Felsenburg Neurathen
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Felsenburg Neurathen Die Felsenburg Neurathen ist die Ruine einer mittelal- der Burg und die seitherige Nutzung des Areals haben terlichen Felsenburg im Elbsandsteingebirge in Sachsen. die ursprünglichen Formen aber teilweise erheblich Sie liegt oberhalb des Elbtales in den Basteifelsen bei beeinflusst. Rathen im Nationalpark Sächsische Schweiz. Neurathen ist die größte mittelalterliche Felsenburg der Sächsischen Schweiz.[1][2] Die erstmals 1289 urkundlich erwähnte 2 Geschichte Burg befand sich im Besitz verschiedener böhmischer Adelsgeschlechter, bis sie zunächst 1426 und nach mehr- fachen Kämpfen endgültig 1469 in den Besitz der 2.1 Mittelalter sächsischen Kurfürsten überging. Da ihre Bauten wie bei den meisten Felsenburgen des Elbsandsteingebirges weit- gehend aus Holz bestanden, sind nur die ausgehauenen Räume, Durchgänge, die Zisterne und die Balkenaufla- ger der einstigen hölzernen Aufbauten erhalten. Seit 1906 wurde das Areal mehrfach archäologisch untersucht, im Rahmen der letzten Grabungen wurden in den Jahren 1982 bis 1984 Teile der weiträumigen Burganlage als Freilichtmuseum rekonstruiert. 1 Lage und Geologie Die Burg Neurathen befindet sich auf einem an der brei- testen Stelle etwa 100 m breiten Felsgrat, der sich am Burghof und Zisterne Nordufer der Elbe von der Bastei östlich in Richtung Ra- then zieht und auch als Basteiriff bezeichnet wird. Zur Die Ursprünge der Felsenburg Neurathen, die an der Bastei hin sind die Elbsandsteinfelsen durch Schluchten Nordgrenze des Königreichs Böhmen errichtet wurde, unterbrochen, deren breiteste die von der Basteibrücke liegen im Dunkeln, archäologische Funde im Bereich der überspannte Mardertelle ist. Nördlich der nach fast allen Burg lassen aber eine Besiedlung bereits in der Bronzezeit Seiten steil mit 50 bis 60 m abfallenden Burgfelsen liegt vermuten.[7] Historiker vermuten eine Entstehung im Zu- der Wehlgrund. Lediglich nach Osten hin fällt der Hang ge der Grenzsicherung der Mark Meißen gegen Böhmen etwas flacher nach Rathen hin ab. unter Heinrich dem Erlauchten um 1245.[8] In diesem Geologisch sind die Burgfelsen wie auch das gesamte Jahr erhielt Heinrich die Burg Wehlen übereignet, die we- Elbsandsteingebirge aus flachmarinen Ablagerun- nige Kilometer flussabwärts liegt. Für eine teilweise ver- mutete Entstehung bereits im 11. Jahrhundert gibt es we- gen eines kreidezeitlichen Meeres entstanden, die [9] im Turonium und Coniacium bis zu 400 m mäch- der schriftliche noch archäologische Belege. Erstmals tige klastische Sedimente ablagerten. Die Rathener schriftlich erwähnt wurde die Burg indirekt am 29. No- Burgfelsen gehören entsprechend der ursprünglichen vember 1261 in einer Urkunde, wonach Papst Urban IV. petrographisch-morphologischen Gliederung von den Propst von St. Thomas in Leipzig damit beauftragte, Friedrich Lamprecht[Anmerkung 1] zum großbankigen, zur einen Streit zwischen dem Bischof von Meißen und ver- Schrammstein-Formation[3][4] gehörenden Horizont der schiedenen böhmischen Lehnsleuten, darunter Teodori- cus de Raten, über die Veruntreuung bischöflicher Güter „Sandsteinstufe d“, die die mit 50 bis 80 m mächtigste [10] Sandsteinstufe im Elbsandsteingebirge darstellt.