Zeit Und Heimat 15.Dezember 1983· Nr
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SONDERDRUCK Zeit und Heimat 15.Dezember 1983· Nr. 3 Beiträge zur Geschichte, Kunst und Kultur Seit 1924Beilage der "Schwäbischen Zeitung" 26. Jahrgang von Stadt und Kreis Biberach Ausgabe Biberach an der Riß Augsburger Wirtschaftskapitäne, die aus Oberschwaben kamen Von Dr.MaxFlad beracher wirkten dort Angehörige der Sippen Schönfeld und Gutermann sowie neben dem Gold- Augsburg, die größte und bedeutendste Stadt schmied Baur der Kupferstecher J. M. Frey. Erin- Schwabens im 18. Jahrhundert, zog aus dem enge- nert sei auch daran, daß wie Liebert einige Jahr- ren und weiteren Umland nicht nur Künstler an, zehnte später Martin Wieland seine Frau ebenfalls welche die Nähe der Kunstakademie und der vie- aus der Stadt am Lech holte. len Verleger suchten, sondern auch wagemutige Unternehmer. Unter diesen waren in relativ hoher Liebert versprach sich in Augsburg, dem Zen- Zahl Schwaben und Franken aus dem Gebiet des trum der europäischen Silberschmiedekunst bes- heutigen Baden-Württemberg. An erster Stelle ist sere Geschäftsbedingungen. Er hatte sich nicht ge- hierbei der aus Künzelsau gebürtige Johann Hein- täuscht. Bald bekam er große Aufträge vom rich Schüle (1720-1811) zu nennen, der sich 1745 in Münchner wie vom Wiener Hof, so lieferte er 1740 Augsburg niederließ. Zuerst als Kaufmann tätig, an Karl VI. kaiserliche Geschenke, die für den Sul- wandte er sich später der Textilveredelung, beson- tan bestimmt waren. Im folgenden Jahr ging ein ders dem Kattundruck, zu. Er war nicht nur ein Tafelservice im Wert von über 36000 Gulden an rastloser Erfinder neuer Drucktechniken, sondern Kurfürst Karl Albrecht nach München. Beim Bay- auch .der erste Großindustrielle Augsburgs, bei rischen Münzamt war Liebert in jener Zeit der dem zeitweise 3500 Menschen, rund ein Zehntel der zweitgrößte Silberlieferant. städtischen Bevölkerung, ihr Brot verdienten. Weithin berühmt war seine palastähnliche Fabrik Ab 1753 wenden sich die Augsburger Silberhan- vor den Toren der Stadt, welche auch Kaiser Jo- delsfirmen, welche die Konkurrenz der neu ge- seph II. besichtigte. gründeten fürstlichen Porzellanmanufakturen zu spüren bekamen, einem neuen Absatzzweig, näm- Weitere Zugezogene waren, die wie Schüle in den lich dem Vertrieb der vor allem im türkischen Adelsstand erhobenen Bankiers Süsskind von Nür- Reich begehrten Maria-Theresia-Taler, zu. Von die- tin gen und Schmid aus Ebingen, ferner der Kattun- sem Zeitpunkt ab waren die Beziehungen von Lie- fabrikant und Bankier Wohnlich aus Pforzheim. bert zum Wien er Kaiserhof noch intensiver. 1763 Auch derTübinger Verleger v. Cotta muß erwähnt wurden Vater und Sohn geadelt und als Herren werden, der, ab 1810 von Augsburg aus, lange Zeit Liebert von Liebenhofen in den Augsburger Patri- "Die Allgemeine Zeitung", das berühmteste Jour- zierstand aufgenommen. nal des 19. Jahrhunderts, herausgab.Zugewander- Benedikt Adam, der 1753 Katharina Barbara Lai- te oberschwäbische Unternehmer waren u. a. Lie- re, aus einem Augsburger Handelshaus stammend, bert, Martini und Kaeß. geehelicht hatte, bemühte sich als junger Patrizier um einen seinem Stand angemessenen Wohnsitz. Er erwarb