13. Komponistenporträt: Peter Ruzicka

13. Juli 2016, 20 Uhr Spätgotische Stadtkirche -Bad Cannstatt

432. Konzert der Musik am 13. 2

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Die Konzerte der MUSIK AM 13. werden gefördert durch die Martin Schmälzle-Stiftung, die Jörg-Wolff-Stiftung, die Stadt Stuttgart und das Land Baden-Württemberg. 3

13. Komponistenporträt

Peter Ruzicka

»...FRAGMENT...« (1970) Fünf Epigramme für Streichquartett (2. Streichquartett)

»TOMBEAU« (2000) für Flöte

»...UND MÖCHTET IHR AN MICH DIE HÄNDE LEGEN...« (2007) Fünf Fragmente von Hölderlin für Bariton und Klavier

»GESTALT UND ABBRUCH« (1979) Sieben Fragmente für Stimmen I-V, VII I Hachnissini II Gethsemane III Absaloms Grab IV N'we Awiwim V Jerusalem VII Hörrinden-Hymnus

»...JE WEITER ICH KOMME, UM SO MEHR FINDE ICH MICH UNFÄHIG, DIE IDEE WIEDERZUGEBEN...« (2012) Hommage für Kammerensemble

Emanuel Fluck Bariton Thomas von Lüdinghausen Flöte Norbert Kaiser Klarinette Doriana Tchakarova Klavier Lars Jönsson Klavier Lotus Streichquartett Cantus Stuttgart Jörg-Hannes Hahn Leitung Björn Gottstein Moderation 4 Der Künstler Peter Ruzicka

Peter Ruzicka wurde 1948 in Düsseldorf geboren. An eine instrumentale und theore- tische Ausbildung am Hamburger Konservatorium (Klavier, Oboe, Kompositionstheo- rie) schlossen sich Kompositionsstudien bei und Hans Otte an. Er studierte Rechts- und Musikwissenschaften in München, und Berlin und promovierte mit einer interdisziplinären Dissertation über das »ewige Urheberpersön- lichkeitsrecht«. Für seine Kompositionen erhielt er zahlreiche Preise und Auszeich- nungen (u.a. Unesco-Preis »International Rostrum of Composers«, Paris; Louis Spohr Musikpreis). Führende Orchester und Ensemble, wie z.B. die Berliner Philharmoniker, die Wiener Philharmoniker und alle deutschen Rundfunk-Sinfonieorchester, haben Ruzickas Werke zur Aufführung gebracht. Seine Oper »CELAN« erlebte 2001 ihre Uraufführung an der Staatsoper . Ruzickas Musiktheater »HÖLDERLIN« wurde 2008 an der Staatsoper Unter den Linden Berlin uraufgeführt. Seit 1990 ist Peter Ruzicka Professor an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Der Komponist ist zudem Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste und der Freien Aka- demie der Künste Hamburg. Von 1979 bis 1987 wirkte Peter Ruzicka als Intendant des Radio-Symphonie-Orchesters Berlin, von 1988 bis 1997 als Intendant der Staatsoper Hamburg und der Hamburger Philharmoniker. 1996 übernahm er als Nachfolger Hans Werner Henzes die künstlerische Leitung der Münchener Biennale, die er bis 2014 inne hatte, und wurde daneben im Jahre 1997 künstlerischer Berater des Royal Concert- gebouw Orchesters Amsterdam. Von 2001 bis 2006 übernahm Ruzicka als Intendant die künstlerische Leitung der Salzburger Festspiele, seit 2015 ist er geschäftsführender Intendant der Osterfestspiele . Als Dirigent leitete Peter Ruzicka eine Vielzahl von renommierten Klangkörpern auf der ganzen Welt, u.a. das Deutsche-Symphonie- Orchester Berlin, das Royal Concertgebouw Orchester Amsterdam, die Wiener Sym- phoniker, die , das Gewandhausorchester Leipzig, das Dänische Nationalorchester und das Yomiuri Nippon Symphony Orchestra Tokyo.

