Thüringer MUSEUMSHEFTE
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THÜRINGER MUSEUMSHEFTE 2 2018 Titelthema: 1919–2019 Bauhaus und Weimarer Republik 100 Jahre Bauhaus ans Joachim Breustedt (1901–1984) aus Stei- Hnach im Thüringer Wald gehört zu den 92 Stu- dierenden der Hochschule für bildende Kunst Wei- mar, die im April 1919 an das von Walter Gropius gegründete Staatliche Bauhaus wechseln. Er sieht sich selbst als ein „Lieblingsschüler“ Lyonel Feinin- gers, wie er rückblickend schreibt. Seine Geburts- stadt Steinach richtet dem Bauhaus-Künstler, der nach 1945 in Oberösterreich lebt und arbeitet, im Jubiläumsjahr 2019 eine Retrospektive aus. Das hier reproduzierte, undatierte Doppelbild- nis von Ehefrau Sofia und Hans Joachim Breustedt entstand in den 1920er-Jahren, geschaffen von dem Bauhäusler Johannes Driesch (1901–1930). Die Tochter Marysia schenkte das Blatt im Oktober 1987 dem Angermuseum Erfurt. Mehr über das bewegte Leben und die Retro- spektive des Bauhäuslers Hans Joachim Breustedt ab Seite 34. (Foto: Dirk Urban) Thüringer Museumshefte Herausgegeben vom Museumsverband Thüringen e. V. 27. Jahr | 2018 | 2. Heft 1 2 Inhaltsverzeichnis Titelthema: 1919–2019 Bauhaus und Weimarer Republik Von Weimar in die Welt und vice versa . 7 Das Bauhaus-Museum Weimar Hellmut Seemann Weimar 1919 – Aufbruch zu Demokratie und kultureller Moderne . 12 Heiko Holste Ernst Hardt – Kosmopolit im Kulturleben der Weimarer Republik . 17 Alf Rößner Ein Jubiläum | Drei Museen . 22 Franz Löbling Paul Citroen „Der Mensch vor der Kunst“ . 27 Mit dem Bauhaus verbunden: Menschen und Orte in Thüringen (1) Johanna Huthmacher Margaretha Reichardt und ihr Haus in Erfurt-Bischleben . 29 Mit dem Bauhaus verbunden: Menschen und Orte in Thüringen (2) Kai Uwe Schierz Kurt Schmidt und die Synthese der Künste. Intermediale Experimente am Bauhaus . 32 Mit dem Bauhaus verbunden: Menschen und Orte in Thüringen (3) Claudia Tittel 3 Inhaltsverzeichnis Hans Joachim Breustedt – Wälder, Weimar und ein Wiedersehen . 34 Mit dem Bauhaus verbunden: Menschen und Orte in Thüringen (4) Michael Plote Eduard Rosenthal – „Vater“ der ersten Thüringer Landesverfassung . 36 Dietmar Ebert Aus den Museen Umfassend saniert und wiedereröffnet . 41 Die Orangerie im Geraer Küchengarten Holger Peter Saupe „Gefahr für Leib und Leben“ . 45 Erfahrungen mit einem unplanmäßigen Depotumzug Christa Hirschler Schloss Schwarzburg . 50 Ort der Begegnungen – Denkort für Demokratie Linda Tschöpe Nachlass – Vorlass: Was bleibt? . 55 Zur Sicherung des künstlerischen Werkes von Winifred Zielonka und Egon Zimpel Cornelia Nowak und Sarah Kühnel Auf dem Weg zum „Museum für alle“ . 61 Das Museum für Ur- und Frühgeschichte Thüringens mit dem EU-Interreg-Projekt COME-IN! Julia Raasch-Bertram und Diethard Walter 4 Inhaltsverzeichnis … „von Geisteswerken […] auf Possen überspringen“ . 67 Sonderausstellung über Idee und Alltag bei Friedrich Schiller Daniela Danz Provenienzforschung am Lindenau-Museum . 71 Sarah Kinzel Die politisch-gesellschaftliche Karikatur geht online . 75 Sarah Brandt Archäologische Zeugnisse im Museum Reichenfels . 79 Kerstin Traufetter Forum Museum Strukturen im Aufbau – soziale Gefüge im Wandel . 