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Unternehmen

Neuer Wilder

olfgang Bernhard (44) mag keine VW Der Marken-Chef Wolfgang Versteckspieler. Sie sind ihm zu- Wwider, die Planer und Entwick- Bernhard räumt auf: schnell, ler, die sich davonstehlen, wenn es an die wirkliche Arbeit geht. Die nur telefonieren, effizient, gnadenlos. Ein Kulturschock in Meetings sitzen und sich gegenseitig wichtige Folien zeigen. Er hat sie bei Mer- erschüttert Wolfsburg. cedes getroffen und bei Chrysler; er schimpft sie bevorzugt „Ver-Tschüsser“. Jetzt bekämpft er sie bei VW. Gleich bei einem der ersten Treffen An- fang Mai überraschte der Chef der Marken- gruppe VW seine Wolfsburger Produktions- und Entwicklungsexperten mit einer schockierenden Order: Alle für ein paar Tage ans Band! Alle raus ins Werk! Die Fer- tigung beschleunigen! Die Qualität verbes- sern! „Geh zur Quelle“, heißt das bei Toyota. Dort ist es Normalität. Bei VW verpuffen solche Vorstöße in der Regel. Bernhard aber meinte es ernst. Schon gegen sieben Uhr am nächsten Mor- gen kam Post vom Chef. Der Inhalt der E-Mails: ein detaillierter Plan für die dreitägigen Vor-Ort-Einsätze. Um di- rekt das nächste Zeichen zu setzen, missachtete Bernhard die Hierar- chiestufen. Er überging die mächtigen Bereichsleiter und verschickte die Botschaften

34 managermagazin 7/2005 FOTOS: JOCHEN LUEBKE/DDP/LLADO/PLAINPICTURE,/ PR/[M] MM-MONTAGE Unterrnehmen VW

Zusammenhänge und Technik Mann der Extreme gleichermaßen detailliert beherrsche, Lauwarm sind nur die anderen: Wolfgang Bernhards Welt erinnert sich ein DaimlerChrysler-Mann. „Fast autistisch hat der unsere DE R PR IVATMAN N: Wolfgang Bernhard der Leitung des Mercedes-Vorstands Bedenken ignoriert“, schimpft ein (44) hat früher in den Ferien Straßen- Manfred Remmel, heute Chef des Auto- Betriebsrat. musik gemacht, er ist Hobbybergsteiger, zulieferers Magna Steyr, verdoppelten Bernhard leitete den Produktionsanlauf er läuft gern. Und er ist bekannt dafür, Bernhard und seine McKinsey-Kollegen der S-Klasse, er brachte die Tuning-Toch- dass er höchst ungern über Privates bei Mercedes binnen fünf Jahren die ter AMG in Schwung, gemeinsam mit redet. Der VW-Vorstand wuchs Produktivität. Die Zahl der Mitarbeiter sank Dieter Zetsche räumte er bei Chrysler als viertes von neun Kindern eines Volks- um 20 000, die Einkaufskosten fielen auf. Das Ergebnis: 26 000 Entlassun- schullehrers im Allgäu auf. Inzwischen ist um gut 25 Prozent. Bernhard wechselte gen, aber auch steigende Marktanteile er verheiratet und seit 1999 Vater. 1994 zu Mercedes. und schwarze Zahlen. „VW hat ein Juwel DER AUFSTEIGER: Der Wirtschafts- Die Erinnerungen an ihn divergieren bekommen“, sagt Nate Gooden, Vize- ingenieur und promovierte Ökonom kam extrem: Er habe noch niemanden präsident der US-Gewerkschaft 1991 als Berater zu Mercedes. Unter gesehen, der wie Bernhard wirtschaftliche UAW und DaimlerChrysler-Aufsichtsrat. DER VERSTOSSENE: Eigentlich sollte die- ses Juwel jetzt Chef der Mercedes Group sein. Aber Bernhard beteiligte sich 2004 an einem Aufstand gegen die Asien-Strategie von Konzernchef Jürgen Schrempp und kündigte ein „Blutbad“ bei Mercedes an. Das war zu viel. Eine große Koalition der Verärgerten sorgte dafür, dass der neue Chef gehen musste – zwei Tage vor seinem Amtsantritt.

