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Wissenschaftliche Reihe Fahrzeugtechnik Universität Stuttgart Lea Schwarz

Methodische Unter- suchung und ganzheitliche Potentialbewertung zukünftiger Antriebs- systeme zur CO2-Neutralität im Rennsport Wissenschaftliche Reihe Fahrzeugtechnik Universität Stuttgart

Reihe herausgegeben von Michael Bargende, Stuttgart, Deutschland Hans-Christian Reuss, Stuttgart, Deutschland Jochen Wiedemann, Stuttgart, Deutschland Das Institut für Verbrennungsmotoren und Kraftfahrwesen (IVK) an der Univer- sität Stuttgart erforscht, entwickelt, appliziert und erprobt, in enger Zusammenar­ beit mit der Industrie, Elemente bzw. Technologien aus dem Bereich moderner Fahrzeugkonzepte. Das Institut gliedert sich in die drei Bereiche Kraftfahrwe­ sen, Fahrzeugantriebe und Kraftfahrzeug-Mechatronik. Aufgabe dieser Bereiche ist die Ausarbeitung des Themengebietes im Prüfstandsbetrieb, in Theorie und Simulation. Schwerpunkte des Kraftfahrwesens sind hierbei die Aerodynamik, Akustik (NVH), Fahrdynamik und Fahrermodellierung, Leichtbau, Sicherheit, Kraftübertragung sowie Energie und Thermomanagement – auch in Verbindung­ mit hybriden und batterieelektrischen Fahrzeugkonzepten. Der Bereich Fahrzeug­ antriebe widmet sich den Themen Brennverfahrensentwicklung einschließlich Regelungs- und Steuerungskonzeptionen bei zugleich minimierten Emissionen, komplexe Abgasnachbehandlung, Aufadesysteme und -strategien, ­Hybridsysteme und Betriebsstrategien sowie mechanisch-akustischen Fragestellungen. The­ men der Kraftfahrzeug-Mechatronik sind die Antriebsstrangregelung/Hybride, Elektromobilität, Bordnetz und Energiemanagement, Funktions- und Software­ entwicklung sowie Test und Diagnose. Die Erfüllung dieser Aufgaben wird prüf- standsseitig neben vielem anderen unterstützt durch 19 Motorenprüfstände, zwei Rollenprüfstände, einen 1:1-Fahrsimulator, einen Antriebsstrangprüfstand, einen Thermowindkanal sowie einen 1:1-Aeroakustikwindkanal. Die wissenschaftliche Reihe „Fahrzeugtechnik Universität Stuttgart“ präsentiert über die am Institut ent- standenen Promotionen die hervorragenden Arbeitsergebnisse der Forschungstä- tigkeiten am IVK.

Reihe herausgegeben von Prof. Dr.-Ing. Michael Bargende Prof. Dr.-Ing. Hans-Christian Reuss Lehrstuhl Fahrzeugantriebe Lehrstuhl Kraftfahrzeugmechatronik Institut für Verbrennungsmotoren und Institut für Verbrennungsmotoren und Kraftfahrwesen, Universität Stuttgart Kraftfahrwesen, Universität Stuttgart Stuttgart, Deutschland Stuttgart, Deutschland Prof. Dr.-Ing. Jochen Wiedemann Lehrstuhl Kraftfahrwesen Institut für Verbrennungsmotoren und Kraftfahrwesen, Universität Stuttgart Stuttgart, Deutschland

Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/13535 Lea Schwarz

Methodische Unter- suchung und ganzheitliche Potentialbewertung zukünftiger Antriebs- systeme zur CO2- Neutralität im Rennsport Lea Schwarz IVK, Fakultät 7, Lehrstuhl für Fahrzeugantriebe Universität Stuttgart Stuttgart, Deutschland

Zugl.: Dissertation Universität Stuttgart, 2019

D93

ISSN 2567-0042 ISSN 2567-0352 (electronic) Wissenschaftliche Reihe Fahrzeugtechnik Universität Stuttgart ISBN 978-3-658-28084-0 ISBN 978-3-658-28085-7 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-28085-7

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ bibliografe; detaillierte bibliografsche Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

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Springer Vieweg ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany Vorwort

Die vorliegende Dissertation entstand im Rahmen eines HIN (Hochschulinsti- tute Neckarsulm) Kooperationsprojektes am Institut für Verbrennungsmoto- ren und Kraftfahrwesen (IVK) der Universität Stuttgart in enger Zusammen- arbeit mit Motorsport. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr.-Ing. Michael Bargende für die wissenschaftliche und persön- liche Betreuung. Für die Übernahme des Koreferats danke ich Herrn Prof. em. Dr.-Ing. Günter Hohenberg.

