Über Den Dörfern Neue Dimensionen Des Kranichzugs Im Seewinkel Zur Gründungszeit Des Nationalparks War Bereits Ein Dutzend Rastender Kraniche Eine Kleine Sensation
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© NATIONALPARK WINTER 7142 Illmitz, Hauswiese, & 02175/3442, Österreichs einhundertzweite Nationalparkzeitung [email protected] • www.nationalpark-neusiedlersee-seewinkel.at Nr. 4 / Dezember 2018 „Gruu, gruu“ über den Dörfern Neue Dimensionen des Kranichzugs im Seewinkel Zur Gründungszeit des Nationalparks war bereits ein Dutzend rastender Kraniche eine kleine Sensation. Mit der Wiedereinführung der Beweidung am Seerand entstan- den offene Seicht- wasserflächen, die schon bald auch von durchziehenden Vögeln frequentiert wurden. Dieses Jahr spielte sich dort um Allerheiligen ein einzigartiges Natur- schauspiel ab: Rund 12.000 Kraniche sammelten sich im Seevorgelände bei Illmitz sowie auf der Graurinderkoppel bei Apetlon, um hier auf ihrem Zug in die Überwinterungsge- biete im Süden Rast Foto: Frießer P. zu machen. Besonders gut angenommen werden als Rastplätze im Herbst Seichtwasserbereiche im Seevorgelände. Heuer hat sich das Ufer beim Illmitzer See- wäldchen als besonders beliebt herausgestellt: Mehr als 9.000 Kraniche nächtigten dort vom 1. auf 2. November. Lange Beine, schlanker Hals Vögel. Ihre Luftröhre ist wodurch sie in der Lage – dies sind die Markenzei- ein wenig verlängert und sind, laute, trompetenähn- chen der großen, eleganten führt durch das Brustbein, liche Rufe auszustoßen. Ihr typischer Ruf „gruu, gruu“ ist deshalb Kilometerweit zu hören und gehört mitt- lerweile zum typischen Klangbild des Seewinkels im Herbst. Männchen (Hähne) und Weibchen (Hennen) sind kaum voneinander zu unterscheiden. Bei beiden hebt sich die schwarz-weiße Zeichnung des Kopfes und des Halses mit der roten, federlosen Kopfplatte vom grauen Gefieder ab. Jungvö- Foto: C. Bosch / BirdLife Österreich gel sind anfangs bräunlich Ausgewachsene Kraniche erkennt man an der deutlichen Schwarz-Weiß-Zeichnung von Kopf und Hals, die federlose Kopfplatte ist im Flug nur schwer auszumachen. gefärbt und besitzen erst nach drei bis vier Jahren das nach Russland. Als Brutre- typisch ist, sind die Jungen Welche Route? völlig ausgefärbte Erwachse- vier werden feuchte Verlan- Nestflüchter und folgen den Auf ihrem Weg in die Über- nengefieder. dungszonen von Gewässern, Altvögeln bereits 24 bis 30 winterungsgebiete gibt es Ab dem vierten Lebens- Nieder- und Hochmoore Stunden nach dem Schlupf über Europa drei große Zug- jahr beginnen Kraniche zu sowie Feuchtwiesen besetzt. zur Nahrungssuche. In den brüten. Die Paare bilden da- Die Nester werden etwas ersten Wochen füttern die bei langfristige Partnerschaf- erhöht aus Pflanzenmaterial Eltern die Jungtiere noch, ten und bleiben oft bis an ihr im seichten Wasser errich- danach suchen sie eigen- Lebensende zusammen. tet. Das Wasser schützt die ständig nach Futter, und In Europa brüten mehr Brut dabei vor Räubern wie schon mit zehn Wochen Foto: Frießer P. Der schönste Schmuck der Kraniche ist die Schleppe mit als 130.000 Kranichpaare Fuchs oder Wildschwein. sind die Kleinen flugfähig. langen Federn, die während der Balz aufgestellt werden. – von Nordwesteuropa bis Wie es für Bodenbrüter Unser Naturerbe. 