zent. In Wolfsburg, bei VW-Betriebs- ratschef Klaus Volkert (63), klingelte ständig das Telefon. Wie er denn diesen Rambo zulassen könne, wollten die Anrufer wissen. Es waren keine Arbei- Zapfen in Detroit: Wolfgang Bernhard (r.) und Dieter Zetsche (M.) auf der Automesse ter, die da voller Furcht anklingelten, sondern Manager; vor allem aus den an die Leiter der Planungsgruppen, DIE NOT IST GROSS in Wolfsburg. Das mittleren Ebenen. Teams mit etwa 25 Mitgliedern. schafft die Voraussetzungen für radika- Euphorie auf der einen Seite, Angst So beginnen Revolutionen. les Handeln. Seit Jahren geht es bergab auf der anderen. Bernhard ist ein Mann Ein halbes Jahr gehört Wolfgang Bern- mit der Marke VW: In den Qualitäts- der Extreme, auch in seinem neuen Job. hard dem Vorstand des - statistiken rangieren , Touareg & Aber ist er auch extrem gut? Konzerns an. Seit zwei Monaten leitet er Co. weit hinten, auf den wichtigen Aus- Als Wolfgang Bernhard jüngst einer die Markengruppe VW, und damit ne- landsmärkten China und USA verlieren Gruppe Manager seine Pläne vorstellte, ben VW die Marken Sˇkoda, und die Wolfsburger den Anschluss, im Kon- erzählte er ihnen, wie er vor Jahren – . Doch schon sprechen in Wolfs- zern muss die Ingolstädter Schwester noch als Mercedes-Manager – auf Auto- burg einige davon, der Neue habe mehr das Ergebnis retten (siehe Grafi- mobilmessen stets zum VW-Stand gepil- angestoßen als sein Vorgänger in drei ken Seite 38). gert sei. Die Drei-Millimeter-Spaltmaße Jahren. Der heißt Bernd Pischetsrieder Die Markengruppe VW ist 2004 in die habe er bestaunt, die TDi-Motoren, das FOTO: CHARLES TINES/THE DETROIT NEWS/GAMMA (57) und ist jetzt nur noch Konzernchef. roten Zahlen gerutscht. Selbst mit dem Interieur des Audi TT. „Und heute?“, Bernhard feuert als erste Amtshand- Golf verlieren die Wolfsburger Geld. fragte Bernhard dann: „Wo sind wir lung den Motorenchef; er verlangt von Das ist in etwa so, als könnte McDo- heute noch vorn?“ Die Antwort gab er den Zulieferern, dass sie ihre Preise um nald’s den Big Mäc nicht mehr mit Ge- selbst: „Nirgends.“ 10 Prozent senken; er ruft Sparklausu- winn verkaufen. Dann folgten Töne, die Wolfsburgs ren nach dem Muster des Vatikanischen Als Bernhards Wechsel nach Wolfs- Altvordere lange nicht mehr gehört Konzils zusammen: Erst wenn die Er- burg im vergangenen Oktober publik hatten: Die asiatischen Hersteller sind gebnisse da sind, dürfen die Teilnehmer wurde, tat sich zweierlei. In Frankfurt, der Angreifer. Sie wollen Europas Auto- nach Hause. Nichts geht schnell genug, an der Börse, kauften die Anleger plötz- industrie kolonialisieren, so wie sie es nichts ist gut genug, nichts ist heilig. lich wie von Sinnen VW-Aktien. Der mit der amerikanischen gerade machen, Auch seine Vorstandskollegen nicht. Kurs stieg an jenem Tag um satte 8 Pro- analysierte Bernhard. Wer jetzt nicht