Zum kompositorischen Schaffen

Von der Trauermusik für die Opfer des Krieges in Vietnam »ESTA NOCHE« (1967) des neunzehnjährigen Peter Ruzicka führt eine verborgene Spur zu »...DER DIE GESÄNGE ZERSCHLUG«. Stele für Paul Celan (1985). Verborgen, weil der weite Atem, von dem die vox humana im Frühwerk getragen wird, im letzten Satz der Celan-Vertonung in einer weit ausschwingenden Vokalise und wie unvermittelt wieder hervorbricht. Dass dieser ,Canto' indessen sehr wohl vermittelt ist, und zwar durch seinen eigenen Tod, der sich in der subtil ausgehorchten Partitur des 5. Satzes vollzieht, berührt einen zentralen Aspekt der Kompositionsästhetik Ruzickas, in der Mitteilen und Verschwei- gen, Erschaffen und Zerstören, Werden und Vergehen dialektisch aufeinander bezo- gen sind. »Verborgen« darf man diese Spur auch im Blick auf das umfangreiche Œuvre nennen, in dem Musik als »... FRAGMENT...« (1970) und »STILLE« (1976), »TORSO« (1973) und »INTROSPEZIONE« (1969/70), als »GESTALT UND ABBRUCH« (1979) sich selbst befragt. Im Schlusssatz der Celan-Vertonung »...DER DIE GESÄNGE ZERSCHLUG« 5 hingegen berührt uns die Schönheit einer Musik, die nicht länger über Musik reflek- tiert, sondern die - schmerzhaft genug - zu sich selber gekommen ist, einer Musik, die »Ich« sagen kann wie ein Jahr zuvor der Canto in »SATYAGRAHA« (1985): »,Satyagraha' meint: Festhalten an einer als unbedingt, als unumstößlich erkannten Überzeugung, Wahrheit ohne Relativismus. In meiner Orchesterkomposition gerät ein gleichsam un- endlicher, insistierender ,Canto' immer stärker in das Kräftefeld eines orchestralen Ab- bruchs, scheint vorübergehend von ihm überlagert, aufgehoben, in Frage gestellt zu sein. Der ,Canto' behauptet sich aber als ,wahre', als eigentliche Gestalt, als Grunder- fahrung des musikalischen Bewusstseins, an der festgehalten wird.« (Peter Ruzicka). Hier hat Ruzickas Begegnung mit dem symphonischen Werk von , ins- besondere mit dem ,Canto' seiner Siebten Symphonie ihre Spur hinterlassen.

Stand sein Schaffen gegen Ende der sechziger Jahre noch ganz im Banne der Väter- generation (Henze, Ligeti, Stockhausen), so lassen sich seit »... FRAGMENT...« (1970) Mahler, Webern und Celan als die trigonometrischen Punkte bezeichnen, die von nun an den ästhetischen Kurs markieren und die selbst noch Werke so unterschiedlicher Intention wie »BEFRAGUNG« (1974), »... DEN IMPULS ZUM WEITERSPRECHEN ERST EMPFINGE« (1981) und »ANNÄHERUNG UND STILLE« (1981) zu einem Œuvre zusam- menbinden, von dem man sagen darf, dass es sich auf immer neue Weise treu geblie- ben ist. Die Vorstellung eines »work in progress« kennzeichnet in besonderem Maße auch den inneren Zusammenhang derjenigen Werke Ruzickas, in denen sich die Aus- einandersetzung mit der Lyrik Paul Celans spiegelt: »TODESFUGE« (1968/69), »... FRAGMENT...« (1970), »GESTALT UND ABBRUCH« (1979) und »... DER DIE GESÄNGE ZERSCHLUG« (1985). Ruzickas Affinität zu verdankt sich nicht zuletzt der Lektüre Theodor W. Adornos, der die aktuellen Brüche in Mahlers Musik als »Antithese von Weltlauf und Durchbruch« umschrieben und das triviale Moment bei Mahler als »dialektische Brechung« identifiziert hat.

