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Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 3/2011 Titelthema Regionale Wohnungsbedarfsvorausrechnung für Baden-Württemberg bis 2030 Heike Schmidt, Madeleine de la Croix Die Wohnungsbautätigkeit in Baden-Württem- kann nur noch mit einem Zuwachs der Haus- Dipl.-Volkswirtin Heike Schmidt ist Leiterin des berg ist seit Mitte der 90er-Jahre kontinuierlich halte um rund 2 % bei gleichzeitig abnehmen- Referats „Landesinforma- zurückgegangen. Auch der Zuwachs der Haus- der Bevölkerung gerechnet werden. Dass die tionssystem, Regionalstatis- tik, zentrale Informations- haltszahlen hat sich merklich abgeschwächt Haushaltszahlen bis zum Jahr 2020 überhaupt dienste, Internetangebot“ und die Bevölkerungszahlen sinken bereits. noch zunehmen, liegt an den nach wie vor im Statistischen Landesamt Baden-Württemberg. Für die Zukunft ist mit einer Fortsetzung die- kleiner werdenden Haushalten. Stark besetzte ser Entwicklungen zu rechnen. Die Haushalts- ältere Jahrgänge leben zunehmend in kleineren Dipl.-Physikerin Madeleine de la Croix ist Leiterin des zahlen werden zwar zunächst noch geringfügig Haushalten und die Zahl der großen Familien- Referats „Bauwirtschaft, ansteigen und damit auch einen zusätzlichen haushalte nimmt weiter ab. Um 2020 werden Gebäude- und Wohnungs- bestand“ im Statistischen Wohnungsbedarf erzeugen. Bereits um das die Haushaltszahlen jedoch zurückgehen. Für Landesamt Baden-Württem- Jahr 2020 muss jedoch von einem Rückgang 2030 kann dennoch mit rund 50 000 Haushalten berg. der Haushaltszahlen ausgegangen werden. mehr gerechnet werden als derzeit. Anziehen wird jedoch der Ersatzbedarf, der sich durch wegfallende Bausubstanz aus dem Für die Vorausrechnung des Wohnungsbedarfs Bestand begründet. Der Wohnungsbaubedarf wurde zudem definiert, welcher Anteil der Haus- wird aber insgesamt weiter sinken. Bis zum halte insgesamt gar keinen eigenen Wohnungs- Jahr 2030 besteht im Land ein voraussicht- bedarf aufweist. Davon ist zum Beispiel bei licher Wohnungsbaubedarf von rund 380 000 einem Teil der Untermieterhaushalte auszu- Wohnungen. gehen. Die Berechnung erfolgt somit auf der Basis sogenannter „Haushalte mit Wohnungs- bedarf“ (siehe i-Punkt). Am Wohnungsmarkt stehen außerdem nicht jederzeit alle Wohnun- Sinkende Haushaltszahlen bewirken gen zur Verfügung. Zentral für die Gewährleis- rückläufigen Baubedarf tung eines funktionsfähigen Wohnungsmarkts ist die Berücksichtigung einer sogenannten Träger des Wohnungsbedarfs sind die Haus- Fluktuationsreserve zur Bewältigung von Um- halte. Für die Berechnung des zukünftigen zügen und Renovierung. Als Mobilitätspuffer Wohnungsbedarfs ist daher die Berechnung wird daher eine Reserve von 2,5 % des Woh- der relevanten Haushaltszahlen und deren nungsbestands bei der Bedarfsberechnung Entwicklung ein erster Schritt. Dies erfolgte einbezogen. auf der Basis der regionalen Bevölkerungs- vorausrechnung für Baden-Württemberg. Wenn die Lebenserwartung wie angenommen etwas Der Wohnungsneubedarf wird steigt, die Wanderungsgewinne und Geburten- sukzessive „negativ“ raten dagegen aber so niedrig bleiben wie in den letzten Jahren, ist bis zum Jahr 2030 mit Der zukünftige Wohnungsbaubedarf setzt