36 managermagazin 7/2005 Unterrnehmen VW Krisenjahre – der Abstieg der Markengruppe VW Im Branchenvergleich In Nordamerika versprach Pischetsrieder Wolfsburg die Umsatzrendite1 in Prozent Absatzänderung in Prozent zum Vorjahr Toyota Produktion des Wagens. Im portugiesi- 10 0,05 2002 2003 2004 2005* schen Palmela wäre er 1500 Euro pro Auto billiger gewesen. 8 -4,9 Als Bernhard vor die C-SUV-Truppe -10,5 tritt, liegt die kalkulierte Produktrendite 6 -15,4 bei grausamen minus 10 Prozent. „Wir 4 müssen es gemeinsam schaffen, den -25,1* Wagen billiger hinzustellen“, schwört 2 der VW-Chef seine Leute ein. Und *Ende Mai. Quelle: VW macht ihnen gleichzeitig Angst: „Wenn 0 wir das nicht hinbekommen, wird das In China Auto nicht gebaut.“ Wolfsburg, das -2 Marktanteil in Prozent inklusive Audi größte VW-Werk, ist nur zu 70 Prozent ausgelastet. Wenn das Modell nicht -4 50 kommt, gleicht das einer Katastrophe. Also brüten die Entwicklungsteams 39 -6 den ganzen Tag über Verbesserungs- 31 25 möglichkeiten. Abends gegen sieben -8 kommt der Chef zurück, legt Jackett und ;ggy 13 Krawatte ab, setzt sich in die erste Reihe -10 2 und hört sich die Präsentationen der 20012002 2003 2004 2005 20012002 2003 2004 2005* Teams an. Vorschlag, kurze Diskussion, QQuelle:uelle: UUnternehmen,nternehmen, MorganMorgan Stanley/PrudentialStanley/Prudential *Ende April. Quelle: VW, eigene Recherche Entscheidung. Vorschlag, kurze Diskus- Im Konzernvergleich sion, Entscheidung. So geht das bis spät Konzern in die Nacht und, nach dem gleichen Gewinn und Verlust* in Milliarden Euro Markengruppe VW Muster, jeden Tag bis Mittwochabend. Markengruppe Audi Um 23.15 Uhr dann sind die von Bern- 5,4 hard geforderten 2000 Euro Einsparung 4,8 pro Auto erreicht. Was zuvor in zwei Jahren nicht gelang, 3,0 geht jetzt plötzlich innerhalb von fünf 2,5 2,2 Tagen. „Endlich laufen die Entschei- 1,5 1,4 1,6 1,6 dungen nicht mehr über den Tannen- 1,1 1,2 1,2 0,5 0,06 baum der Hierarchie“, lobt Konzernchef 2001 2002 2003 2004 2005 Bernd Pischetsrieder. „Jetzt entschei- *Betriebsergebnis. Quelle: VW; 2005: Prognose Morgan Stanley den die, die fachlich kompetent sind.“ Noch steht allerdings der Realitätstest der Pläne aus. „In der Regel lassen sich kämpft, hat verloren. So sprach zuletzt, wöhnlichen Zeit: Entwickler, Produk- nur 70 Prozent der Vorschläge verwirk- Anfang der 90er Jahre, der damalige tionsplaner, Designer, Logistiker, Ein- lichen“, bremst Pischetsrieder die Eu- VW-Chef Ferdinand Piëch, heute 68 und käufer – alle, die irgendwie wichtig sind phorie. Etliche Punkte sind diffizil, be- Aufsichtsratsvorsitzender. für den Bau des für 2007 geplanten sonders die vorgesehene Bezahlung der Bernhard ist einzig in Deutschlands Geländewagens auf Golf-Basis. „C-SUV“, Arbeiter nach dem niedrigeren Tarif der neuer Managergeneration, außerge- gesprochen „C-Suff“, heißt das Modell VW-internen Auto 5000 GmbH. Und: wöhnlich gleichermaßen in seinen Stär- bei VW, eine Abkürzung für „Compact Die VW-Zielvorgabe 8 Prozent opera- ken und seinen Schwächen. Erst McKin- Sports Utility Vehicle“. tive Modellrendite hat der Geländegolf sey-Berater, dann schneller Aufstieg bei damit noch lange nicht erreicht – statt- Mercedes, Daimler-Vorstand, zweiter ZWEI JAHRE LANG hatte der VW-Vorstand dessen nur eine schwarze Null. Mann bei Chrysler. Immer umstritten, ergebnislos über dieses Auto diskutiert. Auto um Auto lässt Bernhard auf immer erfolgreich, bis Daimler-Chef Einmal waren die Kosten zu hoch; die Einsparungen analysieren. Den für 2008 Jürgen Schrempp (60) ihn 2004 kurz vor Riege verlangte einen höheren Preis. geplanten neuen Polo hievten die VW- dem Amtsantritt als Mercedes-Lenker Dann musste der höhere Preis durch Leute von minus 5 Prozent auf die Ziel- im Streit feuert (siehe Kasten Seite 36). mehr Leistung gerechtfertigt werden, rendite, beim Golf wird noch gerechnet. Eines ist gewiss: Bernhard bewegt und die Kosten gerieten wieder außer etwas. Auch an einem Samstagmorgen Kontrolle. Ein Teufelskreis. DAS EWIGE HERUMDISKUTIEREN über im Mai, um neun Uhr in einer Halle auf Zusätzlich erschwerte die Jobgarantie neue Modelle ist vorbei, das hat Bern- dem Werksgelände. 400 VW-Leute hat vom vergangenen November die Dis- hard seinen Vorstandskollegen bereits Bernhard einbestellt zu dieser unge- kussion. Als Dank für den Lohnverzicht klar gemacht. So hatten die VW-Spit-