Besonders bedanken möchte ich mich bei allen Kollegen von Audi Motorsport in Neckarsulm und in Neuburg a. D. für die fachliche Unterstützung, das Inte- resse an diesem Projekt und die großartige Zusammenarbeit. Insbesondere gilt mein Dank Herrn Ulrich Baretzky, Herrn Wolfgang Kotauschek und Herrn Stefan Dreyer für die Chance dieses spannende Projekt im Motorsportumfeld realisieren zu dürfen sowie für die außerordentliche Unterstützung und das entgegengebrachte Vertrauen. Für die Projektinitiierung danke ich zudem Dr.- Ing. Johannes Dawidziak sowie für die Betreuung Dr.-Ing. Florian Bach. Des Weiteren möchte ich allen Kollegen der AUDI AG danken, die mich während dieser Zeit fachlich und persönlich unterstützt haben. Mein herzlicher Dank gilt hier insbesondere Dr. René van Doorn und Juliane Seipt für die umfang- reiche Unterstützung und die zahlreichen fachlichen Diskussionen. Zudem danke ich Meike, Maike und Caro für den gemeinsamen Weg zur Promotion.

Ein herzliches Dankeschön geht an Dr.-Ing. Sebastian Wohlgemuth für seine unermüdliche und wertvolle Unterstützung sowie die zahlreichen bereichern- den fachlichen und überfachlichen Gespräche, die maßgeblich zum Gelingen dieser Dissertation beigetragen haben. Mein herzlichster Dank gilt Simon Mal- cher für den gemeinsamen fachlichen und persönlichen Weg, für das stetige Herausfordern, das Motivieren, das Unterstützten sowie den unschätzbar wert- vollen Beitrag zu meiner fachlichen und überfachlichen Entwicklung.

Abschließend möchte ich mich von ganzem Herzen bei meinen Eltern Manfred und Petra, meiner Schwester Julia sowie meinen Freunden bedanken, die mich während dieser Zeit begleitet und unermüdlich unterstützt haben. Danke für die Motivation, den Rückhalt und euer Verständnis.

Lea Schwarz Inhaltsverzeichnis

Vorwort ...... V Abbildungsverzeichnis ...... XI Tabellenverzeichnis ...... XV Abkürzungsverzeichnis ...... XIX Symbolverzeichnis ...... XXI Zusammenfassung ...... XXV Abstract ...... XXVII

1 Einleitung ...... 1

2 Technische Betrachtung ...... 5

2.1 Vorauswahl von Energieträgern und Antriebssystemen ...... 5 2.1.1 Methodik zur Vorauswahl ...... 5 2.1.2 Vorauswahl der Antriebssysteme ...... 7 2.1.3 Vorauswahl der Energieträger ...... 10 2.2 Eigenschaften flüssiger und gasförmiger Kraftstoffe ...... 13 2.2.1 Kraftstoffe für Ottobrennverfahren ...... 19 2.2.2 Kraftstoffe für Dieselbrennverfahren ...... 21 2.3 Einflussfaktoren auf Gesamtfahrzeugebene ...... 22 2.4 Grundlagen, Konzeptionierung und Auslegung der Antriebskonzepte ...... 25 2.4.1 Elektrisches System für hybride und elektrische Langstreckenrennfahrzeuge ...... 27 2.4.2 Hybridkonzept mit Verbrennungsmotor und flüssigem Kraftstoff ...... 37 2.4.3 Hybridkonzept mit Verbrennungsmotor und gasförmigem Kraftstoff ...... 40 VIII Inhaltsverzeichnis

2.4.4 Brennstoffzellenkonzept ...... 47 2.4.5 Batterieelektrisches Konzept ...... 84 2.5 Methodik zur technischen Bewertung ...... 86 2.6 Technische Bewertung der Antriebskonzepte ...... 89

3 Ökologische Betrachtung ...... 93

3.1 Grundlagen der Umweltbilanzierung ...... 93 3.1.1 Definition Nachhaltigkeit und Systemgrenzen ...... 93 3.1.2 Ganzheitliche Bewertung der Nachhaltigkeit ...... 97 3.1.3 Schadstoffe und Umweltauswirkungen ...... 102 3.2 Methodik, Ziel und Untersuchungsrahmen ...... 106 3.2.1 Antriebe ...... 110 3.2.2 Energieträger ...... 112 3.2.3 Gesamtkonzepte ...... 114 3.3 Sachbilanz, Wirkungsabschätzung und Auswertung ...... 115 3.3.1 Antriebe ...... 115 3.3.2 Energieträger ...... 123 3.3.3 Gesamtkonzepte ...... 130

4 Ganzheitliche Bewertung nachhaltiger Konzepte für den Motorsport ...... 133

4.1 Ganzheitlichen Bewertung von Motorsportantrieben ...... 133 4.2 Übertrag auf weitere Rennformate und Rennserien ...... 135 4.3 Nachhaltige Gestaltung des Motorsports ...... 144

5 Schlussfolgerung und Ausblick ...... 147 Literaturverzeichnis ...... 151 Anhang ...... 191 A1. Methodische Schritte zur Vorauswahl ...... 191 Inhaltsverzeichnis IX

A2. Brennstoffzellentypen ...... 200 A3. Berechnungen zur Brennstoffzelle ...... 202 A4. Variation der Einflussfaktoren auf die Kühlleistung ...... 205 A5. Ökobilanz-Methoden und Wirkungskategorien ...... 207 A6. Sachbilanzdaten Antriebe ...... 212 A7. Informationen zur Ökobilanz diverser Energieträger ...... 214 A8. Laufleistung und Energieverbrauch FIA WEC ...... 228 A9. Daten zum Transfer auf weitere Rennserien ...... 230

