Leitfaden – Umgang Mit Sammlungsgut Aus Kolonialen Kontexten
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Leitfaden Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten ATIO RN N E A T L E N R I T I M E I V P T E R S P E K IMPRESSUM Leitfaden. Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten, 2. Fassung 2019 Herausgeber: Deutscher Museumsbund e. V. Text: siehe „Beteiligte“ Lektorat: Sabine Lang Gestaltung: blum design und kommunikation GmbH, Hamburg Titelfoto: Zwei Ahnenfiguren, Admiralitätsinseln, Papua-Neuguinea, um 1900, Übersee-Museum Bremen Foto: Volker Beinhorn Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Publikation überwiegend die männliche Form in der Bezeichnung von Personen verwendet. Die Bezeichnungen sind geschlechtsneutral zu verstehen. Der Leitfaden ist auch in englischer und französischer Sprache erhältlich. Gefördert durch © Deutscher Museumsbund e. V., Berlin, Juli 2019 ISBN 978-3-9819866-4-8 Leitfaden Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten 2. Fassung 2019 INHALT 6 VORWORT ZUR ÜBERARBEITETEN FASSUNG – INTERNATIONALE PERSPEKTIVEN, UNVERZICHTBARE DISKUSSIONEN, FORDERUNGEN AN DIE POLITIK 10 EINLEITUNG – EIN FÄCHERÜBERGREIFENDER LEITFADEN ZU AKTIVER AUSEINANDERSETZUNG 15 ADRESSATEN UND BEGRIFFLICHKEITEN 16 An wen richtet sich der Leitfaden? 17 Wann spricht der Leitfaden von historisch und kulturell sensiblen Objekten? 19 Was wird unter Herkunftsgesellschaft verstanden? 19 Welche geografische und zeitliche Eingrenzung hat der Leitfaden? 20 Was versteht der Leitfaden unter kolonialen Kontexten? 27 PRAXISHILFE: FALLGRUPPEN KOLONIALER KONTEXTE IM SINNE DES LEITFADENS 28 Fallgruppe 1: Objekte aus formalen Kolonialherrschaften 30 Fallgruppe 2: Objekte aus Gebieten, die keiner formalen Kolonialherrschaft unterstanden 33 Fallgruppe 3: Rezeptionsobjekte aus kolonialen Kontexten 35 Fazit 35 Priorisierung bei der Sammlungsbearbeitung 39 HINTERGRUNDINFORMATIONEN 40 Der europäische Kolonialismus: Politische, ökonomische und kulturelle Aspekte der frühen Globalisierung 52 Sammlungsgeschichte: Die verschiedenen Museumsgattungen und ihr „(post-)koloniales Erbe“ 69 Die Bedeutung von Kunst und At.óow für die Tlingit im Südosten Alaskas 77 Dekolonisierung des Sammlungs- und Ausstellungsmanagements 99 Provenienzforschung – Forschungsquellen, Methodik, Möglichkeiten 105 Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten: Rechtliche Aspekte 118 Zur Frage von Recht aus der Perspektive einer historisch arbeitenden Ethnologie 125 PRAXISHILFE: EMPFEHLUNGEN ZUM UMGANG MIT OBJEKTEN AUS KOLONIALEN KONTEXTEN 127 Allgemeine Empfehlungen 133 Fragen-Antworten-Katalog 133 Fallgruppe 1: Objekte aus formalen Kolonialherrschaften 150 Fallgruppe 2: Objekte aus Gebieten, die keiner formalen Kolonialherrschaft unterstanden 153 Fallgruppe 3: Rezeptionsobjekte zu kolonialen Kontexten 158 Empfehlungen zur Rückgabe 173 ÜBERSICHT FORMALER KOLONIALHERRSCHAFTEN 190 QUELLEN UND WEITERFÜHRENDE LITERATUR (AUSWAHL) 192 ÜBER DEN DEUTSCHEN MUSEUMSBUND 193 DAS FÖDERALE SYSTEM IN DEUTSCHLAND 194 INDEX 195 BETEILIGTE VORWORT ZUR ÜBERARBEITETEN FASSUNG – INTERNATIONALE PERSPEKTIVEN, UNVERZICHTBARE DISKUSSIONEN, FORDERUNGEN AN DIE POLITIK Bei der vorliegenden Publikation handelt es sich um die zweite Fassung dieses Leitfadens, dessen erste Fassung im Mai 2018 veröffentlicht worden war. Der nun überarbeitete Leitfaden berücksichtigt die internationale Perspektive, die bei einem Workshop im Oktober 2018 erarbeitet wurde. Der Deutsche Museumsbund hat mit der ersten Veröffentlichung des Leitfadens zum Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten 2018 Neuland betreten. Es existierten keine vergleichbaren Vorbilder. Diese Veröffentlichung wurde von den Autoren als erster Standpunkt und als Grundlage für weitere Diskussionen gerade auch mit Herkunftsgesellschaften verstanden. Bei den Leitfäden und Handreichungen des Deutschen Museumsbundes handelt es sich um praktische Unterstützung für alle, die in, für und zusammen mit den Museen arbeiten. So ist auch dieser Leitfaden aus den Bedürfnissen, Arbeitserfah- rungen und Fragestellungen deutscher Museen entstanden. Er wurde mit dem Ziel erarbeitet, die Verantwortlichen in den Museen über das komplexe Thema Koloni- alismus und Sammlungen zu informieren und zu sensibilisieren sowie praktische Handlungsempfehlungen für deren Arbeit zu geben. Zudem war es ob der Vielzahl an beteiligten Museumssparten notwendig, zunächst einen gemeinsamen Stand- punkt zu entwickeln, der die Basis für einen internationalen Dialog darstellt. Der Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten berührt weitaus mehr als nur die Interessen deutscher Museen. Herkunftsgesellschaften und Herkunftsstaaten möchten wissen, wo sich Teile ihres kulturellen Erbes befinden. Sie fordern einen transparenten Dialog zum Umgang mit den betreffenden Objekten, einen erkennba- ren Willen zur