Juli-September Schlesischer Kulturspiegel Śląski Prezegląd Kulturalny
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53. Jahrgang 2018 l Würzburg l 3/18 Juli-September Schlesischer Kulturspiegel Śląski Prezegląd Kulturalny . Slezské Kulturní Zrcadlo Herausgegeben von der Stiftung Kulturwerk Schlesien 18 Informationen über das schlesische Kulturleben – Ausstellungen, Tagungen, Publikationen,3 Wissenswertes Das Bergwerk Laurahütte bei Siemianowitz (fälschlich bezeichnet als „Die Königshütte in Schlesien“), 1842, kol. Stahlstich nach Zeichnung von C. Reiss, 10,3 x 14,8 cm. © Stiftung Kultur- werk Schlesien, Veduten Gleiwitz 003. VON DER STIFTUNG KULTURWERK SCHLESIEN Die Kulturgeschichte des industriellen Zeitalters im Blick Industriekultur und schlesische Unternehmen vor und nach 1945 standen im Mittelpunkt der Jahrestagung. Der Wirtschaftsgeschichte galt die Jahrestagung der Problemen wie das Ruhrgebiet früher stand. Dass Ober- Stiftung Kulturwerk Schlesien vom 1. bis 3. Juni 2018 schlesien kulturell bedeutende Industriebauten aufweist, im Exerzitienhaus „Himmelspforten“ in Würzburg. Dabei verdeutlicht die Aufnahme der alten Bergwerksstadt Tar- ging es um „Industriekultur in Schlesien und schlesische nowitz in die Liste des UNESCO-Welterbes. Unternehmen vor und nach 1945“. Der Begriff Indus- Industrielle Frühformen fanden sich jedoch zunächst triekultur steht für die Beschäftigung mit der gesamt- in den niederschlesischen Gebirgsgegenden, wie Prof. en Kulturgeschichte des industriellen Zeitalters, das in Dr. Arno Herzig (Hamburg) in seinem Vortrag „Von der Deutschland um 1850 einsetzte. Industriekultur umfasst Protoindustrie zum industriellen Zeitalter in Schlesien“ dabei die Entwicklung des geographischen Raumes zur darlegte. Typisch dafür waren die häusliche Weberei industriellen Kulturlandschaft, die Geschichte der Tech- und der Vertrieb durch die Hirschberger Schleierherren nik, die Sozialgeschichte der Arbeit, die Geschichte der in der zweiten Hälfte des 17. und ersten Hälfte des 18. industriellen Artefakte und deren Gestaltung, die Archi- Jahrhunderts. Mit dem maschinellen Webstuhl und da- tekturgeschichte der Produktionsstätten sowie der Un- mit dem Start in das Maschinenzeitalter kam es dann ternehmer- und Arbeiterwohnungen und anderes mehr. zum Weberelend, zum Pauperismus, der in der sozialen Kunstwerke der Industriekultur finden sich besonders in Frage mündete. In Niederschlesien kulminierten die sozi- der Industriemalerei und in der Industriefotografie. Zu alen Konflikte schließlich im Weberaufstand von 1844. den Schwerpunkten der Industrialisierung im Deutschen Zur Beschäftigung der notleidenden Weber des Riesen- Reich gehörte Oberschlesien, wo sich mit dem Zentrum gebirges wurde 1839 durch die Königliche Seehandlungs- in Kattowitz das oberschlesische Industriegebiet he- Societät in Zillerthal-Erdmannsdorf eine dampfbetrie- rausbildete, das nach der Wende in Polen vor ähnlichen bene Flachsgarnspinnerei gegründet, eine der frühesten Schlesischer Kulturspiegel 53, 2018 33 das Leben ist ständige Veränderung. Da wird ein neu- die großen christlichen Feste mit ihren Feiertagen: LIEBE er Verein für ein oberschlesisches Dorf gegründet, Ostern, Pfingsten, Weihnachten. Und Weihnachten LESER, „Schönwalds Erben e.V.