DIPLOMARBEIT

Virtuelle Rekonstruktion der Synagoge in

Ausgeführt zum Zwecke der Erlangung des akademischen Grades eines Diplom-Ingenieurs unter der Leitung von

Ao.Univ.Prof. Arch. Dipl.-Ing. Dr.techn. Bob Martens

E253 Institut für Architektur und Entwerfen

eingereicht an der Technischen Universität Wien

Fakultät für Architektur und Raumplanung

von

Bernhard Braimeier

0226887

Ortsstraße 87, 2724 Hohe Wand-Maiersdorf

Wien, Oktober 2015

Kurzfassung

Ziel der vorliegenden Arbeit ist die virtuelle Rekonstruktion der Synagoge von Deutschkreutz / Zelem. Die wohl wichtigste und größte Einrichtung, der Jahrhunderte alten jüdischen Gemeinde, wurde in den Jahren 1834-1835 errichtet und viel der Nazibarbarei im Jahre 1941 schlussendlich zum Opfer.

Die größte Herausforderung bei dem Versuch, den im klassizistischen Baustil errichteten Tempel digital wieder aufzubauen lag darin, dass der komplette Modellierungs- und Rekonstruktionsprozess ohne planliche Unterlagen zu erfolgen hatte. Da nur wenige Fotografien über die Synagoge existieren und diese zumeist die bereits zerstörte Synagoge bzw. die Abbrucharbeiten zeigen, mussten alle offenen Fragen anhand von Vergleichsobjekten und Informationen aus diversen Publikationen geklärt werden. Auch die Darstellung und Rekonstruktion des Innenraums konnte nur Anhand einer einzigen Fotografie erfolgen.

Der erste bzw. zweite Teil der Arbeit behandelt das Leben und die Geschichte der jüdischen Gemeinde. Beleuchtet wird die Entstehung und Entwicklung der Gemeinde, aber auch ihr tragischer Untergang. Die weiteren Kapitel behandeln die Synagoge an sich. Die Geschichte der Synagoge sowie die Architektur werden im dritten Teil behandelt. Über die zur Rekonstruktion vorhandenen Quellmaterialien sowie deren Auswertung ist in den Kapiteln 4 und 5 zu lesen. Diverse Publikationen, Katastermappen, Fotografien sowie Schriftverkehre die in Archiven gefunden wurden, werden untersucht und auf wichtige Informationen die den Tempel betreffen analysiert. Der letzte Teil der Arbeit gibt einen Einblick in den Prozess der digitalen Rekonstruktion, welcher mittels der CAD-Software ArchiCAD modelliert wurde und anschließend mittels der Rendering Software Artlantis visualisiert und virtuell erlebbar gemacht wurde. Abschließend wird das Endergebnis auf den letzten Seiten der Arbeit präsentiert.

Diese Dokumentation der einzelnen Arbeitsschritte, sowie die der verwendeten Quellmaterialien soll gewährleisten, dass der aktuelle Forschungsstand durch neue Erkenntnisse jederzeit erweiterbar ist.

I

Abstract

The aim of this thesis is the reconstruction of the destroyed synagogue in Deutschkreutz / Zelem. Being the most important and biggest facility of the old Jewish community, it was erected between 1834-1835 and finally subject to destruction by the Nazis in 1941.

The biggest challenge in the attempt to digitally reconstruct the temple in classical style was due to the fact, that the complete modelling and reconstruction procedure had to be realized without any form of construction plan. All unresolved questions had to be clarified by way of comparison with similar objects or information stemming from various historical publications. Photos of the synagogue are hardly preserved and the few existing ones show only the destroyed synagogue or its demolition in progress.

The first and second part of the thesis deal with life and history of the Jewish parish, its development in the community and finally its tragic decline. The following chapters address the synagogue itself. The building history as well as the architecture is covered in the third part. Details of the records leading to the reconstruction, as well as their interpretation are depicted in chapter four and five.

A variety of publications, land registers, photographs, as well as written correspondence, retrieved from archives, will be examined in detail and analysed as far as they contain important information attributable to the temple. The final part of the thesis delivers some insight into the process of digital reconstruction as the model was created with ArchiCAD and subsequently visualised and virtually brought to life with the rendering software Artlantis. The documentation of the individual work steps, as well as the sources used, should warrant, that the current state of research can be extended with novel insights at any desired time.

II

Inhaltsverzeichnis

Kurzfassung ...... I Abstract ...... II 1 Einleitung ...... 1 2 Geschichte ...... 2 2.1 Juden im ...... 2 2.2 Die jüdische Gemeinde von Deutschkreutz ...... 6 2.2.1 Die Anfänge der Gemeinde (1478 – 1760) ...... 7 2.2.2 Die Blütezeit der Gemeinde (1762 – 1867) ...... 11 2.2.3 Die Gemeinde zur Zeit der K. u. K. Monarchie (1857 – 1918) ...... 15 2.2.4 Die Gemeinde in der Zwischenkriegszeit (1918 – 1939) ...... 16 2.2.5 Das Ende der Gemeinde (1938 – 1941) ...... 20 2.2.6 Nach dem NS Regime ...... 23 3 Die Synagoge ...... 25 3.1 Die Geschichte der Synagoge ...... 25 3.2 Die Architektur der Synagoge ...... 28 4 Quellmaterial ...... 32 4.1 Publikationen ...... 32 4.2 Karten und Kataster ...... 35 4.3 Interviews ...... 37 4.4 Fotografien ...... 37 4.5 Schriftverkehr und Versicherungspolizzen ...... 39 4.6 Fehlende Quellen ...... 41 5 Auswertung des Quellmaterials ...... 42 5.1 Lageplan, Kataster – Situierung des Gebäudes ...... 42 5.2 Ermittlung der Gebäudeabmessungen ...... 46 5.3 Ermittlung der Fassadengestaltung ...... 48 5.4 Ermittlung des Innenraums ...... 54 5.5 Vergleichsobjekte ...... 61 5.6 Bauliche Veränderungen ...... 65 6 Die Rekonstruktion ...... 66 6.1 Projektorganisation ...... 66 6.2 Gebäudemodellierung ...... 74

III

6.3 Dachstuhl ...... 79 6.4 Bibliothekselemente ...... 81 6.5 Umgebung und Gelände ...... 91 6.6 Visualisierung ...... 93 7 Ergebnisse und Schlussfolgerung ...... 97 Literaturverzeichnis ...... 112 Abbildungsverzeichnis ...... 114 Anhang ...... 120

IV

1 Einleitung

Das Projekt der virtuellen Rekonstruktion zerstörter Synagogen begann bereits im Jahre 1995 an der TU Darmstadt. Mit der Rekonstruktion der Wiener Synagogen wurde das Projekt im Jahre 1998, an der TU Wien, auch für österreichische Synagogen ins Leben gerufen.

Ziel war es, das zerstörte Kulturgut digital zu Rekonstruieren und die dadurch gewonnen Informationen in eine umfassende virtuelle Datenbank einzubinden. Aufgrund des stetig wachsenden Interesses an dem Projekt wurde es in den folgenden Jahren auf das Gebiet der Österreichisch-Ungarischen Kronländer erweitert.

In der vorliegenden Arbeit wird die Synagoge der jüdischen Gemeinde von Deutschkreutz / Zelem betrachtet. Hierbei handelt es sich um eine verhältnismäßig kleine Landsynagoge. Da keinerlei Planmaterial über die Synagoge existiert, gibt es auch keine Information über handelnde Akteure, weder in der Planungsphase noch in der Ausführungsphase. Lediglich einige fotografische Aufnahmen von der bereits zerstörten Synagoge waren vorhanden und so erwies sich die Rekonstruktion der kleinen Landsynagoge als große Aufgabe mit vielen Hindernissen, die jedoch überwunden werden konnten.

Neben der digitalen Rekonstruktion und dem daraus entstandenen virtuellen Gebäudemodell, wird die Herangehensweise an die Rekonstruktion sowie die Auswertung des gesammelten Bildmaterials textlich dokumentiert und ergänzt.

Im ersten Teil werden die Geschichte der Juden im Burgenland, die jüdische Gemeinde von Deutschkreutz und ihre Schicksale sowie die Synagoge beschrieben. Die zur Verfügung gestandenen Quellmaterialien, sowie die zur Rekonstruktion notwendigen Vergleichsbauten, werden im zweiten Teil behandelt, hinterfragt und verglichen. Eine detaillierte Dokumentation der einzelnen Arbeitsschritte sowie das Ergebnis der Rekonstruktion werden im dritten Teil dargestellt.

Die virtuelle Rekonstruktion der Synagoge soll als Beitrag verstanden werden, die jüdische Gemeinde von Deutschkreutz nicht in Vergessenheit geraten zu lassen und den derzeitigen Forschungsstand künftig durch eventuell neu gewonnene Erkenntnisse zu erweitern.

1

2 Geschichte

Im ersten Abschnitt dieses Kapitels wird kurz auf die Geschichte der Juden auf dem Gebiet des heutigen Burgenlandes eingehen. Der geschichtliche Bogen wird gespannt von den Anfängen im 13. Jahrhundert über die Blütezeit in der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zu Ihrem Ende im Jahre 1938. Im zweiten Abschnitt wird dann explizit auf die Geschichte der Jüdischen Gemeinde von Deutschkreutz und das Schicksal ihrer Bevölkerung eingegangen.

2.1 Juden im Burgenland

Die Geschichte der jüdischen Gemeinden im heutigen Burgenland reichten bis ins Mittelalter zurück, allerdings existierte damals lediglich eine jüdische Ansiedlung, und zwar das damals zum Königreich Ungarn gehörende Eisenstadt. Auch in den westungarischen Nachbarorten waren jüdische Ansiedlungen zu finden. Diese waren beispielsweise in Ödenburg, Pressburg und Güns beheimatet.

Das Judenrecht des ungarischen Königshauses war eng an das des österreichischen angelehnt. 1235 – 1270 regierte König Béla IV. in Ungarn, seine Judenordnung von 1251 ist eine fast idente Kopie der Judenordnung von Herzog Friedrich II. von Österreich (Fridericianums) die dieser zuvor am 1. Juli 1244 erlassen hatte. Das Privileg Friedrich II. schuf nicht nur eine rechtliche Basis für Juden in Österreich, sondern wurde zum Vorbild für die meisten der späteren Judenordnungen in den angrenzenden Ländern (Polen, Schlesien, Böhmen)1. Das Fridericianum bot eine umfassende Regelung rechtlichen Verhältnisses zwischen Juden und Nichtjuden und bezog sich auf den Judeneid. Der Judeneid war ein Eid, den Juden in Rechtsstreitigkeiten mit Nichtjuden in einer von christlicher Seite vorgeschriebenen, diskriminierenden Form leisten mussten2. Vom frühen Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert war er in Europa weit verbreitet. In Österreich wurde der Judeneid 1846, in Preußen 1869 abgeschafft.

Im 14. Jahrhundert dürften Juden bereits eine ansehnliche Rolle im Wirtschaftsleben auf dem Gebiet des heutigen Burgenlandes gespielt haben3. Die jüdischen

1BURGER, Hannelore, Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden, Wien 2014, S.19 2 Deutsches Rechtswörterbuch, URL: http://drw-www.adw.uni-heidelberg.de/drw- cgi/zeige?db=drw&index=lemmata&term=Judeneid&darstellung=%DC (abgerufen am 03.05.2015 – 23:06) 3 GENÉE, Pierre, Synagogen in Österreich, Wien 1992, S.87 2

Gemeinden waren zu dieser Zeit meist in den größeren Ortschaften beheimatet. Ihr Tätigkeitsgebiet erstreckte sich von Eisenstadt, Wiener Neustadt und Ödenburg ausgehend auf das ganze nördliche Gebiet des heutigen Burgenlandes und südwärts bis Eisenberg, Pinkafeld und Steinamanger.

Vertreibungen und Ausweisungen von Juden, gefolgt von Wiederansiedlungen und Neuprivilegierungen, ziehen sich seit jeher durch die jüdische Geschichte. In der Regierungszeit Kaiser Maximilian I., in den Jahren nach 1496, überrollte eine Welle des Antisemitismus fast ganz Europa und führte besonders in Innerösterreich4 (Kärnten, Steiermark, Krain) zur Vertreibung der sogenannten Landjuden, die in der Regel Zuflucht in einigen Gemeinden des heutigen Burgenlandes fanden. Auch 1526 nach der Schlacht von Mohács bei der König Ludwig II. starb, wurden die Juden, mit Zustimmung seiner Witwe sowie auf Drängen der Bürger aus Ödenburg5 und vielen anderen ungarischen Städten vertrieben. Viele von ihnen konnten in Eisenstadt, oder Mattersdorf Zuflucht finden. Jedoch begann erst in den Jahren nach 1670 eine dauerhafte und demografisch relevante Ansiedlung. In diesem Jahr wurden, auf Befehl von Kaiser Leopold I., Juden aus Wien, Niederösterreich und Oberösterreich vertrieben. Die Grundherren Westungarns folgten den Befehlen Leopolds I. jedoch nur für einige Monate. So konnten die des Landes verwiesenen Juden schon nach kurzer Zeit wieder in Ihre Gemeinden zurückkehren. Mit ihnen kamen viele Flüchtlinge aus Niederösterreich und Wien.

Im 17. Jahrhundert wechselte das Recht auf Ansiedlung vom Landesherren auf den Grundherren und somit fanden Juden in den Ländern der ungarischen Feudalherren Esterházy, Batthyány und Pálffy Zuflucht. Die wirtschaftlichen Aktivitäten der Juden sowie ihre Fähigkeit hohe Steuern zu entrichten war für die Grundherren zu dieser Zeit besonders nützlich da Teile Ungarns, darunter auch das heutige Burgenland, nach den Türkenkriegen, weitgehend entvölkert war und wirtschaftlich darniederlag. Aus diesen Gründen verliehen die Feudalherren – gegen entsprechende Zahlungen – Schutzbriefe an die jüdischen Untertanen. Die Schutzbriefe waren Verträge, die, neben der Auflistung der Rechte und Pflichten, vor allem die gegenseitige Finanzgebarung bis ins kleinste Detail regelten. Den Schutz durch die Grundherren mussten sich die Juden durch Steuern und Gebühren erkaufen6. Zu dieser Zeit entstanden im heutigen Südburgenland die jüdischen Gemeinden Güssing, Rechnitz,

4 BURGER, S. 22 5 GENÉE, 1992, S.87 6 HABRES, Christof, REIS, Elisabeth, Jüdisches Burgenland – Entdeckungsreisen, Wien 2012, S.13/14 3

Lockenhaus und Schlaining die unter dem Schutz des Adelsgeschlechts Batthyány standen7. Im Nord- und Mittelburgenland entstanden die, unter der Herrschaft der Esterházys berühmten „“, die „Sheva Kehillot“. Zu ihnen gehörten die Gemeinden Deutschkreutz, Lackenbach, Mattersdorf, Eisenstadt, , Frauenkirchen und Kittsee. Die Entwicklung dieser Gemeinden lässt sich in zwei Perioden einteilen. Die erste Periode kann von 1671 bis 1857 angesetzt werden. In dieser Zeit wuchs die Zahl der Gemeindemitglieder zwar langsam, aber stetig an. Im Vergleich zu Nord- und Ostungarn erfolgte der Zahlenmäßige Zuwachs der jüdischen Bevölkerung im Burgenland jedoch wesentlich langsamer.

Abb. 1: Übersichtskarte der jüdischen Gemeinden im Burgenland

Ein Vergleich des zahlenmäßigen Verhältnisses von Juden mit der ortsansässigen christlichen Bevölkerung weist darauf hin, dass diese jüdischen Gemeinden verhältnismäßig groß waren. So waren es im Jahre 1857 in Eisenstadt, 94% der

7 GENÉE, Pierre, „Die Juden des Burgenlandes und ihre Synagogen“, in: DAVID – Jüdische Kulturzeitschrift, 1989, Nr.3, S.8 4

Gesamtbevölkerung, in Lackenbach 64% und in Deutschkreutz immerhin 37,8%. Dieses Zahlenverhältnis und auch die Ortsansässigkeit über Generationen ließ in der jüdischen Bevölkerung ein starkes Gefühl der Verbundenheit zu ihren Heimatorten entstehen8. Zu dieser Zeit erlebten die jüdischen Gemeinden ihre Blütezeit. Sie hatten die höchsten Einwohnerzahlen, erneuerten ihre Infrastruktur und renovierten ihre Synagogen bzw. erbauten sie neu. Die Juden erhielten im Jahre 1860 volle Besitzfähigkeit und Niederlassungsfreiheit. Dadurch ergab sich die Möglichkeit zur Abwanderung in große Städte wie Ödenburg, Wien oder Wiener Neustadt. Viele Juden zogen es, trotz der ausgeprägten Heimatverbundenheit vor, Ihre Stammgemeinden zu verlassen. Die Einwohnerzahl der jüdischen Gemeinden begann kontinuierlich zu sinken.

1868/69 fand in Pest der sogenannte Israeliten Kongress statt. Der Kongress sollte für die ungarischen Juden ein einheitliches Religionsstatut hervorbringen, führte aber zur religiösen Spaltung. Zwischen den reformorientierten Neologen und den Orthodoxen Juden gab es keine Einigung. Die orthodoxe Minderheit gründete 1871 eine eigene Orthodoxe Israelitische Landeskanzlei9. Die Kultusgemeinden des heutigen Nord- und Mittelburgenlandes schlossen sich dieser an.

Zur Zeit der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie (1867-1918) wurde in Ungarn der jüdische Glaube den christlichen Konfessionen gleichgestellt, so dass die Juden in den Genuss von staatlichen Subventionen für jüdische Religions- und Erziehungseinrichtungen kamen10. Als zu Ende des Ersten Weltkrieges 1918 die Habsburgermonarchie zerfiel und zwischen den Republiken Österreich und Ungarn eine Grenze gezogen wurde, wurde für die Bevölkerung die zukünftige Staatszugehörigkeit eine Existenzfrage. Es entstand eine Bewegung die den Anschluss „Deutsch-Westungarns“ an Österreich forderte. Im Jahre 1921 wurde das Burgenland als „selbstständiges, gleichberechtigtes Bundesland“ der Republik Österreich zugesprochen11. Für die elf nun österreichischen jüdischen Gemeinden des neuen Bundeslandes änderten sich zwar die rechtlichen Rahmenbedingungen, ihr Autonomiestatus wurde jedoch anerkannt. Außerdem erhielten sie auch weiterhin staatliche Unterstützung für ihre Institutionen. Charakteristisch für die

8 SPITZER, Shlomo, Die jüdische Gemeinde von Deutschkreutz, Wien 1995, S.12 9 MAGNUS, Naama G., Auf verwehten Spuren – Das jüdische Erbe im Burgenland, Wien 2013, S.8 10 SPITZER, S.13 11 Land Burgenland, 2014 URL: http://www.burgenland.at/land-politik-verwaltung/land/geschichte/ (abgerufen am 06.05.2015 – 21:58) 5

burgenländischen Judengemeinden war die über 250 Jahre hindurch, bodenständig- orthodoxe Lebensweise, was durch das Einhalten ihrer Gesetze, ihrer Religion sowie der von den Vorfahren übernommenen Traditionen beschrieben werden kann12. Die Gemeindemitglieder genossen auch einen wirtschaftlichen Wohlstand sowie das Gefühl von Stabilität, das durch die konservativen Züge des gesellschaftlichen als auch des geistigen Lebens geprägt war. Hohen Stellenwert hatten auch das stabile Gesellschaftsleben sowie das gut ausgebaute Erziehungswesen und die große Anzahl an Talmudgelehrten in den Siebengemeinden.13

Bis zum Anschluss Österreichs an Nazideutschland im März 1938, waren es insgesamt elf israelitische Kultusgemeinden mit einer Riehe von Filialgemeinden, die Ihre Heimat im Burgenland gefunden hatten. Von allen in Österreich bestehenden jüdischen Gemeinden waren sie die ersten, die ausgelöscht wurden. Nirgends erfolgte die Vertreibung so rasch und so gründlich wie im Burgenland. Bereits im Oktober desselben Jahres waren alle elf Gemeinden aufgelöst und alle Juden vertrieben. Die über Jahrhunderte andauernde Geschichte der jüdischen Ansiedlung in diesem Gebiet fand so ihr abruptes und tragisches Ende.

2.2 Die jüdische Gemeinde von Deutschkreutz

Nachdem auf dem Gebiet des heutigen Burgenlandes im Mittelalter lediglich eine jüdische Gemeinde existierte, erlebte die gesamte jüdische Bevölkerung der zum Herrschaftsgeschlecht Esterházy gehörenden „Siebengemeinden“ über die Jahrhunderte einen gewaltigen Aufschwung, der 1938 sein abruptes Ende fand.

Im Mittelburgenland, an der Grenze zu Ungarn liegt die Markgemeinde Deutschkreutz. Die erste urkundliche Erwähnung des Ortes ist aus dem Jahre 1245, Bela IV schenkte das heutige Deutschkreutz zwei ungarischen Adeligen. Im Jahre Bela IV gehörte zu dem Geschlecht der 1274 scheint erstmals der Name „Kurustúr“ (Kreutz) auf. Bis ins Jahr 1921 gehörte die Arpaden, er war Ortschaft zu Deutsch-Westungarn, heute verläuft knapp hinter den seit 1235 König von Ungarn. Gemeindegrenzen die Staatsgrenze zu Ungarn. Militärische Differenzen zwischen den österreichischen Monarchen und den ungarischen Königen ließen Deutschkreutz seit seiner Gründung nicht zur Ruhe kommen. Nach einigen Auseinandersetzungen zwischen dem Ungarischen Vizekönig Thomas Nádasdy und Kaiser Leopold I, fiel 1671

12 SPITZER, 1995, S.15 13 SPITZER, 1995, S.15 6

der gesamte Grundbesitz der Familie Nádasdy an den Kaisertreuen Paul Esterházy. Von 1676 bis 1848 war Deutschkreutz unter der Herrschaft des Adelsgeschlechts Esterházy und hieß bis 1899 „Németkeresztúr“, danach „Sopronkeresztúr“ und nachdem Deutsch-Westungarn 1919 Österreich zugesprochen wurde schließlich Deutschkreutz. Von der jüdischen Bevölkerung wurde Deutschkreutz über all die Jahre „Zelem“ (bzw. Zehlem) genannt, da der eigentliche Name des Ortes das Wort Zelem (hebräisch) bedeutet „Kreuz“ enthält, welches die Juden aus religiösen Gründen nicht aussprachen. „Ebenbild“ oder „Götzenbild“. Deutschkreutz ist Kernstück und Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit. Auf den folgenden Seiten möchte ich kurz die Geschichte ihrer jüdischen Gemeinde beschreiben. Die zeitlichen Perioden sind in sechs Abschnitte unterteilt.

2.2.1 Die Anfänge der Gemeinde (1478 – 1760)

Die Deutschkreutzer Judengemeinde zählt zu den jüngeren jüdischen Gemeinden des Burgenlandes. Ihre Anfänge waren eher bescheiden, 1478 wurden erstmals zwei jüdische Handwerker, die hier ansässig waren, bezeugt14. 1526, nach der Schlacht von Mohács, wurden die Juden aus Ödenburg vertrieben. Die meisten von Ihnen ließen sich in Deutschkreutz nieder. In den Folgejahren bis 1560 waren es jedoch nur vier jüdische Familien die Deutschkreutz zählen konnte15.

Die Habsburgermonarchie stützte sich bei den, bis ins 18. Jahrhundert andauernden Türkenkriegen auf die ungarischen Adelsfamilien Batthyány, Pállfy und im Besonderen auf die Familie Esterházy. Für die erwiesenen Dienste dieser treuen Gefolgsleute, bekam die Adelsfamilie weite Gebiete des heutigen Burgenlandes, darunter auch Deutschkreutz, geschenkt. Die Esterházys waren dem Hause Habsburg immer treu geblieben, wodurch die Familie hohen politischen Einfluss erlangte. Die gesamte Bevölkerung in diesem Gebiet, so auch die jüdische, war ihrem Feudalherren Untertan. Vor allem beim Wiederaufbau nach den Türkenkriegen war die jüdische Bevölkerung für die Esterházys ein wichtiger Partner. Dem Hofjuden Samson Wertheimer (1628 – 1724) und seiner persönlichen Verbindung zu Fürst Paul Esterházy (1645 – 1713)16 war es zu verdanken, dass sich die Juden in seinen Ländern

14 SPITZER, 1995, S.16 15 SPITZER, 1995, S.16 16 Sammlung Privatstiftung Esterházy, URL: http://esterhazy.at/de/sammlungen/690907/Furst-Paul- I?direct=690934&_vl_backlink=/de/sammlungen/690933/index.do&selChannel (abgerufen am 20.05.2015 – 12:24) 7

ansiedeln durften. Zwar konnte er nicht verhindern das Kaiser Leopold I die Juden aus Wien, Niederösterreich und dem ungarischen Grenzgebiet 1670 ausweisen ließ, doch wurde dank seiner Intervention den Vertriebenen gestattet, sich in den Esterházyschen Gebieten niederzulassen17. Bereits 1671 wurde ein kaiserlicher Erlass veröffentlicht der es den Juden erlaubte, in ihre Gemeinden zurückzukehren. Am 14. September desselben Jahres ließen sich 28 jüdische Familien im Ort nieder und der Grundstein der jüdischen Gemeinde war somit gelegt.

