Kinder- Und Jugenddorf Klinge
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E 3988 Juli–September 2016 Heft 3/2016 KINDER- UND JUGENDDORF KLINGE 70. Jahrestag zur Ankunft der Vertriebenen Festakt war wieder Mittel- punkt des Klingefestes Foto: P. Schmackeit FÜR DIE ZUKUNFT BEFÄHIGEN Liebe Leserinnen und Leser, liebe Ehemalige, Klinge war der Himmel war uns gnädig und Thomas Ludwig (Se ckach), Jürgen Ministerpräsident a.D. Erwin hat uns am Wochenende unseres Galm (Osterburken), Klaus Gram- Teufel enthüllt Gedenktafel Klingefestes entgegen aller Vorher- lich (Adelsheim) sowie der erste sagen von Sturm und Regen wei - Landesbeamte des Ne ckar-Oden - testgehend verschont. So konnten wald-Kreises Dr. Björn-Christian ie alles seinen Anfang nahm: Im Lauf wir auch dieses Jahr unser Fest mit Kleih und Sozialdezernentin Re- des Jahres 1946 kamen nach dem Ende all seinen Höhepunkten gemein- nate Körber anschlossen, konnten Wdes Zweiten Weltkrieges mehr als 22.000 sam mit den sehr zahlreich gekom- verschiedene Themenschwerpunk - Heimatvertriebene in zehn Bahntransporten aus menen Gästen feiern. te angesprochen werden. Unter anderem ging dem Sudetenland, aus Ungarn und anderen ehe- 27 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durf- Minister Lucha sehr aufmerksam und verstän- maligen deutschen Siedlungsgebieten am Secka- ten wir im Rahmen des Festaktes für ihre lang- dig auf die große Herausforderung ein, die die cher Bahnhof an und fanden im inzwischen verlas- jährige Zugehörigkeit zur Dienstgemeinschaft notwendigen Ersatzbauten einer Reihe von senen ehemaligen nationalsozialistischen Bara- der Klinge ehren und auch wieder die Hein- Kinderdorfhäuser bedeuten und dem damit ckenlager »Teufels klinge« eine erste Unterkunft. rich-Magnani-Verdienstmedaille für beson- verbundenen ungeheuren finanziellen Auf- Von dort wurden sie nach und nach auf den Alt- dere Verdienste um das Kinder- und Jugend- wand, den die Klinge dabei bewältigen muss. kreis Buchen umverteilt und zum Leidwesen der dorf verleihen. Mit großem Inte resse kam Minister Lucha, der heimischen Bevölkerung in die Dörfer und kleinen Ein Höhepunkt, der diese Bezeichnung u. a. Krankenpflege gelernt und Sozialpädago- Städte eingewiesen. Da wurde es eng, wie überall wahrlich verdient, war der Festgottesdienst gik studiert hat, in Haus Barbara mit den Mit- in Deutschland. mit Herrn Weihbischof Dr. Bernd Uhl und die arbeitern und den dort lebenden Jugendlichen anschließende Feierstunde zum Gedenken ins Gespräch. Neben der geleisteten Arbeit in der Ankunft der Heimatvertriebenen im der Hausgemeinschaft zeigte sich der Minister Durchgangslager »Teufelsklinge« im Jahr insbesondere beeindruckt von den Vorstellun- 1946 mit Herrn Ministerpräsident a. D. Erwin gen und Zielen der jungen Menschen. Nach Teufel, über die wir in diesem Heft berichten. rund einer Stunde verabschiedeten sich Herr In den Sommerferien kündigte sich ganz un- Minister Hauk und Herr Minister Lucha, dem erwartet weiterer prominenter Besuch an. Im noch eine längere Anfahrtszeit zu einem wei- Rahmen einer gemeinsamen Sommertour be- teren Termin bevorstand. Wir bedanken uns suchten der baden-württembergische Sozialmi- für das gezeigte Interesse der Minister an