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Beobachtungen zur Eiablagestrategie von Nachtpfauenaugen oder Pfauenspinner­ n (: ) im Hinblick auf das Territorialverhalten einiger Singvogelarten (Aves: Passeri)

Boštjan Dvořák Dr. Boštjan Dvořák, Babelsberger Straße 9, D-10715 Berlin, Deutschland; [email protected] Zusammenfassung: Obwohl die meisten Nachtpf­ auen­au­ Einleitung gen­ar­ten (Saturniidae) eine recht leichte Beute darstellen und ihren Freßfeinden mutmaßlich schutzlos ausgesetzt Aus Berichten erfahrener Züchter und eigenen Beob­ ­ach­ sind, scheinen ihre Populationen über Jahrzehnte zahlen­ tungen war mehrfach hervorgegangen, daß gezüc­ h­tete mä­ßig nur geringfügigen Schwankungen zu unterliegen; Pfauenspinnerraupen, die versuchsweise in der Natur­ trotz gelegentlich meßbarer parasitärer oder wit­te­rungs­be­ ausgesetzt wurden, in der Regel rasch von Vö­geln ent­ ding­ter Einwirkungen bleiben sie im langjährigen Durch­ deckt und von diesen beziehungsweise ande­ ­ren Freß­ schnitt weitgehend stabil. Das wirft die Frage auf, welc­he feinden meist ausnahmslos verzehrt wer­den, bevor sie Me­chanismen oder Überlebensstrategien — neben einer­ die Verpuppungsphase erreichen. gro­ßen Fruchtbarkeit, erfolgreichen Vermehrung, Tar­nung oder schnellen Entwicklung — scheinbar so ver­wund­baren Die beobachteten Versuche und vermittelten Berichte Tier­arten langfristig das Überleben sichern. Da­bei scheinen schlossen­ sowohl einzeln als auch in Gruppen aus­ge­ ein­zelne Arten von Freßfeinden eine ent­schei­dende Rolle setzt­e Tiere ein; in praktisch allen Fällen wurden die zu spielen. In diesem Beitrag werden ei­ni­ge Beobachtungen Individuen,­ sofern sie nicht mit besonderem Schutz in am Verhalten des europäischen Ei­chelhäher­ s Garrulus glan­­darius (Linnaeus, 1758) geg­en­über eingegrenzten, frei Form eines Gitters oder Netzes gesichert waren, von le­­benden Populationen des ja­pa­ni­schen Eichenspinners natür­ lichen Selektoren, unter denen Wirbeltiere und An­the­raea yamamai (Guérin-Mé­ne­ville, 1861) und einiger da hauptsäc­ hlich Vögel überwogen, nach und nach sei­ner nächsten Verwandten besc­ hrie­ben und deren Er­geb­ gefun­ den­ und erbeutet. Die Beobachtungen bezogen nis­se durch weitere Versuche mit weniger verwandten sich so­wohl auf heimische Arten, die zeitweise ge­züch­ Arten der Saturniidae ver­gli­chen; die gewonnenen Daten tet und dann wieder ausgewildert wurden, als auch auf spre­chen für eine reziproke Ver­haltensanpassung der Selek­ fremdlän­ disc­ he Vertreter der Familie, die von Zücht­ern to­ren und ihrer Beut­e­tie­re und scheinen allgemein auf zwecks besserer Entwicklungsbedingungen und eines das Ver­hältnis zwischen Singv­ögeln und Schmetterlingen ab­leit­bar sowie für deren Ver­mehrungs- beziehungsweise ger­ ingeren Zuchtaufwandes vorübergehend ebenf­alls im Territorialverhalten auf­schluß­reich zu sein. Freien gehalten wurden. Sie bleiben allerdings, ebenso wie die hierin besc­ hrie­ Observations on ovipositional strategies of Emperor benen­ gezielten Versuche und deren Ergebnisse, auf (Lepidoptera: Saturniidae) in relation to the Raupen­ derjenigen Arten beschränkt, deren Nahr­ungs­ territorial behaviour of some species of singing birds (Aves: Passeri) spektr­ um die in gemäßigtem Europa natürlich vor­herr­ schenden­ Baumarten der Buchengewächse (Fag­aceae;­ Abstract: Though representing a rather easy prey and Quer­cus spp., Fagus silvatica, Castanea sa­ti­va), Hasel­ge­ be­ing presumably exposed to their enemies without pro­ wäch­se (Corylaceae; Carpinus betulus, Be­tu­la spp.) und tec­tion, the populations of the most Emperor moths (Satur­ ­ nii­dae) seem to only undergo insignificant quantitative Ro­sengewächse (Rosaceae; spp.) so­wie Nuß­ fluc­tuations within decades; despite some eventually mea­ baum­gewächse (Juglandaceae; Juglans re­gia) umfaßt sur­able parasitic or meteorological influence they re­main bezie­ hungsw­ eise darauf beschränkt ist. Die Versuche most­ly stable in a long-term average. This may raise the umf­assen­ fünf Standorte, von denen sich einer in sub­me­ ques­tion which mechanisms or survival strategies – be­sides dit­er­raner­ (Liminjan, slowenisches Küst­enland), einer in a high fertility, successful reproduction, mimicry or fast ausg­epr­ ägt kontinentaler (Golo­ ­vec bei Ljubljana) und de­ve­lopment – ensure existence and continuance to see­ drei in ozeanisch kontinentaler Klimazone­ (Eselsberg ming­ly so vulnerable species in a longer period. Here­ bei Ulm, Schönbuch bei Tü­bing­en, Skaby bei Berlin) in some sin­gle species of predators seem to play de­ci­sive parts. In this contribution a few obsevations are de­scri­ bef­inden.­ Ausgegangen wird von Beobachtungen an bed on the be­ha­viour of the european blue jay Garru­ ­lus der seit 1866 in Slowenien le­ben­den Art Antheraea glandarius (Lin­nae­us, 1758) towards some separated, free ya­ma­mai (Guérin-Méneville, 1861), wobei auch die living po­pu­la­tions of the Japanese Silkmoth An­the­raea Zucht­be­richte von Johannes Mach (1870), aus dessen yamamai (Guérin-Méneville, 1861) and some of its clo­s­er Haltung­ die europäische Popu­ ­lation stammt, als Ver­ relatives, the results of which are compared by fur­ther tests gleichsq­ uelle­ berücksichtigt wer­den, so­wie deren nahen with some more distant species of Saturniidae moths; the Ver­wand­ten A. pernyi (Gué­rin-Mé­ne­ville, 1855), A. ob­tained data indicate a reciprocal adaptation of behaviour poly­phe­mus (Cramer, 1776) und A. my­lit­ta (Drury, 1773). in the predators and their preys — and seem to generally cor­respond­ with an ecological and evolutionary relationship Ver­gleichend wer­den Be­ob­ach­tun­gen an den au­toch­ be­tween the singing­ birds and butt­erflies, revealing some tho­nen Vertretern Ag­lia tau (Lin­nae­us, 1761), me­chanisms of their re­pro­duc­tio­nal and territorial be­ha­ (Pe­risomena) cae­ci­gena Kupido, 1825, Saturnia (Sa­tur­ viour. nia) pyri (Denis & Schif­fer­mül­ler, 1775) und S. (Eu­dia)

© 2015 by Entomologischer Verein Apollo e. V., Frankfurt am Main ©Entomologischer Verein Apollo e.V. Frankfurt am Main; download unter www.zobodat.at 66 pavoniella (Sco­poli, 1763) und Tests an ge­züch­te­ten Arten Füttern sonst problematisch wäre, und beob­ ac­ htete sie Actias lu­na (Linnaeus, 1758), A. artemis (Bre­mer & Grey, jede Woche beim Besuch der Groß­el­tern. 1853), A. gnoma (But­ler, 1877) und A. selene (Hübner, Die im Küstengebiet üblichen Flaumeichen (Quercus 1807) sowie Sa­tur­nia (Rinaca) japo­ni­ca (Moore, 1872) pu­bescens) erwiesen sich, wie auch die Hopfenbuche und S. (R.) sim­la Westwood, 1897 herangezogen. Um (Os­trya carpinifolia), später als schlechteres Futter, auf ein un­wahr­scheinliches, aber even­tuell mögliches Aus­ dem die Räupchen sich zwar eingefressen haben, aber breiten der Individuen einer der zwecks Be­ob­ach­tun­gen zö­gerlich entwickelten. Zu meiner Freude gediehen sie ein­ge­schränkt ausgesetzten nicht­ein­hei­mi­schen Arten auf Birken und Hainbuchen im Garten gut und wur­den aus­zu­schließen, be­schränk­ten sich die sys­te­matischen schnell größer. Zu meinem Ärger wurden die gro­ßen Ver­su­che auf die am je­wei­li­gen Ort be­reits an­we­sen­den dun­kelgrünen Raupen später jedoch immer we­niger, beziehungsweise aufgrund ih­rer Her­kunft auf Dau­er und meine Großeltern berichteten mir von re­gel­mä­ßi­ nicht lebensfähigen Arten. gen Vogelbesuchen, die ich an Woc­ henen­ ­den auch selbst An allen fünf Standorten fielen unter den Prädatoren beobachten konnte; von der großen Bir­ke, auf der ich die die Eichelhäher (Garrulus glandarius (Linnaeus, 1758)) meisten Raupen abgesetzt hatte, wur­den täglich meh­ be­sonders auf; sie erbeut­ eten jeweils mit Abstand die rere von Eichelhähern weg­ge­tra­gen. Wir be­trach­te­ten meist­en Rau­pen der beobac­ hteten Gelege. Zugleich ver­ dies als eine logische Konse­ q­ uenz, da sich zu viele Rau­ tei­digten die In­di­vi­du­en dieser Vogelart die mit Raupen pen auf einem Baum befun­ ­den hätten und den Vög­eln be­­setzt­en Bäume vor anderen Prädatoren. Es stellte sich aufgefallen seien. Nur we­nige kamen durch und wir her­aus, daß bei ei­nem bestimmten Verhalten jeweils ein fanden schließlich auf den Birkenästen etwa Anfang Ju­li relativ­­ konst­ ant­er Anteil eines Raupengeleges die Ver­ einige längliche, fluo­reszierend gelbgrüne Kokons wie­ puppungs­ ­phase­ erreicht. Dies kann in Europa vor allem­ der. in südlich der Alpen gelegenen Gebieten bei einer­ ent­ Im folgenden Jahr war ich viel vorsichtiger und setzte die spre­chenden Aus­gangsmenge gleich großer Raupen­ Räupchen aus der großen Eiermenge, die ich im Herbst re­gel­mäßig be­ob­ach­tet und nachgewiesen wer­den. aus Poljčane erhielt, ab Ende April gleichmäßig ver­teilt und gut versteckt auf unteren und mittleren Äst­en aller Einzeln und in Gruppen ausgesetzte Raupen Hainbuchen und Birken im riesigen Gar­ten ab. Nur den Als Schulkind hatte ich ab 1980 in der Ferienzeit eini­­ letzten Teil der verspätet gesc­ hlüpf­ten Räup­chen ließ ich ge Male nacheinander im August je ein paar Tage im aus Zeitmangel wieder nachein­ ­an­der auf die große, reich Pfarr­haus des Ortes Poljčane im Nordosten Sloweniens verzweigte Birke krie­chen. Die Raupen ent­wickelten sich ver­bracht. Die Schwester des Pfarrers, den mein Vater prächtig und schienen­ im grünen Dic­kicht des saftigen mit uns Kindern besuchte, fing in dieser Jahreszeit Laubes fast un­sichtbar; da sie sich kaum bewegten und re­gel­mä­ßig riesige, strahlend gelbe Falter, die sie, weil die meis­ten in denjenigen Teilen der Bäume verblieben, sie von mei­ner Begeisterung für Schmetterlinge wußt­e, in de­nen sie ausgesetzt worden wa­ren, konnte man sie in Schuh­kartons bis zu unserer Ankunft für mich auf­ in den Wipfeln über mehrere Wo­chen gut beobachten. be­wahr­te; es handelte sich um den japanischen Eic­hen­ Als sie jedoch größer wurden, ver­schwanden sie wie­der sei­den­spinner Antheraea yamamai, eine Art, die mir, da nach und nach — und zwar zu meinem­ großen Er­stau­ wir an der Küste leb­ten, wo sie, im Gegensatz zum dort nen zuerst diejenigen, die alleine in den Wipfeln gro­ häu­figen Großen Nacht­pfauenaugen Sa­turnia­ pyri, nicht ßer Zweige lebten und vermeintlich am besten ver­steckt vorkommt, bis dahin noch unbekannt war. beziehungsweise getarnt waren. Die vorwiegend weiblichen Tiere hatten, bevor sie ein­ An verschiedenen Stellen des Gartens sind wiederholt ge­gan­gen waren, oft größere Mengen Eier an die Wände­ Ei­chelhäher aufgefallen, und schließlich konnten we­der der Kartons geklebt. Diesen entschlüpften, ob­wohl ich ausg­ewachsene Raupen noch später die gelbg­rünen­ sie für unbefruchtet hielt, da ich zunächst nicht wußte, Ko­kons gefunden werden, mit der Ausnahme der großen­ daß die Art als Ei überwintert, im Frühjahr­ des nächst­ en Bir­ke, von deren Zweigen wieder einige weni­ ­ge her­unt­er­ Jahres Hunderte kleiner Raupen. Durch Auspro­ ­bie­ren hin­gen und eingesammelt werden konn­ten. fand ich heraus, daß die Räupc­hen das Laub von Bir­ Die geschlüpften Falter paarten sich nicht; zumindest ken und Eichen annahmen. Dies leuchtete ein, da die wa­ren den so erhaltenen Eiern im folgenden Jahr keine­ Falter im kontinentalen Teil des Landes gefangen wor­den Rau­pen entstiegen, doch erhielt ich wieder eine grö­ßere waren. In Piran fand ich die passenden Baumar­ ­ten nur Meng­e aus Poljčane. Auffälligerweise hielt sich auf der im Garten mei­ner Großeltern in Liminjan; sie hatt­en, da gro­ßen Birke während der Raupenzeit täg­lich min­des­ sie aus Ljubljana­ gekommen waren und größt­en­teils dort tens ein Eichelhäher auf, was mich dazu­ veranlaßte, lebt­en, schon vor Jahrzehnten auch meh­rer­e „konti­ nen­­ die­sen Baum in der folgenden Saison auszu­ lassen;­ ta­le“ Arten mitgebracht, und so fanden sich dort zwi­ statt­des­sen setzte ich mindestens 70 frisch geschlüpfte schen den an der Küste üblichen mediterranen Ge­wäch­ Räupc­hen auf einer der reich ver­zweigt­en Hainbuchen sen auch zwei große und mehrere kleine Birken (Be­tula ab und verteilte die übrigen wie­der einzeln auf den pendula, B. pubescens) sowie viele Hainbuchen (Carpinus­ Zweigwipf­ eln der weit aus­einan­ der­ stehenden größeren betulus). Darauf setzte ich die kleinen Rau­pen ab, da das und kleineren Bäume. Auf der großen Birke postierte

