53. Jahrgang 2018 l Würzburg l 3/18 Juli-September Schlesischer Kulturspiegel Śląski Prezegląd Kulturalny . Slezské Kulturní Zrcadlo Herausgegeben von der Stiftung Kulturwerk Schlesien 18 Informationen über das schlesische Kulturleben – Ausstellungen, Tagungen, Publikationen,3 Wissenswertes

Das Bergwerk ­Laurahütte bei ­Siemianowitz (fälschlich ­bezeichnet als „Die Königshütte in Schlesien“), 1842, kol. Stahlstich nach Zeichnung von C. Reiss, 10,3 x 14,8 cm. © Stiftung Kultur- werk Schlesien, Veduten Gleiwitz 003.

VON DER STIFTUNG KULTURWERK SCHLESIEN Die Kulturgeschichte des industriellen Zeitalters im Blick

Industriekultur und schlesische Unternehmen vor und nach 1945 standen im Mittelpunkt der Jahrestagung.

Der Wirtschaftsgeschichte galt die Jahrestagung der Problemen wie das Ruhrgebiet früher stand. Dass Ober- Stiftung Kulturwerk Schlesien vom 1. bis 3. Juni 2018 schlesien kulturell bedeutende Industriebauten aufweist, im Exerzitienhaus „Himmelspforten“ in Würzburg. Dabei verdeutlicht die Aufnahme der alten Bergwerksstadt Tar- ging es um „Industriekultur in Schlesien und schlesische nowitz in die Liste des UNESCO-Welterbes. Unternehmen vor und nach 1945“. Der Begriff Indus- Industrielle Frühformen fanden sich jedoch zunächst triekultur steht für die Beschäftigung mit der gesamt- in den niederschlesischen Gebirgsgegenden, wie Prof. en Kulturgeschichte des industriellen Zeitalters, das in Dr. Arno Herzig (Hamburg) in seinem Vortrag „Von der Deutschland um 1850 einsetzte. Industriekultur umfasst Protoindustrie zum industriellen Zeitalter in Schlesien“ dabei die Entwicklung des geographischen Raumes zur darlegte. Typisch dafür waren die häusliche Weberei industriellen Kulturlandschaft, die Geschichte der Tech- und der Vertrieb durch die Hirschberger Schleierherren nik, die Sozialgeschichte der Arbeit, die Geschichte der in der zweiten Hälfte des 17. und ersten Hälfte des 18. industriellen Artefakte und deren Gestaltung, die Archi- Jahrhunderts. Mit dem maschinellen Webstuhl und da- tekturgeschichte der Produktionsstätten sowie der Un- mit dem Start in das Maschinenzeitalter kam es dann ternehmer- und Arbeiterwohnungen und anderes mehr. zum Weberelend, zum Pauperismus, der in der sozialen Kunstwerke der Industriekultur finden sich besonders in Frage mündete. In Niederschlesien kulminierten die sozi- der Industriemalerei und in der Industriefotografie. Zu alen Konflikte schließlich im Weberaufstand von 1844. den Schwerpunkten der Industrialisierung im Deutschen Zur Beschäftigung der notleidenden Weber des Riesen- Reich gehörte Oberschlesien, wo sich mit dem Zentrum gebirges wurde 1839 durch die Königliche Seehandlungs- in Kattowitz das oberschlesische Industriegebiet he- Societät in Zillerthal-Erdmannsdorf eine dampfbetrie- rausbildete, das nach der Wende in Polen vor ähnlichen bene Flachsgarnspinnerei gegründet, eine der frühesten

Schlesischer Kulturspiegel 53, 2018 33 das Leben ist ständige Veränderung. Da wird ein neu- die großen christlichen Feste mit ihren Feiertagen: LIEBE er Verein für ein oberschlesisches Dorf gegründet, ­Ostern, Pfingsten, Weihnachten. Und Weihnachten LESER, „Schönwalds Erben e.V.“, da führen die Freunde und wird bald sein, in etwa drei Monaten, die zum Fest hin Förderer der Stiftung Kulturwerk Schlesien e.V. erst- immer schneller vergehen. Deshalb bieten wir Ihnen, mals eine Schlesienexkursion durch, da begeht das unseren Lesern, bereits jetzt unsere schon traditio- Institut für Kirchen- und Kulturgeschichte sein 60-jäh- nellen Weihnachtsgrußkarten an, neue und alte Mo- riges Bestehen, da ist das Ende der Töpferei Seiler zu tive. Bitte machen Sie von unserem Angebot regen vermelden. Eine Kulturreferentin für Schlesien geht, Gebrauch. eine neue kommt. Tagungen werden abgehalten, Aus- Für Weihnachtswünsche ist es in dieser Ausgabe stellungen aufgebaut, eröffnet und wieder aufgelöst. jedoch noch zu früh. Vor dem Fest wird noch die vierte Über all dies und vieles mehr berichten wir in dieser Nummer des „Schlesischen Kulturspiegels“ erschei- Ausgabe des „Schlesischen Kulturspiegels“. nen. Sicherlich auch Alltag, Routine, doch hoffentlich Die heißen Tage des Sommers sind vorbei, die an- eine angenehme für Sie mit neuen Mitteilungen und genehmeren Temperaturen des Herbstes bestimmen wissenswerten Informationen. das Wetter, und der kalte Winter wird kommen, ge- nauso wie der laue Frühling. Auch hier ständige Verän- Wir wünschen eine gute Zeit und eine interessante derungen im Laufe des Jahres, ein bekannter Rhyth- Lektüre mus, der sich zwar jährlich wiederholt, aber doch den Jahresablauf strukturiert. Struktur geben auch Anja Weismantel und Ulrich Schmilewski

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Spinnereien auf dem europäischen Kontinent und das Koppitz der Grafen Schaffgotsch erahnen läßt. Die ehe- älteste Industriedenkmal Niederschlesiens. Mit der Ge- maligen Arbeitersiedlungen wie Nikischschacht und Gie- schichte des Unternehmens, das 1872 in eine Aktienge- schewald sind heute wieder angesagte Wohnadressen. sellschaft umgewandelt wurde, und des Fabrikgebäudes In einem anregenden Vortrag stellte Dr. Jerzy Gorze- machte Christopher Schmidt-Münzberg (Bad Warm- lik (Kattowitz) „Industriemotive in den bildenden Künsten brunn, Bremen) bekannt. 1882 erhielt die Fabrik Eisen- Schlesiens“ vor. Oberschlesien wurde dabei auf Industrie bahnanschluss, 1896 wurde die mechanische Weberei und somit auf die Moderne festgelegt, Niederschlesien auf 519 Webstühle vergrößert, 1909 eine neue Arbei- eher landwirtschaftlich verortet. Der Referent arbeitete terkolonie errichtet. Die Leinenfabrik war bis 2007 in Be- verschiedene Darstellungsweisen heraus: die oberschle- trieb, die Gebäude wurden dann an einen Privatinvestor sische Industrielandschaft zwischen Idyll und Katastro- verkauft, der trotz Denkmalschutz die frühesten Teile der phe, der Industriearbeiter als demütiger Held oder edler Fabrik von 1840 abriss. Heute steht als trauriger Rest Rebell, die Maschine als Wunder oder Verdammnis. Sol- nur noch eine Fassadenwand. chermaßen wurden Industrie und Industriearbeit politi- siert und im Kampf um Oberschlesien nach dem Ersten Rasante Veränderungen Weltkrieg genutzt. Dr. Gerhard Schiller (Oppeln) referierte über „Die Ent- Das Thema „Industriekultur“ wurde mit einem Be- wicklung des industriellen Raumes in Oberschlesien“. such des Industriedenkmals Bürgerbräu-Areal in Würz- Ausgehend von den geologischen Gegebenheiten ver- burg abgeschlossen. Es diente als Beispiel dafür, wie man deutlichte er die rasanten Veränderungen durch den Fabrikareale und -gebäude umgestalten und einer heu- Abbau von Bodenschätzen, den Bau von Fabrikanlagen tigen Nutzung zuführen kann. und die Entstehung von Wohnsiedlungen und ganzen Den zweiten Teil der Tagung über schlesische Unter- Städten. Hinzu kamen Strukturmaßnahmen wie der Bau nehmen vor und nach 1945 eröffnete Prof. Dr. Christian von Straßen, die Anlage eines Schienennetzes und von Andree (Kiel) mit einem Vortrag über die Verlage Wil- Wasserwegen. So war zeitweise der Binnenhafen von helm Gottlieb Korn, Flemming, Frommann, Ferdinand Cosel an der Mündung des Klodnitz-Kanals in die Oder Hirt sowie Trewendt & Garnier. Hier zeigt sich in unter- der zweitgrößte nach Duisburg. All dies veränderte die schiedlichem Ausmaß die Entwicklung von einem kleinen Landschaft völlig und wirkte sich auf das Lebensumfeld Verlagsunternehmen zum Großverlag mit maschineller der Menschen aus, prägte aber auch deren Selbstver- Druckerei für verschiedene Druckverfahren, Buchbinde- ständnis als Angehörige eines Industriereviers. rei, Lagerhaltung und Vertrieb in fabrikähnlichen Gebäu- Bei der Industriearchitektur legte Dr. Irma Kozina den. Diese bedeutenden schlesischen Verlage wurden (Kattowitz) den Schwerpunkt auf Fabriken, Arbeitersied- nach 1945 unter schwierigen Bedingungen fortgeführt, lungen und Unternehmerresidenzen. Bei Fabriken, die erlangten jedoch nicht mehr ihre frühere Bedeutung und bis 1920 im Backsteinbau errichtet wurden, stand die konnten sich am Markt nur eingeschränkt durchsetzen. Funktionalität im Vordergrund. Auf ein repräsentatives Der Verbindung von wirtschaftlichen Unternehmen Äußeres wurde dagegen bei den Fabrikantenvillen und und der Herrnhuter Gemeine in Neusalz an der Oder erst recht bei den Schlössern der Industriemagnaten ging Susanne Kokel M. A. (Marburg, Siegen) am Beispiel Wert gelegt, wie beispielsweise noch heute das Schloss der Firmen Gruschwitz Textilwerke sowie des Handels-,

