Mythos Heldenplatz Hauptplatz Und Schauplatz Der Republik Mythos Kern PRINT Layout 1 22.01.18 10:48 Seite 1
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Peter Stachel Mythos Heldenplatz Hauptplatz und Schauplatz der Republik Mythos_Kern_PRINT_Layout 1 22.01.18 10:48 Seite 1 Peter Stachel · Mythos Heldenplatz Mythos_Kern_PRINT_Layout 1 22.01.18 10:48 Seite 2 Mythos_Kern_PRINT_Layout 1 22.01.18 10:48 Seite 3 Peter Stachel Mythos Heldenplatz Hauptplatz und Schauplatz der Republik Mit einem Geleitwort von Monika Sommer und einem Beitrag von Heidemarie Uhl Mythos_Kern_PRINT_Layout 1 22.01.18 10:48 Seite 4 Mythos_Kern_PRINT_Layout 1 22.01.18 10:48 Seite 5 Mythos_Kern_PRINT_Layout 1 22.01.18 10:48 Seite 6 Vorherige Doppelseite: Der Heldenplatz in einer Luftaufnahme aus dem Jahr 1955. Mythos_Kern_PRINT_Layout 1 22.01.18 10:48 Seite 7 Inhalt 8 Der Heldenplatz — Bühne der Republik und Ort des Alltags Monika Sommer 12 Vorwort 22 Der eigentliche Mittelpunkt der Stadt 26 2002: „Ausgerechnet am Heldenplatz …“ 34 1938: „Vollzugsmeldung“ vor der deutschen Geschichte 60 „der glanze heldenplatz zirka“ Der Heldenplatz in der österreichischen Literatur seit 1945 76 Der Äußere Burgplatz. Erinnerung an die besiegte Vergangenheit 96 „Das erlösende Wort des Kaisers ...“ Die Stadterweiterung und das „Kaiserforum“ 120 „Der Moment des Heroischen selbst“. Die Reiterstandbilder auf dem Heldenplatz 154 „Mit Begeisterung geblutet ...“ Die Österreichische Heldengedenkstätte im Burgtor 164 „Maulheldenplatz“? Der imperiale Platz und die Zweite Republik 174 Von Helden und Opfern Heidemarie Uhl 180 Der Hauptplatz der Republik Österreich 184 Auswahlbibliografie 191 Bildnachweis Mythos_Kern_PRINT_Layout 1 22.01.18 10:48 Seite 8 Der Heldenplatz – Bühne der Republik und Ort des Alltags Der Heldenplatz hat keinen klaren Anfang und ein offenes, bestenfalls ein auslaufendes Ende. Als Kaiserforum in der Monarchie konzipiert und nicht mehr fertiggestellt, ist er bis heute eines jener schon sprichwörtlich gewordenen öster- reichischen Provisorien, auf die man sich verlassen kann. Mit- ten im Herzen der Bundeshauptstadt gelegen, ist er wie kein anderer österreichischer Platz ein „contested space“ (Stuart Hall) — ein heiß umkämpfter Ort: eine Bühne der politischen Repräsentationen und gleichzeitig Hot Spot der Protestkultur gegen politische Vorhaben oder Maßnahmen. Gleichzeitig ist der Platz für viele Menschen auch ein Ort des Alltags: Jeden Morgen startet eine sportliche Gruppe mit sanften Schatten- boxübungen vor dem Theseustempel in den Tag. Hundebesit- zerinnen und -besitzer gewähren ihren Vierbeinern Auslauf und Sportlerinnen und Sportler nutzen den Platz für die Aus- übung diverser körperlicher Aktivitäten. Austrian Guides und Fiaker erzählen Touristengruppen die Geschichte des Platzes. Seit Frühsommer 2017 gehen die Abgeordneten in den tempo- rären Parlamentspavillons ihrer Arbeit nach — so lange, bis die Sanierung des Parlamentsgebäudes abgeschlossen ist. So wan- delt sich die Nutzung des Heldenplatzes oft gleich mehrmals täglich. Es gibt mehrere Anlässe, gerade im Jahr 2018 — einem für Österreich ereignisreichen und vielfältigen Gedenk- und Er innerungsjahr — den Heldenplatz in Form dieser hier vorlie- „Helden-Platz“: ein Straßenschild