Der bei Mahler zum Formgesetz geratene Bruch mit dem verfügbaren Material gewinnt Beispielcharakter in einer historischen Situation, in der Ruzicka die Material- Evolution der 50er und 60er Jahre auf ihren Endpunkt zusteuern sieht. Ohne den Stachel des Neuen, ohne ein Segment konkreter Utopie müsse Komponieren heute bis zur Entäußerung mit vorgegebenem Material auskommen; im Sinne eines ästhe- tischen Fortschritts sei kein neuer Stachel in Sicht. Das Material sei nicht direkt zu nehmen, es müsse vielmehr verdinglicht, uneigentlich erscheinen in einer »Musik über Musik«. Werke wie »IN PROCESSO DI TEMPO...« (1971) oder »BEFRAGUNG« (1974) gleichen Katalogen von Gefundenem, das in Allusionen, in einem Als-ob präsent, polemisch beleuchtet wird. Im Spannungsfeld von Gefundenem und Erfundenem, das für Ruzickas Schaffen so charakteristisch ist, bezeichnet die Anverwandlung Anton von Weberns den anderen Pol: Sigle der Erfindung bei Ruzicka ist vor allem die Kraft zur Verdichtung, der Mut zum Fragmentarischen, die Entschiedenheit in der Zurücknahme bis hin zur absoluten Stille und die ebenfalls für Webern kennzeichnende Verantwor- tung vor dem kompositorischen Detail, die beseelte Differenzierung noch des einzel- nen Tones. 6 Neben groß besetzten Werken läuft – und durchaus nicht auf einem Nebengleis – das Streichquartett-Schaffen einher, das seit »... FRAGMENT...« Fünf Epigramme für Streichquartett (1970) mit dem dichterischen Werk Celans und mit Weberns Axiom einer dichtesten musiksprachlichen Aussage verbunden ist. Als Requiem für den 1970 gestorbenen jüdischen Dichter Paul Celan entstanden, ist dem Zweiten Streichquar- tett der Gedanke an den Tod eingeschrieben. Dieser Gedanke lässt sich auch im drit- ten Streichquartett »... ÜBER EIN VERSCHWINDEN« ausmachen, das im Titel Boulez' Nachruf auf Adorno zitiert und das sein Telos im Schlusssatz von Mahlers IX. Sympho- nie als einer Allegorie des Todes findet. »TOMBEAU« für Flöte (Altflöte, Bassflöte) von 2000 erweist sich als Stele für den Solisten der Uraufführung von »EMANA- ZIONE«. Variationen für Flöte und vier Orchestergruppen (1976), Karl-Bernhard Sebon (1935-1994).

»CELAN« (1998/1999) ist »keine szenische Biographie« (Peter Ruzicka) mit einem Pro- tagonisten im Zentrum, sondern eine virtuelle Geschichte in sieben Entwürfen, die ihr Sujet ständig zwischen Annäherung und Entfernung changierend umkreist. Die Hoffnung, dass solche (geplante) Bewegung für den Hörer und Zuschauer zur (nicht planbaren) Be-Wegung werden könne, ohne dass eine Richtung vorgegeben werden könnte, ist wohl das eigentliche Wasserzeichen dieser Partitur. Der Weg von »... FRAG- MENT...« zu »CELAN« ist der Weg vom »Requiem« (Ruhe)zum entschiedenen »non requiescat!« (nicht ruhen!).

