von den für die Binnenentwässe- Selbst im ausgewiesenen Teil des Vogel- wird auf Eiderstedt Grünland in Maisacker rung zuständigen Deich- und Hauptsielver- schutzgebietes wurden in der Brutzeit 2007 die Gräben vertieft und der Wasserstand verwandelt. bänden wird bis heute oftmals die Auffassung abgesenkt. Die Folgen dieser Entwicklung sind an den vertreten, ihre alleinige Aufgabe liege darin, Vogelbeständen deutlich zu spüren. Der die Wasserstände abzusenken. Der für Eider- Bestand der Trauerseeschwalbe, eine der stedt zuständige Deich- und Hauptsiel- ehr als 25 Jahre nach Verabschiedung wertgebenden Arten für das EU-Vogelschutz- verband Garding, bildet da leider keine Aus- Mder Vogelschutzrichtlinie also wieder gebiet auf Eiderstedt, ist weiter gesunken: nur nahme. Während die für die Umsetzung von ein blauer Brief aus Brüssel und wieder heißt noch rd. 36 Paare wurden in diesem Jahr biotopgestaltenden Maßnahmen zuständigen es in Kiel, wir prüfen und warten ab. Das gezählt – ein historischer Tiefststand gegen- Personen darüber klagen, dass die Einrich- Ansinnen der Landeregierung in dieser Sache, über ursprünglich 600 Paaren. Insgesamt liegt tung von Staumaßnahmen durch die DHSV so spät wie möglich und so wenig wie möglich der Gesamtbrutbestand der Trauerseeschwal- verhindert werden, sorgt dieser für eine sich zu melden, ist nicht allein eine riesige Blama- be in Schleswig-Holstein in diesem Jahr bei laufend verschärfende Entwässerung – bis in ge für die Umweltpolitik Schleswig-Holsteins, nur noch rd. 60 Paaren. Weil Schutzmaßnah- die Schutzgebiete hinein. Im Bereich Wester- es schadet vor allem den zu erhaltenden men weiterhin ausbleiben ist die Art akut vom hever rollten die Bagger des DHSV im Som- Vogelbeständen ganz erheblich. Wer in diesen Aussterben bedroht. Problematisch ist diese mer 2007 selbst bis in die direkte Nähe von Tagen über Eiderstedt fährt, sieht an allen Entwicklung besonders deshalb, weil auf zwei Trauerseeschwalbenkolonien und räum- Ecken und Enden, wie sich das Grünland gelb den Umbruch bereits einer einzelnen Fläche ten mitten in der Brutzeit Gräben und Siel- färbt, weil es mit Totalherbizid totgespritzt innerhalb eines größeren Grünlandgebietes züge mitsamt Bewuchs und Röhricht ab. Die wurde, damit es in den nächsten Wochen drä- eine Verstärkung der Entwässerungsmaßnah- von der Landesregierung in der Antwort auf niert und umgepflügt werden kann. Im näch- die bereits erwähnte kleine Anfrage vorgeleg- sten Jahr wird dann auch dort Mais wachsen ten Pegelstände von Westerhever zeigen, dass und weder Trauerseeschwalbe noch Ufer- seit 2000 eine deutliche und statistisch signifi- schnepfe können dort brüten. Nach Angaben kante Absenkung der Wasserstände während des Statistischen Landesamtes verringerte sich der Brutzeit erfolgte. Dabei ist gerade der der Anteil des Grünlands auf Eiderstedt von Bereich Westerhever von besonderer Bedeu- 72 % im Jahr 2001 auf 64 % im Jahr 2005. Foto: NABU/Tom Dove tung für die Trauerseeschwalbe und wurde In der Antwort auf eine kleine Anfrage der daher als eines der wenigen Grünlandgebiete Grünen im Landtag geht die Landesregierung zum EU-Vogelschutzgebiet erklärt. Aufgabe zwar von etwas geringeren Grünlandverlusten Uferschnepfen sind vom massiven der Landesregierung wäre es, hier einzugrei- aus, bestätigt aber einen heutigen Grünland- Grünlandumbruch betroffen. fen und eine Beeinträchtigung der kleinen

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Schutzgebiete zu verhindern, aber stattdessen finanziert sie diese Vorgehensweise jährlich Der Trend ist negativ: Entwicklung des Grünlandanteils, Entwicklung des Wasserstandes mit Millionenbeträgen. Obwohl auch Wasser- im Juni am Pegel Westerhever und Entwicklung des Brutbestands der Trauerseeschwalbe haushaltsgesetz und Landeswassergesetz klare auf Eiderstedt jeweils von 2000 bis 2007. Vorgaben machen, dass eine Beeinträchtigung von Schutzgebieten zu vermeiden ist, wird Grünlandanteil Eiderstedt derzeit nicht einmal geprüft, ob von den als 70 % Gewässerunterhaltung deklarierten Maßnah- men eine Beeinträchtigung ausgehen könnte. Hier ist eine Kurskorrektur dringend geboten, 68 % denn die Absenkung der Wasserstände in einem EU-Vogelschutzgebiet ist schlicht rechtswidrig und kann nicht auch noch durch 66 % Steuergelder gefördert werden. Der anhaltenden Weigerung der Landesre- gierung, die notwendigen Schutzmaßnahmen 64 % einzuleiten, steht ein wachsendes Interesse Eiderstedter Landwirte gegenüber, die auf dringend notwendige Maßnahmen zur Stüt- 62 % zung der Grünlandwirtschaft warten. Im Herbst 2005 haben sich Eiderstedter Landwir- te im Verein „Weideland Eiderstedt e.V.“ 60 % (EWE) zusammengeschlossen. Ihr Ziel: Die 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Förderung der Grünlandwirtschaft und die Stärkung des Vertragsnaturschutzes. Die heu- Wasserstand Schutzgebiet Westerhever te 75 Mitglieder bewirtschaften ca. 5.000 ha -1,0 m (oder ca. 25 %) des Eiderstedter Grünlands. Sie setzen sich für Naturschutz durch Bewei- dung des Grünlands mit Rindern, Schafen und Pferden ein. Wesentlich auf Betreiben von EWE ist es gelungen, 4.500 ha Grünland in den Vertragsnaturschutz aufzunehmen. Ein -1,2 m beträchtlicher Erfolg. Eine dauerhafte Siche- rung des Grünlands sehen die Eiderstedter Landwirte trotz ihrer Bemühungen jedoch noch nicht, denn ihre Perspektiven sind ange- sichts der Expansion des Ackerbaus und der -1,3 m Biogasanlagen nicht gerade rosig. Sie fordern eine stärkere Stützung der Grünlandwirt- schaft. Für die Landesregierung sollte dies ein weiterer Ansporn sein, um für Eiderstedt end- lich die notwendigen Schutzmaßnahmen ein- -1,4 m 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 zuleiten. Da muss man nicht die Verurteilung vor dem EuGH abwarten. Brutbestand Trauerseeschwalbe 70 Paare

