Die Dichtungen Des Tannhäusers –
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Die Dichtungen des Tannhäusers – Kommentar auf Grundlage der Kieler Online-Edition Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel vorgelegt von Leevke Mareike Schiwek Kiel 30.1.2017 Erstgutachter: Prof. Dr. Timo Reuvekamp-Felber Zweitgutachter: Prof. Dr. Ralf-Henning Steinmetz Tag der mündlichen Prüfung: 31.5.2017 Durch den zweiten Prodekan Prof. Dr. Elmar Eggert zum Druck genehmigt: 15.6.2017 INHALTSVERZEICHNIS Teil I: Einführung 1. Vorbemerkung S. 1 2. Sagengestalt „Tannhäuser“ S. 2 2.1. „Tannhäuser und Frau Welt“ S. 2 2.2. „Tannhäuser und Venus“ S. 3 2.3. Tannhäuser-Ballade S. 3 2.4. Tannhäuser bei den Romantikern S. 5 2.5. Die Wagner-Oper S. 6 2.6. Tannhäuser-Euphorie im 19. Jahrhundert S. 8 2.7. Tannhäuser im 20. Jahrhundert S. 8 3. Texte unter der Autorsignatur „Tannhäuser“ S. 10 3.1. Das „Bußlied“ S. 12 3.2. Die Hofzucht S. 12 3.3. Meisterlieder in Tannhäuser-Tönen S. 13 4. Die Forschungslage zum Tannhäuser in C S. 14 4.1. Editionen und Kommentare S. 15 4.2. Monographien S. 17 4.3. Forschungsliteratur zu einzelnen Aspekten S. 18 5. Die edierten Handschriften S. 19 5.1. Die Große Heidelberger Liederhandschrift (C) S. 19 5.1.1. Tannhäusers Miniatur S. 20 5.1.2. Textgestalt S. 22 5.2. Die Berliner Liederhandschrift mgf 922 (b) S. 22 5.3. Die Kolmarer Liederhandschrift (k) S. 23 5.4. Die Berliner Handschrift mgq 414 (q) S. 24 6. Das Tannhäuser-Œuvre in C S. 24 6.1. Mögliche biographische Anhaltspunkte S. 26 6.2. Rollen S. 28 6.3. Tanzmotiv S. 30 6.4. Kataloge S. 32 6.5. Spuren der Sage S. 34 7. Einrichtung des Kommentars S. 36 Teil II: Kommentare Tannhäuser 1: Uns kumt ein wunneclîchiu zît S. 37 Tannhäuser 2: Went ir in ganzen fröiden sîn S. 48 Tannhäuser 3: Der winter ist zergangen S. 58 Tannhäuser 4: Ich lobe ein wîp S. 72 Tannhäuser 5: Der künic von Marroch S. 87 Tannhäuser 6: Ich muoz clagen S. 101 Tannhäuser 7: Wol ûf, tanzen überal S. 112 Tannhäuser 8: Jârlang blœzet sich der walt S. 118 Tannhäuser 9: Stæter dienest, der ist guot S. 124 Tannhäuser 9b: Myr doyt wel der rijche wan S. 132 Tannhäuser 9k: Des danhuſers Lůde Leich S. 136 Tannhäuser 10: Mîn frowe, diu wil lônen mir S. 148 Tannhäuser 11: Gegen diesen wînnahten S. 154 Tannhäuser 12: Hier vor dô stuont mîn dinc alsô S. 162 Tannhäuser 12q: In don heussers hoff don 7 lieder S. 169 Tannhäuser 13: Wol im, der nû beizen sol S. 178 Tannhäuser 14: Daz ich ze herren niht enwart S. 188 Tannhäuser 15: Dank habe der meie S. 197 Tannhäuser 16: Es sluoc ein wîp ir man ze tode S. 202 Anhang: Literaturverzeichnis S. i Quellenverzeichnis S. x Abkürzungsverzeichnis S. xv Teil I: Einführung 1. Vorbemerkung Bei Eingabe in die google-Suchmaschine erhält man für das Stichwort „Tannhäuser“ 1.486.000 Er- gebnisse.1 Von den ersten zehn Einträgen beziehen sich acht auf die Wagner-Oper, einer auf ein Fantasy-Rollenspiel („Operation Tannhäuser“), das sich mit dem Zweiten Weltkrieg befasst, und nur einer meint den mittelalterlichen Dichter. Mit Blick auf die ersten hundert Einträge bestätigt sich dieser Eindruck: Nur insgesamt drei Einträge behandeln den mittelalterlichen Dichter, darun- ter der wikipedia-Artikel und die