Abb. 2: Fürst Paul Esterházy Abb. 3: Siegel der Deutschkreutzer Judenschaft

Zu dieser Zeit gehörte die Herrschaft Deutschkreutz noch zum Besitz des Grafen Nádasdy. Aufgrund der Beteiligung an einem Aufstand gegen den Kaiser, wurde Franz Nádasdy dafür hingerichtet und der Ort ging 1676 in den Besitz von Paul Esterházy über, dem auch weitere Gemeinden wie Eisenstadt, Mattersdorf, Kobersdorf usw. gehörten. Fürst Paul Esterházy stellte den Deutschkreutzer Juden einen Schutzbrief aus, der zu dieser Zeit die jüdische Ansiedlung regelte und später auch den Juden den Erwerb von Häusern von Christen bestätigte sowie den zu zahlenden Betrag festlegte. 1714 wurde dieser Schutzbrief von seinem Nachfolger Michael Esterházy, Schutzjuden: das ohne Umschweife bestätigt. Michael erwies sich für die Juden als besonderer Leben und der Besitz Förderer und stellte am 26. März 1720 einen neuen Schutzbrief aus, der bestätigte, der Juden wurden von jeglichen Übergriffen dass die Deutschkreutzer Juden das Ansiedlungsrecht und den Status als Schutzjuden geschützt. hatten. Über diese Grundrechte hinaus, erhielt die Bevölkerung die Erlaubnis zur Errichtung aller, für die Ausübung ihrer Religion wesentlichen Einrichtungen, wie

URL: http://esterhazy.at/de/sammlungen/690907/Furst-Paul- I?direct=690934&_vl_backlink=/de/sammlungen/690933/index.do&selChannel (abgerufen am 20.05.2015 – 12:24) 17 SPITZER, 1995, S.17 8

Synagoge, Schulen, Fleischbank, ein rituelles Bad und einen Friedhof18. Es war ihnen auch möglich im gesamten esterházyschen Gebiet Handel zu treiben und uneingeschränkt jedem Handwerk nachgehen zu können. Auch der Zuzug von Juden in die Gemeinde unterlag keinerlei Beschränkung und sie konnten ungehindert heiraten. Die Gemeinde durfte einen Rabbiner und auch einen Gemeindevorsteher sowie einen Gemeindevorstand gemäß ihren Bräuchen wählen. Sie erhielten sogar das Recht eine jüdische Polizei aufzustellen19. Die Gemeinde besaß in religiöser, politischer und wirtschaftlicher Belange vollkommene Autonomie. An der Spitze der politischen Vertretung der Kultusgemeinde stand der sogenannte Judenrichter oder “Iudex“ der zwar von den Gemeindemitgliedern gewählt wurde, jedoch die Bestätigung des Fürsten Esterházy einholen musste. Die Gemeindeleitung vertrat die Gemeindemitglieder vor Behörden, sie organisierten Feuerwehzüge sowie eine eigene Polizei und zudem auch Hilfsmaßnahmen nach Überschwemmungs- und Brandkatastrophen. Sie führten die Einwohner-, Hochzeits- und Sterbelisten, kümmerten sich um die Erziehung der Jugend, organisierte die Krankenpflege und die Beisetzung Verstobener. Die Gemeindeleitung hatte auch Aufsicht über die Synagoge, den Rabbiner, das Haus der Gemeindeversammlungen sowie die jüdischen Fleischbänke zu führen. Auch die „Chewra Kadischa“, ein auf freiwilliger Basis gegründeter Begräbnisverein, unterlag der Aufsicht der Gemeindeleitung20.

Als sich die Gemeinde noch im Aufbau befand, wurde in den jüdischen Gemeinden das Bedürfnis nach einer gemeinsamen Organisation immer stärker. Die Bevölkerung forderte eine Schicksalsgemeinschaft, die die gemeinsamen Pflichten und die Verantwortung gegenüber Ihren Grundherren sowie das Zusammenhalten in Notzeiten sicherstellen sollte. Auf Initiative der Eisenstädter Judengemeinde entstand so die Organisation der Siebengemeinden.

Fürst Paul II. Anton Esterházy (1711 – 1762) übernahm die Herrschaft 1734. Bis dahin verspürten die jüdischen Gemeinden kein ausgeprägtes Bedürfnis nach einer starken Gemeindeübergreifenden Organisation, da es unter der bisherigen Herrschaft nie zu Problemen kam. Doch Paul Anton weigerte sich im Jahre 1734, die Schutzbriefe der Judengemeinden erneut zu bestätigen. Plötzlich wurde eine wirkungsvolle Zusammenarbeit der gemeinsamen Organisation erforderlich. Die Vertreter der einzelnen Gemeinden reisten sogar nach Wien um dort durch Vorsprache bei den

18 MAGNUS, 2013, S. 215 19 SPITZER, 1995, S. 19 20 SPITZER, 1995, zit. nach TURI, Jaakov, Jüdische Städte in der österreichischen Monarchie 9

Wiener Hofjuden, Kaiser Karl VI dazu zu bringen, seinen Einfluss auf Paul Anton gelten zu machen. Erst nach 15 Jahren wurden die Schutzbriefe dann endgültig bestätigt, doch erst nach einer Zahlung von 100 Golddukaten21. Solche Ereignisse schweißten die „Siebengemeinden“, die von nun an als feste Organisation arbeitete, zusammen.

Im Jahre 1672 zählte man in der Deutschkreutzer Gemeinde 28 jüdische Familien. In den folgenden Jahren stieg die Einwohnerzahl kontinuierlich an. So waren es im Jahre 1725 bereits 47 Familien, 54 Familien im Jahre 1735 und 70 im Jahre 174922. Der rapide Bevölkerungszuwachs in den Jahren zwischen 1735 und 1749 ist auf die Beschränkung der Heiratserlaubnisse in den böhmischen und mährischen Judengemeinden zurückzuführen. Aufgrund dieser Beschlüsse verließen zahlreiche junge Männer ihre Gemeinden und fanden ihre neue Heimat unter anderem in Deutschkreutz.

In der Anfangsphase der jüdischen Gemeinde gehörte die ansässige Bevölkerung der oberen Einkommensklasse an. Die gepachteten Betriebe (dazu zählen unter anderem Schlachthäuser und Schnapsbrennereien) brachten den Pächtern zwar keine großen Gewinne ein, verlieh ihnen aber Ansehen bei der Grundherrschaft. Die Juden waren als Viehhändler, Fleischhauer, Importeure und Exporteure von Stoffen, Wolle, Häute, Pelze und Kupfer, tätig. Auch der Weinhandel, der auch heute noch eine große und wichtige Rolle in Deutschkreutz und vielen weiteren Gemeinden im heutigen Burgenland spielt, zählte zu den Beschäftigungsgebieten der jüdischen Oberschicht. Der kaufmännischen Mittelschicht gehörten Händler diverser Stoffe an. Der Handel mit Tabak, alten Stoffen, Alteisen, Käse, Brot und Getreide war den sozial tieferstehenden Gemeindemitgliedern zuzuordnen. Den Juden unterlag keinerlei Beschränkung in der Ausübung eines Handwerks. So fand man die Bevölkerung in verschiedensten Berufen wie Gerber, Frisöre, Schuster, Schneider, Goldschmiede, Fleischhauer, Glaser, Buchbinder und Bäcker. Sie konnten in den naheliegenden Städten Ödenburg, Pressburg, Wiener Neustadt und Wien auch erfolgreich Handel treiben. Der Bevölkerung war es auch erlaubt einen Rabbiner und einen Vorbeter zu wählen, im Jahre 1747 konnte mit dem Bau der Synagoge begonnen werden und 1759 wurde der jüdische Friedhof angelegt.

21 SPITZER, zit. nach GATES, Rebecca, Eighteenth Century Schutzherren, 1985 22 SPITZER, 1995, S.24 10

Trotz ihres Handels und dem breiten Beschäftigungsfeld wurde der Lebensstandard von den Deutschkreutzer Juden selbst als niedrig bezeichnet. 1749, während der Regierungszeit Maria Theresias, mussten alle Juden des Reiches ein sogenannte „Toleranztaxe“, die als ungerecht und erniedrigend empfunden wurde, bezahlen. Durch die Auferlegung der schweren Steuerlast sowie aufgrund der Zahlung einer Schutzsteuer für öffentliche Gebäude (z.B. Synagoge) und die Entrichtung von Neujahrsgeschenken an das Haus Esterházy, befand sich die Gemeinde in keiner guten finanziellen Lage. So zitiert Shlomo Spitzer eine Aussage der deutschkreutzer Judenschaft aus einer Petition an Maria Theresia, ihre Armut zu berücksichtigen und ihnen die Toleranztaxe nachzulassen: „In unserer Gemeinde gibt es viele Arme und Bedürftige, die von der Gemeinde unterstützt werden müssen“23.

Es lässt sich jedoch sagen das die Deutschkreutzer Juden unter der Herrschaft Maria Theresias und dem Schutz der Familie Esterházy zu dieser Zeit ein vergleichsweise sicheres Leben führen konnten und Ihre Religion und ihre Lebensweise ohne größere Einschränkungen ausführen konnten.

2.2.2 Die Blütezeit der Gemeinde (1762 – 1867)

Unter der Grundherrschaft des Nikolaus Esterházy (1762 - 1790) besserte sich das Verhältnis zwischen den Juden und dem Grundherren spürbar. Der Schutzbrief wurde von ihm ohne Verzögerung sofort nach Regierungsantritt bestätigt. In diesen Jahren nahm auch die Einwohnerzahl der jüdischen Gemeinde rapide zu. Die Zuwanderer stammten meist aus Niederösterreich, Wien, Mähren und unterschiedlichsten Städten Deutschlands. Die Gründe für den Anstieg der Bevölkerung waren meist Heirat und Geschäfte. Der jedoch wichtigste Grund für Juden aus ganz Europa nach Deutschkreutz zu kommen, war die in der jüdischen Welt hoch angesehene Talmud- Torah-Schule (sog. Jeschiva). Sie befand sich im Zentrum der jüdischen Gemeinde direkt neben dem Rabbinerhaus. In der Regel wurden 30-40 Studenten gleichzeitig unterrichtet. Die Höchstzahl an Jeschivastudenten war allerdings in den Jahren 1840- 1891, unter der Leitung des besonders angesehenen Rabbiners R. Menachem Katz- Proßnitz24. Die Schule wurde von Schülern aus ganz Europa im Alter von 15 bis 25 Jahren besucht. Die zugewanderten Studenten wohnten bei jüdischen Familien und

23 SPITZER, 1995, S.25 24 PUTZ, Adalbert, Die Geschichte der jüdischen Gemeinde Zelem (Deutschkreutz), URL: http://www.deutschkreutz.at/judengemeinde.html (abgerufen am 21.03.2015 – 00:33) 11

wurden auch von diesen verköstigt. Die Unterrichtssprache war jiddisch und die Dauer des Studiums waren zwei Jahre. Die Absolventen verließen danach Deutschkreutz wieder und waren als Synagogendiener und als Schächter tätig.

Die Geschäfte der jüdischen Bevölkerung waren für die bäuerliche Bevölkerung von Deutschkreutz und den umliegenden Gemeinden das Handelszentrum, wo sie all ihre Einkäufe tätigen konnten. Sie vertrieben Getreide und andere landwirtschaftlichen Produkte der hiesigen Bauern. Einige der Juden besaßen Felder und Weingärten. Weitere Unternehmen der Zelemer Juden war z.B. die Hanffabrik der Familie Goldschmid, oder der Weinkeller der Familie Spiegel, wo koschere Weine produziert und in den Siebengemeinden, Wiener Neustadt und Wien verkauft wurde. Drei jüdische Ärzte, Dr. Kohen, Dr. Steiner und Dr. Weiß waren für die medizinische Betreuung der Bevölkerung zuständig25. Das Zusammenleben der christlichen und jüdischen Bevölkerung in Deutschkreutz war sehr friedlich und die doch sehr unterschiedlichen Kulturen beeinflussten sich gegenseitig. Dass die jüdische Bevölkerung gut in die Deutschkreutzer Dorfgemeinschaft integriert war und das Zusammenleben durch gegenseitige Achtung und Wertschätzung geprägt war, zeigt unter anderem, dass die Deutschkreutzer Hauptstraße (damals Rausnitzstraße), von der gesamten Bevölkerung Judengasse genannt wurde. In der „Judengasse“ hatten viele wohlhabende jüdische Bürger ihre Geschäfte, wie z.B. das „Tauber Haus“ (Weinhändler, später war darin die Hauptschule untergebracht), das angrenzende „Spiegel Haus“ (ebenfalls Weinhändler) sowie das „Goldmark Haus“ (hier verbrachte der später sehr berühmt gewordene Komponist Carl Goldmark zehn Jahre seiner Kindheit) und das „Goldschmidt Haus“, in dessen Hof das so genannte „Bocherim Haus“ stand. Dort wohnten auswärtige Studenten, die die Deutschkreutzer Jeschiva besuchten.26 Auch die gegenständliche Synagoge, die etwas abseits der „Judengasse“ situiert war, aber nicht weit von der katholischen Kirche im Zentrum von Deutschkreutz lag, konnte von der Hauptstraße aus erreicht werden.

Die damalige Bauweise (nicht nur die Gebäude der jüdischen Bevölkerung) waren den heutigen Brandschutztechnischen Bestimmungen natürlich nicht gerecht. So kam es in Deutschkreutz, wie auch in vielen anderen Gemeinden, oft zu Brandkatastrophen. Zwar waren die meisten Gebäude in Stein errichtet, jedoch nicht geschützte Dachkonstruktionen mit leichtentzündlichen Dachdeckungen sowie

25 PUTZ, Adalbert, Die Geschichte der jüdischen Gemeinde Zelem (Deutschkreutz), URL: http://www.deutschkreutz.at/judengemeinde.html (abgerufen am 21.03.2015 – 00:33) 26 Interview mit Dr. Putz, Deutschkreutz, 11.02.2015 12

offene Feuerstellen ließen oft verheerende Brände entstehen. Durch die enge Bebauung der Ortschaften griffen die Flammen rasch auf umliegende Gebäude über.

Die Ansichtskarte zeigt die Rausnitzstraße (sogenannte Judengasse). Rechts im Bild ist die Synagoge zu sehen.

Abb. 4: Ansichtskarte von Deutschkreutz, 1929

So auch am 17. April 1762, als ein Brand innerhalb der jüdischen Gemeinde, 40 Judenhäuser und eine enorme Menge von darin gelagerten Handelswaren zerstörte27. Nur 15 Jahre später, im Jahre 1777, erlitt die jüdische Gemeinde eine weitere, noch schlimmere Brandkatastrophe. Diesmal brannte die 1747 erbaute Synagoge, das Gebäude des Gemeindevorstandes sowie 62 weitere Häuser ab28. Lediglich zwei Häuser blieben von den Flammen verschont, jedoch wurden auch diese durch darauf folgende Plünderungen schwer beschädigt. Durch diesen verheerenden Brand wurden auch sämtliche Dokumente aus der Anfangszeit der Gemeinde vernichtet. Durch die Unterstützung des Fürsten Nikolaus konnten die Juden Ihren Ort wieder aufbauen und die Familien die ihre Häuser an die Flammen verloren hatten, wieder nach Deutschkreutz zurückkehren. Doch die nächste Katastrophe ließ nicht lange auf sich warten. So kam es am 2. April 1798 zur dritten Brandkatastrophe innerhalb weniger Jahre. Die Flammen erfassten rund 30 Häuser,

27 MAGNUS, zit. nach Prickler, Deutschkreutz, S. 126 - 128 28 LESER, Gratian P., Aus der Vergangenheit der Gemeinde Deutschkreutz, 1951, nach Abschrift von ZISTLER, Albert, Eisenstadt, 1982, S. 86 13

darunter auch das Krankenhaus29. Für die Wiedererrichtung wandte sich der Gemeindevorstand diesmal an die Wiener Judenschaft und bat um Unterstützung durch Hilfsgelder. Nachdem schließlich der kaiserliche Hof die finanzielle Unterstützung genehmigte, konnte mit dem Wiederaufbau begonnen werden. Eine Es liegen keine eindeutigen Quellen weiter Feuersbrunst im Jahre 1834 zerstörte die, in dieser Arbeit thematisierte, vor, ob es sich bei den Synagoge. Mit dem Wiederaufbau in den Jahren 1835/1836 begann auch der Baumaßnahmen um einen Neubau oder Neubau bzw. die Erweiterung der Synagoge. Die Gemeinde erholte sich rasch und um einen erweiterten konnte im Jahre 1836 wieder 1.000 Mitglieder zählen. Damit war Deutschkreutz zu Wiederaufbau der dieser Zeit die zweitgrößte jüdische Gemeinde des späteren Burgenlandes. An erster abgebrannten Synagoge handelt. Stelle stand die Gemeinde Mattersdorf mit seinen rund 1.400 Mitgliedern.

Der Schutzbrief der bereits von Nikolaus Esterházy bestätigt wurde, wurde auch von seinem Nachfolger Anton Esterházy 1813 für die kommenden 6 Jahre, sowie 1818 um weitere 6 Jahre verlängert und bestätigt. Im selben Jahr trat für die Juden jedoch eine Heiratsbeschränkung in Kraft. Um eine Bewilligung zur Heirat zu erlangen mussten jüdische Paare über ein lebenslanges Wohnrecht in einer Eigentums- oder Mietwohnung verfügen. Das Wohnrecht galt auch aus diesem Grund als ein wertvolles Privileg und der Entzug dessen, als schwerste Strafe.

In der Zeit zwischen 1848 und 1867 (Revolution und Ausgleich) verringerten sich die gesetzlichen Beschränkungen der Juden und auch ihre Abhängigkeit von der Familie Esterházy war zu Ende. Zu dieser Zeit erreichte die Gemeinde ihre Blütezeit und den Höchststand an Mitgliedern. 1857 war die jüdische Gemeinde von Deutschkreutz mit ihren 1.244 Mitgliedern die größte unter den „Siebengemeinden“30.

Mit dem Ausgleich von 1867 endete die Habsburgermonarchie und das gesamte Reich wurde in eine österreichische und eine ungarische Reichshälfte geteilt. Die österreichisch-ungarische Doppelmonarchie blieb bis zum 31. Oktober 1918 bestehen und war auch unter dem Namen K. u K. Monarchie oder Donaumonarchie bekannt. Ihr Oberhaupt war der österreichische Kaiser Franz Joseph I.

29 SPITZER, 1995, S. 27 30 SPITZER, 1995, S. 28 14

2.2.3 Die Gemeinde zur Zeit der K. u. K. Monarchie (1857 – 1918)

1867 erklärte die Verfassung die jüdische Bevölkerung zu gleichberechtigten Bürgern. Damit die Gleichberechtigung funktionierte forderte der Staat von den Juden die totale Eingliederung in die Gesellschaft. Josef Eötvös, damaliger Kulturminister der 1. Ungarischen Regierung31, versuchte durch den sogenannten „jüdischen Kongress“ eine Organisation innerhalb des Judentums zu gründen. Viele Juden waren für diese Organisation bereit und befürworteten diese Anpassung an die ungarische Kultur. Ein Teil der Juden lehnte dies jedoch vehement ab, da dadurch die jüdische Kultur und deren Werte sowie religiöse Vorschriften in den Hintergrund geraten würden. Zwischen den Rabbinern Esriel Hildesheimer aus Eisenstadt und Seev Schag aus Kobersdorf einerseits und Menachem Katz Proßnitz andererseits kam es innerhalb des orthodoxen Lagers zu Meinungsverschiedenheiten32. Obwohl versucht wurde zwischen den beiden Gruppen zu vermitteln, konnte sich die Orthodoxe Judenschaft schlussendlich durchsetzen und errichtete ihre eigene Organisation. Diese religiös- kulturelle Gruppierung wurde schließlich von der Regierung anerkannt und bestätigt. Darauf folgend entstand das „Zentralamt der autonomen orthodoxen Gemeinschaft“, deren Autorität sich die Juden der Siebengemeinden anschlossen und unterstellten. Alle beschlossenen Satzungen wurden 1872 von der gesamten Judenschaft der Siebengemeinden angenommen und Grundsätze ihrer Lebensweise festgelegt. Die jüdische Gemeinde Deutschkreutz zählte im Jahr 1880 1.230 Seelen33 und danach waren auch die Strukturen der Gemeinde ausgerichtet. Nach einer Abstimmung im Jahre 1895 wurde mit einer Mehrheit von nur einer Stimme das Gesetz angenommen, welches das Judentum zur offiziell anerkannten Religionsgemeinschaft machte. Die Juden bekamen dadurch staatliche Unterstützung bei der Bezahlung von Gehältern, bei Materialerhalt für Schulen sowie ihre politische Autonomie wurde anerkannt. Wohlhabendere Gemeindemitglieder hatten es schon zuvor vorgezogen sich in größeren Städten des Reiches anzusiedeln (z.B. Wien). Aufgrund der nun in Ungarn vorherrschenden politischen Autonomie, waren die österreichischen Juden jedoch benachteiligt, da sie nur religiöse Rechte hatten und sich der Staat nicht an den Ausgaben für die Erziehung und Bildung beteiligte. Aus diesem Grund sorgten die Siebengemeinden weiterhin für die religiösen und erzieherischen Bedürfnisse für

31 Österreichisches Biographisches Lexikon und biographische Dokumentation URL: http://www.biographien.ac.at/oebl?frames=yes (abgerufen am 10.04.2015 – 00:02) 32 SPITZER, 1995, S. 38 33 GOLD, Hugo, Gedenkbuch der untergegangenen Judengemeinden des Burgenlandes, Tel Aviv, 1970, S. 134 15

jene abgewanderten Juden, die an der orthodoxen Tradition interessiert waren34. Die Kontakte zwischen Deutschkreutz und Wien wurde durch die Landesgrenze keineswegs eingeschränkt. So waren viele Juden als „auswärtige“ in der Gemeinde eingetragen. Sie ließen ihre Kinder hier zur Schule gehen, lebten aber in anderen Städten. Nach ihrem Tod ließen sie sich jedoch in Deutschkreutz beerdigen. So kam es, dass zu dieser Zeit, Juden aus Ödenburg, Wiener Neustadt, Neunkirchen, Güssing, Preßburg, Graz und Wien, am Deutschkreutzer Friedhof begraben wurden.

Nach dem Attentat auf den Thronfolger Franz Ferdinand brach im Jahr 1914 der vier Jahre andauernde erste Weltkrieg aus. Nach erster Euphorie verursachte der Krieg bei der Zivilbevölkerung von Österreich-Ungarn unendliches Leid und schreckliches Elend. Auch die jüdische Gemeinde wurde mit 18 Gefallenen35 Mitbürgern sowie in ihrer finanziellen Lage aufs schwerste geschädigt. Aufgrund der militärischen Niederlage und der darauffolgenden Wirtschaftskriese machte sich ein immer stärker anwachsender Antisemitismus breit. So wurde den Juden beispielweise unterstellt, dass sie sich vor der Kriegsfront „gedrückt“ hätten und sich im Hinterland versteckt gehalten hätten. Den sich zuspitzenden Judenhass dieser Zeit bekam auch die Zelemer Gemeinde zu spüren und so wurden sie immer öfter Opfer von Überfällen. In den Folgejahren gründeten sich antisemitische Banden, die durch Raub und Mord ständig Furcht in den jüdischen Gemeinden verbreiteten. Glücklicherweise konnte nachgewiesen werden, dass „während dieser Wirrnisse keinem Juden der Gemeinde Schaden zugefügt worden war“36.

2.2.4 Die Gemeinde in der Zwischenkriegszeit (1918 – 1939)

Schon Jahre vor dem ersten Weltkrieg war das Gebiet Westungarn (heutiges Burgenland) sehr umstritten. Um die Jahreswende 1921/1922 wurde das Burgenland mit Eisenstadt als seine Hauptstadt offiziell als selbstständiges, gleichberechtigtes Bundesland Österreich zugesprochen. Dadurch das die Juden im Burgenland seit zwei Jahrhunderten der deutschen Sprache und Kultur angehörten und auch ihre Handelsbeziehungen zu Wien sehr ausgeprägt waren, begrüßten diese den Anschluss an Österreich sehr, obwohl es ihnen schwer fiel, auf die finanzielle Unterstützung der Ungarischen Regierung zu verzichten. Nach dem Anschluss, mussten die Juden eine

34 SPITZER, 1995, S. 39 35 SPITZER, 1995, S. 40 36 SPITZER, 1995, S. 40 16

neue autonome Organisation ins Leben rufen – quasi eine 2. Auflage der „Siebengemeinden“. So wurde im Jahre 1922, der „Verband der autonomen orthodoxen israelitischen Kultusgemeinden des Burgenlandes“37, vom österreichischen Staat stattgegeben. Der Frauenkirchner Rabbiner Levy war Präsident dieser Organisation, sein Stellvertreter war Rabbiner Samuel Ehrenfeld aus Mattersdorf. Dieser Organisation ist es zu verdanken, dass die Gemeinden am Erziehungs- und Rabbinatsbudget Unterstützung vom Staat erhielten. Somit war der damalige Verlust der staatlichen Unterstützung auch Geschichte. Die Neuauflage der Organisation der Siebengemeinden war Vorbild für weitere österreichische Kultusgemeinden gewesen, die danach ebenfalls um finanzielle Unterstützung durch den Staat ansuchten. Die burgenländischen Gemeinden unterstützten die Wiener Juden bei ihrem Ansuchen an den Staat. 1928 sandten sie eine Petition an die Regierung und beriefen sich dabei auf die Verfassung von 1867, welche die Gleichheit aller Religionen vor dem Gesetz anerkannte, sowie auf die Friedensverhandlungen von St. Germain von 1920, in welcher der Staat sich verpflichtet Religions-, Erziehungs- und Wohlfahrtsangelegenheiten zu unterstützen38.