34 Schlesischer Kulturspiegel 53, 2018 Speditions- und Bankhauses Meyerotto & Co. nach. Die Gemeine konnte in die privaten Unternehmen ihrer Mit- glieder investieren, was jedoch auch zu einer Risikobe- teiligung führte. Die Gruschwitzwerke wurden nach dem Krieg im Westen zunächst in Neu-Ulm, heute in Leut- kirch, weitergeführt sowie polnischerseits vor Ort unter dem Namen „Odra“ bis 1994. Einen Überblick über die Geschichte des Bürgerlichen Brauhauses Breslau mit einem Ausstoß von 48.000 Hektoliter Bier im Jahre 1943 gab Hans-Joachim Kem- pe (Baden-Baden). Für die Brauerei, die 1938 auch die Schlossbrauerei Tost erworben hatte, bedeutete das Kriegsende das Ende der Produktion, die Brauereianla- gen werden heute für kulturelle Veranstaltungen genutzt. In Greiffenberg in Schlesien hatte der Leinenhandel 1927 erwarb das Unternehmen einen Betrieb in Balduin­ Gelände und Ge- Tradition; 1555 wird mit Mathias Rother der erste Händ- stein an der Lahn, von wo aus man nach dem Kriegsende bäude der einstigen ler genannt, wie Dr. Jarosław Bogacki (Oppeln) berichte- den Betrieb weiterführte. Das inzwischen in fünfter Ge- Ferdinand-Zeche beherbergen heute te. 1802 gründete Johann Gottfried Ihle eine Textilfabrik, neration betriebene Unternehmen hat sich auf Grabdenk- das Schlesische die Schlesische Blaudruckerei AG, die sich ab etwa 1928 malskunst spezialisiert; so stammt etwa die Platte des Museum zu auf die Herstellung von Berufskleidung und Haushalts- Eichendorff-Grabes in Neisse von der Firma Thust. Die ­Kattowitz. © Ulrich Schmilewski 2016. schürzen spezialisierte. 1933 folgte die Umbenennung Geschichte des Unternehmens stellte in Wort und Bild in Greiff-Werke AG, die Produktionspalette wurde um Seniorchef Wolfgang Thust (Balduinstein) vor. Sportkleidung erweitert. Das Werk expandierte und Im Rahmen der Tagung trat das Kuratorium der Stif- gründete Niederlassungen in Lauban, Hirschberg und tung Kulturwerk Schlesien zu einer Sitzung zusammen Frankfurt/Oder. Nach dem Krieg kam es zu einem Neu- und wurden die Mitgliederversammlungen der Freunde beginn in Bamberg, und noch heute produzieren die Greiff und Förderer der Stiftung Kulturwerk Schlesien e.V. und Werke insbesondere Berufskleidung und Herrenanzüge. des Vereins für Geschichte Schlesiens e.V. abgehalten. Gar mit einer Niederlassung nach Schlesien zurück- - Die nächste Jahrestagung wird vom 21. bis 24. Juni gekehrt ist die Firma Thust Naturstein. 1819 in Gnaden- 2019 in Breslau stattfinden und sich mit dem religiösen frei gegründet, wurde der Steinbruch- und Steinmetz- Schlesien befassen. Interessenten werden gebeten, sich betrieb 1866 königlich preußischer Hoflieferant. Bereits den Termin jetzt schon vorzumerken! Ulrich Schmilewski Jubiläen und Abschiedsempfang

Hans-Joachim Kempe zieht sich nach 41 Jahren aus dem Vorstand der Freunde und Förderer der Stiftung zurück.

Im Rahmen der Jahrestagung luden die Freunde und För- Anerkennende Dankesworte sprachen die Vorstandskol- derer der Stiftung Kulturwerk Schlesien e.V. am 2. Juni legen der Freunde und Förderer Dr. Christian Fuchs und 2018 zu einem Abendempfang. Es galt, Jubiläen und Ver- Viola Plump. Sie dankten auch seiner Frau Ursula Kempe dienste zu würdigen sowie ein verdienstvolles Vorstands- für ihr Verständnis und ihre Unterstützung während der mitglied zu verabschieden. ganzen langen Zeit. Verabschiedet wurde Dipl.-Sozialwirt Hans-Joachim Mit der 1966 gestifteten und von Cirillo dell‘ Antonio Kempe, der von 1977 bis 2018 geschäftsführendes Vor- künstlerisch gestalteten Gerhart-Hauptmann-Plakette standsmitglied bei den Freunden und Förderern der Stif- zeichnete die Stiftung Kulturwerk Schlesien Persönlich- tung Kulturwerk Schlesien e.V. war. 41 Jahre lang hat er keiten aus, die sich in besonderer Weise um die Stiftung dieses Amt mit allergrößtem Engagement ausgeübt, aus und die Schlesienforschung verdient gemacht haben. dem er sich nun als 82jähriger zurückzieht. Sein Mar- Prof. Dr. Christian Andree engagiert sich in allen Gremien kenzeichen war der persönliche, herzliche Briefkontakt zu der Stiftung, darunter von 2001 bis 2005 im Vorstand, den Vereinsmitgliedern, die sich zum Abschied mit Gruß- zuletzt als Vorstandsvorsitzender. Gewürdigt wurde zu- karten ihrerseits, arrangiert zu einer Collage, bedankten. dem seine wissenschaftliche Forschungs- und Publikati-

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Schlesischer Kulturspiegel 53, 2018 35 onstätigkeit im Bereich der Medizin- und Wissenschafts- kationen der Stiftung und seine eigenen wissenschaftli- geschichte mit ihren schlesischen Bezügen und seine chen Arbeiten zur Geschichte Schlesiens wurde auch Dr. Herausgabe der historisch-kritischen Gesamtausgabe Ulrich Schmilewski mit der Gerhart-Hauptmann-Plakette der Werke von Rudolf Virchow. Grundlegendes auf dem geehrt. Gebiet der medizinischen Fachprosaforschung des schle- Während des Empfangs konnten auch Jubiläen gefei- sischen Mittelalters hat Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Gundolf Keil ert werden. So ist Maxi-Monika Thürl inzwischen seit 10 geleistet, der sich zudem in verschiedenen schlesischen Jahren ehrenamtlich in der Stiftung Kulturwerk Schle- Einrichtungen, darunter auch im Kuratorium und im Stif- sien tätig. An einem Tag in der Woche befasst sie sich tungsrat des Kulturwerks Schlesien, hilfreich einbringt. vorrangig mit Ordnungs- und Registrierungsarbeiten, Schwerpunkt der wissenschaftlichen Arbeit von Dr. Hel- hat etwa den im Kulturwerk verwahrten Nachlass der mut Neubach ist die politische Geschichte von 1815 bis Schriftstellerin Dagmar von Mutius in einem Verzeich- 1945, die er nicht nur für seine Heimatregion Schlesien, nis erfasst. 30 Jahre ist inzwischen Dr. Ulrich Schmi- sondern auch für Westpreußen, Posen und Rheinhessen lewski bei der Stiftung Kulturwerk Schlesien angestellt, erforscht. Als kritischer Geist gehört er seit 1980 dem Anja Weismantel sogar 40 Jahre. Und auf eine 50jährige Kulturwerk an, u. a. als Mitglied im Kuratorium. Für seine Mitgliedschaft, damals noch in das Kulturwerk Schlesien über 30jährige, vielfältige Tätigkeit bei der Stiftung Kul- e.V. aufgenommen, kann Hans-Joachim Kempe zurückbli- turwerk Schlesien, die redaktionelle Betreuung der Publi- cken. Viel Kontinuität in einer 66 Jahre alten Stiftung! Schlesische Weihnachtskrippen

Die Stiftung Kulturwerk Schlesien bietet in diesem Jahr abermals neue Weihnachtskarten an.

Weihnachten wird in der gesamten Christenheit ge- Sie auf unserer Homepage unter www.kuklturwerk-schle- feiert, und überall werden als bildliche Darstellung der sien.de/unsereveroeffentlichungen abgebildet finden. Bei Geburt Jesu Christi Weihnachtskrippen gezeigt, beste- den Grußkarten handelt es sich um hochwertige Klapp- hend aus einem Stall, dem Christuskind in der Krippe mit karten mit dem Motiv auf der Vorder- und Erläuterungen Maria und Josef, Ochs und Esel, den anbetenden Hirten, auf der Rückseite. So bieten die Karten nicht nur einen später ergänzt um die Heiligen Drei Könige. Manchmal visuellen Eindruck, sondern vermitteln zugleich Wissen wird das Geschehen in die Region verlegt, manchmal über Schlesien und das abgebildete Motiv. Zu jeder Kar- bleibt sie im phantastischen Morgenland. Stets geht es te wird ein passender Umschlag mitgeliefert. Mit Ihrer darum, das Wunder der Geburt, die Ankunft des Erlö- Bestellung unterstützen Sie auch die Stiftung Kulturwerk sers nach der Beschreibung im Lukasevangelium zu ver- Schlesien und unsere Arbeit. gegenwärtigen, wobei zahlreiche Elemente aus Legenden Bitte bestellen Sie mit dem Bestellformular, per Fax hinzukamen. (0931/ 5 36 49), per Telefon (Tel. 0931/5 36 96) oder Als Motive für die diesjährigen traditionellen Weih- per Email ([email protected]). Zum Verkaufs- nachtsgrußkarten hat die Stiftung Kulturwerk Schlesien preis kommen noch die dem Gewicht entsprechenden diesmal zwei schlesische Weihnachtskrippen ausgesucht. Portogebühren der Deutschen Post. Sie gehören zu der umfangreichen Krippensammlung des Hauses Schlesien in Königswinter-Heisterbacherrott, dem wir für die Zusammenarbeit danken. Die eine Krippe stammt aus Bad Landeck in der Grafschaft Glatz, ein einfacher Stall mit der Krippe und der Heiligen Familie, vom Anfang des 20. Jahrhunderts. Aufgestellt sind zwei Szenen, die Ankunft der Hirten und deren „Herausposau- nen“ der frohen Botschaft sowie die Anbetung durch die Heiligen Drei Könige, drei Motive für unsere Karten. Wie- 1 viel phantastischer ist die Kastenkrippe aus Waldenburg aus der Mitte des 19. Jahrhunderts – eine orientalische Stadt, anstelle der Krippe eine Höhle, Hirten und Schafe im bergigen Gelände, die drei Könige mit Gefolge und exo- tischen Tieren, zwei Dromedaren und einem Elefanten. Hier bieten wir ein Bild der gesamten Krippe, das Jesus- kindlein mit Maria und Josef sowie aus der Begleitung König Caspars das Bild seines Dieners mit einem Son- nenschirm und einem geschmückten Dromedar an. Zwei schlesische Krippen mit Einzelmotiven – das sind also die neuen, fotografisch-künstlerischen Weih- nachtsgrußkarten dieses Jahres. Natürlich bieten wir auch wieder die Bildmotive der vorigen Jahre an – Gemäl- 2 de von Winterlandschaften und Brauchtumsmotive –, die

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Bestellformular

Bitte zurücksenden an Stiftung Kulturwerk Schlesien, Kardinal-Döpfner-Platz 1, 97070 Würzburg oder per Fax 0931/5 36 49 Einzelkarten je 1,60 Euro/Stück NEU • Waldenburg: Gesamtansicht der Kastenkrippe (Motiv 1) ______Stück NEU • Waldenburg: Das Jesuskindlein mit Maria und Josef (Motiv 2) ______Stück NEU • Waldenburg: Der Diener König Caspars mit dem Dromedar (Motiv 3) ______Stück NEU • Bad Landeck: Ankunft der Hirten (Motiv 4) ______Stück NEU • Bad Landeck: Das „Herausposaunen“ der frohen Botschaft (Motiv 5) ______Stück NEU • Bad Landeck: Anbetung der Heiligen Drei Könige (Motiv 6) ______Stück

• Paul Aust, Winterlandschaft bei Harrachsdorf ______Stück • Paul Weimann, Winterlandschaft im Riesengebirge ______Stück • Georg Lehmann-Fahrwasser, Agnetendorf ______Stück • Karl Gottwald, Weihnachtsnacht ______Stück • M. Teichmann, Kirche Wang ______Stück • Bodo Zimmermann, Christkindel-Markt in Breslau ______Stück • August Carl Haun, Schloss Johannesberg ______Stück • Backrezept „Liegnitzer Bombe“ ______Stück • Lied „Uff’m Berge, da geht der Wind“ ______Stück • Gedicht „Markt und Straßen stehn verlassen“ ______Stück

• Set NEU mit allen sechs Motiven zum Sonderpreis von 8,00 Euro/Set ______Sets • Set ALT mit zehn Bildmotiven zum Sonderpreis von 12,50 Euro/Set ______Sets

Jeweils zzgl. Porto.