© 2015 by Entomologischer Verein Apollo e. V., Frankfurt am Main ©Entomologischer Verein Apollo e.V. Frankfurt am Main; download unter www.zobodat.at 67 ich nur wenige auf den unt­e­ren Ästen. In den ersten auch im Freien züchtete. Seinem Urteil nach konn­ten drei Wochen, als die Räupc­hen schnell anwuchsen und die Raupen, obgleich ihnen das Klima zu­sag­te und sie auf saftigem Laub große Fort­schritte machten, gab es auf den heimischen Bäumen gut gediehen, in der Natur kaum Verluste; als sie größer­ wurden, wurden sie wie­ we­gen der Vögel nicht überleben, da die­se jedes Jahr alle, der weniger, und zwar fin­gen die Eichelhäher an, sie auch die im Dickicht am besten ver­steck­ten, er­beut­e­ten. re­gel­mä­ßig zu erbeuten. Da­bei verschwanden wieder Wie alle Saturniidenarten, die als Ei überwintern, bil­ zuer­ st die einzeln ausg­ese­ tzt­en Raupen von den weiter det auch A. ya­mamai, die diesbezüglich im Rahmen der ent­fernten Bäumen am Rande des Gartens; die Hain­bu­ Gat­tung An­theraea eine Ausnahme darstellt, nur ei­ne che, auf der sich die meisten befanden, wurde reg­ el­mä­ Ge­ner­a­tion pro Jahr aus, deren Raupen sich ber­eits im ßig von einem oder zwei Eichelhähern besucht, die sich zei­tigen Frühjahr und nur bis zum Beginn des Sommer­ s meist in der Mitt­agszeit täglich einige Raupen holten ent­wickeln. Bei den als Puppen über­win­tern­den nahen und mit lau­tem Geschrei auf sich aufmerksam machten. Ver­wandten vom asiatischen Festland sind dagegen min­ Dies­mal ver­schwanden von allen Bäumen und auch von destens zwei Bruten die Regel. der gro­ßen Birke alle Raupen, und es sah aus, als hätten die Vögel auch auf der Hainbuche alle erbeutet. Spät­er Bei einem spontanen Besuch des Kölner Zoologischen fanden­ wir in ihrem Geäst jedoch drei Kokons, und zwei Gar­tens Flora, in dessen Insektarium gerade Raupen wei­tere kamen im Herbst nach dem Laubfall zum Vor­ von A. pernyi gezüchtet wurden, erhielt ich 1995 von der schein. Angesichts der häufigen Vogelbesuche fand ich freundlichen Aufsicht zum ersten Mal zwei dieser Rau­ das verwunderlich. pen als Geschenk. Ich fütterte sie weiter mit Eiche (Quer­ cus robur), bis sie sich eingesponnen und ver­puppt ha­ben. Versuche mit A. yamamai und A. pernyi im Es war Juni, und in wenigen Wochen schlüpf­ten nach­ submediterranen Raum (Liminjan, Slowenien) einander ein Männchen und ein Weib­chen; die Paa­rung erfolgte sofort und das Weibc­ hen legte etwa 130 Eier ab. Nach dem Umzug zu meinem Vater nach Ulm ver­brach­ Die Raupenentwicklung der Folge­gene­ ­ra­tion fiel in die ten wir nur noch die Zeit der sommerlichen Schulf­e­rien Zeit des sommerlichen Slo­we­nien­auf­ent­hal­tes, so daß ich in Slowenien; an Eier von A. yamamai kam ich fort­an die Räupchen in Ulm auf Hainbuche an­züch­ten und an nur gelegentlich, wenn ich an Autobahn­ ­rast­stät­ten um der Adria an ge­schnittenen Trieben der­selben Baumart Ljubljana, an denen Busse und Autos hal­ten, bei der aus dem Gar­ten bis zum Einspinnen züch­ten konnte. An- oder Abreise im Spätsommer an Lam­pen auch Es stellte sich außerdem heraus, daß diese­ Art auch auf weib­liche Falter fand, die in Schuhk­ ar­tons Eier abgelegt dem für A. yamamai größtenteils zu har­ten Laub der und eine Zucht ermöglicht haben. Die meist recht früh me­di­ter­ra­nen Flaumeichen (Quercus pu­bescens), der in gesc­ hlüpften Räupchen behielt ich aber, auch aufgrund der Mac­chia­vegetation dieser Gegend vor­herrschenden des meist kalten Wetters, in Zuchtsc­ hachteln und setzte Baum­art, gut gedeiht. nur ab und zu ein grö­ße­res Exemplar probeweise an ei­ner Die einfache Zucht fast ohne Verluste ergab über 100 Eiche, Buche, Hain­bu­che oder Birke in der Nähe des Ko­kons, die eine sich über vier Jahre hinziehende Nach­ Hauses in Blaustein bei Ulm, wo wir wohnten, aus. Al­le zucht ermöglichten. Die Sommergeneration fiel immer­ diese Raupen wur­den jedoch restlos von Vögeln erbeu­­ in die Semesterferienzeit, in der ich die Rau­pen aus­gie­ tet, unter denen auch hier insbesondere Eichelhäher big in Istrien beobachten konnte. Die leich­te und schnel­le auf­fielen. Kleiner­ e Raupen wurden oft von Kohlmeisen Vermehrung dieser Art fand ich bedenk­ ­lich, wesw­ egen (Pa­rus major Lin­naeus, 1758), Rotkehlchen (Erithaces ich sie nur im trockenen medi­ ­ter­ranen­ Klima im Freien ru­becula Lin­nae­us, 1758) und anderen Vögeln verzehrt. hielt, in dem sie sich als Be­woh­nerin feuchter kon­ Meine Erfahrungen stimmten mit denen einiger Würt­ tinentaler Waldgebiete, wie A. ya­ma­mai, nicht auf Dau­er tem­berger Entomologen überein, mit denen ich mich behaupten kann. Ebenso ver­fuhr ich bei den Tests mit etw­ a ab 1990 intensiver austauschte, und die sich auf anderen fremden Arten fernöstlic­ her oder near­ k­tischer ausg­ esetzte Raupen von Aglia tau, Saturnia pavonia­ (Lin­ Herkunft, während ich A. yamamai außer in Istr­ ien nur naeus, 1758), Saturnia pyri und später auch A. ya­ma­mai in Ljubljana, und an allen­ drei deutschen Standor­ ten bezogen. Ihrer Meinung nach waren die Raupen der ausschließlich die tropi­ ­schen Verwandten test­ete. Es ist letzteren beiden Arten viel wär­me­be­dürf­tiger und daher­ diesbezüglich zu er­wäh­nen, daß beide Ar­ten sowie alle anfälliger gegen die nördlich der Alpen­ vor­kommen­ den­ anderen Vertreter aus gemäßigt feuchten Bio­topen sich Wetterumschwünge während der Entwic­ klungs­ zeit,­ bei im me­di­ter­ra­nen Klima sichtbar lang­sa­mer entwickelten den beiden heimischen Ar­ten aber ver­mut­e­ten wir, daß als die ver­gleichsweise auf in kon­ti­nen­ta­lem Klima ge­dei­ gezüchtete, später aus­ge­setz­te Individuen grund­sätzlich hen­den Bäumen derselben oder nahe­ verwandten Arten „verhaltensgestört“, also auffälliger und da­her im Freien in geschlossener Zucht. nicht über­le­bens­fä­hig seien. Zu meinem Erstaunen wuchsen andererseits die in Zu ähnlichen Schlüssen war interessanterweise um 1865 Ljubl­jana ausgesetzten Raupen von A. yamamai auch auch der Züchter Johannes Mach gelangt, der auf sei­ bei vermeintlich ungünstigen Wetterbedingungen mit nem Landsitz in Veliki Slatnik A. yamamai und einige besonder­ s niedrigen Temperaturen merklich schneller ver­wandte fernöstliche Arten versuchsweise wie­der­holt als die zur selben Zeit bei Zimmertemperatur zu Hause­