genden historisch-essayistischen Auseinandersetzung neu zu mit Patina. vermessen: 1848 war er ein zentraler Ort der Revolution, im 8 Mythos_Kern_PRINT_Layout 1 22.01.18 10:48 Seite 9 9 Mythos_Kern_PRINT_Layout 1 22.01.18 10:48 Seite 10 Katastrophenjahr 1938 wählte Adolf Hitler den Altan der Neuen Burg am Heldenplatz für die Verlautbarung des „Ein- tritts“ seiner Heimat „in das Deutsche Reich“. Nicht zuletzt auf- grund dieser beiden historischen Ereignisse wurde das Haus der Geschichte Österreich, als neues Bundesmuseum nach jahrzehntelangen Debatten im Februar 2017 gegründet, am Heldenplatz situiert. Das erste große Ereignis, mit dem das Haus der Geschichte Österreich im März 2018 an die Öffentlichkeit tritt, ist ein Ge- denkakt, der an die 80. Wiederkehr der katastrophalen „An- schluss“-Tage erinnert. An jenem Ort, an dem am 15. März 1938 der Beginn der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Österreich verkündet wurde, wird eine Klanginstallation der Künstlerin Susan Philipsz eröffnet. Wir setzen damit ein ge- schichtspolitisches Zeichen der Mitverantwortung von Öster- reicherinnen und Österreichern an dem, was bereits in den „Anschluss“-Tagen begann: an den pogromartigen Ausschrei- tungen gegen die jüdische Bevölkerung, gefolgt von Entrech- tung, Beraubung, Vertreibung, Vernichtung. Dem Holocaust fielen mehr als 66.000 Österreicherinnen und Österreicher zum Opfer. Die künstlerische Auseinandersetzung an diesem Ort soll auch — wie das Gedenkjahr generell — ein Zeichen in die Zukunft sein: In der jüdischen Zahlenmystik steht die Zahl „18“ für das Wort „Leben“. In Ergänzung dazu erscheint diese Publikation, um den Heldenplatz in einer umfassenderen historischen Dimension zu umreißen — Peter Stachel und Heidemarie Uhl danke ich herzlich für die spannenden Texte dieses essayistischen Lese- buchs, dem Bildarchiv der Österreichischen Nationalbiblio- thek für die Unterstützung bei der Bildauswahl, Stefan Fuhrer für die grafische Gestaltung und dem wissenschaftlichen Beirat des Hauses der Geschichte Österreich unter dem Vorsitz von Oliver Rathkolb vom Institut für Zeitgeschichte der 10 Mythos_Kern_PRINT_Layout 1 22.01.18 10:48 Seite 11 Universität Wien für die Bestärkung, den Heldenplatz 2018 zu einem Thema des Hauses der Geschichte Österreich zu machen. Mein weiterer Dank gilt allen Kolleginnen und Kollegen des Museums, der Österrei- chischen Nationalbibliothek und vor allem Johannes Sachslehner und Matthias Opis vom Molden Verlag für die gute Zusammenarbeit. Monika Sommer Direktorin des Hauses der Geschichte Österreich 11 Mythos_Kern_PRINT_Layout 1 22.01.18 10:48 Seite 12 Vorwort Der Maidān at-Tah. rīr (Platz der Befreiung) in Kairo, der Majdan Nesaleschnosti (Platz der Unabhängigkeit) in Kiew oder der Taksim Meydanı (Platz der [Wasser-]Verteilung) in Istanbul — drei zentral gelegene, große urbane Plätze, die im Jahr 2013 einer weltweiten medialen Öffentlichkeit zu Begriffen wurden. Auf ihnen bildeten sich politische (Gegen)Öffentlich- keiten, die die jeweilige Staatsmacht herausforderten. In einer Zeit, in der Politiker mit der Öffentlichkeit mittels Kürzesttexten über social networks kommunizieren und es zuweilen so er- scheinen mag, als ob Politik zunehmend nur mehr auf einer