60 Paare

50 Paare

Dr. Georg Nehls Alte Landstr. 2 40 Paare 25875 Schobüll Tel. 04841-71754 [email protected]

30 Paare Weitere Infos im Internet unter 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 www.Eiderstedt.NABU-SH.de

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Ein Projekt des NABU im Kreis Plön

Nisthilfen für Turmfalken Foto: NABU Plön

Obwohl ein typischer Kulturfolger, anpassungsfähig und neben dem Mäusebussard der häu- figste Greifvogel Deutschlands, hat der NABU den Turmfalken aus gutem Grund zum Vogel des Jahres 2007 gewählt. Auch der Turmfalke ist ein Gradmesser für den Zustand der Land- schaft. So lässt sich in eintönigen Agrargebieten ohne größere Grünlandanteile der auffällige Rüttelflug des Mäusejägers kaum noch beobachten. Aber nicht nur der Mangel an Nahrungs- habitaten, sondern auch das Fehlen geeigneter Nistplätze ist Ursache für den geringen Bestand. Um das Angebot an Brutmöglichkeiten zu verbessern, haben mehrere NABU- Gruppen sich für den Erhalt von Höhlen und Nischen in Kirchtürmen und anderem alten Gemäuern eingesetzt und Nistkästen angebracht. Im Kreis Plön verfolgt der NABU ein derartiges Programm bereits seit über zehn Jahren.

war nimmt der Turmfalke, der wie alle dem fast unglaublichen Ergebnis, dass im ZFalken kein eigenes Nest baut, auch Jahr 1993 davon 79 vom Turmfalken besetzt Roland Bornmann mit Leiter an Beton- Krähennester in Feldgehölzen oder Einzel- waren. Diese große Grünlandniederung bietet niederspannungsmast nördlich von Plön bäumen an, jedoch nur als sozusagen zweite dem Turmfalken zwar reichlich Mäuse, aber Wahl: Bietet man in der Nähe einen Nist- vor der Nisthilfenaktion so gut wie keine kasten an, entscheidet er sich fast immer für Brutmöglichkeiten. chenfreunden aufgestellte Masten. Anfänglich die künstliche Höhle, die mehr Schutz vor Diese Situation ist sicher nicht in derart hat der NABU, nach Belziger Vorbild, auch Witterung und Fressfeinden bietet. Der Brut- ausgeprägter Form auf das östliche Holstein einige Kästen an frei stehende Bäume erfolg der „Freibrüter“ ist denn auch entspre- übertragbar. Wegen des weitaus geringeren gehängt, doch ist von diesen, aus welchem chend geringer als der der „Höhlenbrüter“. Anteils an extensiv genutztem Grünland ist Grund auch immer, nur ein einziger besetzt Nachdem NABU-Mitglieder Anfang der das Nahrungsangebot deutlich niedriger. worden. Dagegen zeigten die an Strommasten 1980er Jahre im Nordosten des Kreises Plön Offenbar bildete auch hier die geringe Zahl befestigten Nisthilfen, wenn sie in grünland- etliche Schleiereulenkästen angebracht haben, geeigneter Brutquartiere einen bestandslimi- reichem Gelände standen, im Schnitt der Jah- konnten sie in diesen bisweilen auch Turm- tierenden Faktor. Folglich müsste die Zahl der re erwartungsgemäß den besten Bruterfolg. falkenbruten registrieren. Auch waren einige Brutpaare durch Anbringen von Nistkästen In den letzten Jahren brüteten in den wenige Brutplätze auf Silotürmen und im an günstigen Stellen zu erhöhen sein, so die Kästen des NABU alljährlich 35–40 Paare Gestänge von Ölförderpumpen bekannt. Annahme des NABU Plön, die sich schon bald (siehe Grafik 1), davon inzwischen 12 in Dagegen waren die Luken der meisten Kirch- in der Praxis bestätigte. Schleiereulenkästen. Die meisten dieser Brut- türme, eigentlich klassische Nistplätze des Konstruiert wurde ein leichtes, gut hand- plätze werden bezüglich des Bruterfolgs regel- Turmfalken, aus Angst vor der Ansiedlung habbares Modell aus wetterfestem Sperrholz. mäßig kontrolliert, so dass entsprechende von Stadttauben zu jener Zeit für den kleinen Diese Kästen wurden im östlichen Teil Daten seit 1996 existieren (siehe Tabelle 1). Greifvogel noch hermetisch verschlossen. des Kreises Plön überall dort angebracht, Die Kontrollen finden Anfang Juni statt, wenn Der NABU wollte jedoch dem Turmfalken wo folgende Bedingungen zusammentrafen: die Jungen bereits relativ groß sind. Nur in nicht nur in den Dörfern und Städten, son- geeignetes Nahrungshabitat, d. h. relativ Ausnahmefällen sind die Jungvögel schon dern auch in der freien Landschaft bessere hoher Grünlandanteil, Montagemöglichkeit Ende Mai ausgeflogen bzw. wird in den ersten Nistgelegenheit bieten. Den entscheidenden der Höhlen in mindestens fünf Metern Höhe Junitagen noch ein Gelege bebrütet. Dabei Impuls, hier aktiv zu werden, gab Anfang der mit freiem Anflug sowie das Einverständnis zeigt sich, dass weder die Belegung der Kästen 1990er Jahre der Erfolg eines Turmfalken- des Eigentümers. Besonders vorteilhaft und noch die Zahl der Jungen starken jährlichen Projekts in Brandenburg. Dort hatten Natur- deshalb zeitweise mit bis zu 12 Nisthilfen Schwankungen ausgesetzt sind, wie sie von schützer in den Belziger Landschaftswiesen bestückt worden sind die Niederspannungs- der Schleiereule, die sich ebenfalls überwie- 8o Nistkästen in Pappelreihen gehängt – mit masten der Eon-Hanse, die nach Telefonat gend von Feldmäusen ernährt, bekannt sind. und Ortstermin unbürokratisch die Erlaubnis Selbst in schlechten „Mäusejahren“, wenn vie- erteilte. Auch die Kirche hat sich mittlerweile le Schleiereulen gar nicht erst mit der Brut sehr entgegenkommend gezeigt. Es reichte beginnen, ziehen die Turmfalken wenigstens meist ein Gespräch mit dem Pastor bzw. der noch drei Jungvögel auf. Wie Tabelle 1 zeigt,