[5][6] Die zu schlichten. Aus der zweiten urkundlichen Nennung aus kieselig zementierten Quarzsandsteinen bestehenden aus dem Jahr 1289 in einem Tauschvertrag zwischen dem Burgfelsen sind daher durch die für die Stufe d typischen böhmischen König Wenzel II. und Friedrich Clem, dem hohen und steil abfallenden Wände geprägt, die kaum Herrn von Dresden, geht erstmals explizit hervor, dass in Rathen ein Castrum bestand.[11] Zu jener Zeit war die typische Verwitterungsformen des Sandsteins wie etwa [8] Sanduhren oder Waben aufweisen. Die Felsköpfe wur- Burganlage böhmisches Lehen, das sie bis 1426 blieb. den durch Wollsackverwitterung geformt, die Bauten Die Burg Neurathen bildete gemeinsam mit der tiefer ge- 1 2 2 GESCHICHTE Siegel Kaiser Karls IV. legenen Burg Altrathen eine Doppelburg, die Bezeich- nungen beider Teilburgen als Altrathen und Neurathen sind modernen Ursprungs.[11] Die urkundlichen Nennun- gen lassen daher im Unklaren, auf welche der Burgen sie sich beziehen. Neurathen gilt entgegen der Namens- gebung als die ältere Anlage.[11] Der Name der Burg und auch des Ortes geht auf den altsorbischen Vorna- men *Ratěn/*Ratan zurück, der eine Kurzform des Vor- namens *Ratibor darstellt.[12] Meiche deutet den Na- men als Burg des Ratin oder Burg des Ratimer (des durch Krieg Berühmten).[10] Ein Zusammenhang mit dem tschechischen Wort hrad (dt. ‚Burg‘) ist unwahr- scheinlich. Einhundert Jahre nach der ersten Nennung, im Jahr 1361, Wappen der Berken von der Duba wurden in einer Urkunde Kaiser Karls IV. mit ambo cas- tra Ratny erstmals zwei Burgen genannt. Zu dieser Zeit gehörte Neurathen als freie Herrschaft den Herren von Die Berken von der Duba, die vor allem von Burg Hohn- Michelsberg. Peter von Michelsberg unterwarf sich sym- stein aus intensiv den Ausbau der Felsenburgen und Burg- bolisch dem Kaiser, indem er ihm die Tore der beiden warten in der heutigen Sächsischen Schweiz vorangetrie- Teilburgen öffnete. Zwei Jahre später gestattete Karl in ben hatten, lagen in dieser Zeit in steter Fehde mit den seiner Funktion als böhmischer König den Michelsber- meißnischen Markgrafen aus dem Hause Wettin. Die- gern die Gütergemeinschaft ihrer duobus castris rach- se dehnten nach dem Tod Kaiser Karls IV. unter des- ny mit ihrer Besitzung Auscha.[10] Dies sind die einzi- sen schwachem Sohn Wenzel IV. schrittweise ihre Lan- gen mittelalterlichen Urkunden, die explizit beide Bur- desherrschaft auf die Gebiete der verschiedenen böhmi- gen nennen. Alle anderen Quellen lassen offen, ob Alt- schen Adelsfamilien aus. Markgraf Wilhelm I. hatte 1402 oder Neurathen oder beide Burgen gemeint sind. Für das in der Dohnaischen Fehde bereits Burg Dohna von den Jahr 1388 wurde Rathen in der Rechnung über die Liefe- Burggrafen von Dohna erobert, 1408 fiel die Festung Kö- rung von Steinen durch einen Dresdner Brückenmeister nigstein an Meißen. erwähnt, ein Beleg für die frühe Verwendung des in der [11] Friedrich von Oelsnitz, Vogt auf dem Königstein und Umgebung gebrochenen Sandsteins. Lehnsmann des 1423 zum Kurfürsten aufgestiegenen Rathen ging 1406 durch Kauf von den Michelsbergern an Friedrich I. von Sachsen, eroberte 1426 in dessen Auf- die Berken von der Duba über, Hinko Berka von der Duba trag die Burg. Er wurde 1428 als Burgherr bezeichnet; der Ältere wurde der neue Eigentümer. Dieser teilte 1410 die Berken von der Duba waren gezwungen, dem Mark- seine Besitzungen unter seinen fünf Söhnen auf. Benesch grafen und Kurfürsten im gleichen Jahr die Erbhuldigung Berka von der Duba erhielt Rathen, übernahm den Besitz zu leisten.