ein Haus am Weinmarkt, zwischen St. Moritz und St. Ulrich an Augsburgs Prachtstraße Die Familie Liebert - Gold- und gelegen, ließ es abbrechen und erstellte dann den schönsten Rokokobau der Stadt "das Liebertini- Silberwarenhändler und Bankiers sche Palais", das heute nach Lieberts Schwieger- sohn "Schaezlerpalais" genannt wird. Im Herbst Johann Adam Liebert (1697-1766), ein Gold-, Sil- 1765 begonnen, kurz vor J. A. Lieberts Tod, wurde berwaren- und Juwelenhändler, zog wenige Jahre es 1767 vollendet. Der Innenausbau zog sich bis nach der Geburt seines Sohnes Benedikt Adam 1770hin. (1731-1810), einem Zeitgenossen von Martin Wie- land (1733-1813),von Biberach, seiner Heimatstadt, In den 60er Jahren entwickelten sich die Ge- weg nach Augsburg. Eine verständliche Wohnsitz- schäfte von Liebert außerordentlich günstig. Es verlegung, denn Liebert hatte im Jahr 1727 die war eine Zeit allgemeiner Prosperität. Zusammen Augsburgerin Maria Elisabeth Mayr (1702-1777) ge- mit dem württembergischen Kommerzienrat Fink heiratet. Bekanntlich waren die Beziehungen zwi- begründete er 1764 in Heidenheim eine Scheide- schen den zwei Reichsstädten Augsburg und Bi- hütte, welche durch die Errichtung eines kaiserli- berach im 18. Jahrhundert eng. Als gebürtige Bi- chen Münzamtes in Günzburg Bedeutung erlangte. 53 In jenen Jahren war nicht München, sondern not in weiten Teilen von Deutschland, Seuchen Augsburg als Stadt mit mehreren Großbanken, der dezimierten die Bevölkerung.In Augsburg starb wichtigste Geldmarkt im Süden von Deutschland. ein Sechstel der Einwohner. Um die Brotversor- Hier begründeten die Firmen Liebert, Köpf und gung Augsburgs zu verbessern, begaben sich im Carli 1769 die "K. K. privilegierte ausländische Sil- November 1770 die einflußreichen Bankiers v. Lie- berhandlung", die ihren Sitz im Libertinischen Pa- bert und Carli, zusammen mit dem Ratskonsulen- lais hatte. V. Liebert wurde von der Kaiserin Maria ten der Stadt, v. Tröltsch, nach Wien, wo sie sich Theresia zum "Silberhandelsdirektor" ernannt. mit Erfolg bemühten bei der Kaiserin die freie Zu- Den neu ernannten "Direktor" empfing sie 1769 in fuhr von in Italien gekauftem Getreide durch Tirol Mailand. zu erreichen. Lieberts Ansehen erreichte seinen Höhepunkt, Die konjunkturschwachen Jahre nach 1770/71 als Maria Antoinette auf ihrer Hochzeitsreise nach blieben nicht ohne Auswirkungen auf die Firma Paris, auf Einladung des Hofbankiers den soeben Liebert. Konkurse erschütterten die Wirtschaft. fertiggestellten Festsaal eröffnete. Hierzu der Augs- Das in Augsburg alt eingesessene Bankhaus Köpf, burger Chronist von Seida: "Die Prinzessin ver- dessen Inhaber 1768noch ein neues Palais errichtet herrlichte den festlichen Ball, den die Stadt ihr zu hatte, machte bankrott. Der Talerabsatz in die Tür- Ehren in dem neu erbauten, mit 365 Wachslichtern kei, von dem Liebert sich so viel erhofft hatte, und 24 Christallüstern, Wand- und Kronleuchtern erfüllte nicht die Erwartungen. glänzend erhellten, und reich und prächtig weiß mit Gold verzierten großen und hohen Saal des Bankiers von Liebert'schen Hauses veranstaltet Die veränderten Verhältnisse zwangen die betei- hatte, durch ihre Gegenwart, ließ sich hier die ligten Bankiers 1776 die