vir- tuellen Ebene stattfinden würde, erinnerten die Vorgänge auf diesen drei Plätzen daran, dass auch heute noch die öffentlich sichtbar dokumentierte physische Anwesenheit einer größeren Anzahl von Menschen, die in buchstäblichem Sinn mit der gan- zen Person und damit auch mit dem eigenen Körper für ihre politischen Ziele einstehen, eines der aussagekräftigsten politi- schen Argumente ist und bleibt. Die letztlich in Gewaltakten mit Todesopfern mündenden Geschehnisse auf den drei Plät- zen richteten die Aufmerksamkeit jedoch auch auf den Um- stand, dass es von größter Bedeutung ist, wo genau sich politi- sche Öffentlichkeit in dieser Form manifestiert. Diese Plätze er- halten, meist durch Verweis auf frühere Ereignisse, eine Form der sozialen „Aufladung“, die ihnen den Charakter von Bühnen, ja zuweilen von „heiligen Orten“ verleihen kann. Damit werden die Plätze selbst gewissermaßen zu politischen Argumenten und Kampfbegriffen — so wird beispielsweise in der West- ukraine die Auseinandersetzung der Jahre 2013/2014 mit großer Selbstverständlichkeit als eine zwischen Euromajdan und Politische Öffent- Majdan-Rat auf der einen und Anti-Majdan auf der anderen lichkeit manifes- Seite beschrieben und ein Teil der politischen Öffentlichkeit der tiert sich auf Ukraine bezeichnet sich bis heute als Majdan-Bewegung. großen urbanen Plätzen: der „Platz der Befreiung“ in Kairo (oben), der „Platz der Unab- hängigkeit“ in Kiew (unten). 12 Mythos_Kern_PRINT_Layout 1 22.01.18 10:48 Seite 13 Mythos_Kern_PRINT_Layout 1 22.01.18 10:48 Seite 14 In diesem Sinn kann es von allergrößter symbolischer Be- deutung sein, ob eine politische Gruppierung tatsächlich dazu in der Lage ist, den konkreten Platz sichtbar zu besetzen, oder ob es dem politischen Gegner gelingt, sie davon fernzuhalten. So ist beispielsweise der Taksim-Platz in Istanbul an den Jahres- tagen der gewaltsam niedergeschlagenen Proteste von 2013 (Ende Mai) für die Öffentlichkeit gesperrt, was zu einem „Aus- weichen“ von Protestkundgebungen unterschiedlicher Art in den unmittelbar angrenzenden Gezi-Park geführt hat; ebenso sperrte die Regierung Abdel Fatah el-Sisis nach dem Putsch im Juli 2013 den Kairoer Tah. rīr-Platz für längere Zeit großräumig Am Jahrestag der ab. Jahrelang wurde auch der Tiān'ānmén Guh. ngcha˘ng (Platz Proteste von 2013 des Himmlischen Friedens) in Peking regelmäßig am 4. Juni, für die Öffentlich- dem Jahrestag des Massakers an Demonstranten der Demokra- keit gesperrt: der Taksim-Platz in tiebewegung von 1989, von Ordnungskräften abgeriegelt und Istanbul. damit unbetretbar gemacht. Sinnfälliger könnte die symboli- 14 Mythos_Kern_PRINT_Layout 1 22.01.18 10:48 Seite 15 sche Aufladung dieser Plätze kaum dokumentiert werden als „Contested space“ durch diese Maßnahmen. in Peking: Trauer- kundgebung für Dem Phänomen des „politischen Platzes“ ist bislang in der die Erdbebenopfer historischen, sozial- und politikwissenschaftlichen Forschung von 2008 am Platz erstaunlich wenig Aufmerksamkeit gewidmet worden. Histo- des Himmlischen Friedens. risch lässt er sich in Europa in funktionaler Hinsicht — nicht aber auch in seinen architektonischen Ausdrucksmitteln, die teilweise viel älter sind — auf die Zeit der Napoleonischen Kriege und die damit einhergehende