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© Luca Carrà SALVATORE SCIARRINO (*1947)

Sui poemi concentrici I, II, III (1987) for soloists and orchestra

TT: 02:21:08

ensemble recherche: Martin Fahlenbock flute • Shizuyo Oka clarinet Melise Mellinger violin • Barbara Maurer viola d’amore • Lucas Fels violoncello

Rundfunk-Sinfonieorchester • Peter Rundel conductor

Recording venue: Haus des Rundfunks Berlin, Großer Sendesaal Recording date: 13.-16.01.2004 Recording supervisor: Frank Schneider Recording engineer: Geert Puhlmann Sound technician: Hermann Leppich Executive producer: Rainer Pöllmann Final Mastering: Christoph Amann Producer: Barbara Fränzen, Peter Oswald Artwork: Jakob Gasteiger Graphic Design: Gabi Hauser Publisher: Universal Music Publishing Ricordi S.R.L. Recording by Deutschlandradio Kultur

2 Aus einem einzigen großen Atem stützen. Das Gegenteil eines Hintergrunds, Salvatore Sciarrinos Orchester-Triptychon der bruchstückhaft entsteht mit den Situati- Sui poemi concentrici onen, auf die er sich bezieht. [Vielmehr] eine Rainer Pöllmann vollständige Struktur, die sich innerhalb des Gedichts äußert, ein einheitlicher Plan. Ich Goethes Faust, Thomas Manns Zauberberg, habe an einen einzigen Bogen aus Musik ge- das Nibelungenlied – oder eben Dantes dacht, mit riesigen und doch perfekten Pro- Divina Commedia. Wie lassen sich solche portionen. Ehrfurcht gebietenden Werke vertonen? Gibt Es ist die Einheit der unvergleichlichen Reise, es nicht unzählige Beispiele von missglück- die einem verbietet, sich den großen ein- ten Faust-Opern? Musste nicht Wagner, um zelnen Geistesblitzen zu nähern. Die ganze seinen Ring zu schmieden, die Nibelungen- Divina Commedia Satz für Satz in der Art sage so radikal umformen, dass vom ur- einer Oper zu vertonen, einen Berg aus Musik sprünglichen Sinn und Gehalt nichts mehr anzuhäufen, wäre sinnlos, eine Idee von übrig blieb? Wie um alles in der Welt will man wahnsinnigen Dilettanten. Ein solches Unter- die kühnste Wanderung des Mittelalters, den nehmen verdiente Bewunderung nur wegen Abstieg in die Hölle, die Durchquerung des seines Umfangs, vielleicht noch wegen der Fegefeuers und den Aufstieg ins Paradies, mit ihm verbundenen Hingabe. Doch dann wie will man die 500 Seiten der Göttlichen entpuppte es sich schnell als brüchig und Komödie in Musik fassen? wenig bedeutsam.“ Selbst Salvatore Sciarrino, der heute wohl bedeutendste Komponist Italiens, nahm den Dichtung und Musik Auftrag des staatlichen italienischen Fernseh- senders RAI, die Musik zu einer hundertteili- Gleichzeitig mit der Fernsehfassung der Mu- gen Fernsehserie über die Divina Commedia sik zu Dantes Divina Commedia entstand aus zu komponieren, nur zögernd an. Ausführlich dem selben musikalischen Material eine Or- äußerte er sich zu den Problemen, die ein chesterfassung für den Konzertsaal: Sui po- derart groß dimensioniertes Projekt mit sich emi concentrici für Solisten und Orchester. brachte: Die zeitliche Ausdehnung von ursprünglich „Eine Musik für Dantes gesamte Commedia 15 Stunden ist auf ein Zehntel geschrumpft, zu entwerfen... Ich habe den Vorschlag für die Besetzung hingegen identisch, mit Aus- eine Fernsehausstrahlung nicht ohne Furcht nahme des in der TV-Version vorhandenen akzeptiert. Vor allem die Lesung zu begleiten: Chores, auf den Sciarrino in der konzertan- will sagen: ihr Schritt für Schritt zu folgen. ten Fassung verzichtet. Uraufgeführt wurde Aber auch sie mit einer soliden Architektur zu Sui poemi concentrici am 8. April 1988 im

3 Sendesaal der RAI in Turin vom Orchestra ins Paradies bzw. in die Verdammnis vor- Sinfonica di Torino della RAI unter der Lei- stößt. Und der Untertitel beschränkt sich auf tung des Komponisten. Drei Tage später, am die Angabe der Besetzung: „Für Solisten und 11. April 1988, wurde im Kulturprogramm RAI Orchester“. Tre auch die erste Folge der Fernsehserie Insgesamt fünf Solisten sind an Sui poemi ausgestrahlt. concentrici beteiligt. Ein Concerto grosso Sui poemi concentrici, bzw. die Musik zur also? Durchaus nicht. Die Soloinstrumente TV-Austrahlung der Divina Commedia, ist stehen nie in barocker Manier dem orches- beileibe nicht die einzige Beschäftigung tralen Klangkörper gegenüber, nie drängen Salvatore Sciarrinos mit dem Dichter Dante. sie sich in den Vordergrund oder spielen gar Im Jahr 1981 entstand für das zweite Rund- – nach der Art des Virtuosen-Concerto – ihr funkprogramm der RAI ein knapp halbstündi- eigenes Spiel vor der Folie des bloß beglei- ges elektronisches Werk, La voce dell’inferno, tenden Orchesters. Sie sind, ob alleine oder auf Texte von Dante Alighieri. Fünf Jahre nach in Kombination, eine zusätzliche Klangfarbe Sui poemi concentrici, im Jahr 1993, entstand in dieser filigranen Orchesterpartitur. Zudem für das Ravenna Festival eine weitere „Musica wechselt die Besetzung. Im ersten Teil ist nur di Scena“, nämlich Musiche per il “Paradiso” das Violoncello solistisch aktiv, im zweiten di Dante. Und wie im Falle der Musik für die Teil sind es Flöte, Klarinette und Violoncello, Commedia, so wurden auch hier die drei im dritten Teil schließlich Flöte, Violine und Teile der Schauspielmusik, Alfabeto oscuro, Viola d’amore. Der Wechsel geht allmählich L’invenzione della trasparenza und Postille, und kontinuierlich vonstatten. als drei eigenständige Orchesterwerke ver- Wie aber ist die Wahl der Instrumente, wie öffentlicht. die dramaturgische Abfolge zu verstehen? Salvatore Sciarrino befleißigt sich bei Sui Man geht wohl nicht zu weit, wenn man das poemi concentrici des größtmöglichen Un- Violoncello als eine Personifizierung (oder derstatements. Kein Hinweis auf die berühm- Instrumentalisierung?) des Führers Vergil te literarische Vorlage, kein Kokettieren mit versteht, der den Wanderer durch Inferno Himmel und Hölle – jeder noch so kleine Hin- und Purgatorio geleitet und sich schließlich weis auf eine programmmusikalische Dimen- verabschiedet, um die Führung durch das sion wird vermieden. Der Titel Sui poemi con- Paradiso Beatrice zu überlassen. Von wel- centrici („Über die konzentrischen Gesänge“) chem Instrument aber sollte die unsterbliche hilft nur dem Kundigen, der weiß, dass in Geliebte des Dichters Dante, das Symbol der Dantes Architektur des Jenseits Himmel und irdischen wie himmlischen Liebe, verkörpert Hölle in konzentrischen Kreisen angeordnet werden, wenn nicht von der Viola d’amore? sind, die umso enger werden, je weiter man Die Parallelführung von Dichtung und Musik