Kieler Online-Edition, weitere sieben befassen sich mit Tannhäu- ser als Sagengestalt (Tannhäuserballade, Heine, Bechstein etc.), die übrigen 90 sind entweder Be- triebe oder Personen mit dem Eigennamen „Tannhäuser“ oder beziehen sich auf die Oper. Dieser Befund2 verdeutlicht das, was man in der mediävistischen Forschung schon lange Zeit weiß: Das Werk des mittelalterlichen Dichters Tannhäuser wird wie kein zweites von seiner Rezeption überlagert oder vielmehr von der Rezeption der Sagengestalt „Tannhäuser“. Denn ob und inwieweit es einen Zusammenhang zwischen den unter der Autorsignatur in der Großen Heidelberger Lieder- handschrift C überlieferten Texten und der Sagenbildung um die Person des Tannhäusers gibt, ist bis heute ungeklärt und muss es vermutlich auch bleiben. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass Publikationen gerade in jüngerer Zeit sich entweder wie TEBBEN3 mit der Sagengestalt oder wie PAULE4 und KISCHKEL5 mit den in C überlieferten Texten auseinandersetzen. Auch diese Arbeit bildet hier keine Ausnahme; da es das vorrangige Ziel ist, einen Kommentar zu den Texten des Tannhäuser-Œuvres in C zu bieten, stehen diese selbstverständlich im Fokus. Doch gerade die Le- gendenbildung um die Gestalt des Tannhäusers, die manch ein Mediävist beklagen mag, da sie bis- weilen den Blick auf die Person des mittelalterlichen Dichters verstellt, wenn es denn tatsächlich einen gab, führt dazu, dass das Interesse an Tannhäuser in der Moderne ungebrochen groß ist. Doch findet der Zugang gerade entgegen der Chronologie statt, indem die meisten Rezipienten erst durch den Kontakt mit der Sagengestalt auch ein Interesse für die mittelalterlichen Texte entwickeln, das populärste Beispiel dafür ist selbstverständlich die Wagner-Oper. Daher muss die Legendenbildung um die Person „Tannhäuser“ berücksichtigt werden, um einem etwaigen Einfluss der Sage auf das 1 Stand: 31.8.2016. 2 Zum Vergleich: Bei der Eingabe „Rumelant“ ergibt die google-Suche nur 5.280 Einträge, dafür beziehen sich die zehn ersten Einträge alle auf den mittelalterlichen Dichter. Selbst „Walther von der Vogelweide“ bringt es nur auf 346.000 Einträge, doch stehen die vorderen 100 Einträge alle in Bezug zum Dichter (Stand: 31.8.2016). 3 KARIN TEBBEN: Tannhäuser. Biographie einer Legende, V&R: Göttingen 2010. 4 GABRIELA PAULE: Der Tanhûser. Organisationsprinzipien der Werküberlieferung in der Manessischen Handschrift, M&P: Stuttgart 1994. 5 HEINZ KISCHKEL: Tannhäusers heimliche Trauer. Über die Bedingungen von Rationalität und Subjektivität im Mittelal- ter, Niemeyer: Tübingen 1998 (Hermaea 80). 1 Verständnis der Texte in C vorzubeugen, indem die Sagentradition bewusst mitverhandelt wird. Das bietet andererseits aber auch die Gelegenheit, noch einmal genau zu prüfen, ob die Texte unter der Autorsignatur „Tannhäuser“ tatsächlich unabhängig von der Sagengestalt betrachtet werden müssen oder ob sich Spuren der Sage bereits in ihnen finden, es also kein Zufall ist, dass unter allen mittelalterlichen Dichtern gerade Tannhäuser zur Legendenbildung diente. Im Folgenden werden, dem Blick der meisten Rezipienten folgend, zuerst die Tannhäuser-Sage und ihre Rezeption kurz vorgestellt, bevor die mittelalterlichen Texte behandelt werden. 