2 Nationalpark Winter-Geschnatter Nr. 4 / Dezember 2018 routen, auf denen sich die Überfliegen- Kraniche überwiegend be- de Kranich- wegen (siehe Karte): trupps hört • Vögel der westeuropä- man schon von weitem ischen Route brüten in – ihr trom- Skandinavien (v. a. Norwe- petendes gen und Schweden), dem „Gruu, gruu“ Baltikum und Mitteleuropa ist leicht zu und fliegen zum Überwin- unterschei- tern nach Frankreich und den von den Rufen der Spanien. Gänsefor- • Die baltisch-ungarische mationen. Route wird von den meis- ten in Finnland brütenden Kranichen, sowie den Brut- vögeln Mittel- und Ostest- lands genutzt. Ein bedeu- tendes Rastgebiet auf dieser Route ist der Nationalpark Hortobágy in Ostungarn, wo sich manchmal bis zu Foto: Karsten Peter / NABU Kranichzentrum 160.000 Kraniche gleichzei- tig aufhalten. Die Überwin- • Die osteuropäische Route russlands über das Schwarze weiter nach Ostafrika. Routen. Dabei zeigt sich Kranichen heuer gleichzei- terungsgebiete dieser Vögel verläuft von den Brutge- Meer und die Türkei nach Bei allen drei Routen zunehmend die Tendenz, tig im Gebiet. ziehen sich hinunter bis ins bieten Südost-Finnlands, Israel, wo bereits ein Teil gibt es auch Überwinte- dass Kraniche weiter nörd- nördliche Afrika. Ostestlands sowie West- überwintert. Der Rest zieht rungsplätze entlang der lich überwintern.Und noch Erster Bruterfolg eine Neuerung scheint sich in Österreich in den letzten Jahren abzu- Als Brutvogel war der Kra- zeichnen: Mehr und mehr nich bis Mitte des 19. Jahr- Kraniche zweigen von der hunderts häufig im Hanság baltisch-ungarischen Rou- anzutreffen, einzelne Bruten te ab und fliegen Richtung im Raum Neusiedler See Westen. Die genauen We- gab es vermutlich noch bis ge sind noch unklar und ungefähr 1900. In Oberös- scheinen sich gerade neu terreich ist das letzte Brut- zu etablieren. So zeichnen vorkommen Österreichs für sich „Querverbindungen“ 1885 dokumentiert. Wenig zwischen der baltisch-un- später wurde der Brutplatz – garischen Route und der nach Entsumpfungsarbeiten westeuropäischen Route – aufgegeben. Seither galt nördlich und auch südlich der majestätische Kranich der Alpen ab. in Österreich als Brutvogel Zu diesen „Abzweigern“ ausgestorben. vom baltisch-ungarischen Wie BirdLife Österreich Zugweg gehören auch jene jedoch kürzlich bekannt Kraniche, die in den letz- gab, konnte heuer im Wald- ten 10 bis 15 Jahren den viertel der erste Bruter- Seewinkel für sich entdeckt folg eines Kranichpaares haben und nun bei uns ras- seit mehr als 100 Jahren in ten. Bedingungen, die diese Österreich dokumentiert Zugvögel an die Rastplätze werden. stellen, sind neben geeig- Insgesamt lässt sich be- neten Futterplätzen auch obachten, dass die Kranich- Schlafplätze mit seichtem bestände in Europa zuneh- Wasser, an denen die Trupps men und dass sich die Ver- nachts im Stehen schlafen breitungsgrenze nach Süden und so vor Fressfeinden gut verschiebt. Es ist also nicht geschützt sind. Die seichten unwahrscheinlich, dass sich Abseits der etablierten Routen kommt derzeit in Mitteleuropa einiges in Bewegung. So deuten die Daten darauf hin, Wasserflächen im Seevorge- über kurz oder lang auch dass sich Querverbindungen zwischen der baltisch-ungarischen und der westeuropäischen