© 2015 by Entomologischer Verein Apollo e. V., Frankfurt am Main ©Entomologischer Verein Apollo e.V. Frankfurt am Main; download unter www.zobodat.at 68 ge ­schlossen gehaltenen; dies war aber teilweise auch bei mehr­mals Raupen holten. Einige große Rau­pen wurden der tropischen Art Actias selene sowohl in Ljubljana­ als auch von Elstern (Pica pica Linnaeus 1758) auf­ge­le­sen. auch in Tübingen und Ulm zu beob­ ­ach­ten und zeugt Insgesamt waren die Ergebnisse ernüchternd; trotz der le­dig­lich von der Bedeutung natürlich saf­tiger Nahrung deut­lich größeren Menge als je zuvor bei A. yamamai für die Entwicklung der Raupen. über­lebten bei A. pernyi deutlich weniger Raupen. Nur Bei A. pernyi ist noch zu vermerken, daß die im Spät­ auf der Hainbuche und der Birke waren im August eini­ ­ge früh­jahr und Sommer im Freien oder in Behältern auf wenige Kokons zu finden, was ich auf die Futt­er­qua­lität Q. pubescens gewachsenen Raupen, anscheinend unab­­ und Siedlungsnähe zurückführte. Aus ih­nen schlüpf­te hän­gig von der Tageslänge, im Folgejahr zu einem gro­ noch im selben Monat teilweise eine drit­te Ge­neration, ßen Teil nur noch eine Generation ergaben oder gar ein deren Räupchen jedoch aufgrund des schlech­ten Futters Jahr lang ruhten; dasselbe war, hier vielleicht doch mit eingingen. der Tageslänge verknüpft, aber auch bei den in Ulm auf In der Weihnachtszeit ergab die präzise Untersuchung zu Hause getriebenen Birken, Hainbuchen und Eichen al­ler inzwischen größtenteils kahlen Exemplare der gehalt­ enen Nachkommen der besonders früh im Jahr Flaum­eichen in der weiten Umgebung allerdings vier ge­schlüpften Falter der ersten Ge­ne­ra­tion zu be­ob­ach­ weit­ere Kokons, von denen zwei offenbar ebenfalls Fal­ ten. Andererseits ließ ich einen an­de­ren Teil der Ko­kons ter ergeben hatten und zwei mißgebildete Puppen ent­ zwecks geeigneter Schlupf- und Entwic­ k­lungs­zei­ten bis in den späteren Frühling im Kühl­schrank ruhen; auch hielten; alle vier befanden sich auf einem Baum, ei­ner bei ihnen ergab sich fortan häuf­ig ein veränderter Ent­ etwas größeren Eiche mit deutlich gebildetem Stamm wicklungsrhythmus. Die auf Q. robur, F. silvatica, B. und kräftigen unteren Ästen. pen­dula und C. betulus in Zucht in Ulm sowie auf den Die auf geschnittener Hainbuche geschlossen ge­hal­te­nen bei­den letzteren in Zucht und im Freien in Liminjan Tiere ergaben jedoch im folgenden Jahr eine noch grö­ wach­senden Raupen ergaben da­ge­gen stets zwei Ge­ne­ ßere Raupenmenge; diesmal ging ich anders vor, ver­teil­te ratio­ nen­ pro Jahr und zum Teil in Liminjan eine nicht die Raupen nicht mehr sorgfältig in der Landsc­ haft, da er­folgreiche dritte. ich den Erfolg für aussichtslos hielt, sonder­ n setzt­ e, unter Bis zum Jahr 2000 konnte ich in vier Sommern hint­er­ein­ dem Eindruck des weih­nachtli­­chen Fun­des, alle nur an­der jeweils große Mengen kleiner Raupen von A. per­ noch auf größeren, reich ver­zweigt­en Ei­chen­exemplaren nyi in der von niedrigen, dicht verzweigten Flaumei­ c­ hen und zu­sam­men­hän­gen­den Gruppen aus, indem ich die bedeckten Terassenlandschaft aussetzen; der Wunsch Räupchen zu je 100 oder mehr von Stöckc­hen oder aus nach Verkauf der Kokons an verschiedenen Insek­ ­tenbör­ kleinen Schachteln, die ich im Geäst be­festigte, auf die sen wich allmählich der Ex­pe­ri­men­tier­freu­de, denn die Zweige kriechen ließ. Desgleichen ver­fuhr ich auf den Art war aufgrund eines großen Ang­e­bots nicht mehr bereits ge­tes­te­ten Birken und Hainbu­ ­chen im Garten. begehrt, und außerdem erforderte die Haltung großer­ In regelmäßigen Abständen kontrollierte ich auch die Raupenmengen an Schnittfutter täg­lich viel Ar­beit. Tier­e auf den Flaumeichen, die sich an den Hängen Durch das zuverlässige Paarungsverhalten dieser Art bei­der­seits des Tales um die Siedlung Lucija befinden. stan­den mir in jedem dieser Sommer mehr als 1000 Eier Die Rau­pen waren zunächst kaum auszumachen, spä­ beziehungsweise Räupchen zur Verfügung. Im erst­en tes­tens nach der 3. Häutung als hellgrüne Tiere aber

Jahr nahm ich mir viel Zeit und verteilte die Tie­re gleich­ wie­der recht auffällig, und wurden ab L4 von Ei­chel­hä­ mäßig vor allem an der saftigen Strauchv­eg­e­tation­ aus hern er­beu­tet, die sich oft auf den mit ihnen bese­ tz­ten Flaumeichen, die sich über große Teile der ehemals kul­ Bäumen auf­hielten. Tagelange Be­ob­ach­tun­gen ergaben, tivierten Landschaft ausbreitet; nur wenig­ e setzte ich auf daß die Vö­gel sich in regelmäßigen Abst­ än­den, meist zur größeren Bäumen aus. selben Tag­ eszeit, von den Bäumen Rau­pen holten. Trotz der groß angelegten Aktion mußte ich festst­ ellen,­ In drei Fällen befand sich, wie mir später auffiel, in daß die Raupen,­ die zwar gut gediehen, als größe­ r­ e Tier­ e unmit­ ­telbarer Nähe eines der mit Raupen besetzten mit ihr­ er hell- oder gelbgrünen Farbe viel auf­fäl­liger sind Bäu­me auch ein Eichelhähernest. Einige Bäume wur­den als jene von A. yamamai und die Vö­gel, ins­be­son­de­re auch regelmäßig von Elstern „bewacht“, die eben­falls auf­ Eic­helhäher, geradezu magisch anzo­ g­en. Auch schien fällig und meist paarweise auftraten und in den Mor­gen­ Flaum­eiche nicht das beste Futter zu sein, denn dar­ stunden auch den Garten besuchten, sich je­doch nicht auf entwickelten sie sich deutlich langsamer­ als auf Bir­ nachweislich um die Raupen kümmer­ ­ten; sie tra­ten nie ken, Hainbuchen oder, in der Frühlingsg­ eneration, auf gleichzeitig mit den Eichelhähern auf. Ver­wun­der­lich geschnittenen Stein- oder Stiel­eichen. Aufgrund des ver­ war, daß von den großen, von un­ten auf den Äs­ten in meintlich besseren Er­folgs und einer besseren Tar­nung den Laubbüscheln aufgrund der hel­len Farbe gut sicht­ (hellere Laubfarbe) setzt­e ich zum Schluß die meist­en baren und zählbaren Raupen täg­lich zwei bis ma­xi­mal später geschlüpften Räupc­ hen auf der großen­ Bir­ke und vier verschwanden, und daß es sich dabei nicht immer­ einer der Hainbu­ c­hen im Garten aus, wo ich sie besser um die auffälligsten Ex­em­plar­e handelte. Die Vögel ver­ beobachten konnt­e. Diese Bäume wurden spät­er wieder hielten sich auffällig und laut; die Beute schnappten sie regelmä­ ßig­ von Eichelhähern besucht, die sich täglich zwar still und ruhig, doch machten sie, während sie auf

