Ökumenischer Preis 2016 an Frank-Walter Steinmeier
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B 215 75 F zur debatte 5/2016 Themen der Katholischen Akademie in Bayern 2 11 15 31 Bundesaußenminister Dr. Frank-Walter Prof. Dr. Thomas Sternberg, Präsident Zentralratspräsident Dr. Josef Schuster Prof. Dr. Markus Lienkamp sieht in Elek- Steinmeier plädiert für neue Wege des des ZdK, stellt den Außenminister in sei- stellt jüdisches Leben im Deutschland troautos die Grundlage zukünftiger Mo- Dialogs in Europa ner Laudatio als „Knotenlöser“ vor von heute vor bilität 10 14 23 35 Ein Grußwort der Bayerischen Staats- Das Schlusswort bei der Preisverleihung Bedeutende Werke und entscheidende Albert von Schirnding begrüßte diesmal regierung überbrachte Staatsministerin hielt Reinhard Kardinal Marx Punkte in der Biographie von Max Reger in seiner Reihe Jenny Erpenbeck Dr. Beate Merk erläutert Prof. Dr. Dr. Michael Hartmann Ökumenischer Preis 2016 an Frank-Walter Steinmeier Anlässlich eines Festaktes mit rund 300 Ehrengästen erhielt Elke Büdenbender, die Ehefrau des Geehrten, Außen- Bundesaußenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier am 11. minister Dr. Frank-Walter Steinmeier, Laudator Prof. Dr. Juli 2016 den Ökumenischen Preis der Katholischen Aka- Dr. Thomas Sternberg und Akademiedirektor Dr. Florian demie Bayern. Die Laudatio hielt Prof. Dr. Thomas Stern- Schuller (v.l.n.r.). Lesen Sie im Anschluss die überarbeite- berg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholi- ten Reden des Festaktes, eine Presseschau sowie die Preis- ken. Auf dem Foto zu sehen: Kardinal Reinhard Marx, begründung und sehen Bilder rund um die Preisverleihung. Die Welt ist aus den Fugen – Editorial was hält uns zusammen? Bundesminister Frank-Walter Steinmeier Liebe Leserinnen und Leser! Es ist mir eine Ehre, mit dem Öku- Politik (bzw. Gesellschaft), Kultur menischen Preis der Katholischen Aka- (bzw. Kunst) und Religion (bzw. bib- demie Bayern ausgezeichnet zu werden. lisch fundierter Glaube): dieses Drei- Als mich die gute Nachricht vor ein eck präsentiert deutlich die neue paar Monaten erreichte, habe ich mich gefreut. Aber ich habe mich gleichzeitig Ausgabe unserer „debatte“. gefragt: Bin ich der Richtige? Wie in politischem Handeln Reli- Ich komme, wie manche vielleicht gion präsent sein kann, wurde bei- wissen, aus einem kleinen Dorf im Lip- spielhaft deutlich bei der Verleihung pischen. Seit 1538 ist unser Landstrich des Ökumenischen Preises an Bun- evangelisch, seit dem 17. Jahrhundert ist desaußenminister Dr. Frank-Walter unser Landstrich evangelisch-reformiert, und das mit allem, was dazu gehört! Ich Steinmeier. Es war eine Veranstal- erinnere mich an Menschen mit großem tung, die immer noch Wellen innerem Ernst, an Pastoren mit wort- schlägt. starker, zuweilen donnernder Predigt. Anders gelagert, aber genauso in- Und die hatte lang und ausführlich zu tensiv zeigte sich die Zuordnung sein! Ein Gottesdienst unter einer Stun- de wäre als Arbeitsverweigerung ver- von Politik und Religion im Grund- standen worden. Die Liturgie bei uns ist satzreferat von Dr. Josef Schuster, karg, ein Kreuz in manchen reformier- dem Präsidenten des Zentralrats der ten Kirchen der einzige Schmuck, in