81 Veränderungsprozesse am Beispiel Südthüringer Museen Julia Ackerschott „Vom Machbaren und Möglichen“ . 86 Neue Wege der (Mobilen) Museumspädagogik in der Modellregion Hildburghausen und Sonneberg Sandra Müller „Erlebnis Industriekultur“ . 90 Erfolgreiche Ausstellung mit Potenzial für mehr Andreas Christoph und Julia Dünkel Öffentlich fördern und vernetzen, intervenieren und gestalten . 93 Michael Plote 5 Inhaltsverzeichnis Aus dem Museumsverband Nachrichten, Perspektiven und Ehrung . 97 Verbandstag des Museumsverbandes Thüringen e. V. am 27.09.2018 im Museum automobile welt eisenach Sandra Müller Verbandsbericht des Vorstandes und der Geschäftsstelle . 100 für den Zeitraum Oktober 2017 bis September 2018 Holger Nowak Laudatio auf eine engagierte, kreative und visionäre Museumsleiterin . 114 Bernhard-von-Lindenau-Medaille des Museumsverbandes Thüringen e. V. an Sabine Schemmrich, langjährige Leiterin des Museums Schloß Burgk Sandra Müller Museumsperspektive 2025 als Prozess verstehen . 116 Einführende Worte zur Regionalkonferenz in Eisenach Bernhard Hoppe Regionalkonferenz „Vernetzung – Wie können Museen besser zusammenarbeiten?“ . 118 Jörn Brunotte Autorinnen und Autoren . 121 Impressum . 123 6 Titelthema: 1919–2019 Bauhaus und Weimarer Republik Von Weimar in die Welt und vice versa Das Bauhaus-Museum Weimar eihnachten 2018, wenn Weimar wie immer Erdkreises wird dieses institutionelle Handeln nur we- Wzu dieser Zeit nach Punsch und Bratwurst, cken, wenn sich dieses Museum durch „Initiative und also nach Weihnachtsmarkt, riechen wird, wird Überzeugung“ der an und in ihm Wirkenden – das sich auch zum 94. Mal der Tag jähren, es war der sind zunächst die Macher (und Macherinnen), aber 26. Dezember 1924, an dem Walter Gropius und die dann vor allem und eigentlich seine Besucher – et- Meister des Staatlichen Bauhauses zu Weimar die was von der Idee aufnehmen, nach der das Bauhaus Öffentlichkeit unterrichteten, „daß sie das aus ihrer als arbeitende, streitende, schaffende Schulgemein- Initiative und Überzeugung entstandene Bauhaus schaft gesucht hat. Nur durch unsere Initiative und mit Ablauf ihrer Verträge vom 1. April 1925 ab für Überzeugung kann diese Idee dann erneut lebendig aufgelöst erklären.“ werden, um die es schon dem Direktor, seinen Meis- So gehen stolze Verlierer vom Platz. Sie sagen: tern und deren Schülerinnen und Schülern ging. Ob Die der Moderne feindlich gesonnene Regierung in das gelingt und, wenn ja, mit welchen Resultaten, Thüringen, sie mag das Staatliche Bauhaus als Insti- kann heute niemand sagen; insoweit sollten wir, tution zur Strecke bringen, indem sie den Geldhahn auch wenn wir umgeben sind von Hochstaplern und abdreht und die Verträge der Meister und des Leiters Falschmünzern, ehrlich bleiben mit uns selbst und zur Disposition stellt. dem Publikum. Es gibt aber drei Faktoren oder auch Das, was in Weimar am 1. April 1919 begann Potenzen im Entstehungsprozess des Bauhaus-Mu- und den Namen Bauhaus trägt, ist damit aber kei- seums Weimar, die mich zuversichtlich machen: Das neswegs am Ende. Denn dieses Bauhaus entstand Quartier, der Bau und die Sammlung. nicht durch die Ausfertigung eines Arbeitsvertrags mit dem Direktor Walter Gropius am 1. April 1919, sondern vielmehr aus