© 2015 by Entomologischer Verein Apollo e. V., Frankfurt am Main ©Entomologischer Verein Apollo e.V. Frankfurt am Main; download unter www.zobodat.at 69 den Bäumen saßen,­ regelmäßig mit Geschrei auf sich Eiablageverhalten und Versuche mit A. yamamai aufmerksam. im kontinentalen Klima (Ljubljana) Die großen Raupen schwanden täglich, und zuletzt er­gab In verschiedenen Quellen (unter anderem Pittaway die Zählung nur noch wenige Exemplare; aller­ ­dings war 2015, Hyche 2015, Oehlke 2015) wird angenommen, das Endergebnis überraschend: Auf den meis­ten der daß die Weibc­ hen der Pfauenspinner ihre Eier verstreut insgesamt etwa 20, zwischen 150 und etw­ a 500 m von­ auf das Laub der Nahrungsbäume kleben; dies scheint einander entfernten, mit Jungraupen bese­ tzt­en Flaum­ je­doch nur bei einer Minderheit der Arten bezie­ hungs­­ eichen beziehungsweise kleiner Baum­gruppen konn­ten weise­ Ge­nera der Saturniidae oder unter besonderen schließlich je zwischen 1 und 10 Kokons gezählt­ werden, Um­stän­den zuzutreffen. einschließlich der im Gar­ten stehenden Bir­ken und Im Folgenden wird das mehrfach beobachtete Eiab­ ­la­ Hainbuchen. ge­ver­halten von A. yamamai und A. pernyi be­schrie­ben und mit den Ergebnissen der ausgeführten Ver­suc­he Gemessen am Umstand, daß die Tiere in einem für die ver­glichen. Es sei bei dieser Gelegenheit außer­ ­dem dar­ Art klimatisch und botanisch ungünstigen Gebiet auf­ auf verwiesen, daß bei den meisten Genera das Kleben wuch­sen, was ihr Wachstum verlangsamte und da­mit der in Brauntönen gefärbten Eier auf ver­holzt­e Teile der die Überlebenschancen senkte, die Raupen aber, ver­gli­ Nahrungsbäume sinnvoller erscheint und diese — ähn­ chen mit den vorausgegangenen Aus­wil­de­rungs­ver­su­ lich wie bei A. yamamai, die nach Laub­fall darauf über­ chen, bei dieser Methode in beträchtlich größerer und wintern — auf der Baumrinde besser­ getarnt sind als auf da­zu fast konstanter Anzahl überlebten, ergab sich ein den Blättern; eine andere An­passung­ ist dagegen bei erst­er Anlaß zum Verdacht, daß das Über­le­ben der Rau­ den Genera Citheronia Hüb­ner, 1819 und Eacles Hüb­ner, pen in hohem Maße vom Verhalten der Vö­gel selbst 1819 aus der Unt­er­familie Ceratocampinae zu vermuten, be­stimmt ist; hinzu kam, daß die Anzahl der über­le­ de­ren auf Laub abgelegte Eier tatsächlich von grünli­ ­cher ben­den Raupen und später gefundenen Kokons in zwei Grundfarbe sind. Fäl­len ausgerechnet dort, wo ein Nest der Vogelart sich Die verallgemeinernden Angaben gehen mög­li­cher­wei­se auf demselben oder einem benac­ h­bar­ten Baum befand, auf Beobachtungen von gezüchteten Ex­em­pla­ren zu­rück, am höchs­ten war. Dies nährte die Vermutung, daß die die bei in einem geschlossenen Flugraum ang­ebo­ ­tenen­ Präsenz­ eines oder mehrerer Hauptpr­ ädat­ oren andere Pflanzentrieben um so häufiger die Pflanzent­ eile mit po­ten­tielle Selektoren fern­hält. Eiern bekleben, je größer ihre Fläc­he ist und je stabi­­ Auch in den zwei folgenden Jahren führten die — in­zwi­ ler sie sich an ihnen festhalten können.­ In allen Fällen schen ausgedehnten und verfeinerten — Be­ob­ach­tun­ und unabhängig von der Un­ter­lag­ e aber fallen bei recht gen, denen ich in der reichlich mit mittelgroßen Flaum­ vie­len Arten die in Gruppen oder Ketten aneinander eichen zugewachsenen, ehemals intensiv landwir­ tsc­ haft­ gekleb­ t­en Eier auf. Die „or­dentlic­ h“ aufgestellten Reihen lich genutzten Hügellandschaft zwischen Li­min­jan und können­ etwa auch bei Satur­ nia (Saturnia) pyri, S. (Eu­ dia) pa­vonia, S. (E.) pa­vo­niel­la, S. (Perisomena) cae­ci­ge­na, Izola nachgehen konnte, zu ähnlichen Er­gebnis­ sen;­ S. (Rinaca)­ ja­ponica,­ S. (R.) simla und auch An­the­raea größere Mengen an einer Stelle aus­ge­setz­ter Rau­pen ya­ma­mai be­ob­achtet wer­den. vergrößerten die Überlebenschancen und er­gaben in der Regel bei je rund 100 Exemplaren im Schnitt 10 Ko­kons Mit der Ausnahme von A. yamamai und A. polyphemus beziehungsweise ausgewachsene Rau­pen, wäh­rend die ver­läuft die Paarung beim Genus Antheraea in Gef­an­ verstreut in der Landschaft ausg­ese­ tz­ten immer­ restlos gensc­ haft besonders leicht, und die Eiablagen finden erbeutet wurden. bei allen­ Vertretern nach vollzogener Befruchtung sof­ort beziehungsw­ eise im Verlauf weniger Nächte statt. In den Jahren 1999 und 2001 beobachtete ich auch die Ge­nau­ere Angaben über die Mengen und das Ver­halt­en Früh­lingsgeneration, die ich nach demselben Muster bei der Ablage finden sich unter anderem bei Pit­ta­way ausse­ tzte und kontrollierte. Im April und Mai wuch­sen (2015); es wird beschrieben, wie das befruchtete Weib­ die Raupen bedeutend schneller heran, und es er­gab sich chen zunächst eine bestimmte Eiermenge noch am Paa­ eine größere Überlebensquote; pro Baum oder Baum­ rungsor­ t, also vor dem ersten Abflug ablegt, auch, um gruppe überlebten dann meistens zwischen 5 und 15, in dadur­ ch leichter und wendiger zu sein; der Rest des Eier­ einigen Fällen sogar über 20 Exemplare. Die Aus­nah­me vorrats werde dann, durch die Baumkronen schwir­rend, in einigen Versuchen bildeten kleine Ei­chen­ex­em­p­lare, verteilt abgelegt. die von Raupen beinahe ganz entlaubt­ wur­den; die daran Die Beobachtungen und Versuche mit in natürlicher gut sichtbaren Tiere ver­schwanden­ meist vollst­ ändig, Um­gebung ausgesetzten oder dort aus Kokons ge­schlüpf­ bevor sich die ersten ein­ge­sponnen haben. Im Garten war ten Weibchen, die Männchen angelockt und nach der die Anzahl der Kokons im Frühjahr 1999 am höchsten; in Paarung mit der Eiablage begonnen hatten, zeigt­en diesem Jahr nistete ein Ei­chel­häher­ ­paar auf einer Zeder in der Umgebung von Ljubljana und Liminjan mehr­ in unmitt­ elbarer Nähe der Hainbuc­ he und der großen heitlich Ablagen großer Eiermengen auf dieselbe Stel­ Bir­ke, auf denen ich viele Raupen­ ausgewildert hatte. le oder zumindest denselben Baum; in etwa 80% der

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Fäl ­le erhebt sich das Weibchen nach der Paarung und Die an Tank­stel­len und Rast­stätten ent­lang der Au­to­ aus­giebigem Aufwärmen in die Luft und bewegt sich bahn an Licht­quel­len ru­henden­ Weibc­hen, die ich oft in wild wankendem, nach verschiedenen Richtun­ ­gen als Eierquelle nutz­te, leg­ten in Gef­an­gen­schaft teilweise aus­schwen­kenden Flug zwischen oder knapp über den eben­falls größere Ei­er­mengen in derselben Weise, meis­ Baum­kronen, bis es nach etwa fünf bis zwanzig Mi­nu­ tens aber nur kleine­ ­re Ketten und Klumpen von insg­e­ ten plötzlich im Fallflug einen der Baumstämme oder samt je etwa 50 bis 70 Eiern ab, was dafür spricht, daß di­ckeren Äste ansteuert und daran reglos hängen bleibt. ein Großteil vor dem spät­eren Irrflug, bei dem sich man­ Die wild taumelnde, sich überschlagende Flug­wei­se mit che Falter an Licht­quellen­ einfinden, abgelegt wird. Die ab­rupten Richtungswechseln scheint, wie auch die plötz­ Paarung fin­det meist am Abend vor Mitternacht statt, liche Landung und Starre, dem Schutz vor Freß­fein­den zu­wei­len aber wer­den die Weibchen auch in den Mor­ (nachts besonders Fledermäuse oder Zieg­ en­melk­ er), wie gen­stunden­ an­ge­flo­gen; die Falter trennen sich nach etwa auch bei den meisten Tagf­al­tern, zu dienen.­ Ist das sehr un­ter­schied­li­cher Dauer voneinander, die we­ni­ge Weibchen gelandet, klappt es die Flü­gel nach hinten und Mi­nu­ten bis eine halbe­ Nacht beziehungsweise bis zum stülpt den Legeapparat aus, mit dem es sogleich anfängt, Mor­gengrauen be­tra­gen kann. in eine Furche hin­ter die Baum­rin­de Eier zu kleben. Der Abflug des Weib­chens erfolgt oft, wenn die Um­ge­ Das Kleben kann stundenlang dauern, wobei ge­wöhnlic­ h bung schon (oder noch) vollständig dun­kel, der Himmel schon in den ersten Minuten eine größere Eier­meng­e aber gerade noch so hell ist, daß man seinen Flug bis gelegt wird; das Weibchen bewegt sich langsam­ vor­wärts, zur Landung auf ei­nem Baum­stamm verfolgen kann; in vorzugsweise vom mittleren Stammteil in Rich­tung der ander­ en Fäl­len ruht­en die frisch befruchteten Weibc­ hen Baumkrone oder entlang der größe­ ­ren Astknie, und nach Mor­gen­grau­en bis zum kommenden Abend oder klebt die Eier meist in langen Ketten in die Spalten hin­ konnt­en zu einem­ frü­her­en Zeitpunkt, um eben dies zu ter die Rinde, wobei es nicht selten die Hohlräume ganz er­zie­len, durch Be­leuch­tung bis dahin ruhig ge­hal­ten mit ihnen auffüllt, so daß die Eier oft miteinander voll­ wer­den, wonac­ h sie am Abend entweder selbst mit dem ständig zugedeckt und ver­klumpt sind. Es un­ter­bricht Ab­la­ge­flug starteten oder in der zunehmenden Fins­ zwar öfter den Vorgang und wärmt sich mit Flü­gel­vi­ ternis sanft zum Abflug an­geregt wurden. brationen auf, hebt aber meist nicht ab, sondern fährt, In Liminjan habe ich das Eiablageverhalten ver­suchs­ über nahe gelegene Fur­chen des Stammes und na­her wei­se auch bei A. pernyi beobachtet, deren Falter sich Äste kriechend, am selben­ Stamm fort; fliegt es den­ im Gegensatz zur japanischen Art besonders leicht noch ab, läßt es sich meist­ens wieder in unmit­ ­tel­ba­rer und schnell paaren. Die befruchteten Weibchen fing­en Nähe nieder, in der­sel­ben Baumkrone oder am Stamm im Frei­en am folgenden Abend, wenn die oft bis zu 24 beziehungsweise Ge­äst eines benachbarten Bau­mes, um Stun­den dauernde Kopula endete, nach kurzem Orien­ dort mit der Ab­lage fortzufahren. tie­rungsflug mit der Eiablage an; dieser Flug war immer Die meisten zwecks Beobachtung ausgesetzten Weib­ viel geradliniger und ruhiger, endete aber auf eine sehr chen entzogen sich zwar nach der Paarung durch einen­ ähn­liche und abrupte Weise, wonach die Weib­chen, weit ausschweifenden Flug den Blicken, die­jeni­ g­ en aber, so­fern man sie verfolgen und beobachten konnt­e, auch die in der Nähe landeten, ermöglichten ge­nauer­ e Ein­ bei dieser Art zunächst auf dem Stamm oder im Geäst blicke in die Ablagen und später, durch das Er­klet­tern des­sel­ben Baumes, in den meisten Fällen­ einer Flaumei­­ mitunter nicht besonders hoher Stämme, teil­weise eine che, eine größere Eiermenge ab­ge­legt haben. Die scho­ko­ Auszählung der abgelegten Eier; nicht selt­en fan­den ladenbr­ aunen Eier werden aber nur selten, eher zuf­ällig,­ sich in den so belegten Spalten und Fur­chen des­sel­ben auch in Spalten hinter die Baumr­inde geklebt, sonder­ n Baumstammes und/oder seiner Äste und Astknie zwi­ frei auf den Stamm oder die Äste, und einige wenig­ e schen 50 und 150 Eier. findet man tatsächlich auch auf dem Laub. Auch hier ergaben gelegentliche Zählung­ en bis weit über 100 Eier Die meist­en Ablagen der aus­gese­ tzten und nach der Paa­ und später einige Kok­ons; das Verhalten der Weibchen rung abf­ liegenden Weibchen konnt­e ich in Ljubljana am beider Arten kann als recht ähnlich be­schrieben­ werden. Fuße­ des bewaldeten Hügels Golo­ vec zwischen 1998 und 2002 sowie in Liminjan beob­ ­acht­en. Tatsächlich fang­en Auf Eichen, Buchen und Hainbuchen der bewaldeten einige Weibchen noch vor dem Abflug mit der Ablag­ e Hüg­el von Golovec und Rožnik beiderseits der Stadt an, so daß eine größere Eier­menge an ihrem Schlupf­ sind, wie allgemein in der Umgebung von Ljubljana und ort verbleibt; dies erscheint im Hinblick auf unse­ r­e ander­ swo in bewaldeten, feucht-kontinentalen Teilen­ Slo­ Folgerungen sogar besonders sinn­voll und kann auch weniens, stellenweise Kokons von A. ya­ma­mai zu finden;­ mit häufigen Funden von Kok­ ons auf denselben Bäumen­ die Suche ist besonders in der Wint­er­zeit er­giebig,­ wenn belegt werden. Ansamm­ lun­ ­gen größerer Men­gen von die auffällig gefärbten leeren Kokons an kahlen­ Bäumen zwischen 50 und 100 in Klum­pen zu­sam­men­haf­tenden hängen. Man erblickt einzel­ ne­ Ex­em­pla­re, die entweder Eiern hatte ich zuvor 1993 in den Fur­chen des mittleren in größeren Höhen oder an den unt­e­ren Äs­ten an den Stammes einer gef­ällt­en Eiche in Trebnje­ so­wie 1999 Trieben befestigt sind, aber eine ge­nau­ere Un­tersuchung hinter der ab­strei­fen­den Rinde zwei­er Hain­bu­chen in ergibt meist meh­rere Kokons auf einem Baum oder der Umgebung der Rast­stätte Lom bei Lo­gat­ec gefunden. einigen nahe­ stehenden Bäumen, nicht selt­en bis zu 15 in

