„Die Uhr Blieb Um 9.45 Stehn.“
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Friedbert Wißkirchen „Die Uhr blieb um 9.45 stehn.“ Mit freundlicher Unterstützung Dokumentation Kreissparkasse über den größten Bombenangri Vulkaneifel auf die Stadt Daun am 19.07.1944 Schutzgebühr: 5,– Euro – (Erlös zugunsten des „Volksbund Deutsche Krieggräberfürsorge e.V.“) Zeitzeugen berichten „Die Uhr blieb um 9.45 stehn.“ Dokumentation über den größten Bombenangriff auf die Stadt Daun am 19. 7. 1944 – Zeitzeugen berichten 1 Vorwort Durch einen glücklichen Umstand gelangte ich 2007 aus einer Wohnungsaufl ösung in Köln in den Besitz von etwa 40 Fotografi en, die die Zerstörungen des Bombenangriff s auf Daun vom 19. Juli 1944 zeigen. Die Bilder machte der Dauner Drogist und Fotograf Hans Hoff mann, der am Tage nach dem Bombenangriff sein ge- schundenes und zerstörtes Heimatstädtchen im Bild festhielt und selbst bei einem Bombenan- griff am 23. Dezember 1944 ums Leben kam. Die Fotos, die die schrecklichen Spuren des Krieges dokumentieren, waren für mich Anlass, bei Zeitzeugen und in Archiven zu forschen, um nicht nur die materiellen Schäden, sondern auch die Schicksale der betroff enen Menschen zu erfassen. Heute, 70 Jahre nach dem grausamen Geschehen, sind die Wunden des Krie- ges fast verheilt. Die heutige, junge Generation kennt Krieg und Not nur aus den Berichten der Medien. Ihre Großväter und Großmütter haben Krieg und Nachkriegszeit, Flüchtlingselend und Entbehrung persönlich erfahren und den Wiederaufb au erlebt. Dankbar müssen wir anerkennen, dass wir seit 69 Jahren in Frieden und Freiheit leben. Die Opfer des II. Weltkriegs sollen uns Mahnung sein, sie dürfen nicht verges- sen werden. Autor und Verleger: Friedbert Wißkirchen Warthweg 11, 54550 Daun Umschlaggestaltung: bik. Werbeagentur Titelfoto: Archiv F. Wißkirchen Friedbert Wißkirchen Daun, Juli 2014 Daun, im Juli 2014 2 3 Grußwort des Dauner Stadtbürgermeisters Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, sehr geehrte Damen und Herren, mit dieser Dokumentation wird an den größten Lassen Sie uns gemeinsam der Opfer jener Tage gedenken, zu denen, neben Bombenangriff erinnert, den die Stadt Daun im vielen Dauner Kindern, Jugendlichen, Frauen und Männern, auch Kriegsge- 2. Weltkrieg am 19. Juli 1944 erlebt hat. Auch 70 fangene, Zwangsarbeiter, Flüchtlinge und Vertriebene gehörten. Erinnern wir Jahre nach diesem schrecklichen Ereignis leben uns aber auch an die vielen Helfer, die, teilweise auch unter Einsatz des eigenen noch viele Mitbürgerinnen und Mitbürger unter Lebens und unter teils katastrophalen Bedingungen, Opfer geborgen, gerettet, uns, die diesen Angriff , wie auch weitere, erlebt versorgt oder bei der Beseitigung der Zerstörungen und beim Wiederaufb au und erlitten haben. geholfen haben. Diejenigen von uns, die nach 1945 geboren sind, können sich wohl kaum vor- Wir alle sind aufgefordert, die Geschehnisse des 19. Juli 1944 nicht zu verges- stellen, wie viel Not, Leid, Elend, Trauer und Zerstörung auch dieser Krieg sen, wir sind aber auch stets von neuem verpfl ichtet, Frieden zu wahren, einen nicht nur für die unmittelbar am Kampfgeschehen beteiligten Soldaten, son- eigenen Beitrag für mehr Menschlichkeit, für Toleranz und