“, da führen die Freunde und wird bald sein, in etwa drei Monaten, die zum Fest hin Förderer der Stiftung Kulturwerk Schlesien e.V. erst- immer schneller vergehen. Deshalb bieten wir Ihnen, mals eine Schlesienexkursion durch, da begeht das unseren Lesern, bereits jetzt unsere schon traditio- Institut für Kirchen- und Kulturgeschichte sein 60-jäh- nellen Weihnachtsgrußkarten an, neue und alte Mo- riges Bestehen, da ist das Ende der Töpferei Seiler zu tive. Bitte machen Sie von unserem Angebot regen vermelden. Eine Kulturreferentin für Schlesien geht, Gebrauch. eine neue kommt. Tagungen werden abgehalten, Aus- Für Weihnachtswünsche ist es in dieser Ausgabe stellungen aufgebaut, eröffnet und wieder aufgelöst. jedoch noch zu früh. Vor dem Fest wird noch die vierte Über all dies und vieles mehr berichten wir in dieser Nummer des „Schlesischen Kulturspiegels“ erschei- Ausgabe des „Schlesischen Kulturspiegels“. nen. Sicherlich auch Alltag, Routine, doch hoffentlich Die heißen Tage des Sommers sind vorbei, die an- eine angenehme für Sie mit neuen Mitteilungen und genehmeren Temperaturen des Herbstes bestimmen wissenswerten Informationen. das Wetter, und der kalte Winter wird kommen, ge- nauso wie der laue Frühling. Auch hier ständige Verän- Wir wünschen eine gute Zeit und eine interessante derungen im Laufe des Jahres, ein bekannter Rhyth- Lektüre mus, der sich zwar jährlich wiederholt, aber doch den Jahresablauf strukturiert. Struktur geben auch Anja Weismantel und Ulrich Schmilewski Fortsetzung von Seite 1 Spinnereien auf dem europäischen Kontinent und das Koppitz der Grafen Schaffgotsch erahnen läßt. Die ehe- älteste Industriedenkmal Niederschlesiens. Mit der Ge- maligen Arbeitersiedlungen wie Nikischschacht und Gie- schichte des Unternehmens, das 1872 in eine Aktienge- schewald sind heute wieder angesagte Wohnadressen. sellschaft umgewandelt wurde, und des Fabrikgebäudes In einem anregenden Vortrag stellte Dr. Jerzy Gorze- machte Christopher Schmidt-Münzberg (Bad Warm- lik (Kattowitz) „Industriemotive in den bildenden Künsten brunn, Bremen) bekannt. 1882 erhielt die Fabrik Eisen- Schlesiens“ vor. Oberschlesien wurde dabei auf Industrie bahnanschluss, 1896 wurde die mechanische Weberei und somit auf die Moderne festgelegt, Niederschlesien auf 519 Webstühle vergrößert, 1909 eine neue Arbei- eher landwirtschaftlich verortet. Der Referent arbeitete terkolonie errichtet. Die Leinenfabrik war bis 2007 in Be- verschiedene Darstellungsweisen heraus: die oberschle- trieb, die Gebäude wurden dann an einen Privatinvestor sische Industrielandschaft zwischen Idyll und Katastro- verkauft, der trotz Denkmalschutz die frühesten Teile der phe, der Industriearbeiter als demütiger Held oder edler Fabrik von 1840 abriss. Heute steht als trauriger Rest Rebell, die Maschine als Wunder oder Verdammnis. Sol- nur noch eine Fassadenwand. chermaßen wurden Industrie und Industriearbeit politi- siert und im Kampf um Oberschlesien nach dem Ersten Rasante Veränderungen Weltkrieg genutzt. Dr. Gerhard Schiller (Oppeln) referierte über „Die Ent- Das Thema „Industriekultur“ wurde mit einem Be- wicklung des industriellen Raumes in Oberschlesien“. such des Industriedenkmals Bürgerbräu-Areal