un- nister Manfred Lucha und der Minister für den serer Einrichtung und für ihr offenes Ohr für Ländlichen Raum, der Landtagsabgeordnete unsere Belange. des Neckar-Odenwald-Kreises Peter Hauk, das In gleicher Weise bedanken wir uns bei al- Kinder- und Jugenddorf Klinge. »Wenn wir den len, die uns freundschaftlich verbunden sind Minister für Soziales im Rahmen seiner Som- und uns in unserer Arbeit unterstützen und mertour in den Neckar-Odenwald-Kreis einla- wünschen Ihnen jetzt viel Freude beim den, ist das Kinder- und Jugenddorf Klinge in Schmökern in den Nachrichten rund um die Seckach eine Pflichtstation«, stellte Minister Pe- Ereignisse und Höhepunkte im vergangenen ter Hauk zum Einstieg in die Besichtigung der Quartal. Klinge am Nachmittag fest. »Seit Jahrzehnten wird hier hervorragende Arbeit in der Jugend- hilfe geleistet – das muss der Sozialminis ter ge- sehen haben.« Bei einem Rundgang durch die Klinge, dem sich neben den Ministern Hauk und Lucha un- Den festlichen Gottesdienst zelebrierte Weih- ter anderem die anwesenden Bürgermeister Georg Parstorfer, Dorfleiter bischof Dr. Bernd Uhl mit Pfr. Andreas Schneider und Pfr. Rudolf Bschirrer in der St. Bernhard-Kir- che. Weihbischof Uhl stellte in seiner Ansprache den seit Jahrzehnten praktizierten gastfreund- Wir setzen uns ganz für Kinder ein, lichen Umgang der Klinge mit schutzbedürftigen denen die Geborgenheit einer Familie fehlt Asylsuchenden und Flüchtlingen heraus. ...indem wir sie aufnehmen in unsere Lebensgemeinschaften, mit ihnen gehen, bis sie ein später selbst- verantwortliches Leben führen können und zu vollwertigen Gliedern unserer Gesellschaft werden. Wir Einer der wichtigsten Organisatoren in jenen Ta- sind auf die Unterstützung von Freunden und Förderern angewiesen und für jede Hilfe dankbar. Wir gen war der damalige Caritas-Mann Pfarrer Hein- sichern Ihnen zu, dass alle Spenden satzungsgemäß verwendet werden. rich Magnani, über dessen kraftvollen Einsatz schon Auf Wunsch und bei Beträgen ab 50,– Euro senden wir Ihnen eine Spendenbe schei nigung zu. Falls Sie mehrfach berichtet wurde. Er gab damals den hei- weitere Informationen wünschen, nehmen Sie bitte Kontakt zu uns auf. Wir freuen uns über Ihr Interesse! matlos gewordenen Menschen das Versprechen, ih- Sparkas se Ne ckartal-Odenwald nen wieder ein Dach über dem Kopf zu schaffen IBAN: DE63 6745 0048 0004 203139 · BIC: SOLADES1MOS und sich vor allem der jungen Menschen anzuneh- men, um ihnen eine Zukunft zu ermöglichen. 2 Klinge 70. JAHRESTAG ZUR ANKUNFT DER VERTRIEBENEN für viele das Tor in die Zukunft ̃ Frau Barbara Schä- Am Sonntag, dem 29. Mai 2016, wurde in der fer-Wiegand fand in St. Bernhard-Kirche des Kinder- und Jugenddorfes Ministerpräsident a. D. jener Ereignisse vor 70 Jahren gedacht und eine Erwin Teufel offenbar entsprechende Gedenktafel enthüllt. Zahlreiche einen freundschaftli- Gäste hatten sich in der St. Bernhard-Kirche einge- chen Gesprächspartner aus früheren Zeiten. funden, so Weihbischof Dr. Bernd Uhl, der ehema- Rechts daneben lige Ministerpräsident Dr. h.c. Erwin Teufel, die frü- Klinge-Geschäftsführer here Sozialministerin Barbara Schäfer-Wiegand, Dieter Gronbach. der erste Landesbeamte am Landratsamt Dr. Björn-Christian Kleih, Bürgermeister Thomas Lud- Fotos (7): P. Schmackeit ̅ Text der Gedenktafel: »Flucht und Bergung – Zum Gedenken an die vielen Tausend Heimat- vertriebenen und Flücht- linge, für die das Auf- fanglager ›Teufelsklinge‹ zum Tor in die Zukunft geworden ist.