4 hat zugegebenermaßen Unschärfen. So tritt Korrespondenzen zwischen dem mathemati- Beatrice schon am Ende des Purgatorio in schen Gerüst der Divina Commedia und Sui Erscheinung, nicht erst im Paradiso. Noch poemi concentrici? heikler ist die Deutung der anderen drei In- In der Einführung zu seiner Dante-Vertonung strumente. Flöte, Klarinette und Violine ha- äußert sich Salvatore Sciarrino auch über die ben keine unmittelbaren Pendants in der Zahlen-Struktur des Werks: „Die ganze Kom- Dichtung. Allerdings gibt es dort noch wei- position ist in Schichten gedacht, die separat tere Führer, die für kurze Zeit den Wanderer oder simultan gelesen werden können. Aus begleiten: Cato, Lucia, Statius und Matelda, den verschiedenen Möglichkeiten der Lek- schließlich im Paradiso auch Bernhard. Und türe formt sich das außergewöhnliche Reper- so ist es wohl nicht zu verwegen, die fünf toire an Situationen, die erforderlich sind, um temporären Weggefährten der Divina Com- die ganze Wanderschaft Dantes zu füllen. media mit diesen drei Solisten in Sui poemi Ich habe zunächst einmal eine Struktur von concentrici in Verbindung zu bringen. 35 Minuten Dauer entworfen. Diese ist zyk- lisch, das heißt: man kann ohne Sprünge oder Mathematik und Musik Unterbrechung wieder von vorne beginnen. Die vollständige Lesung des Gedichts dauert „Dante rechnete, bevor er schrieb.“ Auf 15 Stunden. Wenn man mit einer Näherung diesen kurzen Nenner bringt der Literatur- von jeweils 5 Minuten rechnet, ist die zu Grun- wissenschaftler Manfred Hardt seine An- de liegende Struktur fast zehn mal in jedem merkungen zur Zahlenstruktur der Divina Gesang enthalten. Deshalb kann sie wäh- Commedia. Bis ins feinste Detail hinein ist rend des gesamten Ablaufs fast dreißig Mal Dantes großartiges Poem von einer subtilen in sich selbst kreisen. Diese Struktur weist Zahlensemantik durchwirkt, die die Großform eine geometrische Konfiguration auf, die und die Detailstruktur, die Namen und Orte nicht besonders streng ist, und wird als eine und Proportionen bestimmt. Art periodisches Schillern mit Pausen wahr- Nicht nur dem zahlengläubigen Barockzeital- genommen. Klagend ausgestoßen im Infer- ter, auch dem nicht minder zahlengläubigen no und Purgatorio, um später transparenter Serialismus hätte ein solches literarisches Dampf und Funkeln zu werden. Eine gewisse Vorbild Ansporn sein können für eigene Vieldeutigkeit der Figuren und der Klänge ist Bestrebungen, die Dreifaltigkeit von Hölle, essentiell. Deshalb das Bewusstsein dafür, Fegefeuer und Paradies in Zahlen zu bannen. dass die gleichen Elemente je nach Kontext Rechnete also auch Sciarrino, bevor er kom- unterschiedlich erscheinen können, und dar- ponierte? Wie zahlenverhaftet ist Sciarrinos aus entsteht ein übergeordneter Zusammen- Orchesterwerk? Wie ausgeprägt sind die hang in dieser weitgespannten Arbeit.“

5 Halten wir darüber hinaus einige grundlegen- als ein ausgedehntes, etwa zweistündiges de Parallelen zwischen Dichtung und Orches- Orchesterwerk im Konzertsaal, ohne Bühne, terwerk fest: Dantes Commedia besteht aus ohne Text, ohne Handlungsfaden. drei Teilen: das Inferno umfasst 34 Gesänge, Wichtig ist deshalb, der Versuchung zu wider- Purgatorio und Paradiso jeweils 33 Gesänge. stehen, das Orchestertriptychon in eine ver- Die Divina Commedia besteht also aus insge- kappte Schauspielmusik zurückzuverwan- samt 100 Gesängen. Sui poemi concentrici deln. Das ginge am Sinn dieser Musik vorbei. besteht aus drei Teilen: jeder dieser Teile ist Sui poemi concentrici ist keine Hintergrund- 540 Takte oder etwa 33 Minuten lang, das er- musik für Dantes Text. Sie ist selbst der Text. gibt eine Gesamtdauer des Triptychons von Dieser Hinweis ist umso nötiger, als die Ver- (gerundet) 100 Minuten. (Die vorliegende Auf- suchung groß ist, beim Hören der Musik nach nahme geht – zum Nutzen der musikalischen Parallelen zu Dantes Dichtung zu suchen, Eindringlichkeit – merklich darüber hinaus.) nach Verknüpfungen im Handlungsstrang. Die Parallele ist schlagend, Zufall ausge- Ein solcher Versuch wird mit Sicherheit schlossen. Allerdings ist der sich daran an- scheitern. Denn nichts lag Sciarrino ferner, schließende Gedanke, nämlich jedem der als den Soundtrack zu einem Welt-Epos zu Gesänge auch „seine“ eigene Musik zuzu- komponieren (Dass ihm dies auch im Fall ordnen, zum Scheitern verurteilt. Weshalb der Göttlichen Komödie vorzüglich gelungen auch die einfache Rechnung, jeder von Dan- wäre, dass er Dantes wunderbar plastischen tes Gesängen, immerhin zwischen 115 und Geschichten entsprechende Musik beigesel- 160 Versen lang, werde bei Sciarrino in ge- len hätte können, daran ist nicht zu zweifeln.). rade mal einer einzigen Minute abgehandelt, An Dante, an die Schrecken des Inferno, die natürlich nicht aufgeht. mystischen Glückseligkeiten des Paradiso, an die Macht der Liebe und die himmlische Traum von einer „musica-ambiente“ Beatrice, erinnert in Sui poemi concentrici zunächst einmal nichts. Kein Entwicklungs- Wie aber unterscheidet sich die Musik zur roman in Tönen ist zu hören, ausgehend von Fernsehserie von der autonomen Musik für den Verstrickungen des fehlbaren Sterbli- den Konzertsaal? Zunächst einmal in der chen im Sündenwald, durch die Qualen der Dauer – und damit auch in der Wirkung, der Hölle hindurch, geläutert im Purgatorio und dramaturgischen Funktion und damit einher aufgestiegen zu den Himmeln. Kein musi- gehend der ästhetischen Erscheinungsform. kalisches „per aspera ad astra“. So voll von Die Musik für eine 15 Stunden dauernde Le- überbordenden Bildern, von farbenprächti- sung der Divina Commedia folgt prinzipiell gen Schilderungen des jenseitigen Leidens anderen Gesetzen und Rezeptionsweisen und Hoffens die Divina Commedia ist, so

6 zurückhaltend, so karg, so skizzenhaft ist ren Ebene alternieren große Klangwellen mit Sciarrinos Musik. diesem Schillern, das aus der gemeinsamen Sie erzählt keine Geschichten, und schon Struktur entsteht.“ gar nicht erzählt sie Dantes Geschichten Das alles ist einerseits sehr genau auf die nach. Sciarrinos Musik baut eine musikali- Dichtung bezogen, andererseits doch im sche Atmosphäre auf. Eine Atmosphäre von höchsten Maße abstrakt. „Der Sturm der enormer Spannung, von großer Zartheit, von Wörter“, so Sciarrino in seiner Einführung, anrührender Verletzlichkeit. Und eine alles „kann nicht mit einem Sturm aus Klängen überwölbende auratische Einheit, von der verdoppelt werden.“ Es schwebe ihm eine Art Sciarrino schon in Bezug auf die Fernseh- von „musica-ambiente“ vor. „Ambient Music“ serie sprach. also, Musik im Raum, die „den Stichwörtern, „Es muss gelingen“, so Sciarrino, „ein Werk die der Vers schweigt oder zurückruft, ihr Ohr aus einem einzigen großen Atem zu entwi- leiht“. ckeln. Also aus eigens dafür geformten Ma- Das ist es: Eine schwebende, hochstilisierte terialien und Klangfiguren. Außergewöhnlich konstruktiv komplexe und doch ganz leichte, ausgedehnte und zugleich unmerkliche Vari- ätherische Musik, die der Imagination großen ationen, die wie ein zweites Bild über unserer Raum lässt. Eine Musik, die jedem Hörer ein eigenen Einbildungskraft liegen. Wenn eine Führer durch ein unvergleichliches Univer- solche Musik strömen würde wie der Atem sum, durch Inferno, Purgatorio und Paradiso der Geschichte, dann würde sie sicherlich ist, ohne ihn zu bevormunden und aufdring- ein anderes Zeitmaß erfordern, jenseits der lich auf bestimmte Stellen hinzuweisen. Eine Befriedigung, die ein normales Hören ver- Musik, die Dantes Meisterwerk ein selbst- schafft.“ bewusster Gefährte ist. „Die gemeinsame Struktur“, so Sciarrino Und so begeben sich die Hörer von Sui weiter, „ist in den drei Gesängen in verschie- poemi concentrici gleich in mehrfacher Hin- dene Klänge gewandet. Ein tiefer Bassklang sicht auf Entdeckungsreise. Eine Reise nicht unterscheidet psychologisch die drei Orte. nur durch Inferno, Purgatorio und Paradiso, Ein unendlicher Fall, ein höllisches Donnern sondern auch eine Entdeckungsreise in Ter- lastet zunächst auf dem Hörer. Den Einge- ra incognita, in unbekanntes musikalisches weiden der Erde entkommen, hört man ein Land. Ein Land, das sich dem Wanderer nicht Zirpen im Purgatorio, wo der Tag sich mit aufdrängt, nicht mit großer romantischer der Nacht abwechselt und die Grillen mit Geste öffnet. Ein Land aber, dessen Magie den Zikaden. Im Paradiso ist der tiefe Klang und stillem Zauber nicht widerstehen kann, dem Schweigen ähnlich. [...] Auf einer ande- wer sich neugierig auf seine Reize einlässt.