Juden in Deutschland, zur Situation vielen nicht einmal das. Das war meine jüdischen Lebens in Deutschland Welt. Und daneben gab es keine andere bis zum Ende meiner Grundschulzeit. Kardinal Reinhard Marx und Dr. heute. In der Oberschule ging es dann in die Hans-Jochen Vogel trafen sich schon Aber auch der Bericht über den nächstgrößere Stadt. Auch die überwie- vor dem Eingang. Stand der Forschung und Entwick- gend reformiert, aber eben nicht nur: Es lung von Elektromobilität gehört in gab eine lutherische Kirche. Und für diesen Kontext. Nicht erst seit Lau- uns Kinder oder schon Jugendliche war das eine andere Welt. Die Lutherischen dato si‘ von Papst Franziskus steht erschienen uns genauso fremd wie die das Thema Nachhaltigkeit und Katholiken. Oder noch anders: Das Re- im Jahre 1958. Ich glaube, keiner von Tagung damals fand nicht nur große Schöpfungsverantwortung ganz formierte war das Normale, das Luthe- uns war dabei, obwohl ich hier im Raum öffentliche Beachtung, sie löste auch er- oben auf der kirchlichen Agenda. rische die „andere“ Kirche, oder die Kir- viele weiße Schöpfe sehe. Damals fand hebliche politische Irritationen aus. Sie Übrigens sind die kirchlichen Insti- che der „Anderen“, auch weil es Katho- an der Katholischen Akademie die so- war ein prägendes Ereignis für die ge- tutionen im deutschen Register von liken nicht gab. Jedenfalls nicht in mei- genannte „Sozialismustagung“ statt. sellschaftliche Neuordnung der jungen ner kleinen Welt, wo Schulen und Ar- Einer, der sich gut daran erinnert – der Bundesrepublik. Es waren Veranstal- EMAS, dem EU-weiten Validie- beitsplätze nah waren und Mobilität – ehemalige Vizepräsident der Katholi- tungen genau wie diese hier in Ihrem rungssystem für Nachhaltigkeit, mit auch als Wort – noch nicht erfunden schen Universität Eichstätt, Heinz Hür- Haus, Herr Dr. Schuller, die allmählich am stärksten vertreten. Nicht zu- war! Nur sieben Kilometer von meinem ten, – hat eindringlich beschrieben, dass dazu führten, das Eis zwischen SPD letzt unsere Akademie nimmt ihre Dorf verlief die Landkreisgrenze, weit es dabei um nicht weniger ging, als das und katholischer Kirche zu brechen. EMAS-Validierung weiterhin sehr mehr als die Grenze einer kommunalen Verhältnis der katholischen Kirche zur Und damit bin ich beim Thema: Öku- Einheit, eine scharfe konfessionelle SPD. Das war zu dieser Zeit ein Wag- mene. Der Überwindung von Trenn- ernst und verbindet sie mit gesell- Grenze. Dort auf der anderen Seite do- nis! Das war delikat! Und man möchte linien. Von konfessionellen Trennlinien, schaftlicher Verantwortung nach minierte Paderborn! Damals noch präg- sich die Diskussionen hier im Hause ideologischen, auch politischen? innen und außen. te das Wort des allgegenwärtigen Bi- gerne vorstellen. Etwa, die Ausführun- Was bedeutet Ökumene denn in unse- Umgekehrt wurden Kultur und schofs dort kirchliches Leben und All- gen von Carlo Schmid, der dafür warb, rer Gesellschaft? Was bedeutet Ökume- Religion in ihrer gegenseitigen Be- tag der Menschen durch und durch! ideologische und konfessionelle Linien ne in einer Welt, in der religiöse und po- Obwohl nur einen Steinwurf weit von- in einem gemeinsamen, politischen litische Gegensätze mit immenser Kraft