»Erinnerung« verweist auf die imaginäre Mitte Hölderlinschen Dichtens, das in den späten Hymnenfragmenten seinen poetischen Fokus gefunden hat: »Mnemosyne«. Indem die CELAN Symphonie für Bariton, Mezzosopran und großes Orchester (2002) die Oper noch einmal in zehn Stationen vergegenwärtigt, steht auch sie im Zeichen des Erinnerns, wenn sich Peter Ruzicka mit diesem symphonischen Rückblick von Celan löst und zugleich sein Schaffen auf Hölderlin als einen anderen Pol hin aus- richtet. Die Entschiedenheit aber, mit der diese Neujustierung ins Werk gesetzt wird, lässt es legitim erscheinen, die Werkgruppe nach der Celan Symphonie insgesamt un- ter die Sigle »Die Geburt der Musik aus dem Geiste Hölderlins« zu fassen. In »NACH- SCHRIFT«. Drei Stücke für Violoncello und Klavier (2008) ist solches Erinnern - und zwar mit Spuren in andere Kompositionen hinein - selbst thematisch geworden. »Als eine Art Satellit zu meiner Oper« (Peter Ruzicka) umkreisen die Stücke den Zyklus »...UND MÖCHTET IHR AN MICH DIE HÄNDE LEGEN...« Fünf Fragmente von Hölder- lin für Bariton und Klavier (2006/2007), deren Duktus sie sich anverwandeln, sie grei- fen die VI. Skizze aus PARERGON (2007) als Klavierpart (des zweiten Stückes) auf, und sie adaptieren das erste der Hölderlin-Fragmente (Die Erscheinung der Madonna) als reines Instrumentalstück. Dass dieses Fragment in der Orchesterfassung auch in der Oper »HÖLDERLIN« von 2008 erklingt, macht es zum exemplarischen Fall der Ver- netzung, eines wahren Flechtwerks von Beziehungen zwischen den einzelnen Kom- positionen rund im Hölderlin. 7 In den Fünf Fragmenten von Hölderlin für Bariton und Klavier »...UND MÖCHTET IHR DIE HÄNDE AN MICH LEGEN...« (2006/2007) hat Peter Ruzicka die existentielle Doppelbödigkeit der Texte (aus Hyperion, Empedokles und einem der Foliohefte), mit denen Hölderlin in den Rissen und Trümmern einer aufgebrochenen Welt her- umtastete, sensibel ausgehorcht und eingetönt. »Die Erscheinung der Madonna«, das erste und längste der Fragmente nach Hölderlin, gewinnt sein gestisches Vokabular aus einem langen Klaviervorspiel, in das sich nach 13 Takten die Singstimme einblen- det. Permanenter Taktwechsel und viele triolische, quintolische und septolische Bildungen evozieren - wie so oft bei Ruzicka - eine gleichsam schwebende Wahrneh- mung der rhythmisch-metrischen Disposition. In »Empedokles«, dem zweiten Frag- ment, findet sich das längste Nachspiel des Zyklus. Es führt den Barcarole-Duktus, der den Gesang grundierte, zunächst fort, um ihn schließlich mit den letzten fünf Takten in brüskem Fortissimo in seiner Uneigentlichkeit zu attackieren. »In langsamer, ausdrucksvoller Diktion, ohne falsches Pathos« möge der Sänger das Textfragment »Was ist Gott?« rezitieren. Es gilt das gesprochene Wort! Dem korrespondiert, dass der Klavierpart mit großer dynamischer Zurückhaltung gesetzt ist und selbst dort, wo der Sänger vom »Donner« spricht, im dreifachen Piano verbleibt. Fragender kann man der letzten aller Fragen, die mit diesem Fragment gestellt wird, ästhetisch nicht be- gegnen. Das vierte, kürzeste Fragment »Mein Bild« ist ohne Takt notiert und verdankt seine Wirkung einer letztmöglichen Zurücknahme: Der chromatische Cluster Es-As, nur ein einziges Mal angeschlagen und dann nachhallend, wird zum Klangraum, in dem Stimme und Instrument miteinander verschmelzen. Dem fünften Fragment »Das Gefühl der Einsamkeit« sind die Titelworte des Zyklus entnommen: „[...] und möchtet ihr an mich die Hände legen?" Vorschlagsfiguren und Tremoli prägen den Klavierpart, dem sich die Singstimme mehr widersetzt als anbequemt. Einzig im drittletzten, von der großen Septime dominierten Takt (»O Sieh!«) gibt es eine kurzfristige Übereinkun- ft. So scheint das Gefühl der Einsamkeit der Musik selbst eingeschrieben zu sein.

