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PETER REISSIG Ich war Ferdinand von Schill Großes gewollt zu haben ist groß Zum 200. Todestag am 31. Mai 2009

as heißt, „Ich war“? Da behauptet der Schreiber eines den Rückseiten den eine Schlange packenden Adler dar. Die historischen Romans, Ferdinand von Schill sei 1806 Schlange symbolisiert die französische Fremdherrschaft. Wbei Jena und Auerstedt gefallen, ein anderer habe sei- Natürlich spielte der Erzfeind Frankreich Anfang des 20. ne Uniform übergezogen, sich als dieser ausgegeben und die Jahrhunderts schon wieder eine Rolle – z.B. in der Kolonial- Heldentaten vollbracht! politik – und der Kaiser glaubte gut daran zu tun, die Erinne- Als Befreiungskriege bezeichnet man geläufig die Erhebun- rung an die Gräueltaten der französischen Okkupanten, aber gen gegen die napoleonische Fremdherrschaft in den Jahren auch deren Niederlage 1813 wach zu halten. 1813 bis 1815. Die vernichtende Niederlage nach Das Königreich Sachsen prägte zur Jahrhundertfeier der dem Rußlandfeldzug ermutigte die unter französischem Joch Völkerschlacht bei Leipzig eine 3-Mark-Münze (s. Abb. 3) leidenden Völker Europas, ihre Kräfte zu vereinen, um in den mit dem Bild des nach 15-jähriger Baudauer 1913 eingeweih- Oktobertagen 1813 bei Leipzig den entscheidenden und 1815 ten Denkmals zu Ehren der über 120.000 gefallenen Solda- bei Waterloo endgültigen Sieg zu erringen. ten.

Abb. 1: Preußische Medaille 1913, „Frisch auf mein Volk! Die Flammen- Abb. 3: Sachsen, 3 Mark 1913, Völkerschlachtdenkmal bei Leipzig, Kat. zeichen rauchen“ (Foto: Caspar) Jäger 140 (Foto: Autor) Numismatische Referenzen – die Befreiungskriege betref- Es kam schon einige Jahre vor den eigentlichen Befreiungs- fend – gibt es genügend, während die massiven Volkserhebun- kriegen – nach der Machtübernahme Napoleons – in deutschen gen vor dieser Zeit offensichtlich weniger als Vorlage für Mün- Ländern zu Erhebungen gegen die französische Fremdherrschaft. zen, Medaillen und Notgeldscheine dienten. Eine der herausragendsten, aber auch tragischsten Figuren dieser Zeit war Ferdinand von Schill. Frisch auf mein Volk! DDR und Preußen Insbesondere wurden 1913 zum Gedenken an den Sieg über die Franzosen vor Hundert Jahren Münzen und Medaillen Staats- und Parteiführung der DDR propagierten als Ziel hergestellt. Die preußische Medaille „Frisch auf mein Volk! die Errichtung des Sozialismus auf Erden – ein Weltsystem oh- Die Flammenzeichen rauchen“ (s. Abb. 1) zeigt das ein Jahr- ne Monarchien und kapitalistische Wirtschaft. Der Weg dahin hundert zuvor vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. erforderte die Auseinandersetzung mit den real existierenden gestiftete Eiserne Kreuz und einen Soldaten, der in Richtung Strukturen. Dabei wurden militärische Aktionen nicht nur Frankreich über den Rhein hinweg zum Aufstand ruft. Das Zi- nicht ausgeschlossen, sondern sogar als notwendig und unver- tat stammt aus einem Gedicht von Theodor Körner von 1813, meidlich angesehen. Erfahrungen in der Kriegsführung der dem Jahr der nationalen Erhebung. letzten Jahrhunderte galt es zu nutzen. Selbst Hitlers Militär- Die in Auflagen 1,5 bzw. 2,0 Mio. Stück geprägten Silber- verwaltung wurde auf Übertragbarkeit hin geprüft /1/. münzen Preußens 2 bzw. 3 Mark 1913 (s. Abb. 2) stellen auf Ebenso fand man in militärischen Strukturen und Verord- nungen preußisches Gedankengut wieder. Die Befreiungskriege spielten in der DDR-Propaganda - politik eine große Rolle. So wurde auch die Herausgabe von Gedenkmünzen for- ciert, die auf bedeutende Personen im Zusammenhang mit die- sen Kriegen hinweisen sollten:

5 Mark 1976 Ferdinand von Schill (1776-1809), Auflage: 100.000 10 Mark 1980 Gerhard Johann David von Scharnhorst (1755-1813) Auflage: 55.000, davon PP 5.500 Abb. 2: Preußen, 2 Mark 1913, Rs. und Vs., „Der K önig rief und alle ka- 20 Mark 1981 Freiherr vom und zum Stein (1757-1831) Auf- men“, Kat. Jäger 109 (Foto: Autor) lage: 45.000, davon PP 5.500

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Idee: Traditionsschützenverein und Kulturhistorisches 5 Mark 1984 Adolf Ludwig Wilhelm Freiherr von Lützow Museum (1782-1834), Auflage: 60.000, davon PP 5.000 Entwurf: Ingolf Wehowsky und Hagen Holger Herbst 20 Mark 1985 (1769-1860), Auflage: GbR 45.000, davon PP 4.000 Hersteller: Hagen Holger Herbst GbR, Greifswald (Auflagezahlen nach /2/, Recherchen ergeben aber Abweichun- Bewertung: Preis 14,50 EUR, tragbar (mit Band) 27,00 gen von diesen) EUR Vorderseite: Brustbild. Major Ferdinand von Schill, unifor- Die Münze zum 200. Geburtstag des Ferdinand von Schill miert, Gedenkjahr 2009, Geburts- und Sterbe- wurde am 6. Januar 1976 von der Staatsbank der DDR heraus- datum/ort gegeben (s. Abb. 4). Rückseite: Orden Pour le Mérite, und der Text: MAGNA VOLLUISSE MAGNUM OCCUBUIT FATO IACET INGENS LITORE TRUN- CUS AVOLSUMQUE CAPUT TAMEN HAUD SINE NOMINE CORPUS

Abb. 4: Gedenkmünze DDR, 5 Mark 1976, Kat. Jäger 1559 (Foto: Autor)

Hier die numismatischen Daten /2/:

Gestaltung: Axel Bertram, Berlin (geb. 1936 in Dresden) Abb. 5: Medaille „Ferdinand von Schill“, her ausgegeben anlässlich des Prägestätte: VEB Münze der DDR Todestages am 31. Mai 2009 (Foto: Autor) Graveur: Klaus Langanke Vorderseite: Husarensäbel und Husarenschako, Jahreszah- Die Erinnerungsmedaille gaben gemeinsam der Stralsun- len 1776 und 1809, muldenförmig vertieft ohne der Schützenverein und das Kulturhistorische Museum heraus Randstab – erhältlich an der Museumskasse, kann mit Sicherheit auch be- Rückseite: Staatswappen der DDR, Umschrift „Deutsche stellt werden (Kulturhistorisches Museum Mönchstr. 25/27, Demokratische Republik * 1976 * 5 Mark *, 18439 Stralsund). ohne Randstab Die Rückseite zeigt den Orden „Pour le Merite“, den 1806 Rand: Glatt, mit vertiefter Randschrift vierfach „5 König Friedrich Wilhelm III. Schill verlieh. Mark *“ Der um den Orden verlaufende Text lautet auf Deutsch Mzz: ohne sinngemäß: Legierung: Cu 620 Ni 180 Zn 200 „Großes gewollt zu haben ist groß. Er ist hingesunken durch Durchmesser: 29 mm das Schicksal. Am Gestade liegt der mächtige Rumpf. Der Kopf Masse: 12,2 g wurde weggeschafft, so ist doch der Körper nicht namenlos.“ Auflage: 100.000 (auch 100.216 in der Literatur be- kannt) Katalogisierung: Jäger 1559 Bewertung: money trend 3/2009 – 19,00 EUR (vz) und 24,00 EUR (st)