sich rund 400 000 bzw. 3,5 % weniger Menschen in aus zwei Komponenten zusammen: dem Woh- Baden-Württemberg zu rechnen. Voraussichtlich nungsneubedarf und dem Wohnungsersatzbe- werden dann noch knapp 10,4 Mill. Menschen darf. Aus der Veränderung der Haushaltszahlen 1 Siehe Payk, Dr. Bernhard/ 1 im Land leben. resultiert der Wohnungsneubedarf. Wachsende Schmidt, Heike/Schwarck, Haushaltszahlen begründen für die Zukunft Cornelia: Regionale Bevöl- kerungsvorausrechnung Obwohl die Bevölkerung in Baden-Württem- einen neuen Bedarf an Wohnraum, sinkende bis 2030 für Baden-Würt- berg in den letzten beiden Jahren bereits leicht Haushaltszahlen einen Bedarfsrückgang. Woh- temberg, in: Statistisches Monatsheft Baden-Würt- zurückging – und aus heutiger Sicht auch nicht nungsersatzbedarf entsteht dagegen durch aus temberg 04/2010, S. 3 ff. mit steigenden Bevölkerungszahlen gerechnet dem Bestand wegfallenden Wohnraum (Ab- 2 Siehe auch Brachat- werden kann, wird die Zahl der Haushalte gang durch Abriss, Umnutzung oder Zusam- Schwarz, Werner: Struk- tur und Entwicklung der voraus sichtlich noch etwas zunehmen. Das menlegung von Wohnraum). Privathaushalte, Eine aller dings in deutlich geringerem Ausmaß als Modellrechnung für Ba- den-Württemberg bis in der Vergangenheit. Im Zeitfenster seit 1985 Der insgesamt im Vergleich zu früheren Jahren zum Jahr 2050, in: Statis- stieg die Zahl der Haushalte etwa doppelt so sinkende Wohnungsbaubedarf beruht vor allem tisches Monatsheft Baden- Württemberg 8/2010, stark wie die Bevölkerung.2 Bis zum Jahr 2020 darauf, dass die Zahl der Haushalte derzeit nur S. 13–16. 3 Titelthema Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 3/2011 1. Normativer Ansatz nommen, dass sie keinen Bedarf nach einer der Vorausrechnung1 eigenen Wohnung haben, da sie zum Bei- spiel als Studenten oder Monteure anderen- Das Statistische Landesamt wählt für seine orts ihre eigentliche Wohnung haben und Vorausrechnung des Wohnungsbedarfs einen nur temporär in einem Untermietverhältnis normativen Ansatz. Das bedeutet, dass für leben. jeden Haushalt, für den ein Wohnungsbe- darf angenommen wird, eine Wohnung zur Damit der Wohnungsmarkt funktionsfähig Verfügung stehen soll. Damit wird die Ver- bleibt, benötigt er eine angemessene Reserve sorgungssituation auf einem regionalen an nicht belegten Wohnungen für Umzugs-, Wohnungsmarkt vor allem durch den Woh- Modernisierungs- und Renovierungsaktivi- nungsbestand einerseits und die Haushalte täten. Die hierfür notwendige Fluktuations- als Träger des Wohnungsbedarfs anderer- reserve wurde in Höhe von 2,5 % angesetzt. seits bestimmt. Das Verhältnis von Wohnun- Die Zahl der „berücksichtigungsfähigen gen zu Haushalten gibt – unabhängig von Wohnungen“ liegt entsprechend unter dem der tatsächlichen Verteilung der Wohnungen vorhandenen Wohnungsbestand. auf die Haushalte – Auskunft darüber, wie viele Wohnungen für die Nutzung durch pri- vate Haushalte zur Verfügung stehen. Die 3. Der Wohnungsneubedarf verwendete Norm „eine Wohnung je Haus- halt“ berücksichtigt dabei keine weiteren Wohnungsneubedarf resultiert aus einer im quantitativen und qualitativen Anforderun- Vorausrechnungszeitraum gegenüber dem gen. Beispielsweise wäre der Wohnungs- Ausgangsjahr