Wenn in der Musik des Komponisten Assoziationen und Bilder den Zugang nicht mehr ebnen, dann sollte sich der Hörer mit seiner Ratlosigkeit auf die Rätselhaftigkeit der Musik einlassen, die bei Ruzicka immer auch Bestandteil des ästhetischen Programms ist. Sie ist – nach Erhart Kästner – ein Gütesiegel heutiger Kunst insgesamt: »Es ist nur noch das Rätsel, das Rat gibt.«

Gekürzte Fassung des Textes »Zur Musik Peter Ruzickas« von Peter Becker (Quelle: http:// www.peter-ruzicka.de/de/zur-musik.html) 8

Peter Ruzicka, Beginn von »... UND MÖCHTET IHR AN MICH DIE HÄNDE LEGEN« 9 »... UND MÖCHTET IHR AN MICH DIE HÄNDE LEGEN«

1. Die Erscheinung der Madonna

Viel habe ich dein und deines Sohnes wegen gelitten, O Madonna, seit ich gehöret von ihm. In süßer Jugend denn nicht der Seher allein Es stehn unter einem Schicksal die Dienenden auch. Noch eins ist aber zu sagen. Denn es wäre mir fast zu plötzlich das Glück gekommen. Denn weil du gabst den Sterblichen versuchend Göttergestalt, Wofür ein Wort? Nein wahrhaftig der Tag bildet keine Menschenformen. Aus: Folioheft 408/413/415

2. Empedokles

Siehest du denn nicht? Es kehrt Die schöne Zeit von meinem Leben heute Noch einmal wieder und das größre steht Bevor; hinauf, o Sohn, zum Gipfel Des alten heiligen Aetna, wollen wir, Denn gegenwärtiger sind die Götter auf den Höhn – Da will ich heute noch mit diesen Augen Die Ströme sehn und Inseln und das Meer. Da segne zögernd über goldenen Gewässern mich das Sonnenlicht beim Scheiden. Das herrlich jugendliche, das ich einst Zuerst geliebt. Dann glänzt um uns und schweigt Das ewige Gestirn, indes herauf Der Erde Gluth aus Bergestiefen quillt Und zärtlich rührt der Allbewegende, Der Geist der Äther uns an, o dann! Aus: Frankfurter Ausgabe Bd. 13, S. 735

3. Was ist Gott?

Was ist Gott? Unbekannt, dennoch Voll Eigenschaften ist das Angesicht Des Himmels von ihm. Die Blize nemlich 10 Der Zorn sind eines Gottes. Jemehr ist eins Unsichtbar. Schiket es sich in Fremdes. Aber der Donner Der Ruhm ist Gottes. Die Liebe zur Unsterblichkeit Das Eigentum auch, wie das unsre, Ist eines Gottes. Aus: Frankfurter Ausgabe Bd. 9, S. 29f.

4. Mein Bild

Wir sind wie die jungen Adler, Die der Vater aus dem Neste jagt, Dass sie im hohen Äther nach Beute suchen. Fromme Seele! Ich möchte sagen, denke meiner, wenn du an mein Grab kömst. Auch die Bäume grüße [...] und die fröhlichen Bäche, [...] Und lass, du Liebe! Dir mein Bild dabei begegnen. Aus: Frankfurter Ausgabe Bd. 11, S. 733f.

