Renaissancegiebeln geschmückt sind und durch Kessel- Reinickendorfer haus und Schmiede verbunden sind. Im Nebengebäude 3 ë links der Zufahrt hatten der Pförtner und der Kutscher Industriespaziergänge ihre Wohnungen. 7 F.W. Pest und 8 Transformatorenfabrik Görler Dort, wo sich die Flottenstraße im Zwickel von Kremmener Flottenstraße Bahn und Nordbahn ihrem Ende zuneigt, siedelten sich - im Wandel der Industriearchitektur weitere Industrieunternehmen an. F.W. Pest (Flotten- straße 56) stellte vornehmlich Kessel und Bottiche für Ausgangspunkt: S-Bahnhof Alt-/ das Brauereigewerbe her. Eine 1917 errichtete Ferti- Linie S 25, Ziel: S-Bahnhof /Linie S 1 gungshalle ist noch erhalten, wird jedoch von einem C.L.P Fleck Söhne moderneren Bürotrakt verdeckt. Mit der Firma Görler Eisengießerei Carl Schoening war in der Flottenstraße 58 lange Zeit ein Unternehmen der Elektrobranche ansässig, das vornehmlich Transfor- 6 C.L.P Fleck Söhne preisgegebene, Industriedenkmal der erneuten Wieder- matoren herstellte und dem die Kabelwerke Reinshagen belebung. C.L.P Fleck Söhne, ein Hersteller von Maschinen zur nachfolgten. Das ganze Areal mit seinen Industrie- Holzbearbeitung, war bereits 1892 als erstes Industrie- bauten ist heute ein verschachteltes Konglomerat von J A. Dinse Maschinenbau unternehmen an die ländliche Flottenstraße gezogen. unterschiedlichsten kleinen und mittleren Firmen. Wie bei Hein, Lehmann & Co spielte der Historismus Auch das gegenüber gelegene Backsteingebäude bei der architektonischen Gestaltung noch eine große 9 Eisengießerei Carl Schoening Kopen­hagener Straße 59-75 steht unter Denkmalschutz. Die von dem renommierten Industriearchitekten Bruno Rolle. Hier wurden Formen der Neo-Renaissance Auf jeden Fall lohnt ein Abstecher in die Kopenhagener gewählt und da das familiengeführte Unternehmen gestaltete sachliche Fassade führt uns in die Jahre Straße. Dort befindet sich mit den Hausnummern 60-74 1921 bis 1923. A. Dinse fertigte u.a. Hebezeuge und noch bis 1980 hier produzierte, blieb die Werksanlage ein weiteres Kleinod der Industriekultur. Die Eisengie- weitgehend im ursprünglichen Zustand erhalten. Sie Fahrzeugwaagen. Bereits 1934 verlegte die Firma ihren ßerei Carl Schoening zog 1898 von der Weddinger Ufer- Sitz nach -Weißensee, den Expansionsplänen der repräsentiert deshalb bis heute in idealer Weise eine straße auf ein großes Grundstück an der Kopenhagener Fabrik des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Rechts Argus Motorenwerke weichend, die dadurch ihr Werks- Straße, in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof Reinicken- gelände bis an die Nordbahn ausdehnen konnten. neben der Zufahrt steht die Unternehmervilla, die dorf- (heute Wilhelmsruh) der Nordbahn. auch der Verwaltung diente, dahinter zwei große Auch hier bildet ein Direktionsgebäude im Stil der Neo- K Bahnhof Wilhelmsruh Montagehallen, die an den Stirnseiten mit herrlichen Renaissance den Blickfang zur Straße hin. Die dahinter Die Nordbahn mit dem Bahnhof Wilhelmsruh darf als Fotos: BBWA/N. Ritter liegenden Fabrikationshallen wurden recht schmucklos entscheidender Faktor für die Industrialisierung von und eng beieinander liegend errichtet. Bis 1918 waren Reinickendorf-Ost und der Niederlassung von Unter- sämtliche Gebäude, wie sie sich fast unverändert bis in nehmen an Kopenhagener und Flottenstraße gesehen unsere Zeit gerettet haben, fertig­gestellt. Das Gießerei- werden. In den Jahren 1908 bis 1910 wurden die bis gebäude steht eng an der östlichen Grundstücksgrenze. dahin ebenerdig geführten Gleise auf den Bahndamm Erhalten geblieben ist auch die Verladeanlage für Güter, verlegt. Den Zugang zum Bahnsteig vermittelt ein Nähere Informationen zu diesem Spaziergang: die über die Industriebahn der Gemeinde Reinickendorf Eingangsportal, das zu jener Zeit noch in einem histo- Berlin-Brandenburgisches Wirtschaftsarchiv e.V. an- und abgefahren wurden. 