7 Sui poemi concentrici Salvatore Sciarrino

Eine Musik für die gesamte Commedia von Dante ersinnen. Ich habe nicht ohne Bangen den Vorschlag für die Fernseh-Ausgabe angenommen. Die Lektüre begleiten, bedeutet vor allem, ihr Schritt für Schritt zu folgen. Aber auch, sie mit einer präzisen Architektur zu stützen. Das Gegenteil eines Hintergrundes, der fragmenta- risch mit den von ihm überlagerten Situationen wächst. Eine komplexe Struktur, die sich um die Dichtungen gliedern sollte – ein einheitliches Projekt. Ich dachte an eine einzige Musikspannweite von gewaltigen, aber dennoch perfekten Ausmaßen. Es ist gerade die Dimension der unermesslichen Reise, die es verbietet, sich den großen spirituellen Momenten des Geistes zu nähern. Denn: würde man die gesamte Divina Commedia Wort für Wort in Musik umsetzen – fast wie eine Oper, einen Berg von Musik anhäufen –, es wäre zutiefst sinnlos, ein Unterfangen manischen Dilettantismus. Eine der- artige Konzeption könnte alleine durch ihre Menge Bewunderung hervorrufen – schnell würde es sich als brüchig und kurzlebig erweisen. Es muss also vielmehr gelingen, ein Werk in einem großen Atemzug zu entwickeln. Dafür müssen die Proportionen erweitert und eigens dafür geschaffene Materialien und Ton- figuren entwickelt werden. Also: auffallende und gleichzeitig beinahe unmerkliche Variationen entlang des Verlaufes, fast wie ein Bild, das weit unsere Vorstellungskraft übersteigt. Sollte sich eine solche Musik ausdehnen wie der Atem der Zeit, dann wäre sicherlich ein anderer Maßstab erforderlich, der sich außerhalb der Befriedigung unseres normalen Zu- hörens befände. Ein nicht-menschlicher Atem, den der Mensch aufnehmen könnte wie eine Landschaft. Unnötige Beschreibungen sind zu vermeiden: ein Sturm von Worten kann nicht durch einen Sturm von Tönen verdoppelt werden. Die Abkürzungen sind funktional, nur die ver- schlungenen Pfade erwecken unser ästhetisches Interesse. Eine Art von Lebensraum-Musik (musica-ambiente), stilisiert, um die Stichworte hervorzu- heben, die der Vers verschweigt und gleichsam erinnernd wiederholt. Die gesamte Kom- position ist in separaten und gleichzeitig lesbaren Schichten konzipiert.

8 Aus den verschiedenen Lesarten bildet sich das außergewöhnliche Repertoire der Situa- tionen, das zur Bewältigung der langen Reise Dantes notwendig ist. Zunächst habe ich eine ca. 35 Minuten dauernde Struktur verfasst: sie ist zyklisch, kann also ohne Sprünge oder Unterbrechung wieder beginnen. Das Lesen der gesamten Dichtung dauert ca. 15 Stunden. Wenn man nun mit einer An- näherung von 5 Minuten rechnet, ist die erzeugende Grundstruktur ca. 10 Mal in jedem der drei Gesänge enthalten. Damit kann sich die Grundstruktur maximal 30 Mal um sich selbst drehen. Diese Struktur stellt eine nicht starre geometrische Gestaltung dar, man empfindet sie wie eine Art periodisches Schillern, betont durch Momente des Schweigens. Klagend fließt sie zwischen Hölle und Fegefeuer, nur um schließlich transparenter Dunst und geheimnisvolles Funkeln zu werden. Eine gewisse Polyvalenz der Figuren und der Klänge ergibt sich gleichsam zwingend, das Bewusstsein, dass die einzelnen Elemente in ihrer jeweiligen Kontextualisierung vollkom- men unterschiedlich erscheinen können. Daraus erwächst eine höhere Koherenz in der Komposition. Die gemeinsame Struktur wird in den drei Gesängen von verschiedenen Klängen umhüllt. Ein obligater Grundton unterscheidet psychologisch die drei Orte. Ein endloser Fall, ein Höllenlärm umhüllt den Zuhörer. Ein Zirpen tief aus dem Inneren der Erde im Fegefeuer, wo sich Tag und Nacht abwechseln wie die Grillen und die Zikaden. Im Paradies ist der Grund- ton ähnlich einer Stille oder einem mächtigen Atem, der Hohlraum einer riesigen Muschel, an die wir das Ohr anlegen würden: der Klang des Meeres, und wie dieser ein Sammel- becken aus unendlichen Stimmen und Chören. Ein Schillern in Regenbogenfarben bildet eine gemeinsame Struktur – auf einer anderen Ebene wechseln sich große Klangwellen ab. Die drei Wellen des kosmischen Atems sind herbe Töne der Rohrblätter: Atemzüge und himmlischer Feuerregen (Bögen) in der Hölle. Ein Nebelhauch der Klarinette im Fegefeuer, um die Stimmen und fast menschliche Klagen zu verbergen, Windstöße, fast beängstigen- de metallische Schläge, die jedoch das Echo fast zum Leuchten bringen. Für das Paradies dann Akkorde, die sich wie durch Geisterhand auflösen. Hier wird die räumliche Dimension durch die leuchtende und widerhallende Spur der Klänge betont. Nochmals wird die Landschaft durch kürzere Betonungen genauer artikuliert. Getöse,

9 Peitschenhiebe und Funken zeichnen eine überschäumende und befriedete Natur des Fegefeuers, wo die Luft trüb ist von Pollen, und die Tierstimmen – nie ohne Antwort – immer paarweise zurückgeworfen werden. Hier nun stellt sich die menschliche Ebene der von Dichtern zitierten gregorianischen Choräle ein. Im Paradies dringt die ganz hohe Stimme der Solo-Violine durch. Ringsum werden die Tiefen vom Entzünden der Meteore durchbohrt. Hier begegnen wir zwei Choral-Präsenzen: dem Hosanna (VIII. Gesang) und der Explosion des Gloria (XXVII. Gesang).

10 From One Great Breath fragmentarily with the situations to which it Salvatore Sciarrino’s Orchestral Triptych relates. [Rather] a complete structure that Sui poemi concentrici expresses itself within the poem, a unified Rainer Pöllmann plan. I thought of a single arch of music, of gigantic and yet perfect proportions. Goethe’s Faust, Thomas Mann’s The Magic “It is the unity of the incomparable voyage Mountain, the Nibelungenlied – or, in the that forbids one from approaching the great present case, Dante’s Divina Commedia. individual flashes of inspiration. It would be How is it possible to set to music such senseless – the idea of a crazy dilettante – awe-inspiring works? Aren’t there count- to set the entire Divina Commedia to music, less examples of not really successful Faust phrase by phrase, in a kind of opera, to pile operas? Did not Wagner, in writing his Ring, up a mountain of music. Such an undertak- have to reshape the saga of the Nibelungs so ing would deserve admiration only because radically that nothing remained of its original of its sheer size, though perhaps also be- content and meaning? How, for the world, cause of the dedication it would require. But could anyone put to music the most daring that idea quickly revealed itself to be fragile journey of the Middle Ages, the descent into and hardly meaningful.” Hell, the crossing of Purgatory and the as- cent into Paradise, namely the 500 pages of Poetry and Music the Divine Comedy? Even Salvatore Sciarrino, who is probably At the same time Sciarrino was composing Italy’s most important living composer, was the television version of music for Dante’s reluctant to accept a commission from the Divina Commedia he also created from the Italian state broadcaster RAI to compose same musical material an orchestral version the music for a hundred-part TV series of for the concert hall: Sui poemi concentrici for the Divina Commedia. He has written exten- Soloists and Orchestra. The duration shrank sively about the problems that such a huge to only a tenth of the original 15 hours, but projects entails: the instrumentation remained the same, with “To write music for Dante’s entire Comme- the exception of the choir, which was used dia... It was not without trepidation that I ac- only in the TV version. The first performance cepted the proposal for a television produc- of Sui poemi concentrici took place on 8 April tion. Especially to accompany a reading of 1988 at the Auditorium RAI in Turin, with the the text, meaning to follow it step by step, Orchestra Sinfonica di Torino della RAI play- but also to support it with solid architecture. ing under the baton of the composer. Three It is the opposite of a background created days later, on 11 April 1988, the first episode