der Initiative und Überzeu- Das Quartier gung von kreativen Menschen, die bei allen Unter- schieden, die sie charakterisierten, dennoch durch Erst in diesem Frühjahr, als die Stadt gerade beginnen eine Idee verbunden waren. wollte, das baumbestandene Umfeld des Bauhaus- Wenn wir also am 5. April 2019 des 100. Ge- Museums Weimar am Rand des Schwansee-Parks burtstages dieses Staatlichen Bauhauses mit der Er- anzulegen, stießen die Bauarbeiter auf Benzintanks, öffnung des Bauhaus-Museums Weimar gedenken, die bis zum Rand mit einer ekelerregend stinkenden dann ist das zunächst auch nichts anderes als ein Masse gefüllt waren. Als man daran ging, sie zu ber- institutioneller Akt, der nämlich auf die Eröffnung gen und zu entsorgen (tagelang stank das gesamte, und spätere Schließung einer Institution (Schule) in unter brütender Hitze liegende Quartier), förderten Weimar mit der Eröffnung eines Museums am selben die Arbeiter einen zerbeulten Stahlhelm zutage, der Ort antwortet. Die Aufmerksamkeit der Stadt und des vor Jahrzehnten einem Soldaten hier abhanden ge- 7 Titelthema: 1919–2019 Bauhaus und Weimarer Republik kommen sein muss. Nichts könnte besser als diese Archäologie des 20. Jahrhunderts illustrieren, wa- rum das neue Museum am rechten Ort steht. Als bei der Suche nach dem richtigen Standort für ein Bauhaus-Museum in Weimar das Gelände der ehe- maligen Minol-Tankstelle ins Gespräch kam, hielten das manche für genial, die meisten aber für eine Schnapsidee. Diesen Standort durchzusetzen – der Stadt Weimar, die nach anfänglicher Skepsis ent- schieden dafür eintrat, sei es gedankt! – hat gut drei Jahre in Anspruch genommen und die Fertigstellung des Museums um dieselbe Zeitspanne verzögert. Was damit gewonnen wurde, lässt die verlorene Zeit leicht verschmerzen. Das Bauhaus-Museum Weimar steht am rech- ten Platz. Die Idee seiner Gründer, ihre Initiative Heike Hanada, Ansicht des künftigen Bauhaus-Museums Weimar und Überzeugung zielten nicht auf Selbst-Museali- von Südosten, Entwurf (Fassadenvariante). (Foto: Klassik Stiftung sierung. Unser Museum darf deshalb nicht als Wie- Weimar) dergutmachung an den einst Vertriebenen missver- standen werden. Indem das neue Museum an den Stéphane-Hessel-Platz gezogen ist, kehrt die Idee des Jahres 1919 in ein Umfeld zurück, das die Wei- marer Geschichte des 20. Jahrhunderts so kompakt und zugespitzt spiegelt, wie kein anderer Ort in die- ser Stadt. Monarchie, Weimarer Republik, NS, DDR und unsere eigene Gegenwart, in der die Zuspitzung der sozialen, wirtschaftlichen, ökologischen und weltanschaulichen Konflikte unübersehbar ist, sind sichtbar im Umfeld des Bauhaus-Museums Wei- mar. Es greift – schon durch seine Positionierung im städtischen Raum – in die Ideengeschichte des ver- gangenen Jahrhunderts ein. Diese Ideengeschichte ist, anders als viele glaubten, mit der Wiederverei- nigung Deutschlands keineswegs zur Ruhe gekom- Heike Hanada, Ansicht des künftigen Bauhaus-Museums Weimar men. Auf die Frage: „Wie wollen wir leben?“, die von Osten, Entwurf einer Fassadenvariante im Kontrast zum ehe- am Bauhaus vor 100 Jahren gestellt wurde, hat das maligen Gauforum. (Foto: Klassik Stiftung Weimar) 20. Jahrhundert sehr unterschiedliche Antworten