© 2015 by Entomologischer Verein Apollo e. V., Frankfurt am Main ©Entomologischer Verein Apollo e.V. Frankfurt am Main; download unter www.zobodat.at 71 nä ­he­rer Umgebung. Im Februar 2012 sind mir während Die Tiere verhielten sich während des Vorgangs unr­u­ ei­ner Autofahrt nach Cerkno an ober­ en Zweigwipfeln der hig­er und wechselten häufig von Ast zu Ast oder ver­ am Straßenrand wachsenden Bäume­ Kokons auf­ge­fallen;­ ließen­ sogar den Baum und flogen nach dem Abse­ tzen­ eine genauere Zählung er­gab 24 gut sicht­ba­re Exemplare nur wenig­ er Eier davon; die sich in diesen Fällen auf an drei benachbarten Bu­chen. Von ent­spre­chen­den den Bir­ken und Hainbuchen des Gartens einzeln entwi­­ Ansammlungen wurde mir auch von Jan Carnelutti ckelnden­ Raupen wurden später aber alle von Vög­eln, (pers. Komm. 1982–2002, Slo­we­ni­en, Kroatien und Ser­ nach­weislich vorwiegend Eichelhähern, in der ält­eren bien), Zlatko Pflaum (pers. Komm. 1996–2000, Umgebung Phase­ erbeutet, während bei zusätzlicher Er­gänzung­ von Kranj) und Stanislav Sever (pers. Komm. 2003–2008, oder Auswilderung einer Gesamtzahl von 100 oder mehr Nordostslowenien) wie­der­holt berichtet. Individuen trotz täglicher Beute nor­maler­ ­weise­ etwa 10% oder mehr überlebten. Ähn­li­che Mengen ergaben sich auch auf den meisten nach den beobachteten Ablagen kontrollierten Bäumen Bei A. po­ly­phe­mus, deren Kokons ich vorwiegend aus am Ran­de des Golovec. Einzeln ausgesetzte Raupen ver­ der Umgebung von Atlanta, , USA, bezogen hat­ schie­dener Größen ergaben dagegen nur selten Ko­kons te, überlebten in der Som­mergeneration die meis­ten und verschwanden in der Regel rasch von den Bäu­men. Rau­pen auf Nuß­bäu­men (Juglans regia), auf de­nen sie In einigen wenigen Fällen befanden sich auf den Bäu­ sich auch am schnell­sten entwickelten und de­ren Laub men bereits Raupen natürlicher Gelege, bevor ein­zelne im Sommer am saftigsten war, gefolgt von Bir­ken (Be­tu­la Eir­aupen oder größere Tiere ausgewildert wur­den; auch pendula, B. stramonium) und Pflau­men­bäu­men (Pru­nus dann waren im Herbst darauf Kokons zu finden. Wie­der­ do­mes­ti­ca), während die Hainbuchen in dieser Jah­res­ holt waren in zwei oder mehreren Jahr­en hint­er­ein­an­ zeit zu schlech­teren Ergebnissen führ­ten und Flaum­ der auf denselben Bäumen Kokons zu finden, und zwar eic­hen mit ihrem harten Laub nicht mehr geeignet an Stellen, von denen sie im Vorjahr entfernt wor­den wa­ren; in der teilweise getesteten Früh­lingsgeneration beziehungsweise mit dem Laub abgefallen waren; da­bei schnit­ten Hain­buchen mit dem fri­schen Laub am bes­ handelte es sich meist um einzeln stehende, beson­ der­ s ten ab, wäh­rend Nußbäume im Ver­gleich zu Birken, kräftige und breit ver­zweig­te oder an Weg- und Wald­ Pflau­men und zu dieser Zeit eben­falls noch geeigneten rändern wachsende Ex­em­plare. Die Abstände zwisc­ hen Flaum­eichen sowie Hop­fen­bu­chen (Ostrya carpinifolia) den einzelnen mit zahlr­eicheren Kokons behan­ ­ge­nen we­niger gute Ergebnisse lief­erten. Im Sommer wurden Bäumen oder Baum­gruppen betragen in der Re­gel auf Nußbäumen weni­ ­ger Raupen erbeutet als auf den einige hundert Me­ter, dazwischen aber findet man nor­ an­deren Baumarten, aber die Frühlingsgeneration wuchs malerweise kei­ne. deutlich schneller heran. Es muß aber ein­schrän­kend angemerkt werden, daß die Versuche mit weiteren Verwandten und Arten Zuchttiere auf­grund des unsicheren Paa­rungs­er­fol­ges anderer Gattungen mehrmals nach­einander über Insektenbörsen aus ver­ Beobachtungen an A. yamamai und A. pernyi führten schiedenen Quellen,­ unter anderem auch aus der ka­na­ auch in späteren Jahren zu sehr ähnlichen Er­geb­nis­sen. dischen Provinz Québec, bezogen wurden, nicht aus Die außerdem im Zeitraum von 1998 bis 2007, wenn demselben­ Teil Nordamerikas stammten und sich teil­ auch in viel geringeren Mengen, wiederholt ausg­e­führ­ weise­ untereinander paarten, was die Ergebnisse eben­ ten Versuche mit A. polyphemus in Liminjan so­wie von falls beeinflußt haben könnte. Auch A. pernyi wur­de spä­ 2003 bis 2009 mit A. mylitta an allen fünf Or­ten er­gaben­ ter zusätzlich von anderen Züchtern bezo­ g­en, aber bei Ähnliches; einzeln ausgewilderte Raupen über­leb­ten dieser Art ist die geographische Va­riabi­ li­ ­tät gering, und bei gestreuter Verteilung trotz großer Men­gen fast nie, die Tiere stammten alle ursprünglich aus Nordc­ hina. während größere Mengen an einem Ort über einen oder Raupen von A. mylitta, der Art mit einem ebenso sic­ he­ mehrere benachbarte Bäume ver­teilt­er Raupen in der ren Paarungsverhalten wie A. pernyi, gediehen — die Regel in einer verhältnismäßig hohen­ Anzahl von Über­ Elt­erntier­ e stammten aus Südindien — in Liminjan am lebenden resultierten, die der in den vor­ausg­ eg­ ang­ enen­ bes­ten auf P. domestica, während sie auf allen ande­ r­en Tests gewonnenen entsprach. Bäu­men nur zögerlich vorankamen und von allen­ Arten Hierbei­ ist jedoch zu bemerken, daß das natürliche Able­­ am meisten parasitiert wurden; sehr gut entwic­ kelten sie sich aber auf Hainbuchen und teil­wei­se auch auf Eic­ hen ge­verhalten dieser beiden Arten von dem der beiden­ und Buchen in Ljubljana, wo sich an den Hängen des vor­hergehenden abzuweichen scheint; die Eier wer­den Golovec an denjenigen Bäu­men, an denen sie als Räup­ zwar auch gehäuft, aber niemals in Ketten oder Klum­ chen zu je etwa 100 ausg­ ese­ tzt worden waren, ähnlic­ he pen geklebt, so daß sie sich nicht berühren. Ihr­e Eier, Überlebensquoten wie A. yamamai ergaben. die anders gefärbt sind — bei beiden Arten sind sie hell und mit dunklen Streifen umrandet —, fanden­ sich nach Problematisc­ h war bei dieser Art al­lerdings das un­reg­ el­ Ablag­ en versuchsweise ausgesetzter oder auf einzelnen mäßi­ g­ e Schlüpfen der Falter, das zur geeigneten Zeit in Bäumen­ gelandeter Weibchen öf­ter auch auf Blättern, der europäischen Veg­ e­tations­ saison­ nur zu einer kleinen­ was zumindest teilweise für die Richtigk­ eit der oben Anzahl von Eiablagen führ­te. Am besten und schnell­ be­spro­chenen Annahme spricht. sten entwickelten sich Raupen­ dieser Art auf Hain­