Foto: NABU Plön Pastorin, um Brutmöglichkeiten am Kirch- kommt nur in seltenen Ausnahmefällen die turm zu schaffen. Einige Kästen wurden Brut um bzw. werden nur ein bis zwei Junge außen an die Turmwände montiert, dabei flügge. Selten sind aber auch Bruten mit wurde einmal die Hilfe der Feuerwehr mit sieben ausgeflogenen Jungvögeln, die in den Drehleiter notwendig. Andere konnten von bislang 14 Projektjahren nur fünfmal festge- innen in die Turmspitze montiert werden, stellt werden konnten. Im Durchschnitt der wobei beispielsweise an der Plöner Nikolai- Jahre sind vier Junge ausgeflogen. Bemerkens- kirche oder der Lebrader Kirche die Neuein- wert war die mit vier Jungen erfolgreiche Brut deckung des Turmes genutzt werden konnte. in einem unmittelbar am Seeufer hängenden Siebener Brut in SE-Kasten bei Marienwarder, Weiterhin wurden noch vom Falken gut anzu- Schellentenkasten in dem außergewöhnlich Kreis Plön fliegende Scheunen bestückt, dazu von Stor- guten Turmfalkenbrutjahr 2001.

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Die langjährige Projektarbeit erlaubt auch ungefähr 20 lässt sich die Dunkelziffer schät- te beträgt damit durchschnittlich ungefähr eine Einschätzung des Gesamtbestands an zen. Daraus ergibt sich ein Bestand von etwa 10 Brutpaare / 100 km2, in günstigen Nah- Turmfalkenbrutpaaren im Kreis Plön. Im 70 Paaren im Ostteil des Kreises, während er rungsgebieten 15 Brutpaare / 100 km2. Bearbeitungsgebiet brüten etwa 40 Paare in für den zwischen der B 404 und Neumünster Der Erfolg des Turmfalken-Projekts darf Kästen des NABU. Zehn weitere Nistkästen, gelegenen westlichen Teil des Kreises auf allerdings nicht den Eindruck erwecken, dass von Landwirten und Privatpersonen aus eige- ungefähr 20 Paare geschätzt wird. Damit lässt die Bestandsdichte allein vom Angebot an ner Initiative montiert, wie auch Brutplätze sich der Bestand im gesamten Kreis Plön auf künstlichen Nistmöglichkeiten abhängig ist. auf hohen Silotürmen sind bekannt. Auf etwa 90 Paare schätzen. Die Verbreitungsdich- Wenn die Verarmung der Agrarlandschaft z. B. durch Umwandlung von Grünland in Maisäcker weiter voranschreitet, Stilllegungs- Übersicht über die Brutergebnisse von Turmfalken im Kreis Plön flächen verschwinden, Wegraine immer schmaler werden und sich damit die Qualität Grafik 1 ausgeflogene Jungvögel erfolgreiche Bruten der Nahrungsräume verschlechtert, wird sich kontrollierte Kästen die jetzige Populationsgröße des kleinen 200 Falken nicht halten können.

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40 Roland Bornmann Vorstandsmitglied NABU Plön Rundweg 16 20 24238 Selent Tel. 04384-1683 10

0 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

Tabelle 1 Legende: 0 = Brut erfolglos / Do = Dohlenbrut Beispielhafte Brutergebnisse von Turmfalken im Kreis Plön Ort Anbringung 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Mucheln Mast 2 5 (4) (4) (4) 5 5 7 3 6 (4) 6 0 6 Tresdorf Mast – – 5 6 6 6 6 6 4 6 5 5 5 3 Treufeld Mast – – 6 5 3 5 4 5 4 6 4 0 4 0 Eichhorst Mast – 5 (4) 4 4 5 (4) 6 5 4 5 5 3 (4) Stauung Mast – 2 5 5 6 6 (4) 2 5 5 (4) 5 5 3 Karpe Mast – 5 5 5 4 6 5 6 4 5 6 4 5 5 Hahnenberg Mast – – – – 5 5 6 5 (4) 0 6 5 (4) 0 Wentorf Scheune 0 (4) 5 (4) (4) (4) (4) (4) 0 4 3 4 4 4 Fresendorf Scheune – – – – – – 5 6 2 5 3 0 0 0 Dodau Scheune – – – – 3 6 5 5 5 – (4) 4 4 5 Martensrade Mast – – 5 5 3 6 6 5 5 5 (4) 6 4 4 Waterneversdorf Siloturm – – – (4) 5 (4) 6 6 5 5 5 4 5 6 Preetz Kirchturm – – – – – (4) (4) (4) 3 (4) (4) (4) (4) 5 Lütjenburg Kirchturm – – – – – – 5 6 4 Do 4 ? Do Do Selent Kirchturm – – – – – 5 6 6 3 6 5 6 6 – Giekau Kirchturm – – – – 0 5 5 6 3 0 ? ? (4) 7 Blekendorf Kirchturm – – – – 4 4 0 (4) ? 3 ? (4) (4) 6

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A20 bei Bad Verkehrsminister sollte Lehre aus Dresden ziehen!