Auseinandersetzung mit dem kolonialen Erbe auf beiden Seiten sowie eine offene Haltung gegenüber Rückgaben. Zudem sind gleichberechtige Teilhabe und Deutungshoheiten grundlegende Aspekte in den Diskussionen. Dem Deutschen Museumsbund war es sehr wichtig, den Leitfaden öffentlich zur Diskussion zu stellen und aktiv zu Rückmeldungen aufzufordern. Neben eingegan- genen öffentlichen Rezensionen sind zwölf Experten aus elf Herkunftsgesellschaften der Einladung des Deutschen Museumsbundes gefolgt und haben gemeinsam mit 6 der Arbeitsgruppe die Inhalte des Leitfadens intensiv diskutiert. Die daraus hervor- gegangenen Ergebnisse wurden in den nun überarbeiteten Leitfaden integriert. Die verstärkte Einbeziehung der Perspektiven außereuropäischer Experten ist dabei eine wichtige Erweiterung, die die Sensibilisierung für einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten in den Häusern unter- stützt und das Bewusstsein für ein gemeinsames Handeln stärkt. Eine Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit von Museen und ihren Samm- lungen ist aus Sicht des Deutschen Museumsbundes unverzichtbar. Die meisten Museen sind sich ihrer Verantwortung bewusst und gewillt, eine intensive Ausein- andersetzung mit dem Thema Kolonialismus zu führen. Dafür fordern sie Mittel für eine professionalisierte Provenienzforschung, für eine umfängliche Digitalisierung der Bestände sowie für die Durchführung von Kooperationsprojekten mit Her- kunftsgesellschaften. Sammlungen aus kolonialen Kontexten sind entsprechend den ICOM-Standards auch durch die Träger der Museen zu schützen und zu erhalten. Dessen ungeachtet müssen berechtigte Forderungen nach Rückgaben zügig bearbei- tet werden. Menschliche Überreste haben dabei eine besondere Priorität. Um dies leisten zu können, sind die Museen auf weitreichende Unterstützung der Museumsträger angewiesen. Das im März 2019 vorgestellte Eckpunktepapier der Bund-Länder-Kommission ist vor diesem Hintergrund ein wichtiger und begrüßens- werter Schritt. Auch auf der Grundlage der dort geforderten Maßnahmen rufen wir die politischen Entscheider und Museumsträger dazu auf, ihren Beitrag zu leisten, indem sie die Erfüllung folgender Aufgaben ermöglichen: Provenienzforschung • Die (Provenienz-) Forschung an den eigenen Sammlungen ist eine Kernaufgabe der Museen, die in den vergangenen Jahrzehnten vielfach vernachlässigt wurde. Wissenschaftliches Personal und Ressourcen für eine nachhaltige Sammlungs- arbeit sind aufgrund von strukturellen Budgetverlusten oft verloren gegangen. Ergänzend zu einer hinreichenden Finanzierung des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste muss deswegen die finanzielle und personelle Ausstattung der Museen dauerhaft und merklich verbessert werden. Nur so kann die notwendige Provenienzforschung nachhaltig geleistet werden. 7 Transparenz • Die Digitalisierung und Online-Stellung der Sammlungsbestände sind Grundlage für mehr Transparenz. Sowohl die technische als auch die personelle Ausstattung dafür benötigt Mittel in angemessenem Umfang. • Datenbestände sollten zentral abgefragt werden können. Dafür müssen Möglich- keiten zu einer gemeinsamen Online-Plattform entwickelt werden. Kooperation • Für die Durchführung von Kooperationsprojekten mit Herkunftsgesellschaften in Forschung und Ausstellung benötigen Museen finanzielle Unterstützung. • Eine zentrale Anlaufstelle für Fragen zu kolonialen Sammlungsbeständen, Möglichkeiten der Kooperation und zu Fragen hinsichtlich Rückgabeersuchen stellt sowohl für deutsche Museen als auch für Herkunftsgesellschaften eine maßgebliche Unterstützung dar. Die Einrichtung einer solchen Anlaufstelle sollte realisiert werden. Soweit sie noch nicht bestehen, sind rechtliche Grundlagen für den Umgang mit Rückgaben zu schaffen. So können Politik und Museen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bei diesem Thema gemeinsam gerecht werden. Zudem kann damit eine tragende Basis für den interkulturellen Austausch mit Herkunftsgesellschaften und Herkunftsstaaten geschaffen werden. Ziel muss ein dauerhafter Dialog sein. Kurzfristige Aktivitäten können diese langfristige Perspektive nicht ersetzen. Die zahlreichen Diskussionen bei der Weiterentwicklung dieses Leitfadens haben erneut gezeigt: Nur wer bereit ist, Perspektiven zu wechseln und Zwischentöne zu hören, wird in Bezug auf die koloniale Vergangenheit der Museen den tatsächlichen Dimensionen und Fragestellungen näherkommen. Dafür ist ein gesamtgesellschaft- licher Diskussionsprozess weiterhin nötig. Auch dieser überarbeitete Leitfaden stellt nicht den Abschluss der Diskussionen dar, sondern möchte die weitere Auseinan- dersetzung fördern. 8 An dieser Stelle möchte ich – auch im Namen des Deutschen Museumsbundes und der Arbeitsgruppe – den internationalen Workshop-Teilnehmern und Rezensenten sowie den Fachkollegen für ihre konstruktive Kritik und die intensiven Diskussionen