5. Das Gefühl der Einsamkeit

[...] und möchtet ihr an mich Die Hände legen? Was? gelüstet es Bei meinem Leben schon die hungernden Harpyren? Und könnt ihrs nicht erwarten, bis erst Der Geist entflohen ist, mir die Leiche zu schänden? Heran! Zerfleischt und teilet die Beut‘ und es segne Der Priester euch den Genuss, und seine Vertrauten Die Rachegötter lad er zum Mahl! – die bangt Heilloser! Kennst du mich? Und soll ich dir Den bösen Scherz verderben, den du treibst? Bei deinem grauen Haare, Mann! Du solltest Zu Erde werden, denn du bist sogar Zum Knecht der Furien zu schlecht! O Sieh! [...] Aus: Aus: Frankfurter Ausgabe Bd. 13, S. 718

11 Mitwirkende

Björn Gottstein (*1967 in Aachen) ist Redakteur für Neue Musik beim SWR in Stutt- gart. Seit 2015 ist er Leiter der Donaueschinger Musiktage. Von 2013-2014 war er einer der künstlerischen Leiter des Eclat-Festivals Stuttgart sowie der SWR-Konzertreihe Attacca. Als Kritiker schrieb er für die taz und veröffentlichte außerdem Fachtexte und Rezensionen in der Neuen Zeitschrift für Musik, den Positionen, den MusikTexten, der Spex sowie internationalen Publikationen wie Frieze (London), Dissonanz (Basel), Par- ergon (Oslo) und Nutida Musik (Stockholm). 2009 kuratierte er in Berlin Audio Poverty – Eine Konferenz über Musik und Armut im Haus der Kulturen der Welt und 2011 Lux Aeterna im Berghain sowie 2012 das Festival faithful!. Lehrtätigkeiten führten ihn an die TU Berlin, zu den Darmstädter Ferienkursen für neue Musik, an die Hoch- schule für Musik Basel und die Universität der Künste Berlin. 2009-2013 war er Vor- standsvorsitzender der Initiative Neue Musik Berlin.

Der Bariton Emanuel Fluck wurde in Frankfurt am Main ge- boren und erhielt seine erste sängerische Ausbildung bei den Limburger Domsingknaben. Er studierte zunächst Schulmusik an der Hochschule für Musik in Mainz. Seit dem Winterse- mester 2014/15 studiert er bei Bernhard Jaeger-Böhm an der Musikhochschule Stuttgart Gesang. In der aktuellen Spielzeit ist er Akademist des SWR Vokalensemble. Wichtige Impulse erhielt er in Meisterkursen unter anderem bei Magreet Honig, Ton Koopman und Moritz Eggert. Neben seinem Schwerpunkt im Konzertfach widmet er sich auch dem Kunstlied.

Der Flötist Thomas von Lüdinghausen erhielt seine Aus- bildung an der Staatlichen Hochschule für Musik Freiburg im Breisgau bei Robert Aitken und an der Hochschule für Musik »Franz Liszt« in Weimar bei Ulf-Dieter Schaaff. Während des Studiums begann er, im »Jeunesses Musicales Weltorche- ster« zu musizieren, es folgten Engagements bei den Duis- burger Philharmonikern, den Düsseldorfer Symphonikern und der Staatskapelle Berlin. Seit Oktober 2002 ist Thomas v. Lüdinghausen stellvertretender Soloflötist der Stuttgarter Philharmoniker. Seit dem Wintersemester 2006 ist Tho- mas von Lüdinghausen Lehrbeauftragter für das Hauptfach Querflöte an der Musikhochschule Stuttgart. 12 Norbert Kaiser, 1961 in Frankfurt am Main geboren, studierte 1980-1985 an der Musikhochschule Detmold Klarinette bei Jost Michaels und Hans Klaus und Klavier bei Werner Genuit und übte dort 1985 und 1986 eine Assistenz aus. 1984 legte er seine künstlerische Reifeprüfung ab und wirkte von 1984-1989 als Kla-rinettist im Radio-Sinfonie-Orchester Frankfurt und bei zahlreichen CD-Produktionen des Hessischen Rundfunks mit. Von 1989 bis 2000 war er als erster Soloklarinettist am Staats- theater Stuttgart tätig. 1995-1998 schloss Norbert Kaiser ein Dirigierstudium in Weimar an und arbeitete 1997/98 als Dirigier- assistent von Lothar Zagrosek an der Staatsoper Stuttgart. Von 1999 bis 2001 war er als Chefdirigent des Landesjugendorchesters Thüringen tätig. 1999 erhielt er eine Profes- sur für Klarinette an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart. Nor- bert Kaiser gab seitdem Meisterkurse an den Musikhochschulen in Madrid, München, Mannheim und Trossingen.