Geboren in Sachsen Zwischen den sächsischen Orten Rabenau und Possendorf am Fuße des Osterzgebirges liegt das einst eigenständige Dörf- chen Wilmsdorf – wenige Einwohner zählend. Einer der legen- Abb. 6: Das Geburtshaus in W ilmsdorf/Sachsen – mit Gedenktafel därsten Krieger gegen Napoleons Truppen wurde hier am 6. Ja- (Foto: Autor) nuar 1776 geboren – Ferdinand Baptista von Schill. Den Geburtsort kennt nicht jeder, eher schon die Stadt im Ferdinand Baptista von Schill entstammte einer Offiziers- heutigen Mecklenburg-Vorpommern, in deren Straßen Schill familie – die Vorfahren sollen aber Bauern und Handwerker 1809 sein Leben lassen musste – Stralsund. gewesen sein. Sein Vater – Johann Georg von Schill diente als Sowohl in Sachsen, Mecklenburg und Pommern als auch in Oberstleutnant, hatte am Siebenjährigen Krieg (1756-1763) allen Gegenden, in denen Ferdinand von Schill und seine Sol- teilgenommen und wurde 1773 in den polnischen Adel aufge- daten Bedeutung und Ruhm erlangten, ehrt man diese Frei- nommen. heitskämpfer und Volkshelden besonders. Ein Geburtseintrag im Possendorfer Kirchenbuch von 1776 Ich möchte mit den folgenden Daten auf eine sehr schöne hört sich so an /3/: Medaille aufmerksam machen, die zu Schills Ehren anlässlich „Herr Johann George von Schill, Poln. Obrist Lieutnant des 200. Todestages geprägt wurde (s. Abb. 5): und dero Frau Gemahlin (später eingefügt – geb. von Traglauer) auf dem Vorwerk in Wilmsdorf haben am 6. Januar einen Sohn Größe: 35 mm Durchmesser geboren, und Ferdinand Baptista genennt worden“. Gewicht: 20 g Die Kindheit des Ferdinand von Schill war kurz – ob freud- Metall: Cu, versilbert voll, weiß man nicht. Jedenfalls war sie spätestens 1790 beendet.

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Ich war Ferdinand von Schill – Großes gewollt zu haben ist groß