1987 ging die Eisen­ risierenden Burgenstil ausgeführt wurde und bis heute Eichborndamm 167, Haus 42 gießerei Carl Schoening als letzte Eisengießerei in vereinfachter Form erhalten ist. Die Brücke über die 13403 Berlin in Konkurs, wurde aber von dem Gießerei-Ingenieur Kopenhagener Straße und das Treppenhaus im S-Bahn- Tel. 030 41 19 06 98 Albert Winkelhoff wiederbelebt, um 2014 endgültig typischen Gewächshausstil mögen noch einmal an die [email protected] ihren Betrieb einzustellen. Seitdem harrt dieses her Aktivitäten der Stahlbauunternehmen der Flottenstraße www.bb-wa.de erneuten vorragende, dem zunehmenden Verfall erinnern. Die Flottenstraße ist gewiss kein Ort zum genüsslichen hier bestehende Firma fertigte Flugzeugmotoren und Spazieren und die zu entdeckende Industriegeschichte wurde gezielt zu einem Zentrum der nationalsozialisti­ offenbart sich oft erst auf den zweiten Blick. Wie in kaum schen Luftwaffenindustrie ausgebaut. In dieser Folge einer anderen Straße lässt sich hier der Wandel der wurde der jüdische Firmeninhaber Moritz Strauß 1938 Industriearchitektur von den Anfängen der Industriali­ gezwungen, sein Unternehmen unter Wert zu verkaufen, sierung Reinickendorfs bis in die Gegenwart erleben. und Argus erhielt mit Heinrich Koppenberg die gleiche Waren es anfänglich noch Stilvarianten des Historismus, Firmenleitung, wie die Junkers Flugzeugwerke in Dessau. mit denen die Industrieansiedler ihre Fassaden schmück- Andere ursprünglich hier ansässige Firmen wurden ten, gewann später die Sachlichkeit die Oberhand, die Schritt für Schritt verdrängt, das Werk zwischen 1935 sogar in die Gestaltung eines nationalsozialistischen und 1942 umgebaut. Rüstungsbetriebes einfloss. Die noch erlebbare Stahlbau Gossen Johann Weiss Dem mit dem Umbau betrauten Architekten gelang es „Moderne“ wurde auch in der Flottenstraße längst entgegen streng nationalsozialistischer Architektur­ durch Industriebauten abgelöst, die jeglichen Anspruch auffassung eine eher sachliche Industriearchitektur zu an architektonische Gestaltung vermissen lassen. dörfliche Umgebung einfügen. Erlebbar ist diese Gesamt- erhaltenen Fabrikationsbau der Industriearchitektur der anlage nur noch in Ansätzen. Einzig eine schöne Montage- Moderne aus den fünfziger Jahren des vergangenen Jahr- verwirklichen. Nur vereinzelt, wie bei der Gestaltung Ihren Namen erhielt die Flottenstraße nach dem 1898 halle aus Stahlfachwerk und mit Backsteinen ausgefacht hunderts (errichtet 1961/62, Eduard Brettschneider). des Hauptportals, kamen eher monumentale Formen gegründeten Deutschen Flottenverein. Seine „patrio­ (1930) kann man von der Zufahrt erspähen. Die Firma Zur Flottenstraße hin ist das Verwaltungsgebäude mit der NS-Architektur zur Anwendung. An der Ecke tische“ Aufgabe war es, Verständnis und Interesse für Gossen war einer der renommiertesten Stahlbau­ der Hofzufahrt gelegen, an das die Fertigungshallen mit Kopenhagener Straße entstanden das bis heute ur- den Aufbau der kaiserlichen Marine und der damit ver- betriebe Berlins. Man denke an stählerne Brücken für ihren bogenförmigen Sheddächern entlang der Montan­ sprünglich erhaltene „Gefolgschaftshaus“ mit Kantine