11 of the TV series was broadcast as part of the orchestral ensemble, never push their way cultural programme of Rai Tre. into the foreground or play – in the manner Sui poemi concentrici and the music for the of a virtuoso concerto – their own solo with TV series of the Divina Commedia is hardly the orchestra in only an accompanying role. Salvatore Sciarrino’s only composition re- They are, whether alone or in combination, an lated to the poet Dante. In 1981 he wrote an additional tonal colour in this filigree orches- electronic work lasting about half an hour tral score. Moreover, the active musicians for the RAI’s second radio network: La voce change during the work. In the first part, only dell’inferno on texts by Dante Alighieri. In the violoncello plays an active solo role, while 1993, five years after Sui poemi concentrici, in the second part it is flute, clarinet and vio- he composed another musica di scena for loncello, and then finally in the third part the the Ravenna Festival: Musiche per il Paradiso flute, violin and viola d’amore. This change di Dante. As was the case for the music for occurs gradually and continually. the Commedia, the three parts of the theatri- But what is the meaning of the choice of in- cal music – Alfabeto oscuro, L’invenzione della struments, of the dramaturgical sequence? trasparenza and Postille – were published as It is not farfetched to regard the violoncello three independent orchestral works. as a personification (or instrumentalisation?) In his Sui poemi concentrici Sciarrino strives of the guide, Virgil, who takes the traveller for the greatest possible understatement. through Inferno and Purgatorio before bid- There is no reference to the famous literary ding farewell so that Beatrice can guide him source, no flirtation with Heaven and Hell – through Paradiso. What instrument could be he avoids even the slightest reference to any more appropriate for the poet Dante’s im- programmatic dimension. The title Sui poemi mortal beloved, the symbol of earthy and concentrici (“On the concentric poems”) aids heavenly love, than the viola d’amore? only insiders, who realise that in Dante’s ar- The parallel between the poetry and music chitecture of the hereafter, Heaven and Hell is admittedly vague at times. Thus Beatrice are arranged in concentric circles that get does not wait until Paradiso to make her ap- smaller the closer one gets to Paradiso or pearance but is seen already at the end of Inferno. The subtitle is also limited to a state- Purgatory. It is more difficult to find an inter- ment of the cast required: “for Soloists and pretation for the other three instruments. The Orchestra”. flute, clarinet and violin have no immediate A total of five soloists are needed for Sui counterparts in poetry. However, there are poemi concentrici. Is it thus a concerto gros- other guides who accompany the traveller so? Not at all. The solo instruments are never for short periods: Cato, Lucia, Statius and contrasted in the Baroque manner with the Matelda, and finally in Paradiso Bernhard

12 as well. And thus it is probably not too far- structure of 35-minute-duration. It is cyclical, fetched to see a connection between the five which means that one can start over from the temporary companions in the Divina Com- beginning without leaps or interruption. media and these three soloists in Sui poemi The complete reading of the poem takes 15 concentrici. hours. If one calculates with an approxima- tion of five minutes each, the basic structure Mathematics and Music is contained almost ten times in each canto. Thus it can circle in itself almost 30 times “Dante calculated before he wrote.” The liter- during the entire sequence of events. This ary scholar Manfred Hardt arrives at this short structure has a geometric configuration that denominator in his remarks on the numerical is not particularly strict and is perceived as structure of the Divina Commedia. Dante’s a kind of periodic shimmering with rests. It grandiose poem is permeated down to the is plaintively expelled in the Inferno and later finest detail by subtle numerical semantics, becomes transparent steam and sparks. A determining the large form, structure of de- certain ambiguity of figures and sounds is tails, names, places and proportions. essential. Thus there is a consciousness that Not only the Baroque period but also seri- the same elements can appear to be differ- alism with its equally great faith in numbers ent, depending on the context, and this cre- might have provided a literary model as an ates a subordinate context in this compre- incentive for Sciarrino’s efforts to capture hensive work.” the trinity of Hell, Purgatory and Paradise in Let us also note a number of basic parallels numbers. So did Sciarrino also calculate be- between the poetry and the orchestral work: fore he composed? How important are num- Dante’s Commedia consists of three parts; bers to Sciarrino’s orchestral work? To what the Inferno consists of 34 cantos, Purgatorio extent are there relationships in the mathe- and Paradiso of 33 cantos each. The Divina matic structures of the Divina Commedia and Commedia thus has of a total of 100 cantos. Sui poemi concentrici? Sui poemi concentrici consists of three parts; In the introduction to his Dante composition, each of these parts is 540 bars or about 33 Sciarrino writes about the numerical struc- minutes long, resulting in the triptych’s total ture of the work: “The entire composition duration of (a rounded up) 100 minutes (The is in layers that can be read separately or present recording – to strengthen its musical simultaneously. From the various possibili- urgency – is considerably longer.). ties of reading them result the extraordinary The parallel is striking. This can be no co- repertoire of situations that are required to incidence. However, the apparently logical fill all of Dante’s voyage. I initially designed a temptation to see each canto as having its

13 own music is doomed to failure. Thus it is music to accompany Dante’s wonderfully also impossible to see each of Dante’s can- vivid stories.). tos, which are between 115 and 160 verses There is nothing in Sui poemi concentrici to long, reflected in a single minute of Sciar- remind us of Dante, the terrors of Hell, the rino’s work. mystic bliss of Heaven, the power of love and the divine Beatrice. This is not a coming-of- The Dream of “musica ambiente” age novel set to music, based on the entan- glements of fallible mortals in the forest of But what are the differences between the sin, through the torments of Hell, purified in music for the TV series and the autonomous Purgatory and ascended into Heaven. This is work for the concert hall? First, there is the not a musical “per aspera ad astra”. As full duration and thus the effect, the dramaturgi- as the Divina Commedia is with exuberant cal function and thus the accompanying aes- images, colourful depictions of suffering and thetic form. The music for a 15-hour reading hope in the hereafter, Sciarrino’s music is of the Divina Commedia must of necessity equally reserved, sparse and sketchy. follow other laws and principles of reception It does not tell stories at all, and certainly not than an extended, two-hour orchestral work those of Dante. Sciarrino’s music creates a for the concert hall, with no stage, no text, musical atmosphere, one of enormous ten- no plot. sion, of great tenderness, of touching vulner- Thus it is important to resist the temptation ability. And of the sweeping auratic unity of to retransform the orchestral triptych into which Sciarrino spoke in reference to the TV disguised theatrical music. That would be to series. miss the point of this music. Sui poemi con- “It must be possible”, says Sciarrino, “to centrici is not background music for Dante’s develop a work from one great breath and text. It is the text itself. thus from materials and tonal figures that It is all the more important to see this, be- are especially created for the purpose. Ex- cause in hearing the music the temptation is traordinarily extended and at the same time great to seek parallels to Dante’s poetry, to imperceptible variations that lie like a second find relationships to the plot. Such attempts image over our imaginative powers. If such a are bound to fail. Nothing was farther from music could flow like the breath of history, Sciarrino’s intention than to compose the it would certainly demand a different tempo, soundtrack to an epic of world literature (Al- beyond the satisfaction that normal listening though there can be no doubt that he would provides.” have succeeded brilliantly in the case of the “The common structure”, Sciarrino contin- Divine Comedy, composing the appropriate ues, “in the three cantos is clad in varying

14 sounds. A deep bass sound differentiates the That’s it: a floating, highly stylised, construc- three places psychologically. Endless falling, tively complex and yet very light, ethereal hellish thundering initially burdens the listen- music that leaves much to the Imagination. er. Escaped from the bowels of the earth is a A music that guides every listener through an chirping ones hears in Purgatorio, where day incomparable universe, through Inferno, Pur- and night alternate as do the crickets and the gatorio and Paradiso, without being patronis- cicadas. In Paradiso the low sound of silence ing or pointing out certain passages in an in- is similar. [...] On another level, large sound sistent manner. Music that is a self-confident waves alternate with this shimmering, from companion to Dante’s masterpiece. which the common structure emerges.” And thus listeners to Sui poemi concentrici On the one hand, this all relates exactly to the set out on a voyage of discovery in more poetry, while on the other hand it is extreme- ways than one. It is a voyage not only through ly abstract. “The storm of words”, says Sciar- Inferno, Purgatorio and Paradiso but also to rino in his introduction, “cannot be doubled a terra incognita, an unfamiliar musical land. with a storm of sounds.” He imagines a kind This is a land that does not force itself on of musica ambiente. Ambient music, music in the traveller, that does not open itself with a a space that “lends its ear to the key words great romantic gesture, but rather a land of that the verse does not say or retracts.” irresistible magic and quiet enchantment for anyone open to its charms.