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Schlesischer Kulturspiegel 53, 2018 37 Bücherangebot zur Kultur Schlesiens

Siegfried Ulbrecht: Karl-Heinz Hans Lipinsky- Schloss Johannes- Ziolko: Fried- Gottersdorf: berg, Jauernig und rich Gottlob Der Witz der Umgebung. Endler. Ein Preußen. Begegnungen von schlesischer 1997, 56 S., Personen und Kupferstecher 1,50 Euro. Kulturen in einer der Goethezeit. europäischen 1994, 119 S., Region. 2012, 88 S., 2 farb., 54 sw. 3 farb., 37 sw. Abb., Abb., 2 Euro. 1 farb. Kte., 2 Euro.

Schloss Johannesberg war zeitweiliger Sitz Wie kein anderer Künstler hat Friedrich Kaum ein Volk ist auf Grund seiner Eigen- des Breslauer Fürstbischofs und damit Gottlob Endler (1763-1822) die Vielfalt arten so häufig zum Gegenstand von Witzen Anziehungspunkt für Künstler und Schrift- der schlesischen Kulturlandschaft in gra- geworden wie die Preußen. Der Schriftstel- steller wie Carl Ditters von Dittersdorf und phischen Blättern festgehalten. Zwischen ler Hans Lipinsky-Gottersdorf (1920-1991), Eichendorff. Die kulturelle Atmosphäre des 1786 und 1820 entstanden zahlreiche selbst ein Preuße, hat eine Vielzahl von Schlosses wirkte auf die Stadt und ließ sie Radierungen, Kupferstiche und Aquatinta, Preußen-Witzen gesammelt oder aus dem zu einem europäischen Begegnungsort wer- die Schlesien so zeigen, wie es Goethe bei Gedächtnis aufgezeichnet. Fast alle Seiten den, woran dieses Buch in Wort und Bild seiner Reise durch dieses „zehnfach interes- preußischen Lebens hat er dabei berück- erinnert. sante Land“ erlebte. sichtigt.

Karl von Holtei: Karl von Holtei: Christian Ausgewählte Ausgewählte Andree, Jürgen Werke. Werke. Hein (Hg.): 1: Gedichte, 2: „Vierzig Karl von Holtei Lieder, Stücke, Jahre“ (1798-1880). Schriften zu (Auswahl), Ein schlesischer Literatur und Erzähl- und Dichter Theater. andere Prosa. zwischen 1992, 444 S., 2009, 442 S., ­Biedermeier 4 farb., 23 sw. 1 farb., 17 sw. und Realismus. Abb., 5 Euro. Abb., 5 Euro. 2005, 432 S., 14 Abb., 5 Euro.

Das Werk des Schlesiers Karl von Holtei Der zweite Band der „Ausgewählten Werke“ In 17 Aufsätzen werden hier Holteis Epik, (1798-1880) ist sehr umfangreich. Dieser Karl von Holteis enthält Auszüge aus seiner Lyrik und Poetologie, seine Art zu erzählen erste Band der ‚Ausgenwählten Werke‘ bie- Autobiographie „Vierzig Jahre“, die durch und sein Shakespeare-Bild analysiert. Seine tet einen Querschnitt durch sein lyrisches eine frische und klare Darstellung besticht, wichtigsten Romane und eine Kriminalerzäh- Schaffen, darunter die „Schlesischen Ge- sowie erzählende und andere Prosa bis hin lung werden untersucht, sein Verhältnis zum dichte“ in schlesischem Dialekt, verschie- zu einer Kriminalgeschichte, ein umfang- Glatzer Land, zu Polen und anderen Schrift- dene Lieder und Stücke wie ‚Die Wiener in reiches Nachwort zu Leben und Werk, eine stellern beleuchtet. Zudem wird er – bisher ‘ sowie ausgewählte Schriften zu Lite - Zeittafel und ein Personenregister für beide kaum bekannt – als Autographensammler ratur und Theater. Bände. gewürdigt.

Die Bücher werden aus den eigenen Restbeständen zzgl. Porto und Verpackung verkauft und sind teils nur noch in geringer ­Anzahl vorhanden. Bitte bestellen Sie telefonisch (Tel. 0931/5 36 96), per E-Mail ([email protected]) oder schrift- lich: Stiftung Kulturwerk Schlesien, Kardinal-Döpfner-Platz 1, 97070 Würzburg.

38 Schlesischer Kulturspiegel 53, 2018 Prießnitz & Co.: Bäderreise nach Schlesien

Auf den Spuren großer Wasserheiler und Naturkundler unterwegs

Neue Wege gingen die Freunde und Förderer der Stif- tung Kulturwerk Schlesien e.V., um mit dieser Kulturre- gion und auch den Aufgaben des Kulturwerks bekannt zu machen. Unter dem Thema „Schlesische Bäder – heute und früher. Prießnitz, Schroth & Co.“ haben sie eine fünf- tägige Exkursion vom 3. bis 7. Juni 2018 zu schlesischen Badeorten unternommen, die regen Zuspruch fand. Be- stens vorbereitet und organisiert von Viola Plump und unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Chri- stian Andree fuhren die Reiseteilnehmer im Anschluss an die Jahrestagung nach Schlesien. Nach Übernachtung in Hirschberg und einem Bummel durch die Stadt mit der Gnadenkirche besuchten sie zunächst die Badeorte im Hirschberger Tal wie Bad Warmbrunn, Bad Flinsberg, aber auch Schloss Lomnitz mit Kaffee und schlesischem Streuselkuchen. Weiter ging es in die Grafschaft Glatz, Prof. Andree war als Medizinhistoriker der ideale Das Prießnitz-­ wo man in Bad Kudowa in modern ausgestatteten Villen Fachmann, der in die Geschichte jedes einzelnen Bade- Denkmal bei Freiwaldau. © Vera der Gründerzeit nächtigte, und am nächsten Tag den Ort ortes, die Wirkung der Heilquellen und die unterschied- Schmilewski 2018. selbst sowie die Bäder Reinerz, Altheide und Landeck mit lichen Therapien einführte. Die Reiseteilnehmer spa- ihren Kurparks durchstreifte. Am selben Tag fuhr man zierten durch die gepflegten Kurparks und konnten auch noch über die tschechische Grenze zur Wirkungsstätte die alten und restaurierten Badehäuser mit laufendem des Naturheilkundlers Johann Schroth in Lindewiese mit Badebetrieb in Augenschein nehmen. Museumsbesuch und anschließender Quartiernahme in Die gelungene Organisation, der entspannte Reise- Freiwaldau. Der Morgenspaziergang galt dem von der verlauf, die gut ausgesuchten Übernachtungsmöglich- Firma Thust Naturstein nach einem Entwurf von Josef keiten, die angenehme Atomsphäre innerhalb der Gruppe Obeth 1909 im Stadtpark ausgeführten, imposanten und natürlich die Kurorte selbst lassen die Reise in ange- Denkmal für den zweiten Naturheilkundler der Region, nehmer Erinnerung bleiben. Hierzu überreichte der Ver- Vinzenz Prießnitz. In Gräfenberg im Altvatergebirge ein der Freunde und Förderer jedem Teilnehmer das von steht heute ein großes Sanatorium, in dem die Patienten der Stiftung Kulturwerk Schlesien herausgegebene und nach seiner Wasserheilmethode behandelt werden. Zu- von Angelika Marsch verfasste Buch „Kur- und Badeorte rück ging es über Schweidnitz mit einer Führung durch Schlesiens – einst und jetzt“ und eine Fotodokumentati- die beeindruckende Friedenskirche und einem kurzfristig on. in die Reiseroute aufgenommenen Zwischenstopp im Gut Der große Erfolg dieser Fahrt – auch aus Sicht der Kreisau, dem Treffpunkt des Kreisauer Kreises, der Wi- Mitreisenden – führte bereits zu ersten Überlegungen derstandsbewegung gegen Hitler, nach Bad Salzbrunn für eine nächste Schlesienexkursion zu einem anderen zum Geburtshaus von Carl und Gerhart Hauptmann. Thema. Es wird frühzeitig darüber im „Schlesischen Kul- Hier brillierte Prof. Andree mit einem Vortrag über den turspiegel“ informiert werden, doch können die Leser Literaturnobelpreisträger. Nach einer Übernachtung in ihr unverbindliches Interesse bereits jetzt bei der Ge- Waldenburg fuhr die Gruppe mit Ausstiegsmöglichkeit in schäftsstelle der Stiftung Kulturwerk Schlesien vormer- zurück nach Würzburg. ken lassen. Einladung zur Subskription

Sammelband mit Aufsätzen von Christian Andree mit Gratulantenverzeichnis

Am 28. November dieses Jahres wird Prof. Dr. Christian Wir laden Freunde und Bekannte von Prof. Andree herz- Andree seinen 80. Geburtstag feiern. Der Medizinhisto- lich ein, sich in diese Liste mit ihren Namen einzutragen riker, Fontane-Kenner und Virchow-Spezialist hat sich auf und damit zur Abnahme eines Exemplars der gesammel- seinen Gebieten auch mit schlesischen Themen befasst ten Aufsätze zum Preis von 20,00 € zu verpflichten. Da und in schlesischen Einrichtungen engagiert, darunter in der Band mehrere bisher ungedruckte Aufsätze enthält, der Stiftung Kulturwerk Schlesien, deren Vorstandsvor- ist er in jedem Fall nicht nur ein Gewinn für die Forschung, sitzender er von 2004 bis 2005 war. Aus diesem Anlass sondern auch eine wissensbereichernde Lektüre. wird das Kulturwerk die Aufsätze von Professor Andree Für den Band mit dem Arbeitstitel „Aufsätze zur Ge- zur Geschichte Schlesiens herausgeben. Der Schrift wird schichte Schlesiens“ sind folgende Themengruppen und eine Tabula gratulatoria mit Namensnennung beigegeben. Beiträge vorgesehen: Zur Kulturgeschichte allgemein:

Schlesischer Kulturspiegel 53, 2018 39 Der Kulturkampf in Schlesien, Vom Baden im histo- Medizinhistorische Beziehungen zwischen Sachsen, Thü- rischen Europa und seinen schlesischen Bezügen, Vin- ringen und Schlesien (E), Albert Neisser und die Aus- cenz Prießnitz - Leben und Werk (Erstveröffentlichung strahlung der Breslauer Dermatologie unter besonderer = E), Mein Gerhart Hauptmann (E), Die Erlösung eines Berücksichtigung Würzburgs (E); Rudolf Virchow und Jägerndorfer Hutmachers von der ‚anklebenden Macul‘ Fontane: Rudolf Virchow (1821-1902), Virchow und die durch Kaiser Karl Vl.; Zur Geschichte der Universitäten: Naturheilkunde (E), Rudolf Virchow im Spannungsfeld Entstehungsgeschichte und Schicksale der beiden Viadri- von Glauben, Kirche und Staat, Fontane und seine Schle- nen. Ein Beitrag zur vergleichenden Geschichte der Uni- sien-Rede (E), Fontanes Korrespondenz mit Georg Fried- versitäten Frankfurt/Oder und Breslau (E), Zur Situation laender und Fritz Mauthner, Meine Fontane-Sammlung. an den medizinischen Fakultäten der Universitäten Bres- Einführung zu einem Katalog. lau und Kiel zwischen 1933 und 1945 (E), Die Ausschal- Interessenten werden gebeten, den Aufsatzband tung jüdischer Mediziner der Universität Breslau und die über die Geschäftsstelle der Stiftung Kulturwerk Schle- der Ärzteschaft durch Reichsärztefüh- sien, Kardinal-Döpfner-Platz 1, 97070 Würzburg, Tel. rer Gerhard Wagner; Zur Medizingeschichte: Johann 0931/5 36 96, E-Mail: [email protected] Daniel Major. Zur Biographie eines schlesischen Univer- unter Angabe von Titel, Namen und Adresse zu subskri - salgelehrten, Johann Daniel Major: Von der intravenösen bieren. Titel, Name und Wohnort werden in der vorge- Injektion zur Begründung der Museologie, Schlesische gebenen Form in die Tabula gratulatoria übernommen. Mediziner in Berlin - Berliner Mediziner in Schlesien (E), Dietrich Meyer

CHRONIK 60 Jahre Institut für Kirchen- und Kulturgeschichte!

Schlesische Aspekte sind immer der Schwerpunkt der Einrichtung gewesen.

Am Rande seiner 55. Arbeitstagung in Leipzig feierte das Gegenwart und Zukunft gerichteten Thesen schloss Ben- Institut für Kirchen- und Kulturgeschichte der Deutschen del seinen Vortrag. in Ostmittel- und Südosteuropa e.V. sein 60-jähriges Der Gleiwitzer Bischof Dr. Jan Kopiec erinnerte in Jubiläum. Mit einem Dank an die Mitglieder des Träger- seinem Festvortrag an die Vorgaben bei der Instituts- vereins, an die langjährigen Mitglieder und an die Koope- gründung. Er richtete den Blick zurück auf das Jahr 1945 rationspartner begann der 1. Vorsitzende des Instituts, mit der „Vertreibung aus Gebieten, die die Deutschen Prof. Dr. Rainer Bendel, seine Begrüßung, die er unter seit Jahrhunderten bewohnten“. Für die Heimatvertrie- das Thema „Substitut oder Utopie? Von der ‚ostdeut- benen sei daraus die Aufgabe erwachsen, ihr Erbe aus schen Akademie‘ zu Bistumsgeschichtsvereinen“ gestellt Jahrhunderten zu bewahren – auch im kirchlich-religi- hatte. Natürlich warf er einen Blick zurück auf den Kon- ösen Bereich (Bräuche, Wallfahrten etc.) mit einer zum text bzw. die Intentionen, die letztlich zur Gründung des Teil besonders anspruchsvollen Seelsorge in den Ver- Instituts führten. treibungsgebieten. Er wies darauf hin, dass schlesische Besonders ging es um die „Sicherung der Einfluss- Aspekte immer der Schwerpunkt des Instituts gewesen bereiche der katholischen Vertriebenen“, die nicht allei- seien, mit der Umbenennung und Neuausrichtung vor ne der Politik und den Landsmannschaften überlassen drei Jahren aber weitere Inhalte hinzugekommen seien. werden sollten. Bendel rief die in den 1950er Jahren Der Festredner ging zudem auf die bisherigen Tätigkeits- entstandenen oder bereits aktiven Einrichtungen (König- felder (Arbeitstagung, Kardinal-Bertram-Stipendium, stein, Vertriebenenseelsorge usw.) in Erinnerung, aber diverse Schriften, Sonderveröffentlichungen und Zeit- auch die schlesische Priestergruppe um Professor Franz schriften) ein. Auch erinnerte er an prägende Persön- Scholz, die 1951 die Schaffung einer „Königsteiner Aka- lichkeiten aus der Gründungszeit und der Historie des demie für Ostfragen“ anregte – unterstützt auch von Su- Instituts wie Dr. Kurt Engelbert, Josef Engelbert, Prof. detendeutschen. Aufgaben dieser Akademie sollten die Dr. Hans Schmauch und Dr. Paul Mai. Schließlich ging Erfassung des gesamten Schrifttums Ostdeutschlands, er auf die Verbreitung der deutschen Kultur in Mittel-, die Veröffentlichung von Publikationen und die Organi- Ost- und Südosteuropa im Lauf der Jahrhunderte ein so- sation von Veranstaltungen sein. Diese Planungen und wie auf Gegenströmungen wie den Panslawismus mit der Überlegungen wurden fortgeführt und mündeten schließ- Bildung von Nationalstaaten in diesen Gebieten bis hin zu lich in das am 10. Dezember 1958 gegründete Institut den Ereignissen ab 1945 mit einer „neu entstandenen für ostdeutsche Kirchen- und Kulturgeschichte, das erst geopolitischen Situation“. Den jetzt Verantwortlichen des im Sommer 2015 in „Institut für Kirchen- und Kultur- Instituts riet der Gleiwitzer Bischof zur Entschlossenheit, geschichte der Deutschen in Ostmittel- und Südosteu- um die Einrichtung zu erhalten und damit den friedlichen ropa“ umbenannt wurde. Großen Einfluss wies Bendel Weg zwischen den Gesellschaften zu festigen. Für das der Religion für die Identitätsbildung und -findung zu. Ein Institut konstatierte der Oberhirte eine „Haltung der Of- wesentlicher Faktor sei auch das Erbe der Vertriebenen, fenheit, des Dialogs und der Zusammenarbeit“ und ein dessen Wirken im Integrationsprozess und das Fortleben „Verdienst beim Aufbau Europas“. der Traditionen und des Bewusstseins. Mit einigen in die Markus Bauer

40 Schlesischer Kulturspiegel 53, 2018 Verein Schönwalds Erben e.V. gegründet

Das kulturgeschichtliche und ideelle Erbe der Schönwälder für die nächsten Generationen erhalten

Der Verein „Schönwalds Erben e.V.“ wurde am 4. Dezem- nologien einen Anlaufpunkt für Schönwalds Nachfahren ber 2017 beim Amtsgericht Machern eingetragen und bieten. hat sich zur Aufgabe gemacht, das kulturgeschichtliche Unser Verein unterstützt insbesondere die Verkar- und ideelle Erbe der Schönwälder für die nächsten Gene- tung der Schönwälder Kirchenbücher, die bis ins 17. rationen zu erhalten und zu diesem Zweck künftig Tref- Jahrhundert zurückreichen. Eine Gruppe von Familien- fen und Aktivitäten zu organisieren. Der Verein möchte forschern hat bereits die Kirchenbücher erfasst. Die ge- die ehemaligen Bewohner und deren Nachkommen des sammelten Daten werden im nächsten Schritt als Orts - oberschlesischen Dorfes Schönwald, heute der Stadtteil familienbuch miteinander verbunden. Hierzu möchten wir Bojków von Gleiwitz, und andere interessierte Personen auch die von unserem Schönwälder Heimatchronisten zusammenführen. Wir sind selbst alle Nachfahren. Wir Peter Bielke sen. (1904-1965) erstellte Heimatortskar- betrachten uns auch als Archiv und Sammelort allen Ma- tei in würdiger Weise fortführen, um somit die Schick- terials und Geistesguts, das Schönwald betrifft zur Be- sale aller Schönwälder Familien auch für die nächsten wahrung von dessen Kultur und Identität. Wir sind gerne Generationen zu dokumentieren. Wir bitten deshalb um zum gegenseitigen Austausch bereit. Auch versuchen Zusendung aktueller und vergangener Familiennachrich- wir, uns regelmäßig an verschiedenen Orten in Deutsch- ten. Anfragen und kleinere Suchaufträge zu den eigenen land zu treffen und beabsichtigen darüber hinaus, die im Vorfahren können gerne an den Verein gestellt werden. Besitz befindlichen Gegenstände und Leihgaben der Öf- Kontakt: Schönwalds Erben e.V., Cornelia Stieler, Tannen- fentlichkeit zugänglich zu machen. Wir betrachten uns grund 10, D-04827 Machern, E-Mail: kontakt@schoen- als „virtuelles Dorf“ und möchten anhand der neuen Tech- walds-erben.de, www.schoenwalds-erben.de. Neue, alte Leuchter für Görlitzer Synagoge

Sparkassenstiftungen fördern Rekonstruktion der acht großen Glockenleuchter in der ehemaligen Synagoge.

1911 wurde die von dem jüdischen Kommerzienrat Ema- Im Juli dieses Jahres erhielt die Stadt Görlitz von nuel Alexander Katz gestiftete Synagoge in Görlitz ge- zwei Sparkassenstiftungen eine Förderzusage für die weiht. Errichtet wurde der Bau von den renommierten Rekonstruktion der acht großen Glockenleuchter im Kup- Architekten Walter William Lossow (1852-1914) und pelsaal der Synagoge. Diese nahm der Görlitzer Ober- Max Hans Kühne (1874-1942) in den Jahren 1909 bis bürgermeister Siegfried Deinege von Friedrich-Wilhelm 1911. von Rauch, Geschäftsführer der Ostdeutschen Sparkas- Als einziges jüdisches Gotteshaus in Sachsen wurde senstiftung, und Michael Bräuer, Vorstandsvorsitzender die Synagoge in der Pogromnacht 1938 nicht zerstört. der Stiftung der Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien Heute gibt es in Görlitz keine Jüdische Gemeinde mehr. sowie der Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien, in der Es bestehen sehr enge Kontakte zur Jüdischen Gemeinde ehemaligen Görlitzer Synagoge entgegen. Die rund 40 in Dresden, die die Sanierung der ehemaligen Synagoge anwesenden Gäste haben die Synagoge zwar als Bau- intensiv begleitet, sowie ins benachbarte polnische Zgo­ stelle, aber in einem eigens neuen Licht erleben können. rzelec, und der Förderkreis für die Görlitzer Synagoge ist Bis 2019 wird noch saniert werden – die Arbeiten am sehr engagiert. Die ehemalige Wochentagssynagoge soll Gebäude waren für den Festakt nur kurz unterbrochen als öffentlicher Gedenk-, Gebets- und Präsentationsraum worden –, doch waren die Gäste von den geleisteten Ar- genutzt werden. Das Kulturforum Görlitzer Synagoge beiten bereits jetzt fasziniert. Der Kuppelsaal mit dem wird, so sieht es der Plan vor, nach der Fertigstellung prämierten Spezialboden, die fein sanierte Frauenempo- als Seminar-, Beratungs- und Ausstellungsraum genutzt re, der gerade in der Sanierung befindliche Foyerbereich werden können. hinterlassen einen tiefen Eindruck bei allen Besuchern. Töpferei Seiler stellt den Betrieb ein

Aus Altersgründen wird voraussichtlich zum Jahresende fe des Fernsehens, aber leider ohne jeden Erfolg. Für 2018 die Herstellung in der Töpferei Seiler enden. Dieser ihre Stammkunden gilt – wie sie mitteilen –, dass sie Schritt fällt den Inhabern Friedrich und Birgit Moll sehr noch einiges bestellen bzw. nachkaufen können. Für die schwer, wurde die Töpferei doch 1868 in Naumburg am Geschirrserien Rutil und Sand sowie das bekannte Bunz- Queis, etwa 12 km von Bunzlau in Schlesien entfernt, lauer Geschirr gibt es einen Kollegen, der diese weiter gegründet und vor 70 Jahren in Leutershausen zwischen herstellen will. Die Bezugsadresse erfährt man über die Rothenburg ob der Tauber und Ansbach neu eröffnet. Töpferei Seiler, Bahnhofstr. 18, 91578 Leutershausen, Viele Jahre suchten sie einen Nachfolger, auch mit Hil- Tel. 09823/296, E-Mail: [email protected].