die Verteidigung dern insbesondere auch für die oft schutz- und wehrlose Zivilbevölkerung mit demokratischer Grundwerte, aber auch gegen das Vergessen zu leisten. sich gebracht hat. Beim Gedenken geht es auch um Gegenwart und Zukunft . Denn Kriege sind Umso dankbarer bin ich Herrn Friedbert Wißkirchen, dass er die Initiative nicht Vergangenheit, sondern heute noch in vielen Ländern Gegenwart. Es gilt zur Erstellung dieser Dokumentation ergriff en hat. Insbesondere danke ich im alles zu tun, dass Frieden die Zukunft sein kann. Namen der Dauner Bürgerinnen und Bürger jedoch den Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, die der Dokumentation durch ihre Beiträge Authentizität ver- liehen haben. Nur durch ihre Schilderung der Geschehnisse war es vielfältig erst möglich, den auf den Fotographien abgebildeten Menschen Namen und Schicksale zuzuordnen, aber auch Details zu den zerstörten Gebäuden in Er- fahrung zu bringen. Durch dieses Engagement und die Unterstützung der Kreissparkasse Vulka- neifel ist es gelungen, dass wir nunmehr eine Dokumentation in den Händen Martin Robrecht halten können, die ein Zeichen gegen das Vergessen setzen kann und die uns, auch 70 Jahre danach, in Wort und Bild vor Augen führt, wie viel Leid und Schrecken Krieg und Gewaltherrschaft auch für unsere Stadt mit sich gebracht Daun, im Juli 2014 haben. 4 5 Grußwort des Kriegsgeschehen in Daun Vorstand der Als der Krieg 1939 ausbrach, wohnten im Städtchen Daun 2099 Einwohner in Kreissparkasse 354 Wohngebäuden. Das Kriegsgeschehen war zunächst weit weg, machte sich Vulkaneifel nur bemerkbar, wenn Truppen Daun passierten und Soldaten das Stadtbild bevölkerten. Auch auf die Versorgung der Bevölkerung hatte der Krieg anfangs Das schlimmste Ereignis in wenige Auswirkungen. Nur die Sterbeanzeigen in den Zeitungen und die Got- der jüngeren Stadtgeschichte tesdienste für die gefallenen Soldaten aus Daun erinnerten an das Kriegsge- Daun´s jährt sich zum 70. schehen. Mal. Der Bombenangriff vom 19.07.1944 hat das Bild unserer Stadt, aber auch die damals betroff enen Men- schen geprägt und tiefe Spuren hinterlassen. Die Menschen in Daun teilten Leid und Zerstörung mit Millionen Menschen in ganz Europa, in dem von Deutschland verursachten Krieg. In dem vorlie- genden Buch wird in Erinnerung geru fen, dass der Friede in unserem Land, den wir seit dem Ende des 2. Weltkrieges erleben dürfen, keine Selbstverständ- lichkeit ist. In den letzten Jahrzehnten und auch heute gibt es in Europa krie- gerische Auseinandersetzungen die zeigen, wie wichtig ein Einsatz für Frieden und Verstän digung unter den Völkern ist. Vor allem Herrn Friedbert Wißkir- chen gilt unser aller Dank für die umfangreiche Arbeit zur Erstellung dieses Werkes. Allen, die daran mitgewirkt haben, sei eben falls ein herzliches Danke- schön gesagt. Sie haben dazu beigetragen, dass uns die Wichtigkeit von Frieden stets vor Augen bleibt. Daun 1933 Feindliche Flugzeuge zeigten sich in den ersten Jahren des Krieges kaum am Dietmar Pitzen Helmut Sicken Himmel. Erst am 10.7.1943 fi elen 2 Bomben in der Nähe der heutigen Tennis- plätze in der Maria-Hilf-Straße, eine davon, ein Blindgänger, explodierte erst einige Tage später während der Sonntagsmesse. Beunruhigt waren die Dauner Bürger aber nicht. 