15 D’un seul grand souffle la soutenir par une architecture solide. Le Sui poemi concentrici, triptyque pour contraire d’une toile de fond qui apparaît, orchestre de Salvatore Sciarrino fragmentaire, avec les situations auxquelles Rainer Pöllmann elle fait référence : une structure complète qui s’exprime au sein du poème, un plan Le Faust de Goethe, la Montagne magique homogène d’ensemble. J’ai pensé à un arc de Thomas Mann, le Chant du Nibelung – ou musical unique, de proportions immenses et précisément la Divine Comédie de Dante : pourtant parfaites. comment mettre en musique des œuvres C’est l’unité de ce voyage sans égal qui in- aussi augustes ? N’y a-t-il pas d’innombra- terdit d’en aborder les traits de génie indi- bles exemples d’opéras ratés sur « Faust » ? viduels. Mettre en musique toute la Divine Wagner n’a-t-il pas été contraint, pour forger Comédie phrase par phrase, à la manière son « Anneau », de remanier si radicalement d’un opéra, accumuler une montagne de mu- la légende du Nibelung qu‘il ne reste plus sique, cela ne rimerait à rien, ce serait l’idée rien du sens et du contenu initial ? Et com- d’un dilettante insensé. Une telle entreprise ment exprimer par la musique le périple le ne mériterait l’admiration qu’en raison de son plus audacieux du Moyen Age, la descente ampleur, et peut-être de l’effort passionné aux Enfers, la traversée du Purgatoire et qu’elle supposerait. Mais elle s’avérerait ra- l’ascension au Paradis – les 500 pages de la pidement friable et dénuée de sens. » Divine Comédie ? Même Salvatore Sciarrino, sans doute le plus Poésie et musique remarquable compositeur italien à l’heure actuelle, n’a accepté qu’avec hésitation la En même temps que la version télévisée de commande de la télévision d’Etat italienne la musique pour la Divine Comédie de Dante, RAI, lui demandant de composer la musique le compositeur a créé à partir du même ma- d’une série télévisée en cent épisodes sur la tériel musical une version concertante pour Divine Comédie. Il a longuement exposé les orchestre : Sui poemi concentrici pour solis- problèmes associés à un projet d’une telle tes et orchestre. Les 15 heures initiales ont envergure : été réduites à un dixième, mais la distribution « Créer une musique pour l’ensemble de la est restée la même, à l’exception du chœur Commedia de Dante… Ce n’est pas sans présent dans la version télévisée, auquel angoisse que j’ai accepté cette proposition Sciarrino renonce dans la version concer- pour une émission de télévision. Il s’agit tante. Sui poemi concentrici a été créé le 8 surtout d’accompagner la lecture, c‘est-à- avril 1988 dans la salle d’émission de la RAI à dire de la suivre pas à pas. Mais aussi de Turin par l’Orchestra Sinfonica di Torino della

16 RAI sous la direction du compositeur. Trois de préciser la distribution : « Pour solistes et jours plus tard, le 11 avril 1988, le premier orchestre ». épisode de la série télévisée était diffusé par Au total, Sui poemi concentrici mobilise la chaîne culturelle RAI Tre. cinq solistes. S’agirait-il donc d’un concerto Mais Sui poemi concentrici ou la musique grosso ? Loin de là. Les instruments solistes pour les émissions télévisées sur la Divine ne font jamais face, à la manière baroque, à Comédie est loin de représenter la seule ré- l’ensemble sonore de l’orchestre, ils ne se flexion de Salvatore Sciarrino sur le poète poussent jamais au premier plan ou jouent Dante. En 1981, il avait créé pour la deuxième – à la manière du concerto de virtuose – leur chaîne radiophonique de la RAI une œuvre propre jeu devant la toile de fond de l’or- électronique d‘une demi-heure environ, La chestre devenu simple accompagnement. voce dell’inferno, sur des textes de Dante Ils constituent, seuls ou en combinaison, un Alighieri. Et cinq ans après Sui poemi con- timbre supplémentaire dans cette partition centrici, en 1993, il composa pour le Festival d’orchestre filigrane. Et la distribution varie. de Ravenne une autre « Musica di Scena », Dans la première partie, seul le violoncelle Musiche per il Paradiso di Dante. Comme joue un rôle de soliste ; dans la deuxième dans le cas de la musique pour la Commedia, partie, ce sont la flûte, la clarinette et le les trois parties de cette musique de théâtre, violoncelle, et dans la troisième partie en- Alfabeto oscuro, L’invenzione della trasparenza fin la flûte, le violon et la viole d’amour. Le et Postille, furent là encore publiées comme changement a lieu peu à peu, en transition œuvres indépendantes pour orchestre. continue. Pour Sui poemi concentrici, Salvatore Mais comment s’expliquer le choix des ins- Sciarrino mise résolument sur l’understate- truments et la séquence dramaturgique ? On ment : il renonce à toute référence au célèbre ne s’avance sans doute pas trop loin si l’on modèle littéraire, à jouer avec l’idée du ciel voit dans le violoncelle une personnification et de l’enfer – évitant la moindre indication (ou instrumentalisation ?) du guide Virgile, qui d’une dimension programmatique de sa mu- accompagne le voyageur à travers l‘Enfer et sique. Le titre Sui poemi concentrici (« Sur le Purgatoire pour prendre ensuite congé et les poèmes concentriques ») ne livre d’indi- laisser à Béatrice le soin de la guider à travers ces qu’à l’érudit qui sait que dans l’architec- le Paradis. Et quel instrument serait mieux à ture dantesque de l’au-delà, le ciel et l’enfer même d’incarner l’immortelle bien-aimée du sont agencés en cercles concentriques qui poète Dante, symbole de l’amour tant terres- deviennent de plus en plus serrés au fur et tre que céleste, que la viole d’amour ? à mesure qu’on se rapproche du paradis ou Il est vrai que ces parallèles entre la poésie et de la damnation. Et le sous-titre se contente la musique présentent certains flous. Ainsi,

17 Béatrice apparaît dès la fin du Purgatoire, entre l’ossature mathématique de la Divine et pas seulement au Paradis. L’interpréta- Comédie et Sui poemi concentrici ? tion des trois autres instruments est encore Dans l’introduction à sa mise en musique plus délicate. La flûte, la clarinette et le vio- du texte de Dante, Salvatore Sciarrino a lon n’ont pas leurs pendants directs dans le également évoqué la structure numérique texte. Toutefois, on y trouve encore d’autres de l’œuvre : « L’ensemble de la composition guides qui accompagnent le voyageur pen- est conçu en couches qui peuvent être lues dant quelque temps : Caton, Lucia, Stace et séparément ou simultanément. Des différen- Mathilde, et finalement Saint Bernard au Pa- tes possibilités de lecture découle l’extraor- radis. Il ne semble donc pas trop audacieux dinaire répertoire de situations nécessaires d’associer ces cinq compagnons temporai- pour couvrir la totalité du voyage de Dante. res de la Divine Comédie à ces trois solistes J’ai tout d’abord développé une structure dans Sui poemi concentrici. d’une durée de 35 minutes. Elle est cyclique, c’est-à-dire que l’on peut reprendre depuis le Mathématiques et musique début sans saut ni interruption. La lecture complète du poème dure 15 heu- « Dante calculait avant d’écrire. » C’est par res. Si l’on calcule avec une approche de 5 cette formule très succincte que l‘expert litté- minutes à chaque fois, la structure de base raire Manfred Hardt résume ses réflexions sur est contenue presque dix fois dans chaque la structure numérique de la Divine Comédie. chant. Au fil du déroulement d‘ensemble, elle Jusque dans les moindres détails, l‘extraor- peut donc tourner presque trente fois en el- dinaire poème de Dante est imprégné d’une le-même. Cette structure présente une confi- subtile sémantique de chiffres qui détermine guration géométrique qui n’est pas particu- la forme globale et la structure de détail, les lièrement stricte, et est perçue comme une noms, les lieux et les proportions. espèce de chatoiement périodique avec des Non seulement l‘époque baroque si respec- pauses. Plaintive dans l’Enfer et le Purgatoi- tueuse des chiffes, mais aussi le sérialisme re, elle devient ensuite vapeur transparente qui ne l’était pas moins, auraient pu s’inspirer et scintillement. Une certaine polyvalence de ce modèle littéraire pour tenter de couler des figures et des sons est essentielle. Il faut en chiffres la trinité de l‘Enfer, du Purgatoire réaliser que les mêmes éléments peuvent et du Paradis. Faut-il donc penser que Sciar- apparaître différemment selon le contexte, et rino aussi a calculé avant de composer ? cela crée une cohésion d’ensemble de cette A quel point l’œuvre orchestrale de Sciarrino œuvre de vaste envergure. » est-elle tributaire des chiffres ? Dans quel- Constatons en outre quelques parallèles fon- le mesure y a-t-il des correspondances damentaux entre le poème et l’œuvre orches-