Schlesischer Kulturspiegel 53, 2018 41 PERSONEN Breslau würdigt Horst Milde

Vielfältige Verdienste um die Vaterstadt honoriert

Während seiner geplant letzten Reise nach Schlesien im Juni dieses Jahres gab es für den 85-jährigen Horst Milde eine Überraschung: Einen Empfang des Breslauer Stadtpräsidenten und die Überreichung des „Ehrenzei- Du, Katze chens von Breslau in Silber Wratislavia Grato Animo“. Der Spannung Bogen Stadtpräsident Rafał Dutkiewicz würdigte damit die viel- grader Strich als Auge fältigen Verdienste des gebürtigen Breslauers um seine da Raubtier Vaterstadt und um die Beziehungen zwischen Nieder- und da Streichelfell wie Plüsch schlesien und Niedersachsen. So war der ehemalige Bür- vom Hund gejagt germeister der Stadt Oldenburg und Präsident des Nie- die kleine Maus als Beute dersächsischen Landtages beispielsweise 1993 an der von dem Begründung der Partnerschaft zwischen Niedersachsen von jenem und Niederschlesien beteiligt, initiierte er Schulpartner- was kommt her von dir schaften und Sanierungen von Denkmälern in Nieder- ein Glied wie Glieder schlesien und sorgte er für den erfolgreichen Einsatz von in der Lebenskette Mitteln aus der Stiftung für deutsch-polnische Zusam- und menarbeit. da und dort Ebenfalls eine Gedenkplakette überreichte der Het- ein seltsam raues mann der Breslauer Schützenbruderschaft, deren Eh- Spiel renmitglied Horst Milde seit 21 Jahren ist. „Für mich

war das alles sehr bewegend“, berichtete er später, „weil Bild und Gedicht aus Dietmar Scholz: diese Ehrung am Vortag der Vertreibung meiner Eltern Gratwanderung. Wort und Bild im und mir aus Breslau genau 72 Jahre danach stattfand.“ Wechselspiel (unveröffentlicht), S. 27f. Wie positiv verändert haben sich die Zeiten! Klaus König zum 70. Geburtstag

Sein Interesse galt und gilt neben dem Naturschutz stets der schlesischen Heimat seiner Vorfahren.

Glückwünsche gingen zum 1. Juli 2018 in den hohen Keramik und Porzellan. Er wendet sich aber auch den Norden nach Boostedt im Kreis Segeberg im südlichen Menschen zu, ist so etwas wie ein Heimatortsbetreu- Schleswig-Holstein. Sie galten Claus König, der seinen er für die früheren Bewohner der Dörfer Kurtsch und 70. Geburtstag als einen Tag der Erinnerung und des Krentsch-Lindenbrunn im Kreis Strehlen. Im „Heimat- Gedenkens beging. Er selbst wurde in Nordenham an der blatt für die Kreise Strehlen und Ohlau“ veröffentlicht Unterweser geboren, wurde Diplom-Ingenieur und war er monatlich die Familiennachrichten und zum Jahres- bei seinem Eintritt in den Ruhestand Technischer Leiter ende stets einen größeren Jahresrückblick. Gelegentlich im Klinikum Kaltenkirchen. Sein Interesse galt und gilt führen wir ein „norddeutsches“ Gespräch, wobei er auf neben dem Naturschutz stets der schlesischen Heimat Schlesisches in der von Würzburg doch entfernten Regi- seiner Vorfahren, was ihn auch zur Stiftung Kulturwerk on hinweist. Und so wünsche ich Claus König alles, alles Schlesien und deren Freunde und Förderer führte. So Gute, vor allem Gesundheit – und mir weitere anregende sammelt er altes schlesisches Kulturgut, insbesondere Telefonate mit ihm. Ulrich Schmilewski

NEUES AUS DEM HAUS SCHLESIEN Schlesien am Ende des Ersten Weltkrieges

Breslauer Volksrat wird zum Zentralrat für die Provinz Schlesien.

Am 11. November jährt sich zum 100. Mal das Ende des te den Anfang des Zweiten Weltkrieges sehen. Obwohl Ersten Weltkrieges – das Ende eines in vielfacher Hin- Schlesien, von den ersten Kriegsmonaten 1914 abgese- sicht bis dahin beispiellosen, als „Urkatastrophe des 20. hen, keiner unmittelbaren militärischen Bedrohung aus- Jahrhunderts“ betitelten Krieges, der Europa maßgeblich gesetzt war, litt die Bevölkerung hier wie im gesamten verändert hat – ein Ende, in dem nicht wenige Fachleu- Deutschen Reich unter den sekundären Kriegsauswir-

42 Schlesischer Kulturspiegel 53, 2018 kungen. Versorgungsengpässe, politische Restriktionen vermehrte Aufmerksamkeit, wenn dieser auch unter- und Hunger untergruben auch in Schlesien den Durch- schiedlich motiviert war. Um diesen Bestrebungen ent- haltewillen der Bevölkerung, und im letzten Kriegsjahr gegenzutreten wurde Oberschlesien im November 1919 mehrten sich Streiks und Unruhen in der Arbeiterschaft. zur eigenständigen preußischen Provinz erklärt. Die Der sich bereits seit dem Sommer 1918 abzeich- führenden Posten in Politik und Verwaltung wurden fast nende militärische Zusammenbruch, der in eine bedin- ausschließlich mit einheimischen, katholischen Beamten gungslose Kapitulation mündete, wurde durch einen besetzt. Oberschlesien hatte endlich eine größere Unab- politischen begleitet. Ausgehend von dem Matrosen- hängigkeit von Berlin und Breslau erreicht. aufstand vor Wilhelmshaven erreichte die Idee der Re- Die Erhebung des Regierungsbezirks Oppeln zur Pro- volution in kürzester Zeit auch Schlesien. Hier bildeten vinz Oberschlesien erfolgte auch vor dem Hintergrund sich nach dem erzwungenen Rücktritt Kaiser Wilhelms der im Versailler Vertrag vorgesehenen Volksabstimmung II. wie in den Städten des gesamten Reichsgebietes Sol - über die Zugehörigkeit Oberschlesiens. Damit sollten die daten- und Arbeiterräte, die die Aufrechterhaltung der noch unentschlossenen Oberschlesier für eine Stimmab- öffentlichen Ordnung gewährleisteten. Eine Besonderheit gabe zugunsten Deutschlands gewonnen werden. Der stellte die Stadt Breslau dar. Dort bildete sich stattdes- am 28. Juni 1919 vorgelegte Versailler Vertrag hatte sen am 9. November der Breslauer Volksrat, bestehend für Schlesien weitreichende Folgen. Neben der Volksab- aus 100 Mitgliedern, zu zwei Drittel Angehörige der so- stimmung in Oberschlesien sah er auch die Abtretung zialistischen, zu einem Drittel der bürgerlichen Parteien. von Teilen der Kreise Groß Wartenberg, Militsch, Guhrau Dieser wurde kurz darauf zum Zentralrat für die Provinz und Namslau an das wiedererstandene Polen sowie des Schlesien erhoben, dem alle Behörden, Arbeiter- und Sol- Hultschiner Ländchens an die neugegründete Tschecho- datenräte unterstellt waren. In deren Zuständigkeit fiel slowakei vor. auch die Sicherung der Grenzen, wozu ein dichtes Netz Die Jahre 1918 bis 1923 waren für Schlesien unru- von Volkswehren errichtet wurde. Mit der Gründung von hige und folgenreiche Jahre, in denen die Wurzel vieler Freiwilligencorps übernahmen nach und nach die von der langwieriger Konflikte und politischer wie gesellschaft- Front zurückkehrenden Soldaten den Grenzschutz. licher Besonderheiten der Region zu suchen sind. Des- Neben der Gefahr von außen stellten die weitrei- halb widmet Haus Schlesien diesem Zeitraum vom 11. chenden sozialen Veränderungen, die prekäre Versor- November 2018 bis 28. April 2019 unter dem Titel „Zwi- gungslage, die Umstellung der Industrie von Rüstungs- schen Revolution und Ruhrbesetzung. Die Folgen des Er- auf zivile Produktion und die Wiedereingliederung der sten Weltkrieges für Schlesien“ eine Sonderausstellung Soldaten die Provinz vor große Herausforderungen, die und beleuchtet die Ereignisse und Entwicklungen dieser immer wieder zu Unruhen und Streiks führten. Hinzu Zeit in Schlesien bzw. die Auswirkungen nationaler und kamen die in Oberschlesien aufkeimenden Bestrebungen internationaler Geschehnisse auf Schlesien. Die Ausar- nach Selbständigkeit. Die ignorante Haltung Preußens, beitung erfolgt bei dieser Ausstellung erneut in Zusam- die Reduzierung auf ein rein deutsches „Oberschlesien- menarbeit mit polnischen Kooperationspartnern – dem Bild“ sowie der Einsatz von vorwiegend landfremden, pro- Museum der Polnischen Aufstände in Schwientochlowitz, testantischen Beamten führte zu einer wachsenden Ab- dem Museum des Teschener Schlesien und dem Regio- wehrhaltung der weitgehend katholischen und teilweise nalmuseum in Groß Wartenberg –, um die Geschichte polnischsprachigen Bevölkerung. Vor dem Hintergrund sowohl aus deutscher als auch polnischer Sicht darzu- der durch den Kampf um Oberschlesien zunehmenden stellen. Dies soll den Besuchern einen differenzierten Polarisierung zwischen deutschen und polnischen Nati- Blick ermöglichen und damit insbesondere der Situa- onalinteressen, gewannen sich auf ihre regionale Iden- tion in Oberschlesien gerecht werden. Es ist geplant, tität berufende Gruppierungen an politischem Einfluss. die Ausstellung danach an verschiedenen Standorten in Mit ihnen fand der Autonomie- und Separationsgedanke Deutschland und Polen zu zeigen. Silke Findeisen Auf Beethovens Spuren in Böhmen, Mähren und Schlesien

Haus Schlesien veranstaltet im kommenden Frühsommer eine musikalisch-kulturelle Studienreise.

