Mysteriöse Todesfälle in Der Ehemaligen Jesuitenvilla Am Laacher See Um 1870
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Mysteriöse Todesfälle in der ehemaligen Jesuitenvilla am Laacher See um 1870 Horst Happe Das Jesuitenkolleg in Maria Laach lost, und die herrliche Natur am Laacher See Die 1093 von Pfalzgraf Heinrich II. von Laach erschienen für diese Pläne günstig. Von den Je- am Südwestufer des Laacher Sees gegründete suiten wurde dann auch der bis heute ge- Benediktinerabtei „Abbatia ad Lacum“ („Abtei bräuchliche Name Maria Laach geprägt. am See“) wurde im Zuge der Säkularisation Anfang Mai 1863 reisten erste Studenten aus 1802 aufgehoben. Das verlassene Kloster wur- Aachen an. Im September folgten junge Theo- de zunächst französische und nach 1815 logen aus Paderborn, so dass schon im ersten preußische Domäne. 1820 ging das Gut Laach Jahr eine große Kommunität entstand. Das in den Besitz des Trierer Regierungspräsiden- neue „Collegium Maximum“ der „Societas Je- ten Daniel Heinrich Delius über. Die Abteikir- su“ (SJ) auf deutschem Boden war geboren. che und der Klosterwald verblieben allerdings Am 1. Oktober 1863 lebten in Laach 41 Patres, im Besitz des preußischen Staates. Familie De- 111 Scholastiker und 25 Brüder. Zusammen mit lius verkaufte das Klostergut am 24. Januar den 14 Ordensmitgliedern, die auf dem Kreuz- 1863 an die Jesuiten für 130000 Taler. Diese berg in Bonn meist zu Studien an der dortigen wollten hier am Laacher See ihr größtes Studi- Universität weilten, gehörten nahezu 200 Je- enhaus errichten. Der Jesuitenorden hatte da- suiten zum Kolleg am See. Diese Zahl blieb un- mals vor allem in Deutschland zahlenmäßig gefähr bis zur Aufhebung des Jesuitenkollegs rasch zugenommen und suchte dringend nach im Jahre 1872 erhalten. einem großen Ordenshaus zu Ausbildungs- Die Jesuiten entfalteten in den Jahren 1863 – zwecken. In Maria Laach – so glaubte man – 1872 eine rege Bautätigkeit in Maria Laach, zu- hatte man eine ideale Lösung gefunden. Die mal die Abteigebäude durch einen Brand im vorgefundenen Gebäude, wenn auch verwahr- Jahre 1855 weitgehend zerstört worden waren. Ort des Geschehens: Die Jesuitenvilla am Ostufer des Laacher Sees 186 ◆ Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2009 Aufsteigende Kohlensäure am Ostufer des Laacher Sees Neben dem Bau eines großen Wohnflügels für Scholastiker ihren freien Tag hatten, fuhren sie Professoren und Studenten an der Abteikirche, mit Booten an das Ostufer hinüber, um zu me- der von den Benediktinern später in das Pfor- ditieren und sich außerhalb des Klosters in der tenhaus umgewandelt wurde, errichteten sie ungestörten Natur zu erholen. eine weiträumige Bibliothek. Auch die Anfän- ge des heutigen Seehotels gehen auf die Jesui- Mysteriöse Todesfälle ten zurück. Aber die Idylle in der Sommerfrische wurde Die Benutzung der romanischen Abteikirche bald abrupt gestört, als beim Morgengebet ein war den Jesuiten vom preußischen Staat un- junger Ordensbruder fehlte. Man fand ihn tot tersagt. Die Gottesdienste der Jesuiten, an de- in seinem Bett. Solche rätselhaften Todesfälle nen auch Besucher teilnehmen konnten, fanden wiederholten sich mehrere Male. Man war rat- in der kleinen, in