Auf Anordnung seines Va- Schill verstand es, seine untergebenen Soldaten zu begei- ters trat der Vierzehnjährige in stern und die Befreiung der Heimat zur Ehrensache zu ma- das Dragonerregiment Ans - chen. Mit Organisationstalent und militärischem Geschick bach – Bayreuth (stationiert in kämpfte er als leidenschaftlicher Akteur für die Freiheit an der Pasewalk) ein – wird Leut- Spitze mit. nant. Der üble Soldatenalltag Ein Augenzeuge einer von Schill andernorts geleiteten ließ bei ihm keine Freude auf- Übung schilderte nahezu fesselnd: „…Im schnellsten Galopp … kommen. Wahrscheinlich hielt der Jäger plötzlich sein Pferd an, sprang herab, blieb mit nahm er lustlos am Geschehen einem Fuß im Steigbügel stehen, legte seine Büchse auf den Sat- teil. Schlechte Beurteilungen telknopf des Pferdes, oder zielte aus freier Hand, drückte ab, und Ausbleiben von an sich schwang sich ebenso rasch wieder hinauf und jagte davon. Im fälligen Beförderungen waren Reiten wurde das Gewehr wieder geladen. Oft wurde, wie durch die Folge. 1806 soll er (dreißig- eine unsichtbare Gewalt, der reitende Trupp voneinander geris- Abb. 7: Wilmsdorf Denkmal, Aus- jährig!) der dienstälteste schnitt Schill-Porträt (Foto: Autor) sen, vereinigte sich dann wieder und sprengte vorwärts. Dieses preußische Leutnant gewesen Manöver soll Schill immer mit Glück gegen ein feindliches Ka- sein – als er nun doch zum Oberleutnant befördert wurde. non gebraucht haben. Durch dieses Auseinanderfliegen entstand Im Kampf gegen die napoleonischen Truppen wird er in der eine Lücke da, wohin das feindliche Kanon gerichtet war, und legendären Schlacht bei Auerstädt 1806 verwundet – ihm ge- der Schuß blieb wirkungslos. War abgeprotzt, so wurde auf das lingt aber die Flucht vor den Franzosen (über , Stet- Kanon hingestürzt, und es war genommen…“ /5/ tin) nach Kolberg (s. Notgeldschein Abb. 8). Der Ruhm Ferdinand von Schills wurde in den Truppen und unter der Bevölkerung bekannt. Schill brauchte sich keine Sor- Kolberg – die letzte Festung Preußens ge um Zulauf zu machen. Eine große Zahl Freiwilliger meldete sich, um an seiner Seite gegen zu kämpfen und, wenn Der Ort war zu diesem es sein musste, zu sterben. Als bekannt wurde, dass es Schill im Zeitpunkt eine der wenigen Dezember 1806 mit nur 20 Mitkämpfern in der Stadt Gülzow Festungen des angeschlagenen gelang, 33 feindliche Soldaten gefangen zu nehmen und 1000 Preußens, die den napoleoni- Taler zu erbeuten, wuchs sein Ruhm weiter. schen Truppen noch Wider- stand leisteten. Einige Chroni- König gestattet eigenes sten behaupten, es sei die letz- te Bastion Preußens gewesen. König Friedrich Wilhelm III. (s. Taler Abb. 9) gestattet Hier tritt Schill erstmals zu- Schill, ein eigenes Freikorps zu bilden, was heißen soll, auch auf sammen mit Graf Neidhardt eigene Kosten. Das Motto schien zu sein: Geht es gut, bist du von Gneisenau (1760-1831) der Mann des Königs, ansonsten hast du Pech! Das passte zur und dem 1738 in Kolberg ge- Person des Königs, der kein Mann des Militärs und des Krieges borenen Joachim Nettelbeck war. Ihm fiel es schwer, Entscheidungen zu treffen. Die wesent- (gest. 1824 in Kolberg) bedeu- lichsten politischen Dinge soll Napoleons „schönste Feindin“ tend in Erscheinung. Vom Fe- Friedrich Wilhelms Gemahlin, die Königin Luise (1776-1810), stungskommandanten Oberst bewegt haben. Nach Luises von Lucadou erhielt Schill die Tod war der König auf sich Erlaubnis, mit angeworbenen selbst angewiesen. Berühmt Kämpfern Aktionen gegen die Abb. 8: Notgeld Kolberg (Pom) 25 wurde u.a. sein Aufruf „An französischen Eindringlinge Pf 1.9.1821, Kat. Lindman 716 (Fo- mein Volk“ (Breslau 17. März zu unternehmen. to: Thurner) 1813). Das königliche Zugeständ- Anders wird es in einem historischen Roman „Ich war Ferdinand von nis, ein eigenes Freikorps zu- Schill“ /4/ geschildert. „Am Nachmittag des 13. Oktober 1806 stellte sammenstellen zu dürfen, eine französische Feldwache unweit von Auerstedt eine männliche brachte Schill natürlich auch Person, die sich durch die französischen Linien geschlichen hatte und dazu, sich mit eigenen nicht im Begriff war, in das Gelände überzuwechseln….Die Person gab abgesegneten Aktionen her- sich als wandernder Schneidergeselle aus“ und hatte alles am Mann – vorzutun. Schere, Elle, Nadeln, Zwirn - und das mitten im Krieg. Da musste Nach der Annahme des kö- Abb. 9: Brandenburg-Preußen, Ta- selbst der einfältigste französische Soldat ins Zweifeln kommen. Die niglichen Jokers geht Schill ler 1799, Mzz. A, F riedrich-Wil- Sache schien klar zu sein – ein Kundschafter und der war zu er- mit „Feuereifer an die Arbeit helm III., Kat. Jäger 29, Davenport schießen. Man verschob die Angelegenheit aber auf den nächsten 2603 (Foto: Autor) Tag. Um einer Flucht vorzubeugen, zogen sie die Person nackt aus in und schon Mitte Februar der Annahme, dass sich ein Preuße lieber erschießen als entblößt un- (2007, d. Autor) zählt seine Truppe 1300 Mann“ mit Infanterie, ter Leuten sehen lässt. Anders das Schneiderlein – es lief weg und lan- Kavallerie und einigen Geschützen /6/. Am 13. Februar rückte dete am Ende auf einem Schlachtfeld. Dort entdeckte es einen Schill mit fast 1000 Mann in Naugard/Pommern ein. Diese schwerverwundeten preußischen Leutnant, der die letzten Atemzüge Stadt hatte er vorübergehend zu seinem Hauptstützpunkt aus- tat. Der Offizier verstarb, der Schneider – selbst verwundet – schlüpf- gewählt. Hier sollte die Schillsche Truppe den Vormarsch der te in seine Uniform. Papiere im Rock wiesen den gefallenen Soldaten Franzosen nach Kolberg aufhalten (s. Notgeld Abb. 10). Das als Ferdinand von Schill aus … usw. usw. Es kommt wie es in einem Schloss auf der Insel erwies sich als Befestigung wie geschaffen. Roman kommen muss. Die weitere Geschichte erinnert an „Kleider Der Chronist schreibt weiter, dass es schon am 15. Februar machen Leute“ von Gottfried Keller. Inwieweit hier die dichterische 1807 ernst wurde. Schill erhält die Kunde, dass Stargard durch Fantasie die Hauptrolle spielte oder vage historische Anhaltspunkte die Grundlage waren, entzieht sich meiner Kenntnis. Immerhin han- feindliche Verbände besetzt gehalten werde. Mit 750 Mann delt es sich um einen historischen Roman, von dem man annehmen wagte er den Angriff, der aber misslang. Stargard wurde durch sollte, dass die wesentlichsten Begebenheiten in Anlehnung an über- 800 Mann feindliche Soldaten belagert. Dazu kommt, dass die- lieferte Dokumente erzählt werden. se Truppe lediglich die Vorhut einer 6000-Mann-Armee war, die die Einnahme Kolbergs plante. Schill zog sich nach