« In der ersten Reihe: Die frühere Sozialminis- terin Frau Barbara Schä- fer-Wiegand, ehemals Mitglied des Vorstandes im Klinge e.V. mit Ehe- mann, Ministerpräsident a.D. Erwin Teufel, Ge - schäfts führer Verwaltung Dieter Gronbach, Ge - schäfts führer Pädagogik Georg Parstorfer und Ehefrau Christa, Bür ger - meis ter Thomas Ludwig und 1. Landesbeamter Dr. Björn-Christian Kleih. Das Gesangsduo »Gretel und Franz« sang nicht nur Lieder aus der alten Heimat, sondern berichtete auch von der positiven Begegnung mit heutigen jungen Tschechen in Schüttwa. wig und eine große Zahl Betroffener aus jener Zeit. In bewegten Worten schilderte Franz Metschl vom Gesangsduo »Gretel und Franz« die letzte Begeg- nung mit jungen Tschechen in der ehemaligen Heimatgemeinde Schüttwa: »70 Jahre lang wollte keiner mit uns Kontakt aufnehmen, wenn wir Schüttwa besuchten, und im letzten Jahr wurden wir auf einmal von jungen Tschechen höflich an- gesprochen«, berichtete er. Als er gefragt wurde: »Hassen Sie uns denn nicht?« habe er geantwor- tet: »Ich weiß ja gar nicht, wen ich hassen soll.« Klinge 3 70. JAHRESTAG (FORTS.) Denn das Verzeihen sei unerlässlich für seinen See- lenfrieden. Weihbischof Dr. Uhl, der mit den Geistlichen Pfr. Andreas Schneider und Pfr. Rudolf Bschirrer den Gottesdienst zelebrierte, ging in seiner Predigt auf die im Sonntagsevangelium beschriebene Ge- schichte des Hauptmanns von Kapharnaum ein und hob den seit Jahrzehnten in der Klinge geüb- ten gastfreundlichen Umgang mit Fremden, Asyl- suchenden und Flüchtlingen hervor. Diese Men- schen hätten unfassbare Hetze, Hunger, Angst, Schmerz und Leid auf ihren Fluchtwegen erduldet und seien deshalb besonders auf Mitgefühl und auch der damals 16jährige Heinrich Magnani zu- Nach der Enthüllung der Gedenktafel durch praktische Hilfe angewiesen, jedoch ebenso auf nächst nicht habe entziehen können. den ehemaligen Ministerpräsidenten Erwin Anstand und besonderen Respekt. Trotz der 14 Millionen Toten forderte bald da - Teufel stellten sich die Festgäste der Kamera Erwin Teufel wies auf die eigentlichen Wurzeln rauf der 2. Weltkrieg noch weit mehr Opfer und zu einem Erinnerungsfoto. der Vertreibung hin, die bereits in der Zeit vor dem verursachte Gräueltaten, die Menschen gegen 1. Weltkrieg lägen, der mit einer heute unverständ- Menschen verübten, an Menschen, die an diesem der Überlebenden, die am Seckacher Bahnhof lichen Begeisterung begonnen habe, welcher sich Krieg schuldlos gewesen seien, so Teufel. Dem Teil schließlich ankamen, war nur das übrig geblieben, was sie am Leib trugen. Sie seien wie alle Flüchtige Inzwischen hat die Gedenktafel einen nicht beliebt gewesen, zumal sie nun neben den würdigen Standort vielen Ausgebombten noch zusätzlich in die klei- im Unterdorf der Klin- nen Wohnungen der Einheimischen aufgenom- ge in unmittelbarer men werden mussten. Er habe große Hochach- Nähe der Baracken tung vor den Menschen, die mit den He raus- des ehemaligen La- forderungen damals fertig