Abb. 5: Luftaufnahme des Deutschkreutzer Ortszentrum, (ohne Datierung)

37 SPITZER, 1995, S. 41 38 Bundeskanzleramt Rechtsinformationssystem, Staatsvertrag von St. Germain, Artikel 67, URL:https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung/Bundesnormen/10000044/Staatsvertrag%20von%20St.%20G ermain%2c%20Fassung%20vom%2005.07.2015.pdf (abgerufen am 05.07.2015 – 17:30) 17

Der erste Weltkrieg und das Anwachsen des Antisemitismus ließ die jüdische Bevölkerung zu dieser Zeit enorm schrumpfen. Die gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Krise in der Zwischenkriegszeit traf die jüdischen Gemeinden stark. So gab es zu dieser Zeit nur noch 33 jüdische Gemeinden in ganz Österreich. Zur Zeit der Monarchie existierten Teils hunderte.39

In Deutschkreutz veränderte sich die Bevölkerungszahl innerhalb der Kultusgemeinde jedoch nicht maßgeblich. Trotz des starken Rückgangs der jüdischen Bevölkerung in Österreich, bildete Deutschkreutz im Jahre 1923 die größte burgenländische Judengemeinde40. So lebte die jüdische Gemeinde Zelem ihr Leben und ging weiter ihren wirtschaftlichen Aufgaben nach und führten weiterhin Ihre Geschäfte die, wie bereits erwähnt, fast alle in der deutschkreutzer Hauptstraße (Judengasse) angesiedelt waren. Zu dieser Zeit gab es noch einige wohlhabende Juden in Deutschkreutz, doch der allgemeine Lebensstandard war orthodox und eher bescheiden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts herrschten in Deutschkreutz gut nachbarliche Beziehungen. Die Bevölkerung respektierte die Bräuche ihrer jüdischen Mitbürger und manche jüdische Familien waren mit christlichen Ortsbewohnern sehr gut befreundet. Für Feierlichkeiten, wie beispielsweise der Amtsantritt eines neuen Rabbiners, wurde die Judengasse für den Verkehr gesperrt und mit Blumen geschmückt. Die Talmud Studenten gründeten zu dieser Zeit sogar einen eigenen Verein und brachten die Zeitschrift Kovenz Aggada heraus41.

Am 13.02.1927 erschien ein Reisebericht von Otto Abeles in der „Wiener Morgenzeitung“, der das Leben der Zelemer Bevölkerung, die Gelehrsamkeit der Talmudschüler und die Synagoge sehr eindrucksvoll und bildlich beschreibt. In der digitalen Sammlung der Goethe Universität Frankfurt am Main konnte die archivierte Ausgabe vom 13. Februar 1927 gefunden werden. Aufgrund der detaillierten Beschreibungen in diesem Bericht, möchte ich dieses Kapitel mit einigen Zitaten Otto Abeles´ abschließen.

Diesmal trat ich zunächst beim Gemeinderabbiner ein. Ich tat gut daran. In fünf Minuten hatte ich ein scharfes und klares Bild der Kehilla. […] Sr. Ehrwürden, Herr Rabbiner Kohn, ein kräftiger Sechziger, mit gesunden roten Wangen, sehr langen Schläfenlocken und mit dem runden breitkrämpigen Samthut am Haupte, nahm

39 SPITZER, 1995, S. 41 40 SPITZER, 1995, S. 43 41 SPITZER, 1995, S. 45 18 meine Visitenkarte, las sie, zerknüllte sie, sah mich an (von oben bis unten) und sagte kühl und scharf: „Vor zwei Jahren etwa kam ein fremder Herr nach Zelem. Zwei Stunden nach seiner Ankunft wurde ruchbar, daß dieser Fremde ein Zionist sei. Er ist rechtzeitig aus Zelem geflohen, denn sonst wäre er um einen Kopf kürzer zu seinen Lieben heimgekehrt“.

Ich dankte dem heiligen Manne für seine gütige und rechtzeitige Warnung. Auch dafür, daß er mir einen so kurzen und erschöpfenden Lehrkurs, über die Zustände in Zelem, dem von ihm beherrschten sechsten Erdteil, gab.

[…] Durch diese und des Rabbiners Fürsorge von der Außenwelt abgeschnitten, dem Rebben in dumpfem Aberglauben und unbedingtem Gehorsam ergeben. „Wenn er von ihnen verlangt, sie müßten alle zu bestimmter Stunde aus den Fenstern springe, die Zelemer täten es“, flüsterte mir einer zu, der in seinen vier Wänden ein Rebell ist.

In diesem Erdteil kennt man nur Beleuchtung mit Petroleum und Talgkerzen und es gibt selbstverständlich keine Kanalisation.

Hier gibt es nur feuchte, kalte Löcher, groß ist der Mangel an Reinlichkeit.

Die Menschen, die in diesen ewig nassen Mauern aufwachsen – die Juden wohnten weit schlechter und unhygienischer als die Bauern – leiden stark unter Skrofulose und sind durch Inzucht degeneriert.

Der Zaun um das Gesetz lässt keine Entwicklung zu. „Hier gibt die Religion Nahrung“, sagte mir der heilige Mann, der mich so liebenswürdig empfing […]

Die Jeschibah von Zelem zählt 90 Hörer; […] Entsetzlich, wie diese Jugend lebt und haust!

Die darbenden vielköpfigen Familien pressen sich noch enger zusammen, um an die Jeschibahschüler „Quartier“ abgeben zu können.

Und von Wien aus wird dafür gesorgt, daß der Antisemitismus in die neuerworbene Provinz Burgenland importiert wird und gedeiht.

Fanatischer Orthodoxer Geist, die Peitsche des gefürchteten Rebben im Inneren, zielsicherer, praktischer Antisemitismus von außen – sie beide halten die uralte berühmte Kehilla von Deutschkreutz nieder.

[…] ich durchstreife die ganz jämmerlichen, ganz unmöglich verfallenen und vernachlässigten Judengäßchen hinter der Synagoge […]

19

2.2.5 Das Ende der Gemeinde (1938 – 1941)

Die Geschichte der Deutschkreutzer Juden nahm mit der Besetzung Österreichs durch das NS-Regime und den damit verbundenen Beitritt zum dritten Reich eine drastische Wendung. Auch wenn die Deutschkreutzer jüdischen und christlichen Glaubens zweieinhalb Jahrhunderte gut miteinander auskamen, wurde dennoch Zelem im Jahre 1938 für immer ausgelöscht. Am 12. März 1938 begann für die, damals nur noch 430 Mitglieder zählende Gemeinde, der letzte und traurigste Abschnitt Ihrer langen Geschichte. Österreich wurde ab dem 24. Mai 1938 in sieben Gaue unterteilt. Das Burgenland wurde als Land völlig ausgelöscht und der Gau Nieder-Donau und der Gau Steiermark übernahmen jeweils einen Teil davon.

Durch den Status als deutscher Verwaltungsbezirk wurde vermutet, dass die Juden in Österreich nun auch nach deutschen Gesetzen und deutschen Vorschriften behandelt werden. Dies verlief in Österreich jedoch viel drastischer und dramatischer als im benachbarten Deutschland. Das österreichische Judentum, besonders die burgenländischen Juden, wurden dazu auserkoren, als Versuchsobjekt zum Thema „Lösung des Judenproblems“ zu dienen, sie mussten wesentlich mehr Leid erfahren, als Juden der übrigen Bundesländer.

Aus Linz, dem Wohnort Hitlers zu Jugendzeiten, wurden die Juden erst am 1. September ausgewiesen42. Die jüdische Bevölkerung des Burgenlands erhielt hingegen den sofortigen Ausweisungsbefehl43. Begründung hierfür fanden die Nazis und besonders Adolf Hitler darin, dass es „aus strategischen Gründen“ keine jüdische Ansiedlung in einer Entfernung von nur 50km von der Grenze geben sollte. Auch die gutnachbarliche Beziehung zwischen Juden und Nichtjuden stellte für die Nazis ein großes Problem dar. Nur vier Tage nach dem Anschluss an Nazi-Deutschland wurde eine „zentrale Auswanderungsstelle für Juden“ gegründet. Gauleiter Dr. Tobias Portschy war verantwortlich dafür, dass die Vertreibung der Juden und die Einziehung ihres Vermögens so schnell wie möglich erfolgten. Am 26. März 1938 wurde jeder jüdischer Besitz beschlagnahmt und deren Geschäfte von Nazi- Kommissaren übernommen oder zur Gänze geschlossen. Die Bewegungsfreiheit sowie der Zugang zu Nahrungsmitteln wurde der jüdischen Bevölkerung massiv erschwert bzw. unzugänglich gemacht. Ein paar Tage nach der Besetzung begannen auch schon die ersten judenfeindlichen Ausschreitungen. Jüdische Häuser wurden

42 SPITZER, 1995, S.49 43 SPITZER, 1995, S.49 20

zerstört, der jüdische Besitz „arisiert“, Gottesdienste verboten und angesehene Gemeindemitglieder im Gefängnis in eingesperrt. Zwei Wochen hatten die Deutschkreutzer Juden Zeit ihre Heimat zu verlassen. Inhaftierte Juden mussten sogar nach ihrer Freilassung schriftlich erklären, dass sie zur Auswanderung bereit waren. Die zu dieser Zeit zehnjährige Nathalie Gluck, Tochter des Bäckers Julius Dux, erzählte später in einem Interview über die schrecklichen Vorkommnisse: „Ich erinnere mich genau, wie ich an diesen Tagen ins Haus meiner Großmutter kam. […] Die Tür zum Vorderzimmer war offen. Ich sah, daß alle Schränke ausgeleert waren. Die Sachen lagen verstreut auf dem Boden herum […] Zwei Männer mit langen schwarzen Mäntel waren da. An den Namen des einen erinnere ich mich, denn er war der Verantwortliche und schlug auf meinen Onkel ein. Meine Großmutter stand regungslos da, wie eine Statue. Als die Männer verschwunden waren, sagte sie: ,Geh nach Hause, Kind, geh nach Hause.´ Und dann erinnere ich mich an eine Nacht, in der einige Busse kamen, um Deutschkreutz judenrein´ zu machen.“44

Bereits Anfang Mai waren alle Juden aus Deutschkreutz, aber auch aus allen anderen jüdischen Gemeinden des Burgenlandes, geflohen bzw. wurden mit LKWs nach Wien gebracht. Lazar Spiegel, ein auffallend vornehm gekleideter Zelemer Jude sagte knapp vor seiner Abreise zu einer ihm gut bekannten Deutschkreutzer Frau: „Ich wünsche Ihnen und Ihren Kindern alles Gute, und ich wünsche Ihnen, es soll Ihnen nicht so ergehen wie uns.“45

Der letzte Jude in Zelem war der Lehrer David Wiener, er wurde von den Nazi- Adolf Eichmann: seit Behörden gezwungen, bis auf einen Befehl der Gestapo in Deutschkreutz zu 1939 Leiter der 46 Reichzentrale für bleiben . Im Dezember hieß es in der Grenzlandzeitung dann schließlich, dass das jüdische Auswanderung Burgenland nun „Judenrein“ sei. Damit das auch so blieb, kontrollierte Adolf und Mitverantwortlich Eichmann höchstpersönlich alle Aktionen und reiste dazu häufig in die Gestapo- für die Deportation von 4 – 6 Millionen Juden Zentrale nach Eisenstadt47.

Nur weniger als die Hälfte der insgesamt 3.632 burgenländischen Juden konnten nach Palästina, in die USA, in die Schweiz oder nach England oder in Nachbarländer Österreichs auswandern. Die restlichen Personen fanden keine Möglichkeit der Auswanderung und mussten in Wien bleiben. Sie waren 1941 im großen Transport

44 MAGNUS, zit nach, Lang/Tobler/Tschögl, Vertrieben, S.43-44 45 PUTZ, Adalbert, Die Geschichte der jüdischen Gemeinde Zelem (Deutschkreutz), URL: http://www.deutschkreutz.at/judengemeinde.html ()abgerufen am 12.05.2015 – 22:12) 46 SPITZER, 1995, S. 50 47 SPITZER, 1995, S. 50 21

nach Lodz, Riga, Lublin und Minsk unter den ersten Deportierten und wurden in den Konzentrationslagern ermordet.

In der Reichskristallnacht, vom 9. auf 10. November 1938 wurden die meisten burgenländischen Synagogen abgebrannt. Die Synagoge in Deutschkreutz existierte allerdings noch bis 1941. Sie wurde am Sonntag dem 16. Februar48 auf Betreiben der SS von der „technischen Nothilfe“, unter der Leitung vom damaligen Sprengmeister Josef Presch gesprengt. Das von Adalbert Putz geführte Interview mit Josef Presch, über den Ablauf und die Folgen der Sprengung, kann in voller Länge im Anhang A-3 nachgelesen werden.

Damit endete die über 250 Jahre andauernde Geschichte der blühenden jüdischen Gemeinde von Deutschkreutz – Zelem. Eine über Generationen überlieferte Weissagung hatte sich erfüllt: „so wie die Siebengemeinden zusammen entstanden, zusammen existierten, würden sie auch gemeinsam untergehen“49.

Abb. 6: Chronologie der jüdischen Gemeinde von Deutschkreutz

48 PUTZ, Adalbert, Protokoll eines Gespräches mit Josef Presch, Kobersdorf 1990 49 SPITZER,1995, S. 50 22

Abb. 7: Die letzten Überreste der Synagoge nach der Sprengung

2.2.6 Nach dem NS Regime

Nur wenige jüdische Familien kehrten nach Ende des zweiten Weltkrieges in ihre ehemalige Heimat zurück. Von den überlebenden Zelemer Juden hat sich kein einziger mehr in Deutschkreutz niedergelassen. Die Wiedergutmachungsgesetze in den Folgejahren nach dem zweiten Weltkrieg, ermöglichte es zwar den früheren Besitzern die Rückstellung ihrer Besitzungen, doch dies zog sich meist bis Ende der 1950 Jahre und zum Teil bis in das Jahr 2012 hin. Heute leben im gesamten Burgenland kaum ein Dutzend Juden50.

Der Platz an dem die Synagoge einst stand wurde nach Kriegsende eingezäunt und an ihrer Stelle ein Gedenkstein errichtet. Er trug die (fehlerhafte) Inschrift „Auf diesem Platze stand der jüdische Tempel der im Jahre 1940 von den Nazi Barbaren zerstört wurde“. Die Jahreszahl in der Inschrift stimmt nicht – die Synagoge wurde, wie bereits erwähnt, am 16. Februar 1941 gesprengt. Der Gedenkstein musste in den 1970er Jahren, aufgrund der Neuerrichtung eines Lebensmittelmarktes, entfernt werden. Von dem damaligen jüdischen Zentrum in Deutschkreutz ist heute nichts mehr zu finden allerdings erinnert seit dem 3. Juli 2012 an der heutigen Hauptstraße

50 REISS, Johannes, Aus den sieben Gemeinden, Eisenstadt, 1997, S.12 23

(damalige Judengasse), ein eindrucksvolles Mahnmal an die, in ganz Europa, angesehene jüdische Gemeinde „Zelem“.

Abb. 8: erster Gedenkstein am Grundstück der Abb. 9: Die 2012 errichtete Gedenktafel im ehemaligen Synagoge, ca. 1970 Zentrum von Deutschkreutz

Nach seiner Emigration 1938 in die USA, gründete der letzte Rabbiner der Deutschkreutzer Gemeinde, Levi Jitzchak Grünwald (geb. 1893), in Brooklyn / New York eine Kultusgemeinde, mit dem Namen „Zelem“. Grünwald starb 1980 im Alter von 87 Jahren an seinem Wirkungsort51. Sein Sohn R. Josef Mosche Grünwald leitet bis heute die Gemeinde „Zelem“. Sie ist eine Art lebende Erinnerung an die alte und ehrwürdige Gemeinde im Burgenland.

51 Geschichte der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum – Deutschkreutz URL: http://www.xn--jdische-gemeinden-22b.de/index.php/gemeinden/c-d/123-deutschkreutz-oesterreich (abgerufen am 04.01.2015, 23:16) 24

3 Die Synagoge

In diesem Kapitel wird die Architektur der Synagoge und ihre Geschichte beschrieben. Beim Tempel der deutschkreutzer Judengemeinde handelt es sich um eine verhältnismäßig kompakte Landsynagoge. Während der Forschungsarbeit hat sich herausgestellt das keinerlei überliefertes Planmaterial über die Synagoge und ihre Bauabschnitte vorhanden ist. Dennoch wird nachstehend versucht, die Geschichte anhand gesammelter Archivalien, Publikationen und Bildmaterialien zu beschreiben.

3.1 Die Geschichte der Synagoge

Wie bereits erwähnt, wurde der jüdischen Bevölkerung, durch den Privilegiumsbrief des Fürsten Michael Esterházy im Jahre 1720, gestattet eine Synagoge zu errichten. Wo sich die ursprüngliche Synagoge befand, und in welchem Ausmaß sie errichtet wurde ist nicht bekannt. Fest steht, dass die Bauarbeiten am 16. Mai 1746 in vollem Gange waren. Weil der Bau offensichtlich großzügiger dimensioniert war als zuvor genehmigt, ließ der Verwalter der fürstlichen Güter Michael Katterer52 die Bauarbeiten kurzzeitig einstellen. Der Baustopp wurde aber kurz darauf von Fürst Anton Esterházy in einem Schreiben wieder zurückgezogen, weil „dieses Gebäu der Synagog bereits soweith aufgeführt ist worden, das solches ohne großen Schaden der angewandten Uncösten nicht kann zernichtet werden…“53

Was in den folgenden Jahren mit und um die Synagoge geschah ist nicht bekannt. Wie im vorherigen Kapitel bereits festgehalten, wurden sämtliche Dokumentationen über die Gemeinde und so auch über die Synagoge bei einer Brandkatastrophe vernichtet. Erst im Jahre 1835 wird wieder in einem Beschluss der jüdischen Gemeinde über die Synagoge berichtet. So sollten die Steuerzuschläge und die Verbraucherabgaben erhöht werden, um „die Schul [Synagoge] samt Gemeindehaus, die bei der Feuersbrunst eingeäschert wurden, je eher, desto besser herstellen zu können…“54. Aus demselben Jahr geht aus einem Dokument hervor, dass am 26.

52 MAGNUS, 2013, S. 222 53 MAGNUS, zit. aus, Burgenländisches Landesarchiv, J .Z. A., Karton A 1, I-2 54 MAGNUS, zit. aus Bgld. LA, J .Z. A., Kt. A 4, III/3-187 25

Oktober 1834 mit Mehrheit beschlossen wurde, „daß man die Synagoge sowohl in der Länge als auch in der Breite erweitern soll“55.

Aus den beiden überlieferten Dokumenten ist jedoch nicht eindeutig feststellbar, ob es sich bei den darauffolgenden Baumaßnahmen um einen kompletten Neubau der Synagoge handelte, der in seiner Länge und in seiner Breite weitaus größer dimensioniert werden sollte, oder ob es sich um ein umfassendes Sanierungsprojekt nach dem Großbrand handelte.

Am 17. September 1857, zum Rosch ha-Schana (jüdisches Neujahrsfest) ereignete sich in der Synagoge eine weitere Katastrophe. Während des Festgottesdienstes lösten sich plötzlich Putzteile von der Wand und fielen zu Boden. Aufgrund dieses unerwarteten Vorfalls brach unter der betenden Bevölkerung Panik aus, bei der zwei

Abb. 10: Darstellung des Vorbaus der Synagoge auf einer Ansichtskarte aus dem Jahr 1903

Gemeindemitglieder ums Leben kamen. Nach der darauffolgenden behördlichen Untersuchung des Tempels, beschreibt der Bausachverständige in seinem Bericht, „dass das Gesimse unter der Frauenhalle nicht in der Mauer eingebunden, sondern nur mit Mörtel an die Mauer angeklebt war, daher bei der einwirkenden Näße an der Wetterseite sich das Gesimse loslösen und herabstürzen mußte“56. Weiters wurde der Gemeindevorstand dazu aufgefordert die Schäden zu beheben und Vorkehrung zu treffen das sich keine Gesimseteile mehr von der Wand lösen konnten – „am nordöstlichen Eck die Gesims… welches mit einer eisernen Schliesse zu befestigen und

55 MAGNUS, zit. aus Bgld. LA, J .Z. A., Kt. A 1, II-2 56 Burgenländisches Landesarchiv, J .Z. A., Kt. A 2, III/1-284, S.1 26

hiernach dem herabstürzen vorzubeugen ist“57. Vorgeschrieben wurde auch der nachträgliche Einbau zweier Fluchttüren, eine an der nördlichen Fassade, eine an der südlichen weil „die jetzt einzige Tür sind viel zu wenig Ausgang, um einen Andrang der versammelten Menge genüge zu leisten“58. Die Synagoge wurde daraufhin geschlossen und grundlegend saniert. Auch für diese Sanierungsmaßnahmen musste ein Darlehen aufgenommen werden. Einige Rechnungen dürften bis in das Jahr 1859 noch nicht beglichen worden sein. Dies bestätigt eine Zahlungsmahnung des Ödenburger Baumeisters Franz Wanitzky an den Vorstand der israelitischen Gemeinde Deutschkreutz59. Generell durfte die Gemeinde zu dieser Zeit in finanziellen Schwierigkeiten gewesen sein, denn im Juni 1859 wurde ein Exekutionsverfahren gegen sie geführt, im Zuge dessen vier ihrer Häuser gerichtlich geschätzt wurden60.

Die hier beschriebenen Bau- und Sanierungsmaßnahmen sind die letzten vorliegenden Dokumente die Informationen über die Synagoge verraten. Daraus ist zu schließen, dass die Sanierungsarbeiten in den Jahren 1858 – 1859 der Synagoge ihr letztes Aussehen gegeben haben. Diese Beschreibungen und die im Kapitel „Quellmaterial“ angeführten Unterlagen dienten als Grundlage der gegenständlichen Rekonstruktion.

Am 8. Februar 1941, einige Tage vor der Sprengung des Tempels, erfahren wir aus einem Schätzgutachten das: „das jüdische Bethaus… ist derzeit halb demoliert. Das Dach ist vollständig abgetragen. Die gewölbte Decke über dem Betraum liegt bloß und ist den Witterungseinflüssen preisgegeben. Die Fenster sind zerstört, Das Fußbodenpflaster ist stark beschädigt“61.

Nur 8 Tage später, am 16. Februar 1941, wurde die Synagoge von der technischen Nothilfe gesprengt. Der aus Deutschkreutz stammende Lehrer und Historiker Dr. Adalbert Putz führte am 26.09.1990 ein Interview mit dem damaligen Sprengmeister Josef Presch. Dieser bestätigte, dass im Zuge der Vorbereitungen zur Sprengung, doppelt so viele Sprenglöcher als im verbauten Gebiet zulässig waren, gesetzt wurde – statt den maximal zulässigen 70 Sprenglöchern wurden für die Synagoge 140 Sprenglöcher gesetzt. Da im Vorfeld die Rede von etwa 2m dicken Mauern war, hatte

57 Burgenländisches Landesarchiv, J .Z. A., Kt. A 2, III/1-284, S.2 58 Burgenländisches Landesarchiv, J .Z. A., Kt. A 2, III/1-284, S.2 59 Burgenländisches Landesarchiv, J .Z. A., Kt. A 1, III/324 60 Burgenländisches Landesarchiv, J .Z. A., Kt. A 1, II-12a 61 Burgenländisches Landesarchiv, Arisierungsakten NÖ, Kt. 36 27

man offenbar Furcht den Tempel nicht klein zu kriegen. Dieses Verantwortungslose Handeln führte dazu, dass die Sprengung in einer gewaltigen Detonation endete, die der 17 jährigen Zuseherin Helene Artner das Leben kostete62.

Mit der Sprengung der Synagoge von Zelem endete ihre Geschichte im Jahre 1941. Mit ihr ging nicht nur ein bedeutendes jüdisches Bethaus des Burgenlandes, sondern auch das gesamte Kulturgut der jahrhundertealten Jüdischen Gemeinde verloren.