Der NABU hat Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Austermann mehrfach aufgefordert, den Planfeststellungsbeschluss zum Neubau der A20 im Abschnitt Weede-Geschendorf bei auszusetzen und u.a. beim Schutz der nach EU-Recht besonders geschützten Bechstein- und Teichfledermaus sowie beim Großen Mausohr im Abschnitt -Weede nachzubessern. Alle drei Arten, Überwinterungsgäste der nahegelegenen Segeberger Kalkberghöhle, genießen denselben EU-Schutzstatus der FFH-Richtlinie wie die Kleine Hufeisennase, deren unzu- reichende Berücksichtigung bei der naturschutzfachlichen Planung den Bau der Waldschlösschenbrücke in Dresden gestoppt hat. Statt rechts- konform selbst Daten über Fledermausvorkommen zu erheben, wurden nur grob und fachlich unzulässig mögliche potenzielle Gefährdungen schematisch bewertet.

ab. So ist die Realisierung der Elbquerung aus berechtigt. Prominente Unterstützung erfuhr diesem Grunde noch offen. Der Baubeginn der NABU auch durch den bundesweit an- für den Streckenabschnitt bei Bad Segeberg erkannten Fledermausexperten Karl Kugel- zwischen der A 1 und Geschendorf (B 206) schafter (s. Interview). erfolgte am 5. Oktober 2004. Im folgenden Eine bereits im Vorwege rechtzeitig als Abschnitt verläuft die geplante Trasse der A 20 ungenügend und nicht rechtskonform ge-

Foto: NABU/Stefan Lüders im Wesentlichen auf der B 206 bis Weede. kennzeichnete Planung führt zu erheblicher Hier läuft derzeit das Planfeststellungsverfah- Rechtsunsicherheit und kann das Vorhaben ren. Das Planfeststellungsverfahren für den letztlich gefährden. Dies zeigt sich an Klagen dritten Abschnitt westlich Wittenborn bis der EU-Kommission und in verschiedenen B 206 westlich Weede ist derzeit strittig. Für Gerichtsurteilen u. a. in den Verfahren zur den Abschnitt „Weede-Geschendorf“ ist der Zuschüttung des Mühlenberger Lochs, dem Planfeststellungsbeschluss ergangen. untersagten Ausgleich Haseldorfer Marsch, Der NABU kritisiert die fachlich und dem gestoppten Ausbau des Flughafen rechtlich ungenügende Planung zur A 20 für Lübeck-Blankensee und nunmehr des Urteils die Abschnitte zwischen Wittenborn und in Dresden. Es ist klar: Nicht der Naturschutz Geschendorf bei Bad Segeberg scharf. Bereits verhindert hier ein Projekt. Der NABU im Jahr 2003 und zuletzt am 13. Januar 2007 forderte zuletzt Schleswig-Holsteins Verkehrs- hatte der NABU das Ministerium in Kiel minister Dietrich Austermann auf, im Streit auf die erheblichen naturschutzfachlichen um die A20 bei Bad Segeberg die Kompetenz Bedenken gegen den Verzicht auf eine eigene des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) zu Erster Erfolg: Die alte Brücke über die neue A 20 soll nun doch vollständig abgerissen Datenerhebung aufmerksam gemacht (siehe Rate zu ziehen. Schleswig-Holsteins größter werden. Kasten, S. 14). Das Vorhaben verstößt nach Naturschutzverband erwartet ein klärendes Ansicht des NABU in der im Planfeststel- Gespräch zwischen dem schleswig-holsteini- lungsbeschluss niedergelegten Form gegen schem Verkehrsministerium und dem BfN, in ie A 20 in Schleswig-Holstein soll landes-, bundes- und EU-rechtliche Vorga- dessen Folge die Planungen zum Schutz der Deine Nord-West-Umfahrung Hamburgs ben, aktuell nochmals bestätigt durch das Fledermäuse den Erfordernissen des Fleder- ermöglichen. Der Abschnitt der A 20 von Dresdener Urteil. Das Dresdener Verwal- mausschutzes angepasst werden. der A 1 bei Lübeck bis zur Landesgrenze tungsgericht verwies in seiner Entscheidung von Mecklenburg-Vorpommern einschließ- darauf, dass das Bundesverwaltungsgericht in lich der umstrittenen Wakenitz-Querung ist einem anderen Fall entschieden habe, dass an bereits gebaut und für den Verkehr freigege- naturschutzrechtliche Prüfungen bei Planfest- ben. Damit wurde der „Amazonas des Nor- stellungsverfahren strenge Maßstäbe angelegt dens“ in Teilen zerstört. Für die Abschnitte im werden müssten. Die Bedenken des NABU Bereich Hamburg einschließlich der Tunnel- zur mangelnden Berücksichtigung wurden Querung der Elbe bei Glückstadt wurde das zuletzt im Rahmen der vorgeschriebenen Linienbestimmungsverfahren abgeschlossen Verbandsanhörung in einer Stellungnahme und der von der Landesregierung gewünschte schriftlich vorgetragen, jedoch von der plan- Trassenverlauf durch das Bundesverkehrs- feststellenden Behörde aus Kostengründen Ingo Ludwichowski ministerium festgelegt. Die diesbezüglichen fachlich nicht berücksichtigt. Im Abschnitt NABU-Landesgeschäftsführer Planfeststellungsverfahren sollen nach den Geschendorf-Weede sind die Bedenken des Färberstr. 51 Vorstellungen der Landesregierung bis zum NABU in die Stellungnahmen des Amtes Tra- 24534 Neumünster Jahr 2010 abgeschlossen sein. Ob die Vorha- ve-Land und die des Landesnaturschutzver- [email protected] ben realisiert werden, hängt letztlich von der bandes LNV eingeflossen. Für den Abschnitt Bereitstellung von Finanzmitteln aus dem Weede-Wittenborn hat der NABU selbst eine Weitere Infos im Internet unter unterfinanzierten Bundesverkehrswegeplan Stellungnahme abgegeben, die ihn zur Klage www.A20.NABU-SH.de

