Magazin Des Schweizerischen Nationalmuseums 2 | 2020

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Magazin Des Schweizerischen Nationalmuseums 2 | 2020 Nr. 2 / 2020 Magazin.SCHWE ZER SCHES N TI NAL MUSEUM. MUSÉE NATI NAL SU SSE. MUS E NAZ ON LE SV ZZER . MUSEUM N Z UN L SV ZZER. Nachhaltig Zeichen setzen für die Zukunft. 1 Gemeinsam wachsen. Nonnen Grönland 1912 Witzerland Fake News in Wie die NZZ die Die politische Seite Jetzt erleben. Klostertexten Polar forschung vorantrieb des Humors gkb2020.ch 200424_SNM_MAG_Typo_UMSCHLAG_DE.indd 17-19 20.05.20 11:01 Wir brauchen Auftakt Inhalt 4 Best of Blog Hodler in echt. Landesmuseum Zürich 6 Nonnen Starke Frauen im Mittelalter 8 Grönland 1912 12 Games 16 Kinderseite Einer für alle, alle für einen! Château de Prangins 18 Liebe und Sexualität im 18. Jahrhundert 20 Heilpflanzen in Prangins Liebe Leserin, Forum Schweizer lieber Leser Geschichte Schwyz 22 Made in Witzerland In den letzten Wochen habe ich mich manchmal wie in einem Kloster Aus der Museumswelt gefühlt. Mein Lebensradius beschränkte sich auf wenige Quadrat- 2 28 Gastmuseum 3 Alpage Nava, Wallis, © Christof Schürpf Alpage Nava, Wallis, meter, der Kontakt zur Aussenwelt war spärlich. Was macht man Internationales Rotkreuz- und in solchen Zeiten? Man arbeitet Pendenzen ab, plant für die Zu- Rothalbmondmuseum, Genf kunft und widmet sich endlich wieder mal dem Garten. Dieser Alltag könnte auch der einer Nonne sein, so die gängige Meinung. Dass 31 Museumsnews dem nicht so war, zeigt die Ausstellung «Nonnen. Starke Frauen im Mittelalter», die im Landesmuseum Zürich zu sehen ist (Seite 6). Rubriken Während der Corona-Pandemie war die Sexualität immer wieder ein Thema in den Medien. Wie geht man in Zeiten wie diesen mit kör- 27 Wettbewerb perlicher Nähe um? Vor ähnlichenJournalismus Fragen standen unsere Vorfahren 40 Boutique im 18. Jahrhundert (ab Seite 18). 42 Interview Dass die Schweizer witzig sind, ist für viele Menschen schwer vor- Autor Claude Cueni stellbar. Doch wir haben Humorfür – mehr als mandie denkt. Sie glauben Hirn- mir nicht? Besuchen Sie die Ausstellung «Made in Witzerland» in Schwyz und überzeugen Sie sich davon (ab Seite 22). Termine Ich freue mich, Sie bald wiederwindungen in unseren Häusern begrüssen 32 Agenda zu können. Wir brauchen Lesen Sie die 12-App mit den zwölf Andreas Spillmann aussagekräftigsten Storys des Tages. Schweiz. Direktor Schweizerisches Nationalmuseum Lass dich inspirieren unter MySwitzerland.com und teile deine schönsten Jetzt downloaden: Erlebnisse mit Download on the Unser Partner 105_20d_01_ins_sommer_landesmuseum200424_SNM_MAG_Typo_UMSCHLAG_DE.indd .indd 2 20-22 14.05.20 16:17 20.05.20 11:01 Best of Blog Der Geldfälscher Druckluft und sich sträubende Haare Als Erfinder der Sirene gilt Charles Cagniard de la aus dem Wallis Tour. Das mit Luftdruck funktionierende Gerät des Ingenieurs und Physikers datiert ins Jahr 1819 und half bei der Messung von Tonfrequenzen. Mit sei- or 140 Jahren starb Banken herausgegebene Wech- 1880 gelang es der Polizei ner Erfindung untersuchte der Franzose die Schall- Joseph-Samuel Fari- sel, deren Wert auf dem Zah- schliesslich, Farinet bei Saillon ausbreitung in Flüssigkeiten. Bis Sirenen für V net. Im 19. Jahrhun- lungsversprechen der Bank