3.2 Die Architektur der Synagoge

„…die Synagoge hatte einen rechteckigen Grundriss im Ausmaß von etwa 12 x 18 Meter. Starke Steinmauern trugen ein ziegelgedecktes, an beiden Schmalseiten abgeschrägtes Dach. Im Zentrum des Dorfes gelegen, überragte das Bauwerk die einstöckigen Häuser der Umgebung.“ Mit diesen Worten wird die Synagoge in zahlreichen Publikationen beschrieben. Diese doch recht komprimierte Beschreibung des Tempels soll in diesem Kapitel nun ausgedehnt werden. Beschrieben werden die Architektur und der Baustil, das Raumprogramm sowie die städtebauliche Situation.

Eine Besonderheit dieser Synagoge war mit Sicherheit ihr Standort. Im Zentrum der Jüdischen Gemeinde, aber gleichzeitig auch im Zentrum von Deutschkreutz, lag der im klassizistischen Baustil errichtete Tempel nur unweit von der katholischen Kirche entfernt. Etwas zurückgesetzt von der Hauptstraße (Rausnitzstraße), die von der deutschkreutzer Bevölkerung Judengasse genannt wurde, befand sich die nach Osten orientierte, freistehende Synagoge. Ihre Außenabmessungen waren 15,90m x 22,80m, das entspricht einer bebauten Fläche von 362,52m². Die Traufenhöhe lag bei etwa 7,70m für den Vorbau und 12,70m für das Haupthaus. Da das Grundstück inmitten des jüdischen Ghettos lag, war es zu den umliegenden Häusern weder eingezäunt noch sonst irgendwie abgegrenzt. Flankiert von zwei kleineren Gebäuden, konnte der Hof vor dem Eingang der Synagoge, von der Hauptstraße aus erschlossen werden. Da es sich um ein freistehendes Gebäude handelte, war der Zugang auch von allen anderen Seiten gegeben, jedoch ließ dies die dichte Bebauung der Umgebung nicht von allen Richtungen zu. Der Eingang befand sich an der Süd- Fassade und war drei Stufen über dem angrenzenden Niveau. Durch eine große, zweiflügelige Massivholztüre, wurde der dem Betsaal vorgelagerte, zweigeschossige

62 PUTZ, Adalbert, Die Geschichte der jüdischen Gemeinde Zelem (Deutschkreutz), URL: http://www.deutschkreutz.at/judengemeinde.html (abgerufen am 13.05.2015 – 10:27) 28

Vorbau erschlossen. Der Eingang der Frauen war vermutlich an der Nordseite des Vorbaus. Da im Zuge dieser Forschungsarbeit keinerlei Planmaterial und lediglich ein Innenraumfoto gefunden werden konnte, musste bei der Beschreibung des Innenraumes und des Raumprogramms teilweise auf Vergleichsobjekte zurückgegriffen werden. In diesem Fall wären dies die Synagogen in Eisenstadt (A), Hochberg (D) und Leiden (NL) sowie die Synagoge in Frauenkirchen (A). In dem zweigeschossigen Vorbau befand sich links vom Eingang aller Wahrscheinlichkeit, der Aufgang zur Frauenempore, rechts vom Eingang war vernutlich ein weiteres Zimmer, dessen Nutzung jedoch nicht geklärt werden konnte. Vom Vorraum im Erdgeschoss gelangten die männlichen Gemeindemitglieder direkt in den Betsaal. Der Betsaal, ein rund 11,5m hoher Raum mit gewölbter Decke, wurde an der Süd- und Westseite mit jeweils vier hohen Rundbogenfenstern, die bis über die Frauenempore reichten, belichtet. Die Innenabmessungen lagen bei etwa 16m x 13,4m das entspricht 8 Klafter 2 Fuß und 8 Zoll mal 7 Klafter und 4 Zoll. Die Synagoge hatte Sitzplätze für etwa 400 Personen, davon ca. 2/3 Männersitze und ca. 1/3 Frauensitze. Der Toraschrein mit seinem schweren Toravorhang war an der Ostseite des Betsaales situiert und war als klassizistische Tempelfront ausgeführt. Über dem Toraschrein befanden sich auf einem kleinen Sockel, die Gesetzestafeln welche links und rechts mit goldenen Löwenfiguren verziert waren63. Die Bima war etwa drei bis vier Meter vor dem Toraschrein situiert und war als Holzkonstruktion auf einem Steinsockel ausgeführt. Nach der bereits erwähnten Katastrophe zum jüdischen Neujahrfest 1857, mussten an den beiden Längsfassaden nachträglich Fluchttüren eingebaut werden. Wo sich diese genau befanden und wie groß sie dimensioniert waren konnte nicht festgestellt werden. An der Ostseite, über dem Toraschrein, befand sich ein hoch angesetztes halbkreisförmiges Fenster. Dieses markante halbkreisförmige Fenster sowie die seitlichen Rundbogenfenster sind auch in den ob genannten Synagogen, die zum Vergleich herangezogen wurden, vorhanden. Die Frauengalerie war in Holz ausgeführt, weit in den Saal hineingebaut und in ihrer ursprünglichen Form stützenfrei ausgeführt – nachträglich wurden jedoch Holzsäulen eingebaut. An der Unterseite der Frauengalerie verliefen durch den ganzen Saal Gesimse. In der Literatur wird auch darauf hingewiesen das die gewölbte Decke im Haupthaus üppig

63 MAGNUS, 2013, S. 224 29

bemalt war und generell wurde „die Innenarchitektur der Schul´ […] von Fachleuten wiederholt bewundert“64.

Abb. 11: Westfassade der Synagoge

In der Epoche zwischen 1770 bis etwa 1840 herrschte der Baustil des Klassizismus vor. Die Synagoge weist alle klassischen Merkmale Klassizistischer Architektur auf und ist somit in diese kunstgeschichtliche Stilepoche einzuordnen. Dreiecksgiebel, Ornamente, Symmetrie, Zahnfries und weitere prägende Merkmale des Klassizismus sind Hauptmerkmal an der Fassade sowie im Innenraum.

Der zuvor beschriebene, etwa 7,40m hohe Vorbau an der Frontfassade, war mit einem eindrucksvollen Dreiecksgiebel, dem ein zweiter, etwas kleinerer Dreiecksgiebel vorgelagert war, samt Medaillon und Gesimsen ausgeführt. Die Fassade des Vorbaus wies im Erdgeschoss eine horizontale Teilung auf und war blau- weiß gestrichen65. Die beiden Fenster im Erdgeschoss waren vergittert, an drei Seiten waren dekorative Fensterfaschen angebracht. Über der großen zweiflügeligen Eingangstüre war ein Schild angebracht dessen Inschrift aus mangelnder Bildauflösung leider nicht entziffert werden konnte. Im Obergeschoss konnte Anhand des Bildmaterials keine besondere dekorative Fassadengestaltung nachgewiesen werden. Das Dach des Vorbaus war als Holzkonstruktion mit Blechdeckung ausgeführt. Entgegen dem an der Eingangsseite aufwendig gestalteten Vorbau, wurde die Fassadengestaltung des Betsaals eher schlicht, geometrisch und vor allem symmetrisch gehalten. So ist sehr gut zu erkennen, dass sich an den Ecken des

64 ABELES, Otto, „Deutschkreutz, der sechste Erdteil“, in: Wiener Morgenzeitung, 1927, S.4 65 MAGNUS, 2013, S. 224 30

Gebäudes Pilaster befanden, die den Eindruck erwecken es handle sich um massive Säulen, die dem Gebäude einen äußerst monumentalen Auftritt geben. Tatsächlich war das Gebäude samt Vorbau aus massiven, ca. 120cm (dies entspricht 3 Fuss und 8 Zoll) dicken Steinwänden errichtet. Den oberen Abschluss, zu dem, mit Ziegel gedeckten Walmdach, machten Gesimse die sich rund um das Gebäude zogen.

Abb. 12: Südfassade der Synagoge

Die Synagoge hob sich in ihrer Größe, ihrer Architektur und ihrem Baustil von der umliegenden Bebauung, aber auch der damaligen „Landarchitektur“ entscheidend ab. Es war seinerzeit neben der katholischen Kirche das wohl größte Gebäude von Deutschkreutz.

Abb. 13: Luftbild des Ortszentrums von Deutschkreutz, 2015 31

4 Quellmaterial

Obwohl die Deutschkreutzer Judengemeinde aufgrund ihrer Talmudschule europaweit hohes Ansehen erlangte und weit über die Grenzen Westungarns bekannt war, handelt es sich bei dem Tempel und eine verhältnismäßig kleine Landsynagoge. Aus verschiedensten Gründen, über die bis heute nur spekuliert werden kann, liegt keinerlei überliefertes Planmaterial vor. Lediglich einige Fotos – die meisten von der bereits zerstörten Synagoge – sowie einige Dokumente und grobe Beschreibungen konnten im Zuge der Recherche in diversen Publikationen, Archiven und weiteren Quellen gesammelt werden. Die Unterlagen und das Bildmaterial werden in diesem Kapitel, sortiert nach Materie, aufgelistet und beschrieben.

4.1 Publikationen

Über das Judentum im heutigen Burgenland sind mittlerweile einige Publikationen erschienen. Die Beschreibungen in diesen Büchern geben einen recht guten Überblick über das Judentum im Burgenland und gehen auch gezielt auf die einzelnen Gemeinden ein. Jedoch waren daraus meist idente, nur grobe Informationen über die Synagoge zu finden. Drei Publikationen jedoch beschreiben die jüdische Gemeinde sowie die Synagoge etwas detaillierter:

. Shlomo Spitzer, Die jüdische Gemeinde von Deutschkreutz, 1995

An der Fakultät für Judaistik der Bar Ilan Universität in Ramat Gan (Israel) unterrichtet und arbeitet der aus Österreich stammende Dr. Shlomo Spitzer. Nach zahlreichen Essays und Forschungsarbeiten erschien 1995 sein Buch „Die jüdische Gemeinde von Deutschkreutz“.

Den Beschreibungen in dem Buch konnten nachfolgend zitierte Eckdaten über die Synagoge entnommen werden.

- Die Synagoge lag im Zentrum des Judenviertels. Diese zentrale Lage sowie ihre Größe verliehen der Wichtigkeit dieser Institution entsprechenden Ausdruck. In der Synagoge wurde aber nicht nur gebetet; Der Rabbiner oder ein gelehrtes Gemeindemitglied hielt regelmäßig Toravorträge ab;

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- […] im Jahre 1777, kam es zu einer Brandkatastrophe. Die 1747 erbaute Synagoge […] wurde ein Raub der Flammen. Mit großzügiger Unterstützung durch den Fürsten Esterházy entstand eine neue Synagoge; - Im Zentrum des jüdischen Gemeindelebens stand die zweistöckige Synagoge; - […] die Frauen und Mädchen brachten die Braut, die männlichen Gemeindemitglieder den Bräutigam in den Hof der Synagoge; - Die deutschkreutzer Synagoge existierte noch bis 1941; - […] Unterteilung des Syangogenraumes in eine Männer- und eine Frauenabteilung […]; - 1835 versammelten sich der Gemeindevorstand […] um die Instandsetzung der Synagoge zu organisieren;

. Naama G. Magnus, Auf verwehten Spuren - Das jüdische Erbe im Burgenland, 2013

Im Jahr 2013 veröffentlichte Naama G. Magnus (Verein zur Erhaltung und kulturellen Nutzung der Synagoge Kobersdorf), den 1. Teil des umfassenden Forschungsprojektes „Bestandsaufnahme des jüdischen Erbes im Burgenland. Das Buch befasst sich detailliert mit den jüdischen Gemeinden des Nord- und Mittelburgenlandes – darunter auch Deutschkreutz. Einige sehr wichtige Informationen, konnten anhand der Beschreibungen, für die Rekonstruktion verwendet werden und sind nachfolgend aufgelistet:

- 1746 wurde die erste Synagoge erweitert und zum Teil neu gebaut; - Fest steht, dass 1835/36 eine größere Synagoge errichtet wurde, entweder als Neubau oder Umbau des alten Tempels; - Sie war ein freistehendes, rechteckiges, zweistöckiges Gebäude mit einer Grundfläche von etwa 324m² und einem ein Stock hohen Vorbau an der Westseite. An dieser Stelle muss die gewonnene Information über den Vorbau korrigiert werden - Der Vorbau war ebenfalls zweigeschossig, da sich hier der Aufgang zur Frauenempore befand; - Die Dachdeckung des Hauptgebäudes bestand aus Ziegeln, der Vorbau hatte ein Blechdach; - An den Längsseiten befanden sich je vier hohe Rundbogenfenster, an der Ostseite ein hoch angesetztes halbkreisförmiges Fenster;

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- Der Hauptraum war gewölbt und besaß eine Holz gebaute Frauengalerie; - Für die Beleuchtung sorgten zehn größere und 40 kleinere Messingleuchter.

. Otto Abeles, 1927

Otto Abeles war Schriftsteller, Journalist und Jurist. Er zählte zu den Mitbegründern der zionistischen Studentenverbindung Veritas und publizierte u. a. in den Zeitschriften „Jüdische Volksstimme“, „Die Welt“, „Jüdische Rundschau“, der Tageszeitung „Neues Wiener Journal und einigen anderen. Abeles war Mitbegründer der ersten zionistischen Tageszeitung „Wiener Morgenzeitung“. 1927 besuchte er Deutschkreutz und berichtet über eine ihm völlig fremde Welt in der Wiener Morgenzeitung. Wie bereits in Kapitel 2.2.4 erwähnt, ist die Ausgabe vom 13. Februar 1927 in der digitalen Sammlung der Goethe Universität Frankfurt am Main archiviert. Dem Artikel konnten weitere wichtige Informationen über das Aussehen der Synagoge entnommen werden und werden nachfolgend zitiert:

Deutschkreutz, der sechste Erdteil in „Wiener Morgenzeitung“ vom 13.02.1927

- Die Schul´ ist äußerlich, ein bemerkenswerter Zufall, blau-weiß gestrichen; - Bevor er die Synagoge aufschließt, pocht der Schammes nach altem Zelemer Brauch, mit dem Schlüssel dreimal an das Tor des Gotteshauses. Tief ausgehöhlt ist das Eichenholz der Türe von diesem Schlüsselklopfen […]; - Die Innenarchitektur der Schul´ wurde von Fachleuten wiederholt bewundert; - Weit in den Saal ist die Frauengalerie vorgebaut […]; - […] nun sieht man freilich jetzt in großer Zahl Holzsäulen eingefügt; - Gegen den Männersaal hin war die Galerie durch ein Holzgitter abgeschlossen; - Über Anordnung des Rabbiners, welchem Zelem noch immer nicht gesetzestreu genug ist, wurde dieses Gitter durch ein engmaschiges Sieb dichtester Fügung verstärkt.

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4.2 Karten und Kataster

Im Herrschaftsbereich der Habsburgermonarchie entstand in den 1760er Jahren bis 1780er Jahren, im Anschluss an den Siebenjährigen Krieg, die erste Landesaufnahme, auch bekannt als „Josephinische Landesaufnahme“. Anstoß für die Landesaufnahme mit ihren handgezeichneten farbigen Kartenblättern gaben militärische Überlegungen, da das Fehlen von Landkarten im Siebenjährigen Krieg für die österreichischen Truppen ein großer Nachteil war. Als Weiterentwicklung der Josephinischen Landesaufnahme galt der, in den Jahren 1810 bis 1870 entstandene Franziszeische Kataster, auch Urmappe genannt. Bis ins 20. Jahrhundert wurden weiter Landesvermessungen durchgeführt und werden heute vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen verwaltet und aktuell gehalten66.

Während der vierten Österreichisch-Ungarischen Landesaufnahme, in den Jahren 1896 – 1914, entstanden die sogenannten Präzisionsaufnahmen. Die für die Rekonstruktion herangezogenen Katasterpläne, entstammen dem Archiv des Bundesamts für Eich- und Vermessungswesen. Die Kataster sind in einheitlichen ebenen Koordinatensystemen angelegt und in Nord-Süd-Richtung durch Colonnen, in West-Ost-Richtung durch Schichten im Blattschnitt 20 Zoll x 25 Zoll oder 53cm x 66 1 Zoll in der Mappe cm, im Maßstab 1:2880 unterteilt. Die folgenden Abbildungen zeigen den entsprach 40 Klafter in Deutschkreutzer Katasterplan Blatt 7 vom 21. Oktober 1909 (Abbildung 14). Da das der Natur; 1 Quadratzoll i. d. Mappe Zentrum der Ortschaft über mehrere Katasterblätter aufgeteilt ist, wurden die entsprach 1 Joch einzelnen Blätter mit einem Bildbearbeitungsprogramm zusammengefügt (Abbildung (=1.600 Quadratklafter) in der Natur 15). Diese Abbildung zeigt nun das Zentrum von Deutschkreutz, das teilweise auch das Zentrum der jüdischen Gemeinde bildet. In ihrer Mitte befand sich die Synagoge, markiert mit einem Davidstern.

66 Österreichische Nationalbibliothek, Kartensammlung URL: http://www.onb.ac.at/sammlungen/karten/kartenzimelien/42.htm (abgerufen am 17.05.2015, 22:34) 35

Abb. 14: Ausschnitt der Katastermappe, 1909

Der markierte Bereich kennzeichnet den Standort der Synagoge; Die blau markierte Straße war die Judengasse (heute Hauptstraße)

Abb. 15: vergrößerter Ausschnitt der Katastermappe; Zu sehen ist das Zentrum von Deutschkreutz.

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4.3 Interviews

Am 11.Februar 2015 wurde im Zuge einer Besichtigung vor Ort, ein Treffen mit Hr. Dr. Adalbert Putz in Deutschkreutz organisiert. Dr. Putz stammt aus Deutschkreutz und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Geschichte der jüdischen Gemeinde. Aufgrund eines sehr aufschlussreichen und höchst interessanten Gesprächs sowie einer persönlichen Führung durch das ehemalige Judenviertel, konnten weitere wichtige Informationen gesammelt werden. Zwar ist die heutige städtebauliche Situation eine völlig andere als die vor 1938, jedoch sind auch heute noch einige Grundzüge in Form von Bebauung und Straßenverläufen erkennbar.

4.4 Fotografien

Im Zuge der umfangreichen Recherche konnten zwar einige Fotografien gefunden werden, jedoch zeigen diese nicht die gesamte Synagoge. Zumeist sind nur Abbildungen von der bereits zerstörten Synagoge vorhanden. Lediglich zwei Fotos zeigen Außenaufnahmen, wobei auch hier der Tempel nicht das Hauptmotiv gewesen sein dürfte. Eines davon zeigt den Vorbau bzw. den Eingangsbereich (Abbildung 16), das zweite Bild wurde an der Rückseite der Synagoge aufgenommen (Abbildung 17). Obwohl beide Bilder auf den ersten Blick relativ wenig über das Aussehen, die Fassadengestaltung sowie die Größe der Synagoge preisgeben, konnten nach genauer Auswertung, doch einige Details aus den Bildern gelesen werden.

Abb. 16: Der Haupteingang zur Synagoge an der Abb. 17: Rückseite (Ost Fassade) der Synagoge West Fassade

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Die Herangehensweise sowie das Ergebnis der Auswertung aller Fotografien wird unter Punkt 5 ab Seite 42 nachvollziehbar erläutert. Eine weitere, für die Rekonstruktion sehr wichtige Fotografie konnte im digitalen Archiv des jüdischen Museums in Budapest gefunden werden. Es zeigt eine Innenansicht der Synagoge mit Blick vom Mittelgang auf Bima und Toraschrein (Abbildung 18). Aus welchem Grund und für welchen Zweck diese Fotografien entstanden sind ist nicht bekannt.

Abb. 18: Innenaufnahme der Synagoge, Bima und Toraschrein

Wie bereits unter Punkt 4.2 beschrieben, wurde anhand der Katastralmappe die städtebauliche Situation eruiert. Diese konnte anhand einer Luftaufnahme, welche

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im burgenländischen Landesarchiv in Eisenstadt zu finden war, bestätigt werden. Auch eine kolorierte Postkarte (Abb. 04, Seite 13) sowie ihr Original (Anhang A-2) konnten im Landesarchiv gefunden werden. Sie zeigt das Zentrum von Deutschkreutz, auch hier ist die Synagoge eindeutig zu erkennen. Die beiden Längsfassaden (Nord- und Südfassade) werden leider auf keinem der genannten Fotografien gezeigt. Somit musste hier, bei der Auswertung bzw. Rekonstruktion auf Vergleichsobjekte und Beschreibungen zurückgegriffen werden.

4.5 Schriftverkehr und Versicherungspolizzen

Weitere wichtige Detailpunkte konnte den, im Burgenländischen Landesarchiv gefundenen Schriftverkehren und einigen Versicherungspolizzen, entnommen werden. Dazu gehören die Niederschrift der Bauuntersuchung die nach der Katastrophe zum Neujahrsfest 1857 von den Behörden in Auftrag gegeben wurde, eine Versicherungspolizze der „Erste Ungarische Allgemeine Assekuranz- Gesellschaft“ in Ödenburg vom 18. August 1874, eine weitere Versicherungspolizze der „Versicherungs-Gesellschaft Österreichischer Phönix in Wien“ vom 17. September 1886. Des Weiteren war im Burgenländischen Landesarchiv ein Schriftverkehr betreffend einer Zahlungsaufforderung zu finden. Dieses Schreiben, vom 8. Februar 1859, wurde von einem gewissen Franz Wanitzky – Baumeister in Ödenburg unterfertigt. Daraus lässt sich schließen, dass zumindest die Renovierungsarbeiten von Baumeister Wanitzky durchgeführt wurden.

Im Wiener Stadt- und Landesarchiv konnten noch einige Schätzgutachten, die im Zuge der Enteignung im Jahre 1938, von Paul Bader seineszeichens „Maurermeister und Schätzmeister“ aus , angelegt wurden. Diese Gutachten beziehen sich jedoch nur auf einzelne Gebäude und einige Grundstücke der jüdischen Bevölkerung. Über die Synagoge und etwaige Informationen über Bestandteile, Größe oder Einrichtungsgegenstände war den Dokumenten nicht zu entnehmen.

Die beschriebenen Dokumente wurden in der heute nicht mehr verwendeten Kurrentschrift verfasst und mussten im Zuge der Recherche und Auswertung dieser Arbeit erst übersetzt werden. Die beiden wichtigsten und aussagekräftigsten Schriftverkehre werden nachfolgend, in voller Länge zitiert. Die Kopien der Originaldokumente sind im Anhang A-3 dieser Arbeit beigelegt.

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Niederschrift der Bauuntersuchung, 28. September 185767

Bei der vorgenommenen Untersuchung des Tempelgebäudes in Deutschkreutz hat sich gezeigt, daß das –unleserlicher Textteil– Stukaturbodens unter der Frauenhalle nicht in die Mauer eingebunden, sondern nur mit Mörtel an die Mauer angeklebt war, daher bei der einwirkenden Näße an der Wetterseite sich das Gesimse loslösen und herabstürzen mußte. Zur Verminderung eines weiteren ähnlichen Unglücksfalles wird daher angeordnet, daß dieses Gesimse längs des ganzen Umfanges des Tempels folglich abgenommen und glatt ergänzt werde. Weiters hat sich auf der Frauenhalle südlichen Seite bei dem 4. Schuh breiten –unleserlicher Textteil– lagen bedeutende Schadhaftigkeit gezeigt bei welchem allfolglich mit zwei 8“ dicken eiserner Architravs zu Hilfe zu kommen ist, um allen hierdurch möglichen Unglücksfällen vorzubeugen. –unleserlicher Textteil– sich bei dem Gesims auf der am nordwestlichen Eck die Gesims –unleserlicher Textteil– welches mit einer eisernen Schliesse zu befestigen und hiernach dem herabstürzen vorzubeugen ist. Ist der schadhafte Stukatur von dem Aufgang der Frauenhalle samt dem darüber befindlichen –unleserlicher Textteil– herzurichten weil –unleserlicher Textteil–. Für den Fall einer –unleserlicher Textteil– noch zwei Ausgangstüren und zuvor an der nördlichen und südlichen Seite zu öffnen und herzurichten –unleserlicher Textteil– die jetzt einzige Tür sind viel zu wenig Ausgang um einen Andrang der versammelten Menge Genüge zu leisten. Sind überhaupt alle in und ausser der Synagoge befindlichen –unleserlicher Textteil– und anderen Schadhaftigkeiten auszubessern um dem ganzen Gebäude ein schöneres und besseres Aussehen zu geben und dadurch auch der –unleserlicher Textteil– vermindern und auf ähnlichen Unglücksfällen vorgebäugt wird wie der am 17. Abends vorgefallene. Der Gemeinde Vorstand wird für die genaue und folgliche Durchführung dieser –unleserlicher Textteil– verantwortlich gemacht.

67 Bgld Landesarchiv, J .Z. A., Kt. A 2, III/1-284 40

Versicherungspolizze, 18. August 1874

für das Ziegeldachwerk für das Blechdach der Vorhalle für zwei Fensterrahmen samt Glas á 25 Gulden und für sechs Fensterrahmen samt Glas á 15 Gulden des 14° langen 8° breiten aus solidem Material erbauten Tempels. für vier Türen vom Tempel á 25 Gulden für das Ziegeldachwerk der Nr. 270 gelegenen 13° langen 5° breiten aus leichtem Material erbauten Rabbiner Wohnung für das Ziegel und Blechdachwerk der 3° langen 3° breiten solid gebauten Laubhütten für 9 Fensterrahmen samt Glas an der Rabbiner Wohnung á 10 Gulden.