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Interview mit dem Fledermausexperten Karl Kugelschafter „Ich empfehle der Landesregierung, die Bedenken des NABU ernst zu nehmen.“

ABU: Herr Kugelschafter, weshalb gilt Ihr Kugelschafter: Für manche Fledermausar- NInteresse dem Segeberger Kalkberg und ten stellt der Autoverkehr ein erhebliches warum engagieren Sie sich jedes Jahr aufs Neue Kollisionsrisiko dar. Dies gilt vor allem für die auf der Fledermausnacht in Bad Segeberg? Arten, die die Fahrbahnen niedrig fliegend überqueren. An der Autobahn A17 zwischen

Kugelschafter: Ich habe die Entwicklungen Dresden und Prag wurden und werden aus Foto: Karl Kugelschafter am Kalkberg seit langem intensiv verfolgt und diesem Grund detaillierte, auch experimentel- begleitet. Seit meinem ersten Besuch in Sege- le Untersuchungen vorgenommen, um auf die berg im Jahre 1990 hat mich die Höhle begeis- Bedürfnisse der Fledermäuse Rücksicht neh- tert und lässt mich seitdem nicht mehr los. men zu können. Ziel ist es, mit Querungs- Das große persönliche und fachlich herausra- hilfen und Leitstrukturen die Auswirkungen Karl Kugelschafter gende Engagement der Fledermausschützer des Autobahnbaus für bedrohte Arten wie die Karl Kugelschafter zählt zu den innova- vor Ort verdient zudem meine Unterstützung. Kleine Hufeisennase deutlich abmildern zu tivsten und renommiertesten Fleder- Insbesondere der enorme Wissenszuwachs an können. mausforschern in der Bundesrepublik. einem Ort, wo wir zunächst in den ersten Jah- Der 51-jährige Wildbiologe arbeitete lan- ren nur wenige hundert Tiere vermuteten und NABU: In der „Fledermaushauptstadt“ Bad ge Jahre an der Justus-Liebig-Universität nunmehr zuletzt über 20.000 Fledermäuse Segeberg wird auf die Bedürfnisse der Tiere Gießen im Arbeitskreis Wildbiologie. überwinterten, ist enorm. Die Europäische weitgehend Rücksicht genommen. Heute ist er freiberuflich tätiger Biologe Nacht der Fledermäuse hat nicht nur in und steht u.a. der Bundesarbeitsgemein- Schleswig-Holstein mit ihrer großen öffent- Kugelschafter: Hier wissen wir über die schaft Fledermausschutz des NABU vor. lichen Wahrnehmung die Stimmung in der Flugwege der den Kalkberg anfliegenden Fle- Seit 1990 ist er auf Initiative des NABU Bevölkerung „Pro Fledermaus“ beeinflusst. dermäuse im Stadtgebiet dank der guten an der Überwachung der Fledermausak- Heute kommt niemand mehr an den Belan- Zusammenarbeit von NABU und Stadtver- tivitäten im und am Segeberger Kalkberg gen dieser Tiere vorbei, ohne selbst in der waltung recht gut Bescheid – und die Stadt beteiligt. Das Projekt wird seit 1991 vom Öffentlichkeit an Ansehen zu verlieren. nimmt bei der Planung Rücksicht auf die Umweltministerium MLUR aus Mitteln durch konkrete Beobachtungen gewonnenen des Artenhilfsprogramms gefördert. Zur NABU: Die Landesregierung plant, um Bad fachlichen Erkenntnisse. Leider endet unser dauerhaften Überwachung der Höhle Segeberg herum, in nur zwei Kilometer Abstand Wissen aber an der Stadtgrenze. entwickelte er mit seiner Firma „Chiro- von der Kalkberghöhle eine neue Autobahn zu tec“ eine spezielle Lichtschrankentechnik, bauen. Wo sehen Sie Risiken eines solchen Vor- NABU: Das Verkehrsministerium hat dage- um an einem der größten Quartiere für habens? gen beim geplanten Bau der A 20 bislang nur Fledermäuse in Europa deren Bestände eine Potenzialanalyse vorgelegt, bei der im zu dokumentieren. Bereits seit 1979 Wesentlichen auf der Basis einer Literaturaus- betreut der NABU diese Lebensstätte, seit wertung der Eingriff beurteilt wird. Ist das aus 1991 kommt die ausgeklügelte Überwa- fachlicher Sicht ausreichend? chungstechnik zum Einsatz. Kugelschaf- ters Wissen wird vor allem beim Quar- Kugelschafter: Ich empfehle der Landesre- tiermonitoring stark nachgefragt, so etwa gierung dringend, die Bedenken des NABU im bedeutenden „Mayenberger Gruben- sehr ernst zu nehmen. Eine Potenzialanalyse feld“ in Rheinland-Pfalz und im bundes- Foto: NABU / Ingo Ludwichowski basiert im Wesentlichen auf Annahmen. Das weiten Mausohr-Monitoring. Jedes Jahr mag im einen oder anderen Fall genügen. trägt Kugelschafter auf der Europäischen Aber sicherlich nicht, wenn der bewertete Nacht der Fledermäuse in Bad Segeberg Autobahnabschnitt alljährlich von Tausenden live über die Aktivitäten der Fledermäuse von Fledermäusen überquert wird. Die Ge- beim Ausschwärmen aus der Höhle vor. fahr, dass bei einer unzureichenden Planung Aus diesem Anlass befragte der NABU Kollisionen zwischen Fledermäusen und Autos den Fledermausexperten zum Streit des geradezu provoziert werden, ist einfach viel zu NABU mit Verkehrsminister Austermann groß. Aus gutem Grund verlangen deshalb die um den geplanten Neubau der A 20 um Gerichte heute auch im Interesse des Arten- Bad Segeberg. schutzes fundierte Daten. Gerade der Bau-

