58 Kurt Eisner Eisner seine Überzeugung: er BiszurBalkankrise hatte Ausbruch des Krieges 1914 ändert der Internationalist MünchnerPost.chen andasdortige SPD-Blatt Kurzvor beider FränkischenTagespostEngagement nachMün- höchsten siezureformieren.« Man wirdniedasBedürfnishaben, siezubekämpfen, selbst wennmanihreGrundanschauungen nichtteilte. berzeugung, esgenügte, mitihnen zusympathisieren, loser Ansprache unddiesenopferwilligenMutderUe- wenn sienichtsbesäßenalsdiesesGlückrücksichts- mit deren Handlungen daher die Cultur rechnen kann, geordnete Welt schaffen, derenIdeenmankenntund plosionen eineingesetzlichenBahnensichbewegende dem dunklenChaosmitseinenunberechenbarenEx- zu bestimmtenGedankenerziehenunddergestaltaus aldemokraten, alsdaßsiedieMassenorganisieren, sie sie selbstkeinanderes Verdienst hätten, dieseSoci- derGesund-Gebliebenen...Undwenn die Sympathien ist dieeinzigeZufluchtallerIdealisten, umsiekreisen und taktischen Grundanschauungen nicht teilen. Sie flüchten,mokratie selbstwennwirihrewirtschaftlichen Schon frühschrieber: »WirmüssenunszurSocialde- mit demherrschendenSystembrechenzuwollen. kommen wird; letzteren wirft er vor, nicht konsequent zwangsläufig der sichzuspitzendenKlassengegensätze Revolution warten, die ihrer nach auf Grund Auffassung Nichtstunsvor«,des demonstrativen weilsieaufdie Parteiflügel unterscheidet: Ersterenhälterihre»Politik tierten, als auch vom sogenannten revisionistischen anschauung, diesichsowohlvondemanMarxorien- erarbeitet sichschrittweiseeinesozialistische Welt­ liberale, anKantgeschulte»Gefühls-Sozialist«Eisner nach BerlinindieVorwärts-Redaktion. Derradikal- Parteieinundgeht Eisner indieSozialdemokratische digung ein. Danach–zum1. Dezember1898–tritt - fängnisaufenthalt in Plötzensee wegen Majestätsbelei Kaiser Regierung Wilhelm II. Das bringt ihm einen Ge- und politischenKämpfeunterdem»NeuenKurs«der kommentiert ermitspitzerFederdiegesellschaftlichen Zeitschriftenbeiträgen Landeszeitung.von AlsVerfasser er nachMarburgundwirdRedakteurderHessischen des Deutschen Kaiserreichs. Über Frankfurt gelangt bahn beim Depeschenbüro einejournalistischeLauf- den aufgebenundbeginnt lie auf. SeinStudiummusserausfinanziellenGrün- wächst KurtEisnerineinerbürgerlich-jüdischenFami- Vor 150Jahren, am14. Mai1867inBerlingeboren, Revolutionär undMinisterpräsident 1910 gelangtKurtEisnerübereinzirka dreijähriges Kurt-Eisner-Ausstellung imStadtmuseum Herold in der Hauptstadt Mutter-Partei auf. Siewollten diesenKriegnicht. So gegen dieBevormundung dersozialdemokratischen viele verwundetejunge Kriegsheimkehrer, lehnensich tinnen. Diejungen Arbeiterinnen und Arbeiter, darunter tionsfigur andieSeitejungerSozialisten undSozialis- xionen einsetzt. (USPD), Frieden ohne diesichfürdensofortigen Anne- abhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands Im Un- April 1917wirder Mitgliedderneugegründeten Antikriegsopposition innerhalbundaußerhalbderSPD. er zumerklärtenKriegsgegnerundsuchtKontaktzur das anders. SchonzumEndedesJahres1914wird inMünchen,und derLandtagsabgeordneten sehen in die MehrheitderReichstagsabgeordneten Parteisein.Sozialdemokratischen DieParteiführung, nichtdieder ziele derdeutschenReichsregierung Doch fürKurtEisnerdürfenundkönnendieKriegs- der deszaristischenRussland stündebevor.Angriff SPD-Genossen vertraut, diebereits1912kolportieren, seinerMünchner Informationen offiziösen chert.