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 2.1: Vorgehen zur Definition einer Vorauswahl- Methodik ...... 5 Abbildung 2.2: Vielfalt an Wärmekraftmaschinen und an Antriebskonzepten ...... 7 Abbildung 2.3: Vielfalt an nachhaltigen Kraftstoffen ...... 11 Abbildung 2.4: Einfluss des Reglements bei Änderung der Dichte oder des Heizwertes in der FIA WEC und der FIA Formel 1 nach [4] ...... 19 Abbildung 2.5: Antriebskonzepte und Antriebsarchitekturen ...... 25 Abbildung 2.6: Leistungs- und Geschwindigkeitsverläufe für rein verbrennungsmotorische, hybride und vollelektrische Konzepte ...... 26 Abbildung 2.7: Übersicht zur Einteilung elektrischer Maschinen nach [15] ...... 28 Abbildung 2.8: Rekuperationspotential und MGU-Gewicht verschiedener Leistungsklassen an Vorder- und Hinterachse ...... 30 Abbildung 2.9: Ragone-Diagramm nach [15, 58, 59, 60] ...... 34 Abbildung 2.10: Beispielhafter Verlauf des Ladezustandes einer Hybridbatterie über eine Runde in ...... 36 Abbildung 2.11: Bauraummodell zu „ICE Hybrid, flüssiger Kraftstoff“ ...... 39 Abbildung 2.12: Bauraummodell zu „ICE Hybrid, gasförmiger Kraftstoff“ ...... 46 Abbildung 2.13: Aufbau eines PEMFC-Stapels nach [58, 104] ...... 52 Abbildung 2.14: Funktionsweise der PEMFC nach [58, 104, 106] ...... 53 Abbildung 2.15: Strom-Spannungs-Kennlinie einer PEMFC nach [90, 109] ...... 57 Abbildung 2.16: Das Brennstoffzellen-System mit Peripherie nach [59, 113] ...... 59 XII Abbildungsverzeichnis

Abbildung 2.17: Energiebilanz einer PEMFC im Vergleich zum Verbrennungsmotor bei Volllast ...... 63 Abbildung 2.18: Prozentuale Steigerung der Kühlleistung mit der Kühlertiefe ...... 64 Abbildung 2.19: Leistungsfluss der Range Extender Betriebsstrategie .... 66 Abbildung 2.20: Antriebsarchitektur des Brennstoffzellen Range Extenders ...... 67 Abbildung 2.21: Vorgehen zur Auslegung der Brennstoffzelle ...... 68 Abbildung 2.22: Betriebspunktabhängige Kenngrößen der Brennstoffzelle und zielführender Auslegungsbereich ...... 69 Abbildung 2.23: Speicherformen von Wasserstoff nach [120, 121] ...... 70 Abbildung 2.24: Darstellung des Simulationsmodells zur Berechnung der erforderlichen Brennstoffzellen- Konstantleistung ...... 76 Abbildung 2.25: Darstellung des Simulationsmodells zur Auslegung der Hochvoltbatterie und des Kühlsystems ...... 77 Abbildung 2.26: Antriebsleistungs- und Geschwindigkeitsprofil mit 900 kW elektrischer Leistung ...... 78 Abbildung 2.27: Luftwiderstand in Abhängigkeit der Geschwindigkeit ...... 78 Abbildung 2.28: Antriebsleistungs- und Geschwindigkeitsprofil mit 900 kW Boost-Phasen ...... 79 Abbildung 2.29: Energiebilanz der Hochvoltbatterie über eine Runde .... 80 Abbildung 2.30: Bauraummodell zu „Brennstoffzellen Range Extender“ ...... 82 Abbildung 2.31: Bauraummodell zu „Batterieelektrisches Konzept“ ...... 86 Abbildung 2.32: Methodik zur technischen Bewertung der Antriebskonzepte ...... 88 Abbildung 2.33: Einfluss alternativer Kraftstoffe auf die Rundenzeit ...... 91 Abbildung 3.1: Systemgrenzen für ökologische Betrachtungen nach [154, 155, 156] ...... 95 Abbildungsverzeichnis XIII

Abbildung 3.2: Anteile der Lebenszyklusphasen an den Gesamtemissionen ...... 96 Abbildung 3.3: Einfluss von Batterielebensdauer und Strommix auf die Umweltbilanz eines batterieelektrischen Fahrzeuges nach [154] ...... 97 Abbildung 3.4: Die vier Phasen der Ökobilanz nach DIN 14040 ff. [159, 160] ...... 99 Abbildung 3.5: Vorgehen zur Wirkungsabschätzung nach [159, 160] . 101 Abbildung 3.6: Produktsystem bestehend aus Antrieb und Kraftstoff/Energie ...... 108 Abbildung 3.7: Ganzheitliche ökologische Bewertung der Antriebe .... 111 Abbildung 3.8: Ganzheitliche ökologische Bewertung der Energieträger ...... 113 Abbildung 3.9: Zusammenführung der Antriebs- und Energieträgerbilanz ...... 115 Abbildung 3.10: Materialanteile der Antriebssysteme ...... 116 Abbildung 3.11: Treibhausgaspotential betrachteter Materialen inklusive Prozesse relativ zu Magnesium nach [76, 164, 184] ...... 117 Abbildung 3.12: Treibhausgasemissionen je Antrieb ...... 118 Abbildung 3.13: Wirkungsabschätzung Eutrophierung, Versauerung und Sommersmog in Relation zum batterieelektrischen Konzept ...... 119 Abbildung 3.14: Generischer Aufbau des Prozesses für die Sachbilanz ...... 123 Abbildung 3.15: Treibhausgas-Reduktion nachhaltiger Kraftstoffe unter Berücksichtigung kraftstoffspezifischer Wirkungsgrade ...... 127 Abbildung 3.16: Auswertung der Wirkungskategorien für regenerative Energiequellen in Relation zum deutschen Strommix nach [164] ...... 128 Abbildung 3.17: Ökologische Gesamtbewertung der Antriebskonzepte ...... 131 XIV Abbildungsverzeichnis