reicherung deutlich, als es um den einander entfernt, hatten diese Welten Menschenbild zu überwinden. Die aufeinander zu prallen scheinen. Und – 100. Todestag des Komponisten kaum, eher keine Berührung. Obwohl Max Reger ging, dessen Choral- die Schule, das Gymnasium in der ka- phantasien für Orgel religiöse The- tholischen Kleinstadt näher war, blieb men bearbeiten, wie auch viele sei- man doch lieber im Evangelischen, auch wenn’s ein paar Kilometer mehr ner Chorwerke. waren. Selbst beim Fußball begegnete Politik und Kultur wiederum zeig- man sich nicht, da auch die Fußball- ten sich am Autorenabend mit der Ligen sich an den Kreisgrenzen orien- Erzählerin Jenny Erpenbeck, die ge- tierten. sellschaftliche Herausforderungen Da komme ich her! Da darf man sich faszinierend ins Wort bringt. schon mal fragen, ob man der Richtige für diesen Preis ist. Oder mit anderen Die drei Bereiche Gesellschaft – Worten: Ökumene war mir jedenfalls Kultur – Glaube als thematisches nicht in die Wiege gelegt. Dreieck mit immer neu austarierten Der Ökumenische Preis wird verlie- Querverbindungen in Beziehung zu hen für die Förderung der Una-Sancta- setzen, gehört zur Kernarbeit einer Bewegung, des Gedankens der „einen Kirche“ und damit für das Bemühen um Akademie. Lassen Sie sich überra- eine gelebte Ökumene. Ich glaube, mei- schen, wie wir dies nach den Som- ne Damen und Herren, mehr als wir hier merferien im zweiten Halbjahr 2016 gerade, kann man die Ökumene kaum fortsetzen. Zunächst aber einen er- leben: Hier vor Ihnen, in Bayern, in der freulichen, erholsamen, lektüre- Katholischen Akademie, steht ein – wie Sie jetzt gelernt haben – Evangelisch-Re- freundlichen, aufbauenden Monat formierter aus Ostwestfalen. Ein Sozial- August! demokrat noch dazu. Und: Eine Katholi- kin habe ich auch noch geheiratet! Ihr Lieber Herr Schuller, für gelebte Ökumene steht Ihre Akademie aber nicht erst, seitdem hier Ostwestfalen auf der Bühne sprechen. Für Gemeinschaft Landesbischof Heinrich Bedford- – über konfessionelle, über ideologische Strohm und Frank-Walter Steinmeier: Trennlinien hinweg – steht Ihr Haus Austausch im Park der Akademie. Dr. Florian Schuller seit Jahren! Ich will hier an eine beson- dere Tagung in der Akademie erinnern, 2 zur debatte 5/2016 darauf möchte ich heute ganz beson- ders eingehen: was bedeutet Ökumene in Europa? Einem Europa, an dem un- Themen heimliche Fliehkräfte zerren, in dem Nationalismen wieder aufbegehren. „zur debatte“ „Europa“ wie „Ökumene“ haben viel- leicht nicht ganz zufällig beide ihre Editorial 2 Wurzeln im Griechischen. „Oikein“ = „wohnen“ und „oikos“ = „Haus“, viel- Ökumenischer Preis 2016 leicht „bewohnte Erde“. Sie, lieber Herr an Frank-Walter Steinmeier 1 Dr. Schuller, haben hier in diesem Haus einmal ausgeführt, dass vor allem der Die Welt ist aus den Fugen – Apostel Paulus ein Verb verwendet, das was hält uns zusammen? sich davon ableitet: „oikodomein“, „auf- Bundesminister bauen“, „ein Haus bauen“. Diese Be- Frank-Walter Steinmeier 2 schreibung finde ich sehr schön, sie Begrüßung malt ein Bild von Gemeinschaft. Und: Florian Schuller 8 sie beschreibt die Gestaltung dieser Ge- meinschaft als einen Prozess. Grußwort Wir alle wissen aus eigener Erfahrung: Staatsministerin Dr. Beate