4.6 Fehlende Quellen

Wie bereits erwähnt konnte im Zuge der Recherche keinerlei Planmaterial gefunden werden. Weder von der Synagoge noch von der umliegenden Bebauung. Weder im Gemeindearchiv von Deutschkreutz, noch im Burgenländischen Landesarchiv waren Planunterlagen zu finden. Auch die in der näheren Umgebung gelegenen Archive in Sopron, Budapest, das Esterházy Archiv in Forchtenstein und das Archiv der Israelitischen Kultusgemeinde Wien sowie das Staatsarchiv in Wien brachten keine brauchbaren Ergebnisse. Auch die ausführliche Recherche in diversen Online Archiven, Datenbanken, Foren und unzähligen weiteren Internetseiten blieb ohne Erfolg. Auch die Spur nach Brooklyn, New York, die der letzte Zelemer Rabbiner, Levi Jitzchak Grünwald hinterließ, wurde weiter verfolgt, brachte jedoch aufgrund fehlender bzw. fehlerhafter Kontaktdaten ebenfalls keine Ergebnisse. Aufgrund dieser fehlenden Quellen, musste bei der Rekonstruktion auf Vergleichsobjekte, vielmehr auf Interpretation gesetzt werden. Bereiche und Räume, welche anhand der zugrundeliegenden Fotografien nicht ausgewertet bzw. definiert werden konnten, wurden in der Rekonstruktion „weiß“ dargestellt bzw. ausgelassen. So wurde beispielsweise die gewölbte Decke, ohne die in der Literatur erwähnten, aufwendig gestalteten Deckenmalereien rekonstruiert. Aufgrund der Tatsache, dass auch über die Farbgestaltung der Fassade keinerlei Information vorhanden war, ist die, in dieser Arbeit dargestellte Farbgestaltung als mögliche Variante aufgrund fehlender Information zu sehen. 41

5 Auswertung des Quellmaterials

Trotz der eher geringen Quellenlage wurde versucht, anhand des zur Verfügung stehen Bildmaterials, den Tempel möglichst originalgetreu zu rekonstruieren. Die nachfolgenden Punkte beschreiben die Herangehensweise der Rekonstruktion einzelner Gebäudeteile sowie die genaue Auswertung des zur Verfügung stehenden Bildmaterials. Da diese Fotos nicht den gesamten Tempel abdecken, mussten zur Rekonstruktion einzelner Bereiche sowie Gebäudeteile, auf Vergleichsobjekte zurückgegriffen werden bzw. mögliche Ausführungen interpretiert und Teile der Synagoge ergänzt werden.

5.1 Lageplan, Kataster – Situierung des Gebäudes

Grundsätzlich waren im Archiv des Bundesamts für Eich- und Vermessungswesen drei Mappen mit Katasterplänen von Deutschkreutz archiviert. Die Urmappe (ohne genaue Datierung), deren Weiterentwicklung vom 21. Oktober 1909, sowie eine weitere Karte aus dem Jahre 1950. Da der Kataster aus dem Jahre 1909 am aussagekräftigsten war und das vorhandene Bildmaterial mit der planlichen Darstellung nahezu perfekt korrespondierte, wurde diese Version zur Rekonstruktion herangezogen.

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Obwohl die Synagoge bereits zerstört war, ist das Grundstück noch mit dem Davidstern markiert.

Abb. 19: Ausschnitt der Katastermappe aus dem Jahr 1950

Am linken unteren Bildrand ist die Synagoge (dunkelrot) markiert. Am rechten unteren Bildrand befindet sich das Schloss Deutschkreutz.

Abb. 20: Urmappe Deutschkreutz, ohne Datierung

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Aus den Katasterplänen des frühen 20. Jahrhunderts ist das Grundstück der Synagoge gut zu erkennen. Obwohl die Mappen in ihrem üblichen, kleinen Maßstab 1:2880 angefertigt wurden, lässt sich die Lage und die Situierung auf dem Grundstück, aber auch die städtebauliche Gesamtsituation rund um den Tempel gut ablesen.

Um mit den Katasterplänen arbeiten zu können, mussten diese erst digitalisiert und anhand des, auf den Einzelblättern dargestellten Maßstabes, entsprechend skaliert werden. Als Kontrolle dieser Skalierung, wurde das Ergebnis mit der digitalen Katastermappe (DKM), welche das Land Burgenland online zur Verfügung stellt abgeglichen. Als fixe Referenzgröße wurde für diesen Arbeitsschritt das Grundstück des Schloss Deutschkreutz herangezogen. Da sich die Grenzpunkte des Grundstücks über die Jahre nicht geändert hatten, konnten diese Punkte zur genauen Skalierung der Katastermappen verwendet werden. Das Ergebnis dieses Prozesses ist ein digitalisierter Katasterplan der aus Polylinien und Fixpunkten besteht und somit die Grundlage für alle weiteren Arbeitsschritte ist. Im Zuge der Digitalisierung viel auf, dass die Straßenzüge, Wegführungen sowie die Bebauung rund um den Tempel nicht mehr der heutigen städtebaulichen Situation entsprechen. Vergleicht man den Kataster von 1909 mit der heutigen, digitalen Katastermappe und Luftbildern, so ist zu erkennen, dass das Tempelgrundstück zwar noch in ihrer damaligen Lage existiert, ihre angrenzende Bebauung jedoch nicht mehr. An ihrer Stelle verläuft heute die „Tempelgasse“. Wo in den Jahren vor dem 2. Weltkrieg noch zahlreiche Wohngebäude (meist jüdischer Einwohner), Hütten und der Tempel zu finden waren, verbindet heute die „Tempelgasse“, die Hauptstraße mit der Reitschulgasse. Die nachfolgende Abbildung 21 zeigt die heutige Katastermappe im Vergleich mit der, aus dem Jahre 1909. Die dick dargestellten, roten und schwarzen Linien zeigen die heutige Situation in Deutschkreutz. Die etwas blasser dargestellte Abbildung ist ein Ausschnitt der Katastermappe von 1909.

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Auf dem, mit dem Davidstern markierten Grundstück befand die Synagoge.

Abb. 21: Vergleich der digitalen Katastermappe 2015 mit dem Katasterblatt von 1909

Etwa 25m von der Hauptstraße abgerückt befand sich die freistehende Synagoge inmitten des jüdischen Ghettos68. Das Gebäude war zwar freistehend, jedoch lässt sich anhand der Katastermappen ablesen, dass die Nachbargebäude relativ eng an den Tempel angebaut wurden und sich so sehr enge Verkehrswege ergaben. Wie auch Fotos beweisen, war der Synagoge aufgrund des Platzmangels nur ein kleiner Vorplatz vorgelagert, wies auf keiner Seite weder eine Einfriedungsmauer noch eine Umzäunung auf und verfügte auch nicht über einen Garten. Der Tempel stand inmitten des Ortszentrums und im Zentrum des jüdischen Ghettos.

a) Süd-West Ansicht, Hauptstraße b) Süd-Ost Ansicht, Tempelgasse

68 Quelle: Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen, Katastermappe aus dem Jahr 1909 45

c) Fotomontage, Die Synagoge (geplündert) und die heutige Bebauung

Abb. 22: aktuelle Bebauung auf dem Grundstück der ehemaligen Synagoge

5.2 Ermittlung der Gebäudeabmessungen

Aus der Versicherungspolizze aus dem Jahr 1874 geht lediglich hervor, dass der Tempel im Ausmaß von rund 23m mal 15m und aus solidem Material erbaut wurde. Tatsächlich waren die genauen Abmessungen 22,80m x 15,90m Es gibt jedoch keinerlei Hinweise auf Gebäudehöhen sowie Wandstärken. Zur Ermittlung der Gebäudehöhen und aller weiteren Dimensionierungen, konnten daher nur Fotografien, in Verbindung mit den bereits bekannten Abmessungen aus Kataster und Polizze, verwendet werden.

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Um das Bauwerk anhand von Bildmaterial rekonstruieren zu können, mussten die Fotografien perspektivisch entzerrt werden um eine frontale Ansicht der Fassadenfläche zu erhalten. Anhand der Fotografien (Abbildung 23 und Abbildung 24) konnte die Gebäudehöhe sowie die Eingangsfassade des Tempels ermittelt werden. Da das Gebäude einen Vorbau hat und das wesentlich größere Haupthaus dahinter liegt, musste hier die Höhenermittlung in zwei Schritten durchgeführt werden. Die jeweilige Fassadenfläche wurde in eine eigene Ebene unterteilt und mithilfe der bekannten Gebäudebreite, konnte anschließend die jeweilige Ebene exakt skaliert werden. Somit ergab sich für den Vorbau eine Gebäudehöhe von 7,73m und für das Haupthaus an der Eingangsseite eine Höhe von 12,74m.

a) Unterteilung der Fassaden in zwei Flächen b) Ermittlung der Gebäudehöhen

Abb. 23: Auswertung der Westfassade in ArchiCAD

Da auf den Fotografien der Gebäudefront das Dach bereits abgerissen war, musste zur Ermittlung der Dachform sowie der Höhe des Daches auch das Foto der Gebäuderückseite ausgewertet werden. Wie zuvor für die Frontfassade, wurde auch die Rückseite erst perspektivisch verzerrt und anschließend, mithilfe der Gebäudebreite, die Höhe ermittelt. Da der Tempel mit einem Walmdach ausgeführt war, konnte eine genaue Höhe des Daches aufgrund der Perspektive nicht genau ermittelt werden und wurde daher geschätzt. Hierbei wurde auf übliche Dachneigungen für Walmdächer dieser Zeit zurückgegriffen. Aufgrund des doch recht stark abfallenden Geländes am Grundstück ergab sich an der Gebäuderückseite eine Höhe von 14,41m. Somit wies das Gelände zwischen den beiden Schmalseiten (Eingang und Rückseite) einen Höhenunterschied von 1,67m auf. Das abfallende

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Gelände wurde, durch absolute Höhenpunkte der Geodaten des GIS Burgenland bestätigt.

Abb. 24: Ermittlung der Gebäudehöhe an der Ost_Fassade

Nach der exakten Bildskalierung und den bekannten Gebäudehöhen, konnten aus denselben Bildern auch teilweise Fassadenrücksprünge, Fenster- und Türöffnungen sowie Teile der Fassadengestaltung abgelesen und ausgewertet werden. Eine genaue Beschreibung der Herangehensweise und der Auswertung der Fassadengestaltung wird im nächsten Abschnitt erläutert.

5.3 Ermittlung der Fassadengestaltung

Aus Beschreibungen in der Literatur geht hervor, dass der Vorbau bzw. die Eingangsfassade blau-weiß gestrichen war. Bei näherer Betrachtung der in Abbildung 25 gezeigten Fotografie ist jedoch eindeutig zu erkennen, dass die Fassadenteilung nicht nur eine aus Malerei, sondern aus einzelnen Fassadenplatten hergestellte Teilung ist. Zu erkennen ist auch der Sockelbereich sowie die Fensterfaschen im Erdgeschoss. Nach erneuter Perspektivkorrektur und Bildskalierung auf die zuvor

48 ausgewerteten Abmessungen, konnten die einzelnen Fassadenplatten sowie die Fensterfaschen ermittelt werden.

Abb. 26: Bildausschnitt Abb. 25: West-Fassade, Letzte Überreste nach der Sprengung Fassadenteilung und Fensterfaschen

Mithilfe der in Abbildung 25 und Abbildung 27 gezeigten Fotografien, konnte die gesamte Eingangsfassade ausgewertet werden und die Lage und Größe der Fenster- und Türöffnung fixiert werden. Die beiden Fenster im Erdgeschoss waren mit einem, an der Fassade angebrachten Metallgitter geschützt, wie Abbildung 16 auf Seite 37 gut erkennen lässt. Die Fenster im Obergeschoss waren ohne Gitter ausgeführt. Die Inschrift, der über der Eingangstüre angebrachten Tafel, konnte aufgrund zu geringer Bildauflösung nicht ermittelt werden. Sie wird in dieser Rekonstruktion als leere Fläche dargestellt.

An der Westseite des Haupthauses ist eine halbkreisförmige Maueröffnung zu erkennen. Hier dürfte dasselbe halbkreisförmige Fenster wie an der Rückseite des Gebäudes (Ostfassade) ausgeführt gewesen sein. Nachdem anhand der einzelnen Fotografien, die jeweiligen Fassadenteile als 2D Linien erstellt wurden, konnte mit der Zusammensetzung der Einzelteile begonnen werden. Abbildung 27 zeigt die einzelnen, mittels 2D Linien erstellten Fassadenteile. Für jedes Quellfoto wurde eine eigene Linienfarbe verwendet (Violett, Rot und Blau) um die Nachvollziehbarkeit zu vereinfachen. Diese Vorgehensweise wurde auch für die Erstellung, der in Abbildung 29 dargestellten Ostfassade, durchgeführt. Die daraus entstandenen 2D Ansichten, waren die Grundlage für die weitere Modellierung der Fassaden, aber auch ihrer einzelnen Bestandteile wie Gesimse, Vor- und Rücksprünge, Fenster, Türen etc.

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Ergebnis aus Foto 1

Ergebnis aus Foto 2

Ergebnis aus Foto 3

Ergebnis aus Foto 4

a) Perspektivisch entzerrte Fotografien b) Auswertung mit 2D Linien in ArchiCAD

Abb. 27: Ermittlung der Eingangsfassade und der Fassadenelemente

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a) der Erstellung der Fassade mittels 2D Linien

b) Ergebnis der Auswertung

Abb. 28: Erstellung und Ergebnis der Westfassade

51

a) Perspektivisch entzerrte b) Auswertung mit 2D Linien Originalaufnahme

c) Ergebnis der Auswertung

Abb. 29: Erstellung und Ergebnis der Ostfassade

Die Nordfassade sowie die Südfassade, mussten aufgrund fehlender Fotografien, anhand von Beschreibungen aus der Literatur sowie anhand von Vergleichsobjekten rekonstruiert werden. Bekannt war, dass auf jeder der beiden Längsseiten vier hohe Rundbogenfenster ausgeführt waren. Das Aussehen der Fenster, ihre Größe, die Parapethöhe bzw. Sturzunterkante, die eventuelle Verzierung der Verglasung als auch das Material mussten anhand der Vergleichsobjekte modelliert werden und sind daher auch nur als mögliche Ausführungsvariante zu sehen. Als vergleichendes Objekt diente hier vor allem die Synagoge in Hochberg (D). Das Ergebnis dieses Prozesses ist in den nachfolgenden Abbildungen 30 und 31 zu sehnen. Der Modellierungsvorgang ist unter Abschnitt 6.2 ausführlich beschrieben. 52

Abb. 30: Süd-Fassade nach Auswertung, Konstruktion in ArchiCAD

Abb. 31: Nord-Fassade nach Auswertung, Konstruktion in ArchiCAD

Da auf der Südfassade des Vorbaus keine Öffnung für einen Fraueneingang ausgeführt worden war (Abbildung 32 auf der nächsten Seite) und von der Nordfassade desselben keine Aufnahme existiert, musste davon ausgegangen werden, dass sich der Fraueneingang an der Nordfassade des Vorbaus befand und in diesem Bereich des Vorbaus auch der Aufgang zur Frauenempore lag. 53

Abb. 32: Ansicht der Westfassade ohne Maueröffnung Abb. 33: Nordfassade des Vorbaus; Annahme für einen Fraueneingang des Fraueneingangs

5.4 Ermittlung des Innenraums

Die im digitalen Archiv des jüdischen Museums in Budapest gefundene Fotografie des Innenraums war der einzige Anhaltspunkt für die Modellierung der meisten Einrichtungsgegenstände, sowie für die Auswertung einiger wichtiger Innenabmessungen. Zuerst wurde das Bild perspektivisch entzerrt und auf ihren Informationsstand hin untersucht. Die einzelnen Bereiche und Objekte, die es zu untersuchen und auszuwerten galt, wurden in zwei Kategorien eingeteilt. Diese wäre zum einen die Einrichtungsgegenstände (Abbildung 34) zum anderen Geländer und Podeste (Abbildung 37). Die markierten Bereiche kennzeichnen jeweils ein Objekt / Bereich das / der dem Detaillierungsgrad der Fotografie entsprechend nachmodelliert werden konnte. Aufgrund der Tatsache, dass es sich bei der Fotografie um einen Schnappschuss handeln dürfte und es zwar ohne Datierung, jedoch die Entstehung auf die Zwischenkriegszeit nach 1918 geschätzt wird, konnten manche Bereiche nicht eindeutig bestimmt und ausgewertet werden. Hierzu mussten unterstützend Vergleichsobjekte herangezogen werden. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Innenraumaufnahme war, dass die Höhe der Frauenempore sowie deren Geländer und Sichtschutz ermittelt werden konnte (Abbildung 38). Mithilfe der Abmessung der Stufenhöhe der Bima, konnte unter Berücksichtigung der Als Postament wird der Sockel von perspektivischen Verzerrung, ein Höhenvergleich mit der Plinthe (unterster Sockel Säulen bezeichnet; des Postaments des Toraschreins) hergestellt werden. Mit einer eigens entwickelten die Plinthe ist ihr Untersatz und Teil Umrechnungstabelle für Klafter, Fuß und Zoll in cm, wurden anschließend die des Postaments. passenden Maße ermittelt.

54

Einrichtungsgegenstände In der gezeigten Abbildung sind jene Einrichtungsgegenstände markiert, die aus der Fotografie abgelesen werden konnten und anschließend nachmodelliert wurden. Dazu zählen die Kronleuchter, die Kerzenständer der Bima, die Uhr, der Almemor, die Inschrift am Toraschrein sowie der seitliche Abschluss der Sitzbänke. Die Modellierung der Sitzbänke konnte allerdings nur mithilfe von Vergleichsobjekten erfolgen. Herangezogen wurden hierfür die Sitzbänke der Synagoge in Leiden.

Abb. 34: Innenaufnahme; Markierung der Einrichtungsgegenstände

Abb. 35: Vergrößerung einiger Einrichtungsgegenstände

a) Kronleuchter b) Bima

Abb. 36: Ergebnis der Auswertung

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Geländer / Podeste Im nächsten Schritt wurden aus derselben Fotografie die Geländer und Podeste untersucht und markiert. Hierzu zählen die Podesthöhe der Bima und deren Holzsäulen sowie deren Stufen, der Sockel bei den Sitzreihen, die Holzvertäfelung entlang der Aussenwand sowie das Geländer und der Sichtschutz der Frauenempore. Mithilfe der Annahme der Stufenhöhe und der erwähnten Umrechnungstabelle, konnten auch hierfür genaue Abmessungen

Abb. 37: Innenaufnahme; Markierung der Geländer und ermittelt werden. Podeste

Abb. 38: Handskizze und Auswertung des Geländers der Frauengalerie und Holzvertäfelung im EG

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a) Definition und Ermittlung der Höhen

b) erstellte Umrechnungstabelle

Abb. 39: Ermittlung der Innenmaße mithilfe der Umrechnungstabelle

1 Klafter = 189,64 cm; 1 Fuß = 31,60 cm; 1 Zoll = 2,63 cm69;

Bevor mit der Rekonstruktion bzw. der Auswertung des Innenraums begonnen werden konnte, war es notwendig, den auf der Fotografie erkennbaren Bereich, mittels 2D Linien zu komplettieren. Hierzu wurde zuerst der Fluchtpunkt der perspektivischen Verzerrung gesucht und eine Mittelachse definiert. Damit hieraus ein verständnisvolles Raumgefüge entsteht, wurden anschließend alle vorhandenen Fluchten mit 2D Linien nachgezeichnet und zuvor ermittelte Abmessungen in den Prozess miteinbezogen. Das daraus entstandene Ergebnis zeigt einen großzügigen Raum der über einen Mittelgang erschlossen wird. Der Mittelgang wird durch die im vorderen Drittel des Raumes situierte Bima unterbrochen und teilt sich an dieser Stelle in einen linken und rechten, etwas schmäler als der Mittelgang ausgeführten Zugang zu den Sitzreihen. Wie der Platz, der sich zwischen dem Toraschrein und der Bima ergibt tatsächlich genutzt wurde, konnte der Fotografie leider nicht entnommen werden. Den verwendeten Vergleichsobjekten ist jedoch zu entnehmen, Der Kantor(Chasan) dass in diesem Bereich ebenfalls Sitzbänke angebracht waren bzw. hier der Platz des ist der Vorbeter in der Synagoge. Kantors und des Rabbiners war und sich das Pult des Kantors in diesem Bereich

69 Wien Geschichte Wiki, Felix Czeike (2014), in: Historisches Lexikon Wien URL: https://www.wien.gv.at/wiki/index.php/Ma%C3%9Fe (abgerufen am 10.08.2015 – 22:05) 57

befand. Die Ausführung weiterer Sitzbänke in diesem Bereich kann jedoch in diesem Falle ausgeschlossen werden, da hinter dem verdrahteten Geländer der Bima bereits die Postamente des Toraschreins zu sehen sind. Da nicht geklärt werden konnte wie dieser Bereich genutzt wurde, wird dieser in der Rekonstruktion als nicht definierbarer Bereich frei gelassen.

Abb. 40: Versuch zur Erweiterung des Raumes anhand der Innenraumfotografie

58

Toraschrein

Die wohl wichtigste Information die diese Innenaufnahme mit sich brachte war naturgemäß ihr Hauptmotiv, der als klassizistische Tempelfront ausgeführte Toraschrein. Er weist die klassischen Merkmale klassizistischer Architektur auf. Vier Pilaster mit ionischem Kapitell tragen den schweren Architrav. Darüber befindet sich der Fries mit der Inschrift und dem Zahnschnitt. Komplettiert wird er mit dem Dreiecksgiebel. Auf dem Foto nicht zu sehen, jedoch in der Literatur eindeutig beschrieben, sind die steinernen Gebotstafeln, die auf der Spitze des Dreieckgiebels auf einer dafür vorgesehenen Plattform situiert waren. Verziert und gehalten wurden die beiden Tafeln von zwei vergoldeten Löwenfiguren. Über drei Stufen gelangte man zu der Nische in der die Torarollen aufbewahrt wurden. Da bei dieser Fotografie die Bima in Verbindung mit dem Toraschrein tatsächlich das Hauptmotiv sein dürfte, konnten umfassende Informationen daraus gewonnen werden und der Toraschrein ohne größere Probleme modelliert werden. Um den genauen, digitalen Wiederaufbau fehlerfrei und mit richtiger Dimensionierung durchführen zu können, wurde erst eine Handskizze angefertigt und diese dann, digital mittels 2D Linien korrigiert und fertiggestellt. Ausgehend von den bereits bekannten Dimensionen, wurde die Handskizze danach im Maßstab 1:100 angefertigt. Da auf dem Foto der Toraschrein nicht in seiner vollen Höhe dargestellt ist und auch einige Bereiche von anderen Einrichtungsgeneständen verdeckt werden, mussten diese Teile / Bereiche, unter Berücksichtigung von Vergleichsobjekten interpretiert werden.

Abb. 41: Handskizzen und Auswertung der Ansicht des Toraschreins

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Abb. 42: Toraschrein, Ergebnis der Auswertung, Konstruktion in ArchiCAD

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5.5 Vergleichsobjekte

Das, für die Rekonstruktion zur Verfügung stehende Quellmaterial, bot alleine nicht ausreichend Information um das Endergebnis der Rekonstruktion der Synagoge auch in detailliertem Maßstab zu gewährleisten. Aus diesem Grund mussten in einigen Bereichen, Vergleiche mit ähnlichen Synagogen gezogen werden. Als ähnlich werden Synagogen betrachtet, die in etwa zur selben Zeit errichtet wurden, eine ähnliche Größe des Baus aufwiesen, einem ähnlichen oder auch gleichen Baustil untergeordnet waren, eine annähernd gleichgroße Gemeinde hatte und ähnliche bzw. gleiche, äußere und innere Merkmale wie die des Tempels in Deutschkreutz aufwiesen.

Burgenland (A) Die Suche nach vergleichbaren Objekten in der näheren Umgebung von Deutschkreutz, gestaltete sich anfangs relativ schwierig und sie ist auch mit lediglich zwei Synagogen vergleichbar. Diese sind die Synagoge der Gemeinde Eisenstadt sowie die der Gemeinde in Frauenkirchen. Wobei die Eisenstädter Synagoge mit der in Deutschkreutz zum größten Teil nur im Innenraum vergleichbar ist. Sie war zwar ebenfalls im Klassizistischen Baustil errichtet worden, weist jedoch, bis auf das halbkreisförmige Fenster über dem Toraschrein, an der Außenseite keine vergleichbaren Merkmale auf. Der Innenraum hingegen, ist mit dem der Deutschkreutzer Synagoge in vielen Punkten ident und wurde unterstützend zur Innenraumrekonstruktion herangezogen. Da zum Entstehungszeitpunkt dieser Arbeit auch kein Innenraumfoto der Synagoge von Frauenkirchen existierte, konnten hiervon auch nur die Abmessungen, der Baustil sowie die Dachform zum Vergleich herangezogen werden. Diese Vergleiche brachten jedoch keine neuen oder weiterführenden Erkenntnisse.