Teilen spätromanischen St. Ni- los, weil man keine Erklärung für den plötzli- kolauskirche statt. Von den Jesuiten wurde sie chen Tod der jungen Patres fand. Laut Recher- damals neu unter das Patronat des heiligen Jo- chen von Werner Müller aus Wassenach (+ seph gestellt. Außerdem standen mehrere 2.9.2002) sollen insgesamt acht Todesfälle auf Hauskapellen zur Verfügung. diese unerklärliche Weise zu beklagen gewesen Unter der Nikolauskapelle bzw. Josephskapelle sein. Sie wurden aber als normale Sterbefälle entstand eine Gruft für die hier verstorbenen Je- beim Standesamt in Burgbrohl registriert. In suiten. Insgesamt wurden hier 17 Mitglieder den Akten finden sich nirgends Hinweise auf des Ordens beigesetzt. die Todesursache. Bestattet wurden die ver- storbenen Ordensleute in der Gruft unter der Die ehemalige Jesuiten-Villa Nikolauskapelle auf dem Friedhof in Maria am Laacher See 1871/1872 Laach. Wohl das letzte Bauwerk der Jesuiten in Laach Mit großer Wahrscheinlichkeit sind die Todes- war die 1870/71 errichtete „Villa“ am Ostufer fälle auf ausströmendes Kohlendioxid, das hier des Sees, die als Studien- und Erholungshaus als geruchloses Gas aus der Erde austritt, an freien Tagen genutzt wurde. Das neoklassi- zurückzuführen. Das tödliche Gas CO2, das 1 zistisch anmutende Gebäude hatte 2 /2 Ge- schwerer als Luft ist, stieg wohl bei windstiller schosse. Es war 80 Meter lang und 10 Meter Nacht langsam im Erdgeschoss der Villa auf breit. Sogar zwei Kegelbahnen sollen vorhan- Betthöhe auf, so dass die jungen Ordensleute er- den gewesen sein. Jeden Donnerstag, wenn die stickten. Wenn ein Ordensbruder oder der Prä- Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2009 ◆ 187 fekt morgens die Tür öffnete, war die Todesur- suitenbruder und Rentmeister Heinrich Freiträ- sache nicht mehr festzustellen, weil sich das ge- ger, der bei den Behörden in der Region und den ruch- und geschmacklose Gas durch den Luft- hier lebenden Menschen sehr beliebt gewesen zug wieder verflüchtigte hatte. sein soll. Oberhalb der ehemaligen Jesuitenvilla konnten schon zu Beginn des Zweiten Weltkrieges Nie- Verfall der Jesuitenvilla dermendiger Schulklassen in einer ehemaligen Die Jesuitenvilla stand wohl nach dem Weg- Bimsgrube Kohlendioxid nachweisen. Bren- gang der Jesuiten leer und wurde auch von nende Kerzen erloschen nach einiger Zeit. Die- den Benediktinern ab 1892 nicht genutzt. Das se Stelle wird seither „Stickloch“ genannt. Gebäude verfiel. 1921 wurden die letzten Auch heute noch findet man bei entsprechen- Mauerreste abgebrochen und die Steine mit der Wetterlage am Ufer des Laacher Sees tote Pferdefuhrwerken über den zugefrorenen See Tiere, z. B. Vögel, Frösche, Mäuse, Salaman- zum Kloster transportiert, wo sie v. a. zum Bau der. für die Ökonomie-Gebäude verwendet wur- Heute weiß man, dass neben den Mofetten am den. Ostufer des Laacher Sees nördlich des Lorenz- Von der Villa existieren heute nur noch von felsens (CO2 Exhalationen auf einem ca. 100 den Fundamenten wenige Mauerreste im Wal- Meter langen und 5 Meter breiten Abschnitt, der de. die Caldera-Randströmung nachzeichnet), Lediglich alte Aufnahmen des Gebäudes be- auch hier Kohlendioxid aus der Erde strömt. weisen, dass es