« Erhat völker Europas, dannistderFriedenfürimmergesi- gebändigt werdendurchdieEinmütigkeitderKultur Juli 1914, warntereindringlich: »DerZarismusmuss des deutschenKaiserreichsangeprangert, jetzt, Ende unermüdlich dieExpansionsgelüsteundKriegstreiberei - In Münchenwirkterbereitsseit1916 alsIntegra - gewinnt Kurt Eisner diese keimende Jugendbewegung Werner Kreindl, Dieter Eppler | 90 min (1. Teil), 87 min für eine wichtige Protestaktion auf dem Weg zur Re- (2. Teil) | »Die Anarchie, die abzuwehren die staats­ volution: den Januarstreik 1918. Der Hunger treibt die erhaltenden Figuren in Hellmut Andics’ Dokumentar- Leute auf die Straße, in Münchner Rüstungsbetrieben spiel trachteten, ist, ins Apolitische und Theatermäßige erwacht die Bereitschaft zum Widerstand. Eisner wird gewendet, selber ein Ingredienz dieser Reihe, das jeden als einer der Streikführer verhaftet und kommt erst mal an die Rampe kommen lässt, wo er eine Bravour- kurz vor Ausbruch der Revolution im Oktober 1918 als nummer abliefern darf, das alles vorher Gezeigte desa­ nominierter Spitzenkandidat der Münchner USPD aus vouiert, und damit keinem recht gibt und allem. Poli- der Untersuchungshaft. Die Tage vor der Bayerischen tisches und Historisches ist diesem dramaturgischen Revolution sind geprägt von Parteiversammlungen und Anarchismus schnuppe und höchstens als Vorwand für öffentlichen Kundgebungen, auf denen der begnadete Schnauf- und Dröhn-Arien willkommen, wie man sie Redner Kurt Eisner für Frieden und Revolution spricht. so burgtheaterhaft sonst nirgends mehr im Fernsehen Am 7. November folgen die auf der Theresienwiese ver- sammelten Arbeiter und Soldaten der sich Bahn bre- chenden Bereitschaft zum Umsturz. Noch in der glei- chen Nacht proklamiert Kurt Eisner die Gründung der bayerischen Republik. Er wird der erste Ministerpräsi- dent des Volksstaates Bayern und regiert mit seinem Kabinett in Kooperation mit den in Selbstverwaltung tagenden Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte. Kurt Eisners unabhängige Sozialdemokraten sind im Kabinett zur Zusammenarbeit mit der Mehrheitssozial- demokratischen Partei (MSPD) gezwungen, die die po- litischen Ziele Eisners nur sehr bedingt toleriert und auf Neuwahlen zum bayerischen Landtag drängt. Gleich- zeitig bringt Eisner mit seinen außen- und friedens- politischen Vorstellungen und Aktivitäten bürgerlich- konservative und politisch stark rechts formierende Kreise gegen sich auf. Als sich Kurt Eisner am 21. Fe­ bruar 1919 auf den Weg zum Bayerischen Landtag be- gibt, um seinen Rücktritt zu erklären, wird er von Anton Kurt Eisner Graf von Arco auf Valley erschossen. Arco gehörte zum Umfeld der rechtsnationalistischen antisemitischen 59 Thule-Gesellschaft. Vom 11. Mai bis 8. Oktober 2017 präsentiert das Münchner Stadtmuseum die Ausstel- lung »Revolutionär und erster bayerischer Ministerprä- sident – Kurt Eisner (1867–1919) zum 150. Geburts- tag«. Sie will von ihrer Aufgabenstellung her endlich diesen homme de lettres, den politischen Journalisten, der konsequent seinen ganz eigenen Weg vom sozial­ demokratischen zum sozialistischen Politiker vollzog, umfassend darstellen. Das begleitende Filmprogramm zeigt die sehr unterschiedliche Art von drei Fernseh­ sendern (ZDF, WDR und BR), sich in den Jahren 1969 bis 1971 mit der Geschichte der Räterepublik ausein- anderzusetzen. Ingrid Scherf