38 managermagazin 7/2005 Unterrnehmen VW Winterkorn ist bereits erfolgreich, Bernhard muss es noch werden – ein Wettkampf um die Rolle Vier Mächtige und des Konzernbesten. Schafft Bernhard bei VW die Wende, ein Neuzugang ist er als der Jüngere klarer Favorit für Das Führungsgeflecht des die Pischetsrieder- Volkswagen-Konzerns Nachfolge.

rnhard Wolfgang Be uppe VW Chef Markengr

Ma Bernhard und Pischetsrieder sind sehr rtin Wi nterko unterschiedliche Charaktere, können Chef Ma rn rkengruppe Audi aber nur zusammen gewinnen. Bernhard benötigt den Rückhalt des Konzernchefs, Pischetsrieder r Pötsch Hans Diete braucht dringend Erfolg. Finanzvorstand Aufsichtsratschef Piëch Pötschs Sparprogramm hat den bei Mercedes „ForMotion“ geht Bernhard abservierten Bernhard als Ferdinand Piëch Aufräumer zu VW geholt. nicht weit genug. Aufsichtsratschef Er will die Kosten schneller und stärker drücken. FOTOS: STEFAN BONESS/IPON, ROLAND MAGUNIA/BLOOMBERG NEWS, FOTO POLLEX/ACTION PRESS, JOERN POLLEX/DDP, MARKUS BENK/ACTION PRESS zenmanager über Jahre die Ent- schwunden, sein Einer seiner Markenchefs wunderte scheidung vor sich hergeschoben, Namensschild an sich, dass der Neuling ihm schon nach ob der C1 gebaut wird, das Bin- der Tür auch. einer knappen Viertelstunde Gespräch deglied zwischen Mittelklasse-Pas- rieder „Das Signal ha- erklärte, wie er seinen Job zu machen sat und Luxus-Phaeton. In Zukunft, Bernd Pischets ben alle ver- habe. hef kündigte Bernhard einem Vertrau- Vorstandsc standen“, sagt Bernhards langjähriger Weggefährte, ten an, werde es „zack, zack, zack“ ein Manager. Chrysler-Chef Dieter Zetsche (48), spöt- gehen. Er sei so lange im Geschäft; er Seitdem wird bei VW eifrig speku- telte jüngst in einem Interview, Bern- wisse, welches Auto funktioniere und liert, wer denn wohl als Nächster dran hard biete den Medien doch eine prima welches nicht. sei. Dass Bernhard den Job von VW- Story „über einen, der erst im Allein- Um neue Modelle schneller auf die Entwicklungschef Wilfried Bockelmann gang die S-Klasse gemacht, dann Chrys- Straße zu bringen, hat Bernhard die zum 1. Juli selbst übernimmt, war schon ler saniert hat und jetzt Volkswagen im Entwicklung durcheinander gewirbelt länger klar. Alleingang saniert, dann Deutschland und fünf Manager an die Spitze gesetzt, Ganz oben auf Bernhards Abschuss- und die Welt“. Es ist ein Hauch Größen- denen er vertraut. Wenn überhaupt je- liste, so berichten Vertraute, stehe jetzt wahn, den Zetsche da wittert. Das gna- mand, dann sind diese fünf und ein paar der für die Qualität verantwortliche denlose Selbstbewusstsein des Überflie- weitere Vertraute so etwas wie sein Team. Falko Schling. Bernhard kreidet ihm vor gers, der Vertrauten berichtet, nichts in allem die hohen Ausgaben für Garantie- Wolfsburg habe ihn wirklich überrascht. WAS MIT DENEN PASSIERT, die nicht mit- und Kulanzleistungen an – und die Nervös, überrascht, geschockt, das ziehen, hat Bernhard gleich an seinem schlechte Platzierung auf der amerikani- sind immer die anderen. Auch die 240 ersten Tag bei VW klar gemacht. Er schen J.