Abbildung 3.18: Anteile der Nutzungs- und der Produktionsphase an den Treibhausemissionen bei 20.500 km Laufleistung ...... 132 Abbildung 4.1: Ganzheitliche technische und ökologische Bewertung basierend auf der Rundenzeit und den Treibhausgasemissionen ...... 134 Abbildung 4.2: Methodik zur Berechnung der Eigenschaften diverser Konzepte im Rahmen unterschiedlicher Rennserien ...... 137 Abbildung 4.3: Laufleistung über eine Saison inklusive Rennen, Freiem Training und Qualifying sowie je Antrieb nach [2, 3, 205, 206] ...... 138 Abbildung 4.4: Verbrauch an Energie aus Kraftstoff und Rekuperation je Stint und je Kilometer ...... 139 Abbildung 4.5: Treibhausgasemissionen der Konzepte ICE (HY) mit flüssigem Kraftstoff (1) und BEV (2), Laufleistung eine Saison ...... 140 Abbildung 4.6: Treibhausgasemissionen diverser Konzepte für die FIA Formel 1 (1) und die FIA WRX (2), Laufleistung eine Saison ...... 141 Abbildung 4.7: Treibhausgasemissionen für ICE (HY) mit flüssigem Kraftstoff je Rennserie mit unterschiedlichen Laufleistungen...... 142 Abbildung 4.8: Emissionen für ICE (HY) mit flüssigem (f) und gasförmigem (g) Kraftstoff, BEV und FCEV, Laufleistung eine Saison ...... 142 Abbildung 4.9: Emissionen der Konzepte ICE (HY) mit flüssigem Kraftstoff (1) und BEV (2) mit fossilen und alternativen Energieträgern ...... 143

Tabellenverzeichnis

Tabelle 2.1: Bewertungsskala nach [6] ...... 6 Tabelle 2.2: Beispielhafter paarweiser Vergleich nach [6] ...... 6 Tabelle 2.3: Gewichtungsfaktoren der Kriterien für die Vorauswahl von Antriebskonzepten und Wärmekraftmaschinen ...... 9 Tabelle 2.4: Technische Wertigkeit betrachteter Wärmekraftmaschinen ...... 10 Tabelle 2.5: Technische Wertigkeit betrachteter Antriebskonzepte ...... 10 Tabelle 2.6: Gewichtungsfaktoren der Kriterien für die Vorauswahl von Energieträgern und Kraftstoffen ...... 12 Tabelle 2.7: Technische Wertigkeit [%] der betrachteten Energieträger ...... 13 Tabelle 2.8: Kohlenwasserstoffe und deren molekularer Aufbau nach [7] ...... 14 Tabelle 2.9: Kraftstoffeigenschaften und Anforderungen an die molekulare Struktur für eine vorteilhafte Ausprägung nach [4] ...... 17 Tabelle 2.10: Eigenschaften alternativer Kraftstoffe für ottomotorische Brennverfahren [8, 17, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28] [29, 30] ...... 20 Tabelle 2.11: Eigenschaften alternativer Kraftstoffe für dieselmotorische Brennverfahren [7, 13, 16, 23, 34, 32, 35, 25, 36, 37] [38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 45, 46, 47] ...... 21 Tabelle 2.12: Vorgaben des LMP1-H Reglements der FIA WEC nach [3, 50] ...... 23 Tabelle 2.13: Fiktives Fahrzeugreferenzkonzept für die LMP1-H in der FIA WEC Saison 2018 nach [3, 54] ...... 24 Tabelle 2.14: Auswahl von Elektromotoren für diverse Konzepte ...... 31 XVI Tabellenverzeichnis