2. Sagengestalt „Tannhäuser“ Die Sagengestalt „Tannhäuser“ ist keine Erfindung der Romantik, sondern hat ihre Wurzeln im Spätmittelalter. Mitte des 15. Jahrhunderts sind zwei Gedichte überliefert, die beide einen Dichter Tannhäuser im Zwiespalt der Gefühle zwischen irdischer Liebeslust und jenseitigem Seelenheil zeigen. Diese Grundkonstellation findet sich auch in der noch etwas später verschriftlichten Tann- häuser-Ballade wieder, die im Kontext der Minnesänger-Balladen des frühen 16. Jahrhunderts zu verstehen ist. Auf ihr basiert im Wesentlichen die weitere Rezeption der Sage, wie sie auch von den Romantikern vorgenommen wurde. Die Oper Richard Wagners stellt einen Wendepunkt in der Rezeptionsgeschichte dar, da sie, so umstritten sie auch war und ist, den Tannhäuser-Stoff in einer musikalischen Inszenierung einer breiteren Masse zugänglich machte und damit neue Maßstäbe setzte. Fast alle späteren Bearbeitungen kommen nicht um Wagner herum, orientieren sich an ihm, nehmen zu ihm Stellung oder lassen ihn gar bewusst außer Acht. Als Beispiel sei hier die Verbindung des Tannhäuser-Stoffes mit dem Sagenkreis um die Wartburg genannt, die fortan weite Verbrei- tung findet.6 2.1. „Tannhäuser und Frau Welt“ Das 182 Verse umfassende Dialog-Gedicht ist in einer Handschrift der Landesbibliothek Karlsruhe überliefert7 und wird auf 1430/35 datiert.8 Die Überschrift Der thanhauser der gibt eyn gut ler erin- nert an eine Autorsignatur, doch indem der Tannhäuser selbst als einer der Gesprächspartner agiert, wird deutlich, dass damit nicht ein Dichter beschrieben werden soll, sondern vielmehr eine Rolle. So inszeniert sich der Dialogpartner Tannhäuser als der Prototyp des reuigen Sünders, der sich von der 6 Hingegen hat die Vermischung von Tannhäuser- und Eckhart-Stoff bei Tieck nicht eine auch nur annähernd so lang anhaltende Wirkung. 7 Cod. K 408, 142vb–144rb. 8 Vgl. BURGHART WACHINGER: ‚Tannhäuser und Frau Welt‘, ²VL, Bd. 9 (1995), Sp. 610. 2 personifizierten Frau Welt abwendet.9 Stattdessen ruft er ihre Widersacherin Maria als Heilsbrin- gerin an, die er um Erlass seiner Sünden bittet. Frau Welt kann ihn auch nicht mit den Liebesfreu- den, die u.a. Venus zu bieten habe, überzeugen, Tannhäuser widersteht letztendlich der Versuchung und wendet sich ganz Maria zu. In diesem Gedicht sind also bereits viele zentrale Elemente der Sage angelegt: die Antithetik von diesseitigen Freuden und jenseitiger Heilserfüllung, die durch den Ant- agonismus zweier Frauen repräsentiert wird (Frau Welt, teilweise auch vertreten durch Venus, vs. Maria) sowie die Rolle Tannhäusers als Sünder und Büßer. Bemerkenswert ist, dass der Dialog mit Tannhäusers Abwendung von Frau Welt und ihrer Versuchung und damit der Hinwendung zu Ma- ria schließt, folglich eine Erlösung Tannhäusers von seinen Sünden angenommen werden muss. Dar- in unterscheidet sich das Gedicht von späteren Varianten der Sage, z.B. den Fassungen der Tannhäu- ser-Ballade. 2.2. „Tannhäuser und Venus“ In dem 1453 ebenfalls in einer Handschrift der Karlsruher Landesbibliothek überlieferten,10 mit 71 Versen aber deutlich kürzeren Dialog-Gedicht, tritt der Sünder Tannhäuser direkt der Liebesgöttin