veränderten Haushaltszahl. markt auch rechnerisch dann ausgeglichen, Steigende Haushaltszahlen führen zu einem wenn Haushalte mit fünf und mehr Personen positiven Wohnungsneubedarf, zurückge- nur mit Drei-Zimmer-Wohnungen versorgt hende Haushaltszahlen jedoch zu negativen wären. Hinzu kommt, dass aufgrund fehlen- Werten beim „Neubedarf“. Zur Ermittlung der der Daten nicht berücksichtigt werden kann, voraussichtlichen Entwicklung der Haushalte ob es sich dabei um eine Wohnung mit „ein- wurde eine Haushaltsvorausrechnung erstellt. facher“, „mittlerer“ oder „guter“ Ausstattung handelt. Ebenso wenig wurden Wohnfläche Dazu wurden die Ergebnisse der kleinräumi- und Wohnlage in die Untersuchung einbe- gen Bevölkerungsvorausrechnung auf der zogen. Basis 2008 mit Hilfe des sogenannten Haus- haltsmitgliederquotenverfahrens in die Zahl Der gesamte zukünftige Wohnungsbedarf und Struktur der Privathaushalte umgerech- setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: net. Bei diesem Verfahren wird eine Vertei- Erstens dem Wohnungsneubedarf, der aus lungsrechnung erstellt, welche die Bevölke- der Veränderung der Haushaltszahlen resul- rung – differenziert nach Altersgruppen – den tiert und zweitens dem Wohnungsersatzbe- Haushalten zuordnet. Das bedeutet, dass für darf, der sich zum Beispiel durch Abriss oder die einzelnen Regionaleinheiten beispiels- Umnutzung von bestehendem Wohnraum weise eine Annahme darüber getroffen wer- ergibt. den musste, welcher Anteil der 20 bis 25-Jäh- rigen im Jahr 2008 in Ein-, Zwei-, Drei- und Vierpersonenhaushalten sowie in Haushal- 2. Haushalte mit Wohnungsbedarf und ten mit fünf und mehr Personen lebte. Für berücksichtigungsfähiger Wohnungsbestand den Vorausrechnungszeitraum wurde unter- als Rechenbasis stellt, dass die Haushaltsmitgliederquoten unverändert bleiben. Nicht für jeden Haushalt wird in der durch- geführten Bedarfsberechnung ein Wohnungs- bedarf angenommen. Als „Haushalte mit 4. Der Wohnungsersatzbedarf Wohnungsbedarf“ werden aber alle Haupt- mieter- und Eigentümerhaushalte angesehen. Bei der Berechnung des Wohnungsersatz- Zusätzlich wird für einen Teil der Untermieter- bedarfs wird davon ausgegangen, dass für haushalte ein Wohnungsbedarf angenom- Wohnungen, die durch Abbruch, Umwid- men. Das gilt für alle Haushalte, die mehr mung oder Zusammenlegung aus dem als eine Personen zählen, und für 10 % der Wohnungsbestand wegfallen, Ersatz zu Einpersonen-Untermieterhaushalte. Für die schaffen ist. Auf der Basis der Statistik der übrigen Untermieterhaushalte wird ange- Bauabgänge wurde für die Berechnung des 4 Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 3/2011 Titelthema zukünftigen Ersatzbedarfes eine Trendberech- menen Sanierungen und Modernisierungen nung vorgenommen. Eine Detailanalyse der einen besseren Zustand aufweisen als jene in der Abgangsstatistik erfassten Wohnungs- in den eher ländlichen Gebieten. Für die an- abgänge ergab, dass die Abgangsquoten und deren Baualtersgruppen wurden dagegen ihre Trendentwicklung stark vom Baualter der landeseinheitliche Abgangsquoten vorgege- Gebäude abhängen. Deshalb wurden die zu ben. Diese wurden mittels Trendschätzung erwartenden Abgänge für die Baualtersgrup- ermittelt. Stützzeitraum