©Entomologischer Verein Apollo e.V. Frankfurt am Main; download unter www.zobodat.at Nachr. entomol. Ver. Apollo, N. F. 36 (2/3): 65–76 (2015) 65 Beobachtungen zur Eiablagestrategie von Nachtpfauenaugen oder Pfauen spinnern (Lepidoptera: Saturniidae) im Hinblick auf das Territorialverhalten einiger Singvogelarten (Aves: Passeri) Boštjan Dvořák Dr. Boštjan Dvořák, Babelsberger Straße 9, D­10715 Berlin, Deutschland; [email protected] Zusammenfassung: Obwohl die meisten Nachtpf auen au­ Einleitung gen ar ten (Saturniidae) eine recht leichte Beute darstellen und ihren Freßfeinden mutmaßlich schutzlos ausgesetzt Aus Berichten erfahrener Züchter und eigenen Beob ach­ sind, scheinen ihre Populationen über Jahrzehnte zahlen­ tungen war mehrfach hervorgegangen, daß gezüc h tete mä ßig nur geringfügigen Schwankungen zu unterliegen; Pfauenspinnerraupen, die versuchsweise in der Natur trotz gelegentlich meßbarer parasitärer oder wit te rungs be­ ausgesetzt wurden, in der Regel rasch von Vö geln ent­ ding ter Einwirkungen bleiben sie im langjährigen Durch­ deckt und von diesen beziehungsweise ande ren Freß­ schnitt weitgehend stabil. Das wirft die Frage auf, welc he feinden meist ausnahmslos verzehrt wer den, bevor sie Me chanismen oder Überlebensstrategien — neben einer die Verpuppungsphase erreichen. gro ßen Fruchtbarkeit, erfolgreichen Vermehrung, Tar nung oder schnellen Entwicklung — scheinbar so ver wund baren Die beobachteten Versuche und vermittelten Berichte Tier arten langfristig das Überleben sichern. Da bei scheinen schlossen sowohl einzeln als auch in Gruppen aus ge­ ein zelne Arten von Freßfeinden eine ent schei dende Rolle setzt e Tiere ein; in praktisch allen Fällen wurden die zu spielen. In diesem Beitrag werden ei ni ge Beobachtungen Individuen, sofern sie nicht mit besonderem Schutz in am Verhalten des europäischen Ei chel hähers Garrulus glan darius (Linnaeus, 1758) geg en über eingegrenzten, frei Form eines Gitters oder Netzes gesichert waren, von le benden Populationen des ja pa ni schen Eichenspinners natür lichen Selektoren, unter denen Wirbeltiere und An the raea yamamai (Guérin­Mé ne ville, 1861) und einiger da hauptsäc hlich Vögel überwogen, nach und nach sei ner nächsten Verwandten besc hrie ben und deren Er geb­ gefun den und erbeutet. Die Beobachtungen bezogen nis se durch weitere Versuche mit weniger verwandten sich so wohl auf heimische Arten, die zeitweise ge züch­ Arten der Saturniidae ver gli chen; die gewonnenen Daten tet und dann wieder ausgewildert wurden, als auch auf spre chen für eine reziproke Ver haltensanpassung der Selek­ fremdlän disc he Vertreter der Familie, die von Zücht ern to ren und ihrer Beut e tie re und scheinen allgemein auf zwecks besserer Entwicklungsbedingungen und eines das Ver hältnis zwischen Singv ögeln und Schmetterlingen ab leit bar sowie für deren Ver mehrungs­ beziehungsweise ger ingeren Zuchtaufwandes vorübergehend ebenf alls im Territorialverhalten auf schluß reich zu sein. Freien gehalten wurden. Sie bleiben allerdings, ebenso wie die hierin besc hrie­ Observations on ovipositional strategies of Emperor benen gezielten Versuche und deren Ergebnisse, auf moths (Lepidoptera: Saturniidae) in relation to the Raupen derjenigen Arten beschränkt, deren Nahr ungs­ territorial behaviour of some species of singing birds (Aves: Passeri) spektr um die in gemäßigtem Europa natürlich vor herr­ schenden Baumarten der Buchengewächse (Fag aceae; Abstract: Though representing a rather easy prey and Quer cus spp., Fagus silvatica, Castanea sa ti va), Hasel ge­ be ing presumably exposed to their enemies without pro­ wäch se (Corylaceae; Carpinus betulus, Be tu la spp.) und tec tion, the populations of the most Emperor moths (Satur ­ nii dae) seem to only undergo insignificant quantitative Ro sengewächse (Rosaceae; Prunus spp.) so wie Nuß­ fluc tuations within decades; despite some eventually mea­ baum gewächse (Juglandaceae; Juglans re gia) umfaßt sur able parasitic or meteorological influence they re main bezie hungsw eise darauf beschränkt ist. Die Versuche most ly stable in a long­term average. This may raise the umf assen fünf Standorte, von denen sich einer in sub me­ question which mechanisms or survival strategies – besides dit er raner (Liminjan, slowenisches Küst enland), einer in a high fertility, successful reproduction, mimicry or fast ausg epr ägt kontinentaler (Golo vec bei Ljubljana) und de velopment – ensure existence and continuance to see­ drei in ozeanisch kontinentaler Klimazone (Eselsberg ming ly so vulnerable species in a longer period. Here­ bei Ulm, Schönbuch bei Tü bing en, Skaby bei Berlin) in some sin gle species of predators seem to play de ci sive parts. In this contribution a few obsevations are de scri­ bef inden. Ausgegangen wird von Beobachtungen an bed on the be ha