Doriana Tchakarova (Klavier) wurde 1974 im bulgarischen Varna geboren. 1993 begann sie, an der Stuttgarter Musikhoch- schule zu studieren und absolvierte ein künstlerisches Aufbau- studium bei Friedemann Rieger und Konrad Richter. Als Solistin und Kammermusikerin war sie Preisträgerin einiger internatio- naler Wettbewerbe und entfaltet seither eine rege Konzert- tätigkeit als Kammermusikerin und Liedpianistin mit Partnern wie Ulrike Sonntag, Nathalie Karl, Matthias Klink und dem SWR- Vokalensemble. Bei zahlreichen Gesangs-Meisterkursen ist sie eine gefragte Korrepetitorin. Seit 2003 hat sie einen Lehrauftrag für Gesangskorrepetition an der Musikhochschule Stuttgart.

Lars Jönsson (Klavier) ist in Schweden geboren. Nach seinem Studium an der Musikhochschule in Frankfurt am Main und am Tschaikowski-Konservatorium in Moskau verfolgte er als Solist, Kammermusiker, Liedbegleiter sowie als Dozent, Pädagoge und Musikvermittler eine breitgefächerte künstlerische Laufbahn. Er spielte in berühmten Konzertsälen wie der Alten Oper Frank- furt und machte Rundfunk- und CD-Aufnahmen, so als Solist des Schwedischen Rundfunkorchesters oder des SWR Radio- sinfonieorchesters Stuttgart. Zudem arbeitete er mit renom- mierten Sängerinnen (Stella Doufexis) und Kammermusikpart- nern (Daniel Hope, Truls Mork, Christian Ostertag) zusammen. 2006 gründete er in 13 Schweden das Musik-Festival „Stöde Musikvecka“, dessen künstlerische Leitung er bis heute inne hat.

Das Lotus String Quartet wurde 1993 gegründet und ging bereits ein Jahr darauf als Gewinner des Interna- tionalen Kammermusikwettbewerbs in Osaka, Japan hervor. Es folgten zahlreiche weitere Preise. Ihre Aus- bildung erhielten die Musikerinnen zunächst in Japan. Zu ihren Mentoren zählen das Melos Quartett sowie das Amadeus Quartett, Walter Levin vom LaSalle Quartett und Rainer Schmidt vom Hagen Quartett. Neben einem umfangreichen Konzertkalender in Deutschland (u.a. in Berlin/ Konzerthaus, Ham- burg/ Musikhalle, Düsseldorf/ Tonhalle, Stuttgart/ Liederhalle) gastierte das Lotus String Quartet in vielen Ländern Europas und wird regelmäßig zu den großen Festi- vals Europas eingeladen, u.a. zum Schleswig-Holstein-Musikfestival, Festival Luzern und zum Rheingau Musik Festival. Das Lotus String Quartet ist oft zu Gast in seinem Heimatland Japan und tritt dort in den wichtigsten Städten des Landes auf. Die große Liebe des Quartetts gilt den deutschen Klassikern und den französischen Impres- sionisten. Das breite Repertoire umfasst aber auch zeitgenössische japanische Kom- ponisten wie ToruTakemitsu oder Toshio Hosokawa sowie in Europa Helmut Lachen- mann und die Meister der Neuen Wiener Schule. Neben zahlreichen Rundfunk- und Fernsehmitschnitten bei BBC London, Südwestrundfunk, ZDF und DRS Schweiz er- schien 1997 unter dem Label Teldec die erste CD des Lotus String Quartet mit Werken von Mozart (Streichquartett D-Dur KV 575, Streichquartett B-Dur KV 589), der 2000 eine Aufnahme mit Werken der japanischen Komponisten Takemitsu, Nishimura, Ho- sokawa, Yashiro und Miyoshi folgte.