K. K. privilegierte Silber- Augsburgische Nationaltracht in dem Anzuge meh- handlung aufzulösen. Ein Jahr später stellte Lie- rerer Frauen und Töchter aus ansehnlichen Bürger- bert den Betrieb der Heidenheimer Scheidehütte familien vorstellen, tanzte sehr graziös drei Menu- ein.Nicht genug des Gesundschrumpfens, nach etts und begab sich nach drei Viertel auf 11 Uhr hohen Geldverlusten war er sogar genötigt, seine höchst vergnügt in die Residenz zurück." Und von Zahlungsunfähigkeit zu erklären. Als einer der Liebert 'vermerkt in seinem Tagebuch: "Wie huld- maßgebenden Männer Augsburgs erlangte er je- reich und gnädig diese an sich selbst sehr schöne, doch ein Moratorium. Seiner Tüchtigkeit gelang es an Haut und Fleisch ungemein zarte 14%jährige das Bankhaus zu retten. Dieses erholte sich wieder, Prinzessin sich gegen mich als Jedermann erwie- nachdem sich der Münzhandel erneut belebt hatte. sen, vermag ich nicht zu beschreiben." Wie weit in den 80er Jahren des Bankiers v. Lie- Die Jahre nach diesem rauschenden Fest standen berts Beziehungen reichten, weist eine Aufstellung unter keinem guten Stern. 1770171 herrschte, be- von 1785 nach. Danach hatte er Guthaben in Vene- dingt durch Mißernten, eine schreckliche Hungers- dig, Triest, Genua, Mailand, Marseille und Frank- Ben edikt Adam Liebert Foto: Städt. Kunstsammlungen Augsburg, Nr. F I 11623 54 furt, Schulden dagegen in Hamburg, Amsterdam Sammlungen, vor allem die Deutsche Barockgale- und Wien. rie untergebracht. Wer dieses Haus betritt und die Bilder in den eleganten Räumen bewundert, sollte V. Liebert, dessen eine Tochter 1780 J. H. von den Erbauer nicht vergessen, der zum schönsten Schüle geheiratet hatte, gab 1793 seine Tochter Ma- Stadtpalais Süddeutschlands damals die besten rianne Barbara (1768-1838) dem aus Ansbach stam- Künstler heranzog. Aus München kam Lespilliez menden Bankier J ohann Lorenz Schaezler (1762- als Architekt, die Fresken im hohen Festsaal schuf 1826) einem tatkräftigen, weitsichtigen Kaufmann der Italiener Guglielmi, die Stukkaturen F. X. von vornehmem Charakter. Dieser hatte es mit sei- Feichtmayr d. J., und von Placidus Verhelst stam- Dem eigenwilligen Schwiegervater, in dessen Bank men die Schnitzarbeiten. An der Ausmalung waren er tätig war, nicht leicht. Nach jahrelanger, gemein- auch die Oberschwaben J. Christ und F. J. Maueher samer Arbeit zwang v. Liebert ihn sogar aus der beteiligt. V. Liebert hat sich mit seinem Palais ein Firma auszutreten. Denkmal gesetzt, das glücklicherweise die Bom- bardierung Augsburgs überstanden hat. Obwohl sich das Liebert'sche Bankhaus, nicht zuletzt dank des unermüdlichen Einsatzes von Schaezler erholt hatte, geriet es in den Napoleoni- schen Kriegen von neuem in Schwierigkeiten. 1802 Die Familie Martini verlor es hohe Summen im Münzhandel. Schaezler sprang mit seinen in der Zwischenzeit erworbenen Bleicher und Färber seit 150 Jahren Kapitalien ein und konnte das Schlimmste abwen- den. In seinem Tagebuch hierzu: "Daß ich, ob- 22 Jahre nach dem Tod von B. A. von Liebert ließ schon früher so oft von meinem Schwiegervater sich der Biberacher Karl Clemens Martini (1799- verkannt, ihm mit großer eigener Aufopferung ei- 1862) unweit von Augsburg in Haunstetten nieder.