Die Münchner Räterepublik | BRD 1971 | R: Helmuth Ashley | B: Hellmut Andics | K: Manfred Ensinger, Jür- gen Schoenemann | D: Charles Regnier, Peter Pasetti, Carl Lange, Christoph Bantzer, Günther Ungeheuer, zu sehen kriegt.« (Melchior Schedler) »Wichtigstes fällt für seine Fernsehfassung Negativfilm und Positivfilm fort im Fernsehspiel; Belanglosigkeiten werden natura- so gemischt, übereinander kopiert, dass der flim- listisch wiedergegeben; ganze Komplexe bleiben außer mernd-unscharf-scharfe Eindruck historischer Filmdo- Betracht; phantasievolle Ergänzungen verfälschen den kumente entstand. Diese ›Verfremdung‹ war nicht die Duktus der Dokumente; Perspektiven und Tendenzen einzige, die Zadek seinem Fernsehspiel zufügte, dabei treten nicht zutag; alles Faktische ist dem Range nach mit Recht von der Überlegung ausgehend, die meis- gleich, rot gilt so viel wie weiß, das Mittel so viel wie ten Fernsehspiele nutzten das Medium nicht aus, son- das Ziel. Die Politik: ein schmutziges Geschäft. Die Ge- dern seien entweder Tagesschau oder abfotografiertes schichte: eine Mischung aus Genre-Szenen und unbe- Theater. Zadek blendete immer wieder distanzierende greifbarer Fatalität, im einzelnen scheinbar vertraut, im Hinweise ein, etwa wer wen spielt, drehte die Aktionen ganzen unerklärlich, irrational und von fremden Geset- aus ungewöhnlichen Perspektiven oder ließ Toller und zen bestimmt.« (Walter Jens) Leviné durch das München von 1968 spazieren, wäh-  Dienstag, 16. Mai 2017, 18.30 Uhr (1. Teil: Kurt Eis- rend sie die Probleme von 1919 besprachen. Das war ner – Zwischen Demokratie und Diktatur) | Einführung: ein geschicktes Distanzierungsmittel: den Zuschauer Ingrid Scherf  Mittwoch, 17. Mai 2017, 18.30 Uhr nicht zum Schlüssellochgucker der Geschichte zu ma- (2. Teil: Ende mit Schrecken) chen, sondern ihm gleichzeitig den Eindruck zu ver- mitteln, wie die Wirklichkeit die Episode Räterepublik Rotmord | BRD 1969 | R: Peter Zadek | B: Tankred auch in München hinter modernen Kaufhausfassaden Dorst, Wilfried Minks, Peter Zadek, nach dem Stück scheinbar spurlos hinter sich gelassen hat.« (Hellmuth »Toller. Szenen aus einer deutschen Revolution« von Karasek) Tankred Dorst | K: Bruno Hoffmann | D: Gert Baltus, Hel-  Dienstag, 23. Mai 2017, 18.30 Uhr muth Hinzelmann, Werner Dahms, Siegfried Wischnew- ski, Wolfgang Neuss, Hans Schweikart, Gernot Duda, Revoluzzer, Räte, Reaktionäre | BRD 1969 | R+B: Rudolf Forster | 85 min | Experimenteller Fernsehfilm Wolfgang Kahle, Georg Walschus | K: Manfred Feicht- nach Tankred Dorsts Theaterrevue. »Peter Zadek hatte ner, Dieter L’Arronge | Mit Helmut Neubauer, Friedrich Burschell, Joseph Breitenbach, , Mau- rus Graf, Pilar von Bayern, Josef Müller, Erich Wol- lenberg, Karl Retzlaw, Heinrich Klüglein, Rosa Meyer- Leviné, Anton Wolf | 93 min | Spannende Dokumenta- tion des Bayerischen Fernsehens über die Entwicklung

Kurt Eisner des bayerischen Freistaats vom Beginn der revolutio- nären Demonstrationen am 7. auf der 60 Theresienwiese bis zur Eroberung Münchens durch Freikorps-Truppen. Neben Historikern kommen pro- minente Zeitzeugen zu Wort, deren Berichte von Fotos und Filmaufnahmen illustriert werden: der erste baye- rischen Ministerpräsident nach dem Zweiten Weltkrieg, der Sozialdemokrat Wilhelm Högner, der Bruder von Oskar Maria Graf, Maurus Graf, der deutschstämmige amerikanische Porträtfotograf Josef Breitenbach, der Journalist Erich Wollenberg, der Verleger Karl Retzlaw und die Ehefrau von Eugen Leviné. – Es geht durch die Welt ein Geflüster. München 7.11.1918–2.5.1919 | Deutschland 1989 | R+B: Ulrike Bez | K: Petra Gersch- ner, Thomas Willke | 42 min | Menschen, die als junge Arbeiter und Arbeiterinnen auf der Seite der Revolution standen, erzählen in diesem Videofilm, was für sie die Revolution bedeutet und wie sie die blutige Nieder- schlagung durch die Freikorps miterlebt haben.  Donnerstag, 25. Mai 2017, 19.00 Uhr | Zu Gast: Ulrike Bez | Einführung: Ingrid Scherf