-D.-Power-Rangliste. VW liegt Manager, die VW zur Zuliefererkonfe- feuerte Motorenchef Helmut Endres. in der Qualitätsstatistik nur auf Platz 33, renz ins „Maritim Airport Hotel“ in Die Hälfte der gut hundert Motoren im ist Viertletzter. Um wieder nach oben Hannover gebeten hat, sind auf alles Konzern sei überflüssig, hatte eine Pro- zu kommen, will Bernhard die Boni gefasst, als sie am Morgen des 10. Juni jektgruppe schon vor Jahren analysiert. der Führungskräfte an die Qualität der den Konferenzraum betreten. Der Vorstand hatte dem Befund zuge- Autos knüpfen. Sie denken an Chrysler – und daran, stimmt. Doch Endres blockte alles ab. Er ist sich längst sicher, wie er die was ihre Kollegen dort mit Wolfgang Die Vorschläge verschwanden in der Manager in seiner näheren Umgebung Bernhard erlebt haben. Der hatte die Schublade. Endres blieb. einzuschätzen hat. „Ich rede mit den Zulieferer Anfang 2001 in die Chrysler- Dann kam Bernhard. Binnen weniger Leuten zehn Minuten, dann weiß ich, in Zentrale nach Auburn Hills geladen. Die Tage musste Endres sein Büro räu- welchen Kasten ich die stecken muss“, Zeiten seien hart, hatte Bernhard be- men. Seine Sekretärin war plötzlich ver- hat er Vorstandskollegen anvertraut. gonnen. Dann die eigentliche Botschaft:

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Unterrnehmen VW

„Ich will Ihnen nur mitteilen, dass wir ab oder seinen Job bei VW. Bernhard will Einzelkämpfer neben den anderen morgen 5 Prozent weniger überweisen.“ Teams bilden, mal mit einem Zulieferer Mächtigen: Konzernchef Pischetsrie- Das war’s auch schon: keine Diskus- an der Spitze, mal mit einem VW-Mann. der, Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch sionen, stattdessen der Nachschlag, Dann spricht er von Geld, in kurzen, (54), dem Betriebsrat und – vielleicht am dass Chrysler auch in den beiden folgen- klaren Sätzen. In den nächsten beiden wichtigsten – Aufsichtsratschef Piëch. den Jahren jeweils 5 Prozent weniger Jahren sollen die Zulieferer insgesamt Hat er die nicht auf seiner Seite, kommt zahlen werde. Wer das nicht akzeptiere, um 10 Prozent billiger werden. Das Ziel auch ein Übermanager nicht weit. könne gehen. werde man natürlich gemeinsam an- Am einfachsten dürfte es Bernhard Als Bernhard nun seine Rede in bei Piëch haben. Der frühere Vor- Hannover beginnt, standschef gilt als der- sieht er jenige, der