Tabelle 2.15: Kenndaten zu Lithium-Ionen-Hochvoltbatterien basierend auf internen Daten und nach [2, 62, 63, 64, 65, 66, 67, 68] ...... 35 Tabelle 2.16: Antriebskonzepte der LMP1-H und der LMP1 Klassen der FIA WEC nach [70, 71, 72, 73, 74, 75, 76] ...... 38 Tabelle 2.17: Konzeptdaten zu „ICE Hybrid, flüssiger Kraftstoff“ ..... 39 Tabelle 2.18: Zunahme der mitgeführten Kraftstoffmasse und des Volumens bei gleichem Energiegehalt im Vergleich zur fossilen Referenz ...... 40 Tabelle 2.19: Motorkonzepte für einen Ottomotor im Methanbetrieb ...... 42 Tabelle 2.20: Auslegung eines 700 bar Methantanks basierend auf Daten zu Wasserstoffspeichern nach [90, 91] ...... 44 Tabelle 2.21: Vergleich Ottomotorischer Konzepte mit Methan und Benzin ...... 46 Tabelle 2.22: Konzeptdaten zu „ICE Hybrid, gasförmiger Kraftstoff“ ...... 47 Tabelle 2.23: Daten zu Prototypen Rennfahrzeugen mit Brennstoffzellenantrieb nach [101, 102, 98, 103] ...... 48 Tabelle 2.24: Niedertemperaturbrennstoffzellen [90, 104, 106, 107, 108] ...... 49 Tabelle 2.25: Mitteltemperaturbrennstoffzellen [90, 104, 106, 107, 108] ...... 50 Tabelle 2.26: Hochtemperaturbrennstoffzellen [90, 104, 106, 107, 108] ...... 50 Tabelle 2.27: Wasserstoffspeicherkonzepte [90, 121, 123, 124, 126, 127] ...... 72 Tabelle 2.28: Unterschiede bei performancerelevanten Einflussfaktoren ...... 74 Tabelle 2.29: Wirkungsgrad der Komponenten nach [76] ...... 76 Tabelle 2.30: Auslegung der Batterie mit Bezug zum Rundenbeginn t0 ...... 80 Tabellenverzeichnis XVII

Tabelle 2.31: Wärmeleistung der elektrischen Komponenten ...... 81 Tabelle 2.32: Konzeptdaten zu „Brennstoffzellen Range Extender“ ...... 81 Tabelle 2.33: Konzeptdaten zu „Batterieelektrisches Konzept“ ...... 85 Tabelle 2.34: Bewertung des Einflusses von alternativen Ottokraftstoffen auf die Rundenzeit ...... 90 Tabelle 2.35: Bewertung des Einflusses von alternativen Dieselkraftstoffen auf die Rundenzeit ...... 90 Tabelle 3.1: Schadstoffe und ihr Gefährdungspotential nach [165, 168] ...... 103 Tabelle 3.2: Untersuchungsrahmen Antriebe ...... 110 Tabelle 3.3: Untersuchungsrahmen Kraftstoff und Strom ...... 112 Tabelle 3.4: Untersuchungsrahmen Gesamtkonzepte ...... 114 Tabelle 3.5: Hot-Spot-Analyse der Antriebs- Wirkungsabschätzung ...... 120 Tabelle 3.6: Qualitative Bewertung ...... 122 Tabelle 3.7: Allgemeingültige Parameter der Sensitivitätsanalyse .. 125 Tabelle 3.8: Energiebezogene Treibhausgasemissionen Well-to- Wheel der analysierten Energieträger im Basis Szenario ...... 126 Tabelle 3.9: Qualitative Bewertung weiterer Wirkungskategorien .. 128

Abkürzungsverzeichnis

ACO Automobile Club de l'Ouest AFC Alkalische Brennstoffzelle

BEV Battery electric vehicle BtL Biomass-to-Liquid

CcH2 Cryo-compressed hydrogen CFK Kohlefaserverstärkte Kunststoffe

CGH2 Compressed gaseous hydrogen CNG Compressed natural gas

DME Dimethylether DMFC Direkt Methanol Brennstoffzelle DTM Deutsche Tourenwagen Masters

ERS Energy recovery system

FAME Fettsäuremethylester FC Fuel cell FCEV Fuel cell electric vehicle FIA Fédération Internationale de l’Automobile FIA Formel 1 FIA World Championship FIA Formel E ABB FIA Formula-E Championship FIA WEC FIA World Endurance Championship FIA WRX FIA World Rallyecross Championship

GaBi Ganzheitliche Bilanzierung GT Gran Turismo GtL Gas-to-Liquid

HERS Heat energy recovery system HT-PEMFC Hochtemperatur Polymerelektrolyt Brennstoffzelle HVO Hydrotreated vegetable oil XX Abkürzungsverzeichnis

HY Hybrid

ICE Internal combustion engine

KERS Kinetic energy recovery system

LH2 Liquid hydrogen Li-Ionen Lithium-Ionen LMGTE Pro Le Mans Grand Touring Endurance Klasse für Werksteams und professionelle Fahrer LMP Le Mans Prototyp LMP1-H Le Mans Prototyp der Klasse 1 mit Hybridsystem LNG Liquid natural gas

MCFC Schmelzkarbonat Brennstoffzelle MEA Membrane electrode assembly MGU Motor generator unit MGU-K Motor generator unit - kinetic MOZ Motor Oktanzahl

OME Oxymethylenether

PAFC Phosphorsaure Brennstoffzelle PEMFC Niedertemperatur Polymerelektrolyt Brennstoffzelle PtG Power-to-Gas PtL Power-to-Liquid

ROZ Researched Oktanzahl SOC State of charge SOFC Festoxid Brennstoffzelle

THG Treibhausgasemissionen TMFB Tailor made fuels from biomass

Symbolverzeichnis

Griechische Buchstaben α Poldeckungsfaktor - ∆ Delta/Differenz - η Wirkungsgrad -