be- zu umstellen. Dort starb der Fäl- Alar mie rungszwecke dienten, verstrich viel Zeit. dert überschwemmte der be- ruhte. Dass die 1856 gegründe- scher auf ungeklärte Weise. Ob Recherchen in schweizerischen Datenbanken las- rühmteste Geld fälscher der te Walliser Kantonalbank nach die Gendarmen ihn erschossen sen ver muten, dass sie in der Schweiz ab dem Ers- Schweiz das Wallis mit 20- wenigen Jahren vor dem Kon- haben, oder ob er ausgerutscht ten Weltkrieg vereinzelt für Feueralarme eingesetzt Rap pen-Stücken. kurs stand, stärkte das Vertrau- und in eine Schlucht der Salentse wurden. Mehr dazu: blog.nationalmuseum.ch/ en ins Papiergeld nicht. Ganz im gestürzt ist, bleibt im Dunkeln. 2020/02/sirenenalarm-druckluft-und-sich- Die neuen Noten der Schweizeri- Gegenteil. Erst mit dem Bank- Vergessen wurde Farinet jedoch straeubende-haare schen Nationalbank sind ge spickt notengesetz von 1881 und den nicht. Die schleierhaften Um- mit Sicherheitsmerkmalen. Ob ersten Noten der Eidgenossen- stände seines Todes nähren die das Joseph-Samuel Farinet ab- schaft, die 1907 herausgegeben Legenden um den «Robin Hood Töffli geschreckt hätte? Wahrschein- wurden, stieg dieses Vertrauen der Alpen» bis heute. Im Wallis lich schon, denn der berühmtes- langsam an. gilt der Geldfälscher sogar als «Puch oder Piaggio?» In den 1960ern war das un- te Geldfälscher der Schweiz war Volksheld. 2017 wurde dort eine ter Jugendlichen eine ebenso wichtige Frage wie: zwar produktiv, hat aber eher rus- Alternativwährung zum Franken «Beatles oder Stones?» Der Zweitakt war der meist- tikal gearbeitet. In den 1870er- lanciert: der «Farinet». Sie gehörte Beat und der konnte dank kleinerer Bas- 4 Jahren überschwemmte er das wurde in zahlreichen Ge- teleien auch etwas lauter klingen: «Töff. Töfftöff. 5 Wallis mit selbst hergestellten schäften der Region Töfftöfftöfftöfftöff!» Anfang 1961 hatte der Bund 20-Rappen-Stücken. Sein Vorge- bis Dezember das «Motorfahrrad» als neue Kategorie eingeführt; hen war einfach: Farinet hämmer- 2019 als Zah- 1970 zählten die Statistiker landesweit über eine te einen ungehärteten Stempel lungsmittel halbe Million Fahrzeuge. Anders gesagt: in den auf eine echte Münze und präg- akzeptiert. 1960ern tuckerten jeden Tag etwa 130 Mofas mehr te damit seine eigenen Münzen. durchs Land als am Tag zuvor. Weil Joseph-Samuel Farinet Mehr dazu: Mehr dazu: blog.nationalmuseum.ch/2020/03/ im Aostatal polizeilich gesucht blog.national toeffli-erobert-die-schweiz wurde, war er ins Wallis einge- museum.ch/ wandert. Der Italiener hatte 2020/04/ aber nicht nur eine krimi- farinet-der-meister Unus pro omnibus, omnes pro uno nelle, sondern auch eine faelscher soziale Ader. Er ver- Das politische Motto «Einer für alle. Alle für ei- teilte einen Teil sei- nen» erreicht während der Corona-Krise neue Rele- ner Mü nzen an die vanz. Eingang in die staatliche Selbstrepräsenta- arme Bevölkerung. Die- tion fand das Motiv nach der Bundesstaatsgründung se revanchier te sich mit Ver- von 1848. Der junge, noch nicht gefestigte Bundes- stecken vor und falschen An- staat appellierte damit an den nationalen Gemein- gaben an die Polizei, die schaftssinn. Es galt jedem einzelnen Kanton zu Farinet schon bald suchte. versichern, dass es allen dient, die Souveränität