18 trale. La Commedia de Dante est composée de vouloir retransformer le triptyque pour or- de trois parties : l’Enfer comprend 34 chants, chestre en une musique de théâtre masquée. le Purgatoire et le Paradis en comptent cha- On passerait ainsi à côté du sens de cette cun 33. La Divine Comédie englobe ainsi 100 musique. Sui poemi concentrici n’est pas chants en tout. Sui poemi concentrici est une musique de fond pour le texte de Dante. composé de trois parties : chacune de ces Elle est elle-même le texte. parties fait 540 mesures ou environ 33 minu- Il est d’autant plus important de le signaler tes, ce qui donne pour le triptyque une durée que l’on est fort tenté, à l’écoute de la musi- totale (arrondie) de 100 minutes (Le présent que, de chercher des parallèles avec le poè- enregistrement dépasse nettement cette du- me de Dante, des liens avec le fil de l’action. rée – dans l’intérêt de l’impact musical). Mais une telle tentative ne peut qu’échouer. Ce parallèle est frappant et ne saurait être Car l‘intention de Sciarrino n‘était certaine- le fruit du hasard. Pourtant, l’idée qui en dé- ment pas de composer la bande sonore pour coule, à savoir celle d’attribuer à chacun des une épopée mondiale (Sans aucun doute, il chants « sa » propre musique, est vouée à y aurait réussi à merveille dans le cas de la l’échec. Et le calcul tout simple selon lequel Divine Comédie également, il aurait su as- chacun des chants de Dante, de 115 à 160 socier aux histoires merveilleusement plas- vers de long, serait traité par Sciarrino en tiques de Dante une musique correspon- une minute à peine, ne tombe donc évidem- dante.). ment pas juste non plus. Au premier abord, rien dans Sui poemi concentrici n‘évoque Dante, les affres de Le rêve d’une « musica ambiente » l‘Enfer, les béatitudes mystiques du Paradis, le pouvoir de l‘amour ou la divine Béatrice. Mais qu’est-ce qui distingue la musique de Nous n’entendons pas un roman sonore la série télévisée de celle, autonome, pour la développant comment le mortel faillible se salle de concert ? Tout d’abord la durée – et débat dans la forêt des péchés, traverse les donc aussi l’impact, la fonction dramaturgi- horreurs de l’Enfer, arrive amendé au Pur- que et, de ce fait, la présentation esthétique. gatoire et monte finalement aux cieux. Pas La musique pour 15 heures de lecture de la de « per aspera ad astra » musical. Autant Divine Comédie est par principe régie par la Divine Comédie abonde en images débor- d‘autres lois et modes de réception qu‘une dantes, en descriptions hautes en couleur de longue œuvre d‘orchestre de deux heures la souffrance et de l’espoir dans l’au-delà, environ dans une salle de concert, sans scè- autant la musique de Sciarrino est retenue, ne, texte ou action. sobre, comme esquissée. Il est donc important de résister à la tentation Elle ne raconte pas d’histoires, et surtout,

19 elle ne raconte pas à sa façon les histoires extrêmement abstrait. « La tempête des de Dante. La musique de Sciarrino construit mots », affirme Sciarrino dans son introduc- une ambiance musicale. Une ambiance tion, « ne peut pas être doublée d’une tempê- chargée d’une énorme tension, d’une grande te de sons. » Il vise une espèce de « musica- douceur, d’une émouvante vulnérabilité. Et ambiente ». Une « musique ambiante », donc, une unité auratique qui englobe le tout, dont une musique dans l’espace, qui « prête Sciarrino avait déjà parlé à propos de la série l’oreille aux mots clés que le vers tait ou ren- télévisée. voie ». « Il faut parvenir », selon Sciarrino, « à déve- C’est bien cela : une musique flottante, de lopper une œuvre dans un seul grand souf- construction complexe et extrêmement sty- fle. Donc à partir de matériaux et de figures lisée et pourtant très légère, éthérée, qui lais- sonores spécialement façonnés à cet effet. se beaucoup de place à l’imagination. Une Des variations exceptionnellement étendues musique qui sert à tout auditeur de guide à et pourtant imperceptibles, qui se superpo- travers un univers sans égal, à travers l’En- sent comme une deuxième image à notre fer, le Purgatoire et le Paradis, sans jamais propre imaginaire. Si une telle musique cou- lui faire la leçon ou s’imposer pour souligner lait comme le souffle de l’histoire, elle exige- certains passages. Une musique qui s’affir- rait certainement une autre mesure, au-delà me avec assurance comme compagnon du de la satisfaction que procure une écoute chef-d’œuvre de Dante. ordinaire. » Ainsi, les auditeurs de Sui poemi concentrici « La structure commune », poursuit sont partis à plusieurs égards pour un voyage Sciarrino, « est habillée de sons différents de découverte. Un voyage qui les a menés dans les trois chants. Un son de basse pro- non seulement à travers l’Enfer, le Purgatoire fonde distingue psychologiquement les trois et le Paradis, mais aussi en terre musicale in- lieux. Une chute sans fin, un grondement connue. Dans un pays qui ne s’impose pas au infernal vient d’abord peser sur l’auditeur. voyageur, ne l’accueille pas avec de grands Echappé aux entrailles de la Terre, on entend gestes romantiques. Mais un pays dont la un chant stridulant dans le Purgatoire, où le magie et l’enchantement serein prendront jour alterne avec la nuit, et les grillons avec sous leur charme celui qui a la curiosité de les cigales. Au Paradis, le ton grave ressem- s’y aventurer. ble à un silence. [...] A un autre niveau, de grandes vagues sonores alternent avec ce chatoiement issu de la structure commune. » Tout cela se réfère d’une part très précisé- ment au poème, mais reste en même temps

20 Luca Carrà Carrà © Luca

21 Sui poemi concentrici Salvatore Sciarrino

Concepire una musica per l’intera Commedia di Dante. Ho accettato la proposta per l’edizione televisiva non senza timore. Accompagnare la lettura, anzitutto: vuol dire seguire passo passo. Ma anche sostenere con una solida architettura. Il contrario di un sottofondo, che nasce frammentario con le situa- zioni a cui si sovrappone. Una struttura complessa che si articolasse intorno ai poemi, un progetto unitario. Pensavo a una sola campata di musica, di proporzioni gigantesche eppure perfetta. È proprio l’unità dell’incommensurabile viaggio a vietare d’avvicinarsi ai grandi momen- ti dello spirito. Infatti, musicare parola per parola tutta la Divina Commedia, quasi come un’opera, accumulare una montagna di musica sarebbe privo di senso, da dilettanti maniaci. Questo genere di imprese può esser degno di ammirazione solo per la quantità (forse per la devozione), poi si rivela fragile e di poco momento. Dilatare dunque le proporzioni. Di più: riuscire a trarre un’opera di un solo grande respiro. Dunque materiali, figure sonore appositamente forgiati. Dunque variazioni notevoli lungo il percorso, e insieme impercettibili, quasi secondo un’immagine di quanto supera la nostra stessa immaginazione. Se tale musica si dilatasse come il respiro delle ere, certo sarebbe richiesto un altro metro, fuori dall’appagamento dell’ascolto normale. Un respiro non umano, che l’umano potesse accogliere come in un paesaggio. Evitare le inutili descrizioni: la tempesta delle parole non può raddoppiarsi con una tempe- sta di suoni. Le scorciatoie sono funzionali e soltanto i sentieri tortuosi suscitano l’interesse estetico. Una sorta di musica-ambiente, stilizzata a porgere gli spunti che il verso tace e richiama. Tutta la composizione è pensata a strati leggibili separatamente e simultaneamente. Dalle varie possibilità di lettura si forma lo straordinario repertorio di situazioni occorrente per compiere tutto il viaggio dantesco. Ho prima realizzato una struttura della durata di circa 35´. Essa è ciclica, cioè può ricomin- ciare senza salti o interruzione.