ηA Aktivierungsüberspannung V

ηD Diffusionsüberspannung V

ηW Widerstandsüberspannung V κ Isentropenexponent - λ Luftverhältnis - π Druckverhältnis -

Indizes 0 Standardzustand 1 Zustand 1 2 Zustand 2 ab Abgehend amb Umgebungs- Anf Anforderung aus ausströmend B Benzin/Ottokraftstoff Br Brems- D Dieselkraftstoff ein einströmend el elektrisch EM Elektromotor F Fahrzeug FC Brennstoffzelle

H2 Wasserstoff

H2O Wasser konst konstant XXII Symbolverzeichnis

Kühl Kühlungsbezogen LE Leistungselektronik m gemittelt max maximal mech mechanisch min minimal

N2 Stickstoff nutz genutzt

O2 Sauerstoff Reku Rekuperation rev reversibel Sys System T Turbine V Verdichter vV vor Verdichter Z Zelle

Lateinische Buchstaben A Strombelag A/mm² a Beschleunigung m/s²

ai Aktivität der Substanz i -

Aaktiv Aktive Fläche mm² B Flussdichte T C Ausnutzungsfaktor VAs/mm³

Cfrei Speicherkapazität kWh

CHVB Batteriekapazität kWh

cp Wärmekapazität J/(kg K) D Durchmesser mm E Energie J e Elementarladung C F Kraft N F Faraday-Konstante As/mol G Gibbs'sche Reaktionsenthalpie J Symbolverzeichnis XXIII

Gi Gewichtungsfaktor für Kriterium i - H Enthalpie J

HG Gemischheizwert MJ/kg

HU Unterer Heizwert MJ/kg I Strom A i Stromdichte A/mm²

Ki Kriterium i - l Länge mm

LSt Stöchiometrischer Luftbedarf - m Masse kg M Moment Nm M Molare Masse g/mol ሶ Massenstrom kg/s n Drehzahl, Anzahl 1/min, - ሶ Stoffmengenstrom mol/s

NA Avogadro-Konstante 1/mol

ni Anzahl von i - P Leistung kW p Druck bar Q Wärme J ሶ Wärmestrom J/s R universelle Gaskonstante J/(mol K) s Strecke m S Entropie J/K SOC State of Charge % t Zeit s T Temperatur K TW Technische Wertigkeit - U Spannung V

UH Heizwertspannung V

UN Nernst-Spannung/Leerlaufspannung V v Geschwindigkeit m/s W Arbeit J z Anzahl Elektronen - Zusammenfassung

Der Klimawandel und die ihm zugeschriebenen Folgen, insbesondere in Form von Naturkatastrophen und extremen Wetterbedingungen, sind aktuell eine der größten Bedrohungen der Menschheit. Die Hauptursache wird in den anth- ropogenen Treibhausgasemissionen gesehen, an denen der Verkehrssektor ei- nen relevanten Anteil trägt. Infolgedessen bedingen gesetzliche Vorschriften sowie die Gesellschaft, dass die Entwicklungstätigkeiten der Automobilin- dustrie nach einer nachhaltigen Mobilität streben. Der Motorsport als Vorrei- ter und Plattform zur Technologieentwicklung ist derzeit geprägt von verbren- nungsmotorischen Fahrzeugen mit fossilen Kraftstoffen. Die Einführung von Hybridsystemen, die Implementierung einer batterieelektrischen Rennserie sowie die Diskussion über Rennfahrzeuge mit Brennstoffzellen zeigen bereits eine zunehmende Ausrichtung des Motorsports auf alternative Antriebskon- zepte, jedoch ohne Fokus auf die ganzheitliche Nachhaltigkeit.

In der vorliegenden Arbeit wird daher die lebenszyklusbezogene Nachhaltig- keit des Motorsports und insbesondere der Antriebstechnik untersucht. Dabei wird das Reglement der Le Mans Prototypen Klasse mit Hybridsystem der FIA World Endurance Championship zugrunde gelegt. In einer Vorauswahl wird die Vielfalt an Antriebskonzepten und Energieträgern auf deren Eignung für einen nachhaltigen Motorsport geprüft. Im Anschluss werden geeignete Tech- nologien technischen und umwelttechnischen Analysen unterzogen. Hierzu gehören verbrennungsmotorische Hybridkonzepte mit flüssigen und gasförmi- gen Kraftstoffen, der batterieelektrische Antrieb und das Brennstoffzellen Konzept. Die technische Untersuchung beinhaltet die Konzeptauslegung unter Berücksichtigung zukünftiger Potentiale mit anschließendem Vergleich der Rundenzeitperformance. Die ökologische Bewertung erfolgt mit einer ganz- heitlichen, lebenszyklusorientierten Umweltbilanzierung, die sowohl die Treibhausgasemissionen als auch weitere ökologische und soziale Auswirkun- gen berücksichtigt. Ein Übertrag der ökologischen Analysen auf weitere Renn- serien stützt die Definition von Nachhaltigkeitskriterien zur Integration in ein Reglement, die sich vor allem auf die Laufleistung, die genutzten Materialien, nachhaltige Energieträger und die Effizienz beziehen. Diese erstmalig durch- geführte ganzheitliche Bewertung zeigt das Potential der nachhaltigkeitsorien- tierten Technologieentwicklung im Motorsport. Abstract

Climate change and its consequences, as natural disasters and extreme weather conditions, are currently one of the major challenges humanity has to face. Anthropogenic greenhouse gas emissions, also caused by the transport sector, are seen as the major reason. Thus, legal regulations and the public opinion result in the fact that the technical development of the automotive industry is aiming for sustainable mobility. Motorsport as pioneer and platform for the development of technologies is characterised by combustion-engined vehicles using fossil fuels. The introduction of hybrid systems, the implementation of a battery electric racing series and the discussions about race cars powered by fuel cells already indicate an increasing focus on alternative drive concepts. However, the focus on global sustainability is missing.