an Die 20-Rappen-Stücke den Bundesstaat abzugeben. Auf dieser politi- von Farinet waren auch da- schen Basis entfaltet das Motiv auch im Katastro- rum so beliebt, weil Papier- Vom Geldfälscher phenfall seinen solidarischen Effekt. geld im 19. Jahrhundert in der zum Namensgeber Mehr dazu: blog.nationalmuseum.ch/2020/04/ Schweiz wenig verbreitet war. einer Währung. unus-pro-omnibus-omnes-pro-uno Die Geschichte In dieser Zeit waren Bankno- Farinets klingt fast ten noch von den jeweiligen wie ein Märchen. blog.nationalmuseum.ch Landesmuseum Zürich onald Trump hat den Begriff Fake News ge- D prägt. Doch manipu- Nonnen. lierte Nachrichten findetman bereits in Klostertexten. Ab dem 14. Jahrhundert waren Starke Frauen Schwesternbücher vor allem in dominikanischen Frauenklöstern ein fester Bestandteil des tägli- im Mittelalter chen Lebens. Sie wurden meist von einigen wenigen Nonnen geschrieben und waren ein Leit- faden für das Leben der Ordens- frauen, besonders für Novizi n- nen. Und sie wurden oft frisiert, schliesslich mussten die Texte eine Vorbildfunktion erfüllen. Auch eine Zensur kannte man damals schon. So wurden bei- spielsweise die Schriften von Elsbeth von Oye an zahlreichen Stellen entschärft. Die Nonne aus dem Kloster Oetenbach im Kanton Zürich geisselte sich seit 6 jungen Jahren, um den Qualen, 7 die Jesus erlebt hatte, mög- lichst nahe zu kommen. In ta- gebuchartigen Texten beschrieb Elsbeth von Oye, Illustration im Codex Breslau. sie dieses Leiden. Diese Berichte waren teilweise sehr verstörend und lösten bei den Obrigkeiten ter strebte die Kirche eine Rück- was erfunden. Dass die Berichte Zweifel aus. Aus diesem Grund besinnung auf alte Werte an. Ein ausschliesslich von Männern ver- wurden an gewissen Teilen Ra- Leben in Klausur oder das Einhal- fasst wurden, war auch nicht ge- dierungen vorgenommen. ten des Armutsideals beispiels- rade förderlich. Die heutige For- Fake News wurden auch in weise. Bis zu diesem Zeitpunkt schung geht davon aus, dass viele zahlreichen Visitationsberichten wurde in den Klöstern teilweise der erhobenen Vorwürfe weniger über Besuche in Frauenklöstern ein recht freies Leben geführt. mit dem realen Leben in einem angewendet. Ziel war, den Beweis Um den angestrebten Reformen Frauenkloster als viel mehr mit zu erbringen, dass Reformen bit- Nachdruck zu verleihen, wurde den männlichen Vorstellungen da- ter nötig waren. Im Spätmittelal- deshalb übertrieben oder gar et- von zu tun haben. LANDESMUSEUM ZÜRICH Nonnen. Starke Frauen im Mittelalter BIS 16. AUG 20 Nonnen im Mittelalter waren weit mehr als asketisch lebende Frauen, die sich nur für die Welt in- nerhalb der Klostermauern interessierten. Das Kloster bot Frauen Möglichkeiten, die sie sonst kaum hatten – Zugang zu höherer Bildung, soziale Absicherung und die Chance, sich familiären Normen zu entziehen. Die Ausstellung zeigt anhand verschiedener Persönlichkeiten, wie vielfältig die Le- bensformen geistlicher Frauen im Mittelalter waren. Im Frauenkloster wurde nicht nur gebetet, sondern auch fleissig geschrieben. Landesmuseum Zürich Grönland 1912 Die Grönland-Expedition von Alfred de Quervain gilt als wissenschaftliche Pioniertat. Kaum bekannt ist, dass das Abenteuer erst
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