Modellpoker Sharan sticht Golf: mit welchen Autos VW Geld verdient düster aus und ernst: fast schwarz ist der gehen, die Prozesse müssten optimiert Bernhard als Aufräumer haben wollte. Anzug, die dunklen Haare sind per Föhn- werden. „Die Botschaft war trotzdem Er wird ihm keine Knüppel zwischen welle in Form gebracht. Es ist dieser eindeutig“, sagt einer der Zuhörer: „Wer die Beine werfen. Look, die Ähnlichkeit mit Schauspieler das Ziel verfehlt, ist draußen.“ Mit Pischetsrieder hat es Bernhard Pierce Brosnan, der ihm bei Daimler den VW, das ist nur noch Bernhard in die- schon schwerer. Zwar erarbeiteten die Spitznamen „James Benz“ verschafft hat. sen Tagen. Zulieferer, Händler, Beleg- beiden im letzten Herbst gemeinsam schaft, Konkurrenten, alle beobachten den Sanierungsplan, zu Hause bei Pi- „WIR MÜSSEN BESSER WERDEN“, sagt genau, wie der Neue wirbelt. Auch die schetsrieder am Chiemsee. Zwar sind

Bernhard. Es geht um Qualität. Die Dro- lieben Vorstandskollegen. sie durch ein gemeinsames Ziel aneinan- FOTOS: PR hung: Wer es nicht schafft, verliert. Ent- Sie sind viele. Er ist allein. Bernhard der gekettet und wissen: Scheitert Bern- weder seinen Auftrag als Zulieferer – hat keine Hausmacht bei VW, steht als hard bei VW, wird der Konzernchef Unternehmen VW