© 2015 by Entomologischer Verein Apollo e. V., Frankfurt am Main ©Entomologischer Verein Apollo e.V. Frankfurt am Main; download unter www.zobodat.at 72 buchen in Tübingen, wo sie in der Endphase aller­dings aufhielten und sie einzeln weg­tru­gen, doch hol­ten sie stets ausnahmslos von Vö­geln vertilgt wurden. Durch sich jedes Mal nur wenige, ma­xi­mal 3 oder 5 am Tag. mehrere Wochen dau­ern­de tagelange Be­ob­ach­tun­ Schließlich überlebte bei einem­ gesamten Gelege oder gen der auf einzeln ste­hen­den, reich verzweigten, aber über 100 ausgesetzten Raupen­ eine recht hohe Zahl von niedrigen Hainbu­ ­chen, Eichen oder Buchen am Rande­ über 20 Individuen. des Schönbuchs aus­gesetzten Eigelege stellte sich her­ Währ­end die über Züchter aus Indien bezogene tropi­­ aus, daß die Tie­re in der ersten Sommerhälfte auf saf­ sche Vertreterin S. (R.) simla auf P. domestica, P. avium tigem Laub schnell anwuchsen und bis zur mittleren und P. spinosa sowie auf Hainbuchen und Weißdorn Grö­ße (L ) kaum Verluste zu verzeichnen waren, da­nach 4 (Cra­taegus monogyna, Rosaceae) aufwuchs und auf den die Po­pu­la­tionen jedoch im Zuge der Vo­gel­be­su­che zu­se­ bei­den letzteren sowohl in Liminjan als auch in Ljublja­ ­na hends schwanden; auch hier fielen Eichelhäher auf, die gute Überlebenschancen zeigte, gediehen die in Limin­­ sich täglich zu ungefähr gleichen Zeiten auf den mit jan getesteten Raupen der nördlichen S. (R.) ja­po­nica, Raupen besetzten Bäumen aufhielten, doch war­en es deren Eier und Kokons ich über Züchter aus Japan (Hon­ hier deutlich mehr als in Ljubljana oder Limin­ ­jan, und schu) erhalten hatte, trotz ver­schie­de­ner Angaben in der die Besuche fanden vom Morgen bis zum Abend statt, Literatur nur auf Nußbäumen gut und auf allen an­deren bis alle Raupen nacheinander erbeutet wur­den. War die genannten Arten nur zögerlich; nach einer reich­haltigen Population einmal ausgelöscht, er­schie­nen nur noch Ablage am Stamm einer Hainbuc­ he im Herbst des einzelne Eichelhäher oder keine mehr, und so war es Jahres 2001 haben die gesc­ hlüpf­ten Raupen im nächsten auch vor dem Aussetzen der Rau­pen be­zie­hungs­wei­se Frühjahr diesen Baum offensichtlich ver­las­sen und bevor diese größer wurden. wechselten über sich in den Kronen be­rüh­ren­de Äste In Ljubl­jana und Liminjan waren die Besuche regel­mä­ nach und nach ganz auf den benachbarten Nußbaum­ ßi­ger und lauter, die Eichelhäher waren weniger und über, auf dem sie mit den darauf aus­ge­setzt­en Raupen kon­trollierten die Bäume auch davor und danach, wäh­ von Actias lu­na recht schnelle Fortschritte mach­ten und rend die Vögel in Tübingen zahlreicher, „unor­ ­dentlich“ ihn sichtlic­ h entlaubten. und leiser erschienen. Die Versuchszuchten in Tü­bin­ Von Nußbäumen wur­den bei allen Ar­ten ver­gleichs­wei­se gen ergaben keine Kokons, während die gro­ßen Kokons die wenigsten Raupen­ erbeutet, ob­wohl einzelne Eic­ hel­ in Ljubljana auf den Bäumen gut zu sehen­ waren; nach häher­ sie täg­lich besuchten, in reg­elmäßig­ en Abst­ än­ der Überwinterung im Frühjahr wa­ren die Puppen dar­in den nach ihnen Aus­schau hiel­ten und einzelne Ex­em­ allerdings leblos. plare auflasen. Einzeln ausg­e­setzt­e Raupen der ge­tes­ Die großen Kokons dieser Art, die von den Raupen stets te­ten Arten überlebten auch auf diesen Bäumen nicht re­lativ hoch auf den Zweigspitzen angefertigt wer­den, beziehungsweise ver­schwan­den sowohl von den grö­ sind auffällig und eignen sich, wie die der A. ya­ma­mai, ßeren als auch von den kleinen­ Exemplaren, auf denen­ gut zum Auszählen. sie zur Schlupfzeit in grö­ßer­er Entfernung parallel aus­ gesetzt wurden, und zwar meist nach erfolgreicher Ent­ Anders ist es bei Ver­tre­tern des Sub­genus Saturnia (Ri­ wicklung als L oder L . naca); deren Weibchen leg­ en die Eier, die bei der Mehr­ 3 4 heit der ostasiatischen Ar­ten über­wintern, hinter die Bezüglich der Futterpflanzen ist bei den getesteten Baumrinde oder in die Fur­chen der Astknie, wie bei Ar­ten des Genus Actias, die ich über Insektenbörsen A. yamamai und Saturnia (Pe­r­iso­me­na) caecigena, aber von ver­schiedenen Züchtern beziehen konnte, die­sel­be meist in noch größeren, fest mit­ein­ander verbundenen Vor­lie­be zu vermerken; während alle nördlichen Ver­ Klum­pen, die bei den be­ob­ach­te­ten Ablagen auch bis treter — A. luna (aus den US-Staaten Georgia, Illi­nois­ über 80 Eier ent­hielt­en. Die recht bunt behaarten Rau­ und New York sowie der kanadischen Provinz Québec),­ pen sind in den letzt­en Sta­dien auffällig und ziehen A. ar­temis (aus dem russischen Amurgebiet und Nord­ Vö­gel an, währ­end sie als jüng­ e­re Tiere, ähnlich wie bei ja­pan) und A. gnoma (aus Nordjapan) — in Liminjan­ S. cae­cigena, größt­enteils unbe­ mer­ kt in den Baumwipfeln nur auf Nußbäumen gut gediehen und auf Ver­tretern her­an­wach­sen. Die netz­wan­digen Kokons werden, wie der Fa­gaceae, Corylaceae und Rosaceae, ob­gleich sie sie bei S. cae­cigena, sowohl in den Wipfeln zwischen den meis­tens alle annahmen, nur langsam wuch­sen und grö­ Blätt­ern als auch am Stamm, an dessen Fuß oder in der ße­re Ausfälle aufwiesen, entwi­ ­ckel­ten sich die Raupen um­lie­gen­den Bo­den­streu, zuweilen aber auch in wei­te­rer der Sommergeneration bei der tropisc­ hen A. selene, die Entfernung in der niedr­ igen Vegetation ge­spon­nen, was als Kokons nur schlecht über­wint­ern können und daher eine Auszählung schwierig macht. Bei beiden ge­testeten über den Winter meist in Be­rlin auf Rhododendron Arten ruhten jedoch die ausgewachsenen Rau­pen, wie ge­züch­tet wurden, im Frei­en auf allen genannten Baum­ dies manchmal auch auf Dok­ umen­ ­tations­ f­otos in ihren ar­ten gut und waren, auch aufgrund der leichteren Zucht und Vermehrung, an allen fünf Versuchsorten bestens Stammgebieten zu sehen ist, oft teilw­ eise auch stun­ zum Testen ge­eig­net. denlang an Baumstämmen; diese dort gut sicht­bar­en Raupen wurden immer wieder von in der unmit­ ­telba­­ Bei A. cf. selene, deren Kokons und Eier aus Indien und ren Nähe nistenden Eichelhähern und Elstern er­beu­tet, Südc­hina stammten und über Insektenbörsen bezo­ g­en die sich regelmäßig auf dem mit ih­nen besetzten Baum wur­den, sind die Ergebnisse der systematischen Ver­su­

© 2015 by Entomologischer Verein Apollo e. V., Frankfurt am Main ©Entomologischer Verein Apollo e.V. Frankfurt am Main; download unter www.zobodat.at 73 che zumindest in Ljubljana mit denen bei A. ya­mamai,­­ Die natürlichen Eiablagen scheinen­ bei Actias ge­streu­ter A. mylitta und R. simla vergleichbar, denn bei gleich zu erfolgen als bei den nordasiatischen Vertretern von aus­geführten Tests mit gleichen Mengen über­leb­ten auf Antheraea und Saturnia (Rinaca); trotzdem er­ga­ben die ein­zelnen Bäumen ähnliche Anteile der Rau­pen; da sich Versuche nur bei größeren Gruppen zu je mindes­ ­tens die­se, wie allgemein bei Actias, mit Vor­liebe in Boden­­­ 100 ausgesetzter Raupen nennenswerte Über­le­bens­quo­ nä­he einspinnen und vor der Ver­pup­pung oft um­her ten. Raupen von A. selene erreichten in Ljublja­ ­na auf wan­dern, war eine genaue Auszäh­ ­lung ebenfalls schwie­ mittelgroßen Hainbuchen, Eichen und Bu­chen so­wie ri­ger. einer Salweide (, Salicaceae) in diesen Men­ Die Vorliebe der nördli­ ­chen Vertreter für Juglans regia gen zu etwa 5–10% die Endphase. Die in Ulm von 1997 mag sich teilweise auch aus den trockenen subme­ ­di­ter­ bis 2001 auf großen Birken und Hainbu­ ­chen aus­ge­führ­ ra­nen Ver­hält­nis­sen erklären, in welchen sie in Li­minjan­ ten Versuche mit je 100 Raupen er­ga­ben weniger als 5% im Freien be­ob­ach­tet wurden; im Frühjahr wa­ren Aus­ Überlebende, die in Tübingen in der­selben Zeit und bis set­zungs­ver­su­che auf Birken, Hainbuchen und — bei A. 2003 gemachten Tests mit den­sel­ben Mengen auf Eichen gnoma und A. artemis — auf Pflaumenbäumen teilw­ eise­ und Hainbuchen bis zu 15%, und in Skaby bei Berlin in er­folg­reicher, obwohl sich die Raupen auf Nuß­bäu­men den Jahren 2005, 2006 so­wie 2008 und 2009 zwischen im­mer schneller entwickelten. An­de­rer­seits spre­chen die 0 und 20%. Die deutlic­ h höheren Über­le­bens­quoten als Areale und die Anwesenheit min­des­tens ei­nes Ver­tre­ bei A. mylitta, die sich allerdings nur in den wenigsten ters der Juglandaceae in den meis­ten Li­te­ra­tur­an­ga­ben Fällen ergaben, könn­ten möglicherweise mit dem Effekt sowie die damit über­ein­stim­men­den Er­fah­run­gen bei stachelig be­wehr­ter Skoli dieser Art zu­sam­menhängen. geschlossener Zucht auch für eine natür­ ­li­che Vor­liebe Allerdings er­lagen bei unpassendem Wetterverlauf der nördlichen Ver­tre­ter der Gattung für diese­ Baum­ oft gan­ze Ei­ge­lege bereits in den jüngeren Phasen der familie (Dvořák, im Druck), während die tropi­ ­schen Ver­ Un­ter­küh­lung oder Infektionen. Kühleres Wetter wäh­ wandten po­ly­pha­ger sind. rend der in Berlin in den Sommern beobachteten Ver­ Bei Arten, die, wie alle nördlichen Vertreter dieses su­che mit Raupen­ dieser Art führte auch allgemein zu Ge­nus, zumindest gelegentlich in zwei Generationen pro ei­ner deut­lichen Verlangsamung des Wachstums, wie sie Jahr auftreten, werden die Eier in der zweiten nor­ma­ bei A. mylitta nicht auftrat; in solchen Fällen wur­den in lerweise auf andere Baumarten als in der ersten abg­e­ der Re­gel sämtliche Raupen erbeutet. Auf Hain­bu­chen legt, und zwar werden zur fortgeschrittenen Jah­reszeit­ aus­ge­setzte Raupen von A. selene wuchsen­ in der erst­en solche bevorzugt, deren Laub aromatisch und kom­pakt­er Hälf­te der hochsommerlichen Zeit bei nor­ma­lem Wet­ ist und die später austreiben und in der zweit­en Som­ ter­verlauf in Tübingen am schnellst­ en, in Ber­lin und merhälfte länger saftig bleiben. Von Nußbäu­ ­men wur­den Ulm sogar schneller als in Ljubl­jana, am lang­samsten in den Versuchen bei A. polyphemus, S. (R.) ja­po­nica, A. aber in Liminjan; dies sollte zu­mindest­ teil­weise mit dem luna, A. gnoma A. artemis und pro­zen­tual die we­nigsten klimatisch bedingten Zust­ and der Baum­art zu die­ser Raupen erbeutet. Jahreszeit zu­sam­men­hän­gen, zu­mal da eine tro­pi­sche Einzeln ausgesetzte Eiraupen der nördlichen Actias-Ar­ Art saftigeres Laub be­nö­tigt. ten und der tropischen A. selene entwickelten sich nor­ Die befruchteten Weibchen von A. selene, A. luna und ma­lerweise bis L und wurden dann von Vögeln er­beu­ 4 A. artemis, die in Liminjan zwecks Beobachtung auf C. tet. Auch die ersten Individuen der in großen Grup­pen betulus­ und J. regia plaziert wurden, klebten dort, so­fern von 100 und mehr ausgesetzten Raupen wur­den als L 4 sie auf dem Baum verblieben und nicht da­von flog­en, er­beutet, worauf täglich einige ver­schwan­den, die Zahl die Eier im Gegensatz zu den be­ob­ach­te­ten Ver­tretern der auf einmal Erbeuteten aber ab­nahm, je größer sie Antheraea Saturnia (Rinaca) wur­den; Eichelhäher waren fort­an regelmäßig auf sol­ von und stets auf verholzte chen Bäumen unterwegs und tru­gen bis zu 5 pro Tag Tei­le im Wipfelbereich der Bäume, de­ren Endtriebe sie und Vogel davon, während an­de­re, die ebenfalls gut im Flug immer wieder selbständig aufsuc­ h­ten. sicht­bar und infolge des in­zwi­schen fortgeschrittenen Vogelbesuche, unter denen die der Eichelhäher an allen­ Fraßes­ leichter auffindbar wa­ren, unversehrt blieben. Je 5 Standorten deutlich überwogen, waren nördlich der grö­ßer die Raupen wurden, dest­o weniger wurden auf Al­pen insgesamt häufiger, aber unregelmäßiger; in Ulm einmal­ erbeutet. Schließ­lich erreichten unter diesen und Berlin tauchten zuweilen Scharen von ih­nen auf, die nicht wenige die Ver­pup­pungs­phase und krochen in ver­ auf einmal viele Tiere verzehrten, wäh­rend zuvor, als die blaßtem Farbkleid auf den Boden. Raupen noch nicht ausgesetzt wor­den be­zie­hungs­weise Auf Birken und Hainbuchen in Liminjan über­lebten aus­ noch klein waren, oft keine Ei­chel­hä­her in der Nähe gewachsene Raupen der nord­ame­ri­ka­ni­schen A. lu­na zu sehen waren. In Liminjan und Ljubljana besuc­ hten leichter und länger als die von A. gno­ma und A. ar­te­mis; stets maximal zwei Vögel gleich­zeitig den Baum, meist es sei erwähnt, daß die letzteren, wie jene von A. selene, S. nur einer, der ihn täg­lich morgens, mittags oder abends pyri oder A. mylitta, keine verkürzte Kon­trak­tions­haltung aufsuchte oder läng­e­re Zeit auf ihm ver­weil­te, ohne kennen und mit ihrem langg­e­zo­ge­nen Kör­per schon in indes mehr als eine be­schränkte Menge der aus­gesetzten der jüngeren Phase schneller auf­fallen. Art zu erbeuten.