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ne Ansprache. Wenn man Geschichtsschreibern Glauben schenken darf, wollte er mit seiner Rede den Eindruck er- wecken, die Aktion erfolge auf höheren Befehl und selbstver- ständlich in Abstimmung mit dem König. Schill erhoffte sich weiteren Zulauf aus der Bevölkerung. Dieses erfüllte sich nicht so wie erwartet. Nach anfänglichen Erfolgen in Dessau und an- deren Gegenden bahnte sich die Tragödie an. Das Gefecht bei Dodendorf brachte keinen Sieg für Schill und seine preußi- schen Kämpfer. Am Ende des „Feldzuges“ ritt Schills Truppe im Mai 1809 in Stralsund ein und übernahm die Erneuerung der Befestigungs- anlagen in eigene Hände. Am 29./30. Mai 1809 passierten franzö- sische Truppen – mehrere Tausend Mann – die Stadtgrenze. Die Übermacht der Franzosen war zu groß. Erbitterte Gefechte wur- den an mehreren Ecken Stralsunds ausgetragen. Schill fällt im Alter von 33 Jahren in der Fährstraße am 31. Mai 1809. Über den Tod Schills gibt es viele Berichte und Darstellungen. Er soll ab- seits und unbemerkt in der Stirn von einem Schwerthieb getrof- fen worden sein; im Hinterkopf sicher danach von einer Kugel. Nach /7/ wurde der Leichnam zum Rathaus geschleppt und dort zur Schau gestellt. Man er- zählte sich eine Anekdote, wo- nach sich der ehemalige Rittmei- ster Parsenow bei dem französi- schen General Gratien ein- schmeicheln wollte, indem er Schill einen „Räuber“ nannte. Daraufhin soll Gratien scharf ge- antwortet haben: „Schill ne fut pas brigant, il fut heros!“ – Schill war kein Räuber, er war ein Held. Trotzdem ging es grausam Abb. 10: Notgeld Naugard (Pom), 75 Pf. oD, Kat. Lindman 898 (Quelle: weiter: Der holländische Arzt Archiv Heimatverein Naugard e.V.) Genoux trennte den Kopf vom Abb. 11: Schill-Denkmal in Stral- Rumpf, legte ihn in Spiritus. Die Naugard zurück und verliert 80 Mann als Tote und Verwunde- sund (Foto: Caspar) Trophäe schickte man dem Kö- te. Am 17. Februar wird er morgens mit einer guten Nachricht nig von Westfalen, Napoleons überrascht – die Beförderung zum Rittmeister. Aber schon am Bruder Jérome. Der Rumpf wurde auf dem Friedhof in Stral- Nachmittag wird die Stadt Naugard von den Franzosen heim- sund verscharrt. Kein Grab, kein Grabhügel sollte an den Husa- gesucht. Die preußischen Soldaten versuchen auf die Insel zu ren Ferdinand von Schill erinnern (nach einem Artikel von fliehen. Schill musste Entscheidungen treffen, um einen völli- Günther Könik). Am 31. Mai 1909 wurde in Stralsund ein wür- gen Untergang zu vermeiden. Es endete vorerst einigermaßen devolles Denkmal eingeweiht (s. Abb. 11). glücklich – Schill wurde am Arm verwundet. Aber schon am nächsten Tag musste die Inselbefestigung aufgegeben werden. Die grausame Rache Schill hatte sich mit einem großen Teil seiner Leute in Richtung Kolberg auf den Weg gemacht, um dort Verteidigungsvorberei- An die 600 Soldaten Schills seien bis zur Begnadigung im tungen zu treffen. Naugard wurde inzwischen von den Franzo- Jahr 1813 zu schwerer Galeerenarbeit verurteilt worden. Nach sen vollends eingenommen. /7/ wurden 14 Gefangene willkürlich ausgewählt und im Juli 1820 in erschossen. 11 Offiziere aus dem Frei- Der Frieden von Tilsit – Der Beginn der korps stellte man in vor ein Kriegsgericht. Das vor dem Schillschen Kapriolen Prozess festgelegte Todesurteil wurde am 16. September 1809 auf den Lippewiesen vollstreckt (s. Notgeldscheine Abb. 12). Im Juli 1807 schloss Preußen unter demütigenden Bedin- Der jüngste Offizier war gerade mal 17 Jahre alt. Auch der gungen Frieden mit Napoleon. Gebietsverluste und Kontribu- preußische Staat tat sich zunächst schwer mit dem Andenken tionszahlungen mussten hingenommen werden. Ferdinand von an Schill und seine Soldaten. Schließlich konnte man das eigen- Schill erfuhr das mit Sicherheit zähneknirschend. Er stand zu mächtige Handeln nicht akzeptieren. Nach einem Kriegs- dieser Zeit weiterhin in der Gunst des Königs, musste sich aber gerichtsverfahren wurde Schills Vermögen eingezogen und fiel unterordnen, was dem inzwischen zum Major beförderten und an den Staat. Die Rehabilitation erfolgte erst viele Jahre später. mit dem Orden „Pour le mérite“ ausgezeichneten Husaren Nun bleibt immer noch die Frage offen, ob der in Stralsund schwerfiel. Schill erhielt Befehl, sich im Dezember 1808 mit an- verstümmelt beerdigte Leichnam tatsächlich der des Ferdinand deren Truppenteilen in Berlin einzufinden. Die Bevölkerung Baptista von Schill war. Berlins bereitete ihm einen jubelnden Empfang. Genau genommen eine Unwesentlichkeit! Am 28. April 1809 verließ Schill ohne Erlaubnis des Königs Für die Unterstützung bei den Recherchen danke ich Frau unter dem Vorwand, ein Manöver durchzuführen, Berlin. In Margrit Schlegel (Naugard), Herrn Axel Hillig (Bannewitz), Wirklichkeit hatte er den Kampf gegen Napoleon auf eigene Herrn Ingolf Wehowsky (Stralsund), Herrn Helmut Caspar Faust vor. Außerhalb der Stadt hielt er vor seinen Soldaten ei- (Berlin) und Herrn Kai Lindman (Gifhorn) herzlich.