Das Haus Schlesien lädt im kommenden Frühsommer seiner bedeutenden Werke entstanden. Seine besondere anlässlich des 250. Geburtstages von Ludwig van Beet­ Verbundenheit zu Schloss Grätz bei Troppau im ehema- hoven (1770-1827) zu einer musikalisch-kulturellen Stu- ligen Österreichisch-Schlesien als Gast bei Fürst Karl von dienreise ein. In Zusammenarbeit mit dem „Netzwerk Lichnowsky dokumentiert sich in verschiedenen Kompo- Ludwig van B.“ e.V. (Bonn) und unter der Leitung von Dr. sitionen, die nicht zuletzt von der lieblichen Landschaft an Inge Steinsträßer und Nicola Remig bildet diese Reise ei- der Mohra inspiriert waren. Beethovens langjähriger Mä- nen Auftakt zu den vielfältigen Angeboten im Jubiläums- zen und Klavierschüler, Erzherzog Rudolf von Österreich, jahr 2020, die das Kulturleben der Geburtsstadt des residierte ab 1819 als Erzbischof in Olmütz. Ihm zu Ehren großen Komponisten in Bonn prägen werden. entstand die ‚Missa solemnis‘ (1820). Beethoven verbrachte zwischen 1804 bis etwa 1812 Die musikalischen Reminiszenzen der Reise werden mehrere Monate in den böhmischen Bädern, vor allem in durch kleine Konzerte an originalen Schauplätzen mit Karlsbad, Marienbad, Franzensbad und Teplitz, wo einige Beethoven-Kompositionen belebt, vor allem durch junge

Schlesischer Kulturspiegel 53, 2018 43 Künstler aus Tschechien, Deutschland und Polen. Die Durch die Vertreibung der deutschen Bevölkerung Teilnehmer erwarten darüber hinaus vielfältige kulturelle nach 1945 sind diese Stätten oft aus dem Blickfeld Einflüsse und Begegnungen sowie eine überaus sehens- geraten. Auch für manchen Schlesien-Kenner, dessen werte, attraktive Landschaft. Vom Haus Schlesien in Interesse sich häufig eher auf das ehemals preußische Königswinter aus führt die Busreise vom 29. Mai bis 7. Nieder- und Oberschlesien erstreckt, wird sich manch Juni 2019 über die viel besuchten böhmischen Bäder vor angenehme Überraschung ergeben. Verbunden mit dem allem in das ehemalige Österreichisch-Schlesien (heute musikalischen Werk des großen Komponisten Ludwig van Nordmähren), vornehmlich an den Fuß des Altvater- Beethoven, bietet Haus Schlesien somit eine interes- gebirges und dessen Vorland. Städte und Ortschaften sante Kulturreise an. Inge Steinsträßer wie Troppau, Freudenthal, Jägerndorf, Bad Karlsbrunn, Schloss Grätz, Olmütz und Freiwaldau im ehemaligen Nähere Informationen sind erhältlich bei: Nicola Breslauer Bistumsland lassen etwas von der reichen ­Remig, Haus Schlesien, Dollendorfer Str. 312, Vergangenheit der Region erahnen und vermitteln auch 53639 Königswinter, Tel. 02244/886 232, einen Einblick in die heutige Situation. E-Mail: [email protected].

NEUES AUS DEM OBERSCHLESISCHEN LANDESMUSEUM Junge Oberschlesier heute in Deutschland

Der Kulturreferent für Oberschlesien und das Oberschlesische Landesmuseum luden zum Dialog ein.

Bei oberschlesischen Familienfesten kann es passieren, Was ist für mich Heimat? In der sehr lebhaften Diskus- dass sich nur noch die Generation der Großeltern oder sion kamen ganz unterschiedliche Lebensgeschichten der Eltern problemlos miteinander unterhalten kann, die und Identitätsbilder zum Vorschein: Deutscher, Pole und Kinder hingegen müssen improvisieren, da sie entweder Oberschlesier zu sein, schließt sich nicht aus. Manche des Polnischen oder des Deutschen nicht mehr mächtig Teilnehmer lernten als Kinder nur die deutsche Spra- sind. Über solche Herausforderungen beim Kontakt zur che und brachten sich das Polnische später mühsam Verwandtschaft in Polen berichteten mehrere Teilneh- in Sprachkursen bei, als sie auf ihre Herkunft neugierig mer der Begegnung für junge Oberschlesier in Deutsch- wurden und Oberschlesien eine neue Bedeutung in ihrem land, zu der Ende Juli der Kulturreferent nach Ratingen Leben erhielt. Andere besuchen seit Kinderzeiten regel- ins Oberschlesische Landesmuseum eingeladen hatte. mäßig das Land ihrer Eltern und Großeltern und spre- Die 15 Teilnehmer zwischen 20 und 40 Jahren chen mit ihren Eltern den oberschlesischen Dialekt. wurden zum Teil selbst noch in Oberschlesien geboren, Anlass für den Austausch boten auch die aktuellen andere stammen von Eltern ab, die als Aussiedler oder Ausstellungen zur Geschichte Oberschlesiens des Ober- Spätaussiedler nach Deutschland kamen. Die Gruppe der schlesischen Landesmuseums, vorgestellt durch den Di- Oberschlesier in Deutschland ist sowohl in ihrer gesell- rektor Dr. Stephan Kaiser und den Wissenschaftlichen schaftlichen Verortung wie auch in ihrer Organisation Mitarbeiter Leonhard Wons. Marcin Wocka vom Haus sehr heterogen, es finden sich nur wenige verbindende der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit in Oppeln Vereine oder Foren. Auch die oberschlesische Herkunft, und Gleiwitz, einem langjährigen Kooperationspartner die Kultur und Geschichte der Region, scheint am Or- des Landesmuseums, stellte einige Projekte vor und ganisationsgrad gemessen nur für wenige Bedeutung berichtete über seine eigene Familiengeschichte. Zum zu haben. Diese Situation bot für das neue Kulturrefe- Kennenlernen illustrierte bei der Vorstellungsrunde eine rat Anlass, zur Debatte einzuladen: „Was bedeutet uns Schlesien-Karte die vielfältigen Herkunftsregionen der Oberschlesien?“ Das Forum diente dem Austausch und Teilnehmer: Die Umgebung von Oppeln und Groß Streh- Gespräch junger Oberschlesier. der Diskussion persönlicher Fragen: Welche Rolle spielt litz zählte zu den besonders häufig genannten Geburts- © Foto: OSLM. heute die Herkunft aus Oberschlesien in meinem Leben? oder Familienorten. Die Herkunft, die Sozialisation oder die Familie, alle diese Elemente prägen die Identität der jungen Oberschlesier auf unterschiedliche Weise. Neben den Selbstbildern wurden auch Unterschiede zwischen den Generationen angesprochen: Schwer fällt oftmals eine Identifikation mit der verklärten Erinnerungskultur vieler älterer Oberschlesier, mit ihrer konservierten Erin- nerung an ein Land, das es so nicht mehr gibt, genauso wie bei der deutschen Minderheit in Polen oftmals ein idealisiertes Deutschlandbild gepflegt wird, das mit der heutigen Realität wenig gemein hat. Die Vielfalt der Mei- nungen und Erlebnisse war groß, die Tagung ermöglichte einen ersten Dialog – und einen erfolgreichen Auftakt für weitere Angebote für eine bisher wenig beachtete Grup- pe in Deutschland. Vasco Kretschmann

44 Schlesischer Kulturspiegel 53, 2018 800 Jahre Hösel - Rückblick auf ein Sommerwochenende

Ausstellung „Schaukelpferd und Zinnsoldaten. Kindheit und Jugend in Schlesien“ ist noch bis Mai 2019 zu sehen.

Das herrliche Sommerwetter war die beste Vorausset- zung für ein gelungenes Wochenende am 7. und 8. Juli im Oberschlesischen Landesmuseum. Anlässlich der 800-Jahr-Feier unseres Ortsteils gab es viel zu feiern. Ein Höhepunkt war das große Sommerfest – der Höseler Reh-Tag. Das Reh ist das Wappentier des Ortes und so wurden insgesamt 33 Rehfiguren von verschiedenen In- stitutionen liebevoll und kreativ gestaltet. Am Aktionstag wurden die Rehe dann öffentlich versteigert. Über 5.000 Euro sind der Ertrag, der nun in neue Bänke im Ortsteil investiert wird. Gemeinsam mit mehreren Höseler und Ratinger Vereinen und Initiativen wurde ein kurzweiliges Familienprogramm organisiert.

Spannende Objekte In kurzen Impulsführungen wurden bereits erste Einblicke in die neue Sonderausstellung zu Kindheit und Jugend in Die Ausstellung „Schaukelpferd und Zinnsoldaten. Blick in die Schlesien geboten. Die offizielle Eröffnung fand am fol- Kindheit und Jugend in Schlesien“, die noch bis zum 19. ­Sonderausstellung Mai 2019 zu sehen ist, spricht alle Generationen an. Klei- „Schaukelpferd genden Tag im Beisein des ersten stellvertretenden und Zinnsoldaten. Landrats des Kreises Mettmann, Michael Ruppert, und dung, Spielzeug, Objekte zur Säuglings- und Kinderpflege, Kindheit und Jugend Ratingens Bürgermeister sowie Mitglied im Vorstand Taufausstattung, Kommunion und Konfirmation, Fotogra- in Schlesien“. der Stiftung Haus Oberschlesien, Klaus Pesch, statt. Sie fien, Briefe, Zeugnisse, Schulbücher, Kinderliteratur, Ta- © Foto: OSLM. freuten sich über die vielen spannenden Objekte, die Er- gebücher und Schulchroniken laden ein zu einer Reise in innerungen an ihre eigene Kindheit wach werden ließen die Kindheit – von der Geburt, den ersten Lebensjahren, und darüber hinaus auch politische, historische, gesell- der Schul- und Freizeit bis hin zur Ausbildung. Dargestellt schaftliche und kulturelle Entwicklungen verdeutlichen. wird der Alltag der Kinder, wozu auch das Zusammen- Im Anschluss führten die beiden Kuratorinnen Magdalena leben verschiedener Religionen und Nationalitäten, zwei Chromik und Julia Wahlsdorf das interessierte Publikum Weltkriege, Heimatverlust durch Umsiedlung, Flucht, durch die Ausstellung. Vertreibung oder das Leben im Kommunismus gehörten. Herbstmarkt mit Pfefferkuchen-Ausstellung

Erinnerungen an schöne Kindheitserlebnisse werden mit der Wanderausstellug aus Haus Schlesien wach.