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Beobachtungen an heimischen Arten de­nen von A. yamamai auf einzelnen Hainbu­ ­chen und Bu­chen in Ljubljana ausgewilderte Eig­ele­ ­ge, bei denen In Liminjan konnten zwischen 2006 und 2009 wie­der­ eben­falls Vogelbesuch und ein ähnli­ ­ches Verhältnis gro­ holt auch größere Mengen Jungraupen der dort hei­ ßer Raupen, aber, aufgrund der an­de­ren Ver­pup­pungs­ mi­schen Saturnia (Perisomena) caecigena auf der von art am Boden, keine Kokons be­ob­ach­tet wur­den; aus Flaum­eichen () dominierten Mac­chia­ den in der Freilandstudien zu die­ser Art beschriebenen ve­getation ausgesetzt werden. Die aus den Beob­ ­ach­tun­ Be­obachtungen (Beeke et al. 2000) geht jedoch deutlich gen gewonnenen Ergebnisse ähneln denen bei den mit her­vor, daß sich die Weib­chen bei der Eiablage sehr ähn­ fremd­ländischen Arten durchgeführten Ver­su­chen; lich verhalten wie bei A. yamamai und die Eier gro­ßen­ ein­zeln im Gebüsch oder auf den Baumzw­ ei­gen aus­ge­ teils gehäuft ablegen. wil­der­te Raupen verschwanden in der Regel alle bis L5, währ­end bei Gruppen von 60 bis 100 oder mehr Ex­em­ Die Raupen der mediterranen beziehungsweise troc­ ken­ pla­ren praktisch immer ein konstanter An­teil überlebte lie­benden Art Saturnia pyri wurden bisher ebenf­alls und Kokons anfertigte. in nur wenigen vollständigen Eigelegen in Limin­ ­jan im Frei­land beobachtet. Die meist zu Hause in Be­häl­tern In­ter­es­san­ter­wei­se überlebten außerdem, wie schon er­folg­ten Eiablagen wiesen bei allen zu Hause ver­paar­ zuv­ or bei Versuchen mit A. pernyi, deutlich mehr Indi­­ ten oder in der weiteren Umgebung ge­fan­ge­nen Tieren vidu­ ­en, wenn Eiraupen oder wenigstens besonders jun­ge im­mer Häufungen und Ketten auf. In drei Fäl­len konn­ Rau­pen ausgewildert wurden, während größere Ex­em­ ten flugunfähige Weibchen, deren Flügel beim Schlupf plare, die später auf die Sträucher und Bäume pla­ziert feh­lerhaft ausgehärtet waren, nach der Paar­ung an wur­den, viel rascher von Vögeln entdeckt und in be­son­ Stäm­men von Prunus spinosa (Schlehe) und P. amyg­da­ ders kurzer Zeit vertilgt wurden. Das kann von zwei lus (Mandel) ausgesetzt und dort bei der Ablage beob­­ Fak­to­ren mit beeinflußt worden sein: zum einen­ be­fres­ ach­tet werden; diese erfolgte ebenf­alls in längeren Ket­ sen im ersteren Fall die wachsenden Raupen­ in all­mäh­ ten in die Furchen der Baum­rin­de und betrug jeweils lich zunehmendem Maß (und zugleich ab­nehmender mehr als 150 Eier. Ge­samtzahl) die angeschlagenen Blätt­er, die sich somit nach und nach an den Fraß einst­ el­len, während das Die Jung­rau­pen sind bei dieser Art jedoch sehr be­weg­ plötz­liche Auftreten größerer Ex­em­pla­re, die die noch lich und zer­streu­en sich bereits in der frühen Phase, int­akten Blätter auf einmal in grö­ße­rem Ausmaß be­na­ wo­bei sie häuf­ig den Baum verlassen und sich auf ande­­ gen, zu einem gewissen „Schock“ führt, der mit der oben ren Ge­wäch­sen der gleichen oder verwandter Arten in einführend formulierten Ver­mu­tung eines un­adä­qua­ der Umgebung niederlassen. Die großen Raupen aus ten Verhaltens bei einer künst­lichen Auswilderung kor­ die­sen und anderen, auf voneinander ent­spre­chend ent­ relieren dürfte; eine Ausnahme­ bildeten allerdings wie­ fern­ten Bäumen und Sträuchern der Gattun­ ­gen Pru­nus der die Fälle, in denen­ versuchsweise so viele Jung­rau­pen (Pfir­sich, Mandel, Pflaume, Kirsche, Schlehe),­ Py­rus auf einer Stel­le ausgewildert wurden, daß die Ve­ge­tation und Juglans ausgewilderten Eigelegen, wur­den in ähn­li­ weit­ge­hend entlaubt wurde. chen Verhältnissen erbeutet wie jene der An­the­raea-Ar­ ten, verließen aber auch in der ausg­e­wachse­ ­nen Phase Dies trat bei S. caecigena auf­grund einer etwas grö­ße­ren im Gegensatz zu den letzteren häuf­ig den Futt­erbaum, Beweglichkeit aber kaum auf; auch dann ver­schwan­den wo­durch sie, zumal sie sich oft in der Umg­e­bung des infolge guter Sichtbarkeit wiederum fast al­le Raupen. Bau­mes im Bodenbereich ver­puppen, schlech­ter zu kon­ An­dererseits können die gewonnenen Er­geb­nisse aber trollieren waren. Auf jun­gen Eschen (Fra­xinus or­nus) auch mit der Wahrnehmung und konti­­nuier­lichen und Ölbäumen (Olea eu­ropaea) aus­ge­wil­derte Rau­pen Be­glei­tung eines Eigeleges durch die Prä­da­to­ren zu­sam­ wurden deutlich sel­te­ner von Vögeln er­beu­tet. men­häng­en, wie wir dies bei A. ya­ma­mai und anderen großen­ fremdländischen Arten beob­ ­ach­ten konnten; je Auch die Raupen der verwandten S. (E.) pavo­ ­niel­la eher die Vögel ein Eigelege sich­ten, desto sicherer und sind wesentlich beweglicher als die der An­the­raea-Ar­ ef­fek­tiver ist dessen Nutzung und damit automatisch ten und daher schwieriger zu kontrollieren; al­ler­dings auch die „Verteidigung“ der nach und nach her­an­wach­ blei­ben sie in jüngeren Entwicklungsphasen — wie auch sen­den Raupen, während spä­ter und zufällig gefundene bei S. (E.) spini — gewöhnlich auffällig dicht beisammen­ Vor­kommen von ver­schie­denen Individuen beobachtet und zerstreuen sich erst später über die Pflanze­ be­zie­ und „genutzt“ wer­den. hungs­weise die Umgebung. In Istrien fin­den sich die meis­ten Raupen dieser Art von Natur aus auch in aus­ Bei Aglia tau, die wie A. yamamai und A. pernyi feuch­te ge­wach­sener Phase gehäuft in niedriger Veg­ etation, mit kontinentale Wälder bewohnt und deren Raupe in der be­sonderer Vorliebe für Schlehen. ausgewachsenen Phase farblich am meisten mit der von A. yamamai übereinstimmt, scheint der aus den Auf verkarsteten Hängen oberhalb der Küste zwischen Be­ob­achtungen vermutete Mechanismus weit­ge­hend Umag und Lucija (Kroatien/Slowenien) konnte ich an zuzu­ ­tref­fen. Zwar beschränken sich, da ich es bis­her Ba­detagen im Hochsommer im zeitweise von Ziegen ver­säumt hatte, mich intensiver mit der Zucht dieser­ be­wei­deten, mit etwa kniehohen Büschen aus P. spi­no­sa Art zu befassen, die von mir durchgeführten Ver­suche durchse­ tzten Grasland ab 1978 jährlich immer wieder­ auf ei­nige wenige, per Zufall erhaltene und par­allel zu mehr­ere „Nester“ dieser Raupen finden; sie sa­ßen zwar