viour of the european blue jay Garru lus der seit 1866 in Slowenien le ben den Art Antheraea glandarius (Lin nae us, 1758) towards some separated, free ya ma mai (Guérin­Méneville, 1861), wobei auch die living popu la tions of the Japanese Oak Silkmoth An the raea Zucht be richte von Johannes Mach (1870), aus dessen yamamai (Guérin­Méneville, 1861) and some of its clo s er Haltung die europäische Popu lation stammt, als Ver­ relatives, the results of which are compared by fur ther tests gleichsq uelle berücksichtigt wer den, so wie deren nahen with some more distant species of Saturniidae moths; the Ver wand ten A. pernyi (Gué rin­Mé ne ville, 1855), A. ob tained data indicate a reciprocal adaptation of behaviour poly phe mus (Cramer, 1776) und A. my lit ta (Drury, 1773). in the predators and their preys — and seem to generally cor respond with an ecological and evolutionary relationship Ver gleichend wer den Be ob ach tun gen an den au toch­ be tween the singing birds and butt erflies, revealing some tho nen Vertretern Ag lia tau (Lin nae us, 1761), Saturnia me chanisms of their re pro duc tio nal and territorial be ha­ (Pe risomena) cae ci gena Kupido, 1825, Saturnia (Sa tur- viour. nia) pyri (Denis & Schif fer mül ler, 1775) und S. (Eu dia) © 2015 by Entomologischer Verein Apollo e. V., Frankfurt am Main ©Entomologischer Verein Apollo e.V. Frankfurt am Main; download unter www.zobodat.at 66 pavoniella (Sco poli, 1763) und Tests an ge züch te ten Arten Füttern sonst problematisch wäre, und beob achtete sie Actias lu na (Linnaeus, 1758), A. artemis (Bre mer & Grey, jede Woche beim Besuch der Groß el tern. 1853), A. gnoma (But ler, 1877) und A. selene (Hübner, Die im Küstengebiet üblichen Flaumeichen (Quercus 1807) sowie Sa tur nia (Rinaca) japo ni ca (Moore, 1872) pu bescens) erwiesen sich, wie auch die Hopfenbuche und S. (R.) sim la Westwood, 1897 herangezogen. Um (Os trya carpinifolia), später als schlechteres Futter, auf ein un wahr scheinliches, aber even tuell mögliches Aus­ dem die Räupchen sich zwar eingefressen haben, aber breiten der Individuen einer der zwecks Be ob ach tun gen zö gerlich entwickelten. Zu meiner Freude gediehen sie ein ge schränkt ausgesetzten nicht ein hei mi schen Arten auf Birken und Hainbuchen im Garten gut und wur den aus zu schließen, be schränk ten sich die sys te matischen schnell größer. Zu meinem Ärger wurden die gro ßen Ver su che auf die am je wei li gen Ort be reits an we sen den dun kelgrünen Raupen später jedoch immer we niger, beziehungsweise aufgrund ih rer Her kunft auf Dau er und meine Großeltern berichteten mir von re gel mä ßi­ nicht lebensfähigen Arten. gen Vogelbesuchen, die ich an Wo chen en den auch selbst An allen fünf Standorten fielen unter den Prädatoren beobachten konnte; von der großen Bir ke, auf der ich die die Eichelhäher (Garrulus glandarius (Linnaeus, 1758)) meisten Raupen abgesetzt hatte, wur den täglich meh­ be sonders auf; sie erbeut eten jeweils mit Abstand die rere von Eichelhähern weg ge tra gen. Wir be trach te ten meis ten Rau pen der be obachteten Gelege. Zugleich ver­ dies als eine logische Konse q uenz, da sich zu viele Rau­ tei digten die In di vi du en dieser Vogelart die mit Raupen pen auf einem Baum befun den hätten und den Vög eln be­­setz ten Bäume vor anderen Prädatoren. Es stellte sich aufgefallen seien. Nur we nige kamen durch und wir her aus, daß bei ei nem bestimmten Verhalten jeweils ein fanden schließlich auf den Birkenästen etwa Anfang Ju li relativ­­ konst ant er Anteil eines Raupengeleges die Ver­ einige längliche, fluo reszierend gelbgrüne Kokons wie­ puppungs pha se erreicht. Dies kann in Europa vor allem der. in südlich der Alpen gelegenen Gebieten bei einer ent­ Im folgenden Jahr war ich viel vorsichtiger und setzte die spre chenden Aus gangsmenge gleich großer Raupen Räupchen aus der großen Eiermenge, die ich im Herbst re gel mäßig be ob ach tet und nachgewiesen wer den. aus Poljčane erhielt, ab Ende April gleichmäßig ver teilt und gut versteckt auf unteren und mittleren Äst en aller Einzeln und in Gruppen ausgesetzte Raupen Hainbuchen und Birken im riesigen Gar ten ab. Nur den Als Schulkind hatte ich ab 1980 in der Ferienzeit eini­ letzten Teil der verspätet gesc hlüpf ten Räup chen ließ ich ge Male nacheinander im August je ein paar Tage im aus Zeitmangel wieder nachein an der auf die große, reich Pfarr haus des Ortes Poljčane im Nordosten Sloweniens verzweigte Birke krie chen. Die Raupen ent wickelten sich ver bracht. Die Schwester des Pfarrers, den mein Vater prächtig und schienen im grünen Dic kicht des saftigen mit uns Kindern besuchte, fing in dieser Jahreszeit Laubes fast un sichtbar; da sie sich kaum bewegten und re gel mä ßig riesige, strahlend gelbe Falter, die sie, weil die meis
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