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Super alta perennis Studien zur Wirkung der Klassischen Antike Band 11 Herausgegeben von Uwe Baumann, Marc Laureys und Winfried Schmitz Matthias Becher / Alheydis Plassmann (Hg.) Streit am Hof im frühen Mittelalter Mit 12 Abbildungen V&R unipress Bonn University Press Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-89971-884-3 ISBN 978-3-86234-884-8 (E-Book) Veröffentlichungen der Bonn University Press erscheinen im Verlag V&R unipress GmbH. Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft. 2011, V&R unipress in Göttingen / www.vr-unipress.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Printed in Germany. Titelbild: Blendung Leos III. aus der Sächsischen Weltchronik, Ms. a. 33, fol. 57v (Staats- und Universitätsbibliothek Bremen) Druck und Bindung: CPI Buch Bücher.de GmbH, Birkach Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Inhalt Danksagung . ................................ 7 Matthias Becher Gedanken zur Einführung . ......................... 9 Daniel G. König Öffentliche religiöse Auseinandersetzungen unter Beteiligung spätantik-frühmittelalterlicher Höfe – Versuch einer Typologie ...... 17 Roland Steinacher Der vandalische Königshof als Ort der öffentlichen religiösen Auseinandersetzung . ................... 45 Alheydis Plassmann Interessenvertretung und Intrigen am ostgotischen Königshof ...... 75 Caspar Ehlers Sachsen als sächsische Bischöfe. Die Kirchenpolitik der karolingischen und ottonischen Könige in einem neuen Licht . ...... 95 Daniel Eichler Karolingische Höfe und Versammlungen – Grundvoraussetzungen . 121 Jennifer R. Davis Charlemagne’s Settlement of Disputes ...................149 Eric J. Goldberg Dominus Hludowicus serenissimus imperator sedens pro tribunali: Conflict, Justice, and Ideology at the Court of Louis the German . 175 6 Inhalt Matthias Schrör Aufstieg und Fall des Erzbischofs Ebo von Reims . ......203 Andrea Stieldorf Adel an der Peripherie im Streit mit dem höfischen Zentrum . ......223 Thomas Scharff Streitschlichtung am Hof. Versöhnungsrituale, Eide und Historiographie im 9. Jahrhundert . ...................247 Martina Giese Kompetitive Aspekte höfischer Jagdaktivitäten im Frühmittelalter . 263 Linda Dohmen …evertit palatium, destruxit consilium… – Konflikte im und um den Rat des Herrschers am Beispiel der Auseinandersetzungen am Hof Ludwigs des Frommen (830/31) . ...................285 Charles West Evaluating conflict at court: a West Frankish perspective . ......317 Manfred Luchterhandt Bilder ohne Worte. Protokoll und höfischer Luxus in den Empfangszeremonien des mittelbyzantinischen Kaiserhofs . ......331 Florian Hartmann Streit an der cathedra Petri oder Streit um die cathedra Petri? Konflikte um den Papstthron in der Deutung päpstlicher Quellen . ......365 Jochen Johrendt Eine Leiche vor Gericht. Streit vor und um Päpste in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts . ...................389 Abbildungen . ................................411 Beiträgerverzeichnis . ...................417 Personenregister . ...................419 Ortsregister . ................................433 Danksagung Eine Tagung zu organisieren und die Beiträge dann auch zu veröffentlichen erfordert immer eine Vielzahl an Helfern, denen die Herausgeber gerne aus- drücklich danken möchten. An erster Stelle ist die Deutsche Forschungs-Gemeinschaft zu nennen, die sowohl die Veranstaltung selber als auch die Drucklegung großzügig gefördert hat. Im Gustav-Stresemann-Institut war der äußere Ablauf der Tagung in besten Händen, während die Hilfskräfte der Mittelalter-Abteilung das Tagungsbüro Kompetent organisierten. Die Mitglieder der Bonner Forschergruppe „Tradi- tionen okzidentaler Streitkultur“ haben die Diskussion auf der Tagung belebt und vielfältige Anregungen für das Thema gegeben. Den Kollegen Uwe Bau- mann, Winfried Schmitz und namentlich Marc Laureys, sei herzlich für die Aufnahme des Tagungsbandes in die Schriftenreihe „Super alta perennis. Stu- dien zur Wirkung der Klassischen Antike“ gedankt. Schließlich sind vor allem noch die Referentinnen und Referenten zu nennen, die zum Teil weite Anreisen auf sich genommen haben und mit ihren qualitätvollen Vorträgen spannende und weiterführende Diskussionen angeregt haben. Für die Veröffentlichung haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abteilung sowie die Hilfskräfte für eine Vereinheitlichung der Beiträge gesorgt und Druckfehler ausgemerzt. Christine Beyer, Daniel Colmenero-Lopez M.A., Achim Fischelmanns M.A., Katharina Gahbler, Kim Hemmers M.A., Hendrik Hess M.A., Inga Mehlert-Garms, David Renger, Elisabeth