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Ich war Ferdinand von Schill – Großes gewollt zu haben ist groß

Abb. 12: Notgeld Wesel (Rhl) 3 x 50 Pf., 3 x 75 Pf. 1921, Lindman 1373 (Foto: Thurner)

Quellen: /4/ Zierke, H.-J., Ich war Ferdinand von Schill, VEB Hinstorff Verlag Ro- /1/ Wenzel, O., Genossen, lernt von Speer, Rheinischer Merkur, Nr. 42, stock, 1983 17.10.1997 /5/ Janke, W., Das Königl. Preuss. von Schillsche Freikorps und das 2. /2/ KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau, Banknoten und Münzen der Brandenburgische Husaren-Regiment von Schill – Eine heereskundli- SBZ/DDR – Anhang zur Dokumentation „Mit der DM zur Währungs- che Betrachtung, Junker und Dünnhaupt Verlag Berlin, 1938 , Wirtschafts- – und Sozialunion und zur deutschen Einheit“ /6/ Siegbert Antonius, Schill im Kreis Naugard (Archiv Heimatverein /3/ Kirchenbuch des Ortes Possendorf, Hinweis von Axel Hillig, Banne- Naugard e.V.) witz /7/ Stralsunder Schützen-Compagnie 1451 e.V., Webseite

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