in Würz- Ausgehend von den geologischen Gegebenheiten ver- burg abgeschlossen. Es diente als Beispiel dafür, wie man deutlichte er die rasanten Veränderungen durch den Fabrikareale und -gebäude umgestalten und einer heu- Abbau von Bodenschätzen, den Bau von Fabrikanlagen tigen Nutzung zuführen kann. und die Entstehung von Wohnsiedlungen und ganzen Den zweiten Teil der Tagung über schlesische Unter- Städten. Hinzu kamen Strukturmaßnahmen wie der Bau nehmen vor und nach 1945 eröffnete Prof. Dr. Christian von Straßen, die Anlage eines Schienennetzes und von Andree (Kiel) mit einem Vortrag über die Verlage Wil- Wasserwegen. So war zeitweise der Binnenhafen von helm Gottlieb Korn, Flemming, Frommann, Ferdinand Cosel an der Mündung des Klodnitz-Kanals in die Oder Hirt sowie Trewendt & Garnier. Hier zeigt sich in unter- der zweitgrößte nach Duisburg. All dies veränderte die schiedlichem Ausmaß die Entwicklung von einem kleinen Landschaft völlig und wirkte sich auf das Lebensumfeld Verlagsunternehmen zum Großverlag mit maschineller der Menschen aus, prägte aber auch deren Selbstver- Druckerei für verschiedene Druckverfahren, Buchbinde- ständnis als Angehörige eines Industriereviers. rei, Lagerhaltung und Vertrieb in fabrikähnlichen Gebäu- Bei der Industriearchitektur legte Dr. Irma Kozina den. Diese bedeutenden schlesischen Verlage wurden (Kattowitz) den Schwerpunkt auf Fabriken, Arbeitersied- nach 1945 unter schwierigen Bedingungen fortgeführt, lungen und Unternehmerresidenzen. Bei Fabriken, die erlangten jedoch nicht mehr ihre frühere Bedeutung und bis 1920 im Backsteinbau errichtet wurden, stand die konnten sich am Markt nur eingeschränkt durchsetzen. Funktionalität im Vordergrund. Auf ein repräsentatives Der Verbindung von wirtschaftlichen Unternehmen Äußeres wurde dagegen bei den Fabrikantenvillen und und der Herrnhuter Gemeine in Neusalz an der Oder erst recht bei den Schlössern der Industriemagnaten ging Susanne Kokel M. A. (Marburg, Siegen) am Beispiel Wert gelegt, wie beispielsweise noch heute das Schloss der Firmen Gruschwitz Textilwerke sowie des Handels-, 34 Schlesischer Kulturspiegel 53, 2018 Speditions- und Bankhauses Meyerotto & Co. nach. Die Gemeine konnte in die privaten Unternehmen ihrer Mit- glieder investieren, was jedoch auch zu einer Risikobe- teiligung führte. Die Gruschwitzwerke wurden nach dem Krieg im Westen zunächst in Neu-Ulm, heute in Leut- kirch, weitergeführt sowie polnischerseits vor Ort unter dem Namen „Odra“ bis 1994. Einen Überblick über die Geschichte des Bürgerlichen Brauhauses Breslau mit einem Ausstoß von 48.000 Hektoliter Bier im Jahre 1943 gab Hans-Joachim Kem- pe (Baden-Baden). Für die Brauerei, die 1938 auch die Schlossbrauerei Tost erworben hatte, bedeutete das Kriegsende das Ende der Produktion, die Brauereianla- gen werden heute für kulturelle Veranstaltungen genutzt. In Greiffenberg in Schlesien hatte der Leinenhandel 1927 erwarb das Unternehmen einen Betrieb in Balduin- Gelände und Ge- Tradition; 1555 wird mit Mathias Rother der erste Händ- stein an der Lahn, von wo aus man nach dem Kriegsende bäude der einstigen ler genannt, wie Dr. Jarosław Bogacki (Oppeln) berichte- den Betrieb weiterführte. Das inzwischen in fünfter Ge- Ferdinand-Zeche