Hence, the present work investigates sustainability within motorsports from a life cycle perspective and in particular regarding drive technology. The analy- sis take the regulations of the Le Mans Prototype class with hybrid system of the FIA World Endurance Championship as basis. With the aid of a preselec- tion the bandwidth of drive concepts and energy carrier are examined with regard to the applicability within sustainable motorsports. Subsequently ap- propriate technologies are environmentally and technologically assessed. This includes hybrid powertrains with internal combustion engines powered by liq- uid or gaseous fuels, battery electric drive concepts and the fuel cell. The tech- nical investigation implies the conceptual design under the consideration of future development potentials followed by a comparison of lap time perfor- mance. The ecological evaluation is based on global life cycle assessment and rates the greenhouse gas emissions as well as further environmental and social impacts. The transfer of the ecological assessments to further racing series supports the definition of sustainability criteria that should be integrated in the regulations. The criteria focuses on mileage, materials, sustainable energy car- riers as well as efficiency. This first global assessment indicates the potential of sustainability-oriented development of technologies within motorsports.

1 Einleitung

Der Klimawandel stellt aktuell eine der größten Herausforderungen für die Menschheit dar. Der anthropogene Anteil an dieser Entwicklung ist geprägt durch die steigenden Emissionen von Treibhausgasen und erfordert ein Um- denken im Mobilitätssektor, der mit 14% einen maßgeblichen Anteil an den weltweiten Treibhausgasemissionen hält [1]. Die steigende Bedeutung eines nachhaltigen Individualverkehrs führte in den letzten Jahren weltweit zu um- fangreichen und stetig strenger werdenden gesetzlichen Vorschriften, die den Ausstoß sowohl von Treibhausgasen in Form von Kohlenstoffdioxid als auch von diversen Schadstoffen limitieren. Dabei liegt der Fokus der heutigen Ge- setzgebung auf den Emissionen eines Fahrzeuges während der Nutzung. Es wird somit ein „Tank-to-Wheel“-Ansatz verfolgt. Dies resultiert in einer un- gleichen Debatte, die lokal emissionsfreie Fahrzeuge bevorteilt und eine Ver- schiebung von Emissionen auf vor- und nachgelagerte Prozesse bedingt. Für die Betrachtung eines globalen Problems wie dem Klimawandel sind daher ganzheitlich Analysen des Lebenszyklus essentiell, um effektive Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen zu definieren und eine Techni- koffenheit zu garantieren.

Motivation und Zielsetzung

Der Motorsport in seiner Vorreiterrolle ist eine Plattform für die Entwicklung und Erprobung von Technologien für den Automobilsektor. Diese Rolle als Pionier und die spezifischen Rahmenbedingungen ermöglichen die von politi- schen Vorgaben losgelöste ökologische und technische Untersuchung von An- triebskonzepten basierend auf einem ganzheitlichen Ansatz. Heutzutage wird der Motorsport von konventionellen Antriebskonzepten dominiert. Vorwie- gend kommen Ottomotoren zum Einsatz, die mit fossilem Kraftstoff betrieben werden. Die Umstellung der Regularien in der FIA Formula One World Cham- pionship (FIA Formel 1) und der Le Mans Prototypen Klasse der FIA World Endurance Championship (FIA WEC) im Jahr 2014 auf einen Effizienz-Fokus sowie auf Hybridkonzepte zur Rückgewinnung der Bremsenergie war ein ers- ter Schritt hin zu einem nachhaltigeren Motorsport [2, 3]. Des Weiteren zeich- nen sich diese beiden hochklassigen Rennserien durch den Einsatz von Kraft- stoffen mit biogenem Anteil aus [4]. Auch alternative Antriebskonzepte wie Gasmotoren, rein batterieelektrische Konzepte und Brennstoffzellen treten im

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 L. Schwarz, Methodische Untersuchung und ganzheitliche Potentialbewertung zukünftiger Antriebssysteme zur CO2-Neutralität im Rennsport, Wissenschaftliche Reihe Fahrzeugtechnik Universität Stuttgart, https://doi.org/10.1007/978-3-658-28085-7_1 2 1 Einleitung

Motorsport zunehmend in Erscheinung wie beispielsweise in der ABB FIA Formula-E Championship (FIA Formel E) oder wie das Konzeptfahrzeug Green GT H2. Die ganzheitliche Betrachtung der Nachhaltigkeit diverser An- triebskonzepte für den Motorsport wurde allerdings bisher nicht berücksich- tigt. Daher wird diese Thematik im Folgenden mithilfe der ganzheitlichen Um- weltbilanzierung, Rundenzeitanalysen diverser Gesamtkonzepte und einer methodischen Auswahl unter Berücksichtigung der technischen und der öko- logischen Dimension erarbeitet. Ziel der Untersuchung ist es, ein ganzheitlich nachhaltiges und performantes Antriebskonzept inklusive eines entsprechen- den nachhaltigen Energieträgers für den Langstreckenrennsport der Zukunft zu identifizieren.