[11] Dennoch kam es in den Folgejahren er- jedoch erst nach dem Tod des Vaters im Jahr 1419.[10] neut zum Streit. Albrecht Berka von der Duba, Besitzer 2.2 Frühe Neuzeit 3 überliefert ist. Kurfürst Ernst von Sachsen und sein Bru- der, Herzog Albrecht, gingen ab 1467 gegen Hans von Oelsnitz vor und begannen mit der Belagerung der beiden Burgen. Erst nach über einem Jahr gelang den markgräf- lichen Truppen im Mai 1469, die Burgen in Brand zu set- zen und zu erobern.[7] Hans von Oelsnitz konnte fliehen. Seine Versuche, über Fürsprache durch König Matthias Corvinus die Burg zurückzuerhalten, blieben erfolglos. Der Kurfürst gestattete ihm aber, sich wieder in Sachsen anzusiedeln, zudem erhielt er eine finanzielle Entschä- digung. Rathen wurde als verwirktes Lehen eingezogen und dem Amt Pirna zugeordnet.[10] Die Burg fiel in der Leipziger Teilung 1485 dem Herzog Albrecht von Sach- sen zu. Bereits 60 Jahre nach der Eroberung waren beide Burgen verfallen.[11] 2.2 Frühe Neuzeit Bereits 1530 soll Burg Neurathen eine Ruine gewe- sen sein. Noch 1593 sind allerdings auf der durch Matthias Oeder erstellten ersten sächsischen Landeskar- te ein „Schloß Der neue Raden“ – die erste urkundliche Nennung des heutigen Namens – und ein Wächterhaus bei Rathen verzeichnet.[11] Später dienten die Räumlichkeiten der verfallenen Burg als Zufluchtsort der Bevölkerung in Kriegszeiten. So Herzog Albrecht von Sachsen sollen während des Dreißigjährigen Kriegs 1639 viele Pirnaer Bürger aus Furcht vor den Schweden in den Fel- sen der Burg Zuflucht gesucht haben.[10] Auch zeugt eine 1706 während des Nordischen Kriegs angebrachte Fels- der Herrschaft Wildenstein, eroberte 1438 Rathen zu- inschrift von der Angst der Bevölkerung vor den Schwe- rück und brachte es wieder in den Besitz der Berken von den: CHRISTOPF HASE – 1706 WAR TER SWETE IN der Duba. Bereits im Jahr darauf erkämpfte sich Fried- LANTE ES KUSTETE VIL GELT.[13] Ende des 18. Jahr- rich von Oelsnitz 1439 den Besitz wieder zurück, wohl hunderts waren noch einzelne Teile der Burg erhalten. Im mit Unterstützung durch Kurfürst Friedrich II. von Sach- Jahr 1755 existierten noch steinerne Pfeiler der früheren, [10] sen. Ein Friedensvertrag, der die Entscheidung über an der Stelle der heutigen Basteibrücke befindlichen und den Besitz in die Hände des Kaisers legen sollte, wur- als Zugang von Westen dienenden Brücke über die un- de bald gebrochen. In den nachfolgenden Kämpfen fiel terhalb der Bastei liegende Mardertelle. Diese etwa 50 m Benesch Berka von der Duba. Albrecht Berka und sein tiefe Schlucht liegt zwischen der Bastei und dem heute Unterstützer Jan von Wartenberg gerieten infolge der Er- als Steinschleuder bezeichneten Felsturm, der ursprüng- oberung der Burg Wildenstein in die Hände Friedrichs lich Teil der Burgbefestigung war. Ebenso wies das tal- von Oelsnitz, der sie ins Rathener