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nämlich nach Passierung der Rampen nicht, bungen vor Ort im Zuge der Planung und ein wie von den Gutachtern erhofft, die Fahrbahn Ernstnehmen fachlicher Bedenken müssen in fünf Meter Höhe überqueren, sondern ihre dabei nicht zu einer Gefährdung des Zeitplans Flughöhe wieder der Fahrbahn annähern, führen. besteht erhebliches Kollisionsrisiko mit vor- beirasenden Autos und LKWs. NABU: Herr Kugelschafter, wir bedanken uns herzlich für das Gespräch. NABU: Dabei berufen sich die Gutachter der Foto: NABU / Ingo Ludwichowski Landesregierung auch auf Ihre Publikationen und Studien… Das Interview führte NABU-Landesgeschäfts- führer Ingo Ludwichowski. Kugelschafter: …die sie inhaltlich nicht korrekt wiedergeben und aus denen sie die falschen Schlüsse ziehen. Im Übrigen ist bedenklich, wie viele offensichtliche fachliche Fehler sich bei einer kritischen Durchsicht der Gutachten finden.

NABU: Muss denn die Planung immer so aufwendig sein, reicht keine Potenzialanalyse? stopp der Waldschlösschenbrücke in Dresden Foto: NABU / Ingo Ludwichowski macht dies noch einmal sehr deutlich. Kugelschafter: Im konkreten Fall der Que- rungshilfe wäre den Bedenken des NABU ggf. NABU: Streit gibt es auch um die Ausfüh- durch eine einfach ausgeführte Überbrü- rung von geplanten Ausgleichsmaßnahmen. ckungshilfe für die Fledermäuse Rechnung zu Der NABU hält etwa die geplante Überque- tragen. Das Ministerium muss aber erkennen, rungshilfe im Zuge der Scheidekruger Straße dass heute auch aufgrund des besseren Wis- im Bereich der Gemeinde Weede für kontra- sensstandes und der stärkeren rechtlichen produktiv. Absicherung vieler bedrohter Arten durch das EU-Recht detaillierte Untersuchungen des Ist- Kugelschafter: In der Tat besteht die Zustandes notwendig sind, auch um politi- Gefahr, dass sich das Bauwerk zu einer Fleder- sche Ziele der EU, bis 2010 den Artenschwund mausfalle entwickelt. Wenn die Fledermäuse zu stoppen, zu erreichen. Rechtzeitige Erhe-

Unzureichende Berücksichtigung anhand der vorgefundenen Vegetations- Die auf der Basis von Potenzialanalysen von Fledermaus-Belangen strukturen (und vorhandenen Literaturan- ermittelten Lebensräume schematisch zu gaben) methodisch hinreichend sein. Es bewerten, ist fachlich nicht zulässig. Beispielhaft sind im Folgenden einige der werde häufig nicht erforderlich sein, die von Niemand ist ohne persönliche Inaugen- Bedenken beim unzureichenden Schutz einem Vorhaben betroffenen Tier- und scheinnahme in der Lage, einen potenziellen der Fledermäuse dargestellt. Pflanzenarten vollständig zu erfassen. Der Quartierstandort für Fledermäuse, wie im Senat hat… hinzugefügt, gebe es dagegen Gutachten geschehen, in „sporadisches Die Absicht, Vorkommen und Gefährdung Anhaltspunkte für das Vorhandensein be- Tagesversteck“, „keine Wochenstube“ für von Fledermäusen in der Nähe eines bedeu- sonders seltener Arten, werde dem im Rah- Weibchen mit Jungtieren und „Wochenstu- tenden Fledermausquartiers über „Potenzial- men der Ermittlungen nachzugehen sein“. ben, Tagesverstecke… gefährdeter Arten analysen“ zu bewerten, statt eigene Fleder- Unumstritten ist, dass im betroffenen Pla- oder großer Populationen“ einzuteilen. Den mausdaten zu erheben, ist fachlich und nungsraum mit seltenen Arten zu rechnen offensichtlichen Unsinn und die Schwierig- rechtlich unhaltbar: Der NABU hat sich ist. Die Zugstraßen zum und vom nur rd. keit des Umgangs mit den Ergebnissen einer wegen der mangelnden Bereitschaft, die not- 1.200 Meter entfernten Kalkberg wurden Potenzialanalyse bringt letztlich die Aussage wendigen Grundlagen zu erheben und das jedoch nicht ermittelt. Den Wert eines Fle- der Gutachter auf den Punkt: „Wochen- Untersuchungsdesign zu verändern, früh- dermauslebensraums als von der Boden- stuben (von Fledermäusen) sind nicht zeitig deutlich von dem Vorgehen des feuchte bestimmt anzusehen, ist fachlich zwingend anzunehmen, aber auch nicht aus- Planungsbüros KIfl distanziert. Gleichzeitig unsinnig. Es wurde nicht erkannt, dass auf zuschließen.“ Der Wechsel von Quartieren wurde dieser Sachverhalt dem Bundesamt der Trasse auch Überwinterungsquartiere wurde im Gutachten mit einer pauschalen für Naturschutz zur Kenntnis gebracht. Das liegen können. Strukturen wie Redder und „Flexibilität“ der Fledermäuse verwechselt. Bundesverwaltungsgericht BVG äußerte sich Knicks wurde nur eine lokale Bedeutung Manche Angaben zur Biologie der Fleder- in seinem Beschluss vom 3. Juni 2004 in zuerkannt, obwohl gerade solche Leitlinien mausarten sind falsch. So sind Breitflügel- einem ähnlichen Verfahren: „Der Senat hat für aus weiter abseits gelegenen Gebieten fledermäuse nahezu ausschließlich haus- in diesem Urteil zwar ausgeführt, im Einzel- dem Kalkberg zuwandernde Fledermäuse bewohnend und kommen in der Regel nicht fall könnten Rückschlüsse auf die Tierarten von zentraler Bedeutung sein können. in Baumhöhlen vor.