Abb. 43: Die ehemalige Synagoge von Eisenstadt außen (links) und von innen (rechts)

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Abb. 44: Di ehemalige Synagoge von Frauenkirchen

Hochberg, Landkreis Ludwigsburg (D) Nach ausgiebiger Online-recherche wurde auf der Homepage der „Alemannia Judaica – Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum“ ein weiteres Vergleichsobjekt gefunden. Die Homepage dieser Arbeitsgemeinschaft bietet eine große Übersicht über die (früheren und bestehenden) Synagogen in Süddeutschland und deren angrenzenden Regionen. Die einzelnen Tempel und Bethäuser sind nach Ortsnamen sortiert und mit reichlich Hintergrundinformation bestückt. Wie bereits erwähnt diente die Synagoge in Hochberg (Gemeinde Remseck, Landkreis Ludwigsburg) als Vergleich zu der Synagoge von Deutschkreutz. Wie auch in Deutschkreutz gab es in Hochberg bereits seit dem frühen 18. Jahrhundert eine Synagoge, die im Jahre 1827 neu errichtet wurde. Die Synagoge war im klassizistischen Baustil errichtet und weist durch ihre charakteristische klassizistische Architektur bemerkenswerte Ähnlichkeiten mit der Synagoge von Deutschkreutz auf. Die wichtigsten Merkmale waren die hoch angesetzten, halbkreisförmigen Fenster an den Breitseiten, sowie die Rundbogenfenster an den beiden Längsseiten des Tempels. Das Dach war ebenfalls als Walmdach ausgeführt. Auch auf der klassizistisch geprägten Eingangsfassade können vergleichbare Merkmale, wie zum Bespiel der Dreiecksgiebel und das halbkreisförmige Fenster über dem Eingang, die Fenster im Obergeschoss sowie die angedeuteten Säulen an den Gebäudeecken abgelesen werden. Lediglich ein Vorbau, wie er in Deutschkreutz ausgeführt wurde, war hier nicht vorhanden. Auch in ihrer Gebäudehöhe unterscheiden sich die beiden Bauten maßgeblich. So war die Synagoge in Deutschkreutz um gut ein Drittel höher als die in Hochberg. Ein weiterer Unterschied zwischen den Beiden Objekten liegt

62 darin, dass das Gebäude in Hochberg heute noch bestehend ist und zumindest äußerlich noch im alten Zustand erhalten ist.

a) Eingangsbereich der Syangoge b) die Syangoge von Osten gesehen

c) der Eingangsbereich heute d) Fassade zur Hauptstraße

Abb. 45: Die Synagoge von Hochberg (D)

Leiden (NL) In der Niederländischen Stadt Leiden befindet sich ein weiteres Vergleichsobjekt. Die Synagoge von Leiden ist heute noch aktiv und konnte teilweise, für die Rekonstruktion der Inneneinrichtung, im speziellen für die Sitzbänke, verwendet werden. Auch der Toraschrein, der als klassizistische Tempelfront mit Dreiecksgiebel ausgeführt ist, konnte in seinen Grundzügen als Vergleich herangezogen werden. Weiteres Merkmal ist hier auch wieder das halbkreisförmige Fenster über dem Toraschrein. Auch der geschichtliche Werdegang der Synagoge lässt sich mit dem der Deutschkreutzer vergleichen. So errichtete man zu Beginn des 18. Jahrhunderts den ersten Bau, der Mitte des 19. Jahrhunderts erneuert und erweitert wurde.

63

a) Eingangsbereich der Syangoge b) die Syangoge von Osten gesehen

c) der Toraschrein

Abb. 46: Die Synagoge in Leiden (NL)

In der nachfolgend angeführten Tabelle sind die wichtigsten Fakten der, zum Vergleich herangezogenen Synagogen hinsichtlich ihrer Bauform und ihrer Bau- bzw. Fassadenelemente aufgelistet:

Baujahr Baustil Bauweise Dachform Fenster Fassaden- elemente Deutschkreutz 1834-1835 Klassizismus offen Walmdach Rundbogen- Dreiecksgiebel, fenster, Ornament, halbkreis- Pilaster, förmige und Symmetrie, quadratische Gesimse Fenster Eisenstadt 1832 Klassizismus geschlossen Walmdach halbkreis- Pilaster, förmiges Symmetrie, Fenster, Gesimse

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Frauenkirchen 1843 Klassizismus offen Walmdach halbkreis- Pilaster, förmige und Symmetrie, quadratische Gesimse Fenster Hochberg 1827 Klassizismus offen Walmdach Rundbogen- Dreiecksgiebel, fenster, Ornament, halbkreis- Pilaster, förmige und Symmetrie, quadratische Gesimse Fenster Leiden 1723, 1726, Klassizismus gekoppelt Walmdach Rundbogen- Pilaster, fenster, Symmetrie, 1858 halbkreis- Gesimse förmige Fenster

Tab. 1: Faktentabelle der Vergleichsobjekte im Überblick

5.6 Bauliche Veränderungen

Aus der Bauuntersuchung vom 28. September 1857 ist bekannt, dass nachträglich Notausgänge an den Längsseiten eingebaut werden mussten. Wo sich diese Ausgänge tatsächlich befanden und wie diese ausgesehen haben ist aufgrund unzureichender Information nicht bekannt. Aus diesem Grund konnten die nachträglichen, baulichen Veränderungen am Bauwerk für die Rekonstruktion nicht berücksichtigt werden. Es ist jedoch anzunehmen, dass die Öffnungen, die hierzu notwendig waren, unter einem der Rundbogenfenster bzw. in Verbindung mit einem der Rundbogenfenster ausgeführt wurden. Auch bleibt die Frage offen wie der Höhenunterschied vom Betsaal zum angrenzenden Gelände genau ausgeführt wurde. Auch hierzu ist, auf den zur Verfügung stehenden Fotografien, nichts erkennbar.

Abb. 47: Nordfassade mit einer möglichen Variante für eine zusätzliche Fluchttüre 65

6 Die Rekonstruktion

Nach umfangreicher Recherche und der genauen Auswertung des Quellmaterials, sowie der Erstellung zweidimensionaler Ansichten der einzelnen Bauteile, war es nun möglich den historischen Bau als virtuelles, dreidimensionales Gebäudemodell wieder aufzubauen. Die Modellierung des Gebäudemodells erfolgte mit dem CAD- Softwarepaket ArchiCAD 18 der Firma Graphisoft. Da darauf verzichtet wurde eine weitere Softwarelösung für den Modelliervorgang zu verwenden, wurden sämtliche Einzelobjekte, mit den in ArchiCAD zur Verfügung stehenden Werkzeugen modelliert. Daher musste auch nicht auf eventuelle Kompatibilität verschiedener Programme geachtet werden. In diesem Kapitel wird das Entstehen des Baukörpers, der einzelnen Bauteile, der Einrichtungsgegenstände sowie sämtlicher Accessoires beschrieben und dargestellt. Auch der strukturelle Aufbau des Projektes sowie die Projektorganisation in ArchiCAD werden erläutert.

6.1 Projektorganisation

Zu Beginn der computergestützten Rekonstruktion und der Arbeit am Projekt allgemein, mussten grundlegende Überlegungen betreffend der Organisation und des Projektaufbaus getroffen werden. Um den Überblick nicht zu verlieren und ein effizientes Arbeiten zu gewährleisten, war ein logischer, übersichtlicher und nachvollziehbarer Aufbau des gesamten Projektes innerhalb von ArchiCAD notwendig, aber auch eine übersichtliche Organisation der Dateistruktur im Windows Explorer war von höchster Wichtigkeit. Für die allgemeine Projektorganisation wurde im Windows Explorer eine eigene Ordnerstruktur angelegt, welche sich nach ihren Forschungs- und Auswertungsergebnissen in die Hauptkategorien CAD, Dokumente, Fotos, Publikationen und Vergleichsobjekte gliedert. Zur Programminternen Organisation bietet ArchiCAD vor Projektbeginn eigene Voreinstellungen betreffend, Projektaufbau, Arbeitsumgebung, Ebenenstruktur und Geschosseinteilungen dem Benutzer an. Diese doch sehr übersichtliche Strukturierung wurde jedoch in diesem Falle nur teilweise übernommen. Nachfolgend werden die Organisation und der Projektaufbau innerhalb von ArchiCAD anhand der verschiedenen Steuerungselemente beschrieben.

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Dateistruktur Von Beginn an wurde jeder größere Arbeitsschritt sowie jeder Auswertungs- und Forschungsprozess in einem eigenen Projekt gesichert. Aus eigener Erfahrung ist es von Vorteil, wenn dieses Vorgehen, vor allem bei großen Projekten und Projekten die sich aufgrund Forschungsergebnissen erst über einen längeren Zeitraum entwickeln und bei denen aufwendig modellierte Objekte eingesetzt werden, ausgeführt wird. Auf diese Weise bleibt das Projekt übersichtlich und die Dateigröße der einzelnen Projektschritte wird relativ gering gehalten. So entstanden von Beginn an einzelne Solo Projekte unter denen einzelne Elemente kopiert und auch verknüpft wurden. Prinzipiell wurde dabei unterschieden ob es sich bei dem Solo Projekt um einen Bildauswertungsprozess oder einen Modellierprozess handelte. So wurde beispielsweise für die Auswertung der Katastermappe und der damit verbundenen Erstellung des Lageplans ein eigenes Projekt begonnen. Die darauf aufbauende Geländemodellierung wurde jedoch in einem eigens dafür angelegten Projekt ausgeführt. Die nachfolgende Tabelle zeigt die Projektstruktur im Datei Explorer und den Inhalt der einzelnen Projekte.

Projektname Projektinhalt 01 Auswertung Kataster und Mappen Externe Bildquellen, 2D Lageplan bzw. DK_01_2015-09-12_AW Kataster.pln Kataster, Höheninformation 02 Umgebungsmodell 3D Modell des Geländes und der DK_02_2015-09-12_Umgebungsmodell.pln umgebenden Bebauung 03 Auswertung Bildmaterial Externe Bildquellen, 2D Grundrisse, DK_03_2015-09-12_AW Bildmaterial.pln Ansichten, Schnitte, Fassadenelemente,… 04 3D Modell Synagoge 3D Gebäudemodell DK_04_2015-09-12_Modell Synagoge.pln 05 Objekterstellung und Bibliotheken Externe Bildquellen, 2D Vorlagen zur DK_05_2015-09-12_Bibliotheken.pln Objekterstellung, 3D Objekte und Bibliothekselemente

Tab. 2: Auflistung der im Zuge der Rekonstruktion angelegten Projekte

Prinzipiell wurden die Dateien beim Speichervorgang überschrieben. Lediglich nach dem Einarbeiten neuer Forschungsergebnisse und intensiveren Fortschritten wurden Kopien des Projektes angelegt. Zur besseren Übersicht im Projektordner wurden diese in einem eigens angelegten „Archiv“ Ordner aufbewahrt.

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Ebenenstruktur Für den Prozess der Rekonstruktion wurde eine eigene Ebenenstruktur angelegt, die dem Projekt entsprechend angepasst wurde. Die Ebenen/Layer wurden so angelegt, dass eine logische und vor allem nachvollziehbare Grundstruktur gewährleistet ist, da dies für die spätere Orientierung im Projekt und das Wiederauffinden einzelner Bauteile notwendig ist. Im Dialogfenster der Ebeneinstellungen können neue Ebenen erstellt, bearbeitet und verwaltet werden. Für jede angelegte Ebene können eigene Einstellungen, betreffend der Sichtbarkeit und der Darstellung im 3D Fenster, des auf dem Layer abgelegten Objektes, getroffen werden. Mit einer unterschiedlichen Verschneidungs-Gruppennummer werden Bauteile auf Ebenen mit unterschiedlicher Nummer nicht miteinander verschnitten. Auch das Schützen und Entsichern von Ebenen kann unter anderem in diesem Dialogfenster vorgenommen werden. Die Ebenen wurden für dieses Projekt, sortiert nach Bauteil, Fassadenbekleidung, Einrichtung… angelegt. Für eine leichtere Auffindbarkeit der einzelnen Bauteile und zur besseren Orientierung unter den Bauteilen, wurden den neu vergebenen Ebenennamen Zahlen vorangestellt. So reihen sich die Ebenen von 01 vertikale Bauteile, 02 horizontale Bauteile, 03 Ausbau- und Fassadenelemente, 04 Innenelemente und Einrichtung bis 05 Gelände und Umgebung. Alle weiteren angelegten Ebenen dienten während des Arbeitsprozesses zur Unterstützung bzw. zur Bearbeitung und Objekterstellung verschiedenster Elemente und werden daher als nicht sichtbar geschaltet. Ebenen für externe Bildquellen und Abbildungen wie zum Beispiel Scans, mussten in der Ebenenstruktur für das dreidimensionale Gebäudemodell nicht angelegt werden, da hierfür separate Projekte angelegt wurden.

VGN – VGN Ebenenname Inhalt Verschneidungs- Gruppennummer 5 00 zur Objekterstellung Operanden der Solid- Elementbearbeitung 5 00 zur Objekterstellung - Operanden der Solid- Fassadenelemente Elementbearbeitung 1 01 Aussenwände Aussenwände und darin eingesetzte Fenster und Türen, Rauchfang 2 01 Innenwände Innenwände im Vorbau 1 01 Säulen und Stützen Säulen unter Frauenempore 1 01 Sockel Sockel, Fundamente, Stufen im

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Freibereich 2 02 Bodenaufbauten Sockel bei Sitzbänke, Bodenaufbau im OG Vorbau 1 02 Dach Dachhaut Haupthaus und Vorbau 3 02 Dachkonstruktion Dachstühle, Dachentwässerung 2 02 Decken Bodenplatte Betsaal, Zwischendecke Betsaal und Vorbau 02 Deckenuntersichten Plafond, Deckendekor unter Frauengalerie, Untersicht Vorbau 1 03 Geländer Geländer vor Rundbogenfenster, Geländer/Sichtschutz Frauenempore 1 03 Stiegen Stiegenlauf 3 03 Fassadenelemente Fensterfaschen, Gitter, sämtl. Fassadenelemente 2 03 Gesimse Gesimse aussen 1 04 Bima Bima 1 04 Dekor innen Holzvertäfelung, Fensterfaschen innen 4 04 Einrichtung – Betsaal Männersitze 1 04 Einrichtung – Frauenempore Frauensitze 1 04 Lichtquellen Kronleuchter, Wandleuchten 2 04 Toraschrein Toraschrein 1 05 Umgebung – Bebauung Nachbargebäude 1 05 Umgebung – Extras Gesimse, Gehsteig,… 1 05 Umgebung – Gelände Gelände 1 06 Bauliche Veränderung Notausgänge Variante 1 07 Beschriftung, Hilfsebene Hilfslinien, Schraffuren,… 1 08 Marker Schnitt- und Ansichtsmarker

Tab. 3: Ebenenstruktur in ArchiCAD

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01 Sockel 02 Decken

01 Außenwände 01 Fenster, Türen

03 Fassadenelemente 01 Innenwände

02 Dachkonstruktion 02 Dach

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02 Deckenuntersichten 03 Stiegen

03 Geländer 01 Säulen Stützen

04 Dekor innen 04 Toraschrein

04 Bima 04 Lichtquellen

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04 Einrichtung - Betsaal 04 Einrichtung - Frauenempore

05 Umgebung - Gelände

Abb. 48: Inhalt der Ebenen

Geschosse In ArchiCAD wird, genau wie bei realen Gebäuden, das Modell vertikal in einzelne Geschosse unterteilt. Je nach Anforderung können beliebig viele Geschosse erstellt und bearbeitet werden. Jedes Geschoss wird durch ihre Höhenkote und eine Geschosshöhe definiert. Die einzelnen Bauteile (Wände, Decken, Stützen,…) werden im Grundriss aufgetragen und in Relation zu ihrem Ursprungsgeschoss werden Höhenlagen definiert. Jedes eingesetzte Element kann auch mit dem Geschoss auf dem es gezeichnet wurde, verknüpft werden. So wird bei nachträglicher Änderung der Geschosshöhe der Bauteil automatisch an die neue Höhe angepasst. Ebenso ist es möglich und teilweise auch notwendig, dass ein Bauteil die Geschossbegrenzung über- bzw. unterschreitet. Für die Darstellung und Sichtbarkeit der einzelnen Bauteile, die beispielsweise über zwei oder mehrere Geschoss ragen, können bei Bedarf, entgegen der zuvor beschriebenen Ebenenstruktur, eigene Einstellungen gewählt werden. Diese Option war im vorliegenden Fall für die Darstellung der Außenwände des Haupthauses notwendig, da diese nur im Erdgeschoss gezeichnet wurden und über zwei Geschosse (Erdgeschoss und Obergeschoss) geführt wurden. Empfehlenswert ist diese Vorgehensweise aber nur dann, wenn in der Wand nur ein Fenster in vertikaler Positionierung ausgeführt wird. Bei mehreren 72

übereinanderliegenden Maueröffnungen ist das geschossweise auftragen von Wänden mit den dazugehörigen Öffnungen notwendig.

Abb. 49: Darstellung der einzelnen Geschoße im Projekt

Für das vorliegende Projekt wurden 4 Geschosse erstellt. wobei das Erdgeschoss, welches 70cm höher als das Geländeniveau auf der Eingangsseite liegt, als Ursprungsgeschoss mit der Höhe ±0,00 gewählt wurde. Die Geschosseinteilung gliedert sich wie folgt:

Nr. Geschossname Höhenkote Geschosshöhe Inhalt 3 Hilfsgeschoss +15,04 2,90 Hilfsgesch. zur Dachmodellierung 2 Dachkonstruktion +12,14 2,90 Dachkonstruktion, Dachhaut 1 Obergeschoss +3,715 8,425 Außenwände Vorbau, Decken, Öffnungen, Objekte 0 Erdgeschoss ±0,00 3,715 Außenwände Haupthaus, Außenwände Vorbau Decken, Öffnungen, Stiege, Objekte -1 Sockel -0,60 0,60 Stufen, Sockel -2 Umgebung / Gelände -4,735 4,135 Das extern modellierte Umgebungsmodell wurde in dieses Geschoss eingefügt Tab. 4: Geschoßeinstellungen in ArchiCAD 73

Abb. 50: Schnitt durch die Synagoge mit Darstellung der einzelnen Geschoße

6.2 Gebäudemodellierung

Nachdem die zuvor ermittelten Gebäudeabmessungen mittels 2D Linien am gewählten Projektursprung platziert wurden und ein Ursprungsgeschoss fixiert wurde, konnte mit dem Aufbau des 3D-Gebäudemodells begonnen werden. Zunächst wurde die Grundstruktur mit den Standardwerkzeugen Wand und Decke erstellt. Sämtliche Außenwände, Innenwände und Zwischendecken konnten mit diesen Werkzeugen problemlos erstellt werden. Das Fensterwerkzeug sowie das Türwerkzeug wurden nur für die Maueröffnungen im Vorbau verwendet. Zum Beispiel wurde für die Eingangstüren, eine aus der Standardbibliothek bereitgestellten Doppelflügelige Türe verwendet und hierfür ein eigens modelliertes Türblatt eingesetzt. Die Innentüren, zu denen auch keinerlei Informationen vorhanden waren, wurden mit den von ArchiCAD angebotenen Standard-Tür- Objekten ausgeführt. Für die Modellierung der Fassaden sowie der Fenster, wurden die zuvor ermittelten 2D-Ansichten in das Projekt integriert und auf einem eigenen Layer und einem eigenen Arbeitsblatt abgelegt. So konnten diese Vorlagen zur Erstellung der Fassaden im Grundriss aber auch in Schnitten und Ansichten jeweils als Transparentpause eingesetzt werden. Die Modellierung der Ansichten konnte jedoch nicht mehr alleine mit den Standardwerkzeugen durchgeführt werden. Hierfür musste, aufgrund komplexerer Formen und komplizierterer Ausführungen auf

74

Spezialwerkzeuge wie zum Beispiel dem Morph-Werkzeug, den Profil-Manager und auf die Solid-Element Befehle zurückgegriffen werden.

Abb. 51: Modellierung der Fassade im Grundriss, Schnitten und Ansichten

Abb. 52: Ergebnis der Modellierung

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Abb. 53: Grundriss, Schnitt, Ansicht (als Transparentpause) und 3D Schnitte während des Modellierens

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Vor allem für kombinierte Querschnitte wie Gesimse, Fensterfaschen usw. war der Profil-Manager ein unumgängliches Werkzeug im Rekonstruktionsprozess. Mit diesem wird in einem separaten Bearbeitungsfenster der Querschnitt mit einer Schraffur erstellt und mit weiteren Parametern wie Material, Streckung in horizontaler und vertikaler Richtung gespeichert. Das erstellte Profil kann anschließend für Wände, Unterzüge und Säulen verwendet werden. Sämtliche Profile können nachträglich bearbeitet und geändert werden. Es ist auch möglich etwaige Änderungen im Manager nur auf das ausgewählte Profil zu übernehmen.

Ein weiteres wichtiges Werkzeug, im speziellen für die Erstellung komplexer Objekte die nicht aus einem einzigen Querschnitt erstellt werden konnten, wurde das Morph- Werkzeug verwendet. Ein Morph kann neu, und/oder mit den Standardwerkzeugen Wand, Decke, Unterzug erstellt werden und anschließend konvertiert werden. So kann jede beliebige Form modelliert und mit jedem Element kombiniert werden. Diese Vorgehensweise ermöglicht ein genaues Konstruieren des Objektes in Grundriss, Schnitt und Ansicht. Das erstellte Objekt kann anschließend in x, y und z- Achse beliebig gedreht werden. Da ein Morph-Objekt keiner geometrischen Regelmäßigkeit unterliegt und somit jeder Punkt, jede Fläche und jede Kante manuell bearbeitbar ist, entstehen dadurch enorme Datenmengen, die ein reibungsloses Arbeiten innerhalb ArchiCADs gefährden könnten. Aus diesem Grund sollte das Werkzeug nur für spezielle Modellierungen eingesetzt werden.

Abb. 54: Bearbeitungsfenster für die Werkzeuge Solid-Elementbearbeitung (links), Profil-Manager (rechts oben) und die Bearbeitungsmöglichkeit eines Morphs 77

Müssen spezielle Formen aus einem Element geschnitten werden, oder das Erstellen eines Objektes das Verschneiden zweier oder mehrerer Elemente notwendig macht, kann dies mit der Solid-Elementbearbeitung durchgeführt werden. Mit diesem Werkzeug ist es möglich Bool´sche Operationen auf zwei oder mehreren Elementen anzuwenden, wodurch die Differenz, die Schnittmenge oder die Vereinigung der Elemente entsteht. Hierzu ist es jedoch notwendig eigene Elemente zu definieren die für den Vorgang als Operator dienen. Dieses Operatorelement muss auf einer eigenen Ebene platziert werden, um später als nicht sichtbar geschaltet werden zu können da das Löschen dieses Elements die Bool´sche Operation wieder aufheben würde. Aus diesem Grund wurden hierfür die Ebene 00 zur Objekterstellung in der Ebenenstruktur erstellt. Die Solid-Elementbearbeitung wurde für die Erstellung von Maueröffnungen sowie teilweise für die Erstellung der Bibliothekselemente verwendet. Im speziellen wurde das Werkzeug jedoch zur Erstellung der Fassadenelemente genutzt und hierzu auch eine separate Ebene 00 zur Objekterstellung - Fassadenelemente erstellt, um bei der hohen Anzahl an Operanden den Überblick zu bewahren.

Abb. 55: 3D Schnitte durch den Dachstuhl

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6.3 Dachstuhl

Da die einzige Information über das Dach diese war, dass es sich um ein Walmdach gehandelt hat, musste die Konstruktion des Dachstuhls anhand gängigen Konstruktionsmethoden überlegt und interpretiert werden. Aus der Literatur ist bekannt, dass der Betsaal der Synagoge stützenfrei ausgeführt war. Um die Spannweite von rund 13,50m zu überbrücken, muss davon ausgegangen werden, dass die Dachkonstruktion als Pfettendach mit Hänge- und Sprengwerk ausgeführt war. Hierbei lagern die Fußpfetten auf dem darunterliegenden Mauerwerk und dienen als Auflager für den Binderbalken. Der Binderbalken (Bundbalken) wurde an den Hängepfosten aufgehängt. Diese Hängepfosten leiten sämtliche Zugkräfte als Druckkräfte in die Spannriegel und die Streben und diese wiederrum in die Auflager. Der Dachstuhl wurde angfangs mit dem Roof-Maker Werkzeug erstellt. Es stellte sich jedoch heraus, dass dieses Werkzeug für die Sonderform dieses Dachstuhls schnell an ihre Grenzen stieß. Der Dachstuhl wurde somit zuerst als zweidimensionale Konstruktionszeichnung überlegt und anschließend, mit den in ArchiCAD zur Verfügung stehenden Bibliothekselementen für Dachkonstruktionen, aufgebaut. Die Dachkonstruktion des Vorbaus wurde auf dieselbe Art erstellt.