bundenen Kosten im Deutschen Volk zu wecken. Eisenbahnen und die Hochbahnviadukte der Berliner straße anschließen. Johann Weiss fertigte Etikettier­ und Sozialräumen und der zu Kriegszeiten unentbehr- und Hamburger Hochbahn und riesige Fertigungshallen maschinen für die Verpackungsindustrie und wurde lich gewordene Bunker. Das alte Argus-Verwaltungs­ für die industrielle Produktion, nicht zu vergessen Hoch- 1986 von der Piepenbrock-Verpackungstechnik über- gebäude wurde in die neue Fassade integriert, wie 1 Stahlbau Gossen häuser, die in der revolutionären Stahlskelettbauweise nommen, die heute von dem benachbarten Grundstück auch die alten Sheddachhallen hinter der neuen Hoch- An der Flottenstraße 5-6 findet sich etwas zurückgesetzt errichtet wurden, wie das Borsig-Hochhaus in . An aus Dienstleistungen für das Gebäudemanagement glanzfassade erhalten blieben. Als trauriger Höhepunkt das ehemalige Verwaltungsgebäude der Stahlbau Gossen allem hatte Stahlbau Gossen seinen Anteil. anbietet. bliebe zu erwähnen, dass hier nicht nur, wie in anderen kriegswichtigen Unternehmen auch, ausländische (jetzt Oswald Bethke Holzgroßhandlung). 1910 war die 4 bereits 1881 in Berlin gegründete Firma nach einem 2 Alba Hein, Lehmann & Co Zwangsarbeiter ihren Beitrag zur Rüstungsindustrie zu liefern hatten, sondern ab 1944 auf dem Gelände auch Zwischendomizil an der Reinickendorfer Sommerstraße Auf dem Nachbargrundstück Flottenstraße 7-9 hat sich In der Einöde neuzeitlicher Fabrikationsstätten hat sich eine Außenstelle des Konzen­trationslagers Oranienburg auf ein großes Grundstück an der Flottenstraße 1-8 das Müllentsorgungs- und Recyclingunternehmen Alba das Verwaltungsgebäude von Hein, Lehmann und Co eingerichtet wurde. gezogen. Die neu errichtete Fabrikanlage orientierte niedergelassen. Was 1968 von dem Bauingenieur Franz erhalten, wie bereits Gossen ein Unternehmen, das sich an den Bauformen einer ländlichen Gutshofanlage Josef Schweitzer mit 6 Mitarbeitern und 2 Lastwagen sich mit Eisenkonstruktionen befasste. Bereits 1897 war man mit der Sparte Eisenbahn-Signalbau aus Berlin an und sollte sich unter Verzicht auf historisierende Reprä­ gegründet wurde, ist heute zu einem Branchenprimus Argus Motorenfabrik, ehemaliges „Gefolgschaftshaus“ die Reinickendorfer Flottenstraße gezogen. So orientierte sentationsarchitektur bewusst in die damals noch sehr der Abfallwirtschaft geworden, der in vielen Ländern sich das repräsentative Verwaltungsgebäude zeitgemäß Europas und in China tätig ist. Exemplarisch mag das noch ganz an der Formensprache des Historismus, im Firmengelände für die allgemeine Entwicklung der vorliegenden Fall der märkischen Backsteingotik. 1935 Wilhelmsruh Gestaltung von Industrieanlagen stehen, die von der musste man dem Flugzeughersteller Heinkel weichen Abwesenheit jeglichen architektonischen Ansatzes und zog nach Düsseldorf, wo bereits seit 1885 der Eisen­- K geprägt und nur noch an Erfüllung der reinen Funktio- konstruktionsbau ansässig war und von wo aus u.a. der J nalität ausgerichtet ist. Berliner Funkturm und die Kölner Hohenzollern­brücke 1 9 geplant und gebaut wurden. 2 3 Johann Weiss Maschinenfabrik 3 4 5 und Apparatebau 5 Argus Motorenfabrik Alt-Reinickendorf 6 7 8 Einen architektonischen Lichtblick bietet das Eck- Das Gelände der Argus Motorenfabrik wird von einem grundstück auf der anderen Seite der Montanstraße. Monumentalbau, den die Rüstungsindustrie des Dritten Es ist das Beispiel für einen typischen und dazu gut Reiches hervorgebracht hat, dominiert. Die seit 1908