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Die NABU-Fledermausambulanz Erste Hilfe für Foto: Britta Wesche Fledermäuse

Bad Segeberg ist vielen Naturliebhabern als Hauptstadt der Fledermäuse ein Begriff. Mit Eröffnung des Fledermauszentrums Noctalis im März 2006 entwickelt sich in Kombination mit der seit 2002 bestehenden NABU-Landesstelle für Fledermausschutz und -forschung ein Um Mutterliebe und Wärme zu ersetzen, ist Kompetenzzentrum in Sachen Fledermausschutz. Bedingt durch die verstärkte Öffentlich- Phantasie gefragt: Diese junge Zwergfleder- maus ließ es sich in der aufsteigenden Wärme keitsarbeit im Fledermausschutz gehen immer mehr Hilferufe beim NABU ein, wenn in einer umfunktionierten Joghurtmaschine gut Schleswig-Holstein eine kranke, junge oder verletzte Fledermaus gefunden wird. gehen.

Teichfledermaus und eine Wasserfledermaus. Ein drei Tage altes Zwergfledermaus-Baby konnte mit Hilfe seiner aufmerksamen Finder zu seiner Mutter zurückgesetzt werden. Die

Foto: Britta Wesche junge, noch flugunfähige Bechsteinfleder- maus war eine Woche lang der Star unter den „Findelkindern“. In dieser Zeit konnten wir das Quartier dieser besonders seltenen heimi- schen Fledermausart ausfindig machen und sie schließlich zu ihrer Mutter zurücksetzen. Eine spätere Kontrolle ergab, dass die Fleder- maus jetzt wohlbehalten in ihrer Gruppe lebt. Eine junge Bechsteinfledermaus wurde mit Welpenmilch und Mehlwurmbrei aufgepäppelt und Die ausführliche Geschichte von „Baty-Bech- später wieder von ihrer Mutter aufgenommen. stein“ ist im Internet nachzulesen. Auch telefonisch konnten wir viele besorgte Fledermaus-Finder beraten, so dass sie selbst ies ist längst keine Aufgabe mehr, die sich gehalten. Bei schweren Verletzungen müssen Hilfe leisten und die meist nur durstigen Tiere D„so nebenbei“ erledigen lässt. Dazu ist wir leider manchmal auch die Entscheidung nach dem Tränken wieder fliegen lassen die Pflege in manchen Fällen zu kosten- und treffen, ein Tier von seinem Leiden zu erlösen. konnten. Tipps zur Ersten Hilfe findet man zeitintensiv. Hierfür ist Britta Wesche von der Dafür stehen uns kompetente Tierärzte zu ebenfalls unter www.NABU-SH.de. NABU-Fledermaus-Ambulanz in Bad Sege- Seite. Ebenso wichtig ist die Hilfe für Men- Wer die Arbeit der NABU-Fledermaus- berg zuständig. schen, die eine verletzte Fledermaus gefunden ambulanz unterstützen möchte, kann in unse- Das Projekt startete im Juli 2006 im alten haben. Wir vermitteln Ratsuchende an unsere rer Arbeitsgruppe Fledermausschutz aktiv Forscherraum der NABU-Landesstelle mit Fledermausexperten in der Nähe des Fundor- werden oder mit einer Spende helfen: NABU- einer spartanischen Grundausstattung. Dank tes, die einen Pflegling aufnehmen können, Konto 74020 , BLZ 230 510 30, Sparkasse Süd- zahlreicher Spenden von Fledermausfreunden oder stehen beratend zur Seite, wenn jemand holstein, Stichwort: Fledermausambulanz. haben wir den Ambulanzraum rechtzeitig zur ein Fundtier selbst pflegen und wieder frei- Flugsaison der Fledermäuse zum Frühjahr lassen möchte. Für die „häusliche Pflege“ leiht 2007 vollständig einrichten können. Der die Ambulanz bei Bedarf auch „Kranken- Raum hat einen Wasseranschluss mit Spüle, zimmer“ aus. Dieses Angebot wurde bereits steril abwaschbare Arbeitsflächen und bietet von zahlreichen Fledermausfreunden dan- einigen Fledermausarten ausreichend Platz kend angenommen. Die Pflegetiere konnten für einen Probeflug. In der Ambulanz werden gesund in ihre Lebensräume entlassen wer- geschwächte oder verletzte Fledermäuse kurz- den. Im ersten Jahr der NABU-Fledermaus- zeitig aufgenommen, aufgepäppelt und Ambulanz konnten neun der 18 „Patienten“ gesund gepflegt, um sie dann in der Nähe wieder freigelassen werden. Auch 2007 war die ihres Fundortes in ihrem Revier wieder aus- Ambulanz erfolgreich: Bis Mitte September zuwildern. Jede Fledermaus bekommt ein sind uns 39 hilfsbedürftige Fledermäuse „Einzelzimmer“: Eine Holzkiste mit vielen gebracht worden. 24 Tiere konnten nach kur- Britta Wesche Klettermöglichkeiten, Kuscheltüchern und zer Zeit wieder freigelassen werden. 15 Tiere NABU-Landesstelle für einem Versteck. waren so stark verletzt, dass sie vom Tierarzt Fledermausschutz und -forschung Über jedes in der Ambulanz behandelte eingeschläfert werden mussten oder schon auf Oberbergstr. 29 Tier wird ein Tagebuch geführt. Verhalten, all- dem Weg dorthin verstorben sind. Gesund 23795 Bad Segeberg gemeiner Zustand, Futter- und Wassermenge gepflegt und aufgepäppelt haben wir elf Mü- Tel. 04551-969489 sowie das Gewicht werden dokumentiert. Bei ckenfledermäuse, sechs Zwergfledermäuse, Verletzungen werden der Heilungsverlauf und zwei Rauhautfledermäuse, zwei Breitflügel- Weitere Infos im Internet unter bei Jungtieren die Wachstumsfortschritte fest- fledermäuse, eine Bechsteinfledermaus, eine www.Fledermausschutz-SH.de