kaum mehr zu halten sein. Aber BERNHARDS VOLLGASSTART bei VW ist verstärkt den Konflikt mit dem Be- ihr Verhältnis ist sehr nüchtern. Auch gut gelaufen, für das Unternehmen wie triebsrat suchen . wenn sie ihre Büros nebeneinander im für ihn persönlich. „Endlich tut sich et- Beispiel Auto 5000: Bernhard braucht 13. Stock des VW-Verwaltungshoch- was in Wolfsburg“, lobt etwa ein hoch- das Tarifmodell, das Personalvorstand hauses haben – ihre Zusammenarbeit rangiger Manager aus der Entwicklung. Peter Hartz (63) für den Bau des Vans beschränkt sich auf Telefonate, Vor- Jetzt geht es für den Neuzugang da- Touran entwickelte. 2000 Euro will er standssitzungen und ein gemeinsames rum, den Schwung der ersten Monate in beim C-SUV sparen. Etwa ein Drittel Abendessen alle zwei Wochen. zählbare Erfolge umzusetzen und dann davon entfällt auf die Komponente Auto Genauso hält es Pischetsrieder mit – in einer zweiten Phase – die langfristi- 5000. Sein Hauptverhandlungspartner Audi-Chef (58). Der gen Probleme anzugehen. wird der Betriebsratsvize Bernd Oster- sitzt 530 Autokilometer entfernt im Beispiel Kapazitätsauslastung: Auch loh (48) sein, der im März den aktuellen bayerischen Ingolstadt. andere Werke als Wolfsburg sind chro- Chef Klaus Volkert ablösen soll. Oster- Wo Bernhard die Zauderer im Vor- nisch nicht ausgelastet, zum Beispiel die loh hat bereits signalisiert, dass er ko- stand belächelt, warnt Pischetsrieder in Brüssel und im mexikanischen Pueb- operationsbereit ist. Aber die Detailver- vor übertriebener Eile: „Zuerst schie- la. Pischetsrieder lehnt Schließungen handlungen werden kompliziert. ßen, dann zielen, davon habe ich noch bislang ab. Bernhard hat indes schon bei Beispiel 28,8-Stunden-Woche: Wenig nie etwas gehalten.“ Finanzchef Pötsch vorgesprochen, weil bei VW sei Bernhard so unverständlich Bernhard kann es gar nicht schnell er verschiedene Risiken großzügig ab- wie die 28,8-Stunden-Woche für Ent- genug gehen, zum Beispiel beim Spar- programm „ForMotion“. Gerade erst Alternder Gigant: Wie hat Pischetsrieder in einem Interview ein Relikt der Industrie- angekündigt, „ForMotion“ werde fort- geschichte wirkt gesetzt. Der Konzern wolle weitere vier das Wolfsburger Milliarden Euro einsparen. VW-Kraftwerk. Voll aus- Bernhard verlangt viel mehr. Er will gelastet ist es längst allein bei VW sieben Milliarden Euro nicht mehr – genauso herausholen, etwa drei Milliarden da- wenig wie die von bei den Zulieferern. Am liebsten Autofabrik nebenan. wäre ihm deshalb ein eigenes Spar- programm für seine Marke. Das Prob- lem: Die Öffentlichkeit und die Finanz- märkte haben „ForMotion“ extrem gut aufgenommen. Pischetsrieder und der für das Projekt zuständige Pötsch hätten ein Problem, wenn sie die Sparaktion plötzlich als nicht ausreichend hinstel- federn wollte – etwa die mögliche Sanie- wickler, berichtet ein Topmanager. 40 len müssten. Auf der Führungskräfte- rung nicht ausgelasteter Werke. Stunden sind für Bernhard das - tagung des Konzerns werden sie Ende Beispiel Personalabbau: Pötsch hat mum. Die Arbeitszeit dürfte eines der Juni verkünden, wie es weitergeht. ein internes Benchmarking erstellen las- Themen sein, die er vorrangig angehen Klar ist allen, dass erst die nächste sen: Welches Werk liegt in welchem Be- wird. „ForMotion“-Phase wirklich schwierig reich vorn? Orientierten sich jetzt alle Noch herrscht weitgehend Frieden – wird. Bislang war es relativ einfach, die an den Besten – etwa am Produktivitäts- auch weil Bernhard gerade wichtige Budgets zu kürzen – und so in zwei Jah- Vorbild Palmela –, könnten allein bei der Entwicklungsarbeiten, die ausgelagert ren fast fünf Milliarden Euro einzuspa- Marke VW 6000 bis 8000 Arbeitsplätze waren, zurück zu VW holt. So etwas ren. Ab 2006 geht es ans Eingemachte. überflüssig werden. stößt beim Betriebsrat auf Wohlwollen. Die Probleme werden vorerst bleiben, Noch wartet Wolfgang Bernhard mit Wie schwierig es aber in Deutsch- teilweise noch auf Jahre. Noch immer solch tiefen Einschnitten. Im März lands größtem Autokonzern selbst bei brauchen die Arbeiter in Wolfsburg 2006 stehen Betriebsratswahlen an. scheinbar kleinsten Fragen sein kann, dreimal so lange wie ihre Toyota-Kolle- „Bis dahin herrscht bei uns Reform- erlebt Bernhard immer wieder. Wie gen, um ein Auto zu bauen. Noch immer stau, das ist wie vor Bundestagswahlen“, jüngst auf einer Betriebsrätekonferenz. fehlt ein Modell, das die US-Kunden sagt ein Wolfsburger Arbeitnehmer- Stolz hatte er von seinen Sparerfolgen wieder zu VW locken könnte. Noch im- vertreter. Danach aber wird Bernhard erzählt und davon, dass etliche Teile mer fertigt VW deutlich mehr Autoteile künftig nicht mehr von den werks- selbst als die Konkurrenz – und hat da- ONLINE eigenen Gießereien hergestellt würden. durch einen deutlichen Kostennach- Mit welchen Modellen das Duo Prompt kam der Dämpfer: Ein Betriebs- teil. Noch immer ist der Konzern einige Pischetsrieder/Bernhard die Marke VW rat stand auf und protestierte. Eine Aus- Milliarden Euro von seinem Ziel ent- wieder auf die Erfolgsspur führen lagerung sei nicht möglich. Sie verstoße fernt, die Kapitalrendite auf 9 Prozent will, lesen Sie unter: gegen die Standortsicherungspakete.

FOTOS: TRAVELSTOCK44.DE FOTOS: zu steigern. www.manager-magazin.de/link/vw Michael Freitag

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