Wie kommt der Pfeffer in den Kuchen? Was unterschei- ferkuchen schöne Kindheitserlebnisse, Erinnerungen an det den Pfefferküchler vom Bäcker? Wo genießt man Kirmes oder Weihnachtsabend, an heimische Küche, Ad- welche Spezialität? Woher kommen die Pfeffersäcke? ventszeit oder Christkindelmarkt: Hat auch der einzelne Und wer hat der Hexe das Pfefferkuchenhaus gebaut? Pfefferkuchen zumeist keine lange Lebensdauer, weil er Diese und andere Fragen möchte die Wanderausstellung einfach zu köstlich ist, so ist die Tradition des Pfeffer- aus dem Haus Schlesien, Königswinter, beantworten, die küchlerhandwerks umso älter. Sie reicht zurück bis ins während des Herbstmarktes am 28. Oktober eröffnet alte Ägypten. wird. Neben der Kulturgeschichte des Pfefferkuchens Auch Schlesien blickt auf eine 700-jährige Tradition stehen besonders die Zutaten und die Produktion des dieses Handwerks zurück. Spezialitäten wie „Liegnitzer würzigen Gebäcks sowie die regionalen Besonderheiten Bombe“ und „Neisser Konfekt“ sind bis heute in aller im Mittelpunkt. Bis heute verbindet fast jeder mit Pfef- Munde. Gartenkultur und repräsentative Werkschau

Ausstellung gibt Überblick über die Landschaftsgestaltungen in den ehemaligen östlichen Provinzen Preußens.

Peter Joseph Lenné war einer der bedeutendsten Land- seine Spuren. Das Oberschlesische Landesmuseum hat schaftsarchitekten seiner Zeit. Der 1789 in Bonn gebo- die zweisprachige Tafelausstellung „‘Meisterhaft wie sel- rene und 1866 in Potsdam gestorbene Gartenkünstler ten einer…‘ Die Gärten Peter Joseph Lennés zwischen schuf viele Parkanlagen. Auch im Rheinland findet man Schlesien und Pommern“ vom Deutschen Kulturforum

Schlesischer Kulturspiegel 53, 2018 45 östliches ­Europa, Potsdam, übernommen, das die Son- Die Werkschau „Erst der Schatten zeigt das Licht. derschau zusammen mit dem Institut für Landschafts- Zum 100. Geburtstag von Jutta Osten“ stellt eine reprä- architektur an der Technischen Universität Dresden, der sentative Auswahl ihrer Arbeiten vor. Jutta Osten wurde Naturwissenschaftlichen Universität Breslau und der 1918 im oberschlesischen Gleiwitz geboren und starb Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Bran- 2009 in Köln, wo sie mehr als 30 Jahre als Kunsterzie- denburg erstellt hat. Während die Parkanlagen Lennés herin, Bildhauerin, Medailleurin und Grafikerin tätig war. auf dem Gebiet der Bundesrepublik bekannt und prak- Das Höseler Museum verwahrt mit über 450 Objekten tisch vollständig erfasst sind, gerieten seine Werke in den umfangreichen künstlerischen Nachlass und gibt so den ehemals deutschen Provinzen jenseits der heutigen einen ausgewogenen Einblick in das vielseitige künstle- Grenze weitgehend in Vergessenheit. Geboten wird ein rische Schaffen.. Überblick über die Landschaftsgestaltungen in den ehe- maligen östlichen Provinzen Preußens im heutigen Po- Oberschlesisches Landesmuseum (OSLM) len, an denen Lenné direkt oder indirekt beteiligt war. Bahnhofstraße 62, 40883 Ratingen (Hösel) Über dreißig Gartenanlagen konnten identifiziert werden, Tel.: 0 21 02 / 96 50, www.oslm.de die unter Mitwirkung Peter Joseph Lennés und seiner Öffnungszeiten: Di-So 11-17 Uhr engsten Mitarbeiter entstanden sind. Geschlossen: 3.10., 1.11., 23.12.-25.12., 31.12.-1.1.19

NEUES AUS DEM SCHLESISCHEN MUSEUM ZU GÖRLITZ Moderne und mittelalterliche Kunst

Der Kulturherbst im Schlesischen Museum unterhält mit zwei Ausstellungen.

Zwei attraktive Kunst-Präsentationen werden in diesem Hauptbegründer des 1949 legendär gewordenen, surre- Herbst im Schlesischen Museum geboten. Den Auftakt alistischen Berliner Künstlerkabaretts „Die Badewanne“ bildet die Sonderausstellung „Alexander Camaro und oder bei Filmexperimenten, die sein bildkünstlerisches Breslau – eine Hommage“ (Vernissage am 18. Oktober Werk ergänzten. Wenig bekannt ist, dass Camaro sogar 2018). Alexander Camaro (Breslau 1901–1992 Berlin) umfangreich schriftstellerisch tätig war und hier eben- gilt heute als der bedeutendste Schüler des legendären falls Motive aus der Breslauer Zeit aufgriff. Letztlich re- Expressionisten . Auf Initiative der Cama- alisierte Camaro damit ein bemerkenswert vielseitiges, ro Stiftung entstand die Sonderausstellung daher ver- von hoher Vitalität bestimmtes Gesamtwerk, das in tiefend zu der in Berlin im Hamburger Bahnhof-Museum erweiterter Form und unter den Vorzeichen der Nach- für Gegenwartskunst vom 12. Oktober 2018 bis 3. März kriegsmoderne über Jahrzehnte hinweg dem Ideal eines 2019 gezeigten Schau „MALER. MENTOR. MAGIER. von Kunst durchdrungenen Lebens folgte. Otto Mueller und sein Netzwerk in Breslau“. Im Mittel- So hatte es ihm einst sein großes Vorbild Otto Mu- punkt der Görlitzer Ausstellung steht Camaros besonde- eller vorgelebt. Camaro war zeitlebens stolz darauf, sein re Beziehung zu Breslau, wo er seine Kindheit und Jugend Schüler gewesen zu sein. Mueller wurde für ihn über die verbrachte. Jahre zur Identifikationsfigur, die mit autoreflexiven Be- Es ist erstaunlich, wie nachdrücklich sich Camaros kenntnissen zu seiner schlesischen Herkunft verschmolz. Erinnerungen an seine schlesische Heimat und an seine Das lassen Camaros spätere Selbstinszenierungen er- Lehrjahre bei Otto Mueller an der Breslauer Akademie kennen und insbesondere eine mit „Hommage à Otto in seinem Werk bis in die Nachkriegsmoderne hinein of- Mueller“ betitelte Filmsequenz, die Motive aus Muellers fenbaren. Von Nostalgie getragene Schriftzeugnisse the- berühmter „Zigeunermappe“ von 1926/27 aufgreift. matisieren die Jugend im Breslauer Vorort Morgenau: Die Sonderausstellung mit rund 30 Bildwerken, Camaro beschreibt seine Liebe zur Natur, die in vielen eingerahmt von Filmausschnitten, Fotomaterialien und geheimnisvoll verschlüsselten Bildmotiven wiederkehrt. Texten, wird anschließend in abgewandelter Form vom Mit 16 Jahren erlernt er das Geigenspiel und zieht mit 5. April bis 29. Juni 2019 im Camaro Haus, Berlin, zu einer wandernden Artistentruppe umher. Die Erlebnisse sehen sein sowie vom 2. August bis 6. Oktober 2019 dieser Welt spiegeln seine ersten Bilder. „Diese Bilder im Breslauer Stadtmuseum (Schloss). Begleitet wird die […] blieb[en] die Quelle, aus der für Camaro alles ent- Ausstellung durch eine reich bebilderte zweisprachige stand. Oft in den letzten Jahren stand er frühmorgens Publikation (Preis: 25,- €). auf […] und betrachtete die Bilder auf Papier; auf denen Ab dem 2. November 2018 bietet das Schlesische er das entdeckte, was in seinen großen Leinwandbildern Museum zusätzlich mittelalterliche Kunst zum Anfas- auch war: Und die Zeit war damit aufgehoben: Zeit und sen. Erstmals in Deutschland stellt der Quaternio Verlag Ewigkeit [meint] dasselbe“, erzählte Camaros Schülerin Luzern seine neueste Faksimile-Edition vor: den kost- und spätere Frau, Renata Camaro. baren „Breslauer Psalter“. Die um 1265 entstandene Vor allem die Welt der Bühne, der Musik und der Handschrift aus dem berühmten Fitzwilliam Museum in Schaustellung sollte Camaro nicht nur als Bildmotiv, son- Cambridge begeistert durch ihre überaus prächtige und dern auch in anderen Kunstformen nie wieder loslassen, erzählfreudige Ausstattung. Für die 147 Blätter wurden sei es als Tänzer der Dresdener Wigman-Schule, als insgesamt 36 Kalenderbilder, 28 ganzseitige Miniaturen,

46 Schlesischer Kulturspiegel 53, 2018 zehn ganzseitige Zierinitialen, 168 Miniaturen auf den Nähe zu betrachten und sogar im originalgetreuen Faksi- Seitenrändern und zahllose andere Schmuckelemente mile-Band zu blättern. Umrahmt wird die Schau mit fach- geschaffen – alles in leuchtenden Farben und vieles auf kundigen Informationen der beteiligten Wissenschaftler. funkelndem Goldgrund. Dank einer großzügigen Schenkung des Quaternio Ver- Auftraggeberin der Handschrift war vermutlich Anna lags Luzern kann der faksimilierte ‚Breslauer Psalter‘ im von Böhmen (1201/04–1265), die Schwiegertochter der Anschluss in der Dauerausstellung des Museums besich- Hl. Hedwig. Der Anlass könnte die Heirat Herzog Hein- tigt werden. richs III. von Schlesien-Breslau mit Helene von Sachsen Die Projekte werden gefördert von der Beauftragten gewesen sein. Psalter wurden in dieser Zeit häufig als der Bundesregierung für Kultur und Medien und mitfi- fürstliche Geschenke in Auftrag gegeben. Als Herstel- nanziert durch das Sächsische Staatsministerium für lungsort kommt das Kloster Leubus in Frage, das im 13. Wissenschaft und Kunst mit Steuermitteln auf Grundla- Jahrhundert in Schlesien als einziger Ort für die Anfer- ge des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtags tigung solcher Handschriften bekannt ist. Der Psalter beschlossenen Haushaltes. Das Camaro-Projekt wird ist ein eindrucksvolles Zeugnis für den kulturellen Aus- außerdem mitfinanziert durch Projektmittel des Säch- tausch zwischen Ost und West, Süd und Nord, denn er sischen Staatsministeriums des Innern. Johanna Brade verbindet Elemente aus sächsischen, thüringischen und fränkischen Handschriften mit französischen und italie- Schlesisches Museum zu Görlitz nischen Schmuckformen. Brüderstraße 8, 02826 Görlitz Die Ausstellung bietet Gelegenheit, die einzelnen Sei- Tel. 03581/8 79 10; www.schlesisches-museum.de ten der Handschrift mit ihren vielen Details aus nächster Öffnungszeiten: Di – So 10-17 Uhr

Neue Kulturreferentin für Schlesien

Geschichte, Gegenwart und Kultur Schlesiens breitenwirksam vermitteln

Am 1. August 2018 hat Agnieszka Bormann ihre Tätig- Agnieszka Bormann lebt und arbeitet seit 2005 in Gör­ keit als neue Kulturreferentin für Schlesien aufgenommen. litz. Sie bringt reiche Erfahrungen im Projektmanagement Das teilte der Vorstand des Schlesischen Museums zu und in deutsch-polnischen Kooperationen mit. Zuletzt war Görlitz mit. Die Germanistin und Kulturmanagerin wird sie in der Görlitzer Kulturservicegesellschaft mbH tätig. die ­bisherige Kulturreferentin Dr. Annemarie Franke ab- Als Kulturreferentin übernimmt sie die Aufgabe, Geschich- lösen, die diese Stelle fünf Jahre innehatte und die ihren te, Gegenwart und Kultur Schlesiens breitenwirksam zu ­Lebensmittelpunkt wieder ins schlesische Kreisau zurück vermitteln, deutsch-polnische Begegnungen zu organisie- verlegen wird. ren und Projekte Dritter fachlich zu begleiten.