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Leserbrief zur Ausgabe Nr. 3/07 des Magazins „Betrifft Natur“ „Neues Instrument: Lokale Bündnisse“

In der Ausgabe Nr. 3/2007 von „Betrifft Natur“ druckten Sie einen Gastbeitrag von Herrn Dierking, welcher hier für den Deutschen Verband für Landschaftspflege, Koordinierungs- stelle Schleswig-Holstein spricht, ab. Thematisiert wurde das neue Instrument des Natur- schutzes, die „lokalen Bündnisse“. Es liegt mir fern, in die Diskussion über Vor-/Nachteile lokaler Bünd-nisse einzusteigen. Nach Lektüre des Artikels gewinnt der geneigte Leser jedoch den Ein-druck, dass es einen wirkungsvollen Naturschutz vor Einführung der Bündnisse eigentlich gar nicht gegeben hat und zukünftig nur mit den Bündnissen geben wird. Als Mit- arbeiter einer unteren Naturschutzbehörde und somit seit längerem mit dem Naturschutz, seinen Paradigmenwechseln, seinen Möglichkeiten und Grenzen betraut, beschleicht einen das Gefühl, dass eine Naturschutzbehörde im Weltbild von Herr Dierking an sich nicht mehr vorkommt bzw. hier keinen Platz mehr findet.

rstaunlicherweise präsentiert Herr Dier- deckt und sich ihrer angenommen. Erste Regelfall nicht auf. Und so erklärt sich relativ Eking auf Seite 5 das brillante Foto einer Erfolge sind zu sehen: Der ansonsten schmale einfach, warum lokale Bündnisse derzeit von blühenden Arnikawiese im Aukrug, wohlge- Pfad zur Arnikawiese stellt sich nun als brei- politischer Seite so protegiert werden. merkt mit dem Hinweis, dass die Pflege dieser ter, häufig genutzter Fußweg dar, zahlreiche Herr Dierking erwähnt in seinem Artikel seltenen Lebensgemeinschaft ein spezielles Arnika waren abgepflückt worden. u. a. die Schrobach-Stiftung, welche auch im Management und präzise Absprachen erfor- Gestatten Sie mir noch zwei Anmerkungen: Gebiet des Naturparks Aukrug aktiv ist. dern, also ein klassischer Fall für lokale Bünd- Ohne Frage können lokale Bündnisse auf ört- Schrobach-Stiftung und untere Naturschutz- nisse! Nun sei von meiner Seite in aller licher/regionaler Ebene ihren Beitrag zum behörde des Kreises Steinburg arbeiten im Bescheidenheit angemerkt, dass eben diese Naturschutz leisten. Die verstärkte Einbin- Bereich des Flächenerwerbs seit Jahren Arnikawiese, welche sich in Privatbesitz befin- dung der Bevölkerung erhöht möglicherweise zusammen. So hat die untere Naturschutzbe- det, seit rd. 20 Jahren von der unteren Natur- auch die Akzeptanz potenzieller Naturschutz- hörde in den letzten Jahren den Ankauf bzw. schutzbehörde betreut, gepflegt und somit maßnahmen vor Ort. Was jedoch nicht ver- die Anpachtung von Flächen in einer Größen- über die Jahre in ihrem Bestand erhalten und gessen werden darf: Kein lokales Bündnis ordnung von rd. 48 Hektar zugunsten der entwickelt werden konnte. Nur: Die Natur- schlägt sich mit ungenehmigten Eingriffen, Schrobach-Stiftung durch Finanzierung aus schutzbehörde hat es weitgehend vermieden, Knickbeeinträchtigungen, Beseitigung von Ersatzgeldern ermöglicht. Einige dieser Flä- mit diesem Kleinod in der Öffentlichkeit und Biotopen etc. und den diesbezüglichen Ein- chen werden nun durch den Verein ERNA der Presse hausieren zu gehen, noch wurde es greifern noch mit cross compliance herum. extensiv mit Robustrindern beweidet, ein her- marktschreierisch als Objekt der Begierde des Diese Arbeit wird u.a. von den unteren Natur- vorragendes Projekt. Ist die UNB somit nicht Fremdenverkehr feilgeboten. Und dies aus schutzbehörden geleistet (was die Ver- auch Teil des lokalen Bündnisses? Es würde gutem Grunde: Kleinstlebensräume dieser Art schnupftheit der Bevölkerung hinsichtlich der Herrn Dierking gut anstehen, nicht gänzlich mit den ihnen eigenen Empfindlichkeiten, UNB´s hervorbringt). Konfliktlagen, die es im auszublenden, auf wessen Vorarbeit bzw. vertragen i.d.R. keinen hohen Besucherdruck. Tagesgeschäft der UNB zu bewältigen gibt, Finanzierung manche Aktivität lokaler Bünd- Nun haben lokale Bündnisse die Fläche ent- tauchen bei den Lokalen Bündnissen im nisse aufsattelt. Abschließend noch eine kleine Bitte: Auch der NABU, mit dessen Ortsgruppe wir wohl- gemerkt auf Kreisebene gut und gerne zusam- menarbeiten (Flächenankauf, Maßnahmen- finanzierung), sollte nicht ganz vergessen, welche Arbeit von den Mitarbeiterinnen und

Foto: Cordella Wiebe Mitarbeitern aller unteren Naturschutzbehör- den im Lande geleistet worden ist und trotz politischem Gegenwind und Personaleinspa- rungen weiterhin geleistet werden wird.

Ulf Schünemann Untere Naturschutzbehörde des Kreises Steinburg Postfach 1632 25506 Itzehoe [email protected] Arnikawiese in Aukrug Tel. 04821-69218