die Jesuitenvilla gegeben hat. Übrigens wird für den Laacher See mit einer Kein frommer Klosterbesucher, Wanderer, CO2 –Freisetzung von 2500 Tonnen jährlich ge- Jogger oder Radfahrer, der den Laacher See als rechnet (EAWG). Erholungsgebiet umrundet, ahnt, dass hier Auch in anderen Regionen der Laacher Vul- einmal ein imposantes Gebäude gestanden kangegend – wie auch in der vulkanischen hat. Westeifel – tritt heute noch Kohlendioxid an die Erdoberfläche, z. B. im Wehrer Kessel oder im Anmerkung: Pönterbachtal am Tönissteiner Sprudel. Den Recherchen von Werner Müller (+) , Reinhard Degen und Dr. Wolf- Noch vor der industriellen Erschließung der gang Zäck, die Licht in die damaligen Vorgänge gebracht haben, verdan- Kohlensäurequellen war in den Kellern einzel- ke ich wertvolle Informationen für diesen Beitrag. Aus den Schriften von P. Drutmar Cremer OSB, P. Clemens Otten OSB und ner Häuser der Gemeinde Burgbrohl die Koh- P. Basilius Sandner OSB sowie von K.-H. Schumacher fanden zentrale Pas- lendioxid-Konzentration so hoch, dass sie we- sagen – z. T. auch wörtlich - für diesen Beitrag Verwendung. gen der Erstickungsgefahr von ihren Bewoh- nern nicht genutzt werden konnten. Quellen und Literatur: -Berlin A. & Meyer, W.: In. RVDL (Hrsg.): Den gibt es nur einmal: Laacher Vertreibung der Jesuiten See. Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz. -Cremer, Drutmar P. OSB: Vom Leben und Wirken der Gesellschaft Jesu Mit den „Jesuitengesetzen“ vom 5. Juli 1872 in Maria Laach 1863 – 1892. In: Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2001. S. 148 – 153. wurde der Jesuitenorden in Deutschland im -EAWAG: CO 2 und andere Gase in vulkanischen Seen: Archiv magmati- Zuge des Kulturkampfes verboten. Ihre Mit- scher Prozesse.- EAWAG Jahresbericht 1992., 27 – 28. Düsseldorf 1992. glieder hatten ihre Tätigkeit in Deutschland -Degen, Reinhard, Zäck, Wolfgang: Mörderisches Wetter – Ein Kapitel aus der Jesuiten-Zeit in Maria Laach. In: Eifel-Jahrbuch 2005. S. 145 – 148. einzustellen. Die Laacher Jesuiten verließen -Meyer, W.: Vulkanbauten der Osteifel. Köln 1999. (Rheinischer Verein für das Land und wichen nach Valkenburg in den Denkmalpflege und Landschaftsschutz). -Meyer, W.: Vulkanpark Brohltal Laacher See. Ein geologischer Führer. Niederlanden aus. Die Verwaltung des Laacher Hrsg. Verbandsgemeinde Brohltal. Koblenz 2002. (4. überarb. Auflage) Klostergutes kam für die nächsten 20 Jahre in -Müller, Werner: Aufzeichnungen aus dem Nachlass von Werner Müller. die Hände des Grafen Rudolf von Schaesberg, Wassenach o. J. -Otten, Clemens P. OSB: Das Kloster Maria Laach im 19. Jahrhundert. In: eines alten Freundes der Jesuiten. Vor Ort ob- Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 1965, S. 118 – 123. lag die Führung des Gutes bis zur Wiederbe- -Schumacher, K.-H., P. Basilius Sandner OSB: Die Benediktinerabtei Ma- ria Laach. In: Die Reihe Archivbilder. Erfurt 2006. siedelung des Klosters durch Benediktiner aus - Stoffel, M. & Thein, J.: Die Mineral- und Heilquellen der Region Brohl- Beuron im Jahre 1892 dem sehr gewandten Je- tal / Laacher See. HRSG. Verbandsgemeinde Brohltal. Niederzissen 2000. 188 ◆ Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2009.