SCHLESISCHER BÜCHERWURM Neuheiten aus der Kultur und Geschichte Schlesiens

Die folgende Titel haben wir für Sie näher angeschaut. Ältere Titel werden nur kurz vorgestellt. Die angezeigten Bücher können in der Regel über jede Buchhandlung bezogen werden, nicht jedoch über die Stiftung Kulturwerk Schlesien.

Therese Chromik (Poesiealbum 337). Aus- zum Nachfühlen und Nachdenken einladen. Das mit Nachdenklichkeit verbindet und für Toleranz wahl Helmut Braun, Grafik Therese Chromik. Umschlagbild, ein ironisches Selbstporträt und und Besonnenheit wirbt. Ihr Schreibstil ist unauf- Märkischer Verlag, Wilhelmshorst 2018, 32 S., eine Zeichnung von Therese Chromik schmücken geregt und doch haben manche ihrer Sätze die 1 Grafik, 5,00 Euro. ISBN 978-3-943708-37-0. das Heft. „Qualität einer Gedankenzündkerze“, wie Helmuth In der von Bernd Jentzsch und Klaus-Dieter Som- A. Niederle in seinem klugen Nachwort schreibt mer begründeten Reihe „Poesiealbum“ erschie- Ilse Tielsch: Von der Freiheit schreiben zu – und was soll Literatur anderes, als zum Denken nen zwischen 1967 und 1990 in der DDR monat- dürfen. Driesch Verlag, Drösing 2014, 125 S., anregen? lich preiswerte Hefte mit Werken deutscher und 14,00 Euro. ISBN 978-3-902787-29-3. internationaler Lyriker. Im März 2007 wiederbe- Der zum 85. Geburtstag der Autorin herausge- Dietmar Neß: Schlesisches Pfarrerbuch. Bd. lebt, wurden für Heft 337 Gedichte von Therese gebene Band vereint ihre Dankesreden zu den 10: Bildband. Evangelische Verlagsanstalt, Chromik ausgesucht, darunter 26 Erstveröffent- Auszeichnungen mit dem Anton Wildgans-, dem Leipzig 2018, 343 S., 62 farb., 989 sw. Abb., lichungen. Wie stets stellt sich die Dichterin mit Amadeus Mozart- und dem Eichendorff-Litera- 88,00 Euro. ISBN 978-3-374-05074-1. „scharfem Blick den Dingen des Lebens, … mit turpreis; sie geben viel vom Bezug der Autorin zu Etwas Neues unter den Pfarrerbüchern präsen- überraschenden Wortspielen, aber stets kurz, den Namensgebern der Preise bekannt und auch tiert der Bearbeiter: einen Bildband. So wird prägnant und, bei aller Kraft und Dichte, leicht- von der Biographie von Ilse Tielsch. In den sieben zu den Namen und Zahlen der Vorgängerbände füßig und transparent.“ (Sonja Wenzel) Mit ihren weiteren Texten geht es um die Problematik von die Anschauung hinzugefügt. Über 1000 Bilder Gedichten will sie Gefühl und Verstand berühren, Identität und Freiheit, wobei Ilse Tielsch Erlebtes zeigen Epitaphien und Grabsteine, Schnitte und

Schlesischer Kulturspiegel 53, 2018 47 Stiche, Gemälde und Fotografien von Pfarrern und Pfarrerinnen, Diakonissen, Kollegien und Kirchengruppen, teils im Porträt, teils bei kirch- lichen Handlungen, teils in Alltagsszenen. Erkenn- bar wird auch der Wandel, wie sich ein Pfarrer präsentiert: in Amtstracht mit und ohne Orden, im jeweils modischen Anzug, im Hemd oder im Pullover. Erfolglos waren leider die Bitten um Vorlagen aus Oberschlesien und den Teschener und Troppauer Gemeinden. Dennoch – ein Band der Erinnerung etwa an Norbert Ernst, Hans- Joachim Fränkel, Johannes Grünewald, Gerhard Hultsch und Klaus Wollenweber, erschlossen durch ein Namensregister. 56 Abb., 1 Vorsatzkte., 19,99 Euro. ISBN 978- 3-8275-0033-5. Harald Dierig: Der leidvolle Weg zu einem Rudolf Hamburger, am 3. Mai 1903 als Sohn des neuen Zuhause. Ostdeutsche Heimatver- Textilfabrikanten Max Hamburger in Landeshut triebene im Landkreis Münster nach 1945. in Schlesien geboren, am 1. Dezember 1980 in Aschendorff Verlag, Münster 2013, 393 S., 76 Dresden gestorben, ein Meisterschüler von Max sw. Abb., 7 Tab., 7 Ktn., 29,80 Euro. ISBN 978- Poelzig, wird Architekt in Shanghai und Agent 3-402-12993-7. für den sowjetischen Geheimdienst. Er fliegt in Die Unterlagen mehrerer Archive und Zeit- Teheran auf, flieht nach Moskau und wird dort zeugenberichte bilden die Grundlage dieser 1943 als angeblicher Doppelagent zu zehn Jah- Untersuchung. Sie gilt den vor allem 1946 in ren Arbeitslager verurteilt. Dieses Jahrzehnt be- organisierten Bahntransporten in den Land- schreibt er eindringlich in seinem in den 1970er kreis Münster gelangten Heimatvertriebenen. Jahren verfassten Bericht: ein Überleben im Beleuchtet werden ihre Aufnahme und Einglie- Zwiespalt von Anpassung und Selbstbehauptung. derung, ihre Alltagssorgen, ihre elende Unter- 1955 gelangt er in die DDR, arbeitet wieder als bringung und weitere Deklassierungen, aber Architekt, vor allem an der Planung Hoyerswer- auch ihr beruflicher Neubeginn, die Bewahrung das. An seiner kommunistischen Überzeugung ihrer kulturellen Traditionen und ihr Streben nach hält er sein Leben lang fest. Der Bericht wird hier einem eigenen Zuhause. Aufgezeigt werden auch Heinrich J. Jarczyk. Überlebens-Künstler. erstmals von seinem Sohn ediert und um eine die Belastungen der ­Einheimischen, die Einquar- Erinnerungen an die Jahre 1943-1952. Schilderung seines Lebens ergänzt. Das Buch ist tierungen, die ­Probleme des Zusammenlebens, Laumann-Verlag, Dülmen 2018, 171 S., 233 sw. nur noch als elektronische Publikation erhältlich die Veränderungen im kirchlichen Bereich, aber Abb., 19,80 Euro. ISBN 978-3-89960-467-2. (15,99 Euro, ISBN 978-3-641-10938-7). auch die Hilfen der Ansässigen. Entstanden ist Der 1925 in Neisse geborene Autor verbindet so ein Buch zur Eingliederung der Vertriebenen in diesem Buch seine schriftlichen Erinnerungen auf lokaler Ebene. mit seinen künstlerischen Zeichnungen, Wort und Bild ergänzen sich also. Dargestellt wird Erwin Pollak: Deutsche Schlesier im sozia- die Zeitspanne 1943 bis 1952, d.h. Militärzeit listischen Polen. Ein autobiographisches in Frankreich und am Niederrhein, Kriegsgefan- „Schlesischer Kulturspiegel“ ISSN 1437-5095 Dokument. Osteuropa Zentrum Berlin, Berlin genschaft in Belgien und Studienzeit in München, Herausgeber und Verlag: 2013, 471 S., 31 Abb., 19,90 Euro. ISBN 978- ein Kriegs- und Nachkriegsschicksal. Über 200 Stiftung Kulturwerk Schlesien, 3-942437-05-9. Skizzen und Zeichnungen geben einen Einblick in Kardinal-Döpfner-Platz 1, 97070 Würzburg; Der Autor, 1940 in Lobkowitz, Kr. Neustadt das Soldatenleben, zeigen insbesondere franzö- Tel. 0931/5 36 96; Fax 0931/5 36 49 O.S., geboren, bietet in seiner Autobiographie sische Landschaften, Architektur, Städte, sogar email: [email protected] Erinnerungen an seinen bäuerlichen Geburtsort Comics – Zeichnungen gegen die Stumpfheit der Erscheinungsweise: 4x jährlich – ältere nach den Erzählungen der Dorfbewoh- Gefangenschaft eines Künstlers, der so über- Texterfassung und redaktionelle Bearbeitung: ner, jüngere aus eigenem Erleben – und seinen lebt. Die Sehnsucht nach der Heimatstadt ver- Anja Weismantel und Dr. Ulrich Schmilewski Lebenslauf als deutscher Schlesier im sozialis- deutlichen 22 meisterhafte Skizzen von Neisse, Layout und Endredaktion: tischen Polen. gezeichnet aus der Erinnerung in der Kriegsge- Pressebüro Context, Würzburg Mit seinem Insistieren auf verfassungs­ fangenschaft. Nach dem Studium der Biologie Nachdruck von Beiträgen und Wiedergabe von mäßigen Rechten gerät er ins Visier des und Chemie wird der Autor 1952 promoviert, Abbildungen nur mit schriftlicher Genehmigung ­Geheimdienstes, ins Gefängnis und in die staat­ Tätigkeit in Forschung und Industrie, seit 1986 und Quellenangabe. liche Psychiatrie. Schließlich stellt er einen An- widmet er sich ausschließlich dem Zeichnen, Ma- Regelmäßige Zusendung erfolgt auf schriftliche trag auf Ausreise, der nach der Methode „Erst len und Radieren. Bestellung beim Herausgeber und gegen eine sitzen, dann ausreisen“ genehmigt wird. 1975 Spende auf Konto-Nr. kommt er in den Westen und nach Bochum, Rudolf Hamburger: Zehn Jahre Lager. Als IBAN DE34 7907 0016 0023 6000 00 Lobkowitz besucht er 1997 erstmals wieder und deutscher Kommunist im sowjetischen BIC DEUT DE MM790 registriert, wie stets gut beobachtend, die Ver- Gulag. Ein Bericht. Hgg. von Maik Hambur- Techn. Herstellung: diedruckerei.de änderungen. ger. Siedler Verlag, München 2013, 239 S.,

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