22 La lettura integrale del poema si aggira sulle 15 ore. Calcolando sempre con una doverosa approssimazione di 5´, la struttura generatrice è contenuta meno di dieci volte nella durata generale di ogni cantica, e perciò può ruotare su se stessa in tutto meno di trenta volte. Questa struttura presenta configurazione geometrica non rigida, e si percepisce come una sorta di iridescenza periodica, articolata con silenzi. Lamentosamente essa scorre tra Inferno e Purgatorio, per divenire trasparente vapore e luccichio. Una certa polivalenza delle figure e dei suoni si fa essenziale. La coscienza cioè che gli stessi elementi possano apparire diversi a seconda del contesto, e ne nasce una superiore coesione nella vastità del lavoro. La struttura comune è rivestita di suoni vari nelle tre cantiche. Un sono di fondo obbligato distingue psicologicamente i tre luoghi. Una caduta infinita, un rombo infernale preme sull’ascoltatore. Usciti dalle viscere della terra ecco un frinire per il Purgatorio, dove il giorno s’alterna alla notte e i grilli alle cicale. Nel Paradiso il suono di fondo è simile a un silenzio, o a un alito possente, la cavità di un’immensa conchiglia cui osassimo accostare l’orecchio: il suono del mare, e come il suono del mare ricettacolo brulicante d’infinite voci, e cori. All’iridescenza che fa da struttura comune, su un altro strato s’alternano grandi onde di suono. Le tre onde della respirazione cosmica sono aspri suoni delle ance, e soffi, e piog- gia di fuoco celeste (archi) nell’Inferno. Un velo di nebbia del clarinetto, in Purgatorio, per nascondere le voci, i lamenti quasi umani, brezze, paurosi colpi metallici ma resi come lucenti dall’eco. Triplici accordi che si scompongono come per un’oscillazione di spettro, per il Paradiso. Qui la dimensione spaziale viene accentuata dalla scia luminosa dei suoni o risonante. Ancora si precisa il paesaggio con le articolazioni più corte. Boati e sferze e scintille cedono alla natura esuberante e pacificata del Purgatorio, dove l’aria è torbida di pollini e le voci degli animali, mai senza riposta, sempre echeggiano a coppie. A questo punto s’inserisce lo strato umano dei canti gregoriani citati dal Poeta. Nel Paradiso penetra la melodia altissima del violino solista. Attorno buca le profondità l’accendersi delle meteore. Due le presenze corali: l’Osanna (canto VIII) e l’esplosione del Gloria (canto XXVII).

23 Salvatore Sciarrino Terza Settimana Internazionale di Nuova Mu- sica in Palermo; in 1969 he moved to Rome; he Wurde 1947 in Palermo geboren; von seiner then moved to Milan where he taught compo- musikalischen Ausbildung her Autodidakt, sition at the conservatory; today Sciarrino lives wobei er für einige Zeit hindurch Anregungen in Città di Castello (Perugia); he lectures at the von Antonino Titone (Assistent von Luigi conservatory in Florence and teaches several Rognoni am Institut für Musikgeschichte der further educational courses; the catalogue of Universität von Palermo) und Turi Belfiore his works includes 200 titles; this does not in- (Komponist und Dozent am Konservatorium clude peaces composed before 1965, which in Palermo) erhielt. Kontakt zu Franco Evan- he considers to be mere student works. gelisti; bereits im Alter von zwölf Jahren be- gann er zu komponieren; 1962 wurde erstmals Il né à Palerme en 1947. Il étudie la musique eines seiner Werke im Rahmen der Terza en autodidacte tout en recevant les encoura- Settimana Internazionale di Nuova Musica in gements d’Antonio Titone (assistant de Luigi Palermo öffentlich aufgeführt; 1969 Übersied- Rognoni de l’Institut d’histoire musicale de lung nach Rom; weitere Übersiedlung nach l’Université de Palerme) et de Turi Belfiore Mailand, wo er Komposition am Konserva- (compositeur et professeur au Conservatoire torium unterrichtete; zur Zeit lebt Sciarrino de Palerme). il est en contact avec Franco in Città di Castello (Perugia); er war Dozent Evangelisti. Il commence à composer dès am Konservatorium in Perugia und in Florenz l’âge de douze ans et la première exécution und leitete verschiedene Fortbildungskurse; publique de l’une de ses œuvres a lieu en der Katalog seiner Werke zählt heute 200 1962 dans le cadre de la Terza Settimana In- Titel; darin sind jene nicht enthalten, die er vor ternazionale di Nuova Musica à Palerme. En 1965 komponierte, weil sie aus seiner Sicht 1969, il s’installe à Rome. Il déménage en- bloß Ausbildungswerke darstellen. suite à Milan où il enseigne la composition au Conservatoire. Sciarrino vit aujourd’hui dans Was born in Palermo in 1947. He is a musical la Città di Castello (Pérouse). Il est professeur autodidact and was encouraged by Antonino au Conservatoire de Florence et anime éga- Titone (Luigi Rognini’s assistant, Institute for lement des ateliers de perfectionnement. Le Music History at the University of Palermo) catalogue de ses œuvres compte à ce jour and Turi Belfiore (composer and university 200 titres mais ne comprend cependant pas lecturer) for some time; contact with Franco les compositions d’avant 1965 car Sciarrino Evangelisti; he began to compose at the ten- les considère comme des œuvres encore ex- der age of twelve; in 1962, one of his works périmentales, composée pendant ses années was performed publicly for the first time at the d’études.

24 © Bernhard Strauss ensemble recherche Das ensemble recherche ist eines der pro- che bei Musiktheaterprojekten mit, produ- filiertesten Ensembles für neue Musik. Mit ziert für Hörfunk und Film, gibt Kurse für In- über vierhundertfünfzig Uraufführungen seit strumentalisten und Komponisten und bietet der Gründung 1985 hat das Ensemble die dem musikalischen Nachwuchs Einblick in Entwicklung der zeitgenössischen Kammer- seine Probenarbeit. und Ensemblemusik maßgeblich mitgestal- Das Repertoire beginnt bei den Klassikern tet. Das neunköpfige Solistenensemble hat des ausgehenden 19. Jahrhunderts, reicht mit seiner eigenen dramaturgischen Linie u.a. vom französischen Impressionismus einen festen Platz im internationalen Musik- über die Zweite Wiener Schule und die Ex- leben gefunden. Neben seiner ausgedehnten pressionisten bis zur Darmstädter Schule, Konzerttätigkeit wirkt das ensemble recher- dem französischen Spektralismus bis zu

25 avantgardistischen Experimenten der Gegen- instrumentalists and composers and offers wartskunst. Ein weiteres Interesse des en- up-and-coming musicians insight into its re- semble recherche gilt der zeitgenössischen hearsal work. Sicht auf die Musik vor 1700. Its repertoire starts with the late 19th century Von der enormen Bandbreite des Reper- classics and extends from French Impres- toires zeugen über 50 CDs. sionism to the Second Viennese School and Das ensemble recherche veranstaltet zusam- the Expressionists to the Darmstadt School, men mit dem Freiburger Barockorchester die French Spectralism and the avant-garde ex- jährlich stattfindende Ensemble-Akademie periments in contemporary music. A further Freiburg, die ein Forum für die Weiterbildung field of interest of the ensemble recherche is professioneller Musiker im Ensemblespiel in a contemporary view of music prior to 1700. Alter und neuer Musik und für die Begeg- Almost 50 CDs testify to the enormous scope nung beider Musikbereiche bildet. Die Musi- of this repertoire. ker des ensemble recherche geben Kurse an Together with the Freiburger Barockorches- Musikhochschulen und unterrichten bei den ter, the ensemble recherche organises the renommierten Internationalen Ferienkursen annual Ensemble Akademie Freiburg, a fo- in Darmstadt. rum for training professional musicians in Das ensemble recherche organisiert sich in ensemble playing in early and contemporary Eigenregie und hat eine eigene Konzertreihe music and for encounters between both ar- an seinem Standort in Freiburg. eas of music. The musicians in the ensemble recherche give courses at music academies The ensemble recherche is one of the most and teach at the prestigious International distinguished ensembles for contemporary Summer Course for New Music in Darm- music. Since it was founded in 1985, it has stadt. The ensemble recherche is self-man- given more than four hundred first perform- aged and organises its own concert series in ances and thus decisively promoted the de- its home town of Freiburg. velopment of contemporary chamber and ensemble music. Depuis sa création en 1985, l’ensemble re- This nine-member soloist ensemble has cherche s’est imposé comme un ensemble gained a firm position on the international de premier plan dans le domaine de la mu- music scene through its own dramaturgical sique nouvelle. Avec plus de 400 créations policy. In addition to its extensive concert à son actif, il a contribué de façon déter- programme, the ensemble recherche takes minante au développement du répertoire part in music theatre projects, radio broad- contemporain de musique de chambre et casts and film productions, gives courses for d’ensemble.