1944 änderte sich das Bild am Dauner Himmel. Regelmäßig Daun, im Juli 2014 überfl ogen seit dem Frühjahr große Bomberverbände der amerikanischen Luft - 6 7 19. Juli 1944 - Ein Tag des Schreckens und Grauens Morgens gegen 7 Uhr startete die 8. Luft fl otte der US-Luft waff e unter der Be- zeichnung „Mission 8th AF 482“ von Chelveston, nahe Coventry/England, mit 1082 Bombern der Typen: B 24 und B 17 und 670 Jägern als Begleitung. Die 8. Luft fl otte war in 4 Verbände unterteilt, darunter auch der Verband I. mit 373 Bombern vom Typ B17 der 305. Bombergruppe. Hauptziele waren Industrie- anlagen im Südwesten und Süden Deutschlands, der Flughafen Lechfeld, die Flugzeugwerke Messerschmidt in Augsburg, Chemieanlagen in Hollriegels- kreuth. Nebenziele waren: Ulm und Daun (Bahnanlagen). Daun 1936 fl otte die Eifel. Seit der Invasion am 6.6.1944 in Frankreich, wurden verstärkt deutsche Nachschubwege, Industrieanlagen und Bahnlinien bombardiert. Alfons Hein: „Bei wolkenlosem Himmel zählten wir Kinder die Flugzeuge, die über uns hinweg flogen.“ Regelmäßig, wenn die Bomberverbände Daun überfl ogen, heulte die Sirene zum „Luft alarm“. Aber große Sorgen machten sich die Menschen nicht, bisher waren es nur Überfl üge, Daun von Bomben verschont geblieben. Alfons Hein: „Hier in den ländlichen Gebieten hatte keiner Angst vor den Bombern, man wusste ja, dass sie Städte und Industrieanlagen zum Ziel hatten.“ „Doch niemand glaubte so recht an die Möglichkeit eines Luftangriffs auf den von militärischen Anlagen freien Kreisort Daun.“ (aus: Fliegerangriff e und ihre Folgen – Stellungnahme der Amtsverwaltung Daun – undatiert) 8 9 Es war der erste Ferientag und die Sonne schien aus strahlend blauem Himmel. Franz Molitor: „Plötzlich sahen wir am Himmel über dem Wehrbüsch einen Um 9.20 Uhr ging Gendarm Schneider durch die Wirichstraße und rief den zunächst horizontal verlaufenden Rauchstreifen …“ spielenden Kindern, u.a. Franz Jung ✝ zu: „Macht euch heim, es gibt gleich Fliegeralarm!“ Gegen 9.40 Uhr lösten sich 11 B-17-Bomber aus dem Verband und fl ogen Daun aus nördlicher Richtung an. Angriff ssignale „Wir glaubten, es sei ein Bomber abgeschossen worden.“ Hans Hoff mann und Franz Molitor riefen gleichzeitig: „Da kommt einer herunter!“ Es war das Zeichen der Führungsmaschine zum Abwurf von 130 Bomben mit einer Sprengkraft von 27,5 Tonnen. 10 11 Franz Molitor: „In der gleichen Sekunde hörten wir das ´hui´ fallender Bom- Als die Rauch- und Staubwolke durch den Westwind vertrieben war, konnte ben.“ Frau Laudert aus Düsseldorf, die bei Familie Blonigen auf dem Kampbü- man das ganze Ausmaß des Bombardements erkennen. „Grauenvoll waren die chel wohnte, rief: „Die klinken die Bomben aus, Daun wird bombardiert!“ Verwüstungen und schrecklich sahen die armen Menschen aus, die bei die- sem furchtbaren Angriff den Tod gefunden oder Verletzungen erlitten hatten. Aus etwa 7000 m Höhe wurden die Bomben abgeworfen, die die Bahnlinien Die Szenen, die sich beim Bergen der Toten und Verletzten abspielten, waren treff en sollten, aber ins Zentrum der Stadt fi elen (heute: Altes Landratsamt, fürchterlich.“ Leopoldstraße, Abt-Richard-Straße, Burgfriedstraße, Borngasse, Arensberg, (Bericht der Amtsverwaltung