Abb. 56: Rekonstruktion des Dachstuhls der Synagoge

79

a)

b)

c)

Abb. 57: Die Konstruktion des Dachstuhls im Grundriss (a), Längs- (b) und Querschnitt (c)

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6.4 Bibliothekselemente

Die Softwareinterne Objektbibliothek von ArchiCAD, aber auch die Erweiterung dieser, mittels der von Graphisoft geführten Online Bibliothek BIMcomponents, bietet eine umfangreiche Sammlung verschiedenster Objekte, von geometrischen Grundelementen bis hin zu detaillierten Einrichtungsgegenständen, Fenstern, Toren und Türen. Für die Rekonstruktion des Tempels konnten Objekte aus diesen Bibliotheken jedoch nur in einem geringen Maß verwendet werden und mussten daher neu erstellt werden. Wie bereits erwähnt, wurden diese Objekte wegen der zu

GDL bedeutet erwartenden Datenmenge und daraus resultierenden Dateigröße in einem eigenen Geometric ArchiCAD Projekt erstellt. Mithilfe, der zuvor beschriebenen Spezial-Werkzeuge Description Language und ist die sowie mit den Standard-Werkzeugen, konnte jedes beliebige Objekt erstellt und im Programmiersprache Axonometriemodus des 3D Fensters als sogenanntes GDL Objekt abgespeichert für Objekte in ArchiCAD. Das werden. Die erstellten Objekte wurden extern in einem eigenen Ordner jeweilige GDL Objekt abgespeichert und anschließend in das Projekt importiert. Insgesamt wurden 37 wird mit der Bibliothekselemente erstellt die zumeist im Innenraum eingesetzt wurden. Die Dateiendung .gsm gesichert. wichtigsten davon werden auf den nächsten Seiten detaillierter beschrieben.

Abb. 58: Liste der erstellten Bibliotheken

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Bima Wie auf der Innenaufnahme der Synagoge gut zu erkennen ist, war die Bima auf einem massiven Sockel, im vorderen Drittel des Betraums angeordnet. Jeweils eine Treppe für den Auf- und Abgang waren an der linken und an der rechten Seite ausgeführt. An den Ecken, sowie beim Aufgang und dem Abgang waren Eckpfeiler ausgeführt. Ein Vergleich mit den zuvor vorgestellten Synagogen lässt daruf schliessen, dass diese Pfeiler in Holz ausgeführt waren. Auf den vier Eckpfeilern war jeweils ein Kerzenständer aungebracht. Das weitmaschig verdrahtete Geländer Schulchan wird wurde mit einem aus Holz gefertigtem Handlauf als Abschluss ausgeführt. Mittig des das Podium / Pult genannt, auf dem Sockels befindet sich der Schulchan. Das Objekt wurde mit den Werkzeugen Wände, die Torarolle Decken, Dach und Morphs erstellt. Für die Eckpfeiler wurde ein Querschnitt mit dem aufgelegt und gelesen wird. Profil-Manager erstellt.

Abb. 59: Bima

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Geländer und Sichtschutz der Frauenempore Zwar war auf dem Bild des Innenraums der vordere Abschluss der Frauenempore zu erkennen, musste jedoch wie bereits in Kapitel 5.4 Ermittlung des Innenraums beschrieben, mithilfe von Handskizzen überlegt und konstruiert werden. Mithilfe der in der Literatur teilweise beschriebenen Ausführung des Geländers konnte dieses dann komplettiert werden. In dem Bericht Otto Abels` wurde erwähnt, dass der Sichtschutz der Galerie, über Anordnung des streng orthodoxen Rabbiners, nachträglich durch ein „engmaschiges Sieb dichtester Fügung“70 verstärkt wurde. Da auf der Innenaufnahmen der Synagoge dieses Sieb eindeutig nicht zu erkennen ist, da es wohl erst zu einem späteren Zeitpunkt ausgeführt wurde, wurde dieses für das Endergebnis der Rekonstruktion außer Acht gelassen. Die Abbildung 60 zeigt eine mögliche Variante wie der zusätzliche Sichtschutz ausgesehen haben könnte. Die Profile des Geländers und der obere Abschluss des Sichtschutzes wurden mit dem Profil-Manager erstellt, die Verzierungen des Geländers sowie die Stäbe des Sichtschutzes wurden mit Morphs und Bool´schen Operationen erstellt.

Abb. 60: Geländer und Sichtschutz der Frauenempore

70 ABELES, Otto, Wiener Morgenzeitung, 1927 83

a) b)

Abb. 61: 3D Schnitte durch das Geländer (a) und den Sichtschutz (b) der Frauenempore

Abb. 62: Geländer der Frauenempore mit verstärktem Sichtschutz 84

Leuchten Aus der Versicherungspolizze (Anhang A-3) sowie aus der Literatur ist bekannt, dass die Synagoge über zehn größere Kronleuchter und etwa 40 kleinere Messingleuchter beleuchtet wurde. Die Ausführung der Kronleuchter konnte dem Innenraumbild entnommen werden. Zu erkennen ist auch, dass die Kerzen auf den Leuchten kleine Glühbirnen besaßen, was bedeutet, dass der Tempel zu dem Zeitpunkt als das Innenraumfoto entstand, bereits mit Strom versorgt wurde. Die Messingleuchten, über deren Aussehen leider keine Informationen vorhanden waren, mussten anhand der Vergleichsobjekte und Eigeninterpretation entwickelt werden. Auch ihre genaue Lage in der Synagoge und im Vorbau ist nicht bekannt und wurde daher für die Rekonstruktion angenommen bzw. anhand der Positionierung in den vergleichbaren Synagogen platziert. Die Vorlage für das ewige Licht entstammt der Eisenstädter Synagoge. Die Leuchten wurden Großteils mit dem Morph- Werkzeug erstellt.

Abb. 63: Kronleuchter, Ewiges Licht, Wandleuchten 85 als Menora wird der Mit Sicherheit gehörten noch weitere Leuchten wie zum Beispiel die Menora oder die siebenarmige Chanukkia zum Inventar der Synagoge. Über diese Leuchten war jedoch keinerlei Leuchter bezeichnet; Information, weder über ihre Positionierung noch über ihre Größe bekannt. die Chanukkia ist der acht- bzw. neunarmige Leuchter

Sitzbänke Die Männer- als auch die Frauensitzbänke wurden mithilfe der, in der Synagoge von Leiden (NL) vorhandenen Bänken rekonstruiert, da auf dem Innenraumfoto nur sehr schlecht identifizierbare Umrisse zu erkennen sind. Der seitliche Abschluss sowie die Ausführung als Klappsitze wurden Anhand dieser Vorlage verwendet. Für die Modellierung kamen die Standard-Werkzeuge sowie das Morph-Werkzeug zum Einsatz. Die Einzelteile wurden teilweise mit dem Deckenwerkzeug im Grundriss konstruiert und anschließend in ein Morph konvertiert, gedreht und in die richtige Position gebracht. Die, auf diese Weise modellierten Einzelteile, wurden anschließend im Grundriss und im 3D-Fenster zusammengesetzt und je nach Sitzplatzanzahl als GDL Objekt gesichert.

Abb. 64: modellierte Männer- und Frauensitzbänke

Abb. 65: Sitzbänke der Synagoge in Leiden 86

Treppenlauf Über die Treppe zur Frauenempore konnten ebenfalls keinerlei Hinweise über ihr Aussehen, die Konstruktion, das Material oder ihre Lage gefunden werden. Wie bereits im Abschnitt 5.3 erwähnt wurde, ist jedoch davon auszugehen, dass sich der Eingang für die Frauen an der Nordfassade des Vorbaus befand und somit auch die Treppe zur Frauenempore hier ausgeführt wurde. Aufgrund der Geschosshöhe und des Platzmangels in dem Raum, wurde angenommen, dass die Treppe als Viertelgewendelte Holztreppe ausgeführt war. Da diese Sonderform mit den in ArchiCAD bereitgestellten Treppentypen nicht ordnungsgemäß konstruiert werden konnte, musst hier auf die Option Treppe mit Auswahl erstellen zurückgegriffen werden. Bei dieser Konstruktionsmethode wird im Grundriss, an der Stelle wo die Treppe eingesetzt werden soll, mit einer Schraffur die Grundfläche der Treppe erstellt. Mittig dieser Schraffur wird anschließend mit 2D Linien die Lauflinie definiert. Durch Markieren der beiden 2D-Elemente kann anschließend unter dem Menüpunkt Planung die Option Treppe mit Auswahl erstellen ausgewählt werden. Aus der Schraffur und der Lauflinie wird nach Angabe einer Geschoßhöhe die Treppe als 3D-Objekt erstellt. Für die selbst generierte Treppe stehen nun dieselben Einstellungen wie auch für Standardtreppen zur Verfügung.

Abb. 66: Konstruktion des Stiegenlaufs in ArchiCAD

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Abb. 67: Ergebnis der Modellierung des Treppenlaufs

Holzvertäfelung An den Aussenwänden im Erdgeschoss sind, vermutlich entlang des gesamten Raums, Holzvertäfelungen zu erkennen. Die die Bildauflösung und die Schärfe des Inennraumbildes ein genaues Aussehen leider nicht zulässt, wurde diese frei interpretiert. Mittels eines im Profil-Manager erstellten Querschnitts wurde das Profil erstellt und mit Bool´schen Operationen anschließend die Täfelung hinzugefügt.

Abb. 68: Ergebnis der Modellierung der Holzvertäfelung

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Toraschrein Der Toraschrein wurde bereits unter Punkt 5.4 Ermittlung des Innenraums näher beschrieben. Die Rekonstruktion und Modellierung seiner Einzelteile erfolgt nach genauer Auswertung mit mehreren Werkzeugen. Die zweidimensionale Abbildung des Toraschreins wurde im Grundriss sowie in einer Ansicht hinterlegt. Mit Decken und Wänden wurde anschließend die Grundkonstruktion in beiden Fenstern gleichzeitig aufgebaut. So konnten sämtliche Einzelelemente im Grundriss konstruiert werden und in der dazugehörigen Ansicht an ihre genaue Position verschoben und dimensioniert werden. Der Dreiecksgiebel wurde mit dem Dach-Werkzeug modelliert. Die Wandnische, in der die Torarollen aufbewahrt wurden, wurde mit dem Objekt Wandschlitz erzeugt, da sich dieses voreingestellte Objekt in seinen Abmessungen sehr gut dimensionieren lässt und somit nicht noch ein weiteres Operatorelement für eine Bool´sche Opoertion notwendig war. Sämtliche Dekor-Elemente, wie zum Bespiel das ionische Kapitell und die Ornamentik über dem Toravorhang, wurden mit Morphs erstellt, als eigenes Objekt gespeichert und anschließend auf die Säule bzw. in die Nische gesetzt. Das Profil der Gesimse wurde mit dem Profil-Manager erzeugt. Über dem Dreiecksgiebel befanden sich die Gebotstafeln die von zwei goldenen Löwenfiguren rechts und links gehalten wurden. Die hebräische Inschrift der Gebotstafeln wurden nach einer Vorlage, mittels Spline-Linen und Decken erzeugt und anschließend durch Bool´sche Operation von der als Decke konstruierten Tafel subtrahiert. Die goldenen Löwen wurden ebenfalls nach einer Vorlage mit dem Morph-Werkzeug erstellt. Die Vorlage der beiden Elemente entstammt der Synagoge von Feuchtwangen (D), die allerdings für weitere Vergleiche nicht herangezogen werden konnte und somit auch nicht als Vergleichsobjekt angeführt ist.

Abb. 69: Ergebnis der Modellierung der Abb. 70: Vorlage zur Modellierung der Gebotstafeln Gebotstafeln

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Abb. 71: modellierter Toraschrein im Vergleich zum Original

Abb. 72: modellierter Toraschrein

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6.5 Umgebung und Gelände

Die Modellierung des umgebenden Geländes sowie der angrenzenden Bebauung, erfolgte nach der Auswertung der Katasterpläne und der anschließenden Erstellung eines zweidimensionalen Lageplans. Mithilfe von Höhenpunkten in Kombination mit dem aktuellen Katasterplan und dem Luftbild von Deutschkreutz, welche über die Homepage des GIS Burgenland abrufbar ist, wurde es möglich den zuvor erstellten zweidimensionalen Lageplans, in die dritte Dimension zu bringen. Hierzu wurden die Höhenpunkte die über die Hompage abgerufen werden können, über Koordinaten bzw. einem Raster lagerichtig auf den Lageplan übertragen. Die daraus gewonnen Höhen sind absolute Höhen bezogen auf das Adria Null, was bedeutet, dass für die Modellierung erst ein Nullniveau definiert werden musste. Für die Geländemodellierung wurde ebenfalls das projektierte Niveau der Synagoge gewählt. Die ursprüngliche Überlegung zur Modellierung der Umgebung und des Geländes war, den näheren Umkreis der Synagoge als Volumsmodell nachzubilden. Da sich jedoch die Möglichkeit ergab, durch die Höhenpunkte, rasch und über eine größere Fläche den Geländeverlauf zu ermitteln und für die Modellierung zu verwenden, wurde diese Überlegung erweitert und somit das gesamte Zentrum von Deutschkreutz um 1909 nachmodelliert. Mit dem Freiflächenwerkzeug wurde das Gelände erstellt. Die Bebauung wurde je nach Detaillierungsgrad, zum Teil aus Wänden mit Dächern sowie mit Decken und Morphs erstellt. Auch das Objekt Haus Model wurde eingesetzt.

a) Blick über das Ortszentrum von (Nord-West nach Süd-Ost)

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b) Blick über das Ortszentrum und die „Judengasse“ (von Nord nach Süd)

c) Blick über das Ortszentrum (von West nach Ost)

d) Blick über das Ortszentrum und die „Judengasse“ (von Süd nach Nord)

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e) Blick über das Ortszentrum (von Ost nach West)

Abb. 73: Ergebnis der Gelände- und Umgebungsmodellierung

6.6 Visualisierung

Um ein Gebäudemodell möglichst realistisch erscheinen zu lassen, ist es notwendig das erstellte 3D Modell zu rendern. Hierbei werden fotorealistische Simulationen von Materialeigenschaften, Belichtungen und der Geometrie in einer Szene entwickelt. ArchiCAD bündelt all diese Anforderungen in einem Gesamtpaket. So wäre es möglich, das erstellte 3D Gebäudemodell auch direkt im Programm zu visualisieren. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, das in ArchiCAD erstellte Modell in eine externe Rendering Software zu exportieren um dort durch Belichtungseinstellungen, Texturierung und Perspektiveinstellungen, die Visualisierung zu finalisieren. Für die Rekonstruktion der Deutschkreutzer Synagoge wurde die zweite Variante gewählt. Zum Einsatz kam die, speziell für den Architekturbereich entwickelte Software Artlantis Studio 5.1 der Firma Abvent. Die direkte Verbindung zu ArchiCAD ermöglicht einen problemlosen Export des 3D Modells, bei dem sämtliche, in ArchiCAD bereits definierten Kameraeinstellungen, Materialen, Lichtquellen und auch die Ebenenstruktur exportiert und in Artlantis weiter verwendet werden können. Da das ArchiCAD Modell bereits während des Modelliervorgangs, den Exportanforderungen gemäß angefertigt wurde, konnte es ohne zusätzlichen Aufwand exportiert werden.

In Artlantis war es nun möglich sämtliche Oberflächenmaterialien, Lichtquellen, Sonneneinstellungen und Kameraperspektiven neu zu vergeben bzw. zu definieren. Das Platzieren zusätzlicher Objekte ist innerhalb von Artlantis ebenfalls möglich. Für die Synagoge bzw. deren Umgebung wurde so die gesamte Vegetation erstellt.

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Nachfolgend werden die wichtigsten, sogenannten „Inspectors“ sowie Rendereinstellungen vorgestellt und kurz beschrieben.

Sämtliche Materialien werden in Artlantis als Shader bezeichnet. Auf jeden Shader können Texturen angewendet werden und über den Shader-Inspector entsprechend den speziellen Parametern des aktuellen Shaders geändert und verfeinert werden. Eingesetzt werden können, einfache Shader, diffuse Fresnel-Shader, Glas Shader, kreative Shader, transparente Fresnel Shader sowie Shader für realistisches Wasser. Per Drag & Drop werden die gewählten Materialien dann auf die gewünschten Oberflächen gelegt. Dabei ist zu beachten, dass die in Artlantis zugewiesenen Shader bzw. Materialien auf das jeweilige, aus ArchiCAD exportierte Oberflächenmaterial übernommen wird, egal um welche Lage, Größe oder Ausrichtung es sich bei dem Bauteil handelt. Das heißt, noch bevor das Modell aus ArchiCAD exportiert wird, müssen verschiedenste Oberflächenmaterialien eine spätere Texturierung definieren. Es besteht auch die Möglichkeit einen Shader neu zu erstellten. Artlantis verwendet hierzu ein sehr übersichtliches und einfach zu bedienendes Dialogfeld, das mit Bildern und Werten gefüllt werden muss. Unter anderem kann hier die sogenannte Bump-Map dem Shader ergänzt werden, um der Oberfläche der Textur eine höhere Plastizität zu verleihen. Die Helligkeitswerte dieser Bump-Map werden hierbei als Höheninformation interpretiert und verleihen dem Shader eine schönere und vor allem eine realistischere Struktur.

Abb. 74: Erstellung von Shadern in Artlantis am Beispiel des Bump-Mapping

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Im Falle, dass die Lichtquellen sowie die projektierte Sonne nicht aus ArchiCAD importiert wurden, müssen diese nun in Artlantis ausgewählt werden. Im Heliodon- Inspector kann die Sonnenlichtberechnung anhand der Sonnenposition, die durch Ort und Uhrzeit des Sonnenlichts bestimmt wird, verwaltet und angepasst werden. Es kann eine exakte geografische Position für die Belichtung gewählt werden, aber auch neue Orte erstellt werden. Durch Eingabe der Längs- und Breitengrade sowie der Zeitzone, oder durch die grafische Auswahl auf der Erdkarte definiert werden. Weitere wichtige Funktionen des Heliodon-Inspectors sind, die Möglichkeiten die Sonnenlichtstärke, die Stärke des Himmelslichts sowie Sonnenstrahlen und Schatteneinstellungen mittels Schieberegler zu steuern. In Artlantis ist es nicht zwingend notwendig ein Hintergrundbild zu verwenden. Durch den Einsatz des Heliodons, der wie eine große Kuppel wirkt, die über dem 3D Modell platziert wird, kann der Bewölkungsgrad gesteuert werden. Durch vier Schieberegler können die Wolkenart und ihre Häufigkeit definiert werden. Künstliche Lichtquellen können mit dem Lichtquellen-Inspector festgelegt und die Ergebnisse sofort angezeigt werden. Die Lichtquellen wurden speziell für die Beleuchtung des Innenraums verwendet. Mehrere Lichtquellen (beispielweise sämtliche Kerzen des Kronleuchters) können zu einer Beleuchtungsgruppe zusammengefügt werden, um bei einer großen Anzahl an Leuchten und Lichtquellen nicht den Überblick zu verlieren. Jedes Licht bzw. jede Beleuchtungsgruppe kann einzeln Ein- und Ausgeschaltet werden, die Lichtfarbe kann geändert werden, sowie der Schatten, der Lichtkegel und ein Streulicht-Effekt kann gesondert geregelt werden.

Abb. 75: Parameter für Beleuchtung einer Szene mit Beleuchtungsgruppen

Abb. 76: Parameter für Beleuchtung einer Szene mit Heliodon

Die Ausleuchtung der Szene erfolgt im Speziellen durch diese beiden Werkzeuge.

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Rendering Engine Jedoch können für das abschließende Rendering im Inspector noch weitere = Softwarepaket Parameter bearbeitet werden. Zunächst wird die Rendering Engine und die zur Erstellung von Renderings. Rendering Größe bzw. Auflösung und die Bildqualität gewählt. Unter Radiosität (Radiosity) wird des Verfahren zur Berechnung der Verteilung von Lichtstrahlung innerhalb der Szene verstanden. Entgegen der Raytracing Methode wird beim Radiositäts-Verfahren die Intensität für alle Oberflächen und nicht für jeden Pixel der Szene berechnet. Das bedeutet, dass die, auf eine Oberfläche eintretende Lichtstrahlung, auf ihre umgebenden Oberflächen reflektiert wird. Für die Genauigkeit dieser Berechnung kann zwischen normaler, mittlerer und hoher Radiosität für den Fernbereich und für den Nahbereich gewählt werden. Der Parameter Physikalische Kamera stammt aus der Fotografie und beschreibt die Lichtempfindlichkeit einer Kamera. Diese Parameter werden auch für die Rendering Kamera verwendet und so können wie bei einer Digitalkamera, der Iso-Wert sowie die Verschlusszeit über einen Schieberegler geändert werden. Wobei zu beachten ist, dass bei einem höheren Iso-Wert, der Bildsensor mit weniger Licht , sprich einer kürzeren Belichtungszeit auskommt als bei einem niedrigeren Wert. Die Bildqualität wird mit steigendem ISO Wert schlechter. Für zusätzliche Lichtintensitäten die sich auf die allgemeine Umgebungsbeleuchtung der Szene auswirken, kann unter dem Menüpunkt Beleuchtung zwischen Innenlicht, Außenlicht und Benutzerdefiniertem Licht gewählt werden.

Abb. 77: Parameter für Abschließendes Rendering

Je nach Szene wurden für die abschließenden Renderings unterschiedliche Einstellungen gewählt. Unterschieden wurde hierbei zwischen Außenraumrendering und Innenraumrendering. Auf den nächsten Seiten wird das Ergebnis der Rekonstruktion anhand einiger Renderings des Außenraums sowie des Innenraums präsentiert.

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7 Ergebnisse und Schlussfolgerung

Abb. 78: Lageplan

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Abb. 79: Grundriss Erdgeschoss

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Abb. 80: Grundriss Obergeschoss / Galerie

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Abb. 81: Längsschnitt

Abb. 82: Querschnitt

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Abb. 83: Ansicht West

Abb. 84: Ansicht Ost

Abb. 85: Ansicht Nord 101

Abb. 86: Ortszentrum, Blickrichtung Süd-Ost

Abb. 87: Ortszentrum, Blickrichtung Nord-West

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Abb. 88: Vogelperspektive Synagoge, Blickrichtung Ost

Abb. 89: Vogelperspektive Synagoge, Blickrichtung Süd-Ost

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Abb. 90: Vogelperspektive Synagoge, Blickrichtung Nord-Ost

Abb. 91: Westfassade der Synagoge, Blick von der Hauptstraße

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Abb. 92: Westfassade der Synagoge

Abb. 93: Nordfassade der Synagoge

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Abb. 94: Nord- und Ostfassade der Synagoge

Abb. 95: Ostfassade der Synagoge

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Abb. 96: Blick vom Eingang Richtung Toraschrein

Abb. 97: Blick von Sitzbank Richtung Toraschrein

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Abb. 98: Blick Richtung Eingang und Frauenempore

Abb. 99: Blick von Frauenempore Richtung Toraschrein

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Abb. 100: Betsaal und Frauenempore, Blickrichtung Toraschrein

Abb. 101: Frauenempore

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Schlussfolgerung

Dank moderner CAD-Technik und dem Einsatz wichtiger Methoden zur Auswertung des Quellmaterials, konnte das Ziel dieser Diplomarbeit, die virtuelle Rekonstruktion der Synagoge in Deutschkreutz, erreicht werden. Nach intensiver Forschung und unzähligen Besuchen in diversen Archiven konnten zwar einige, gut lesbare Fotografien gefunden werden, doch die Tatsache, dass die Rekonstruktion ohne Planmaterial zu erfolgen hatte, erschwerte dieses Vorhaben enorm. Umso wichtiger war es, die zur Verfügung stehenden Fotografien, geschichtliche Informationen und gewonnen Erkenntnisse während der Forschungsphase, für die Rekonstruktion aber auch für das Verfassen dieser Arbeit gezielt einzusetzen und nachvollziehbar zu dokumentieren. Auf dem Bildmaterial kaum erkennbare Informationen und generelle Informationslücken, mussten mithilfe von Vergleichsobjekten und Interpretationen gefüllt werden. Die größte Informationslücke stellte hierbei naturgemäß die Farbgebung der Fassade, da lediglich Schwarz-Weiß Fotografien vorhanden waren. Durch die genaue Auswertung der Hell-Dunkel Nuancen dieser Bilder, konnten zwar Unterschiede in der Farbgebung erkannt werden, jedoch nicht eindeutig festgestellt werden wie diese tatsächlich ausgeführt waren. Die dargestellte Farbgebung, mit Ausnahme der blau-weißen Fassadenelemente an der Eingangsfassade, sind somit als mögliche Variante zu verstehen. Auch bei der Innenraumgestaltung musste auf Vergleichsobjekte, noch mehr auf Interpretation gesetzt werden. Dennoch konnte das wohl wichtigste Gebäude der jüdischen Gemeinde schlussendlich, zumindest virtuell, rekonstruiert und wieder erlebbar gemacht werden.