26 L’ensemble, composé de neuf solistes, s’est antérieure à 1700 constitue un autre centre acquis par l’originalité de sa programmation d’intérêt de l’ensemble. une place solide sur la scène internatio- Plus de 50 Cds témoignent de l’étendue de nale. Parallèlement à une large activité de son répertoire. concerts, il produit pour la radio et le film, Conjointement à l’ensemble baroque de participe à des projets de théâtre musical, Fribourg, l’ensemble recherche organise dispense des cours pour instrumentistes et chaque année une académie d’été à l’inten- compositeurs et permet à la jeune généra- tion des musiciens professionnels, forum où tion une approche de son travail par l’accès se rencontrent musiques ancienne et nouvel- libre à certaines répétitions. le. Les musiciens de l’ensemble enseignent Son répertoire s’étend de la fin du XIXème dans les Musikhochschule et dispensent des aux expériences les plus radicales de l’avant- cours dans le cadre du prestigieux festival de garde en passant par les impressionnistes Darmstadt. français, l’école de Vienne et l’expressionis- L’ensemble est autogéré et a sa propre série me, l’école de Darmstadt ou le spectralisme. de concerts à Fribourg. Un regard contemporain porté sur la période www.ensemble-recherche.de

27 © Franz Schlechter

Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin (RSB) Als ältestes deutsches rundfunkeigenes Kleinert, Heinz Rögner, Rafael Frühbeck de Sinfonieorchester geht das Rundfunk-Sinfo- Burgos) formten einen Klangkörper, der wie nieorchester Berlin auf die allererste musika- kein zweiter in Deutschland das Auf und lische Funkstunde im Oktober 1923 zurück. Ab der deutschen Geschichte im 20. Jahr- Die Chefdirigenten (u. a. Sergiu Celibidache, hundert mitvollzogen hat. Die Musik aller Eugen Jochum, Hermann Abendroth, Rolf Stilepochen von der Vorklassik bis hin zur

28 Moderne bildet das sinfonische Repertoire attention by the orchestra ever since its es- des RSB, das sich seit seiner Gründung in tablishment. besonderer Weise auch für die zeitgenös- Since the beginning of Marek Janowski’s sische Musik engagiert. involvement as artistic director and head Seit Beginn der Ära von Marek Janowski conductor in 2002, the RSB has made a re- als Künstlerischem Leiter und Chefdiri- sounding international name for itself among gent im Jahre 2002 hat sich das Rundfunk- Berlin’s top orchestras and as one of Ger- Sinfonieorchester Berlin international einen many’s leading radio orchestras. Janowski’s klangvollen Namen erworben zwischen den cyclical programming concepts of the past Berliner Spitzenorchestern und in der ersten few years (focussed on Mozart, Hartmann, Reihe der deutschen Rundfunkorchester. Wagner, Bartók, Bruckner and Strauss), the Janowskis zyklische Programmkonzepte der establishment of new and interesting con- vergangenen Jahre um Mozart, Hartmann, cert venues, and a young, dynamic image all Wagner, Bartók, Bruckner oder Strauss, die join to comprise the present-cay self-defini- Etablierung neuer interessanter Konzertsäle tion of this oldest German radio symphony und eine junge Ausstrahlung tragen zum orchestra. modernen Selbstverständnis des ältesten deutschen Rundfunk-Sinfonieorchesters bei. En tant que plus ancien orchestre de radio, le Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin trouve The Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin is ses origines dans la première émission ra- ‘s oldest radio symphony orchestra. diophonique diffusée en octobre 1923. Ses The ensemble has existed since the very directeurs musicaux (dont Sergiu Celibida- first hour of music programming on the radio che, Eugen Jochum, Hermann Abendroth, in October, 1923. The orchestra’s head con- Rolf Kleinert, Heinz Rögner, Rafael Frühbeck ductors (including figures such as Sergiu de Burgos) ont forgé par la suite un orches- Celibidache, Eugen Jochum, Hermann tre intimement lié à l’histoire mouvementée Abendroth, Rolf Kleinert, Heinz Rögner and de l’Allemagne au XXe siècle. La musique Rafael Frühbeck de Burgos) developed an de toutes les époques, du répertoire pré- ensemble which was to go through the ups classique jusqu’à la modernité, fonde le ré- and downs of 20th century German history pertoire du RSB, qui s’est particulièrement like no other orchestra in Germany. The sym- engagé depuis sa fondation pour la musique phonic repertoire of the RSB encompasses contemporaine. music from all stylistic eras between pre- Depuis la venue de Marek Janowski comme classicism and modernism, and contem- directeur artistique et premier chef en 2002, porary repertoire has been given special le RSB a acquis une belle réputation inter-

29 nationale, se distinguant parmi les autres or- chestres de Berlin et ceux des autres radios allemandes. Les nombreux cycles initiés par Janowski, consacrés à Mozart, Hartmann, Wagner, Bartók, Bruckner ou Strauss, la conquête de nouvelles salles intéressantes et un aura de jeunesse contribuent à l’image moderne du plus ancien des orchestres ra- diophoniques allemands.

www.rsb-online.de © Henrik Jordan

Peter Rundel

Geboren 1958 in Friedrichshafen, studierte Violine bei Igor Ozim und Ramy Shevelov in Köln, Hannover und New York, sowie Diri- gieren bei Michael Gielen und Peter Eötvös. 1984 bis 1996 war er als Geiger Mitglied des Ensemble Modern. 1987 gab er sein Debüt als Dirigent und gastiert heute regelmäßig bei Ensembles wie z.B. ensemble recherche, Ensemble Modern, Ensemble intercontem- porain sowie bei allen großen deutschen

30 Rundfunkorchestern (, Né en 1958 à Friedrichshafen, Rundel a étu- DSO und RSO Berlin, Baden-Baden, NDR dié le violon avec Igor Ozim et Ramy Shevelov Sinfonieorchester u.a.). Seit Januar 2005 ist à , Hanovre et New York, et la direc- Peter Rundel Musikalischer Leiter des Remix tion d’orchestre avec Michael Gielen et Peter Ensemble Porto. Er leitete Opernproduk- Eötvös. De 1984 à 1996 il a été violoniste tionen an der Deutschen Oper Berlin, der membre de l’Ensemble Modern. Ses débuts Bayerischen Staatsoper, der Wiener Volks- comme chef ont eu lieu en 1987 et il est de- oper, den Wiener Festwochen und den puis régulièrement invité par des ensembles Bregenzer Festspielen. Auf KAIROS ist er mit comme l’ensemble recherche, l’Ensemble Ensemble- und Orchesterstücken von Hans- Modern, l’Ensemble intercontemporain et peter Kyburz (Preis der Deutschen Schall- les grands orchestres de radio allemands plattenkritik) und Claude Vivier vertreten. (Bayerischer Rundfunk, DSO et RSO Berlin, Baden-Baden, NDR Sinfonieorchester etc.). Born in 1958 in Friedrichshafen, he studied Depuis janvier 2005, Peter Rundel est violin with Igor Ozim and Ramy Shevelov in directeur musical du Remix Ensemble Köln, Hannover, and New York, as well as Porto. Il a dirigé des productions d’opéras conducting with Michael Gielen and Peter à la Deutsche Oper Berlin, la Bayerische Eötvös. From 1984 to 1996 he played the vio- Staatsoper, la Wiener Volksoper, les Wiener lin as a member of Ensemble Modern. In 1987 Festwochen et le Bregenzer Festspiele. Pour he made his debut as a conductor and ap- KAIROS il a enregistré des pièces d’ensem- pears regularly with Ensembles like ensem- ble et d’orchestre de Hanspeter Kyburz (qui ble recherche, Ensemble Modern, Ensemble a obtenu le Preis der Deutschen Schall- intercontemporain, as well as with all big Ger- plattenkritik) et Claude Vivier. man Orchestras (Bavarian Radio Symphony Ochestra, German Symphony Orchestra, the Radio Symphony Orchestra of Berlin, NDR Symphony Orchestra etc.). Since January Sämtliche KünstlerInnen-Biographien unter: 2005 he is the musical director of the Remix All artist biographies at: Ensemble Porto. He has also directed opera Toutes les biographies des artistes à l’adresse suivante: productions at the Deutsche Oper Berlin, the www.kairos-music.com Bayerische Staatsoper, at the Wiener Fest- wochen and the Bregenzer Festspiele. On English translations: John Winbigler, Christopher Roth KAIROS he is represented with works for en- Traductions françaises: Martin Kaltenecker, sembles and orchestra by Hanspeter Kyburz Chantal Niebisch and Claude Vivier. Aus dem Italienischen: Zita Fränzen

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