© 2015 by Entomologischer Verein Apollo e. V., Frankfurt am Main ©Entomologischer Verein Apollo e.V. Frankfurt am Main; download unter www.zobodat.at 75 einzeln auf den Ästen dicht über dem Bo­den, aber die ver­zehrbare Menge der als wichtige Nahr­ ungs­quel­le fun­ sorgf­ältige Suche ergab auch über 100 gleichgroßer Rau­ gierenden Raupen einer autochthonen oder ähn­li­chen pen in einem Umkreis von etwa 5 m. In weiterer Ent­ Art zeitlich eingeschränkt, so daß — bei ei­nem ang­e­ fernung befanden sich andere, ähnlich große­ An­samm­ stamm­ten Territorialverhalten, im Rahmen dessen­ der lungen der gleichen Art, deren Raupen dort aber häuf­ig Jäger sein Revier verteidigt und andere Prädat­ oren fern­ allesamt kleiner oder schon am Ein­spin­nen wa­ren. Die hält — eine konstante Größe des Ei­gele­ ­ges das Über­le­ben Kokons hingen später meist zwi­schen den Äs­ten und einer weitgehend stabilen In­di­vi­du­en­zahl sichert. Der Grashalmen. Die Raupen von diesem­ Kalk­ter­rain waren reziproke Mechanismus funk­tio­niert nur, wenn das Rau­ in der Regel zu über 90% pa­ra­sitiert. pengelege entsprechend groß und gut lokalisierbar ist; es kommt darauf an, daß die Rau­pen dem Haupt­jä­ger ab Ich konnte in dieser Gegend keine Vogelbesuche beob­­ einer bestimmten Größe auf­fallen, damit die mit ih­nen ach­ten; auf Schlehen ausgesetzte Raupen in Liminjan besetzten Gewächse von ihm als eigene Nah­rungsq­ uelle zo­gen ebenfalls Eichelhäher an. An diesen trockenen, genutzt und vor Kon­kur­renten verteidigt wer­den. heu­te oft mit Juniperus communis, Pinus halepensis und P. nigra bewachsenen Hängen hatte ich — im Geg­ ensatz­ In diesem Zu­sam­men­hang lassen sich sowohl die zu der kultivierten Terrassenlandschaft auf der vom (zu­min­dest zeitweise) Seß­haf­tigkeit und die vorwiegend Sandst­ ein bestimmten Nordseite der Bucht — kei­ne Rau­ akustisc­ h er­folg­en­de Markierung eines Jagdareals bei pen von S. pyri gefunden. Raupen von S. spi­ni sind mir in Sing­vögeln als auch die durch ein geringeres Flug­ver­ Westistrien noch nie aufgefallen. mö­gen bedingte Trägheit der Saturniidenweibchen und ge­ringe Beweglichkeit der Raupen als an­gest­amm­te, Von allen europäischen Vertreter von Saturnia sind stra­tegisch relevante und daher allgemein nur ge­ring­ S. pavonia, S. pa­vo­niel­la ge­häuf­te Eiablagen bekannt; bei fü­gig variierende Eigenschaften deuten. Ein­zeln vor­ S. spini und finden sich die Eier oft in Reihen oder Rin­ kom­men­de Raupen werden als Zu­fallsfun­ de­ von einer gen an den Stengeln und Ästchen der Fut­ter­pflan­zen. grö­ße­ren Menge frei beweglicher Prä­da­to­ren erbeutet, Das bei diesen Arten auffällige, ausgeprägt gesellig­ e Auf­ was ih­re Überlebenschancen deutlich min­dert und das treten der Jungraupen kann außerdem mit dem oben be­schrie­bene Muster aufrecht erhält. beschriebenen Selektionsmuster as­so­zi­iert wer­den; eine größere Ansammlung von Raupen wird vom Haupt­ Da­bei handelt es sich allerdings nur um einen von meh­ prädator leichter wahrgenommen, als Nah­rungs­quel­le re­ren kombiniert wirkenden Mechanismen, den wir der genutzt und somit zugleich vor ande­ ­ren Prä­da­to­ren leich­teren Betrachtung wegen isoliert be­han­deln und verteidigt, was für die Population langfr­ is­tig öko­no­mi­ der je nach Gattung oder Art verschieden ausg­eprägt scher ist. sein kann. Die Mimese dient andererseits ver­mutlic­ h vor allem dem Schutz der einzelnen In­divi­ ­duen vor Ähnlich könnte auch das regelmäßige Auftreten gesel­ ­lig Angriffen der Gastprädatoren, die gele­ ­gent­lich ins Areal fressender Raupen bei anderen Schmet­ter­lings­fa­mi­lien eindringen, sowie der Parasitoiden. ge­deutet werden, etwa bei verschiedenen Ver­tre­tern der Nymphalidae und Thaumetopaeinae. Al­ler­dings müs­ Die in den Versuchen beobachteten Proportionen erbeu­­ sen bei einigen von ihnen zusätzlich spe­zielle phy­to­che­ te­ter und überlebender Raupen sowie das Ver­hal­ten der mische Aspekte berücksichtigt wer­den; so etwa bei den Weibchen bei der Eiablage weisen im Zusam­ ­men­hang ausgeprägten Freß­ge­mein­schaf­ten einiger Gat­tun­gen mit dem beobachteten Beuteverhalten des euro­ ­päi­schen der Attacini (Saturniidae) oder ei­nigen neo­tro­pi­schen Eichelhähers die nördlichen ost­asia­ti­schen Ver­treter der Gattungen der Macroglossinae (Sphingidae),­ der­en Genera Antheraea und Saturnia (Ri­naca) als besonders Raupen sich häufig von besonders gift­reichen Pflanzen­ an das Leben dieser Vögel bezie­ hungs­ w­eise­ ihrer ernähren. nächsten asiatischen Verwandten ang­e­paßte Tier­arten aus; die aufwachsende Rau­pen­phase­ bei A. ya­ma­mai, die nur in einer Generation pro Jahr vor­kommt und wie der Zusammenfassung und Deutung der Ergebnisse Eichelhäher ein ständiger Be­woh­ner des Eichenwaldes Die beschriebenen Verhaltensweisen der Weibchen ist, stimmt außerdem mit dessen Nist­zeit überein. ei­ni­ger Nachtpfauenaugenarten und des europäischen In mehreren Generationen auftretende Verwandte und Ei­chel­hähers lassen wiederholt einen Zusammenhang Ar­ten anderer Genera scheinen auf un­ter­schied­li­chen er­ken­nen; aus den zunächst zufällig beobachteten Beg­ e­ Baum­arten zu leben und neben der beob­ ­ach­te­ten noch ben­heiten und den später systematisch durchg­e­führ­ an andere Strategien gebunden zu sein; nichtsdest­ o­ ten Ver­suchen geht zumindest teilweise hervor, daß we­ni­ger zeigt das in Versuchen getestete — wenn auch ge­häuf­te Eiablagen, bei denen ein Großteil des Geleg­ es even­tuell unnatürliche — punktuell zahl­rei­che Auf­tre­ten an einer­ Stelle, vorzugsweise einem Baum, be­fes­tigt wird, ihrer Raupen in Europa auch bei diesen­ Arten deutli­ c­ he eine­ vorteilhafte Überlebensstrategie dar­stel­len, die dem Vorteile. Nicht in allen beob­ ac­ h­te­ten Gebieten schei­ Hauptpr­ ädator und dem Beutetier das ökonomische nen die Verhaltensweisen identisch zu sein; neben den Men­genminimum gewährleisten. klimatischen und botanischen Unt­er­schieden, die — im Durch Hemmfaktoren, vermutlich die Konzentration Gegensatz zur eindeutigen Trenn­linie zwischen dem be­stimmter Bitterstoffe, ist die für den einzelnen Jäg­er südlic­ hen ariden und dem feucht­en kontinentalen Klima­

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— bisher empirisch nicht als ausschlaggebend nachg­e­ Hyche, L. L. (2015): Polyphemus , entomology and plant wiesen sind, könnten die heutige nördliche und westli­­ pa­tho­logy. — Auburn University. URL: enpp.auburn.edu/ che Grenze von A. yamamai und die allgemein ungüns­­ outreach/web-publications/polyphemus-moth/ (zuletzt auf­ ti­geren Ergebnisse bei den getesteten Arten nörd­lich der ge­sucht: 15. ix. 2015). Alpen unter ande­ ­rem auch mit einem in diesem­ Gebiet Izerskiy [= Izerskij], V. V. (1999): [Bombycoid Lepidoptera (fam. höheren An­teil der Zugvögel be­zie­hungs­wei­se deren Bombycidae, Endromididae, Lasiocampidae, Brachmaeidae geringeren Seßhaf­ tigkeit zusammenhängen. [sic], Saturniidae, Sphingidae) and notodontids (fam. No­to­ don­tidae) of Siberia and the Russian Far East.] — Kiev Der Umstand, daß ein entsprechendes Verhalten bei (Gnozis), 160 S. [in Russisch]. eu­ropäisc­ hen Vertretern der Prädatoren beobachtet wer­ Mach, J. (1870): Kurze Anleitung zur Zucht des Seidenspinners der den kann und das postulierte Muster wirksam ist, läßt Eiche B. Yamamai. — Ljubljana (I. Kleinmayr & F. Bamberg), auf ein Verhältnis zu autochthonen Arten mit ent­spre­ 15 S. chen­den Eigenschaften schließen. Unter ihnen gilt Aglia Mušič, M. (1955): Iz življenja in dela Machovih. — Časopis za slo­ tau und Saturnia (Perisomena) caecigena als wald­be­woh­ ven­s­ko krajevno zgodovino Kronika, Ljubljana, 3 (3): 156– nenden­ Arten besonderes Augenmerk. 170. Literatur Oehlke, B. (2015): The world’s largest Saturniidae site. — URL: www. silkmoths. bizland. com/ indexos. htm (zuletzt aufg­ e­ Beeke, M., Brosch, U., Lampe, R. E. J., & Nässig, W. A. (2000): sucht: 15. ix. 2015). Beob­ ­achtungen zur Biologie von Aglia tau (Linnaeus, 1758) Pittaway, A. R.. (2015): Saturniidae of the Western Palearctic. im Freiland (Lepidoptera: Saturniidae, Agliinae). — Nach­ rich­ten des Entomologischen Vereins Apollo, Frankfurt am —URL: tpittaway.tripod.com.silk (zuletzt aufgesucht: Main, N.F. 21 (1): 11–18. 15. ix. 2015). Carnelutti, J. (1956): O metuljih priseljencih. — Proteus, Ljubl­ Smerdu, R. (1984): O metuljih jamamajih. — Proteus, Ljubljana, 47 ja­na, 18 (4): 137–143. (3): 100–111. Dvořák, B. (2014): O jamamaju in sorodnih prelcih. — Proteus, Stone, E. S. (1991): Foodplants of world Saturniidae. — The Ljubl­ja­na, 76 (9/10): 437–444. Lepidopterists’s Society, Memoir 4 (Lawrence, KS), 186 S. ——— (im Druck): Lunice in njihove gosenice. — Proteus, Ljubl­ja­na, Voelschow, A. (1902): Die Zucht der Seidenspinner. — Schwerin 77 (9/10). (A. Voelschow), 83 S. Goodwin, D. (1951): Some aspects of the behaviour of the Jay. — Ibis, London, 93 (3): 414–442, (4): 602–665. Eingang: 30. iii. 2015

© Entomologischer Verein Apollo e. V., Frankfurt am Main, November 2015 ISSN 0723-9912

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