Route herausbilden. lände bei Illmitz sowie im im Nationalpark Neusiedler Die genauen Wege sind allerdings noch nicht ganz klar und benötigen noch intensivere Erforschung. Bereich der Graurinderkop- See - Seewinkel wieder eine pel bieten somit ideale Be- Kranichpopulation etab- dingungen für die eleganten liert. Vögel. Bis dahin bleibt uns je- In den letzten zehn Jah- doch jeden Herbst den Ru- ren sind von Ende Oktober fen der Kraniche auf ihrem In eigener Sache bis Anfang November je- Durchzug zu lauschen und des Jahr mehrere hunderte die langbeinigen Tiere auf Verstärkung am Apetloner Hof bis tausende Kraniche im ihren Rastplätzen im Gebiet er Nationalpark besteht auf österreichischer Seite Gebiet beobachtet worden – in gebührendem Abstand aus tausenden Parzellen. Diese digital zu erfassen – mit der beeindruckenden von den Beobachtungsplät- Dund die erforderlichen Managementmaßnahmen Menge von rund 12.000 zen aus – zu beobachten. zu planen bedeutet andauernden Aufwand. Frischer Wind fürs GIS Das Nationalparkteam im Verwaltungsgebäude am Apet- loner Hof hat Verstärkung bekommen: Seit 1. Oktober ist die Golserin Daniela Stiegelmar im Bereich GIS (Geo- grafisches Informationssystem) aktiv, wobei vor allem die Anwendung des Nationalpark-GIS für das Naturraum- management zu ihren Aufgaben zählt. Darüberhinaus wird sie das GIS für die Entwicklung von naturschutz- – hat sie als Mitarbeiterin im Verein BERTA (Burgenlän- relevanten Bewirtschaftungsplänen nutzen. Die Abwick- dische Einrichtung zur Realisierung Technischer Agrar- lung von Förderprojekten des Nationalparks und die projekte) in dessen Büro Neusiedl/See gewonnen. Dieser Erstellung neuer Projektanträge nehmen ebenfalls einen Verein fungiert als Projektträger für Förderprojekte im Teil der Arbeitszeit in Anspruch. Österreichischen Programm für die Ländliche Entwick- Ihre umfangreiche Berufserfahrung – verbunden mit ei- lung. Erreichbar ist Daniela Stiegelmar unter d.stiegelmar@ Fotos: R. Kogler / Archiv NP Neusiedler See ner exzellenten Gebietskenntnis in der Nationalparkregion nationalpark-neusiedlersee-seewinkel.at. Der Jungvogel weist noch eine braun-gräuliche Färbung auf, erst mit drei bis vier Jahren ist das Gefieder ausgefärbt. Nr. 4 / Dezember 2018 Nationalpark Winter-Geschnatter 3 Gänsefang für die Wissenschaft INHALT Wo fliegen die alle nur herum? Sieh da! Sieh da, Timotheus… 1 … 12.000 Kraniche des Ibykus bei uns! ERWISCHT. Im Rahmen des von der EU geförderten In- Ganter sucht Gans 3 terreg-Projekts „Vogelwarte 170 Gänse tragen jetzt einen Ring 2“ wurden im Nationalpark in Zusammenarbeit mit der Schilfinsel-Hüpfen 4 Biologischen Station Illmitz Von Boschen und Böschl der Rohrmocha und mit Unterstützung des Nationalparks Fertö-Hanság Ende Juni dieses Jahres Meinungen & Deinungen… 5 knapp 170 Graugänse ge- …zum starken Auftritt der Kraniche 2018 fangen und „beringt“. Viele freiwillige Helfer aus Öster- Kein Heckenklescher! 6 reich und Ungarn unter der Auszeichnung für Hecken und Bodenschutz Leitung der Ornithologin Beate Wendelin versahen die Essbares Gols 7 Gänse nach dem Fangen mit Pflückobst im Kreisverkehr vogelfreundlichen, gelben, aus Plastik gefertigten Hals- Das Nationalpark Interview 8 manschetten mit schwarzer Fotos: Archiv NP Neusiedler See