Richenhagen M.A., Lisa Schroll, Lars Weberskirch M.A. und Martha Wilczynski M.A. sei herzlich gedankt. Bei der Registererstellung haben sich Christine Beyer, Katharina Gahbler, Inga Mehlert-Garms, Hendrik Hess M.A. und Martha Wilczynski M.A. verdient gemacht. Schließlich gilt unser Dank dem Verlag Bonn University Press, der die Drucklegung schnell und Kompetent besorgt hat. Bonn, im Juni 2011 Matthias Becher – Alheydis Plassmann Matthias Becher Gedanken zur Einführung Anfang des Jahres 1009 lag Bischof Wigbert von Merseburg im Sterben.1 Erz- bischof Tagino von Magdeburg machte sich daher als Vorsteher der betroffenen Kirchenprovinz Gedanken über die Nachfolge Wigberts und favorisierte Thietmar, den bekannten Geschichtsschreiber, dem wir unsere Informationen über diesen Hergang auch verdanken.2 Thietmar war damals Propst von Wal- beck und gehörte dem Magdeburger Domstift an, was ihn in Taginos Augen zum idealen Kandidaten gemacht haben dürfte. Der Erzbischof unterbreitete Hein- rich II. seinen Personalvorschlag, und der König stimmte zu. Sogar Thietmar wurde über den ihm bevorstehenden Karrieresprung informiert. Als Wigbert dann aber drei Monate nach dieser Besprechung verstarb, hatte sich die Be- schlusslage überraschend geändert: Der König wollte nun einem sonst unbe- kannten Adalger das Bistum Merseburg übertragen, weil gewisse Leute sich für diesen stark gemacht hatten. Nun war der Erzbischof von Magdeburg gefordert, falls er seine Personalvorstellungen in seiner Kirchenprovinz durchsetzen wollte. Tatsächlich wurde er entsprechend aktiv und bestand dem König ge- genüber auf seinem Kandidaten Thietmar: „Als das des Königs Vertrauter Tagino erkannte, „so führt Thietmar selbst in seiner Chronik aus,“ widersetzte er sich energisch, und auf sein dringendes Bitten hin durfte er mich im Einver- ständnis mit dem König (…) zu sich rufen lassen.“3 Am Königshof musste der Kandidat als Bedingung für seine Erhebung allerdings zunächst die „Unter- stützung der Merseburger Kirche aus seinem Erbgut“ versprechen.4 Erst danach 1 Thietmar von Merseburg, Chronicon VI, 36, ed. Robert Holtzmann (MGH SS rer. Germ. N.S. 9) Berlin 21955, S. 319. 2 Thietmar, Chronicon VI, 38 (wie Anm. 1), S. 321; zu Thietmar vgl. Helmut Lippelt, Thietmar von Merseburg. Reichsbischof und Chronist (Mitteldeutsche Forschungen 72) Köln – Wien 1973; Ludger Körntgen,Königsherrschaft und Gottes Gnade. Zu Kontext und Funktion sakraler Vorstellungen in Historiographie und Bildzeugnissen der ottonisch-frühsalischen Zeit (Orbis mediaevalis 2) Berlin 2001, S. 121 ff. 3 Thietmar, Chronicon VI, 39 (wie Anm. 1), S. 323. 4 Thietmar, Chronicon VI, 40 (wie Anm. 1), S. 323. 10 Matthias Becher wurde er vom König investiert und wenige Tage später von Erzbischof Tagino geweiht. Wir sehen hier den Königshof als Ort des Interessenausgleichs. Dieser fand, so wird man den Bericht Thietmars über seine eigene Promotion verstehen müssen, durchaus auch mit harschen Worten statt. Jenseits von bewaffneten Auseinandersetzungen wurden Konflikte eben auch verbal ausgefochten, wur- den Vorschläge und Gegenvorschläge unterbreitet, und am Ende musste der König entscheiden. Es hat also auch am Hof Heinrichs II. das gegeben, was man die Aushandlung gegensätzlicher Interessen im Streit nennen kann, wobei der Verzicht auf GewalttätigKeit zum einen mit dem geistlichen Stand des Erzbi- schofs und zum anderen mit seinem Nahverhältnis zum König zusammenhängt. Streit allgemein ist ein überzeitliches Phänomen. Menschliche Gemein- schaften sind darauf angewiesen, den Einsatz physischer Gewalt im Streit bzw. dessen Konsequenzen möglichst zu vermeiden oder wenigstens zu verringern, indem der Streit mit Hilfe gewaltfreier Kulturtechniken, vor allem der Sprache, aber auch nonverbaler Kommunikationsformen reguliert wird. Hierbei Kommt der Ritualisierung große Bedeutung zu. Das Rechtswesen bedient sich sowohl der Sprache als auch der Ritualisierung und ermöglicht, einen Streit in insti- tutionalisierter Form auszutragen. Kommt es doch zu einem Gewalteinsatz, wird auch dieser im Idealfall – also bei weitem nicht immer – durch ungeschriebene Normen, Rituale oder gar Kodifiziertes Recht reguliert. Je nach kulturellem Kontext kann dieses Gefüge von Normen, Werten, Ritualen und Recht stark variieren. Dies gilt nicht allein dafür, was im Streit erlaubt oder gar gefordert ist, sondern auch dafür, wer überhaupt mit wem wo streiten darf und kann oder welche Gegenstände streitfähig sind. Über diese Formen der Regulierung hinaus ist der Streit laut Georg Simmel Kein ausschließlich negatives Phänomen, sondern er entfaltet auch positive Wirkungen.5 Für Simmel besitzt