Motorsportspezifische Randbedingungen

Der Motorsport unterliegt spezifischen Randbedingungen, die sich signifikant von den Randbedingungen der Serienfahrzeuge unterscheiden. Dies spiegelt sich nicht nur im Entwicklungsprozess, sondern auch in den Technologien wieder. Dabei werden motorsport- und rennserienspezifische Rahmenbedin- gungen unterschieden. An Antriebskonzepte im Motorsport werden hohe An- forderungen hinsichtlich des Leistungsgewichtes, der Beanspruchbarkeit und des dynamischen Verhaltens gestellt. Im Gegensatz dazu fällt die Laufleistung deutlich geringer aus als bei Serienanwendungen, was sich in den Anforderun- gen an die Dauerhaltbarkeit zeigt. Die Laufleistung eines Antriebes im Motor- sport liegt deutlich unter 10.000 km, wohingegen bei Serienfahrzeugen von mindestens 200.000 km ausgegangen wird. Aufgrund der hohen Bedeutung der Aerodynamik werden zudem hohe Anforderungen an das Packaging ge- stellt. Durch die geringen Stückzahlen und den reduzierten Kostendruck erge- ben sich in der Motorsportentwicklung Freiheitsgrade hinsichtlich der Ferti- gungsverfahren und der Materialien.

Im Vergleich zu den gesetzlichen Vorschriften einer Serienanwendung unter- liegen die Entwicklungen im Motorsport einem technischen Reglement, das den Rahmen der jeweiligen Rennserie vorgibt und somit rennserienspezifische Unterschiede bedingt. Es wird grundlegend zwischen Langstreckenrennserien, wie die FIA WEC, und Rennserien basierend auf Sprintrennen, beispielweise die FIA Formel 1 oder die Deutsche Tourenwagen Masters (DTM), unter- schieden. Langstreckenrennen erfordern eine Betankung der Fahrzeuge wäh- rend des Rennens. Zudem werden durch die Rennserie oder eine Klassifizie- rung innerhalb einer Rennserie das Fahrzeugkonzept sowie die technischen 1 Einleitung 3

Eigenschaften der Fahrzeuge definiert. Mögliche Konzepte sind beispiels- weise Formelfahrzeuge, Prototypen, Hypercars, Tourenwagen oder Rallye- Fahrzeuge. Die zu fahrenden Rennstrecken bestimmen darüber hinaus die Streckengegebenheiten und Fahrzyklen sowie zu berücksichtigende Tempera- turbereiche und Luftdrücke. Auch diese äußeren Einflüsse unterscheiden sich, vor allem in der Bandbreite, von den Rahmenbedingungen, die bei der Ent- wicklung eines Serienfahrzeuges berücksichtigt werden.

Für die folgenden Betrachtungen wird das Reglement der Le Mans Prototypen mit Hybrid (LMP1-H) im Rahmen der FIA WEC zugrunde gelegt [3]. Das vor allem im Antriebsbereich sehr offene Reglement fördert die Entwicklung und den Einsatz neuer Technologien. Darüber hinaus stellt die Langstreckenrenn- serie FIA WEC mit dem 24 Stunden Rennen von Le Mans sehr hohe Anfor- derungen an die Fahrzeuge und die Antriebskonzepte. Zum einen aufgrund der extremen Renndistanz ( > 5.000 km) bei sehr hohen Geschwindigkeiten von durchschnittlich 250 km/h und Volllastanteilen von über 80 % und zum ande- ren aufgrund der hohen Systemleistungen von bis zu 700 kW bei einem Min- destgewicht von lediglich 875 kg [3].

Die Auswirkungen der veränderten Randbedingungen des Motorsports im Vergleich zur Serienanwendung zeigen sich in der Konzipierung und Ausle- gung der Antriebskonzepte, aber auch in deren ökologischen Betrachtung. Im Rahmen dieser Arbeit werden daher der Einsatz diverser Fahrzeugkonzepte und deren ökobilanzielle Betrachtung für den spezifischen Anwendungsfall des Motorsports untersucht.

Struktur der Arbeit

Die Arbeit untergliedert sich in die technische Betrachtung, die ökologische Betrachtung und die ganzheitliche Bewertung von Antriebskonzepten für den Langstreckenrennsport. Die Unterkapitel unterscheiden die übergeordneten Aspekte Energieträger, Antrieb und Gesamtkonzept.

Kapitel 2 beinhaltet die technischen Grundlagen sowie den Stand der Technik und der Forschung bezüglich nachhaltiger Energieträger und der betrachteten Antriebskonzepte. Nach einer methodischen Vorauswahl werden die selektier- ten Energieträger charakterisiert sowie die ausgewählten Antriebskonzepte für einen Einsatz im Langstreckenrennsport konzeptioniert und ausgelegt. Hierzu gehören verbrennungsmotorische Hybridkonzepte, die mit flüssigen oder gas-