CANTUS STUTTGART ist ein semiprofessionelles Vokalensemble, das im letzten Jahr sein 25-jähriges Jubiläum gefeiert hat. Seit seiner Gründung im Jahr 1990 hat es ein umfangreiches Repertoire geistlicher und weltlicher a-cappella-Werke erarbeitet, das von der Renaissance bis zur Gegenwart reicht. Überregionale Aufmerksamkeit erregte CANTUS STUTTGART 2002 mit der Aufführung sämtlicher Bachmotetten in 14 Kon- zerten in Süddeutschland und dem benachbarten Ausland. Es folgten Einladungen zu Festivals in Japan und Korea, zum Festival Europäische Kirchenmusik Schwäbisch Gmünd, zum Oberstdorfer Musiksommer, zum Musikfest Stuttgart und - im vergan- 14 genen Jahr - zum Festival de la musique sacrée Strasbourg. Besondere Anerkennung erwarb es sich durch die Ur- und Erstaufführung einer Vielzahl von Werken der Ge- genwart, so hob es u.a. Furcht und Zittern von Brice Pauset, Das Licht von Adriana Hölszky und in der vergangenen Saison Ungewisses Licht von Manfred Trojahn sowie Agnus Dei von Martin Smolka aus der Taufe. 2005 erschien eine CD mit der Einspie- lung der Messe op. 4 für Chor und Orgel von Camille Saint-Saëns.

Jörg-Hannes Hahn ist künstlerischer Leiter der Reihe MUSIK AM 13. und des Bachchors Stuttgart. Er studierte Kirchen- musik, Orgel, Klavier und Dirigieren u.a. bei Werner Jacob, Ludger Lohmann und Marie-Claire Alain und war Preisträger u.a. der Orgelwoche Nürnberg 1992. 1997 konzertierte er mit dem gesamten Orgelwerk Max Regers, zum Ende des Bach- Gedenkjahres 2000 folgte das Orgelwerk Johann Sebastian Bachs. Seit 1996 unterrichtet er an der Staatlichen Hoch- schule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart Orgel, seit 2007 als Professor. Verpflichtungen als Solist, Gastprofessor, Wettbewerbsjuror und als Dirigent führten ihn in die meisten europäischen Länder, nach Russland, Israel, Südamerika, und nach Japan, Korea, China und Singapur. Er unterrichtete u.a. am Conservatorio Verdi Mailand, am Tschaikowsky-Konservatorium Moskau und an der Korea National Uni- versity of Arts, Seoul. Zahlreiche Produktionen für CD, TV und Rundfunk dokumen- tieren seine künstlerische Arbeit. So nahm er für das Label CANTATE die Chorwerke von Camille Saint-Saens sowie – erstmals überhaupt – die Orgelwerke von Carl Philipp Emanuel Bach auf der historischen Marx-Migendt-Orgel in Berlin-Karlshorst auf. Im Mai 2005 wurde er zum »Kirchenmusikdirektor« und 2008 zum »Kirchenkreis- kantor« für Stuttgart ernannt. Jörg-Hannes Hahn ist Organist an der Luther- und Spät- gotischen Stadtkirche Bad Cannstatt. 15 Konzertvorschau

Sonntag, 24. Juli - 4. September 2016, jeweils 20 Uhr Spätgotische Stadtkirche Stuttgart-Bad Cannstatt Internationaler Orgelsommer Froberger - Bach - Reger Jörg-Hannes Hahn, Stuttgart (24.7.) Janette Fishell, Bloomington (31.7.) Giampaolo di Rosa, Rom (7.8.) Andreas Liebig, Basel (14.8.) Jan Lehtola (Orgel), Petri Komulainen (Horn), Helsinki (21.8.) Bernadetta Šunavská-Schlichting, Stuttgart (28.8.) Susanne Rohn, Bad Homburg (4.9.)

Eintritt frei

Programmheftredaktion: Ellen Freyberg ([email protected]); Anregungen und Kritik sind willkommen!