Wie bereits zu Beginn dieser Arbeit erwähnt, handelt es sich bei der Rekonstruktion der Deutschkreutzer Synagoge um einen weiteren Teil des langjährigen Projektes zur Rekonstruktion der zerstörten Synagogen in den ehemaligen Kronländer der österreichischen Monarchie, das von der TU Wien ins Leben gerufen wurde. Die gewonnen Erkenntnisse und das Ergebnis der Rekonstruktion wurden so aufbereitet, dass diese als Grundlage für eine weitere Bearbeitung sowie Ergänzung, sollte ein neuer Forschungsstand erzielt werden, dienen kann.

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Danksagung

An dieser Stelle möchte ich mich bei all denjenigen bedanken, die mich während der Erstellung dieser Diplomarbeit fachlich und auch persönlich unterstützt und motiviert haben.

Für die freundliche Unterstützung bei der Bearbeitung und für den vielseitigen fachlichen Rat gilt mein besonderer Dank meinem Betreuer Herrn Prof. Dr. Bob Martens sowie Dipl. Ing Herbert Peter. Ich möchte Ihnen weiterhin danken, dass sie mich in jeder Phase sachkundig und richtungsweisend begleitet haben.

Ebenfalls möchte ich mich bei Herrn Dr. Adalbert Putz bedanken, der mir, zu Beginn dieser Arbeit, einen höchst interessanten und hilfreichen Einblick in die ehemalige jüdische Gemeinde von Deutschkreutz bot und mein Vorhaben mit all seinen persönlichen Informationen hilfreich unterstützte. Ebenfalls möchte ich mich bei Frau Naama Magnus recht herzlich bedanken, dass sie mir, mühselig gesammelte Unterlagen, für mein Vorhaben zur Verfügung gestellt hat.

Weiterhin möchte ich mich bei meinem Arbeitgeber BM Ing. Michael Ebner und meinen Arbeitskollegen bedanken, die mich während meines Studiums unterstützt haben und dass über die gesamte Zeit immer wieder eine angemessene Lösung gefunden wurde, damit sich Studium und Berufstätigkeit aufeinander abstimmen ließen.

Mein besonderer Dank gilt meiner Familie, insbesondere meinen Eltern Herbert und Marianne, die mir mein Studium ermöglicht haben und mir über die lange Zeit immer wieder eine große Hilfe waren und mich in meinem Vorhaben bestärkt haben.

Zuletzt möchte ich mich bei meiner Frau Tanja und unserem Sohn Jonas herzlichst bedanken, dass sie, für meine zeitintensive Arbeit und die vielen Arbeitsstunden die hierzu notwendig waren, immer wieder Verständnis gezeigt haben und mich tatkräftig unterstützt und motiviert haben. Vielen Dank!

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Literaturverzeichnis

ABELES, Otto, „Deutschkreutz, der sechste Erdteil“, in: Wiener Morgenzeitung, Wien 1927

Burgenländisches Landesarchiv, J .Z. A., Karton A1 und A2

BURGER, Hannelore, Heimatrecht und Staatsbürgerschaft österreichischer Juden – Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart“, Wien (Böhlau), 2014

GENÉE, Pierre, GENÉE, Pierre, „Die Juden des Burgenlandes und ihre Synagogen“, in: DAVID – Jüdische Kulturzeitschrift, 1989

GENÉE, Pierre, Synagogen in Österreich, Wien (Löcker), 1992

GOLD, Hugo, Gedenkbuch der untergegangenen Judengemeinden des Burgenlandes, Tel Aviv (Olamenu), 1970

HABRES, Christof, REIS, Elisabeth, Jüdisches Burgenland – Entdeckungsreisen, Wien (Metroverlag), 2012

LESER, Gratian Pater., Aus der Vergangenheit der Gemeinde Deutschkreutz, 1951, nach Abschrift von ZISTLER, Albert, Eisenstadt 1982

MAGNUS, Naama G., Auf verwehten Spuren – Das jüdische Erbe im Burgenland, Wien (Verein zur Erhaltung und kulturellen Nutzung der Synagoge Kobersdorf), 2013

PUTZ, Adalbert, Protokoll eines Gespräches mit Josef Presch, Kobersdorf, 1990

REISS, Johannes, Aus den sieben Gemeinden, Eisenstadt (Johannes Reiss), 1997 S.12

SPITZER, Shlomo, Die jüdische Gemeinde von Deutschkreutz, Wien (Böhlau), 1995

Internetquellen

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Deutsches Rechtswörterbuch http://drw-www.adw.uni-heidelberg.de/drw- cgi/zeige?db=drw&index=lemmata&term=Judeneid&darstellung=%DC zuletzt abgerufen am 03.05.2015

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Esterházy http://esterhazy.at/de/sammlungen/690907/Furst-Paul- I?direct=690934&_vl_backlink=/de/sammlungen/690933/index.do&selChannel zuletzt abgerufen am 27.10.2015

Geschichte der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum http://www.xn--jdische-gemeinden-22b.de/index.php/gemeinden/c-d/123- deutschkreutz-oesterreich zuletzt abgerufen am 27.10.2015

Gemeinde Deutschkreutz http://www.deutschkreutz.at/judengemeinde.html zuletzt abgerufen am 27.10.2015

GIS Burgenland http://geodaten.bgld.gv.at/de/geodaten-suche/gemeinden.html zuletzt abgerufen am 27.10.2015

Land Burgenland http://www.burgenland.at/land-politik-verwaltung/land/geschichte/ zuletzt abgerufen am 27.10.2015

Österreichisches Biographisches Lexikon und biographische Dokumentation http://www.biographien.ac.at/oebl?frames=yes (abgerufen am 10.04.2015 – 00:02)

Österreichisches Jüdisches Museum http://www.ojm.at/gemeinden/ zuletzt abgerufen am 27.10.2015

Österreichische Nationalbibliothek, Kartensammlung URL: http://www.onb.ac.at/sammlungen/karten/kartenzimelien/42.htm (abgerufen am 17.05.2015, 22:34)

Ungarisches Jüdisches Museum und Archiv http://milev2.2kal.hu/archive/files/ zuletzt abgerufen am 27.10.2015

Wien Geschichte Wiki https://www.wien.gv.at/wiki/index.php/Ma%C3%9Fe zuletzt abgerufen am 10.08.2015

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Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Übersichtskarte der jüdischen Gemeinden im Burgenland Quelle: vom Autor selbst erstellt (Feb. 2015) ...... 4 Abb. 2: Fürst Paul Esterházy Quelle: http://de.esterhazy.net/images/thumb/4/4a/Paul_I.jpg/200px-Paul_I.jpg ...... 8 Abb. 3: Siegel der Deutschkreutzer Judenschaft Quelle: MAGNUS, Naama G., Auf verwehten Spuren – Das jüd. Erbe im Burgenland, S.215 ..... 8 Abb. 4: Ansichtskarte von Deutschkreutz, 1929 Quelle: Landesarchiv Burgenland ...... 13 Abb. 5: Luftaufnahme des Deutschkreutzer Ortszentrum, (ohne Datierung) Quelle: Landesarchiv Burgenland ...... 17 Abb. 6: Chronologie der jüdischen Gemeinde von Deutschkreutz Quelle: vom Autor selbst erstellt (Feb. 2015) ...... 22 Abb. 7: Die letzten Überreste der Synagoge nach der Sprengung Quelle: http://www.ojm.at/blog/bilder/synagogeDK3GR.jpg ...... 23 Abb. 8: erster Gedenkstein am Grundstück der ehemaligen Synagoge, ca. 1970 Quelle: Gemeinde Deutschkreutz ...... 24 Abb. 9: Die 2012 errichtete Gedenktafel im Zentrum von Deutschkreutz Quelle: vom Autor selbst erstellt (Aug. 2015) ...... 24 Abb. 10: Darstellung des Vorbaus der Synagoge Quelle: Landesarchiv Burgenland ...... 26 Abb. 11: Westfassade der Synagoge Quelle: http://www.scholemandfriends.com/JH/Deutschkreutz/Zelem-Synagoge.jpg ...... 30 Abb. 12: Südfassade der Synagoge Quelle: Gemeinde Deutschkreutz ...... 31 Abb. 13: Luftbild des Ortszentrums von Deutschkreutz, 2015 Quelle: Google Maps (10.09.2015)/vom Autor selbst erstellt (Sept. 2015) ...... 31 Abb. 14: Ausschnitt der Katastermappe, 1909 Quelle: Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen ...... 36 Abb. 15: vergrößerter Ausschnitt der Katastermappe; Zu sehen ist das Zentrum von Deutschkreutz Quelle: Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen/vom Autor selbst erstellt (Mai. 2015) .. 36 Abb. 16: Der Haupteingang zur Synagoge an der West Fassade Quelle: http://www.ojm.at/blog/bilder/synagogeDK1GR.jpg ...... 37 Abb. 17: Rückseite (Ost Fassade) der Synagoge Quelle: Gemeinde Deutschkreutz ...... 37 Abb. 18: Innenaufnahme der Synagoge, Bima und Toraschrein Quelle: http://milev2.2kal.hu/archive/files/18b2be605bbe3955088ce02946a9b393.jpg ...... 38 114

Abb. 19: Ausschnitt der Katastermappe aus dem Jahr 1950 Quelle: Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen ...... 43 Abb. 20: Urmappe Deutschkreutz, ohne Datierung Quelle: Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen ...... 43 Abb. 21: Vergleich der digitalen Katastermappe 2015 mit dem Katasterblatt von 1909 Quelle: Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen/vom Autor selbst erstellt (Aug. 2015) .. 45 Abb. 22: aktuelle Bebauung auf dem Grundstück der ehemaligen Synagoge Quelle: vom Autor selbst erstellt (Aug. 2015) ...... 46 Abb. 23: Auswertung der Westfassade in ArchiCAD Quelle: vom Autor selbst erstellt (Jul. 2015)...... 47 Abb. 24: Ermittlung der Gebäudehöhe an der Ost_Fassade Quelle: vom Autor selbst erstellt (Jul. 2015) ...... 48 Abb. 25: West-Fassade, Letzte Überreste nach der Sprengung Quelle: Gemeinde Deutschkreutz ...... 49 Abb. 26: Bildausschnitt Fassadenteilung und Fensterfaschen Quelle: vom Autor selbst erstellt (Jul. 2015) ...... 49 Abb. 27: Ermittlung der Eingangsfassade und der Fassadenelemente Quelle: vom Autor selbst erstellt (Jul. 2015) ...... 50 Abb. 28: Erstellung und Ergebnis der Westfassade Quelle: vom Autor selbst erstellt (Jul. 2015) ...... 51 Abb. 29: Erstellung und Ergebnis der Ostfassade Quelle: vom Autor selbst erstellt (Jul. 2015) ...... 52 Abb. 30: Süd-Fassade nach Auswertung, Konstruktion in ArchiCAD Quelle: vom Autor selbst erstellt (Jul. 2015) ...... 53 Abb. 31: Nord-Fassade nach Auswertung, Konstruktion in ArchiCAD Quelle: vom Autor selbst erstellt (Jul. 2015) ...... 53 Abb. 32: Ansicht der Westfassade ohne Maueröffnung für einen Fraueneingang Quelle: Gemeinde Deutschkreutz ...... 54 Abb. 33: Nordfassade des Vorbaus; Annahme des Fraueneingangs Quelle: vom Autor selbst erstellt (Sept.. 2015) ...... 54 Abb. 35: Vergrößerung einiger Einrichtungsgegenstände Quelle: http://milev2.2kal.hu/archive/files/18b2be605bbe3955088ce02946a9b393.jpg ...... 55 Abb. 36: Ergebnis der Auswertung Quelle: vom Autor selbst erstellt (Sept.. 2015) ...... 55 Abb. 34: Innenaufnahme; Markierung der Einrichtungsgegenstände Quelle: http://milev2.2kal.hu/archive/files/18b2be605bbe3955088ce02946a9b393.jpg ...... 55 Abb. 38: Handskizze und Auswertung des Geländers der Frauengalerie und Holzvertäfelung im EG Quelle: vom Autor selbst erstellt (Aug.. 2015) ...... 56 115

Abb. 37: Innenaufnahme; Markierung der Geländer und Podeste Quelle: http://milev2.2kal.hu/archive/files/18b2be605bbe3955088ce02946a9b393.jpg ...... 56 Abb. 39: Ermittlung der Innenmaße mithilfe der Umrechnungstabelle Quelle: vom Autor selbst erstellt (Jun.. 2015) ...... 57 Abb. 40: Versuch zur Erweiterung des Raumes anhand der Innenraumfotografie Quelle: vom Autor selbst erstellt (Aug.. 2015) ...... 58 Abb. 41: Handskizzen und Auswertung der Ansicht des Toraschreins Quelle: vom Autor selbst erstellt (Aug.. 2015) ...... 59 Abb. 42: Toraschrein, Ergebnis der Auswertung, Konstruktion in ArchiCAD Quelle: vom Autor selbst erstellt (Sept.. 2015) ...... 60 Abb. 43: Die ehemalige Synagoge von Eisenstadt außen (links) und von innen (rechts) Quelle: http://magyarzsido.hu/index.php?option=com_catalogue& view=detail&id=178&Itemid=20 ...... 61 Abb. 44: Di ehemalige Synagoge von Frauenkirchen Quelle: http://www.ojm.at/blog/bilder/projektFK03GR.jpg ...... 62 Abb. 45: Die Synagoge von Hochberg (D) Quelle: http://www.alemannia-judaica.de/hochberg_synagoge.htm ...... 63 Abb. 46: Die Synagoge in Leiden (NL) Quelle: Bob Martens (Aug. 2015) ...... 64 Abb. 47: Nordfassade mit einer möglichen Variante für eine zusätzliche Fluchttüre Quelle: vom Autor selbst erstellt (Sept. 2015) ...... 65 Abb. 48: Inhalt der Ebenen (Seite 69 – Seite 71) Quelle: vom Autor selbst erstellt (Sept. 2015) ...... 72 Abb. 49: Darstellung der einzelnen Geschoße im Projekt Quelle: vom Autor selbst erstellt (Sept. 2015) ...... 73 Abb. 50: Schnitt durch die Synagoge mit Darstellung der einzelnen Geschoße Quelle: vom Autor selbst erstellt (Sept. 2015) ...... 74 Abb. 51: Modellierung der Fassade im Grundriss, Schnitten und Ansichten Quelle: vom Autor selbst erstellt (Jun. 2015) ...... 75 Abb. 52: Ergebnis der Modellierung Quelle: vom Autor selbst erstellt (Sept. 2015) ...... 75 Abb. 53: Grundriss, Schnitt, Ansicht (als Transparentpause) und 3D Schnitte während des Modellierens Quelle: vom Autor selbst erstellt (Jun. 2015) ...... 76 Abb. 54: Bearbeitungsfenster für die Werkzeuge Solid-Elementbearbeitung (links), Profil- Manager (rechts oben) und die Bearbeitungsmöglichkeit eines Morphs Quelle: vom Autor selbst erstellt (Sept. 2015) ...... 77 Abb. 55: 3D Schnitte durch den Dachstuhl Quelle: vom Autor selbst erstellt (Sept. 2015) ...... 78 116

Abb. 56: Rekonstruktion des Dachstuhls der Synagoge Quelle: vom Autor selbst erstellt (Sept. 2015) ...... 79 Abb. 57: Die Konstruktion des Dachstuhls im Grundriss (a), Längs- (b) und Querschnitt (c) Quelle: vom Autor selbst erstellt (Sept. 2015) ...... 80 Abb. 58: Liste der erstellten Bibliotheken Quelle: vom Autor selbst erstellt (Okt.. 2015) ...... 81 Abb. 59: Bima Quelle: vom Autor selbst erstellt (Sept. 2015) ...... 82 Abb. 60: Geländer und Sichtschutz der Frauenempore Quelle: vom Autor selbst erstellt (Sept. 2015) ...... 83 Abb. 61: 3D Schnitte durch das Geländer (a) und den Sichtschutz (b) der Frauenempore Quelle: vom Autor selbst erstellt (Sept. 2015) ...... 84 Abb. 62: Geländer der Frauenempore mit verstärktem Sichtschutz Quelle: vom Autor selbst erstellt (Okt. 2015) ...... 84 Abb. 63: Kronleuchter, Ewiges Licht, Wandleuchten Quelle: vom Autor selbst erstellt (Sept. 2015) ...... 85 Abb. 64: modellierte Männer- und Frauensitzbänke Quelle: vom Autor selbst erstellt (Sept. 2015) ...... 86 Abb. 65: Sitzbänke der Synagoge in Leiden Quelle: Bob Martens (Aug 2015) ...... 86 Abb. 66: Konstruktion des Stiegenlaufs in ArchiCAD Quelle: vom Autor selbst erstellt (Okt. 2015) ...... 87 Abb. 67: Ergebnis der Modellierung des Treppenlaufs Quelle: vom Autor selbst erstellt (Okt. 2015) ...... 88 Abb. 68: Ergebnis der Modellierung der Holzvertäfelung Quelle: vom Autor selbst erstellt (Sept. 2015) ...... 88 Abb. 69: Ergebnis der Modellierung der Gebotstafeln Quelle: vom Autor selbst erstellt (Sept. 2015) ...... 89 Abb. 70: Vorlage zur Modellierung der Gebotstafeln Quelle: http://www.alemannia- judaica.de/images/Images%2038/Feuchtwangen%20Synagoge%20007.jpg ...... 89 Abb. 71: modellierter Toraschrein im Vergleich zum Original Quelle: vom Autor selbst erstellt (Sept. 2015) ...... 90 Abb. 72: modellierter Toraschrein Quelle: vom Autor selbst erstellt (Sept. 2015) ...... 90 Abb. 73: Ergebnis der Gelände- und Umgebungsmodellierung Quelle: vom Autor selbst erstellt (Sept. 2015) ...... 93 Abb. 74: Erstellung von Shadern in Artlantis am Beispiel des Bump-Mapping Quelle: vom Autor selbst erstellt (Okt. 2015) ...... 94 117

Abb. 75: Parameter für Beleuchtung einer Szene mit Beleuchtungsgruppen Quelle: vom Autor selbst erstellt (Okt. 2015) ...... 95 Abb. 76: Parameter für Beleuchtung einer Szene mit Heliodon Quelle: vom Autor selbst erstellt (Okt. 2015) ...... 95 Abb. 77: Parameter für Abschließendes Rendering Quelle: vom Autor selbst erstellt (Okt. 2015) ...... 96 Abb. 102: Lageplan Quelle: vom Autor selbst erstellt (Okt. 2015) ...... 97 Abb. 103: Grundriss Erdgeschoss Quelle: vom Autor selbst erstellt (Okt. 2015) ...... 98 Abb. 104: Grundriss Obergeschoss / Galerie Quelle: vom Autor selbst erstellt (Okt. 2015) ...... 99 Abb. 105: Längsschnitt Quelle: vom Autor selbst erstellt (Okt. 2015) ...... 100 Abb. 106: Querschnitt Quelle: vom Autor selbst erstellt (Okt. 2015) ...... 100 Abb. 107: Ansicht West Quelle: vom Autor selbst erstellt (Okt. 2015) ...... 101 Abb. 108: Ansicht Ost Quelle: vom Autor selbst erstellt (Okt. 2015) ...... 101 Abb. 109: Ansicht Nord Quelle: vom Autor selbst erstellt (Okt. 2015) ...... 101 Abb. 110: Ortszentrum, Blickrichtung Süd-Ost Quelle: vom Autor selbst erstellt (Okt. 2015) ...... 102 Abb. 111: Ortszentrum, Blickrichtung Nord-West Quelle: vom Autor selbst erstellt (Okt. 2015) ...... 102 Abb. 112: Vogelperspektive Synagoge, Blickrichtung Ost Quelle: vom Autor selbst erstellt (Okt. 2015) ...... 103 Abb. 113: Vogelperspektive Synagoge, Blickrichtung Süd-Ost Quelle: vom Autor selbst erstellt (Okt. 2015) ...... 103 Abb. 114: Vogelperspektive Synagoge, Blickrichtung Nord-Ost Quelle: vom Autor selbst erstellt (Okt. 2015) ...... 104 Abb. 115: Westfassade der Synagoge, Blick von der Hauptstraße Quelle: vom Autor selbst erstellt (Okt. 2015) ...... 104 Abb. 116: Westfassade der Synagoge Quelle: vom Autor selbst erstellt (Okt. 2015) ...... 105 Abb. 117: Nordfassade der Synagoge Quelle: vom Autor selbst erstellt (Okt. 2015) ...... 105 Abb. 118: Nord- und Ostfassade der Synagoge 118

Quelle: vom Autor selbst erstellt (Okt. 2015) ...... 106 Abb. 119: Ostfassade der Synagoge Quelle: vom Autor selbst erstellt (Okt. 2015) ...... 106 Abb. 120: Blick vom Eingang Richtung Toraschrein Quelle: vom Autor selbst erstellt (Okt. 2015) ...... 107

Abb. 121: Blick von Sitzbank Richtung Toraschrein Quelle: vom Autor selbst erstellt (Okt. 2015) ...... 107 Abb. 122: Blick Richtung Eingang und Frauenempore Quelle: vom Autor selbst erstellt (Okt. 2015) ...... 108 Abb. 123: Blick von Frauenempore Richtung Toraschrein Quelle: vom Autor selbst erstellt (Okt. 2015) ...... 108 Abb. 124: Betsaal und Frauenempore, Blickrichtung Toraschrein Quelle: vom Autor selbst erstellt (Okt. 2015) ...... 109 Abb. 125: Frauenempore Quelle: vom Autor selbst erstellt (Okt. 2015) ...... 109

Tabellenverzeichnis

Tab. 5: Faktentabelle der Vergleichsobjekte im Überblick Quelle: vom Autor selbst erstellt (Sept. 2015) ...... 65 Tab. 6: Auflistung der im Zuge der Rekonstruktion angelegten Projekte Quelle: vom Autor selbst erstellt (Sept. 2015) ...... 67 Tab. 7: Ebenenstruktur in ArchiCAD Quelle: vom Autor selbst erstellt (Sept. 2015) ...... 68 - 69 Tab. 8: Geschoßeinstellungen in ArchiCAD Quelle: vom Autor selbst erstellt (Sept. 2015) ...... 73

119

Anhang

A-1 Bundesamt für Eich und Vermessungswesen

A-1 – 1: Katasterblatt FF_33003_6_1909; Quelle: Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen

120

A-1 – 1: Katasterblatt FF_33003_7_1909; Quelle: Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen

121

A-1 – 1: Katasterblatt LD_33003_6_1950; Quelle: Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen

122

A-1 – 1: Katasterblatt LD_33003_7_1950; Quelle: Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen

123

A-1 – 1: Katasterblatt OM_33003_6; Quelle: Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen

124

A-1 – 1: Katasterblatt OM_33003_7; Quelle: Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen

125

A-2 Bildmaterial

A-2 - 1: Postkarte, ohne Datierung; Quelle: Landesarchiv Burgenland

A-2 - 2: Fliegeraufnahme Deutschkreutz, ohne Datierung; Quelle: Landesarchiv Burgenland

126

A-2 - 3:Quelle: Gemeinde Deutschkreutz

A-2 - 4: Quelle: Gemeinde Deutschkreutz 127

A-2 - 5: Quelle: Gemeinde Deutschkreutz

A-2 - 6: Quelle: Gemeinde Deutschkreutz

128

A-2 - 7: Das Grundstück der ehemaligen Synagoge, ohne Datierung; Quelle: Gemeinde Deutschkreutz

A-2 - 8: Quelle: Gemeinde Deutschkreutz

129

A-2 - 9: Quelle: http://www.scholemandfriends.com/JH/Deutschkreutz/JH-Deutschkreutz.htm

A-2 - 10: Quelle: Gemeinde Deutschkreutz 130

A-2 - 11: Quelle: Gemeinde Deutschkreutz

A-2 - 12: Quelle: http://magyarokegylete.ewk.hu/_userfiles_/magyarokegylete/gallery/

131

A-2 - 13: Quelle: Österreichische Nationalbibliothek - Bildarchiv

A-2 - 14: Quelle: TU Wien, Institut für Architektur und Entwerfen

132

A-3 Schriftverkehr und Versicherungspolizzen

A-3- 1: Versicherungspolizze, 1856

133

A-3- 2: Protokoll über die Bauuntersuchung der Synagoge, 1857

134

135

136

A-3- 3: Protokoll über die Baufälligkeit der Synagoge, 1858

137

138

A-3- 4: Versicherungspolizze, 1856

139

A-3- 5: Versicherungspolizze, 1866

140

A-3- 6: Versicherungspolizze, 1874

141

A-3- 7: Versicherungspolizze, 1886

142

A-3- 8: Briefverkehr zwischen Baumeister Wanitzky und der IKG Deutschkreutz, 1859 (lt. Information des Landesarchivs Burgenland, handelt es sich hierbei um eine Zahlungsaufforderung, welche von der IKG Deutschkreutz an Baumeister Wanitzky zu entrichten sei)

143

A-3- 9: Auszug aus der Synagogenordnung

144

A-3- 10: Protokoll eines Gespräches mit Josef Presch, Kobersdorf 1990 von Dr. Adalbert Putz

145